An diesem Augusttag 2016 war es in Shanghai ausnehmend heiss. Am frühen Morgen kaufte ich ein Ticket für einen Abenteuertrip nach Hangzhou der alten Kaiserstadt von der die Chinesen sagen: "Im Himmel gibt es ein Paradies, auf Erden Hangzhou."
Die Kinder im Bus starrten mich an ,wie sonst wohl nur den Weihnachtsmann, denn das ist im Land des Lächelns sehr selten, ein Opa mit schneeweißen Haaren.
Hätte ich nur mehr Geld eingetauscht! Die Bootsfahrt war großartig, doch der sich anschließende, über 5 Kilometer lange, „Spaziergang“ bei 40 Grad Celsius war es nicht. Meine Wasserflasche hatte ich im Bus zurückgelassen und eine Kopfbedeckung hielt ich zunächst für überflüssig. Das Mittagessen sollte in einem uralten Restaurant eingenommen werden. Vorher gab es den Rundgang durch die hoch interessante Stadt mit breiten Erklärungen in Mandarin.
Da war ein Innenhof den ich nie vergessen werde: Zwischen den riesigen Gebäuden lag der winzige Platz und die Sonne brannte herunter.
Irgendwie war mir schwummrig, doch kein Ende der Gruppenführung.
Und da sehe ich einen fast zwei Meter großen Chinesen vor mir, Mao, wie ich dann hörte.
Er schaute nicht lange, er reichte mir einen großen Wasserbecher.
Dann, beide radebrechend englischsprechend, lud er mich zum Suppenhühnchenessen ein, von dem ich irrtümlich meinte, das sei im Preis inbegriffen. Na ja, es ist schon etwas dran, an dem alten Sprichwort: "Alter schützt vor Torheit nicht."
Mao teilte die wunderbare, reichliche Mahlzeit redlich und versprach er werde mich weiter begleiten. Natürlich hatte ich keine Ahnung, dass er von da an zwei weitere Male mein Leben retten würde.
Wir marschierten anschließend stundenlang bis zur angekündigten open-air Präsentation durch die Straßen und Gassen der wirklich schönen Altstadt Hangzhou. ... und die vielen, vielen Händler die mich baten und baten... aber wie konnte ich? Gerne sonst...
Und wie ich mich nach einer Dusche und meinem Bett sehnte. Anschließend gab es für die Zehntausende,, angereist in riesigen Buskolonnen, eine mehrstündige Darbietung die man alleine wegen der Farbenpracht gesehen haben sollte, genannt: "Das Leben im uralten China", mit Tänzen und Wasserspielen. Gegen Mitternacht, wie mir schien, ging es zurück, hin zu den Bushalteplätzen. Deshalb also trug ich das Abzeichen 25.
Plötzlich stürzte ich.
Hätte Mao mich nicht aufgefangen, wäre es zu einem bösen Ende gekommen, denn steil bergab und enorm scharfkantig war die kopfsteingepflasterte uralte Brücke die wir in der Fastfinsternis überqueren mussten.
Im Bus ging die Unterhaltung per Handy weiter. Maos Englisch war wirklich sehr mager. Er sprach hinein und erhielt gedruckt die Antwort.
Jetzt saßen wir sicher im Bus, dachte ich.
Plötzlich im Nirgendwo stoppte unsere Fuhre.
Mao schaute mich an: Hier ist Schluß.
Doch er schmunzelte: keine Bange ich liebe Jesus. Und da seht ihr es, das Kreuz, das er trug, mit dem er seinen Christusglauben offen bekundete: "Ich sagte es doch, ich bringe dich bis vor deine Hoteltür."
Was hätte ich ohne ihn gemacht?
Kein Geld dabei, der Rest war längst am Morgen aufgebracht. Warum habe ich Esel nicht zuvor noch einen weiteren Hunderdollarschein in den Automaten meines Hotels gesteckt? Mao zog mich aus der Totalfinsternis in einen Bereich von dem aus man die Autos rollen hörte.
Umgehend hielt das erstbeste an.
(Auch wohlhabende Chinesen bessern so ihr Taschengeld auf. Mao wusste das, aber ich nicht.)
Eine viertel Stunde später waren wir da und ich atmete auf. Jetzt werde ich ihn reichlich belohnen, doch plötzlich war er weg und ich stand beschämt da. Alle Versuche ihm einen Betrag zuzusenden vereitelte er. Übrig blieb nur eine Aufnahme, die er mir zuschickte: Nämlich diese.
Wie dankbar ich bin bin, sagte ich ihm damals als Letztes, und nun noch einmal hier, am Weihnachtstag 2020