Vielen Dank, dass sie das Gespräch nicht abgebrochen haben, lieber Herr Pfarrer. Ich weiß, ihnen fällt es schwer meiner Betrachtungsweise Gutes abzugewinnen.
Ich liebe Welchs Analysen seit Jahrzehnten. In Utah traf ich seinen Ziehvater Prof. H. Nibley.
Deren Erkenntnisse stehen meinen Betrachtungen weltgeschichtlicher Ereignisse nicht im Wege. Im Gegenteil!
Zweitens verlangen die Nachkommen der Opfer der konstantinischen Kirche nach diesseitiger Rehabilitation.
Zunächst aber komme auf ihr obiges Zitat in positiver Weise zu sprechen:
Die frühen Christen spürten, dass Jesus hier etwas Wichtiges ansprach. Origenes und Augustinus sahen im Verlust der Kleidung ein Symbol dafür, dass die Menschheit die Unsterblichkeit und Unverdorbenheit verloren hatte. Chrysostomos sprach vom Verlust „seines Gewandes der Unsterblichkeit“ oder des „Gewandes des Gehorsams“
Vor vielen Jahren las ich das Buch "Neutestamentliche Apokryphen und Apostolische Väter" von Walter Rebell. Es liegt direkt vor mir.
Auf exakt dieses, ihr Zitat, folgt dort logischerweise des evangel. Theologen K. Beyer Interpretation, des syrischen Perlenliedes (in den Thomasakten) die "mormonischer" nicht sein könnte. In unserem vorirdischen Dasein beim Vater sehnten wir uns nach eigenen Erfahrungen, wir fielen aus eigenem Wollen in die Seinsvergessenheit und Sterblichkeit, mussten unser Strahlenkleid zurücklassen.
Jetzt zitiere ich Rebell (S.179) Das Strahlenkleid können wir wieder erwerben:
"Freilich muss der Königssohn vorher etwas wagen, er muss seine Bestimmung erfüllen... dass die Reise zu sich selbst ein Risiko ist, das sie Mut und Entschlossenheit erfordert, und es zeigt auch, dass letztlich alles Gnade und Geschenk ist."
Es lohnt sich dies zu lesen, wieder und immer wieder. Origenes und Joseph Smith hatten es klar erkannt, wir sind Königssöhne und Königstöchter im gefallenen Zustand. Wir müssen durch Gehorsam zu Christi Geboten wenigstens versuchen uns aus dem Staub zu erheben, wie Lehi im Buch Mormon lehrte.
Das ist ja mein Grund - auch gegen Luthers Meinung - zu sagen, dass wir durch Gottes Gesetz Freie sind, frei im Willen! Das ist ja der Grund, warum auch ich ausspreche: verehrt nicht diejenigen, die Freiheit zerstörten, wie Damasus, wie Ambrosius... denen immer noch Gedenktage gewidmet werden.
Lieber Herr Pfarrer, fassen sie es bitte nicht als Angriff auf ihre Reputation auf, sondern nur als eine Attacke auf himmelschreiendes Unrecht, wenn ich wieder Jesaja zitiere: "Wehe denen, die Gutes böse nennen und Böses gut." Nach fünfzig Jahren intensiver Forschung bin ich überzeugt, dass selbst der Teufel Gutes wollte, allerdings mit falschen Mitteln und in hochegoistischer, gottloser Absicht.
Mich überraschte Hitlers Bekenntnis, dass ihn sein Gewissen monatelang plagte, als er die sogenannte Judenfrage lösen wollte. (Mein Kampf „Wie ich zum Antisemiten wurde“)
Lenin hat Vernünftiges gesagt indem er Frieden für alle verkündete und doch stürzte er die Welt ins Chaos.
Auch Konstantin wollte das Beste (zuerst allerdings für sich) doch die Tatsache, dass die von ihm gestiftete Kirche auf seine – Konstantins Ehre – ausgerichtet war lässt sich nicht leugnen.
Sie, lieber Brieffreund, forderten die Quelle dafür, dass selbst hochrangige Theologen das so sehen. Ich gab sie ihnen. Hier wiederhole ich:
„In Nicäa (325) … befolgte die Kirche die Wünsche Konstantins, obwohl sie sie nicht billigte... Eben so wenig, wie Konstantin Christus erwähnt, ist die Kirche auf Christus bezogen...“ Heinz Kraft, Habilitationsschrift „Konstantins religiöse Entwicklung“ Heidelberg - Uni Greifswald, 1954 S. 81 ff
Das Übel nahm in Nicäa schlimmste Formen an. Auch dies wiederhole ich und führe ins Feld, dass nicht wenige Bischöfe dort gezwungen wurden die nicänische Formel: drei ist gleich eins, durch ihre Unterschrift anzuerkennen.
Bis heute bringt diese Kurzbeschreibung Konfusion:
Es gab und gibt wohl kaum Theologen die je konfliktfrei mit dem Athanasianum lebten. Prosper Alfaric, ein Expriester der Katholischen Kirche, schrieb in „Die sozialen Ursprünge d. Christentums“ Darmstadt, Progress-Verl., 1963, Vorw.: „Man kann einem Christen keinen größeren Streich spielen, als ihm die Frage zu stellen, was ist Gott?“
Selbst Prof. Bernd Oberdorfer, Augsburg, gibt zu:
„Verlegenheit ist noch das harmloseste, was viele Christen (darunter nicht wenige Theologen) befällt, wenn die Sprache auf die Trinitätslehre kommt. Muss, wer an Jesus Christus glaubt, sich auch das paradoxe „Hexeneinmaleins“ (Goethes) zu Eigen machen, dass Gott einer und drei zugleich ist.“ „Zeitzeichen“, evangel. Kommentare, Aug 2004
Um gründlich zu sein füge ich hinzu:
L. Hertling SJ schrieb in seiner „Geschichte der Katholischen Kirche bis 1740“ mit Imprimatur Romae, 27. Nov. 1981 Morus-Verlag, Berlin S. 76
„Einige Bischöfe waren unzufrieden von Nicäa heimgekehrt, wörtlich: „... solange freilich Kaiser Konstantin lebte, durfte niemand wagen, gegen das Konzil zu Nicäa und seine Definition aufzutreten...“
Anton Grabner-Haider-Maier „Kulturgeschichte des frühen Christentums“ Vandenhoeck & Ruprecht S. 112:
Schon
„Kaiser Aurelian stellte das Imperium unter den Schutz des unbesiegten Sonnengottes (Sol Invictus). Mit diesem Gott hatte er über die Parther gesiegt, dabei ließ er das Bild des syrischen Sonnengottes nach Rom bringen. Dieser Gott sollte mit dem griech Gott Helios, dem römischen Gott Sol und dem persischen Gott Mithras identifiziert werden. Der Kaiser verstand sich als Sohn (emanatio) dieses Gottes und als dessen Stellvertreter bei den Menschen.“
Ich wiederhole hier nicht langatmig, dass Konstantin sich fünf Jahre nach Nicäa als Sonnengott feiern ließ.
Ebenso kurz weise ich nur darauf hin, dass (Papst) Damasus dem Nicänum, 366, zum bequemeren Weiterleben verhalf, indem er über 100 Mitglieder der arianischen Nachbargemeinde während deren Gottesdienst ermordete.
Ambrosius, ohne dessen Erlaubnis nichts von Belang im römischen Imperium geschah, lobt seinen Gesinnungsgenossen in seinem C.P. ausdrücklich.
Ich durchlebte die Endzeit des Nationalsozialismus bewusst und schritt in voller Länge durch die Zeit der Sowjetdiktatur. Ich kann verstehen wie sich alle Nichtkatholiken fühlten, als C.p. verkündet wurde.
Ich werde mich hüten Böses gut zu nennen, oder es auch nur zu entschuldigen, aber ich wage keinen Richtspruch der mir ohnehin nicht zustünde, ich berichte lediglich wahrheitsgemäß.
Luthers Auftritt in Worms ist unvergessen und muss allen als gut und groß bekannt bleiben, dass er Hexen und Juden hasste, darf darum noch lange nicht vergessen und verschwiegen werden.
Dankbar bin ich, dass Mormonismus lehrt, dass eines Tages, dank des Sühnopfers Christi alle Sünden vergeben werden, dass dies allerdings nicht pauschal geschieht, sondern erst nach erfolgter wahrhafter innerer Reue (Alma 42), ist nicht nur für mich wichtig. Und wichtig ist in diesem Zusammenhang zu sagen, dass die evangel. Kirche unverantwortlich agiert, wenn sie lehrt: der Mensch kann an der Erlösung zu seinem Heil nicht mitwirken. Unsere Mitwirkung besteht aus echter Reue, die dazu führt, dass Fehler als solche erkannt und nicht wiederholt werden.
Und, dass man Verbrechen ein Verbrechen nennt.
Freundliche Grüße
Gerd Skibbe