Samstag, 15. April 2023

Rechtschaffenheit kontra Rechtfertigungsdenken

 

Am 29. 06. 1988 las ich mit höchstem Erstaunen Michael Gorbatschows Bekenntnis, das er als Generalsekretär der Kommunistischen Partei Sowjetrusslands, auf der XIX. Unionsparteikonferenz der KPdSU, am Vortag, in seinem umfangreichen Rechenschaftsbericht ablegte:
“Eine Schlüsselposition innerhalb des neuen Denkens nimmt die Konzeption der Entscheidungsfreiheit ein... “ Neues Deutschland. 29. Juni 1988, S. 5
Welch ein Satz.


By RIA Novosti archive M. Gorbatschow 1931-2022


Den Intellektuellen beider Lager ging der Mund auf. Als damals fast schon sechzigjähriger DRR-Bürger wider Willen erkannte ich sofort: Das war Selbstmord. Diese wenigen Worte waren das Todesurteil für die bis dahin gefährlichste aller Diktaturen. Alle wussten, dass der bis an die Zähne bewaffnete Kommunismus in sich zusammenbrechen musste, gäbe es infolge des uns nun zugestandenen Individualrechtes, für jeden die Möglichkeit der ungestraften freien Meinungsäußerung.
Unter der Fuchtel von verlogenen Kommunisten fanden im gesamten Osten „Volkswahlen“ statt, deren Ergebnisse bereits Wochen zuvor festgelegt wurden.
Auch ich ging, denn ich hatte Familie, wollte meinen Söhnen nicht den akademischen Weg verbauen. Doch mit jeder Faser meines Seins wusste ich: Meine Entscheidungsfreiheit konnten die Roten beschneiden, meine Willensfreiheit niemals.


Das Propagandablatt der DDR

Als Mitglied der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen), der in tausenden Versammlungen seiner Kongregation gelernt hatte, das der allmächtige Gott seinerseits seinen Kinder das Jedermannsrecht auf persönliche Entscheidungsfreiheit garantiert, musste mich Gorbatschows Zusage sowohl entzücken wie entsetzen. Das Haus in dem wir wohnen wird einstürzen…
Längst war ich erstaunt, dass es Mitmenschen, Mitchristen gibt die generell das Prinzip Willensfreiheit und sogar das des Individualrechtes anzweifeln, mehr und schlimmer, die ernsthaft glauben und lehren: „Gottes Allmacht und sein Vorherwissen schließen menschliche Willensfreiheit aus.“ Online Dogmatik evangelischer Glaube
Kurzschlüsse stellen unzulässig eine Verbindung zwischen Vorherwissen und Vorherbestimmung her. Soviel steht fest: „Es ereignet sich nichts ohne Ursache“ Benjamins „Vorsehung und Freiheit bei Origenes“ Origenes erklärte glasklar: „Die Dinge geschehen nicht, weil sie vorhergewusst wurden.“ De Spiritu et littera n. 5
Selbstverständlich gibt es Ratschlüsse Gottes die unser Wollen und Willen nicht berücksichtigen, (und insofern kann man Luther folgen, der stets vom „unfreien Willen des Menschen“ sprach und schrieb) aber das berührt nicht das uns verliehene Individualrecht, das Recht auf Entscheidungsfreiheit. Selten konnte jemand diesen Aspekt mehr erhellen als Origenes: „Der Schöpfer gewährte den Intelligenzen, die er schuf, willensbestimmte freie Bewegungen, damit in ihnen eigenes Gut entstehe.“ Arbeitskreis Origenes
Auch Menschen weitab christlicher Überlieferungen sind allezeit im Stande, sittlich hochwertige Entscheidungen zu treffen, die der allein wahre Gott ihnen anrechnet!
Origenes lehrte ohne Wenn und Aber, sowie für jeden befriedigend: „Der Schöpfer gewährte den Intelligenzen, die er schuf, willensbestimmte, freie Bewegungen, damit in ihnen eigenes Gut entstehe, da sie es mit ihrem eigenen Willen bewahrten… durch die Kunst seiner Pädagogik wird Gott (seine Geschöpfe) doch noch dazu bringen, dass sie dem Guten beständig anhängen.... Gottes Pädagogik und der freie Wille der Logika, den Gott durch Erziehung fördern und nicht durch Zwang vergewaltigen darf, sind die eigentlichen Pole des origenistischen Systems.“ „Die Religion in Geschichte und Gegenwart“ Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft dritte, völlig neu bearbeitete Auflage Vierter Bd, 1960 Mohr-Siebeck
Da liegt der eigentliche Grund für Missverständnisse. Es gäbe kein „orthodoxes“ (in diesem Fall „rechthaberisches“...) Christentum, wenn Männer wie Ambrosius von Mailand nicht so entschieden auf die Kaiser ihrer Zeit eingewirkt hätten: Sie müssten das allen Menschen von Gott gewährte Menschenrecht auf Entscheidungsfreiheit eliminieren. Was denn auch mit der Verlautbarung von „Cunctos populos“ im Februar 380 innerhalb des gesamten römischen Herrschaftsbereiches geschah.
Vor Ambrosius oder genauer gesagt vor dem Konzil zu Nicäa 325 war den neu gewonnenen Mitgliedern der Frühkirche klar, dass mit ihrer Taufe, die Pflicht auf sie zukam die Freiheit des Anderen zu verteidigen.
Das Rechtfertigungsdenken wie es in der „Gemeinsamen Erklärung“ von 1999 feierlich beschrieben und verabschiedet wurde, wäre wahrscheinlich von Dietrich Bonhoeffer nicht unterschrieben worden, weil er sinngemäß seiner Losung glaubte:
„Wir sind vor dem eigenen Gewissen nicht gerechtfertigt, wenn wir nicht rechtschaffen handeln“. „Öffne deinen Mund für die Stummen, für das Recht aller Schwachen. Öffne deinen Mund, richte gerecht, verschaffe dem Bedürftigen und Armen Recht.“ Sprichwörter 31: 8-9
Die Erklärung umfasst 3 000 Worte, der Terminus „Rechtfertigung“ kommt 145-mal vor. Der Begriff „Rechtschaffenheit“, wird nicht einmal erwähnt. Dort heißt es: „Rechtfertigung ist Vergebung der Sünden“. Bis zum Überdruss wird wiederholt: Rechtfertigung erfolge, wenn man an Christus glaubt!
Wirklich?
Das ist unglaubwürdig.
Vergebung für ein Vergehen verlangt zunächst das tiefe Bedauern des Täters, die Reue, oder religiöse gesagt die Buße, die auch im Willen zur Wiedergutmachung besteht, der Vorsatz nicht rückfällig zu werden. Indessen bekräftigen führende Kirchenfunktionäre: „Wir bekennen gemeinsam, dass der Mensch im Blick auf sein Heil völlig auf die rettende Gnade Gottes angewiesen ist... Rechtfertigung (Sündenvergebung) geschieht allein aus Gnade.“ „Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ 1999
Die Palette evangelischer Ansichten zu diesem Thema ist allerdings breit.
Am äußersten Rand der (orthodoxen) Lutheraner standen im 16. Jahrhundert Nikolaus von Amsdorf und Matthias Flacius. Ihr Credo lautete: „Gute Werke sind schädlich zur Seligkeit.“ Ihnen widerstrebten die Glaubensbrüder Georg Major und Justus Menius, die zum Glück rein vernunftmäßig das Gegenteil behaupteten. Wie kannst du glücklich werden wenn das Opfer an deinem Gewissen nagt?
Jehovah sagte den nicht gerade bußwilligen Israeliten: „Bessert euer Leben und Wesen, dann will ich bei euch wohnen...“ Jeremia 7: 5
Oder mit anderen Worten der deutschen Textbibel von 1899: „… nur wenn ihr euch ernstlich eines guten Wandels und guter Taten befleißigt, wenn ihr ernstlich das Recht zur Geltung bringt bei dem Streite des einen mit dem andern,...“ Jeremia 7: 5
Deutlicher als Justus Menius oder Joseph Smith und andere rügt Petrus seinen Mitapostel Paulus: "... wenn ihr um guter Taten willen leidet und es ertragt, das ist Gnade bei Gott. Denn dazu seid ihr berufen, da auch Christus gelitten hat für euch und euch ein Vorbild hinterlassen, dass ihr sollt nachfolgen seinen Fußtapfen; er, der keine Sünde getan hat und in dessen Mund sich kein Betrug fand;" 1. Petrusbrief 2: 2-25
Jahrelang begleitete Petrus seinen großen Lehrer der „Tugend und Wahrhaftigkeit“. Er hatte jedes Wort und seinen Geist in sich aufgesogen. Kaum jemand kannte, wie er, die ewig gültigen Prinzipien des Erlösers.
Petrus geht sehr weit. Er warnt. Paulus „Kürzel“ verführe zum Trugschluss, der Leichtgläubige unweigerlich ins Verderben stürzt. Wegweisend fand er für den ersten Satz einen Begriff der die Erwartungshaltung Gottes einschließt: wir könnten mehr tun. Der Herr warte auf dieses unser Guttun mit schier unglaublicher "Geduld".
“Seid überzeugt, dass die Geduld (gr. ypomoni) unseres Herrn eure Rettung ist. Das hat euch auch unser geliebter Bruder Paulus mit der ihm geschenkten Weisheit geschrieben; es steht in allen seinen Briefen, in denen er davon spricht. In ihnen ist manches schwer zu verstehen und die Unwissenden, die noch nicht gefestigt sind, verdrehen diese Stellen ebenso wie die übrigen Schriften zu ihrem eigenen Verderben.” 2. Petrus 3: 15-16
Jakobus, dagegen, des "Herren Bruder", konnte Paulus Überbetonung einer durchaus wichtigen Lehre - wenn sie im Licht der Bergpredigt betrachtet wird - nicht mehr hören. Verärgert fragt er zurück: Soll aus deiner Gnadenlehre folgen, gute Taten wären zur Erlösung nicht nötig? Er schreit die Antwort: "NEIN!", geradezu heraus:
"Willst du aber erkennen, du eitler Mensch, dass der Glaube ohne Werke tot sei?" Jakobus 2: 20
Sonderbar, ganz du gar unpaulinisch sagt Paulus, sozusagen sich selbst korrigierend: „Irret euch nicht, was der Mensch sät, das wird er ernten.“ Galaterbrief 6: 17.
Dieser, das typisch Protestantische in Frage stellende, Satz fehlt denn auch in der „Gemeinsamen Erklärung“.
Christen müssen Frieden stiften und Salz der Erde sein, wozu sind sie sonst nütze? Nur vom Frieden zu träumen ist ihnen nicht erlaubt. Das Recht das fehlt haben sie zu schaffen, aber nicht indem sie sich hinter Friedensaufrufen verstecken. Christus nachfolgen bedeutet gemäß seinem Liebesgebot, aktiv das Menschenrecht des Anderen zu stärken, stattdessen eventuell die Unterwerfung eines Bedrängten direkt oder indirekt zu verlangen. Niemand darf in Gegenwart von Christen dem Kleinsten unwidersprochen vorschreiben was er zu glauben und zu tun hat, denn der Allmächtige verlieh selbst dem Bösesten das Individualrecht, das Recht auf Entscheidungsfreiheit. Niemand darf es ihm rauben. Aber Gott setzte fest, dass der Untat eine angemessene Strafe folgt.
In allen christlichen Kirchen des 2. Jahrhunderts galt für jeden Bekenner als unabdingbare Pflicht: „Eine neue, alle völkischen Unterschiede unter sich lassende Lebensordnung (zu schaffen!) Alle Menschen von sittlichem Willen (sollen) sich ihr freudig unterstellen... diese Auffassung vom Ziel der sittlichen Willensfreiheit bringt uns die Loslösung des Menschen vom Zwang irdischer Bindungen.“ Dialog des Bardesanes H. Lietzmann „Geschichte der alten Kirche“

„Auf die Erkenntnis der Wahrheit müssen ... immer die Taten der Liebe
folgen!“  Hippolyt von Rom (170-235)


Die Forschung meint dies sei eine Statue des Bischofs Hippolyt. Dieser Mann lehrte bedeutende Elemente die nur in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tag vorkommen, wie die von der "Erhöhung der Menschen die Gottes Gebote halten". Er betonte, dass ein Bischof immer zwei Ratgeber an seiner Seite hat um der Gemeinde vorzustehen, dass niemand in der Gemeinde auch nur einen Pfennig Lohn für seinen Kirchendienst erhalten darf...


Montag, 10. April 2023

"Da brat mir einer einen Storch!"

 

Warum wirklich?

Das athanasianische Glaubensbekenntnis spaltete die Christenheit in „Rechtgläubige“ 

- also Orthodoxe - und Ketzer.

Katholiken und Protestanten glauben, Gott hat kein menschliches Gesicht! Er hat keine Gestalt sondern ist ein Geist, zugleich überall und doch nirgends. 

 Ketzer wurden nicht nur in Deutschland und der Schweiz verbrannt, wie der berühmte Arzt Michael Servet, der es gewagt hatte zu sagen: Gott hat ein menschliches Gesicht.

                                                  1511-1553

                    !Da brat mir einer einen Storch!

Aber wenn wir näher hinschauen wird es klar, dass die Orthodoxen die Ketzer sind, und als solche haben sie die Welt ruiniert.
Hier ist der bis zur Stunde hoch umstrittene offizielle Text dem niemand zustimmen kann, der bibelgläubig ist, dem aber jeder zustimmen muss der katholisch oder evangelisch ist:

„Denn wie wir gezwungen sind, in christlicher Wahrheit jede einzelne Person für sich als Gott und als Herrn zu bekennen, so verbietet uns der katholische Glaube, von drei Göttern oder Herren zu sprechen.“

In Österreich lautet das Bekenntnis: „Denn wie wir nach Vorschrift der christlichen Lehre jede Person einzeln für sich als Gott und Herrn bekennen, so verbietet uns anderseits der katholische Glaube, drei Götter oder Herren anzunehmen.“

Zu gut deutsch: die christliche Wahrheit zwingt uns Gott Vater Und Gott Sohn und Gott Heiliger Geist als Einzelpersonen zu bekennen. Aber der katholische Glaube verbietet das.

Offiziell in Latein: Quia sicut singillatim unamquamque personam Deum ac Dominum confiteri christiana veritate compellimur:
ita tres Deos aut Dominos dicere catholica religione prohibemur.

Google übersetzt:

„Weil wir durch die christliche Wahrheit gezwungen sind, jeden einzelnen Gott und den Herrn zu bekennen: daher verbietet uns die katholische Religion, drei Götter oder Herren zu sagen.“ D.h. … von drei Göttern zu sprechen.... denn Gott hat kein menschliches Gesicht!

Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage wird nun aber von „Christen“ geächtet, weil sie sich weigert “katholisch“ zu glauben.

Wer weiß, wie viele Menschen vernichtet wurden, weil sie die Bibelaussagen höherstellten als den katholischen Glauben? Tausende? Hunderttausende?

Zwischen den Jahren 535 und 554 führte der in Konstantinopel residierende Kaiser Justinian Krieg gegen Italien, weil die dort vorherrschenden Goten biblisch glaubten, statt orthodox.
Zehntausende orthodoxe Krieger verbrannten die Erde.
Und dann prahlte der „Rechtgläubige“ Monarch, nachdem das ganze Land von Nord bis Süd in Schutt und Asche liegt:  
„Von Gott eingesetzt ...bringen wir Kriege glücklich zu Ende… Wir richten unsere Herzen so auf den Beistand des allmächtigen Gottes, dass wir weder Waffen noch unseren Soldaten, noch den Generälen, noch unserer eigenen Begabung vertrauen müssen, sondern jegliche Hoffnung allein auf die vorsorgende Umsicht der höchsten D r e i -   f a l t i g k e i t setzen…“ Mischa Meier „Justinian, Herrschaft, Reich und Religion“


„Zwar residierten die Päpste im Lateranpalast noch lange danach mit einer Schar Eingeschworener inmitten von Ruinen und hielten sich großspurig für die Sieger der Geschichte und Retter des Christentums. Gespenstisch ging es zu. Wo einst 1 Million Bürger wohnten, hausten zwischen dem 6. und dem 14. Jahrhundert nur noch ein paar tausend Leute. Dieser verlorene Haufen hielt sich allerdings für den Nabel der Welt.“
Spiegel Geschichte, Annette Bruhns - “Pest, Hunger und Schwert“

Kaiser Justinian aber, der „Elite“-Nicäner, war stolz darauf, für den „dreifaltigen Gott“ - den trinitarischen, von dem die Bibel kein einziges Wort spricht - große militärische Siege errungen zu haben

Aber was wir, als Kirche wollen, sind blühende Landschaften und glückliche Familien in Ländern der Toleranz, in denen jeder glauben darf was er für richtig hält..




Mittwoch, 5. April 2023

Martin Luther und die „Mormonen



 Dr. Martin Luthers Ruhm und seine Fragwürdigkeiten



                         Luther auf dem Reichstag zu Worms (1521) Anton von Werner

Heldenmütig steht der hagere, fast 38-jährige Augustinermönch Martin Luther da, nach einer Nacht der Unruhe, an jenem 18. Apriltag des Jahres 1521. Er soll seine romfeindlichen Bücher und Ansichten widerrufen. Mönche zischten: „Verbrennt den Ketzer!“ 

Es ging in der Tat um Tod und Leben.

 Bruder Martin betrachtete den nachdenklichen Kaiser, vor dem er klein beigeben soll, nicht furchtlos. Er schaute nur kurz in die gewaltigen Augen seines 21-jährigen, rotblonden Herrn, die aus einem ungesund blassen Gesicht hervorquollen. Der Imperator hatte ihm bei der ersten Begegnung am Vortag 24 Stunden Bedenkzeit gewährt. Er, wie sein Gefolge und wie Aleander, der päpstliche Nuntius, wussten, dass Luther im Adel nicht wenige Bewunderer gefunden hatte, dass das Volk ihn liebte. Das wirkte bremsend. Er möge sich kurz und knapp erklären. Luther sprach länger. Er möge es in Deutsch wiederholen, damit auch bei den deutschsprachigen Hörern kein Missverständnis sei. Insbesondere hatte seine 24. These hochpäpstlichen Zorn und kaiserlichen Ärger erregt: Was erlaubte der kleine Augustinermönch sich zu schreiben: „Unausweichlich wird der größte Teil des Volkes betrogen durch jene unterschiedslose und großspurige Zusage erlassener Strafe.“ Es sei gar eine Todsünde Luthers, zu verkünden: Selbst „der Papst kann nicht irgendeine Schuld erlassen.“ 6. These

 

In seinem Kopf sind all diese Bilder seiner überwiegend unguten Erfahrungen, die ihn beunruhigten. Nicht nur der Dominikaner Tetzel, auch andere Ablasshändler waren durch die Lande gezogen und hatten Jedem Sündenvergebung versprochen. Jedem, der mit klingender Münze daherkam! Und sie kamen in Strömen. Er muss diese dunkle Vergangenheit für sich und andere überwinden. So konnte es nicht weitergehen. Die christliche Welt war am tiefsten Punkt ihrer Verkommenheit angelangt. Wahrscheinlich dachte er auch an seine Romreise zurück. Irgendwie fasste Bruder Martin seine Argumente kontra Ablasshandel zusammen: die Gnade Gottes ist gratis, erkaufen kann sie niemand. Darum ging es im Kern. Der Ablass kirchlicher und ewiger Strafen muss unterschieden werden. Von einer Kirchenstrafe kann man freigesprochen werden, von einer von Gott verhängten Strafe nicht. Niemand weiß was Luther denkt und nebenbei bedenken muss Ablass wurde seitens der Leichtgläubigen, die allesamt in den Himmel kommen wollten, als eine in der Ewigkeit gültige Freisprechung vor Gott als Weltenrichter verstanden, weil viele Geistliche das predigten. Zahlreiche Priester stellten den Papst als Christi Stellvertreter und als Kaufmann dar. Er sammelte die guten Werke seiner Frommen ein, darunter die vielen Gebete, die vor allem die Nonnen und die Bruderschaften, über das notwendige Maß zur eigenen Erlösung gesprochen hatten. Über dieses Plus konnte der Heilige Vater verfügen, er konnte es verkaufen oder sogar als Gnade Christi verschenken. Seit dem 13. Jahrhundert galt: „Es ist tatsächlich ein ungeheurer Schatz an Verdiensten vorhanden, der sich aus den frommen Taten ... zusammensetzt, welche die Heiligen über das hinaus vollbracht hatten, was zu ihrer Seligkeit notwendig ist... dass den Treuhänder dieses kostbaren Schatzes den römischen Pontifex ermächtigt, denen die er für geeignet hält, einen Teil dieser unerschöpflichen Quelle des Verdienstes zuzuerkennen... so ausreichend, dass die Übeltäter von der für ihre Missetaten vorgesehen Strafe befreit werden.“ James Talmage, „Jesus der Christus“ zitiert Mosheim, Geschichte der Kirche, XII. Jahrhundert II. Supererogation wurde das genannt.

 

Die Statistiken ‚guter Werke’ wurden gewissenhaft geführt. Das „Vaterunser“ - das zwar nur wenige Worte umfasst - wurde in manchen Klöstern rund um die Uhr gebetet: Sieben Millionen AveMaria hatte „... die Bruderschaft der 11 000 Jungfrauen auf Vorrat gebetet, dazu 200 000 Rosenkränze und 200 000 Tedeum laudamus, sowie 3500 ganze Psalter“ Gustav Freytag Deutsche Bilder 2

 

Die Kirche trieb mit solchen Torheiten und ihren kuriosen Wunschvorstellungen die Menschen in die entgegengesetzte Richtung, hinein ins Antichristentum, ins Ausbeutertum. „Auch Magister Johannes (Hus 1369-1415) gab seine letzten vier Groschen dem Beichtvater, sodass er zuhause nur trockenes Brot zu essen hatte... die hussitische Bewegung begann mit dem Zorn und Ärger über unredliche Gewaltakte der kirchlichen Partei... Im Jahr 1392 wurde das Jubeljahr auf dem Vissegrad verkündet, von Latäre bis zu Kreuzerhöhung wallfahrtete zahlloses Volk zu den heiligen Stellen durch die Städte von Prag, spendete und beichtete und erhielt dafür reichlichen Ablass. Großes Geld nahm die vornehme Geistlichkeit ein, die Beutel der Armen wurden leer. Die Einnahmen musste der Erzbischof mit dem König Wenzel teilen" Gustav Freytag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit“ zweiter Band. Leipzig, S. 218-219

 

Einige wussten mehr. Papst Leo X. hatte 1515 den Ablass ausgeschrieben, um seine Schulden beim Bankhaus der Fugger zu begleichen. Denn er liebte die große Kunst: „von Raffael ließ er sich die Wände seines Badezimmers mit der Göttin Venus und ihrem Sohn, dem Liebesgott Cupido, bemalen und… laut seinen Zeitgenossen ... sei ein Teil des eingenommenen Geldes für die Aussteuer seiner Nichte Maddalena Cibò bestimmt gewesen...“ Maike Vogt- Lüerssen „Begegnungen mit Zeitgenossen der Renaissance“

 

Dass Geld, auch schmutziges, jedes Tor im Reich Gottes öffnen könne, wollte Luther weder verstehen, noch durfte er das unwidersprochen hinnehmen. Da gab es den „Fall des Mordes des Statthalters der Lombardei, Azzo Visconti an seinem Oheim Marcus im 14. Jahrhundert. Papst Johannes XXII. nahm von diesem Mörder Geld und erklärte, Gott gedenke seiner Sünden nicht mehr. Visconti sei nun mit dem Reich Gottes ausgesöhnt.“ Schlosser, Weltgeschichte, Bd. VI. S. 390-391

 

Vorkommnisse wie dieser führten schon lange vor Luther zu Protesten. Zu den schärfsten Kritikern gehörte John Wyclif der, 1374, als Botschafter des englischen Königs Eduard III. nach Brügge reiste, um dem päpstlichen Nuntius "Beschwerden gegen den Heiligen Stuhl" vorzutragen. „Im Auftrag des Königs kritisierte Wyclif den Verkauf kirchlicher Ämter und wandte sich gegen den Machtanspruch des Papstes, der zu dieser Zeit seinen Papstsitz in Avignon hatte.“ EKD Der „Morgenstern der Reformation“

 

Da waren zu viele Ungereimtheiten. Mit einer riesigen Kreuzesfahne, militärisch geschützt war der Dominikaner Tetzel quer durch Deutschland bis in Luther Nähe gereist und pries seine ungewöhnliche Ware an: Sündige Verstorbene könnten für ein paar Groschen aus dem Höllenfeuer gerettet werden. Tetzel kam bis Jüterbog. Nach Wittenberg, wo Bruder Martin lehrte, durfte er nicht gehen, denn Kurfürst Friedrich der Weise hatte Tetzel untersagt, Kursachsen zu betreten. Friedrich wollte nicht, dass sein Geld und das seiner Untertanen irgendwohin abwandert. Deshalb liefen die Wittenberger, abergläubisch, wie sie durch ihre Geistlichen erzogen worden waren, nach Jüterbog. Bald spürte Luther die Auswirkungen direkt. Er zeigte sich nicht gewillt, Männer und Frauen von ihren Sünden zu absolvieren, solange sie keine aufrichtige Umkehr geübt hatten. Wie er glaubte, müsste das doch jedem einleuchten. Nur, wie sagte er das kurz und knapp seinem Kaiser? Luther mühte sich ab. Er fühlte sich elend und verlassen. Der Angstschweiß perlte von seiner Stirn, denn er musste an Jan Hus denken. Dem hatten sie ebenfalls freies Geleit zugesagt und dennoch waren 1415 Krone und Kurie darin übereingekommen: Hus muss brennen. Und so geschah der Wortbruch. Er kämpfte buchstäblich gegen den Teufel, während nicht nur das ganze Worms, sondern halb Deutschland seinen Mut bejubelte, denn diejenigen, die freiheitlich denken konnten, hatten schon lange nach einem Mann wie ihn Ausschau gehalten. Die Bauern hofften, dass nun Besserung kommt. Sie lebten erbärmlich, während es Mönche gab, die ihr Brot verzehrten, ohne einen Finger krumm zu machen. Fortdauernd erpressten Patrizier und Kleriker den Groß- und den Kleinzehnt, der Adel erhob von ihnen Steuern und Zölle, die Pfaffen verlangten obendrein den Peterspfennig der helfen sollte den Petersdom zu Rom zu errichten. Auch die, die nicht lesen konnten, hörten mit Freuden, Luther habe geschrieben: Warum baut der reiche Papst nicht wenigstens den Petersdom von seinem Geld? 86. These

 

Im Kontrast dazu stand Jesu Programm: „Kommt her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken.“ Es war die Zeit des spanischen Großinquisitors Torquemada, der die Juden, Häretiker und Mauren erbeben ließ, indem er sie, das Kreuz des Erlösers in die Höhe reckend, mit dem Feuertod bedrohte. Es war die hohe Zeit des religiösen Betrugs, der hysterischen Frömmigkeit, der Massen-Wallfahrten und einer weit verbreiteten Unwissenheit. Nicht wenige Klöster waren zu Herbergen von Gesindel geworden, andere zu Bordellen verkommen. Mancherorts war jeder dritte Mann ein Mönch oder stand im kirchlichen Dienst. Luthers Stimmung schwankte, doch er will zuversichtlich sein. Er vertritt doch die Sache Jesu Christi. Es ging nicht nur ums Geld. Luthers Kühnheit rüttelte grundsätzlich, nicht nur nach Kardinal Cajetanus Urteil, an jenen Pfosten, auf denen die Macht des Papsttums ruhte. Wenn er nicht verurteilt wird, drohte dem Vatikan eine Minderung der Autorität des höchsten Klerus. Oberster Richter ist der spanische Kaiser der Deutschen. Zum Glück hat Karl V. sich nie darum geschert, was ihm Fachleute und seine Geistlichen rieten. Er wird sich, wie stets, sein eigenes Urteil bilden. Auch das lässt hoffen. Dennoch, er, als Imperator, hatte die heilige Pflicht, vor Gott das Evangelium Roms zu bewahren und dem Papst zu Diensten zu stehen. Aber auch er ahnt nicht, dass er selbst, ebenso wie sein hagerer Gegenüber, Luther, sehr bald ins Gegenteil fallen wird. Kaiser Karl wird, nur wenige Jahre nach Worms, Truppen gegen Papst Clemens VII. schicken, der dumm genug sein wird, sich mit den Franzosen gegen ihn zu verbünden und Martin, der die Toleranz des Monarchen erwartete, wird bald sagen: „Mit Ketzern braucht man kein langes Federlesen zu machen, man kann sie ungehört verdammen!“ Tischreden, Bd.III. S. 175

 

„Er ist ein Ketzer, ... ins Feuer mit ihm!“ Das hörten nicht nur die Nächststehenden. Martin weiß, ein kleiner Wink des mächtigsten Mannes der Welt genügte, um ihn zu verhaften. Martin ist Doktor der Heiligen Schrift, die er, wie keiner sonst, in diesem Raum verstand. Die Konsequenz des Gehorsams der Geistlichkeit gegenüber dem Ungeist der Raffgier erbitterte Martin Luther: Nur echte Reue kann alles bessern. Sehr wenige Laien wussten indessen, dass Ambrosius von Mailand im 4. Jahrhundert den Grund für den Ablasshandel legte, indem er lehrte: „Es kann keine noch so verruchte Schandtat begangen oder gedacht werden, welche die heilige Kirche nicht nachlassen könnte.“ Gerhard J. Bellinger „Der Catechismus Romanus und die Reformation Wahrscheinlich gab wiederum ‚Papst’ Sixtus I. (Xystus), der von 116-125 als römischer Bischof amtierte, den Anstoß zu dieser Anmaßung, indem er die Behauptung wagte: „Die Kirche ist immer heilig, ganz gleich wie sündig ihre Priester sind.“ Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon Verlag Traugott Bautz

 

Noch sechs Jahre vor Bekanntmachung der antirömischen Thesen, während seiner Hinreise nach Italien, in Sachen seines Augustinerordens, 1510-11, empfand Luther Glück, Sohn einer sauberen Kirche zu sein. Angesichts der am Horizont auftauchenden Türme der ewigen Stadt fiel er auf die Knie: „Heiliges Rom!“ Unheiligeres sollte Bruder Martin sodann nie wieder sehen, nie wieder so lästerliche Reden wie die der römischen Priester hören, welche die Messe mit unbeschreiblich obszönen Redensarten verlachten und die sich offen der Vorfreude hingaben, nach vollzogener Pflicht Vergnügen in den Armen ungenierter Damen zu finden. Ihre Mitbrüder würden ihnen am nächsten Beichttag zwar eine kleine Buße, eine kleine Strafe, auferlegen - wenn überhaupt - und sie sodann mit läppischen Scherzen ermutigen weiter zu machen und zu tun was ihnen gefällt, denn schließlich besitzt ihre Kirche das allen Übertretern zur Verfügung stehende Reinwaschungsmonopol. Und das sei so, seitdem Christus der Herr, seinem Nachfolger Petrus die Legitimation dazu mit den Worten verlieh: „Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.“ Doch gemäß den Gesetzen der Bibel kann diese Vollmacht nur, wie jede andere, unter bestimmten Voraussetzungen an andere übertragen werden. „Liebst du mich?“ fragte der Herr den Petrus. Dreimal. Und Petrus erinnerte sich sehr wohl daran, was das bedeutete. Jesus hatte es zuvor definiert: „Wer meine Gebote hat und hält sie, der ist es, der mich liebt...“ Joh. 14: 21

 

„Im Jahr 991 besprach ein Bischof die (absolut katastrophalen) römischen Zustände… Sein Resümee lautete: ein Papst, der keine Liebe besitzt… ist ein Antichrist...“ Hertling: „Geschichte der katholischen Kirche bis 1740“

 

Höchste Priesterpflicht: Legitimationen erhalten

 

In der Kirche Jesu Christi der HLT (Mormonen) wird jede Person umgehend dispensiert, wenn außereheliche sexuelle Kontakte zustande kamen, oder wenn andere Verfehlungen, wie Diebstahl, Lügen oder allgemeiner Amtsmissbrauch vorliegen. Im Wiederholungsfall erfolgt der Kirchenausschluss. (Nach angemessener Zeit echter Reue ist eine Wiedertaufe möglich, sogar erwünscht)

 

„Mormonen“ anerkennen aus zwei Gründen die Taufen von Säuglingen und Kleinkindern nicht.

 

1.) Tertullian (160-220) lehnte jede Kindertaufe klar ab: „Die Kinder sollen kommen ..., wenn sie belehrt sind.“ De baptism Tertullian, 210ca.

 

2.) Er bekräftigte „das Menschenrecht (ius humanum) … dass jeder verehrt was er für richtig hält.“ Ad Scapulam (Kap. 2)

 

Ein Kleinkind hat keine Wahl! Die Kirche schaffte sehr früh das Wahlrecht ab. Kaiser Justinian, Herr des oströmischen Reiches „ordnete 545 die Verfolgung nichtchristlicher Grammatiker, Rhetoren, Ärzte und Juristen an... er ließ heidnische Bücher verbrennen. Die Kindstaufe wurde zwangseingeführt, die Nichtbeachtung mit dem Verlust an Eigentum und Bürgerrecht bestraft.“ Philipp Charwath „Kirchengeschichte“

 

Auf eventuellen Abfall von der „Orthodoxie“ setzte er die Todesstrafe. Das ließ er schamlos, in sein Gesetzeswerk „Codex Justinianus“ hineinschreiben. Längst war in Vergessenheit geraten, dass die Heiligen Schriften den Christen Zwangsausübung jeder Art strengstens untersagten. Schon vor Origenes (185-254) lehrte die Kirche unmissverständlich, was das Christentum ist, nämlich ein Garant für Gewissensfreiheit. Der Umkehrschluss lautet:

 

Wo die Wahlfreiheit endet, da ist niemals Christliches.

 

„Die Christen, schreibt Tertullian, kennen keine Ruhmsucht und Ehrsucht, kein Bedürfnis nach einer Parteistiftung, nichts sei ihnen fremder als die (Macht-) Politik. Der eine möge Gott verehren, der andere den Jupiter; der eine zum Himmel, der andere zum Altar der Fides beten. Seht vielmehr zu, ob nicht auch das auf den Vorwurf der Gottlosigkeit hinausläuft, wenn man jemand die Freiheit der Religion nimmt und ihm die freie Wahl seiner Gottheit verbietet“. Georg Denzler, „Mutige Querdenker, der Wahrheit verpflichtet“

 

„Mormonisch“: „Die Entscheidungsfreiheit ist die wesentliche, treibende Kraft beim Fortschritt der Seele. Der Herr wünscht sich, dass der Mensch so wird wie er. Damit der Mensch das erreichen kann, musste der Schöpfer ihn zuerst frei erschaffen.“ David O. McKay Präsident der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage 1951-1970

 

Papst Gregor der Große empfahl um 600 den Einsatz von Folter als Mittel der Bekehrung: „Wenn ihr feststellt, dass die Menschen nicht gewillt sind, ihr Verhalten zu ändern, so befehlen wir, dass ihr sie mit größtem Eifer verfolgt... züchtigt sie mit Prügeln und Folter, um sie zur Besserung zu zwingen… sie sollen durch strengste Kerkerhaft zur Einsicht gebracht werden, wie es angemessen ist, damit jene, die sich weigern, die Worte der Erlösung anzunehmen, welche sie aus den Gefahren des Todes erretten können, durch körperliche Qual dem erwünschten gesunden Glauben zugeführt werden.“ Henry, Charles Lea „Geschichte der Inquisition im Mittelalter“

 

Im Jahr 681 heißt es denn auch - laut dem 12. Konzil zu Toledo -: „... reißt mit der Wurzel die jüdische Pest aus... die jüdische Religion ist verboten! Allen Juden Spaniens wird befohlen, sich binnen eines Jahres taufen zu lassen... wer der Gnade der Taufe noch nicht teilhaftig wurde, wird mit einhundert Peitschenhieben, dem Ausreißen des Kopfhaares... sowie der Landesverweisung bestraft... sein Eigentum wird dem Herrscher zur Verfügung gestellt...“ Werner Keller „Und wurden zerstreut unter alle Völker“

 

In der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ von 1999 erheben die Verfasser für heutige Theologen immer noch, trotz allem furchtbaren Geschehen, Anspruch auf angebliche Legitimationen zur Sündenvergebung. Dem widerspricht die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage direkt, indem ihre Schriften lehren: „Legitimationen erlöschen bei Missbrauch.“ Lehre und Bündnisse 121: 35-38

 

Im Buch Mormon heißt es: „Gestattet niemandem euer Lehrer oder geistlicher Diener zu sein, außer er sei ein Mann Gottes, der auf seinen Pfaden wandelt und seine Gebote hält.“ Mosia 23: 14 Mit Beginn des 4. Jahrhunderts drohte er ganzen Kirche der Verlust des „echten Ringes“ infolge Rechthaberei und Eifersucht: Bereits „Emperor Maxentius sah sich beträchtlichen Wirren und zum Teil blutigen Kämpfen innerhalb der Christengemeinden Roms konfrontiert. Er war gezwungen, die Bischöfe Marcellus (307- 309) sowie Eusebius (309) in die Verbannung zu schicken.“ Karl Christ „Geschichte der römischen Kaiserzeit “ Der Historiker Ludwig Hertling SJ umschreibt spätere Ereignisse, die dem, allen Christen (nach Matth. 5: 5 u 6) nicht erlaubten, Vormachtdenken entsprangen: „(Papst) Formosus (891-896) krönte den Herzog von Spoleto, Guido, zum Kaiser. 893 wurde Formosus gezwungen, auch Arnulf zum Kaiser zu krönen. Von da an herrschte in Rom ständiger Bürgerkrieg… Es waren nur mehr Raufhändel der römischen Familien, die ihre Mitglieder ihrer Familien zu Päpsten zu machen und die von anderen Familien aufgestellten Päpste zu stürzen suchten. Die Verwirrung war so groß, dass wir von manchem dieser Päpste, die oft nur Wochen oder Tage im Amt waren, nur die Namen wissen und nicht einmal immer feststellen können, ob sie rechtmäßige Päpste waren…“ „Geschichte der katholischen Kirche bis 1740“ Das Liebesgebot Christi war und bleibt als Voraussetzung für das Christsein bindend. Aus Hass verurteilte Papst Lucius III. 1184 die Waldenser als Ketzer. 1181 wurde er vom Kardinalbischof zum Papst befördert. Seine Zeitgenossen rühmten seinen Gerechtigkeitssinn. Das war der Start zum 600-jährigen Ausrottungskrieg der Kirche, der erst 1848 endete. Noch im Frühling 1655 wurden schätzungsweise 1700 Waldenser von „Christen“ geschlachtet. Alleine diese Periode als Teil der Geschichte des Christentums zu bezeichnen, ist eine Beleidigung des Friedefürsten.

 

Bernard von Clairvaux (1090-1153) urteilte: dass die Katharer (bzw. Waldenser) Ketzer seien und lobt sie in höchsten Tönen: „... Es kann nichts Christlicheres geben, als diese Häretiker... Ihre Worte stimmen mit ihren Taten überein. Ein Waldenser betrügt niemanden, er bedrückt niemanden, seine Wangen sind bleich vom Fasten, er isst nicht das Brot des Müßiggangs, seine Hände arbeiten für seinen Lebensunterhalt“ dennoch: „hält er ... (Bernard mit Blick auf die deutschen Waldenser im Raum Köln) den weltlichen Arm für verpflichtet, das durch die Ketzereien Gott angetane Unrecht zu rächen“ Henry, Charles Lea „Geschichte der Inquisition im Mittelalter Bd. 1 S. 246 u.112

 

Lucius III. sei ein gerecht handelnder Papst gewesen? Henry, Charles Lea in Auswertung der Niederschriften teilt uns in seiner "Geschichte der Inquisition im Mittelalter" Bd 1 allerdings mit, dass "der Erlass des Lucius III. auf dem sogenannten Konzil von Verona 1184 allen Machthabern gebot, vor ihren Bischöfen eidlich zu geloben, dass sie die kirchlichen und weltlichen Gesetze gegen die Ketzerei voll und wirksam durchführen wollten. Jede Weigerung oder Vernachlässigung sollte mit Exkommunikation, Absetzung und der Unfähigkeit ein anderes Amt zu bekleiden, bestraft werden... So unternahm es die Kirche, die weltlichen Herrscher zur Verfolgung zu zwingen."

 

1208 rief Papst Innozenz III. zum Kreuzzug gegen die Katharer auf. Der Ev. Gesamtverband Oberweser formulierte: "Die nächste Antwort ... war die Gründung des Predigerordens der Dominikaner um 1216. Als von Papst Gregor IX. im Jahre 1231 die Inquisition offiziell eingerichtet wurde, begann endgültig die dunkle Zeit des Terrors. Für Unbußfertige und Rückfällige wurde der Feuertod als Strafe bestimmt."

 

                       Waldensergemeinden um 1100 (ev. Gesamtverband, Oberweser)

 

Waldenser wurden gezwungen, rotglühendes Eisen in die Hand zu nehmen. Diese Großverbrechen wurden nie bestraft. Zu keiner Zeit erwogen die Kirchengewaltigen, ob durch antichristliches Tun die apostolische Sukzessionskette abriss! Erst auf Druck Englands setzte der König Sardiniens und Piemonts, Karl Albert, dem scheußlichen Treiben der Kirche, 1848, durch politische Dekrete ein Ende. Es war keineswegs so, dass die damalige Kirche von sich aus Erbarmen gezeigt hätte. Es erfolgte die Degradierung Christi mit „christlicher“ Hilfe.

 

           Buße als Akt der Einsicht und der Willensfreiheit

 

Luthers Umkehr fand tatsächlich, 1511, in Rom statt.



Mitten auf einer der 28 Stufen der Pilatustreppe (Scala sancta) hielt er plötzlich inne. Sein ‚Vater-unser’ zugunsten seines Großvaters stockte. Mit einem Schlag hinterfragte er die allgemeine „Meinung, wer so bete, würde eine Seele erlösen.“ Fliedner-Caspar-Muetzelfeld, Evangel. Religionsbuch III, für Knabenschulen 

Er lauschte in sich hinein: Vermag dieser Ritus das? Nur Buße kann erlösen! Doch Rom hatte noch nicht begriffen, dass Buße weder Strafe sein soll, noch kann Strafe durch Gebete ersetzt werden. Der Kirche täte es gut, selbst Buße zu üben. Das sollte dauern, bis Vaticanum II (1962-65) und dem berühmten Bußgebet Johannes XIII.. So tauchte wahrscheinlich in Luther und in Rom das griechische Wort „Metanoia“ auf: "Buße ist Umkehr". Sie findet innen statt. Nur die Reue des Übertreters kann Vergebung bringen: Das stand bei Luther – damals noch – obenan. Deshalb lautete seine erste These: „Als unser Herr und Meister Jesus Christus sagte: „Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen“, wollte er, dass das ganze Leben der Gläubigen Buße sei.“ Später leugnete er indirekt diese Notwendigkeit für die Erlösung, je deutlicher er dem paulinischen Halbsatz „allein aus Gnade“ den Vorrang gab. Es passt nicht recht zusammen: denn um sich in der Versuchung selbst zu bezwingen bedarf es einer Willensleistung, eben des freien Willens von dem Luther behauptete es gäbe ihn nicht: „... die Vernunft selbst (ist) gezwungen zuzugeben, ... dass es einen freien Willen weder im Menschen noch im Engel, noch in sonst einer Kreatur geben kann.” M. Luther „Vom unfreien Willen" 

Konsequenterweise (aber nicht gemäß der Logik) wurde denn auch in der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ von 1999, der Begriff „Buße“ geradezu ängstlich gemieden. Unter den fast 10 000 Wörtern erscheint er nur 1 Mal und das im schiefen Rahmen. Wörtlich: „Auch der Gerechtfertigte muss wie im Vaterunser täglich Gott um Vergebung bitten, er ist immer wieder zu Umkehr und Buße gerufen, und ihm wird immer wieder die Vergebung gewährt“ Woher wissen die Verfasser, dass dem Übertreter „immer wieder“ die Vergebung gewährt wird? Die im frühen Christentum entscheidende Geisteshaltung ist die der Vermeidung der Übertretung: Paulus bringt es auf den Punkt: Das aber ist der Wille Gottes, dass ihr meidet die Hurerei.“ 1. Thess. 4: 3

Wenn die Übertretung doch geschieht, muss ihr angemessene Reue folgen, die den Rückfall verbietet, denn man kann nicht fromm beten „Herr, dein Wille geschehe“, und dann nach Belieben weitermachen. Das zöge nach Paulus die Exkommunikation nach sich: „Schafft den Übeltäter aus eurer Mitte“ 1. Korinther 5: 13 

"Reue" erscheint, unter den vielen Worten der erwähnten „Erklärung“, ebenfalls nur 1 Mal. Die Bibel sagt es: „Selig, wer sein Gewand wäscht.“ Offb Joh. 22: 14 

Das Buch Mormon schreibt bestätigend: "Die Barmherzigkeit erhebt Anspruch auf die Reumütigen, und die Barmherzigkeit wird wegen des Sühnopfers zuteil; und das Sühnopfer bringt die Auferstehung der Toten zuwege; und die Auferstehung der Toten bringt die Menschen in die Gegenwart Gottes zurück; und so werden sie in seine Gegenwart zurückgebracht, um gemäß ihren Werken gerichtet zu werden, gemäß dem Gesetz und der Gerechtigkeit. Denn siehe, die Gerechtigkeit macht alle ihre Forderungen geltend, und die Barmherzigkeit beansprucht auch all das Ihre; und so wird niemand als nur der wahrhaft Reumütige errettet.“ Alma 42: 23-24 

Mitglieder der Kirche Jesu Christi, die den Ratschlägen ihrer Propheten folgen, halten es für ihre Pflicht täglich an ihrem Wesen zu arbeiten um es zu bessern und den Forderungen des eigenen Gewissens nicht zu widersprechen, gemäß Luthers 1. These und dem Bibelwort Jeremias: „Bessert euer Leben und Wesen!“ 7: 3 

Zitternd war Bruder Martin einmal, in der Zeit seiner größten Romgläubigkeit, in einer Prozession hinter einer Monstranz hergelaufen. Dr. Usingen, Lehrer seines Ordens, der das bemerkte, hatte ihn angestoßen und besorgt nachgefragt, ob Martin sich unwohl fühle. Da bekannte er, den Blick auf das Türlein der kristallenen Monstranz gerichtet, hinter der sich Jesu Fleisch in Form der geweihten Oblate, der Hostie, befand, wie sehr er sich fürchte dermal einst als arme Seele diesem Weltenrichter gegenüber zu stehen und verurteilt zu werden, weil er anscheinend gewissen Neigungen immer wieder nachgab... Dr. Usingen meinte es damals gut, doch Menschenworte, so gut sie auch gemeint waren, konnten ihn nicht trösten. Er verglich den Ernst seines Beichtvaters Johann Staupitz (1468-1524) mit dem Leichtsinn, dem er in Rom selbst bei Tageslicht begegnete. Die Würde dieses großen Mannes und seine Ermutigungen halfen ihm seit je, immer wieder, den Kopf zu heben. Staupitz, obwohl Generalvikar deutscher Augustiner war demütig genug, ihn seinen Freund zu nennen. Und Martin war fortan Manns genug, seinen Weg der Suche nach einem Ausweg fortzusetzen. Doch er übertrieb – etwas, das ihm bis an sein Lebensende zu eigen war. Das zeigte sich in seinem Verhalten zu Juden, zu Sinti und Roma, ebenso wie gegenüber angeblichen Hexen. Um 1517 gab er zu, dass es seinem Wesen entsprach Dinge auf die Spitze zu treiben: "Wahr ist's, ein frommer Mönch bin ich gewesen und habe so gestrenge meinen Orden gehalten, dass ich's sagen darf: Ist je ein Mönch gen Himmel kommen durch Möncherei, so wollt' ich auch hinein kommen sein. Das werden mir bezeugen alle meine Klostergesellen, die mich gekannt haben. Denn ich hätte mich, wo es länger gewähret hätte, zu Tode gemartert mit Wachen, Beten, Lesen und anderer Arbeit." Da fühlen wir alle in liebevoller Weise mit ihm und stehen in seiner Ablehnung des religiösen Wahns an seiner Seite, denn vor und zu seinen Zeiten wollten die Christen durch ‚besonders gute Taten’ Erlösung finden, nämlich in Pilgerreisen, im Reliquienerwerb (die ohnehin überwiegend Falsifikate darstellten), in der Teilnahme an endlosen Kreuz- und Kriegszügen gegen Islam, Heiden-, Ketzerund Judentum. Das „Gutsein“ bestand aus Kasteiungen, langanhaltenden Wiederholungen gewisser Floskeln, im fast pausenlosen "Vater-unser" Geplapper und im geradezu blinden Gehorsam gegenüber jeweiligen kirchlichen Vorgesetzten. Das waren weder Guttaten noch waren sie wünschenswert Die Aussage, die „guten Taten ... welche die Heiligen über das hinaus vollbracht hatten, was zu ihrer Seligkeit notwendig ist.“, geht richtigerweise davon aus, dass die unsterbliche Seele wegen ihrer Taten entweder in den Himmel kommt oder in die Hölle geht. Wobei wieder klar wird, dass es Unfug ist überhaupt anzunehmen, der eine schaffe es gerade so in den „Himmel“ mit seinem unermesslichen Glück, und der andere, der um kaum ein Grad schlechter war, wird ewig leiden. Dem entsprechen die alten Texte: „Die Toten werden nach ihren Werken gerichtet!“ Offb Joh. 20: 12 

Da ist der ganze Protestantismus, insbesondere der Calvinismus, in Verlegenheit die beide durch gewagte Konstruktionen Ausreden fabrizieren: Lutherisch formulieren die Theologen der evangelischen Kirche bis heute: „Wir bekennen gemeinsam, dass der Mensch im Blick auf sein Heil völlig auf die rettende Gnade Gottes angewiesen ist. Die Freiheit, die er gegenüber den Menschen und den Dingen der Welt besitzt, ist keine Freiheit auf sein Heil hin. Das heißt, als Sünder steht er unter dem Gericht Gottes und ist unfähig, sich von sich aus Gott um Rettung zuzuwenden oder seine Rechtfertigung vor Gott zu Verdienen oder mit eigener Kraft sein Heil zu erreichen. Rechtfertigung geschieht allein aus Gnade. … der Mensch ist unfähig, bei seiner Errettung mitzuwirken.“ Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre. 

Das Gnadenverständnis der Kirche Jesu Christi der HLT steht wie das des Origenes haushoch gegen solche Verklausulierung: Gott erwartet unser Dazutun, das gerecht belohnt wird. „… Zwar sind alle Geschöpfe ganz auf Gott angewiesen, eigene Anstrengungen werden durch seine Gnade weit überwogen. Aber die Vorsehung hat alle Regungen des freien Willens von Ewigkeit her vorausgesehen und eingeplant, und sie werden gerecht vergolten.“ Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft ... Origenes, Mohr - Siebeck, 3. Auflage 

Dr. Martin Luther kämpfte wie ein Löwe, um einen paulinischen Halbsatz zu verteidigen: Sola gratia. Aber weder das Gottes- noch das Menschenbild Luther ist stimmig, deshalb geht er nicht gerade selten irre. Er weiß nicht, dass die menschliche Seele Äonen vor ihrem Erdenleben existierte, weil diese Lehre seit Jahrhunderten mutwillig gelöscht wurde. Erst die Erkenntnis, dass der Mensch buchstäblich göttlichen Ursprungs ist, hebt den der das sehen kann vom Tal auf eine beträchtliche Anhöhe. Sonderbar, das gewisse Aussagen Paulis über die Prinzipien Christi gestellt wurden. Christus zählte sie auf die für die ewige Seligkeit unerlässlichen guten Taten: - Niemals Gewalt anwenden, Matth. 5: 5 

- Nach Gerechtigkeit streben (Recht schaffen, wo es nicht vorhanden ist, wie D. Bonhoeffer sagte) Matth. 5: 6 

- Barmherzig mit anderen sein Matth. 5: 7 

- Reiner Gesinnung sein Matth. 5: 8

 - Stets friedensstiftend zu handeln, Matth. 5: 9 

- Verfolgung ertragen Matth. 5: 10… das wird euch großen Himmelslohn einbringen Matth. 5: 12 

- Ihr müsst wohltuenden Einfluss auf die Geschicke der Erdbewohner nehmen, denn ihr seid das Salz der Erde Matth. 5: 13 

- Ihr, die ihr meinen Namen auf euch nehmt, müsst das Licht der Wegweisung zum Guten sein Matth. 5: 14 

- Ihr Männer schaut nicht lüstern hinter fremden Frauen her. Matth, 5: 27 

- Hütet euch anzugeben, wenn ihr Gutes getan habt, sonst verliert ihr den für Bescheidenheit ausgesetzten Lohn. Matth. 6: 1 

- Wenn du Wohltaten spendest, posaune das nicht aus! Du könntest sonst deinen Lohn von deinem Gott verlieren Matth. 6: 2 

- Seid vorsichtig, wenn ihr ein Urteil über andere fällt, denn wenn ihr ungerecht richtet, verurteilt ihr euch selbst. Matth. 7: 1 

- Wir sind eingeladen worden, im Weinberg Gottes (seiner Kirche) mitzuarbeiten und uns wurde Lohn versprochen. Matth. 20 

- Im Weltgericht wird erwogen, ob wir zu Lebzeiten auf Erden den Hungrigen und Elenden halfen. Matth. 25: 31-46 

Schlimm genug wenn behauptet wird: der Mensch ist unfähig, bei seiner Errettung mitzuwirken“, überbietet Johannes Calvin (1509-1564) das Ganze: „Calvinismus bedeutet, du hast zu glauben, dass Gott vollkommen frei ist, einen jeden Menschen zum Heil (oder Unheil) vorherzubestimmen, ungeachtet dessen…, ob er glaubt oder nicht. Und diejenigen, die zum Heil vorherbestimmt sind, können nicht abtrünnig werden oder ihres ewigen Lohnes verlustig gehen.“ Kingdon, Robert M.: Der internationale Calvinismus und der Dreißigjährige Krieg 

 Calvin lässt keinen Zweifel an seiner überfrommen Borniertheit aufkommen: „... die Menschen werden nicht alle mit der gleichen Bestimmung erschaffen, sondern den einen wird das ewige Leben, den anderen die ewige Verdammnis vorher zugeordnet.“ Institutio Christianae Religionis 3.21

 „Non agunt, sed aguntur – Sie handeln nicht, sie werden gehandelt.“ Bernhard, Calvin und die Wirkungen 

 Sklavenhalter handelten mit Menschen und händelten sie! Welch Trotz erregendes Gottesbild diese Herren Protestanten da schufen! Aus der Sicht der Verdammten war dieser „Gott“ das Abbild eines Tyrannen, der dem „ewig Verlorenen“ das Individualrecht vorenthält. Empörung gegen diesen Gott der Launen musste die Folge sein. Die Aufgabe des echten Christentums besteht jedoch darin: „Eine neue, alle völkischen Unterschiede hinter sich lassende Lebensordnung (zu schaffen!) ... Alle Menschen von sittlichem Willen (werden) sich ihr freudig unterstellen... (Erst) diese Auffassung vom Ziel der sittlichen Willensfreiheit bringt uns die Loslösung des Menschen vom Zwang irdischer Bindungen.“ Dialog des Bardesanes bei Hans Lietzmann: „Geschichte der alten Kirche“ 

Entschlossenheit und Willensfreiheit des Einzelnen sind erforderlich, um sich aus dem Zwang irdischer Bindungen zu lösen. Du sollst deine Fähigkeiten einsetzen, um zu helfen große Utopien, wie die vom Gottesreich Christi auf Erden, in Realitäten umzusetzen. Es sollte und soll nach Christi Willen und Wunsch eine Gesellschaft entstehen, in der die Lüge keinen Platz hat, und das Streben nach dem Wohlergehen aller dominiert. Dann kann und muss ein Reich hervorkommen, indem niemand dem anderen vorschreibt, was er zu glauben und zu tun hat. Dem aber geht der sittliche Wille voraus, die Willensfreiheit, die genährt werden muss. Zu diesem Zweck erhielten wir Talente. 

 Willensfreiheit und Gnade - oder Luther kontra Origenes 

 Origenes sagte es immer wieder, aber er sagte nur was die Priester christlicher Gemeinden seit je verkündeten: „Der Schöpfer gewährte den Intelligenzen, die er schuf, willensbestimmte, freie Bewegungen, damit in ihnen eigenes Gut entstehe, da sie es mit ihrem eigenen Willen bewahrten… durch die Kunst seiner Pädagogik wird Gott (seine Geschöpfe) doch noch dazu bringen, dass sie dem Guten beständig anhängen.... Gottes Pädagogik und der freie Wille der Logika, den Gott durch Erziehung fördern und nicht durch Zwang vergewaltigen darf, sind die eigentlichen Pole des origenistischen Systems.“ Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft, 3. völlig neu bearb. Auflage, vierter Band Kop-O, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen, 1960 

Nahezu 1 600 Jahre lang verweigerte die nicänisch-katholische Kirche den Menschen das Recht auf freie Wahl ihrer Religion energisch. Erst mit der Schlusssitzung von Vatikanum II verabschiedete der Vatikan sich vom menschenverachtenden, konstantinisch-ambrosianischen System der Willensunterwerfung. Vaticanum II (1962-1965), änderte unter dem wohltuenden Einfluss des Papstes Johannes XXIII., Prinzipien! Dort wurde auch die Tatsache bekräftigt, dass der Mensch über Willensfreiheit verfügt. Gleichzeitig wurde die Glaubensfreiheit wiederhergestellt: Luther dachte immer konsequent, aber unter den Gegebenheiten des für Theologen seit Kaiser Justinian, im sechsten Jahrhundert verwürgten Menschenbildes. Nämlich, nachdem dieser Großherr unter Strafe stellte, weiterhin zu glauben, dass jeder Mensch ein vorirdisches Dasein hatte, dass jeder den göttlichen Funken in sich trägt und damit über ein riesiges Potential verfügt, - wenn es nicht unterdrückt wird. Weil das so immer wieder geschah, ist Geschichte stets die des entschlossenen Ringens um die Freiheit gegen die Rücksichtslosen. Gegen die Vernunft verkündete die EKD noch 2020: „Gottes Allmacht und seine Vorsehung schießt menschliche Willensfreiheit aus.“ online-Dogmatik evangelischer Glaube“ 

Das ist blanker, von der Schrift her nicht unterstützter Determinismus, denn Christus wirbt um die Seelen, er stellt jedem anheim, Nein zu sagen. Der Dominikaner Thomas von Aquin (1225-1274) wusste es: „Der Wille gibt dem Menschen die Freiheit, sich zwischen Gut und Böse zu entscheiden. Gott gewährt uns die Freiheit, falsch zu handeln, aber er hat uns auch den Sinn für das Rechte und das Falsche eingegeben.“ Horst Poller „Die Philosophen und ihre Kerngedanken“ 

Sein Zeitgenosse Meister Eckhart (1260-1328) mahnte ebenso eindringlich wie zuvor Origenes: „Gott hat die Seele auf Freiheit und Eigenständigkeit ausgerichtet, so, dass er ihr über den freien Willen hinaus nichts aufzwingen will, auch will er von ihr nichts fordern, was sie nicht will.“ Zutreffend formulierte der damalige Konzilsberater und -beobachter Joseph Ratzinger (später Papst Benedikt XVI.) nach der Abstimmung durch die Konzilsväter: „Die Erklärung über die Religionsfreiheit des Zweiten Vatikanums bedeutet insofern kirchlicherseits das Ende des Mittelalters, ja das Ende der konstantinischen Ära… und dass man ab jetzt nie mehr sagen könne, für die katholische Kirche sei die Religionsfreiheit kein Grundrecht, das in der Würde der Person begründet ist.“ ...„Nach Auffassung des 2. Vatikanischen Konzils liegt das wahre Wesen des Menschen in seiner Innerlichkeit, seinem Herzen, „wo er selbst unter den Augen Gottes über sein eigenes Geschick entscheidet“ Karl Hörmann „Willensfreiheit“ 

Die Christen der ersten drei Jahrhunderte, - gleichgültig, wo sie sich trafen, in einer Hütte oder einem Nobelsaal – wussten um die Notwendigkeit in Willensfreiheit ihre Entscheidungen zu treffen. Deshalb gingen sie, „... nach den Versammlungen auseinander, als ob sie aus einer Schule der Tugend kämen... Sie strebten nach Selbstbeherrschung und Gerechtigkeit“. Anton Grabner-Haider-Maier „Kulturgeschichte des frühen Christentums“ 

„Nach Laktanz ist Jesus der Lehrer der Tugend und Gerechtigkeit.“ Hans Lietzmann „Geschichte der alten Kirche“ 

Das war es was Origenes hervorhob; doch wie eine Betonwand stehen bis zur Stunde auf Seiten großkirchlicher Historiker justinianische Bedenken gegen Origenes: Niemand kann indessen leugnen, dass … „eine ganze Generation von Theologen ... durch seine Schule gegangen ist... mehrfach holte man Origenes zur Widerlegung von Häretikern, die sich seinen Argumenten meistens beugten...“ Franz Schupp „Geschichte der Philosophie im Überblick“ 

 Er hatte allerdings bereit zu seinen Lebzeiten massiv agierende Feinde. „… Bischof Demetrius ... war später der erste, der Origenes der Irrlehre bezichtigte, wobei seiner Handlungsweise jedoch offensichtlich ein rein egoistisches Motiv, nämlich gekränkte Eitelkeit und Neid, zugrunde lag.“ Guna Avatara Premyoga „The Path of Love“ 

Ludwig Hertling SJ schreibt: „Origenes hatte niemals die Absicht, von der Lehre der Kirche abzuweichen!“ „Geschichte der katholischen Kirche bis 1740 

Nach den Lehren der christlichen Akademie zu Alexandria wie sie bis 230 verkündet wurden und denen der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage sind wir als buchstäbliche Gotteskinder, versehen mit enormem Potential, das ausreicht in Gotteshöhen aufzusteigen. Wir sind Götter im Keimzustand. Das wird seitens evangelischer Theologie massiv bestritten. Konsequenterweise leugnet die heutige Geistlichkeit lutherischer Prägung, dass der Mensch eine unsterbliche Seele hat (eine unsterbliche Seele ist): „Die heidnischen Dichter und Denker irrten, wenn sie meinten, der Mensch habe einen unzerstörbaren Kern.“ „online-Dogmatik evangelischer Glaube“, 2023 

Selbstverständlich kann der natürliche Mensch niemals Gott werden, eher mutiert er ins Gegenteil. Aber eben da liegt das Problem, mutwillig wurde 543 unter Kaiser Justinian die Lehre von der „Gottwerdung“ des Menschen in Vergessenheit gestoßen. Folglich will kaum jemand mehr wissen, dass des Menschen „Erhöhung“ das Kernstück urchristlicher Tradition war: „... der Gedanke der Vergottung (des Menschen) war der letzte und o b e r s t e gewesen; nach Theophilius, Irenaeus, Hippolit und Origenes findet er sich bei a l l e n Vätern der alten Kirche, bei Athanasius, bei den Kappadoziern, Appolinares, Ephraim Syrus, Epiphanius u. a.“ Adolf von Harnack „Lehrbuch der Dogmengeschichte“ 

Selbst die Israeliten, insbesondere die Kabbalisten, glaubten daran: Sie brachten es auf den Punkt: „... Jeder gute... Gedanke und jedes ebensolche Tun zeugt unverlierbare geistige und reale Energien (bis zur) Veredlung und Emporhebung in die reinen Höhenregionen, (tätig) an der immer fortschreitenden Vergottung.“ Erich Bischoff „Kabbala“ Hippolyt von Rom (heiliggesprochener Gegenpapst um 220) sagt es ebenfalls: „Durch den Logos brachte Gott Alles hervor, und anders als es gemacht wurde, konnte es nicht gemacht werden. Den Menschen schuf er als solchen; will der Mensch Gott werden, so muss er ihm gehorchen.“ Joseph Langen „Geschichte der römischen Kirche“ 

Dieser Aspekt hat für Origenes und Joseph Smith höchste Bedeutung. „Jeglicher Grundzug der Intelligenz, den wir uns in diesem Leben zu eigen machen, wird mit uns in der Auferstehung hervorkommen. Und wenn jemand in diesem Leben durch seinen Eifer und Gehorsam mehr Wissen und Intelligenz erlangt als ein anderer, so wird er in der künftigen Welt um so viel im Vorteil sein.“ Lehre und Bündnisse 130: 18-19 

Nichts, außer dem Sühnopfer Christi, hat mehr Gewicht. Allerdings: „Erst aufgrund der Tugend wird man ein Kind Gottes, und erst in der Erwerbung der Tugend durch eigenen Eifer erwirbt der Mensch die Ähnlichkeit Gottes. Unentbehrlich für das Erreichen der Gottähnlichkeit ist also die Entscheidungsfreiheit.“ H. Benjamins „Eingeordnete Freiheit; Freiheit und Vorsehung bei Origenes“ 

Derzeitiger Erkenntnis nach glaubte mindestens die Hälfte aller Anhänger Christi bis etwa 540 „originistisch“. Dann wurde staatlicherseits durch den Imperator Justinian, das von Jesus und seinen Jüngern gestiftete, schon von Ambrosius von Mailand untersagte freie Geistesleben, mit verheerenden Folgen ausgerottet. Justinian (482-565) drehte sich zuvor selbst um einhundertachtzig Grad zu einem Verächter. Er ging so weit, den Papst in das von ihm gegen Origenes mitgestrickte Intrigengeflecht einzubeziehen: „Die Bannflüche wurden ... unter dem unnachgiebigen Druck Kaiser Justinians von sämtlichen Patriarchen unterzeichnet, einschließlich Papst Vigilius’, der 544 eigens zu diesem Zwecke fast gewaltsam nach Konstantinopel gebracht wurde. Mit ihrer Unterzeichnung reihte die Kirche den bedeutendsten und herausragendsten Theologen des frühen Christentums, Origenes, aus w e l t l i c h e n Gründen unter die ketzerischen Irrlehrer...“ Hermann Bauer „Der Einfluss Ostroms“ 

„In einem Brief an Paula (heißt es), Origenes sei nicht wegen neuer Lehren oder häretischer Meinungen... verurteilt worden, sondern weil man den Glanz seiner Beredsamkeit und Wissenschaft nicht habe ertragen können.“ Johann J. Ignaz von Döllinger „Hippolytus und Kallistus“ 

In seiner Generalaudienz am 25. April 2007 empfahl Benedikt XVI. die Rückkehr zu Origenes: „Ich lade euch dazu ein... die Lehre dieses großen Meisters (Origenes) im Glauben in euer Herz aufzunehmen.“ 

Die Seele 

Goethe wusste es: Er sagt, im Faust 1 was „Mormonen“ zeitgleich mit ihm, oder ein wenig früher, aber eben nicht die großkirchlichen Theologen, glaubten: „Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust, Die eine will sich von der andern trennen; Die eine hält, in derber Liebeslust, Sich an die Welt mit klammernden Organen; Die andere hebt gewaltsam sich vom Dust (= Staub) Zu den Gefilden hoher Ahnen." Es rumpelt in uns allen, das Fleisch setzt andere Prioritäten als der Geist. Moderne evangelische Theologen sagen kühn: Der Mensch, wenn er stirbt, sei „ganz und gar tot“. Woher wissen die Verfasser das? Für die Ganz-tot-Idee spricht nicht der geringste Beweis. Nicht für den Bruchteil einer Sekunde sind wir nicht-existent! Wenn wir sterben, ziehen wir, wie die Apostel erklärten, nur unseren „Mantel“ aus, wir verlassen lediglich das „Zelt“ 2. Petr. 1 

Wir gehen an den Platz zurück, wo wir zuvor existierten und mit uns unsere Lebensläufe. 


                                                 Bild: "2000 Jahre Christentum" Stemberger 

Ein Märtyrer - oder ein Mensch, der irgendwann Christ wurde - begibt sich in die Geisterwelt. In z.Zt. nicht zugänglichen Räumen der ältesten, längst überbauten, Kirche San Giovanni in Laterano, Rom befindet sich dieses Gemälde. Übrigens, man sehe sich das angrenzende, metertiefe, riesige Taufbecken an! Beachte die Gammadiahaltung der Arme, wie sie auch unübersehbar auf Mosaiken des Arianertempels zu Ravenna (um 500) erscheinen. Jesus predigte den Geistern, die zu Zeiten Noah nicht glaubten: „Sintemal auch Christus einmal für unsre Sünden gelitten hat, der Gerechte für die Ungerechten, auf dass er uns zu Gott führte, und ist getötet nach dem Fleisch, aber lebendig gemacht nach dem Geist. In demselben ist er auch hingegangen und hat gepredigt den G e i s t e r n im Gefängnis.“ 1. Petrusbrief 3:18-19 

Er ging in den Hades, um die dafür schon bereiten „Seelen“ herauszuholen: Da dieses Bild nicht ins Glaubensbuch einiger Theologen passt, wurde, sehr schwach begründet, folglich auch der erste Petrusbrief infrage gestellt. 

Viele Jahrhunderte (!) hindurch blieb die Erkenntnis lebendig, dass Jesus in die „Gefängnis“-Sphäre ging (aber nicht ins Höllenfeuer), um die Gefangenen herauszuholen. A. Dürer wusste mehr.


                                                                                Bild: MormonFair

Und! Nebenbei gesagt. Auch Raffael wusste mehr, das beweist sein Gemälde "Sixtinische Madonna"

Origenes führt in Homilie zu I Reg 28 aus: „dass Mose, Samuel und alle Propheten in den Hades hinabgestiegen sind und dort gepredigt haben.“ A. von Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte 1. Bd. 

 Protestantische Geistliche wissen, dass zu Luthers Zeiten noch ganz anders geglaubt wurde, wie dieses Bilddokument beweist. 



Die Aussage: Der Mensch, wenn er stirbt, sei „ganz und gar tot“, kam erst im 20. Jahrhundert auf. „Seele“ sei ein Gefühl. Folglich scheuen diejenigen, die solcher Sichtweise zustimmen, Begriffe wie „Teufel“ und „Hölle“ in ihre Theologie einzubeziehen. Moderne Theologen klammern folglich ganze Komplexe ursprünglicher Lehre schlichtweg aus. Frau Prof. Dr. Lucia Scherzberg bestätigt den Trend: „Bestimmte S c h l ü s s e l t e r m i n i fallen weg: Richter, Vergeltung, Lohn, Rache, Strafe, Gnade, Seele, Todsünde. Die Prediger distanzieren sich nicht offensiv von solchen Begriffen, sondern sie lassen sie stillschweigend weg.“ 'Tod und Auferstehung' „Mormonisch heißt es: „Der Geist eines jeden Menschen, sobald er aus diesem sterblichen Leib geschieden ist, ja, der Geist eines jeden Menschen, sei er gut oder böse, zu dem Gott heimgeführt wird, der ihm das Leben gegeben hat. Der Geist derjenigen, die rechtschaffen sind, wird in einen Zustand des Glücklichseins aufgenommen, den man Paradies nennt, einen Zustand der Ruhe, einen Zustand des Friedens, wo er von all seinen Beunruhigungen und von allem Kummer und aller Sorge ausruhen wird. Buch Mormon Alma 40: 11-12 Millionen Menschen mit Nahtoderfahrungen bestätigen exakt dasselbe. Vom Standpunkt der reinen Vernunft gilt: Wenn wir nicht unsterbliche, vor Gott in der Verantwortung stehende, höchst unterschiedliche „Seelen“ sind, dann ist alle Religion Mumpitz. Felix Gietenbruch lic. theol. VDM liest seinen „ungläubigen“ Kollegen die Leviten: „Im Protestantismus hat sich die kümmerlichste aller Jenseitsvorstellungen durchgesetzt, nämlich, dass der Mensch, wenn er stirbt, mausetot ist und dann vielleicht nach einem Zeitraum von unbestimmter Länge am Jüngsten Tag, an den auch niemand mehr glaubt, wieder durch einen Akt der Neuschöpfung auferweckt wird, um dann gerichtet zu werden. Das ist alles so absurd wie nur möglich und verkennt schon die Tatsache, dass zum persönlichen Leben die Kontinuität der Persönlichkeit und die lebendige Entwicklung gehört. ... Die Kirche ist offenbar weitgehend den Angriffen der zweiten Aufklärung erlegen. Sie hält immer noch die materialistische und positivistische Wissenschaft des 19. Jahrhunderts für den höchsten Stand der Wissenschaftlichkeit ... Die deutschen Kirchen sind über den Vorwurf, eine opiatische Jenseitsreligion zu sein, so erschrocken, dass sie in das Gegenteil verfallen sind.“ Studien zur systematischen Theologie und Ethik „Höllenfahrt Christi und Auferstehung der Toten“ 

online-Dogmatik evangelischer Glaube“, sagt allerdings dann doch zutreffend: „Gott gedenkt (derer, die starben), dass er (sie) weiterhin kennt, dass er sie nicht vergisst und sie aus der Beziehung zu ihm auch nicht entlässt. ... ein jeder wird vor seinen Schöpfer gestellt, um ihm Rechenschaft zu geben.“ Doch in Kombination zum zuvor dargelegten Text, bedeutet das: Nach evangelischem Glauben bewahrt Gott alles Tun und Lassen sämtlicher Menschen „in sich“. „Gott ruft, - wie die Zeugen Jehovas sagen würden, die „Verstorbenen aus den Gedächtnisgrüften“ - irgendwann heraus, gemäß seiner Erinnerung. Welch unvorstellbare Leistung. Die Rede: „Bei Gott ist nichts unmöglich“, greift nicht. Gott kann nicht alles! Schon die alten Juden fragten: „Kann Gott einen Stein so schwer machen, dass er ihn nicht mehr aufheben kann?“ Talmud 

Gott kann und wird niemals sein Wort brechen! Gott kann nicht die Bosheit in sich bewahren, die wahrscheinlich mehr als die Hälfte aller Geschichte ist! Wir selbst sind es. Bald werden wir wissen, dass wir mehr als belebter Erdenstaub sind, der sich selbst überlassen ist. Wie erfreulich, dass Goethe entgegen seiner protestantischen Vorbildung, originistisch dachte: „Wenn man die Leute reden hört, so sollte man fast glauben, sie seien der Meinung, Gott habe sich seit jener alten Zeit ganz in die Stille zurückgezogen, und der Mensch wäre jetzt ganz auf eigene Füße gestellt und müsse sehen, wie er ohne Gott und sein tägliches unsichtbares Anhauchen zurechtkomme... Gott hat sich nach den bekannten imaginierten sechs Schöpfungstagen keineswegs zur Ruhe begeben, vielmehr ist er noch fortwährend wirksam wie am ersten. Diese plumpe Welt aus einfachen Elementen zusammenzusetzen und sie jahraus jahrein in den Strahlen der Sonne rollen zu lassen, hätte ihm sicher wenig Spaß gemacht, wenn er nicht den Plan gehabt hätte, sich auf dieser materiellen Unterlage eine Pflanzschule für eine Welt von Geistern zu gründen. So ist er nun fortwährend in höheren Naturen wirksam, um die geringeren heranzuziehen.“ Gespräche mit Eckermann. 

 Ausgerechnet ein Buch-Mormon-Zitat löst den Widerspruch, lässt uns Luther besser verstehen: „… der natürliche Mensch ist ein Feind Gottes und ist es seit dem Fall Adams gewesen und wird es für immer und immer sein, wenn er nicht den Einflüsterungen des Heiligen Geistes nachgibt und den natürlichen Menschen ablegt und durch das Sühnopfer Christi, des Herrn, ein Heiliger wird und so wird wie ein Kind, fügsam, sanftmütig, demütig, geduldig, voller Liebe und willig, sich allem zu fügen, was der Herr für richtig hält, ihm aufzuerlegen, so wie ein Kind sich seinem Vater fügt.“ Mosia 3: 19 Vornean stand unter allen Christusgläubigen der ersten beiden Jahrhunderte die Bedeutung der Wissenserlangung durch persönliche Offenbarung, auch in der Frage wer wir wirklich sind. Immer wieder hieß es: „Daher ist derjenige, der Erkenntnis (Gnosis) durch Offenbarung hat, einer, der von „oben“ stammt. Wenn man ihn ruft, hört er, antwortet er und wendet sich zu dem, der ihn ruft, steigt zu ihm empor und erkennt, wie man ihn ruft. Da er Gnosis (Erkenntnis) hat, vollbringt er den Willen dessen, der ihn gerufen hat... Wer so zur Erkenntnis gelangen wird, erkennt, woher er gekommen ist und wohin er geht. Er erkennt wie einer, der trunken war und von seiner Trunkenheit abließ; er brachte das Seine (wieder) in Ordnung, nachdem er zu sich selbst zurückgekehrt war... Die wahre Gotteserkenntnis beginnt mit der Erkenntnis des Menschen als eines gottverwandten Wesens...” K. Rudolph, “Die Gnosis“ 1977 Koehler und Amelang Hoch interessant wie K. Beyer, ein großkirchlicher Exeget des 20. Jahrhunderts, das „Syrische Perlenlied“ kommentiert: „Die Botschaft des Liedes lautet: Die unsterbliche menschliche Seele göttlicher Herkunft darf sich erst dann endgültig vereinen mit ihrem unvergänglichen geistigen Leib der gleichfalls von Gott abstammt, aber immer bei ihm bleibt, wenn sie zuvor auf der Erde in einem vergänglichen fleischlichen Leib und in feindlicher Umgebung mit göttlicher Hilfe Selbsterkenntnis erlangt und mutig die ihr von Gott gestellte Aufgabe erfüllt hat.“ … Walter Rebell, „Neutestamentliche Apokryphen und Apostolische Väter“, 1992 

Wir brauchen zu unserer Ermutigung immer wieder „Kirche“, unsere Willensfreiheit muss genährt werden. Dann jedoch gilt: „Wem viel gegeben wurde, von dem wird viel verlangt werden“ Lukas 12: 48 

Luther haben wir trotz seiner Irrtümer viel zu verdanken. Ich liebe ihn.

Montag, 3. April 2023

 „Aus Sicht der ökumenischen Kirchen sind die Mormonen keine christliche Kirche, aber auch keine Sekte, die sich von einer traditionellen Kirche abgespalten hat, und auch kein konfliktträchtiger Kult, sondern eine synkretistische Neureligion. Die Neuoffenbarungen von Smith widersprechen an zentralen Stellen dem christlichen Evangelium. Das spekulative Gottesbild sowie das evolutionäre Heilsverständnis gestatten keine gemeinsame ökumenische Zukunft“… Dr. Funkschmidt legte nach: "Unüberbrückbar...ist der Unterschied in der Gotteslehre... Die Vorstellung, der zufolge der Mensch Gott werden kann... steht im diametralen Gegensatz zur biblischen Unterscheidung von Schöpfer und Geschöpf" EZW-Texte August 2021 


Mindesten drei Elemente dieser Aussagen sind nachweislich inkorrekt  

1. Wie auch im Folgenden gezeigt wird ist Mormonismus eben keine Neureligion. 

2. Das Gottesbild dem sich Dr. Funkschmidt verpflichtet fühlt ist das trinitarische, das mehr als fragwürdig ist und letztlich nur infolge massiver Fremdeinwirkung, sowie Gewaltanwendung überhaupt zur Geltung kam, wie ebenfalls hier dargelegt wird. 

3. Dr. Funkschmidt irrt - aus eigenem Kennenlernen bescheinige ich ihm gerne ein ehrlicher, christlich denkender Mensch zu sein. Natürlich irren wir uns allesamt nicht selten. Dass der Mensch Gott werden kann, war nachweislich urchristliche Lehre: „... der Gedanke der Vergottung (des Menschen,) war der letzte und o b e r s t e gewesen; nach Theophilius, Irenaeus, Hippolit und Origenes findet er sich bei allen Vätern der alten Kirche, bei Athanasius, bei den Kappadoziern, Appolinares, Ephraim Syrus, Epiphanius u.a.“ .Adolf von Harnack „Lehrbuch der Dogmengeschichte“ Auch Martin Luther sprach von der Gottwerdung des Menschen: „...eben darum wird das Wort Fleisch, damit das Fleisch Wort werde. Mit anderen Worten: Gott wird darum Mensch, damit der Mensch Gott werde.“ T

Dankenswerterweise gibt es auch Positives aus derselben Quelle. Dr. Utsch von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Berlin wurde mit der Frage eines Journalisten konfrontiert: "Was haben evangelische Protestanten mit den Mormonen gemeinsam?"




Seine Antwort lautete: "Es gibt zahlreiche Gemeinsamkeiten in der Ethik und Moral. Der persönliche Einsatz und das ehrenamtliche Engagement sind bewundernswert. Auch die hohe Wertschätzung von Ehe und Familie bei den Mormonen und die aufmerksame Sorge für verlässliche zwischenmenschliche Bindungen sind vorbildlich." „Zeitzeichen“ evangelische Kommentare zu Religion und Gesellschaft 7. März 2012