Mittwoch, 30. Juni 2021

1950

Plötzlich, nach vielen trüben Monaten der Gebundenheit unter einem roten Stern, schien mir der Kommunismus heller zu leuchten.
Noch war ich ein Nichts, aber das konnte sich schnell ändern.
Ich begann auf beiden Seiten zu hinken.
Gewohnt mit Menschen und Ideen zu arbeiten wurde ich im Mai zum Kreisberufsschulaktivleiter gewählt, (zum Sprecher von 600 Jugendlichen) das heißt, ich wurde politisches Haupt der beruflichen Schule Prenzlaus, obwohl ich nie ein Hehl aus meiner religiösen Gesinnung machte.
In diesen Tagen traf ich, am Ufer des Uckersees, unerwartet meinen Klassenkameraden Dieter Kavelmann.
Er ging in der blauen Offiziersuniform, der kasernierten Volkspolizei, die praktisch eine Berufsarmee war. An seinem Arm hing ein sehr gut anzusehendes Mädchen.
Über uns brauste einer der ersten sowjetischen Düsenjäger hinweg. Sie sollten das Kennzeichen der neuen Zeit werden.
Ich schaute auf Dieters geflochtene, silbernen Litzen seiner Achselstücke. Trotz seiner erst einundzwanzig Lebensjahre war er schon zum Polizeirat befördert worden.
Dieter durchschaute mich.
Er sprach mich sofort auf meine Zwangsjacke an, in der ich noch, als Baumschulistenlehrling steckte. Ich wünschte tatsächlich immer noch nichts sehnlicher als sie mir vom Leib zu reißen. Er war ein anerkannter Mann und ich das Schlusslicht eines Unternehmen, das ich mehr als meine eigenen Schwächen hasste. Er erkannte sofort, dass ich mir nur aus eingebildeter Moral nicht zutraute, die Bindung zu meinem Lehrherrn zu zerreißen. Der kluge Dieter lachte. Er sah nicht nur glücklich aus, er war es.
Er wusste um meine religiöse Einstellung, die er allerdings geringschätzig für eine Illusion hielt. “Komm zu uns", sagte er, “Du hast doch, genau wie ich, die vormilitärische Ausbildung hinter dich gebracht. Wir suchen neue Kader.”
Es klang mir wie Musik in den Ohren: junge, klare Köpfe für eine junge, klare Ideologie.
Er malte mir sein Bild in leuchtenden Farben. Jetzt erhielte ich dürftige fünfzig Mark, aber wenn ich zu ihm käme, dann würde ich bald zum Offizier befördert werden und wäre der Willkür meines Ausbeuters entronnen! Dabei schaute er auf die schlanke Blondine herunter
“In sechs Wochen hast Du monatlich achthundert Mark auf der Hand und bist wer. Reden kannst Du, gute Figur machst Du auch.” Sein Mädchen strahlte.
Ich spürte, wie ich rot vor Scham und Verlangen wurde.
Nur ein kleiner Handgriff zum Füllfederhalter und der irdische Himmel wäre erobert.
Es hielt mich jedoch eine Frage zurück: Ob ich nicht wüsste wer dann mein neuer Herr sein würde?
Es klang deutlich: Nie die "eiseren Stange" loslassen.



Montag, 28. Juni 2021

Ich war dabei

 Unter der Überschrift:

Choir's Unique Welcome to Berlin in 1955
schrieb die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage am
July 19, 2016
"Im Nachkriegsdeutschland der 1950er Jahre war es beispiellos, mit einer so großen Gruppe wie dem Tabernakelchor der Mormonen „mit einem regulären Zug durch die russische Zone“ nach Berlin zu reisen“, erklärte Justus Ernst
Vorbereitung, Verwunderung, Sorge und viel Beten traf der weltberühmte Tabernakelchor am Montagabend, den 5. September 1955, endlich in Berlin ein..."
Als der Zug des Chores in den Bahnhof einfuhr und die Chormitglieder begannen, die Treppe zur großen Haupthalle des Bahnhofs hinabzusteigen, schrieb Gilbert Scharffs, deutscher Kirchenhistoriker, „etwas, das die Chormitglieder selten erlebt hatten. Sie wurden von einem anderen Chor empfangen, der sie zur Begrüßung sang. Der Berliner Bezirkschor sang ‚Für die Stärke der Berge, wir segnen dich‘."
Wir DDR-Mitglieder durften dabei sein - kostenlos...
Ich hatte nicht das Geld mit dem Zug zu reisen und fuhr mit meinem, von einem Anbaumotor unerstützten Fahrrad die 130 km lange Strecke.
Nach dem Konzert , das uns unvergessbar in Erinnerung ist - kamen die Sänger nach draußen um uns zu verabschieden. Ich stand da, ein wenig verwirrt als mich zwei deutschprechende Chormitglieder fragten: Bist du verheiratet?
"Ja!"
"Kinder?"
"Ja einen Sohn!"
Spontan zückten ungefähr zehn Männer ihre Geldbörsen.
Neben mir stand Judith Hegewald, Schwerin,
Wir erhielten zusammen 40 Dollar.
Sprachlos rechnete ich blitzschnell 20 Dollar mal vier Westmark mal 4 (entsprechend dem Kurs der Wechselstuben) 320 Ortmark
310 war die Summe die ich Walter Krause (später Pariarch) schuldete um mir den Fahrradmotor zu kaufen ... und es blieb soviel übrig der Familie ein große Tafel Schokolade von meinem Ausflug mitzubringen.
Während der langen Rückfahrt summten unentwegt die Melodien dieses Nachmittags in mir...
Nach seinem Berlinauftritt reiste der Chor durch verschiedene Städte Europas - Mitte September in Paris kam es zu spontanen Forderungen nach Zugaben. Der französische Rundfunk übertrug zwei Stunden Zusatzvorträge....


Samstag, 26. Juni 2021

Ingrids Auswahl / Ingrids Poetry (219)

       Lord take my hand

Lord take my hand and lead me

Throughout life’s walk on earth

Thy spirits grace to teach me

 The purpose of my birth.


Lord help me not to falter

When days are dim and grey

Protect me Lord from danger

To trust thee and Obey

 

Lord touch my eyes, prepare them

Thy blessed face to see

 To honor and to praise thee

Throughout E te r n ity.

Erinnerungen


Das ist Hermann. mein langjähriger Kollege, Hermann Witte, Geburtsjahr 1915, gewesener Frontsoldat im Osten, der die anbefohlene Sprengung eines Gebäudes verweigerte, nachdem er als Stosstruppteilnehmer, bis in die Schlafräume der russischen Soldaten eindringen konnte. Er hörte sie schnaufen und war unfähig seine Mitmenschen, die ihm nichts zuleide getan hatten, zu zerfetze
Nicht nur einmal teilte er mit mir das letzte Stück Brot.

Er arbeitete fast dreißig Jahre lang im rechten Kahn, ich ebensolange im linken.
Hermann hatte drei Jahre lang, als Lehrling im Mormonenhaushalt der Familie Paul Meyer, Cammin gelebt und wusste nahezu alles von unserer Religion.
Bei seinem Naturell wurde dieses Wissen zu einem nie versiegenden Quell seines Humors. Manchmal war es peinlich, manchmal trieb sein Leichtsinn ihn hart an die Grenze des Anständigen,
Stilblüten aller Art waren eine Selbstverständlichkeit.
Wo und wann immer ihm danach zumute war, mich zu verspotten tat er das auf unnachahmliche Weise.
Um Sachlichkeit ging es ihm nie, immer nur um den Klamauk, ums Lachen der Anderen in das er mit listig blitzenden Augen und breitem Grinsen einstimmte.
Er selbst war zu schallendem Lachen unfähig und eigentlich sehr mifühlend kameradschaftlich und durch und durch ehrlich-
Allerdings, wie gesagt, in Worten rigoros.
Meistens machte er die Leute, die seine groben Scherze hörten, erst neugierig:
Herman zog damals, im Sommer 1985, die volle Aufmerksamkeit der fünf noch jungen in ihren schwarzen Neoprenanzügen wie aus dem Nichts, direkt neben uns auftauchenden Tiefseeschwimmer, auf sich, als er mit einem Kopfnicken in meine Richtung wies.
Das geschah während des Aufziehens der Netze in Landnähe und nachdem die Motoren ausgeschaltet worden waren.
Er höhnte laut, ich solle auch nicht das Beten vergessen, wenn ich nach Feierabend zu meinem "Hohen Rat" nach Leipzig fahre.
"Sag bloß", fragte Manfred der leitende Offzier der Kampftauchergruppe der Nationalen Volksarmee, "du betest noch?"
Ich erwiderte spontan: "Na ja, aber du betest mehr als ich!"
Er wollte wissen wie ich das meine: "Du hast schon öfter zu Füßen einer schönen Dame um Erhörung gebeten."
Seine Kollegen konnten sich das Lachen kaum verkneifen.
(Wie ich ein Jahr später von seinen Leuten erfuhr, verlor er seinen Job, wegen einer Affäre. Die DDR Sondereinheiten duldeten Seitensprünge ihrer Elite nicht! Zuverlässigkeit war gefragt! Zuvor sei er durch die Bibliotheken Berlins gerannt um zu erfahren was "Mormonismus" ist ... armer Manfred,, du musstest den Lügen Glauben schenken, weil da Schwarz auf Weiß geschrieben stand, dass "Mormonen" betrogene Betrüger sind.)
Die Folge unserer ersten kurzen Begegnung war, dass es, am nächsten Tag, zu einem sechstündigen Vieraugengespräch kommen sollte.
Ich sah ihn schon von weitem. Er wartete auf einem in den See ragenden Steg bereits ungeduldig auf mich. Hatte er doch am Vortag versprochen mich binnen fünf Minuten zu überzeugen, dass er - nicht ich - wissenschaftlich denke.
Die Soldaten - allesamt Hünen an Gestalt, und ich der Zwerg in ihrer Mitte - kamen an Bord. Sie umringten mich. Manfred legte los...
aber ich konnte den Spieß umdrehen.
Diesmal lachten seine Kameraden hemmungslos.
Er zog seinen Neoprenanzug aus und sagte seinen Leuten, er wolle bei mir bleiben.
Manfred folgte der ganzen Tour der Reusenkontrolle mit wachsendem Interesse. Ich fuhr den Kutter und meine Fischerkollegen "sammelten" die Fische ein.



Es wurde ein unvergesslicher Tag
Manfred "saß" auf der schmalen Reling in seiner Badehose, denn es war warm. Ich glaube, er als Mediziner ! war von Beginn an schockiert, als ich ihn bei seiner Frage nach Gott darauf hinwies wie unwahrscheinlich es ist, dass im Evolutionsprozess, die erste Zellteilung (identische Reduplikation) nicht per Zufall entstanden sein konnte.
Im Kreislauf der Natur habe die vegetative Vermehrung doch bislang funktioniert... da war, meiner Überzeugung nach keine Notwendigkeit.
Nach wortreichen sechs Stunden fasste er zum Abschied zusammen:
"Deine Philosophie ist runder und schöner als meine!"
Eines Tages in der Ewigkeit werdet ihr sehen, dass ich die Wahrheit sage.
(Der ganze Bericht ist in englisch und deutsch abrufbar unter "Steps Through Two Dictatorships" 1-4, bzw. "Schritte durch zwei Diktatoren" siehe Google unter Blogger G S
Und nebenbei und ebenso zutreffend gesagt:
Eines anderen Tages saß als "Zuschauer" ein hochrangiger Stasi-Offizier, neben mir, während der Fahrt zum Fangplatz, . Es kam zu einem Spott seinerseits. Er wurde unhöflich und lästerte scharf: Ich sei mit meiner Religion nicht auf der Höhe der Zeit: Dein Weltbild ist falsch.
Da sprang Hermann Witte ihn an. Ohne jede Art von Rücksicht auf den Rang des Lästerers fuhr er ihn an, hochdeutsch! sprechend.
Hermann wählte das Hochdeutsche nur wenn es ihm bitterernst war: "Halte den Mund!"
Er blitzte den Elitesoldaten an:
"Du hast keinen blassen Schimmer wovon du redest. Diesem Mann kannst du nicht mal das Wasser reichen!"

Freitag, 25. Juni 2021

Bruno Rohloff

 

Mein Freund Bruno Rohloff Neubrandenburg, gelernter Buchhändler, schloss sich 1929, aus tiefster innerer Überzeugung dieser Kirche an. (Nachdem er das Buch Mormon vom ersten bis zum letzten Satz gelesen und betrachtet hatte.) Sogleich bekam er Probleme von verschiedenen Seiten. Die aus dem Waffenarsenal der "Wahrheitsverkünder" stammenden Klischees kamen zum Vorschein. Seine Mutter in heller Aufregung, als sie davon erfuhr, lief zu ihrem Pfarrer in Pasewalk: "Was soll ich tun, mein Sohn hat sich den Mormonen angeschlossen?" Was er ihr in etwa erwiderte geht aus dem authentischen Brief des blinden Vaters Brunos hervor: „Lieber Bruno, wie wir soeben (Ende Juli 1929) erfuhren gehörst Du nun dem Mormonen Klub an, mehr als das, Du willst Dich von ihnen taufen lassen, und noch mehr, Du wünschst dasselbe für Deine beiden Kinder. Was soll ich davon denken? Hast Du den Verstand verloren? Wir können uns keineswegs Dein Verhalten erklären. Welcher Teufel hat Deine Sinne überwältigt, dass Du Dich einer teuflischen Gesellschaft anschließt? Reicht Dir die lutherische Wahrheit nicht aus? Willst Du damit sagen, Du hättest keine Kenntnis? Der liebe Gott hat Dir doch einen normalen Verstand geschenkt. Ich kann aus alledem nur schließen, dass Du Dich hier in Pasewalk als Heuchler verhalten hast. Du erwartest von Gott Hilfe und dienst dem Teufel. Aber irre Dich nicht, Gott lässt sich nicht spotten. Wahrlich Du solltest wissen, dass da geschrieben steht. "Wer die Seinen nicht versorgt ist ärger denn ein Heide." Hast Du gar keine Bedenken Deiner Kinder wegen? Du willst Deinen Kindern die Gnade rauben die ihnen bereits durch die heilige Taufe geschenkt wurde? Mehr als das, willst Du einen Fluch auf Dich und Deine Familie und 72 Deine Enkel ziehen? ... Bedenke wer den heiligen Geist empfing und dagegen sündigt kann nicht mehr erlöst werden.... Denke daran welche Herzschmerzen Du uns verursachst. (tatsächlich starb Brunos Mutter fünf Monate später am 16. Januar 1930) Was würde Pastor Wohlgemut dazu sagen, wenn er noch lebte? Wird er nicht am Jüngsten Tag als Zeuge gegen Dich dastehen? ... verlasse diese Sekte! ... Deine Eltern und Arnold“ (ein Bruder Brunos)

1960 Walter Rohloff, „Tagebuch“ bzw. „Under the wing of the Almighty” bei Amazon  

Walter war Bischof in Bountiful Utah



Mein Vater links im Gespräch mit Bruno 1962


Mittwoch, 23. Juni 2021

Nur eine Frage

 Warum folgten zahllose Theologen aller Großkirchen dieser Formel - auf die sie allerdings eingeschworen  wurden: 

„Wie uns die christliche Wahrheit z w i n g t, jede Person einzeln für sich als Gott und als Herrn zu bekennen, so verbietet uns der katholische Glaube, von drei Göttern oder Herren zu sprechen.“

Der katholische Glaube steht über der christlichen Wahrheit?

Kann der da - Kaiser Konstantin - euch bis heute nötigen?


Konstantin (185-337)

Dienstag, 22. Juni 2021

Part 1 Historic events by Gerd Skibbe

On request this personal event has been translated by Ingrid:

"On a sunny day, a few months after the “Open House” period, I saw a well-dressed, thoughtful man on the Freiberg Temple Square. He was sitting on one of the scattered benches in the green. I went up to him, greeted him.
He might have been around fifty.
He looked at me strangely.
I sensed the rejection, but had the feeling that I should speak to him if he had a question.
Cool and resolute he replied: "No!"
He looked at me again: "Everything I had to ask about your subject has already been answered."
I knew something was wrong.
What should I do?
He wished not to be bothered. It just bothered me that there was a person who would go away unsatisfied and with the prejudices I suspected.
But I had no means.
Less than half an hour later when I came back the man was still sitting there.
I took all courage, apologized and asked him not to be offended for speaking to him again.
"I told you that I was well informed."
I knew that he couldn't have been drinking from the spring. I turned away and walked away.
After a few minutes, I made a third attempt and asked him to allow me to read him three sentences from the books of revelation of the Prophet Joseph Smith.
A little tormented, he replied: "But only three sentences, please."
I opened the Doctrine and Covenants to section 88 Verse 67 - 68:
And if your eye be single to my glory, your whole bodies shall be filled with light, and there shall be no darkness in you; and that body which is filled with light comprehended all things. Therefore, sanctify yourselves that your minds become single to God, and the days will come that you shall see him; for he will unveil his face unto you, and it shall be in his own time, and in his own way, and according to his own will.”
Again please!"
Obviously puzzled, he looked far past me.
I read it again.
Now really interested, he asked: "The other verse, please."
“And also trust no one to be your teacher nor your minister, except he be a man of God, walking in his ways and keeping his commandments.”
"What book have you read from now?"
"From the Book of Mormon, Mosiah, 23:14."
He got up and looked me in the face for a while.
He researched me openly, but I was not uncomfortable. He was probably wondering who I was.
I noticed that his gaze returned to my black leather cover as I quoted
“…the rights of the priesthood are inseparably connected with the powers of heaven, and that the powers of heaven cannot be controlled nor handled only upon the principles of righteousness.
That they may be conferred upon us, it is true; but when we undertake to cover our sins, or to gratify our pride, our vain ambition, or to exercise control or dominion or compulsion upon the souls of the children of men, in any degree of unrighteousness, behold, the heavens withdraw themselves; the Spirit of the Lord is grieved; and when it is withdrawn, Amen to the priesthood or the authority of that man.”
He jerked my combination away from me and read it for himself.
His head came up again.
He thought for a while. Taking a deep breath, the surprised concluded with the remark: "I will turn away from my source of information!" It sounded like tearing up sturdy paper.
“Do that, sir. I thank you for listening to me. "
"Thank you!"