Freitag, 6. September 2013

(1) Sensationen die keiner bemerkte!

Erst Vatikanum II (1963-65) erlaubte für die katholische Kirche Religionsfreiheit.

Erst mit der Schlusssitzung des Vatikanums II., am 07. Dezember 1965, 1640 Jahre nach dem verhängnisvollen nicänischen Konzil, fast 1600 Jahre nach Inkraftsetzung von "Cunctos populos", - dem Gesetz zum Glaubenszwang - erklärte sich Rom bereit auf alle Praktiken religiösen Zwangs zu verzichten, dass

"ab jetzt niemand mehr sagen könne, für die katholische Kirche sei Religionsfreiheit kein Grundrecht, das in der Würde der Person begründet ist."

Konrad Hilpert, „Die Anerkennung der Religionsfreiheit“


Sehr zutreffend formulierte der damalige Konzilsberater und -beobachter Joseph Ratzinger (der spätere Papst Benedikt XVI.) nach der Abstimmung durch die Konzilsväter: Die Erklärung über die Religionsfreiheit des Zweiten Vatikanums bedeutet insofern kirchlicherseits

           "das Ende des Mittelalters, ja das Ende der konstantinischen Ära".
Es gab und gibt andere Sensationen, die anscheinend kaum jemand bemerkte, die örtlich begrenzt zwar Wellen auslösten wie ein Stein der in einen bewegten See geworfen wurde und der selbstverständlich klanglos unterging.
Da ist das allen Lehren seiner Kirche völlig widersprechenden Statements des Papstes Benedikt XVI. : "Gott hat ein Angesicht!"

Benedikt sagte es am 23. Januar 2006 in seiner ersten Enzyklika, mit diesen Worten:
 
Dantes „Göttliche Komödie“ habe ihn ... inspiriert, ... wo ein „kosmischer Ausflug“ im inneren des Paradieses zum innersten Licht der Liebe führe, „die Sonne und Sterne zugleich bewege“. – Das tiefste Innere dieses unzugänglichen Lichtes sei jedoch nicht etwa ein noch gleißenderes Leuchten oder noch helleres Scheinen, sondern das zarte Gesicht eines Menschen, das dem Seher da endlich auf seiner Suche entgegentrete. Dies sei „etwas vollkommen Neues“. Das menschliche Antlitz Jesu Christi, das Dante im Inneren des innersten Geheimnisses Gottes erkenne, sei „noch viel bewegender als die Offenbarung Gottes in der Form des Dreifaltigen Kreises von Erkenntnis und Liebe. Gott, das unendliche Licht, ... besitzt ein menschliches Gesicht. 

Der dreifaltige Kreis, erwähnt in der  1. Enzyklika des Papstes Benedikt XVI. 


Es war seit Nicäa ausdrücklich verboten zu glauben oder gar zu bekennen, Gott habe eine Gestalt oder,  dass Jesus ein anderer als der Vater ist und ihm untertan oder nachgeordnet.
Bekräftigt wurde dies damals durch die von allen heutigen Großkirchen anerkannten Reden des "heiligen" Athanasius von Alexandria, (296-373) in denen er diejenigen rüde beschimpfte, die glauben Gott habe  ein Gesicht

„Sie, die sich Christen nennen, (die Arianer),

vertauschen die Herrlichkeit Gottes mit der Ähnlichkeit eines Bildes von

einem vergänglichen Menschen.“ (Bibliothek der Kirchenväter, Vier Reden...)


Die Historiker wissen schon lange, dass Athanasius um die Macht pokerte.


In Nicäa gelang es ihm die Gunst des mörderischen Kaisers Konstantin zu erlangen. Athanasius war damals 25jährig und keineswegs Bischof von Alexandria, sondern Diakon.
Er war einer der lästern konnte wie kein Zweiter. Nach ihm wurde Nicäas Basis-Bekenntnis genannt - das athanasianische - das bis heute Grundlage des gesamten Großkirchentums ist. Athanasius war der Haupteinpeitscher der Idee (Konstantins), die Götter des Himmel bildeten allezusammen ein Wesen, sie seien wesensgleich.

Sensationell wirkt heute, dass Kaiser Konstantin, sofort nach dem Ableben seines Vaters Constantin Chlorus, 306, erklärte: 
     "(Mein)Vater war Herrscher auf Erden und ist (nun) Gott im Himmel."
Prof. Dr. Manfred Clauss „Kaiser und Gott“, - Herrscherkult im römischen Reich - KGSaur, 2001 S. 196)
 Sensationell, weil hier - und nicht in der Bibel - die Wurzel des nicänischen Glaubens verborgen liegt. Konstantin glaubte wie sein Vormund Kaiser Diokletian! 

Konstantin hatte schon in seiner Jugend an die Wesensgleichheit der Götter geglaubt, dass alle schließlich zu einem Gott verschmelzen, und dass dieser Gott absoluter Geist sei (eine Art allgegenwärtigen Nebels).
 

Wer zu Lebzeiten der Regierung Kaiser Justianians  (527-565) auch nur flüsterte:

          ich glaube, dass unser im Himmel wohnender Vater ein Gesicht hat,

der verlor sein Leben.

Das galt zumindest bis zum Ende der spanischen Inquisition 1808, für Teile Europas.
      Nahezu jeder Jesus Christus als den Sohn Gottes betrachtet, weiß um die historische Tatsache, dass sogar die Reformatoren am nicänischen Irrglauben fanatisch festhielten.

Für Luther war das Nicänum so heilig wie die Bibel selbst.
Der Mann mit einem Stein anstelle eines Herzens, der Diktator Johannes Calvin, der verkündete "Gewissensfreiheit könne es nicht geben" (W. Göller)  "Der Gottesdienst am Sonntag sei Pflicht. Notfalls werden polizeiliche Maßnahmen eingesetzt" (W. Göller in 2000 Jahre Christentum Stemberger),   ließ den Arzt Michael Servet verbrennen, weil dieser laut - wie neuerdings Benedikt XVI. - bekannte: Gott hat ein Antlitz!



Wikipedia: Calvin (1509-1654)
                             

Jeder hatte nach Nicäa bis zum Ende des  katholischerseits geführten Glaubenskrieges, 1848,  irgendwie, aber deutlich zu schwören: Gott ist unerkennbar.
Danach bestand zwar keine Gefahr mehr für Leib, Leben und Freiheit der "Nichttrinitarier" aber bis zu dieser Stunde gelten die nichttrinitarischen "Mormonen", zumindest in den USA und in Reihen der Traditionschristen als gefährlich! Vor allem weil sie glauben und sagen Gott hat ein Angesicht.
Das wagen diese immer noch im Nebel stochernden Spekulanten zu begeifern.

Und da kommt nun dieser deutsche, ehemalige Oberste der römischen Glaubenskongregation, Josef Ratzinger, der höchste Richter in Glaubensfragen, als Papst auf den Stuhl Petri und wagt zu sagen: 

"GOTT hat ein Antlitz!"

Und die eigentliche Sensation besteht darin, dass diese Sensation, die wie ein Steinbrocken, "ohne Hand abgerissen" wurde, hart auf die Oberfläche des Wassers platschte, jedoch offiziell überhaupt nicht wahrgenommen wurde.

Anonymous Axel kritisierte meinen Dogmatismus

Mein Anonymous  schrieb am 4. September 2013 09:26
P.S.: Ich frage mit allem Respekt vor Deiner Lebensleistung, ob Du Dir und Deiner Sache nicht besser dientest, wenn Du weniger dogmatisch und dafuer problem-bezogener argumentieren wuerdest. Denn Du koenntest und solltest zu denen gehoeren, die sich um eine Erneuerung des Mormonismus bemuehen. Ohne diese Erneuerung wird die HLT-Kirche noch mehr Mitglieder verlieren.
Lieber  Axel,
Die Fälle die ich kenne, lassen meinerseits den Schluss zu, dass die Mehrheit derer die sich von der Kirche abwenden, frei von Verpflichtungen leben wollen. Es ist ihnen einfach zuviel Druck, der auf ihren Schultern ruht... du sollst überall in der Gemeinde mitmachen, was enorm viel Zeit verschlingen kann, du sollst Normen erfüllen, du sollst sexuell enthaltsam leben, du sollst dies und das, Zehnten zahlen, Heimlehrerbesuche machen, Missionsarbeit unterstützen usw. Tempelbesuche, Genealogie und bei alledem fröhlich bleiben.
Hinzu kommen Zweifel, wie diese: Mormonismus ist viel zu schön um in vollem Umfang wahr zu sein... es sind Utopien, Erdichtungen ...
Wenn das "Zeugnis" ok ist, erträgst du es mit Ach und Krach, wenn nicht, dann wirfst du irgendwann die Last ab und bist aller Sorgen ledig.
Manchmal werden sogar starke "Zeugnisse" erschüttert, weil da Disharmonien in der Lehre auftauchen, sogar scheinbare Unvereinbarkeiten, und wenn Fehler von Kirchenführern unübersehbar werden sowie persönlicher Ärger hinzutreten, dann passiert es.

Noch nie in meinem Leben habe ich die negativen Konsequenzen dieser Menschen kritisiert, immer nur bedauert.
Auch ich fühlte mich hier und da schon erschüttert. Das bleibt bei einer fast 70 jährigen bewussten Mitgliederschaft nicht aus.
Mindestens dreimal in meinem Leben wurde ich von kirchlichen "Vorgesetzten" massiv beschimpft, verletzt. In der ersten Wut hätte ich die Tür nehmen und sie hinter mir ins Schloss schmettern wollen. 
Hinterher sah ich ein, dass ich zur Hälfte mitschuldig war.
Ich ging nicht davon, weil die Basis meines Glücksgefühls und das Bewusstsein, dass Joseph Smith wirklich ein Werkzeug in den Händen des Allmächtigen war, nie berührt wurde.

Da ich in Bildern denke, stelle ich mir immer wieder Joseph Smith vor, und zwar jenen Augenblick, in dem er informiert wird, dass die von ihm ins Leben gerufene, von ihm vor allem verwaltete Kirtland-Sicherheits-Gesellschaft bankrott am Abgrund steht. (Was ohne sein Verschulden passierte, weil leichtfertige Männer im Apostelrang mit Prokura in Landkäufen spekuliert hatten und über nacht alles verloren.)
Oder, wie er nach vorausgehender Haft ins Liberty Gefängnis  Missouri gesteckt,  und nach Monaten der Eingekerkung in Kälte und Verzweiflung die Briefe LuB 121-123 schrieb. 
Sie sind starker, unbedingt positiver Ausdruck  eines geradezu dogmatischen Verzichts auf jedwede (ungerechte) Druckausübung durch irgendwen.
Sie sind mehr als Wort. Sie sind das große Machtverzichtsdogma! schlechthin. Ich kann nicht anders als Bewunderung für den Mann Joseph empfinden, der statt dessen Ursache gehabt hatte, "seine" Leute aufzufordern:
                     "Haut mich hier heraus. Ich habe genug gelitten!"
Genau das tut er nicht, darin Mohamed völlig entgegengesetzt.
Axel, Du weißt in etwa wovon ich rede und Du weißt, dass ich mich mit dem Islam beschäftigt, und das pro-islamische Buch "Allahs Söhne" geschrieben habe.

Es gibt keine echte Alternative zum Mormonismus.
Aber, das gebe ich zu, zu solcher Grundeinstellung  muss man erst einmal gelangen! Die kommt nicht von alleine.
Es erfordert Konzentration und den festen Willen jedes Lichtphoton festzuhalten oder aufzusaugen.
Hunderte Male in meinem jungen Leben - leider ist es jetzt selten geworden - erfuhr ich durch die Kraft des Heiligen Geistes: Ja, gehe vorwärts; Joseph ist Gottes Gesandter.
Außerdem erkannte ich sehr früh, dass es  Zeiten gibt, in denen Menschen, auch wenn sie keinen gesellschaftlichen Bindungen unterliegen, (wenn sie frei sind von jeder Art Ideologie und frei von Vorurteilen) wegen unterschiedlichster Probleme meinen, sie würden zerbrechen. (Burnout-Syndrom)
Womit ich sagen will, wenn wir doch sowieso, als Normalsterbliche Lastträger sind, warum wollen wir dann nicht das Gute auf uns nehmen?
Selbst Jesus forderte dazu auf: "Nehmt auf euch mein Joch..." doch "leicht ist meine Last."

Wenn ich rückblickend meine Erfahrungen zusammentrage, dann ergibt sich eine Gewichtsverteilung von 10 zu 90 zugunsten meiner eigenen  pro-mormonischen Lebens- und Denkweise. Deshalb schreibe ich, um andern zu helfen Brücken zu bauen.

Ich wüßte nicht wo die Kirche reformiert werden müsste.
Es gibt feste Glaubenssätze, wie die der Notwendigkeit sexueller Reinheit, die nicht umsonst schon bei den alten Ägyptern als Basis ihrer Religion betrachtet wurde.

Wen sollte ich tadeln?
Ich tadle auch keineswegs die von mir als unnatürlichen Auswüchse betrachteten Gaypraktiken oder Gayehen. Wäre ich so gepolt, würde ich wahrscheinlich meine "Rechte" einfordern.
Ob es richtig und wünschenswert für den Fortbestand einer Kultur ist, steht auf einem anderen Blatt geschrieben.

Aus meinem heutigen Verständnis unterstütze ich die Haltung der Führerschaft meiner Kirche nicht nur in dieser Frage.

Ich hatte Anteil daran, dass Du Dich der HLT Kirche angeschlossen hast, aber ich sollte, entsprechend Deinem Wunsch, schon in den 90er Jahren Position in einem Streit zwischen Lehrern und dem Leitungsgremium der BYU beziehen, ... wie sollte ich das gerechterweise tun? 
Und nun erwartest Du, als jemand der in einigen wesentlichen Punkten auf Gegenkurs zu meiner Kirche ging,  von mir, dass ich weniger dogmatisch sein soll.
Das Problem besteht aus meiner Sicht darin, dass Du dogmatisch bist, wenn Du meinst, "Mormonismus" sei zwar in seinem Ansatz positiv gewesen - eine von vielen möglichen Antworten auf die Fragen und Erfordernisse des 19.Jahrhunderts - nun jedoch sei die Kirche auf dem falschen Weg, nämlich erzreaktionär zu werden, weil entschieden zu viele Mitglieder superreich wurden, die zugleich in Gesellschaft und Kirche dominierend auftreten.
Du schriebst mir wörtlich:
"Deinen Ausfuehrungen zur Transformation des Christentums von einer sozial-religoesen Protestbewegung (Ur-Christentum) in ein imperiales Herschaftsinstrument stimme ich in vielerlei Hinsicht zu. Allerdings sehe ich diese Entwicklung auch in der Mormonen-Kirche, die als sozial-religoese Protestbewegung begann und heute groesstenteils von einer plutokratischen Elite kontrolliert wird."
Darauf erwiderte ich:

Lieber Axel,

ich protestiere aus Überzeugung gegen den letzten Kritikpunkt. Deine Wortwahlen "plutokratisch" und "kontrolliert" treffen nicht den Kern, sie sind nicht präzise.
Wahr ist, dass viele Mormonen - wie nicht wenige Juden - ungemein erfolgreiche Geschäftsleute sind. Das hängt mit ihrer außerordentlichen Kreativität zusammen, die durch ihre Mitgliedschaft in eben dieser Kirche aufgerufen und gefördert wurde und wird.

Dein Anwurf: "Kontrollierende Elite" ist nun ganz daneben. Ich bin recht empfindlich, aber ich fühlte mich nie durch Gremien meiner Kirche kontrolliert, obwohl es natürlich Kontrolle gibt.
Durch die Hände jedes Mitgliedes einer Bischofschaft gehen monatlich zum Teil enorme Geldbeträge und leider gibt es auch betrügerische Leute in unseren Reihen...
Es muss Tempelempfehlungsscheine geben, da darf niemand zweifeln, weil die Verbindlichkeiten mit dem Tempelbesuch in eine neue, höhere Qualität umschlagen.

Übrigens weiß ich aus der Geschichtsforschung , dass bereits in der arianischen Urkirche "Tempelempfehlungsschreiben" die Voraussetzung für einen Tempelbesuch waren.

"Kontrolliert" wird zudem die Würdigkeit des Einzelnen der in die Verantwortung gerufen wird, durch Interviews. Das ist ein heikler aber unvermeidlicher Vorgang der viel Sensibilität verlangt, die manchmal leider nicht vorhanden ist usw. aber ich sehe sowohl den Sinn dieser Vorgänge ein, wie auch die Gefahren des Missbrauchs.
Gewisse Kontrolle ist unverzichtbar.
Das werdet Ihr noch erleben, falls Eure sozialistischen Utopien auf den Prüfstand der Lebensrealitäten gelangen sollten.

Was sich in der Theorie plausibel anhört kann in der Praxis ins Fiasko führen.
Natürlich habt ihr gelernt.

Aber das reicht nicht aus, wie Ihr sehen werdet.
Es klaffen immer Lücken zwischen Anspruch und Wirklichkeit.
Gerade ich kann unterscheiden.
Was die Nazis und die Kommunisten mit Hilfe ihrer Kontrollorgane gemacht haben hat eine ganz andere, eine negative  "Qualität". Da stand am Ende der entmündigte Mensch.
Ich habe das alles durchgemacht. Von 1941-45 war ich Hitlerjunge, bald danach FDJ Mitglied. Mit alledem brach ich Weihnachten 1951 endgültig, weil ich erkannte wie wir gegängelt und irregeführt wurden, vorsätzlich irregeführt... Damals war ich FDJ Sekrtär

Bei uns, in der Kirche Jesu Christi der HLT steht die Aussicht, ein erhöhter Mensch werden zu können, vorausgesetzt man verwickelt sich nicht in klar definierte Übertretungen.
Ich sage es noch einmal:
Niemand hat in dieser Kirche jemals versucht mich zu kontrollieren oder gar in Richtung "Entmündigung" zu treiben.

Zuvor schrieb ich:

Nun noch ein Wort zur Vokabel "Eigentum"
Die Sozialisten hatten schon immer eine vermurkste Beziehung zum Eigentum.
Wenn ich mir anschaue, was in allen kommunistisch-sozialistischen Ländern jahrzehntelang ablief, empört sich mein ganzes Wesen.
Bodenschätze schier ohne Ende, ein Humanvermögen ohnegleichen, eine angeblich fehlerfreie Ideologie einerseits und andererseits Massenelend Armut und Sklaverei.

Ich habe hunderte Dokumente und Biographien ehemaliger Sowjetbürger studiert, mir muss niemand erzählen was sich ereignet hat.

An den Ergebnissen gemessen kann ich nur vor allen angedachten sozialistischen Experimenten warnen, denn sobald Menschen zu tatsächlicher Macht kommen, ändert sich alles.

Dein alter Freund Gerd
Axel, Deine Reaktion lautete:
Die von Dir angesprochenen "kommunistisch-sozialistischen Laender" waren leider weder "kommunistisch" noch auch nur "sozialistisch" -- sondern Parteidiktaturen neo-feudaler Art. Wenn Du diese Laender als "real-existierenden Sozialismus" betrachtest, uebernimmst Du hier unbewusst stalinistische Propaganda. Du musst lernen, zwischen Stalinisten und Sozialisten zu unterscheiden!
Trotz aller Deformationen und Maengel haben die Laender des sowjetisch-stalinistischen Systems den Kapitalismus im Westen ein wenig zivilisiert -- denn ohne die sowjetische Konkurenz haette sich niemals ein kapitalistischer Sozialstaat entwickelt. Daher sehen wir auch die Zertruemmerung eben dieses Sozialstaates durch die kapitalistischen Eliten heute -- da die Gegenmacht SU weg ist.
Ich und tausende und abertausende Menschen haben in und mit der HLT-Kirche keine guten Erfahrungen gesammelt. Ich habe gesehen, wie die BYU-Leitung, angewiesen von der Machtriege in Salt Lake, kritischen BYU-Professoren wie David Knowlton, Cecilia Farr, Gail T. Houston, Eugen England, Brian Evenson, Darron Smith, Jeffrey Nielson, D. Michael Quinn und vielen anderen das Leben schwer machte, ihre akademischen Karrieren zu zerstoeren suchte und sie schliesslich unter fadenscheinigen Vorwaenden rausschmiss." Ende des Axelzitates


Da erheben sich einige Fragen für mich, lieber Axel.

Die Bewerber auf eine Dozentur an der BYU haben eine Art Loyalitätserklärung zu unterschreiben. Diese ist bindend.

Auch wenn jemandem später die vorgegebene Lehrrichtung nicht passt, bleibt er auf sein Wort verpflichtet - oder er nimmt seinen Hut.
Die BYU Lehren bleiben mormonisch gefärbt. Darum ist sie ja da.
Ich kenne keine Details, und sicherlich ist dem einen und anderen Kritiker auch schon Unrecht getan worden,  Das tut mir leid. Aber so ist das Leben, wir sind allesamt nicht perfekt.

Zumindest kenne ich Partien des Ideengutes des D. Michael Quinn in bezug auf “Frauenpriestertum”. Niemand schreibt ihm vor zu glauben was er will. Wenn er aber meint, die von der Kirche vorgegebene Linie durchbrechen zu wollen, und statt dessen eine andere zu zeichnen muss er die Konsequenzen ziehen.

Wie würde Deine Uni handeln, hätte ich dort auch nur eine Gastdozentur und würde massiv meine Gedanken contra “Kommunistisches Manifest” verbreiten?

Übrigens wird nichts so heiss gegessen, wie es gekocht wurde.

Ich musste an Michelangelo denken als er seinen “David” aus dem Marmor herausgeholt hatte. Niemand hatte ihm da hineinzureden. Einer hat es versucht, die Nase sei zu jüdisch. Der große Künstler nahm unbemerkt ein wenig Marmorstaub, stieg auf die Leiter mit seinem Meissel und Hammer. Dann ließe er nach jedem Schlag ein wenig Marmormehl herunterrutschen.

Ja, nun sei es recht!

Der Rat der Zwölf ist auf die Gründungsurkunde verpflichtet und die zog Grenzen.

Dass Du dieses Führungsgremium haßt, lieber Axel, ist Deine Sache, ich habe Dich dafür nie getadelt. Im Gegenteil ich schätze Deine Geradlinigkeit. Du wirst Deine Gründe haben. Ich kann nur bewerten was ich weiß und das, was ich weiß ringt mir Hochachtung für beide Seiten ab.

Den Männern des Rates der Zwölf  schwebt ein über alle politischen Grenzen hinauswachsenden einheitliches Reich des Friedens und der sozialen Gerechtigkeit vor, das Realität werden soll.

Dafür leben sie, fast ausschließlich unter Aufbietung aller ihrer Energien bis zum letzten Atemzug. Das ist einmalig und sehr, sehr positiv.

Immerhin steht fest, dass ich die Kirche, d.h. ihre Menschen, Gemeinden Ideen usw. einigermaßen gut kenne und deshalb frage ich mit Nachdruck:

Wo, in der Realität  gibt es besseres? Wo wird deutlicher gelehrt, dass wir Entscheidungsfreiheit haben, dass wir im Wollen und Willen frei sind?

Die Großkirchen haben allesamt diesen Auftrag Christi missachtet.
Ich verachte die Praktiken der Russisch-Orthodoxen Kirche insofern, als sie sich zwischen dem Jahr 1000 bis ins 19. Jahrhundert nicht um die Bildung und Freiheit ihrer Mitglieder gekümmert hat, sondern nur um die äusserliche Herausgehobenheit ihrer Macht.

Eine Partei, Religion oder Gesellschaftssystem die den Menschen nicht erhebt und zugleich Freiheit gewährt kann nicht gedeihen.
Im berühmten Dialog des Syrers Bardesanus, um 200 aufgezeichnet, heißt es noch:
 „alles sittliche Handeln erfolgt durch die Entscheidung des Willens zum Gutsein oder zum Bösen. Der Mensch kann sich von allem Schicksalszwang lösen und die Freiheit gewinnen, Gottes guten Geboten zu folgen, die dem Wesen des Menschen entsprechen und von ihm freudig ergriffen werden.“
Hans Lietzmann „Geschichte der alten Kirche“ de Gruyter 1999. S.

Das ist etwas das massiv von protestantischer Theologie, (mit ihrer Quachsalberei von "allein durch Gnade") aber auch schon durch Augustinus Prädestinationswahnsinn entschieden unterlaufen wurde.

Was ich allerdings nicht verstehe, dass Du, lieber Axel, mit höchstem Eifer auf blanke Illusionen setzt. Du kennst mich ziemlich gut und Du weißt wie sorgsam ich mit Fakten umgehe. Wie kannst Du glauben ich könnte nicht zwischen Kremlpolitik und Euren Absichten unterscheiden.

Ich wiederhole: Die besten Ideen, Vorsätze, Startbedingungen, Bemühungen usw. müssen scheitern , sobald sie ins echte Leben eintreten, wenn sie nicht, in einer sich rasant verändernden Welt,  von einer erheblichen Anzahl Idealisten durch die Zeit getragen und gelebt werden, von Menschen die mehr an ihren Prinzipien (Dogmen) und an ihren Überzeugungen hängen, als an ihrem Leben.

Gewiss waren die Leute um Lenin in gewissem Sinne Barbaren, aber wenn man Trotzki liest und Bucharin usw. hat man den unbedingten Eindruck, sie sind edle Giganten. Ich habe “Schwert und Schild der Revolution” mit Einlassungen Felix Dsershinskins gelesen. Ich konnte kaum umhin zuzugeben, dass da eigentlich (soweit es die Theorie betraf) ein ehrlich gutes Bemühen vorlag.

Man sagt, der Teufel stecke im Detail.

Aber die ganze Wahrheit ist, der Teufel steckt in uns, den kriegt keiner raus.

 Man kann ihn jedoch -, allerdings nur dann, wenn man gute Ursache, guten Willen und die ständing erneuerte  Kraft dazu findet und bewahrt, - an der Kette halten.
Denke nur an die Prozesse gegen moderne bestechliche  und bestechende Spitzenpolitiker im gegenwärtigen, geläuterten China, die allerdings auch Ausdruck interner Machtkämpfe sein könnten.
Ich prophezeie Euch (ungerne) ein Fiasko, falls Euch nichts besseres einfällt als Jesus. Der hatte ein Fundament gelegt, dass unerschütterlich schien. Aber was daraus wurde muss ich Dir nicht vor Augen führen.

Ich danke Gott, dass er mich (und König Benjamin usw.) das erkennen ließ.

Dein alter Freund Gerd



Das Dogma des Machtverzichts im "Mormonismus"

Unumstößlich sind alle Kirchen, durch Jesu Christi Wort:

"Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Wäre mein Reich von dieser Welt, meine Diener würden kämpfen!", zur Gewaltlosigkeit verpflichtet.

Da sie jedoch Gewalt übten, verloren sie den Status "Kirche Christi" zu sein. 
Das jedenfalls lehrt uns das Buch Mormon, die Geschichte von der Ersten Vision Joseph Smiths und das Leben!
Der sogenannte "Mormonismus" steht auf drei Säulen:

Machtverzicht (Unantastbarkeit des Individualrechtes)
Familie (Heiligkeit der Treue und Liebe)
Gottvertrauen (persönliche Beziehung zu Gott)

Du kannst dein Leben verbrennen lassen, oder sämtliche Erkenntnisse haben, hättest du die Liebe nicht, wärest du ein Nichts! beteuern Paulus und Mormon gemeinsam.
Joseph Smith sagt es mit den Worten:
"Wenn wir auch nur mit dem geringsten Maß von Unrecht irgendwelche Gewalt, Herrschaft oder Nötigung auf die Seele der Menschenkinder ausüben wollen ,..." dann verwirft Gott uns, er entzieht uns jegliche Legitimation.



Dienstag, 3. September 2013

"Ich liebe das Buch Mormon!" by Gerd Skibbe

Es gibt Liebe auf den ersten Blick. Ich weiß das. Als ich sechszehn war verliebte ich mich jeden Tag in eine andere, - mindestens in eine - ohne mit einer davon je ein Sterbenswort gewechselt zu haben.

Beim Buch Mormon dauerte es länger.
Richtige Liebe braucht Zeit, wie eine Blume, um sich zu entfalten.

Gleich der erste Satz, meines zweitbedeutendsten Buches,  sollte eigentlich weltberühmt werden:

"Ich, Nephi, stamme von guten Eltern ab, und darum ist mir von allem Wissen meines Vaters etwas beigebracht worden!"
 
Wie wäre es, wenn alle Kinder der Welt das sagen könnten?

"Hallo, ihr Erzfeinde des Mormonentums" ein Märchen erzählt by Gerd Skibbe


Dieses Märchen ist den Feinden meiner Kirche gewidmet.

Im alten Persien lebte einst ein weiser Schah. Einer aus der Menge seiner Bediensteten war ein großer Wichtigtuer, der allen Ernstes meinte ohne ihn ginge im Palast das Licht aus. In der Stadt erwarteten ihn jeden Abend seine Freunde, denn er liebte es zu berichten und aufzubauschen und ein wenig hinzuzulügen, was sich bei Hof zugetragen hätte.
Unversehens verurteilte der sonst so milde Schah den Mann zum Tode, wegen fortgesetzten Rufmordes, weil er sehr wohl und wiederholt  zu hören bekam, dass der bunt gekleidete Lampenputzer, nur um sich und andere zu amüsieren, auch ihn schamlos verschroben als gefährlich darstellte, wodurch er seine königliche Autorität und den Landesfrieden ernsthaft gefährdete, was wiederum zum Schaden an Leib und Seele vieler führen konnte.
"Ich werde nie wieder Böses erzählen!" flehte der Schwätzer und warf sich, um Gnade bettelnd, zu Boden. Er habe doch Frau und Kinder zu ernähren.
"Unter einer Bedingung!" erwiderte der weise Herrscher: "du hast die wichtigste Lektion aller Zeiten zu lernen, während du einen Krug mit Öl unbeschadet durch den Basar trägst und zwar ohne ein Sterbenswörtchen zu plaudern. Falls du jedoch auch nur stöhnst oder gar einen Tropfen vergießt, ist das dein sofortiger Tod!"
Auf Fingerzeig traten der Scharfrichter und ein Knabe ein. Der eine hielt ein blitzendes Schwert, der andere übergab das bis zum Rand gefüllte Ölgefäß.
Zuerst ging es gut. Doch je näher sie dem Gedränge kamen umsomehr zitterte der Gerüchtemacher.
Seine Freunde würden bald auf ihn aufmerksam werden und ihn ungestüm bedrängen, wie sie es sonst auch taten. Tatsächlich kamen sie angelaufen, umringten ihn, schielten zum Schwertträger und zurück in sein Gesicht. Sie erkannten das etwas nicht stimmte: "Was ist passiert?"
Angstvoll und wortlos deutete der kleine Hofmann an, dass er schweigen muss.
Sie verstanden ihn nicht: "Was soll das heißen?" Die ahnungslosen Männer hatten kein Einsehen und schubsten ihn an der Schulter: "Komm, erzähle schon!"
Auch seine fortgesetzten Blicke über die Schulter, hin zu dem zu allem entschlossenen Mann mit dem gezückten Schwert reichten nicht aus, sie nachdenklich und vorsichtig zu machen. Sogar die Schweißperlen auf seiner Stirn sprachen für sich.
Schließlich kam er erschöpft und aufatmend im Palast an. Er hatte sein Leben gerettet.
"Was hast du gelernt?" fragte der Schah und schaute besorgt und zugleich streng.
Heftig sprudelte der Gestrafte die Antwort heraus, von der er meinte sie würde seinen Herrn überzeugen er hätte die weltbedeutendste Lektion gelernt:

               "... dass nichts so wichtig ist wie mein Wohlergehen!"
Der große Herr polierte eine Weile einen seiner Edelsteine. Sein nobles Gesicht verriet den Ärger den er empfand:

      "Also hast du gar nichts gelernt, du nichtsnutziger Kerl!" und in seinem ersten Zorn fügte er hinzu: - Hängt ihn auf!"
Der Schah  machte jene wegwerfenden Handbewegung, die das Todesurteil bestätigte.
Aufjammernd schrie der Verlorene: "Herr, ihr habt mir doch versprochen...!"
Der Lampenputzer in seinem blauroten Kaftan schaute ins nun gerötete Gesicht seines Gebieters, versuchte seinen Hals um jeden Preis retten:  "ihr seid so weise und gnädig. Lehrt mich, bevor ich hänge"
Da trat der allmächtige Regent einen Schritt auf ihn zu und schaute dem Delinquenten tief in die schwarzen Augen:

   "Wem das Wohl des anderen nichts bedeutet, der verdient es nicht zu leben!"

Sofort allerdings besann sich der große Mann und korrigierte seinen Spruch über den Elenden: "... der verdient es nicht ein Mensch zu sein."





(2) Seht genau hin - glaubt keinem...

Vom 2. Ratgeber Herber J. Grants, des früheren Präsidenten der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen), Reuben Clark jun. stammt der hochwichtige Satz:
"Demokratie ohne Glauben an Gott ist verloren!"


Reuben Clark jun. (1871-1961)

Wieder und immer wieder musste ich dieses Wort  bedenken, und zwar vom ersten Hören an, kurz nach dem Zusammenbruch des Nazisystems. 
Das waren Leute gewesen, die, sobald sie 1933 zur Macht gelangten, sich selbst für Götter hielten die über Tod und Leben aller bestimmen durften.
Reuben Clarks Behauptung meint klipp und klar, wenn Menschen nicht an einen Oberrichter glauben, an seine immerwährende, unbestechliche, liebevolle Anteilnahme an unserem Leben, dann gibt es für den Betreffenden keine anderen Bedenken als die, die er zuläßt.
Wie das aussieht mussten wir leidvoll erfahren.
Umgekehrt ist ebenso wahr: Aus der Perspektive der Diesseitigkeit betrachtet, ist  unser Gewissen die höchste Instanz! Aber diese Instanz ist nicht unbestechlich, denn wir sind nicht Sklaven, sondern Herrscher über unser Gewissen, wir können es mit Füßen treten, zum Schweigen bringen, oder sogar töten.
 Bevor ich Adolf Hitlers "Mein Kampf" las, - und nachdem ich ihn durchschaute, dachte ich immer: er ist gewissenslos.
Nein! Hitler selbst bezeugte, wie heftig ihn sein Gewissen mahnte, nichts gegen die Juden zu unternehmen.
Er murkste es ab.

Reuben Clark, ehemaliger Botschafter der USA in Mexiko, (1930), brachte es lediglich, aber dankenswerterweise, auf den Punkt. Nicht die Angst vor der Gerechtigkeit des Oberrichters soll dominieren, sondern unser Bewusstsein, dass wir ausnahmslos in die Gesetze und Mächte des Alls eingebettet sind.

Der berühmte Martin-Luther King vollendete all dies mit ebenso wenigen Worten:

„Gott hat absolute moralische Gesetze in sein Weltall eingebaut. Wir können sie nicht ändern. Gehorchen wir ihnen nicht, so zerbrechen sie uns.“
  Der Bürgerrechtler Martin Luther-King (1929-1968)


Freitag, 30. August 2013

Seht genau hin - glaubt keinem...!

Zuerst stand da das Wort unserer Hauswirtin, Moeller sen.: "Aus dir wird gar nichts!"
Ich war elf,  verzog wohl den Mund ein wenig. In kurzen Hosen und barfuß stand ich frierend auf den Kopfpflastersteinen unseres beengten Hinterhofes, Lange Straße 17, dünn wie eine Vogelscheuche.
Meine blonden Haare standen in alle möglichen Richtungen.
Irgendwie hatte sie recht.
Meine Mutter dachte auch so, weil sie herausfand, dass ich sie ständig um ihren Zuckervorrat beklaut hatte.
Mein Lehrer Martin Doblies, an der Wolgaster Knabenschule, prophezeite mir mit jedem Hieb seines gelben Rohrstocks regelmäßig dasselbe und zwar mit durchschnittlich zwei Kostproben pro Tag seit drei Jahren - und es sollte dabei für die nächsten drei Jahre so bleiben.
 
Meine Geistesabwesenheit schlug sich denn später in meinem Abgangszeugnis aus der achten Klasse nieder. Vierzehn Vieren.
Und dann war da diese Schlussbemerkung des Herrn Doblies: "Gerd kann mehr leisten, wäre er nicht so faul!"
Das kam mir wie ein kleines Lob vor. Vielleicht kann ich doch mehr als nur fremde Leute ärgern.
 
Um 1944, als alles dem Ende entgegen ging  entwickelte ich mich durch den Drill in der sogenannten Deutschen Jugend (DJ) doch noch. Konnte sogar exerzieren, im Paradeschritt.
Befördert haben sie mich nie, allerdings pflanzten sie mir mit ihren kraftvollen Worten und weil ich glauben wollte, nationalsozialistisches Gedankengut ein.
Niemals dürfte ich auch nur den geringsten Zweifel am Endsieg hegen.
Kaum ein Tag verging, ohne dieses Credo.
Das passierte in Abwesenheit meines Vaters, der es hasste in der Deutschen Wehrmacht dienen zu müssen. So wuchs ich zu einem dummgläubig überzeugten Hitlerjungen heran.
 
Deutschland, Deutschland über alles in der Welt!

Es ist wahr, dass ich noch fünf Minuten vor Kriegsende für ein paar Sekunden so elend gesonnen war meine Mutter zu verraten, weil sie BBC London gehört hatte, wobei ich sie erwischte.
Das hatten uns die Hitlerjugendführer so eingeflößt - und ich, im Begriff ein besserer Mensch zu werden - hatte ihnen geglaubt und stürzte nun mit allen anderen Deutschen ins Elend des von uns als schrecklich empfundenen Zusammenbruchs.
 

Dann war ich Distriktmissionar, zwischen 1947 und 1949, für meine Kirche, und lernte so, zu denken und auf mein Gewissen zu achten.






Ich begriff mit meinem Verstand, fühlte mit meinem Herzen, diese Kirche ist deine Zukunft, bis mich im Sommer 1951, geradezu unerwartet, die Frage plagte, ob der Kommunismus nicht eventuell eine bedenkenswerte Variante wäre. 
Deshalb arrangierte ich mich mit den Roten, für eine Weile.


Aber während der Weltfestspiele der Jugend und Studenten, durchschaute ich den Schwindel. Solange es hell war, benahmen sie sich überwiegend wie Helden, wie die Retter der Menschheit. Sie jubelten der Idee zu, dass Friede zwischen Menschen weltweit nur unter dem roten Banner verwirklicht werden kann.
Doch mit Einbruch der Dämmerung änderte sich alles schlagartig. Plötzlich kam das unheldische Ich Zehntausender zur Geltung.
Wie die ihrer Brunst ausgelieferten Kater und Katzen warfen sie sich zusammen.
 
Mich packte es ebenfalls, denn an meiner Seite ging ein bildschönes Mädchen, das ich ohne jeden Hintergedanken einfach "Nachhause" begleiten wollte, nachdem ich sie zwei Stunden zuvor auf dem Mont Klamott Friedrichshain kennengelernt hatte.
Da lag noch eine ziemliche Strecke vor uns. Überall, wo wir auch hingingen, in nahezu jeder Nische  klammerten sie sich aneinander und waren ineinander verstrickt.
Mir schien, dass mich nach einigen Minuten der Nachdenklichkeit, dieselbe Gier  packte und erfüllte. Das Verlangen es wie die zu tun, trieb mich. Es war wie eine Siegermacht, gegen die jeder Widerstand sinnlos ist.
 
Plötzlich inmitten des inneren Sturmes kam, allerdings leise mein Mormonentum hervor:
 
             "Hier und jetzt wird deine nie endende Zukunft entschieden! Sie gehört dir nicht. Rühre sie nicht an. Es wäre illegal. Rühre nichts an was dir nicht gehört!"
 
In der Tat, es war kaum hörbar und dennoch da.
Gerd sei besonnen. Glaube  nicht der Stimme der anderen, das Getöse vergeht.
 
Unter einer der kaum lichtspendenden Gaslaternen der Ruinenstadt Berlin, vor dem fast unversehrten Nebenhaus der ehemaligen Mehnerstraße 9, bat ich das Mädchen um Vergebung. 
 
Sie aber wiederholte: "was habe ich mehr als das Abenteuer Liebe? Bin ich nicht als Waisenkind mit Jungs aufgewachsen, die mich nie gefragt haben? und du verrätst mich, bin ich dir nicht gut genug?"
 
Aus dem imaginären Hintergrund vernahm ich die spöttische Stimme eines Altkommunisten: "Du bist ja schön dämlich, Gerd!"
 
Als ich das dachte, kam mir der Gedanke: Sieh genau hin - glaube keinem, es sei denn deinem eigenen Gewissen.
 
Zwischen zwei tiefschwarzen Ruinenwänden ging ich davon, meiner Schuld gewiss, dass ich zwar richtig handelte, aber einem Menschenkind weh getan hatte.
Sei behutsamer nächstes Mal.
Sieh genau hin und verliere niemals deinen Weg aus den Augen.