Katholische Akademie in
Bayern: 2009
Rätsel Nahtod – eine Annäherung aus Erfahrung und
Wissenschaft
Alois Serwaty Einführung
Verfolgt man aufmerksam die Medien, so gewinnt man den
Eindruck, das „Jenseits“ hat nicht nur in esoterischen Kreisen Konjunktur. Ist
der Tod das definitive Ende des Lebens oder kommt noch etwas danach? Was
passiert im Sterbeprozess und wie sieht das „Jenseits“ aus? Diese Fragen
beschäftigen den Menschen offenkundig seit Beginn seiner Existenz. Nahtod und
Außerkörper-Erfahrungen scheinen auf diese grundlegenden Fragen eine Antwort zu
geben. Studien deuten darauf hin, dass ca. 4% der Deutschen solche oder
vergleichbare Erfahrungen gemacht haben, dies wären ca. 3,3 Millionen Menschen.
Diese Größenordnung wird durch andere internationale Studien unterstützt. Auch
wenn diese Zahlen kritisch zu hinterfragen sind, so geben sie dennoch eine
Vorstellung vom möglichen Umfang dieser Erfahrungen. Wer sich offen und
unvoreingenommen gegenüber diesen Phänomenen zeigt, wird selbst im engeren
Verwandten- und Bekanntenkreis davon hören. Der Beitrag nähert sich dem
Phänomen der Nahtoderfahrung (NTE) auf zweifache Weise: durch die Darstellung
der subjektiven Erfahrungsebene und auf der rational-analytischen Ebene durch
eine knappe Darstellung des Forschungsstandes. Zum Schluss soll der Versuch
unternommen werden, einige Aspekte dieser beiden Perspektiven thesenartig
zusammenzuführen, um zur Diskussion und Reflexion anzuregen.
Teil 1: Nahtoderfahrung - Was ist passiert?
Vor einigen Jahren
berichtete eine Mutter von einem Erlebnis ihrer Tochter bei einem Badeunfall.
Die Mutter ist ausgebildete Krankenschwester, der Familienvater Arzt. Die
Familie besuchte gemeinsam ein Schwimmbad. Mit dabei war das jüngste von fünf
Kindern, die dreijährige Mara. Plötzlich verlor die Familie Mara für einige
Minuten aus den Augen. Ein Badegast zog das leblos im Schwimmbecken treibende
Kind aus dem Wasser. Mara gewann das Bewusstsein zurück, als es einen „Kuss“
spürte; es waren die Wiederbelebungsmaßnahmen des Vaters, der als Arzt seine
Tochter wieder ins bewusste Leben zurückholte. Gott sei Dank ohne bleibende
Schäden. Wenige Tage nach der Entlassung aus dem Krankenhaus öffnete sich das
Mädchen beim gemeinsamen Puzzle-Spiel unerwartet seiner Mutter: „Mama, warum
hatten die Engel keine Zeit für mich?“ und auf die erstaunte Rückfrage der
Mutter, antwortete Mara: „Als ich im Himmel war, haben die Engel zu mir gesagt,
Mara, was machst Du denn hier, wir haben noch gar keine Zeit für dich, geh’ wieder
zurück….“ Sie fährt fort: „Da ich nicht wusste, wie ich zurückkommen sollte,
hat der liebe Gott mich an die Hand genommen und hat mich zu euch gebracht.“
Und auf die Frage der Mutter, ob der liebe Gott denn etwas gesagt habe,
antwortete Mara: „Zu mir nicht, aber zu euch: ‚Hier habt ihr eure Mara wieder.’
Habt ihr das denn nicht gehört?“
Ist dies nur eine traurig-schöne, sentimentale Geschichte
ohne jeglichen Realitätsbezug, der lebhaften Phantasie eines Kleinkindes
entsprungen oder gar ein Lügengespinst? War es womöglich nur eine
Halluzination, das Produkt gestresster Neuronenverbände ausgelöst durch die
Unterversorgung mit Sauerstoff während des Ertrinkens? Ausschließlich
psychologisch erklärbares Wunschdenken kann es schwerlich gewesen sein. In der Familie
ist nicht jeden Tag vom lieben Gott und von Engeln die Rede.
Meine eigene Nahtoderfahrung liegt nun schon Jahre zurück.
Dennoch ist sie präsent wie sonst kein anderes Ereignis in meinem Leben, noch
stärker als die Geburt unserer Kinder. Bei einer Herzkatheteruntersuchung mit
Ballondilatation „verließ“ mein Ich-Bewusstsein völlig unerwartet meinen Körper
und „schwebte“ halbhoch im Operationssaal. Wie einen lästigen Mantel hatte ich
den „alten“ Körper abgelegt. Dieses Bild hat sich mir wie ein Siegel eingebrannt.
Dann trat ein Gefühl der Leichtigkeit, des Schwebens auf. Anfängliche
Verwirrung und Fragen wichen einem Gefühl der Ruhe, des tiefen Friedens, ja des
Glücks. Ich gewann die felsenfeste Überzeugung, dass ich weiterlebe und den
Eindruck, dass sich alle Fragen, Probleme, Widersprüche einfach auflösen
werden. Dieses „Ablegen“ des Körpers
empfand ich als eine Befreiung, eine Entgrenzung. Es war eine
Überschreitung, Ausweitung und Öffnung, eine Umwandlung auch in geistiger
Hinsicht. Stunden später eröffnete mir der Arzt so ganz nebenbei, dass es bei
diesem Eingriff Komplikationen gegeben habe. Mit diesen beiden Berichten sind
wir mitten im Thema: Nahtoderfahrung als ein Grenz- und Transzendenzerlebnis.
Es geht dabei um Erlebnisse, bei denen Menschen den Eindruck haben, eine
paradiesische Landschaft, Engel oder Lichtwesen, Verstorbenen, oder einer
anderen, einer transzendenten Wirklichkeit und vielleicht sogar Gott zu
begegnen. Nach einer solchen Erfahrung stellen Menschen sich zunächst einmal
die einfache Frage: „Was ist da überhaupt passiert?“
…. Der Bremer Arzt, Psychologe und Mystiker Carl Albrecht
sagte dazu im Zusammenhang mit seinen eigenen mystischen Erfahrungen: „…die Erfahrungen sind wahr und wichtig,
wenn sie das unwillkürliche Anwachsen der Liebe bewirken.“ Dies ist der
eigentliche Maßstab, an denen wir Nahtoderfahrungen messen sollten, und dies
ist das eigentlich „Spektakuläre“ dieser Erfahrungen.
Literatur: Serwaty, Alois, Nicolay, Joachim (Hg),
Nahtoderfahrung - Neue Wege der Forschung, Santiagoverlag, 2009
Web: www.netzwerk-nahtoderfahrung.de
Vor dem Hintergrund einer Zunahme an übereinstimmenden Berichten von Menschen verschiedener Kulturkreise die von außerkörperlichen Erfahrungen sprechen, sind drei Darstellungen ähnlicher Erlebnisse von Persönlichkeiten die im Buch Mormon teilweise theologiebestimmenden Charakter haben, interessant:
Die wahrscheinlich bedeutendste lebensändernde Erfahrung kam zu Alma dem Jüngeren. Aber hier zunächst der Bericht über Lamoni, der nicht zufällig im Buch Almas erscheint (Kapitel 18 u 19).
Ammon ein Missionar der Nephiten wird vor König Lamoni gestellt, weil er eine Anzahl Räuber in die Flucht schlug, was als Sensation empfunden wurde:
Ammon fing
an, unerschrocken mit ihm zu reden, und sprach zu ihm: Glaubst du,
daß es einen Gott gibt?
28 Und Ammon sprach: Das ist Gott. Und Ammon sprach
weiter zu ihm: Glaubst du, dass dieser Große Geist, welcher Gott ist, alles
erschaffen hat, was im Himmel und auf der Erde ist?
29 Und er sprach: Ja, ich glaube, dass er alles
erschaffen hat, was auf der Erde ist; aber die Himmel kenne ich nicht.
30 Und Ammon sprach zu ihm: Die Himmel, das ist der
Ort, wo Gott wohnt und alle seine heiligen Engel.
32 Und Ammon sprach: Ja, und er schaut auf alle
Menschenkinder hernieder; und er kennt alle Gedanken und Absichten des
Herzens; denn durch seine Hand sind sie alle von Anfang an erschaffen worden.
34 Ammon sprach zu ihm: Ich bin ein Mensch; und der
Mensch wurde im Anfang als das Abbild Gottes erschaffen, und ich bin durch
seinen Heiligen Geist berufen, dieses Volk darüber zu belehren, damit sie zur Erkenntnis dessen geführt
werden, was gerecht und wahr ist;
35 und ein Maß jenes Geistes wohnt in mir
und gibt mir Kenntnis und auch Macht, gemäß
meinem Glauben und meinen Wünschen, die in Gott sind.
36 Als nun Ammon diese Worte gesprochen hatte, fing
er bei der Erschaffung der Erde an und auch der Erschaffung Adams und erzählte
ihm alles in Bezug auf den Fall des Menschen und berichtete von den
Aufzeichnungen und den heiligen Schriften des Volkes, die von
den Prophetengesprochen worden waren, ja, herab bis zu der Zeit, da ihr
Vater Lehi Jerusalem verließ, und legte sie ihm dar.
37 Und er berichtete ihnen (denn dies war für den
König und für dessen Knechte) auch von allen Reisen ihrer Väter in der Wildnis
und von all ihren Leiden an Hunger und Durst und ihren Beschwernissen und so
weiter.
38 Und er berichtete ihnen auch von den
Auflehnungen Lamans und Lemuels und der Söhne Ischmaels, ja, alle ihre
Auflehnungen erzählte er ihnen; und er erläuterte ihnen all die Aufzeichnungen
und Schriften von der Zeit an, da Lehi Jerusalem verlassen hatte, bis herab in
die gegenwärtige Zeit.
39 Aber dies ist nicht alles; denn er erläuterte ihnen den Plan der
Erlösung, der von der Grundlegung der Welt an bereitet war; und er tat
ihnen auch vom Kommen Christi kund, und alle Werke des Herrn tat er ihnen kund.
40 Und es begab sich: Nachdem er dies alles gesagt
und dem König erläutert hatte, glaubte der König all seinen Worten.
41 Und er fing an, zum Herrn zu rufen, nämlich: O
Herr, sei barmherzig; gemäß deiner reichen Barmherzigkeit, die du dem Volk
Nephi erwiesen hast, erweise sie mir und meinem Volk.
43 Und es begab
sich: Seine Knechte nahmen ihn und trugen ihn hinein zu seiner Frau und legten
ihn auf ein Bett; und für den Zeitraum von zwei Tagen und zwei Nächten lag er
da, als sei er tot; und seine Frau und seine Söhne und seine Töchter betrauerten
ihn nach der Weise der Lamaniten und beklagten sein Hinscheiden sehr.
Kapitel
19:
1 Und es begab sich:
Nach zwei Tagen und zwei Nächten waren sie daran, seinen Leib zu nehmen und in
ein Grab zu legen, das sie zum Zweck der Bestattung ihrer Toten gemacht hatten.
2 Nun hatte die Königin von Ammons Ruf gehört,
darum sandte sie hin und wünschte, er möge zu ihr hereinkommen.
3 Und es begab sich: Ammon tat, wie ihm geboten
war, und ging zur Königin hinein und wollte wissen, was sie wünschte, dass er
tue.
4 Und sie sprach zu ihm: Die Knechte meines
Ehemanns haben mir kundgetan, dass du ein Prophet eines heiligen
Gottes bist und dass du Macht hast, viele mächtige Werke in seinem Namen zu
tun;
5 darum, wenn dies der Fall ist, möchte ich, dass
du hineingehst und meinen Ehemann ansiehst, denn seit dem Zeitraum von zwei
Tagen und zwei Nächten liegt er auf seinem Bett; und einige sagen, er sei nicht
tot, aber andere sagen, er sei tot und er stinke und er solle ins Grab gelegt
werden; aber was mich betrifft, für mich stinkt er nicht.
6 Nun, dies war, was Ammon wünschte, denn er wusste,
dass König Lamoni unter der Macht Gottes war; er wusste, dass der finstere Schleier des
Unglaubens von seinem Sinn weggezogen wurde, und das Licht, das seinen Sinn erleuchtete, nämlich das Licht der Herrlichkeit Gottes, welches
ein wunderbares Licht seiner Güte
ist—ja, dieses Licht hatte ihm solche Freude
in die Seele gegossen, und die Wolke der Finsternis war zerstreut worden, und dass
das Licht des immerwährenden Lebens in seiner Seele angezündet war, ja, er wusste,
dass dies seinen natürlichen Leib überwältigt hatte und er in Gott entrückt
war—
7 darum war das, was die Königin von ihm wünschte,
auch sein einziger Wunsch. Darum ging er hinein, den König anzusehen, so wie es
die Königin von ihm gewünscht hatte; und er sah den König an, und er wusste, dass
er nicht tot war.
8 Und er sprach zur Königin: Er ist nicht tot,
sondern er schläft in Gott, und morgen wird er sich wieder erheben; darum
begrabe ihn nicht.
9 Und Ammon sprach zu ihr: Glaubst du das? Und sie
sprach zu ihm: Ich habe kein Zeugnis erhalten außer dein Wort und das Wort
unserer Knechte; doch glaube ich, dass es so sein wird, wie du gesagt hast.
10 Und Ammon sprach zu ihr: Gesegnet bist du wegen
deines außerordentlichen Glaubens; ich sage dir, Frau, es hat unter allem Volk
der Nephiten keinen so großen Glauben gegeben.
11 Und es begab sich: Sie wachte über das Bett
ihres Ehemanns, von der Zeit an, ja, bis zu der Zeit anderntags, die Ammon
bestimmt hatte, dass er sich da erheben würde.
12 Und es begab sich: Er erhob sich gemäß den Worten Ammons; und als er sich erhob,
streckte er seine Hand zur Frau aus und sagte: Gesegnet sei der Name Gottes,
und gesegnet bist du.
13 Denn so gewiss,
wie du lebst, siehe, so habe ich meinen Erlöser gesehen; und er wird
hervorkommen und von einer Frau geboren werden, und er wird alle
Menschen erlösen, die an seinen Namen glauben. Als er aber diese Worte gesagt hatte,
schwoll sein Herz in ihm, und er sank abermals vor Freude nieder; und auch die
Königin sank nieder, denn sie war vom Geist überwältigt.
14 Als nun Ammon sah, dass der Geist des Herrn
gemäß seinen Gebeten auf die Lamaniten ausgegossen wurde, auf seine
Brüder, die wegen ihrer Übeltaten und ihrer Überlieferungen die Ursache
von so viel Trauer unter den Nephiten, nämlich unter allem Volk Gottes, gewesen
waren, fiel er auf die Knie und fing an, seine Seele in Gebet und Danksagung
vor Gott auszuschütten für das, was er für seine Brüder getan hatte; und auch er wurde von Freude überwältigt,
und so waren sie alle drei zur Erde gesunken.
15 Als nun die Knechte des Königs sahen, dass sie
hingefallen waren, fingen sie auch an, Gott anzurufen, denn die Furcht des
Herrn war auch über sie gekommen; denn sie waren es gewesen, die vor
dem König gestanden und ihm die große Macht Ammons bezeugt hatten.
16 Und es begab sich: Sie riefen den Namen des
Herrn an mit ihrer Kraft, ja, bis sie alle zur Erde gefallen waren, außer einer lamanitischen Frau, deren Name
Abisch war; sie war vor vielen Jahren zum Herrn bekehrt worden, infolge einer
außergewöhnlichen Vision ihres Vaters–
17 und so, da sie zum Herrn bekehrt war, dies aber nie kundgetan hatte, darum,
als sie sah, dass alle Knechte Lamonis zur Erde gefallen waren und auch ihre
Herrin, die Königin, und der König und Ammon auf der Erde hingestreckt lagen, wusste
sie, dass es die Macht Gottes war; und sie meinte, dass diese Gelegenheit,
nämlich, wenn sie dem Volk kundtat, was bei ihnen geschehen war, dass der
Anblick dieses Geschehnisses sie veranlassen würde, an die Macht
Gottes zu glauben; darum lief sie von Haus zu Haus und tat es dem Volke kund.
18 Und sie fingen an, sich zum Haus des Königs hin
zu versammeln. Und es kam eine Menge, und zu ihrer Verwunderung sahen sie den
König und die Königin und deren Knechte hingestreckt auf der Erde, und sie
lagen alle da, als seien sie tot; und sie sahen auch Ammon, und siehe, er war
ein Nephit.
19 Und nun fingen die Leute unter sich zu murren
an; einige sagten, es sei ein großes Übel, das über sie, oder über den König
und sein Haus, gekommen sei, weil er geduldet hatte, dass der Nephit im Land blieb.
20 Aber andere wiesen sie zurecht, nämlich: Der
König hat dieses Übel über sein Haus gebracht, weil er seine Knechte getötet
hat, denen ihre Herden an den Wassern Sebus zerstreut worden sind.
21 Und sie wurden auch von jenen Männern
zurechtgewiesen, die an den Wassern Sebus gestanden hatten und die Herden,
die dem König gehörten, zerstreut hatten; denn sie waren auf Ammon zornig wegen
der Anzahl ihrer Brüder, die er an den Wassern Sebus getötet hatte, als er die
Herden des Königs verteidigte.
22 Nun zog einer von ihnen, dessen Bruder vom
Schwert Ammons getötet worden war, der überaus zornig auf Ammon war,
sein Schwert und trat vor, dass er es auf Ammon fallen ließe, um ihn zu töten;
und als er das Schwert hob, um ihn zu schlagen, siehe, da fiel er tot um.
23 Nun sehen wir, dass Ammon nicht getötet werden
konnte, denn der Herr hatte zu Mosia, seinem Vater, gesprochen: Ich
werde ihn verschonen, und es wird ihm gemäß deinem Glauben geschehen—darum
hatte Mosia ihn dem Herrn anvertraut.
24 Und es begab sich: Als die Menge sah, dass der
Mann, der das Schwert gehoben hatte, um Ammon zu töten, tot umgefallen war, da
kam Furcht über sie alle, und sie wagten nicht, die Hand auszustrecken, um ihn
oder irgendeinen der Hingefallenen zu berühren; und sie fingen wieder an, sich
untereinander zu verwundern, was wohl die Ursache dieser großen Macht sein
könne oder was dies alles zu bedeuten habe.
25 Und es begab
sich: Es waren viele unter ihnen, die sagten, Ammon sei der Große Geist,
und andere sagten, er sei vom Großen Geist gesandt worden;
26 aber andere
wiesen sie alle zurecht und sagten, er sei ein Ungeheuer, das von den Nephiten
gesandt worden sei, sie zu quälen.
27 Und es gab
einige, die sagten, Ammon sei vom Großen Geist gesandt worden, um sie wegen
ihrer Übeltaten zu bedrängen; und es sei der Große Geist, der sich immer der
Nephiten angenommen habe, der sie immer aus ihren Händen befreit habe; und sie
sagten, es sei dieser Große Geist, der so viele ihrer Brüder, der Lamaniten,
vernichtet habe.
28 Und so fing ein
überaus heftiger Streit unter ihnen an. Und während sie so stritten, kam die Magd herbei,
die veranlasst hatte, dass die Menge sich sammelte, und als sie den Streit sah,
den es unter der Menge gab, war sie überaus bekümmert, ja, so sehr, dass sie
weinte.
29 Und es begab
sich: Sie ging und nahm die Königin bei der Hand, um sie vielleicht vom Boden
aufzurichten; und sobald sie ihre Hand berührt hatte, erhob sie sich und stand
auf ihren Füßen und rief mit lauter Stimme, nämlich: O seliger Jesus, der mich vor einer furchtbaren Hölle
errettet hat! O seliger Gott, sei barmherzig zu diesem Volk!
30 Und als sie dies
gesagt hatte, faltete sie, von Freude erfüllt, die Hände und sprach viele
Worte, die nicht verstanden wurden; und nachdem sie dies getan hatte, nahm sie
den König, Lamoni, bei der Hand, und siehe, er erhob sich und stand auf seinen
Füßen.
31 Und als er den
Streit unter seinem Volk sah, ging er unverzüglich hin und fing an, sie
zurechtzuweisen und sie die Worte zu lehren, die er aus dem Mund
Ammons vernommen hatte; und alle, die auf seine Worte hörten, die glaubten und
bekehrten sich zum Herrn.
32 Aber es gab
viele unter ihnen, die seine Worte nicht hören wollten; darum gingen sie ihres
Weges.
33 Und es begab
sich: Als Ammon sich erhob, nahm er sich auch ihrer an; und das taten auch alle
Knechte Lamonis; und sie alle verkündeten dem Volk genau dasselbe — dass ihr Herz umgewandelt worden
war, dass sie nicht mehr den
Wunsch hatten, Böses zu tun.
34 Und siehe, viele
verkündeten dem Volk, sie hätten Engel gesehen und hätten mit ihnen
gesprochen; und so hätten sie ihnen von dem, was von Gott ist, und von seiner
Rechtschaffenheit erzählt.
35 Und es begab
sich: Es gab viele, die ihren Worten glaubten; und alle, die glaubten, wurden getauft;
und sie wurden ein rechtschaffenes Volk, und sie richteten unter sich eine
Kirche auf.
36 Und so begann
das Werk des Herrn unter den Lamaniten; so fing der Herr an, seinen Geist über
sie auszugießen; und wir sehen, dass sein Arm zu allen Menschen ausgestreckt ist, die umkehren und an seinen Namen glauben.
Almas Erfahrungsbericht ist wesentlich umfangreicher, er füllt viele Seiten
des Buches Mormon die im Internet (Buch Mormon online) abgerufen werden können:
Hier Kapitel 36. Sein Zeugnis gipfelt in den Worten:
6… ich
ging mit den Söhnen Mosias umher und trachtete danach, die Kirche Gottes
zu vernichten; aber siehe, Gott sandte seinen heiligen Engel, um uns auf
dem Weg anzuhalten.
7 Und siehe, er
sprach zu uns wie mit Donnerstimme, und die ganze Erde bebte unter unseren
Füßen; und wir fielen alle zur Erde, denn die Furcht des Herrn kam
über uns.
8 Aber siehe, die
Stimme sprach zu mir: Erhebe dich. Und ich erhob mich und stand auf und sah den
Engel.
9 Und er sprach zu
mir: Wenn du selbst vernichtet werden willst, trachte nicht mehr danach, die
Kirche Gottes zu vernichten.
10 Und es begab
sich: Ich fiel zur Erde, und für den
Zeitraum von drei Tagen und drei Nächten konnte ich meinen Mund nicht
öffnen, ich konnte auch meine Glieder nicht gebrauchen.
11 Und der Engel
sprach noch mehr zu mir, was von meinen Brüdern gehört wurde, was ich aber
nicht vernahm; denn als ich die Worte vernahm: Wenn du selbst vernichtet werden
willst, trachte nicht mehr danach, die Kirche Gottes zu vernichten—da wurde ich
von einer so großen Furcht und Bestürzung ergriffen, dass ich vielleicht
vernichtet werden könnte, dass ich zur Erde fiel, und ich hörte nichts mehr.
12 Vielmehr wurde
ich von ewiger Qual
gepeinigt, denn meine Seele wurde im höchsten Grad gemartert und mit all meinen
Sünden gepeinigt.
13 Ja, ich dachte an alle meine Sünden und
Übeltaten, für die ich mit den Qualen der Hölle gepeinigt wurde;
ja, ich sah, dass ich mich gegen meinen Gott aufgelehnt hatte und dass ich
seine heiligen Gebote nicht gehalten hatte.
14 Ja, und ich
hatte viele seiner Kinder gemordet oder vielmehr sie hinweg ins Verderben
geführt; ja, kurz gesagt, so groß waren meine Übeltaten gewesen, dass der bloße
Gedanke, in die Gegenwart meines Gottes zu gelangen, meine Seele mit
unaussprechlichem Entsetzen peinigte.
15 O, dachte
ich, könnte ich doch verbannt und an Seele und Leib ausgelöscht werden, damit ich nicht dazu gebracht
würde, in der Gegenwart meines Gottes zu stehen, um für
meine Taten gerichtet zu werden.
16 Und nun, drei
Tage und drei Nächte lang wurde ich gepeinigt, selbst mit den Schmerzen
einer verdammten Seele.
17 Und es begab
sich: Als ich so von Qual gepeinigt war, während ich durch die Erinnerung an
meine vielen Sünden gemartert wurde, siehe, da dachte ich auch daran,
dass ich gehört hatte, wie mein Vater dem Volk prophezeite, dass ein gewisser
Jesus Christus, ein Sohn Gottes, kommen werde, um für die Sünden der Welt zu
sühnen.
18 Als nun mein
Sinn diesen Gedanken erfasste, rief ich in meinem Herzen aus: O Jesus, du Sohn
Gottes, sei barmherzig zu mir, der ich in der Galle der Bitternis bin
und ringsum von den immerwährenden Ketten des Todes umschlossen bin.
19 Und nun siehe,
als ich dies dachte, konnte ich nicht mehr an meine Qualen denken; ja, ich
wurde durch die Erinnerung an meine Sünden nicht mehr gemartert.
20 Und o welche Freude, und welch wunderbares Licht
sah ich; ja, meine Seele war von Freude
erfüllt, die ebenso übergroß war wie meine Qual!
21 Ja, ich sage
dir, mein Sohn: Es konnte nichts so außerordentlich und so bitter sein, wie
meine Qualen es waren. Ja, und weiter sage ich dir, mein Sohn, andererseits
kann nichts so außerordentlich und so süß sein, wie meine Freude es war.
22 Ja, mir war, als
sähe ich, so wie auch unser Vater Lehies sah, Gott auf seinem Thron
sitzen, umgeben von zahllosen Scharen von Engeln, in der Haltung des Singens
und Lobpreisens für ihren Gott; ja, und meine Seele sehnte sich danach, dort zu
sein.
23 Aber siehe,
meine Glieder empfingen wieder ihre Stärke, und ich stand auf meinen Füßen und
tat dem Volke kund, dass ich aus Gott geboren war.
(Und hier kommt das immer wieder erwähnte Element fast
jeder Nahtoderfahrung zum Ausdruck: Nach einem Erlebnis dieser Art haben die
Menschen vor allem den Wunsch wieder gut zu machen, besser zu handeln.)
24 Ja, und von der
Zeit an bis jetzt habe ich mich ohne Unterlass bemüht, dass ich Seelen zur Umkehr bringe, dass ich sie dahin bringe, von
der übergroßen Freude zu kosten, von
der ich gekostet habe, damit auch sie aus Gott geboren und vom Heiligen
Geist erfüllt würden.
Das Kapitel Alma 36 ist ein komplettes Gedicht in Form des
orientalischen Chiasmus als Ausdruck des höchstmöglichen Empfindens.
Alma spricht in anderem Zusammenhang später, im Kapitel 42, dass
Rechtfertigung vor Gott nicht allein durch Gnade zustande kommt, sondern wir
haben ebenfalls eine Leistung zu erbringen. Dies ist gut altkatholisch, sowie „mormonisch“:
„Wie aber kann der Mensch umkehren, wenn er nicht sündigt?
Wie kann er sündigen, wenn es kein Gesetz gibt? Wie kann es ein
Gesetz geben, wenn es keine Strafe gibt?
18 Nun ist eine Strafe festgesetzt und ein
gerechtes Gesetz gegeben, das dem Menschen Gewissensqual bereitet.
19 Wäre aber kein
Gesetz gegeben gewesen—wenn ein Mann mordete, dass er sterben sollte—hätte
er dann gefürchtet zu sterben, wenn er einen Mord beging?
20 Und weiter, wenn
kein Gesetz gegen Sünde gegeben worden wäre, so würden sich die Menschen nicht
fürchten zu sündigen.
21 Und
wenn kein Gesetz gegeben worden wäre, was hätte dann die
Gerechtigkeit oder auch die Barmherzigkeit tun können, wenn die Menschen
sündigten, denn sie hätten keinen Anspruch auf das Geschöpf gehabt?
22 Aber es ist ein Gesetz gegeben und eine
Strafe festgesetzt und eine Umkehr gewährt; auf diese Umkehr erhebt
Barmherzigkeit Anspruch; andernfalls erhebt die Gerechtigkeit Anspruch auf das
Geschöpf und wendet das Gesetz an, und das Gesetz verhängt die Strafe; wäre es
anders, so würden die Werke der Gerechtigkeit zerstört, und Gott würde aufhören,
Gott zu sein.
23 Aber Gott
hört nicht auf, Gott zu sein, und die Barmherzigkeit erhebt Anspruch auf
die Reumütigen, und die Barmherzigkeit wird wegen
des Sühnopfers zuteil; und das Sühnopfer bringt
die Auferstehung der Toten zuwege; und die Auferstehung der
Toten bringt die Menschen in die Gegenwart Gottes zurück; und so
werden sie in seine Gegenwart zurückgebracht, um gemäß ihren
Werken gerichtet zu werden, gemäß dem Gesetz und der Gerechtigkeit.
24 Denn siehe, die Gerechtigkeit
macht alle ihre Forderungen geltend, und die Barmherzigkeit beansprucht auch
all das Ihre; und so wird niemand als nur der wahrhaft Reumütige errettet.“
25 Wie, meinst du
etwa, die Barmherzigkeit könne die Gerechtigkeit berauben? Ich sage dir:
Nein, nicht das kleinste Teil. Sonst würde Gott aufhören, Gott zu sein.
26 Und so bringt
Gott seine großen und ewigen Absichten zustande,
die von Grundlegung der Welt an bereitet sind. Und so kommt die
Errettung und die Erlösung des Menschen zustande und auch seine Vernichtung und
sein Elend.
27 Darum, o mein
Sohn, kann jeder, der kommen will, kommen und uneingeschränkt von den
Wassern des Lebens nehmen; und jeder,
der nicht kommen will, der ist nicht gezwungen zu kommen; aber am letzten
Tag wird ihm gemäß seinen Taten wiederhergestellt werden.“
Nicht nur für „Mormonen“ gilt das was
Alma wieder in einem Chiasmus, wenige Sätze zuvor erläutert (Buch Mormon, Alma
41)
Vers 14: …sieh zu, mein Sohn, dass du zu
deinen Brüdern barmherzig
bist; handle gerecht, richte rechtschaffen und tue beständig Gutes; und wenn du
dies alles tust, dann wirst du deinen Lohn empfangen; ja, dir wird Barmherzigkeit wiederhergestellt
werden; dir wird Gerechtigkeit wiederhergestellt werden; dir wird ein
rechtschaffenes Gericht wiederhergestellt werden; und dir wird wiederum Gutes
als Lohn zuteilwerden.
15 Denn das, was du
aussendest, das wird wieder zu dir zurückkehren.“