Gerd Skibbe
Melbourne, Australien 9. Juli 2015
Sehr geehrte Mitglieder der Bibelgemeinde
Pforzheim,
sehr geehrter Herr Dr. Lothar Gassmann,
mir scheint, dass es an der Zeit ist ein paar Missverständnisse
auszuräumen.
Seit 1945 ununterbrochen aktives Glied der
Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage („Mormonen“) erlebte ich
selbst zahllose Angriffe wegen dieser Mitgliedschaft. Sie kamen aus allen
Richtungen, von meinen evangelischen Mitschülern, von Nazibonzen und dann den
kommunistischen Agitatoren.
Den Nazis war meine Familie zu judenfreundlich, den Kommunisten erschienen
wir (bis 1976!) als gefährliche amerikanische Sekte. Eigentlich hätten
Protestanten unsere Freunde sein sollen, denn für uns gilt gemeinsam das
Christuswort:
„Wer meine Gebote hat und hält sie, der
ist es der mich liebt und ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren“
Zu den größten Überraschungen in meinem Glaubensleben gehörte meine Feststellung, dass die ärgsten "Mormonismus"-feinde großkirchliche
Theologen sind, die unsere Schriften nicht kennen, und dennoch über sie, wie Räuber, herfallen.
Sie bedienen sich immer wieder höchst
fragwürdiger Zitate die von Ihresgleichen stammen.
Herr Prof. Dr. Samuel Leuenberger - ein sonst durchaus respektabler Gelehrter - stellte exakt das Gegenteil
unserer Lehren als Teil des „Mormonentums“ dar... weil er sich eben nicht an der Quelle bediente, sondern anderweitig informierte. Herr Dr. Gassmann, empfiehlt nun
„das Buch von Prof. Samuel Leuenberger:
MORMONEN – Heilsbringer aus Salt Lake City?, 3,50 Euro bestellen.) -
Bitte überzeugen Sie sich selbst, welchen Wert es hat.
Prof. Leuenberger behauptet: für
"Mormonen" sei
- "keine der Gottheiten Schöpfer Himmels und der Erden. … Bei allen
Gottheiten nimmt die Weisheit beständig zu. Deshalb kann bei Gott nicht von
Allwissenheit gesprochen werden.
Im Buch Mormon u.v.a. Schriftstellen unseres Schriftenkanons, deren Texte im Internet allesamt abrufbar und für jeden zugänglich sind, heißt es dagegen:
„...der allmächtige Schöpfer
Himmels und der Erde... kennt eure Gedanken.“ Buch Mormon, Jakob
2: 5, 2. Nephi 8:13 …„O wie groß ist die Heiligkeit
unseres Gottes! Denn er weiß alles – es gibt nichts was er nicht weiß!“ 2.
Nephi 9: 20
Weiter schreibt Prof Leuenberger: (für die
Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage gelte):
"Christi Kreuzestod hat kaum mit
Tilgung von Schuld und Gerechtmachung vor Gott zu tun. Sein
Kreuzestod hat in erster Linie Voraussetzungen zur Höherentwicklung der
Menschen geschaffen. Jesus ist also nicht Versöhner zwischen dem Himmlischen
Vater und den Menschen..."
Denn demgegenüber steht im Buch Mormon und in anderen Schriften der
Kirche Jesu Christi der HLT geschrieben:
„Er (Christus) kommt in die Welt, auf dass er alle Menschen errette, wenn
sie auf seine Stimme hören wollen, denn siehe er nimmt die Leiden aller
Menschen auf sich, ja die Leiden eines jeden lebenden Geschöpfs der Männer und
Frauen die zur Familie Adams gehören... er erleidet dies, damit die
Auferstehung allen Menschen zuteil werde... er gebietet allen Menschen, dass
sie umkehren und sich auf seinen Namen taufen lassen und bis ans Ende
ausharren, sonst müssen sie verdammt werden... nur wo es kein Gesetz gibt,
da gibt es keine Strafe, und wo es keine Strafe gibt, da gibt es keinen
Schuldspruch und wo es keinen Schuldspruch gibt, da hat die Barmherzigkeit
des Heiligen Israels wegen der Sühne Anspruch auf den Menschen, denn die Sühne
tut den Forderungen der Gerechtigkeit Genüge ...“ 2. Nephi 2: 20-25
„Der Herr Gott … liebt die Welt (die Menschen), so dass er sogar sein
eigenes Leben niederlegt, damit er alle Menschen zu sich ziehen kann. Darum
verbietet er niemanden, an der Errettung durch ihn teilzunehmen.”
2. Nephi 2: 24
„die Erlösung kommt im heiligen Messias und durch ihn... siehe er bringt
sich selbst als Opfer für Sünde dar, um dem Zweck des Gesetzes Genüge zu
leisten für alle die ein reuiges Herz und einen zerknirschten Geist
haben, und für niemanden sonst kann dem Zweck des Gesetzes Genüge geleistet
werden...
kein Fleisch (niemand) kann in der Gegenwart Gottes wohnen außer durch das
Verdienst und die Barmherzigkeit und die Gnade des heiligen Messias... Und wenn
die Zeit erfüllt ist, kommt der Messias, um die Menschenkinder vom Fall zu
erlösen und weil sie vom Fall erlöst sind, so sind sie für immer frei
geworden.” ebenda Buch Mormon 2. Nephi 2: 6-8, u. 26
Prof. Leuenberger sagt:
Die Schuld des Menschen vor Gott wird (seitens der Mormonen) nicht ernst genommen.
Demgegenüber lautet die Lehre meiner Kirche:
„Wir werden hingebracht werden und vor Gott stehen – wissend wie wir jetzt
wissen, und wir werden eine klare Erinnerung an all unsere Schuld haben.“
Alma 11: 43
Bitte, überprüfen Sie es.
Weiter doziert Prof. Leuenberger:
- Der ethische Hauptauftrag der Menschen auf
Erden ist, möglichst viele Kinder zu haben, um dadurch präexistenten Seelen
die Möglichkeit zur Verkörperung zu geben und in der Folge die Möglichkeit zur
Höherentwicklung bis zur Stufe der Gottheit. Die Mormonen betonen sehr stark
Ehe und Familie. Alle Erkenntnis und alles Bemühen des Menschen ist gut, wenn
es dem Fortschritt dient.
- Unter Fortschritt ist all das zu
verstehen, was das Leben des Menschen angenehmer macht."
Der letztgenannte Satz unterstellt, Mormonen sei
alles erlaubt "... was das Leben des Menschen angenehmer
macht". Das, bitte, möge Autor Leuenberger vor Gott
verantworten, denn nichts ist uns Mitgliedern der Kirche Christi wichtiger, als die Befolgung der Christusgebote zur Wahrhaftigkeit und Keuschheit!
In der
Hoffnung einigen Christen mit diesen Richtigstellungen gedient zu haben, verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen
PS
In jedes Christen Herz und Hirn sollte die Maxime Albert Schweitzers in
Schönschrift nieder geschrieben stehen: "Wahrhaftigkeit ist das Fundament des
geistigen Lebens."
Es erhebt sich in der Tat die Frage: ob es christlich ist, mit wenigen
Worten einen ganzen, erwiesenermaßen urchristlichen Glaubenskomplex
tendenziös zu umschreiben, und in Bausch und Bogen zu verurteilen, wie es Dr.
Lothar Gassmann tat.
Er schrieb:
"Dabei geht aus den Schriften der Mormonen
ganz eindeutig hervor, dass sie keine Christen, sondern Polytheisten
sind (sie glauben an viele Götter; Mormonen werden sich zur Götterstufe
höherentwickeln; die Götter seien höherentwickelte Menschen). Dies ist reiner
Spiritismus und Gotteslästerung!"
Werter Herr Dr. Gassmann, sie wissen sehr wohl, dass der Kern dieser, Ihrer,
erheblich windschiefen, Bewertung des Glaubens der Mitglieder der Kirche Jesu
Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) sachlich falsch ist.
Ihre Kritik richtet sich zwar gegen "mormonische" Überzeugungen und
Lehrsätze, aber ihre Darlegung steht deutlich gegen die Lehren der Ersten
Christen.
Sie, Herr Dr. Gassmann, widersprechen der Urkirche!
Nein?
Das glauben sie nicht?
Lassen sie uns sehen:
Mit Origenes (185-254) dem glaubensstarken Bewahrer der Lehren der Urkirche wussten die
Christen seiner Zeit, dass wir ein vorirdisches Zuhause im Himmel hatten
und dass wir buchstäbliche Geistkinder Gottes sind, dass Jesus unser älterer
Bruder ist, und gleichzeitig ein anderer Gott. Origenes mahnt die
Abweichler:
„... Manche schätzen nicht, was wir sagten, indem wir den Vater als den
einen wahren Gott hinstellten und zugaben, dass andere Wesen neben dem wahren
Gott Götter werden konnten, indem sie an Gott teilhatten.“ Origenes Kommentar zu Joh.: 2:3 bei
Wikipedia unter Arianismus
Es ist wissenswert: Origenes galt in der Welt der Ersten Christen bis etwa 230 als Generalautorität in Sachen Theologie. Alle Kernlehren des Origenes widersprechen heutigen großkirchlichen Lehren, während sie die Grundzüge des sogenannten Mormonismus unterstützen.
Es muss deutlich gesagt werden, Origenes ist nicht der Erfinder einer "griechisch" orientierten Theologie, sondern er widerspiegelt lediglich die Lehren der Urkirche mittels griechisch geltenden Methoden!
Origenes schrieb: „Die Trinität besteht aus 3 Hypostasen,
also aus drei wirklich existierenden Wesen, die auch hinsichtlich ihrer Natur
verschieden sind. … Vater und Sohn sind 2 Götter…”.Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft, dritte, Auflage. Band K J.C.B. Mohr
(Paul Siebeck) Tübingen, 1960 S. 1692 – 1702,„Origenes“
Weiter erläuterte Origenes (185-254) eben das Hauptelement der Erlösungslehren der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage:
„Im Urzustand waren alle Logika (Menschenseelen, eigentlich Geister,
G.Sk.) körperlose Geister und als solche Götter, die dem
Logos (Christus) als Trabanten anhingen... Nach dem Vorbild des Logos der selbst das „Bild Gottes“ nach Genesis 1:26 ist, hat Gott soviele Logika
erschaffen, (besser ausgedrückt: ‚geformt’ G.Sk.) wie er mit seiner notwendig
begrenzten Vorsehung regieren kann.“ ebenda Handwörterbuch
Sie wissen, Herr Dr. Gassmann, dass Origenes unabweisbar
anerkannter Schiedsrichter in Glaubensfragen unter den Bischöfen der Urkirche
war. Wenn einer der ca. 1500 Bischöfe
seiner Zeit anders lehrte als die anderen Glaubensbewahrer, dann wurde er
herbeigerufen.
Herr Dr. Gassmann, sind sie
immer noch sicher, dass „Mormonen keine Christen sind“ weil sie polytheistisch
glauben?
Origenes war fast immer fähig abweichlerische Älteste und Bischöfe zum genuinen
Lehrgebäude der Kirche Jesu Christi zurückzuführen.
Sie mögen die Behauptung aufstellen, Origenes sei ein Häretiker, aber bereits Adolf von Harnack ein evangelischer Spitzentheologe bestätigt, dass Sie sich irren, Herr Dr. Gassmann:
„... Der Gedanke der Vergottung ist
der letzte und oberste gewesen;
nach Theophilius, Irenaeus, Hippolit und Origenes findet er sich bei allen
Vätern der alten Kirche, bei Athanasius, bei den Kappadoziern, Appolinares,
Ephraim Syrus, Epiphanius u.a“„Dogmengeschichte“, Mohr-Siebeck, 1990
Sogar Papst Benedikt XVI. verwies, ob gewollt oder nicht, die Kritiker
indem er sagte:
„… der Kern der Inkarnationslehre des Athanasius lautet: „Christus, das
Göttliche Wort, „wurde Mensch, damit wir vergöttlicht würden...“ Vatikan, Generalaudienz, 20. Juni 2007
Eine weitere Quelle sagt:
„… in Jesus Christus sei der Weltgott ein Mensch geworden, um die Menschen
zu vergöttlichen.“ Anton Grabner-Haider-Maier „Kulturgeschichte des
frühen Christentums“ Vandenhoek Ruprecht, 2008 verweist auf: „Irenäus Werke gegen die „falsche
Gnosis“...,
Wollen sie, werter Herr Dr. Gassmann
wirklich behaupten die alten Christen und Irenäus wären Spiritisten und
Gotteslästerer gewesen?
Ebenso lehrte u.a. Hippolit von Rom der
bis etwa 230 zu den führenden Theologen der damaligen Kirche gezählt wird. Er
beschrieb gerade diesen Lehrpunkt umfangreich:
"(Christus) trug die Ideen des Vaters
in sich und brachte auf dessen Geheiß die Schöpfung hervor... Durch den Logos
brachte Gott Alles hervor, und anders als es gemacht wurde, konnte es nicht
gemacht werden. Den Menschen schuf er als solchen; will der Mensch Gott
werden, (Mitschöpfer unter der Hand des allein wahren Gottes) so muss er ihm
gehorchen. Der Logos besitzt, weil aus Gott seiend, das Wesen
Gottes... Das Böse entsteht aus der geschöpflichen Freiheit, und besaß
ursprünglich keine Existenz…
der Logos (Christus) wurde Mensch, um uns
ein Beispiel zu geben und den Beweis zu liefern, dass der Mensch frei sei und
sich des Bösen enthalten könne. Zu diesem Zwecke nahm er das Wesen des Menschen
an. Er wurde leidens- und todesfähig, um die Menschen von ihren Leiden
aufzurichten. Durch die richtige Erkenntnis, ermahnt Hippolytus (c. 34) zum
Schlusse, werde man der Höllenstrafe entgehen und die Unverweslichkeit des
Leibes nebst dem Himmelreiche empfangen als Genosse Gottes und Miterbe Christi.
Denn dann wird der Mensch Gott. Als Mensch war man leidensfähig; was man aber
dann erhält, empfängt man als vergöttlicht und unsterblich gemacht. Christus,
der Gott ist über Alles, reinigte den Menschen von der Sünde und schuf den
alten Menschen zu einem neuen um. Wenn man seine Gebote hält, wird man ihm
ähnlich. Gott macht den Menschen zu Gott zu seiner Ehre... Die
Menschwerdung hat den Zweck, das Ideal eines Menschen tatsächlich zu
verwirklichen. Geht der Mensch mit seinem des Guten fähigen, freien Willen auf
diese Umgestaltung seines Wesens ein, so wird er als Adoptivbruder des
Gottmenschen vergottet.“
Joseph Langen „Geschichte der römischen Kirche“
Nicht wenige Theologen damaliger Tage waren
eifersüchtig auf das Wissen dieser Männer. Sie verleumdeten vor allen
anderen Origenes und Hippolit, und bald begannen sie, Fehler an den Eckdaten der
von jenen vertretenen Theologie zu finden.
Zweitens, der „Origenismus“, wie das urchristliche Lehrgut bald aus
Unredlichkeit genannt wurde, erhielt einen ersten Tiefschlag in Nicäa, 325, infolge Zwangsausübung durch Kaiser Konstantin, der den Christen seiner Zeit
sein erzheidnisches Gottesbild aufnötigte. Nämlich, das nunmehr im Nicänum enthaltene, eines gesichtslosen Eingottes, der dreifach sei, nämlich trinitarisch -, nämlich in Einheit mit Sol Invictus, dem Gott des Krieges. (Siehe das Sol-Invictus-Bildnis im Vatikan
"Sol als Christus"
Dieser Unfug, den kein Urchrist kannte oder jemals anerkannt hätte, prägt bedauerlicherweise bis heute die "Christlich-ökumenische Glaubensgemeinschaft".
Sogar Dr. Martin Luther sprach von der Deifikation des Menschen - die
selbstverständlich nicht auf dieser Erde stattfinden kann -
“...das Wort der Theosis (deificatio) (kommt) öfters bei Luther vor als der
Hauptbegriff seiner während der berühmten Heidelberger Disputation (1518)
formulierten Heilslehre nämlich die theologia crucis. „Wenn in Luthers
Epistelkommentaren und Weihnachtspredigten die inkarnatorische Wahrheit auf
besondere Weise zum Ausdruck kommt, dann meint er ähnlich wie die orthodoxe
Heilslehre die reale Teilhabe an der Gottheit Jesu: ,,Wie das Wort Gottes
Fleisch geworden ist, so ist es gewiss notwendig, dass auch das Fleisch Wort
werde. Dann eben darum wird das Wort Fleisch, damit das Fleisch Wort werde. Mit
anderen Worten: Gott wird darum Mensch, damit der Mensch Gott werde." Tuomo Mannermaa “Luther und Theosis”, Band
1 Veröffentlichungen der Luther-Akademie Ratzeburg, Helsinki/Erlangen 1990, S.
11: “Theosis als Thema der finnischen Lutherforschung…”
Wie erwähnt und hier zur Erinnerung schreiben Sie, Herr Dr. Gassmann,:
"Mormonen werden sich zur Götterstufe
höherentwickeln; die Götter seien höherentwickelte Menschen. Dies ist reiner
Spiritismus und Gotteslästerung!“
Abgesehen davon, dass es ziemlich unfair
ist zu sagen: „Mormonen“ werden sich zur Götterstufe
höherentwickeln", - weil eben dieses Großartige nach urchristlichem
und unserem Verständnis eine Möglichkeit für alle Menschen ist, vorausgesetzt sie streben danach die Gebote Christi zu befolgen.
Diese von ihnen, Herr Doktor, attackierten Hochziele schrieben jedenfalls
die Ersten Christen groß!
Und eigentlich wäre hier eine Entschuldigung angebracht.
Man ist ehrlich, dann darf man sich Christ nennen, oder man operiert unehrlich, dann hört man auf ein Christ zu sein: Wie sagte Jesus als er Nathanael - der ihn kritisiert hatte - zu sich kommen sieht:
"Siehe das ist ein rechter Israelit in dem kein Falsch ist."
Wie wünschenswert wäre es in einer Gesellschaft zu leben in der Unschuldige nicht diffamiert werden.