Dienstag, 22. Juli 2025

Aus meiner Korrespondenz (3)

 Hallo liebe Monika,

auf deine gestrige Frage hin: Ich habe 2 Söhne, beide erfolgreiche Geschäftsleute (und in meiner Kirche aktiv) 8 Enkel von denen 6  in Sachen Weltanschauung meiner Richtung folgen, - was nicht bedeutet, dass wir die beiden etwa verstoßen würden, im Gegenteil! 

Dann 22 Urenkel. Davon haben sich die beiden ältesten meiner Kirche zu jeweils 18 Monaten Missionarsdienst verpflichtet.  Die älteste, Valentina, war eineinhalb Jahre  lang in Tahiti, wo sie neben italienisch, englisch und deutsch noch französisch hinzu lernte. Ihre Briefe, die fast wöchentlich eintrafen, belegten, wie sehr sie ihre Tätigkeit liebte, mit Menschen über mehr als die kleinen Alltagssorgen zu sprechen... Die nächste, Elain, nun ebenfalls 20, befindet sich noch in Irland. Ihre Post ist eher selten, aber auch sie strahlt. 
Und was mich betrifft: Ingrid nun bereits 85, also zehn Jahre jünger, verwöhnt mich.
Naja, an Wettläufen kann ich leider nicht mehr teilnehmen, liebe Monika, an Stabhochspringen auch nicht. Mir reicht es abends ins Bett zu "jumpen". Im Redewettbewerb über ein Thema, in dem ich tief drin stecke wie das "aktuelle Weltgeschehen", oder "alte europäische Geschichte" sieht die Sache schon wieder anders aus. Katholische Geistliche in Verlegenheit zu bringen macht mir zwar keinen Spaß, erstaunt bin ich jedoch allemal, wie schmal der Grat ist, auf dem sie pilgern. Papst Benedikt XVI. den ich für einen der damals klügsten Menschen unserer Zeit hielt, hat den frommen Jungs seiner Zunft ganz schön den Hosenboden versohlt, indem er mit drei (5)  Worten die ganze Basis katholischer Philosophie zertrümmerte, indem er sagte "Gott hat ein menschliches Gesicht"! Das war eine Todsünde, doch er beging sie 2007 mit seiner 1. Enzyklika zu Rom offiziell. 
Auweia.  
Aber das heutige fromme Rom winkt ab... 
Seit exakt 700 Jahren ist es allen Christen strikt untersagt, zu denken "Gott" sei etwas anderes als ein allgegenwärtiger, absolut allmächtiger, strukturloser Geist. 
Dir liebe Monika wird das wenig sagen. Aber wir sind längst nicht am Ende angelangt! 
Und zweitens, ich bin partiell durchaus auf der Seite der Ungläubigen: Denn es wurden wegen der theologischen Frage nach dem wahren Wesen Gottes Ausrottungskriege geführt, unschuldige Menschen wurden enthauptet oder verbrannt. So wurden z. B. die aus der Ukraine geflüchteten, nun in Italien wohnenden  Ostgoten, zwischen den Jahren 530 bis 550 in zahlreichen blutigen Schlachten, alleine wegen dieses Streitpunktes - da sie der offiziellen Lehre der Kirche widersprachen - "eliminiert".  Annette Bruhns schrieb im "Spiegel" unter der Überschrift „“Pest, Hunger und Schwert“ :
 „Zwar residieren die Päpste im Lateranpalast noch lange danach, mit einer Schar Eingeschworener, inmitten von Ruinen und hielten sich großspurig für die Sieger der Geschichte und Retter des Christentums. Gespenstisch ging es zu. Wo einst 1 Million Bürger wohnten, hausten zwischen dem 6. und dem 14. Jahrhundert nur noch ein paar tausend Leute. Dieser verlorene Haufen, hielt sich allerdings für den Nabel der Welt.“

Benedikts  Kirche hat zu Trier, Deutschland,  im Jahr 385, 6 berühmten spanischen Bischöfen per Henkersaxt die Köpfe abgehackt, weil sie eben dasselbe glaubten: Gott habe eine Gestalt wie ein Mensch... 
Unter "Priscillian" bei Google kann jeder diese dort nicht korrekt erzählte Geschichte wenigstens in Umrissen erkennen. Ich habe mich damit nicht zufrieden gegeben. Was da durch katholisch orientierte "Forscher" verzapften, geht auf keine Kuhhaut.  In der Encyclopaedia Britannica und in spanischen Quellen (die ins Englische übersetzt wurden) habe ich herausgefunden, um was es damals wirklich ging.
Ein Bubenakt ohnegleichen. 
 Du solltest wissen liebe Monika, dass Mitglieder meiner Kirche nebengründig politisch denken. Bis heute wandern treu ergebene Katholiken den Jakobusweg nach Santiago de Compostela um dort den Heiligen Jakobus - den Bruder Christi, - zu ehren, der im Jahr 33 zu Jerusalem enthauptet und dessen Torso dann, laut katholischer "Heiligenlegende", auf ein Schiff geladen wurde. Dieses Schiff driftete irgendwie bis an den Rand der Biskaya, wo er 300 Jahre später entdeckt und "identifiziert" in Santiago begraben  und dann, - 500 Jahre später -  wieder entdeckt worden sei. In der Nähe sah ein Mönch „zwischen 812 und 824 ein sonderbares Licht über einem Feld (lat. campus) ... Diese Erscheinung wie von einem Stern (lat. stella) wiederholte sich die folgenden Nächte. Eremit Pelayo informierte den Bischof von Iria-Flavia darüber. Der Bischof Teodomiro wollte es genauer wissen. Er ging zu der Stelle auf einem Hügel – dort, wo heute die Kathedrale von Santiago steht. Er ließ in der Erde graben und fand ein Grab mit sterblichen Überresten. Für den Bischof sei klar gewesen, dass dies das Grab des Apostels Jakobus war." Quelle: Josef Schönauer, Webmaster und Inhaber von C. 'pilgern.
Für den Bischof war auch klar, dass seine öde Gegend aufblühen würde, wenn er schwörte: Hier liegt des HERRN Bruder!... 

Und jetzt kommt der Clou:
 Nicht nur ich auch andere fanden heraus, an Stelle des Jakobus liegt dort der "verdammte" Priscillian!
Die Priscillian - Geschichte wiederholte sich zahllose Male, bis Luther dem Spuk ein Ende bereitete. Aber bald nach Luthers Tod , im Jahr 1553 verbrannten die Schweizer Protestanten den Entdecker des kleinen Blutkreislaufs Michael Servet lebendigen Leibes, weil er geschrieben hat: "Gott hat ein menschliches Gesicht."
Sir Isaac Newton, der lateinisch und griechisch lesen konnte, war außer seiner wissenschaftlichen Welt als bis heute berühmter Physiker, ein tiefgläubiger Christ. Er hat sein Leben aufs Spiel gesetzt, indem er sagte: "Die Kirchenlehre von Gott ist falsch."
Machtpolitik verdarb das urchristliche gründlichst.
Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass diese Halunkereien den Nährboden für "wissenschaftlichen" Atheismus bildeten.
Natürlich besteht diese "Wissenschaft" nun ebenfalls aus teilweise haarsträubenden Legenden, die wiederum von  zahllosen Leuten leichtgläubig hingenommen werden.
Mein Bruder Helmut, Wolgast, gewesener  Lehrer für Biologie  und Philosophie, verkündete 20 lange Jahre: Es gibt keinen Gott... bis er Kantianer wurde und belesener. Seit fast 20 Jahren sagt er das Gegenteil. Ingrid und ich trafen seine Tochter Christine Gaßner, Prof. für Mathematik, Uni Greifswald, 2014 während der Greifswalder  Bach-Woche am Lubminer Strand. Sie beschuldigte mich, sie als Kind daran gehindert zu haben, Mitglied meiner Kirche zu werden. (Ich argumentierte damals: Christine, du warst erst 9 und dein Vater strammer Atheist... du wusstest doch noch gar nicht um was es geht) Nun lachten wir über diese kleine Episode. Dann, im Strandsand sitzend, schaute sie mich aus ihren tiefbraunen Augen ernsthaft an. Sehr höflich, wie immer rundete sie meine Frage zu ihrer gegenwärtigen Einstellung ab: "Selbstverständlich, Onkel Gerd, Gott existiert, so viele Zufälle gibt es nicht."

  


Naja, soviel für heute
deine Australier Ingrid und Gerd der in der Wolle gefärbt ein "Meckpommer" bleibt, in Lassan an der Peene geboren in Wolgast an der Peene dreimal dort fast verreckt, but still alive!

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