Ihr
fragt, warum ich Euch so respektvoll anspreche?
Nun,
ich bin nach nicht wenigen Jahrzehnten der Beobachtung, und als
Ohren- und Augenzeuge schier unzählbarer dumm-dreister Kommentare zu
der Überzeugung gelangt, dass ihr, soweit es meine Kirche betrifft,
überwiegend einem brain-washing unterlegen seid, dass die meisten
von Euch, - schlicht gesagt, - falsch informiert wurden.
Es
gibt gewisse negative Tatsachen über Mormonen zu erzählen die wohl
wahr sind, aber im Licht der Vernunft bei weitem nicht so
rabenschwarz aussehen, wie sie mit Worten gemalt wurden. So ist es
mit dem Massenmord auf den Bergwiesen, 1857, als Mitglieder meiner
Kirche eine ganze (missourische) Auswanderergruppe umbrachte.
Es war
nicht die Kirche, - es geschah nicht infolge einer Weisung durch die
Leitung!
Man
darf dieses Schlimme zwar annehmen, aber nicht sagen, weil damit der
Grundsatz der Unschuldsvermutung gebrochen wird.
Sämtliche
Belege gehen in die andere Richtung.
Man
sollte die traurigen Ereignisse vor dem Hintergrund des historischen
Vorspiels von 1838 betrachten, um einigermaßen im Bilde zu sein:
Die
Vernichtung der Auswanderergruppe geschah durch diejenigen, die 19
Jahre zuvor bitterste Erfahrungen mit den Hauptprovokateuren gemacht
hatten.
“Am Wahltag im August 1838 begab sich eine Gruppe
Heiliger der Letzten Tage aus Adam-ondi-Ahman nach Gallatin, um zu
wählen. Aber der Mob stellte sich ihnen in den Weg und wollte sie
aufhalten. Die Männer, die den Mob bildeten, befürchteten, ihr
Kandidat würde die Wahl nicht gewinnen, wenn die Mormonen zur Wahl
gingen. Einer von ihnen schlug eine Mitglied nieder, woraufhin ein
Kampf begann. Einige Männer, sowohl Heilige der Letzten Tage als
auch Teile des Mobs, wurden verletzt. Am nächsten Tag hörten die
Führer der Kirche in Far West, Missouri, übertriebene Berichte von
dem Kampf. Es hieß, einige Mitglieder der Kirche seien getötet
worden. Joseph Smith und einige andere Männer bewaffneten sich und
ritten nach Adam-ondi-Ahman, wo sie erfuhren, daß zum Glück niemand
getötet worden war. Die Mitglieder der Kirche wurden von ihren
Feinden fälschlich beschuldigt, den Kampf begonnen zu haben, und die
Feinde der Kirche sandten falsche Berichte an Lilburn W. Boggs, den
Gouverneur von Missouri.
Im
darauffolgenden Monat planten Teile des Mobs, die Heiligen in
Adam-ondi-Ahman anzugreifen. Zwei Anführer der Missouri- Miliz,
Generalmajor David Atchison und Brigadegeneral Alexander Doniphan,
beschützten die Heiligen und verhinderten, daß es
tatsächlich zum Kampf kam.
In
der nahegelegenen Stadt DeWitt machten andere Mobs den Mitgliedern
der Kirche Schwierigkeiten. Die Mitglieder der Kirche forderten beim
Gouverneur Hilfe an, aber er antwortete nicht. Joseph Smith,
der um die Heiligen besorgt war, ritt auf Nebenstraßen nach DeWitt
und schlich sich am Mob vorbei, der die Straßen in Richtung DeWitt
bewachte. Er stellte fest, daß die Menschen dort schon fast
verhungert waren und trotzdem noch versuchten, sich ihren zahlreichen
Feinden entgegenzustellen. Wiederum baten die Heiligen den Gouverneur
um Hilfe und Schutz, aber er wollte nicht helfen und sagte, es sei
ein „Streit zwischen den Mormonen und dem Mob,
den sie doch selbst austragen sollten“ (History of
the Church, 3:157).
Da die Heiligen keine Hilfe zu erwarten hatten,
entschlossen sie sich, DeWitt zu verlassen. Sie beluden siebzig Wagen
und verließen die Stadt am 11. Oktober. Eine Frau, die gerade ein
Baby bekommen hatte, starb am ersten Tag, nachdem sie fortgezogen
waren, und auch andere starben, ehe sie in Sicherheit waren.
Der
Mob freute sich darüber, daß es ihm gelungen war, die Heiligen aus
DeWitt zu vertreiben, und daß der Gouverneur sich nicht einmischen
wollte. Sie beschlossen, als nächstes Adam-ondi-Ahman anzugreifen.
Oberst George M. Hinkle, ein Mitglied der Kirche, der auch der
Missouri-Miliz angehörte, half mit, die Heiligen so zu organisieren,
daß sie sich schützen konnten. Joseph Smith führte einige
Freiwillige aus Far West nach Adam-ondi-Ahman, um den Menschen dort
zu helfen. Als sie Mitte Oktober ankamen, erfuhren sie, daß
Heilige gefesselt und ausgepeitscht worden waren, daß Häuser
niedergebrannt worden waren und das Vieh vertrieben worden war.
Die
Heiligen wurden davor gewarnt, daß die Missouri-Miliz Far West
angreifen wollte, also bereiteten sie sich darauf vor, sich zu
verteidigen. Ein Teil der Miliz, angeführt von Hauptmann Samuel
Bogart, begann, die Häuser der Heiligen in der Umgebung von Far West
anzugreifen. Die Miliz nahm drei Gefangene und befahl den übrigen
Mitgliedern der Kirche, Missouri zu verlassen. Oberst Hinkle sammelte
einige Heilige um sich, um die Gefangenen zu befreien, ehe sie
getötet wurden. Früh am Morgen wollte diese Gruppe zwanzig Meilen
von Far West entfernt den Crooked River überqueren. Sie wußten
nicht, daß Hauptmann Bogart und seine Soldaten sich am Fluß
versteckt hatten. Einer von Bogarts Wachen feuerte einen Schuß ab,
und der Kampf begann. Er war schnell zu Ende, aber auf beiden Seiten
gab es Verletzte, darunter auch Elder David W. Patten, einer der
zwölf Apostel, der einige Stunden später starb. Es wurden noch zwei
weitere Mitglieder der Kirche getötet.
Gouverneur Boggs unterzeichnet den Ausrottungsbefehl
Die
Berichte über den Kampf, die Gouverneur Boggs zu hören bekam, waren
reichlich übertrieben. Man teilte ihm mit, die Mitglieder der Kirche
hätten Hauptmann Bogarts gesamte Miliz getötet beziehungsweise
gefangengenommen. Im ganzen Norden Missouris griffen Mobs die
Siedlungen der Heiligen der Letzten Tage an, setzten Häuser und
Felder in Brand, stahlen das Vieh und nahmen Gefangene, aber der
Gouverneur glaubte, daß die Heiligen die Probleme verursachten.
General Atchison drängte Gouverneur Boggs, herzukommen und selbst zu
sehen, was sich ereignete, aber der Gouverneur schenkte lieber den
falschen Berichten Glauben und befahl seinen Truppen, gegen die
Heiligen vorzugehen. Er schrieb: „Die Mormonen sind als Feinde
zu behandeln und müssen ausgerottet oder aus dem Staat vertrieben
werden.“ (History of the Church, 3:175; (1)
Bezogen
auf die Umstände die zur Vernichtung der erwähnten
Auswanderergruppe führte kann man sagen, dass die einen sträflich
übermütig waren und gezielt provokativ auftraten, die anderen wegen
ihrer Erfahrungen mit den Missourern überreizt reagierten.
Darüber
musste ich oft nachdenken.
“Missourische
Wildkatzen” nannten sie sich. Die Männer prahlten damit wieviele
Mormonenfrauen sie “geritten” hätten - gewaltsam.
Wäre
ich Betroffener und hätte derentwegen dreimal mein Heim und Freunde
verloren, und hätte ich als Gefesselter zusehen müssen wie sie
meine Frau schänden, wahrscheinlich wäre ich ebenfalls ausgerastet,
sobald sie erneut vor meiner Haustür lagerten und Gehässigkeiten
samt Drohungen hinausposaunten.
Man
weiß es nicht.
Die
Missourer prahlten:
“Wir
sind nur die Vorhut! Nach uns kommt die Armee!”
Sie
war tatsächlich auf dem Weg, die Johnston-Armee, geschickt von
Washington um die Polygamie praktizierenden Mormonen zu zwingen jeder
Weisung des Kongresses nachzukommen.
All
diese Umstände in einem nervös reagierenden Umfeld konnten durchaus
einen Taumel der Gefühle auslösen, bis hin zur
Unkontrollierbarkeit.
Immer
ist es die augenblicklich sich verselbständigende Stimmung die in
zugespitzten Krisensituationen chaotisch hineinspielt.
Das
Ganze war jedenfalls ein gewollter Zusammenstoß seitens derer, die
von Missouri kommend, auch einen anderen Pfad hätten wählen können
als ausgerechnet den durch das Gebiet ihrer Erzfeinde. Dabei protzig
das Gewehr vorzeigend, mit dem der 39jährige Joseph Smith, 1844,
ermordet wurde.
“Lasst
sie um Himmels willen unbehelligt davon ziehen,” erwiderte
Brigham Young der Nachfolger Josephs, als er, leider zu spät, von
der Sache hörte, vier Tagesritte vom Ort der Ereignisse entfernt.
Wie
der Weltenrichter urteilt kann nur er wissen.
Es
war und ist ein schwerer Schatten, der auf der sonst makellosen
Geschichte meiner Kirche lastet.
Denen
die uns nicht mögen, dienen einige andere Fakten als Waffe. Dazu
gehört die sachlich nicht unbegründete Aussage, die “Mormonen”
hätten eine Todesabteilung unterhalten, die Daniten.
Es
gab sie die “Daniten!”, aber sie waren nie Teil der
Verteidigungsgruppen die von den Kirchenführern - wie die
Nauvoo-Legion – ins Leben gerufen wurde.
Dr.
Arvard, ein Organsisationstalent, der ohne Wissen Joseph Smiths vor
1838 die “Daniten” als Selbstverteidigungsgruppe in Missouri
gegen den antimormonischen Mob des Sklavenhaltenstaates gegründet
hatte, verlor nach Aufdeckung seiner Aktionen seine Mitgliedschaft in
der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage.
Auch
hier ist zu bedenken, dass viele Missourer um 1835 empört waren, zu
hören, dass “Mormonen” Sklaverei ablehnten und als einen Fluch
betrachteten.
Es
gibt sogar hochkarätige Theologen,
wie Herrn Dr.
Werner Thiede, die unserer Kirche eher wohlgesonnen sind und die
dennoch Unterstellungen verbreiten, als wären sie die reine
Wahrheit. Dr. Thiede fand es
„empörend,
dass die Mormonen
eine
Art Todesgesellschaft“
unterhalten
haben, „deren
mormonische Mitglieder auch ‚zerstörende Engel‘ und schließlich
‚Söhne Dans‘ genannt wurden.“ (2)
Diese
Behauptung ist historisch gesehen unhaltbar.
Das
war es. Der Rest sind Rudimente elementarer Falschdarstellungen.
Ich
frage mich und Euch: Wie würden die Verantwortlichen der Großkirchen
reagieren, wenn ein prominentes Mitglied unserer Kirche schriebe,
„die
evangelische und katholische Kirche
habe
eine Todesgesellschaft (wie
die SS usw.)
unterhalten,
die als zerstörende Engel in Auschwitz wirkten“, denn
tatsächlich gehörten die - von Fachlauten geschätzten - 200 000
Täter fast alle der evangelischen oder katholischen Kirche an.
Pastor
Fritz Rabe Neubrandenburg - ehemals St. Georg - sagte, 1995,
anlässlich einer Bürgerbegegnung zu mir:
“Gerd, wenn ich
Dich nicht vor einem viertel Jahrhundert kennengelernt hätte, würde
ich, wie viele meiner Kollegen, bezüglich der Mormonenfrage, immer
noch dasselbe törichte Zeug glauben und vielleicht verbreiten..”
Fehlinformierte
Persönlichkeiten gab und gibt es seit eh und je en masse. Geschichte
besteht im wesentlichen aus Irrtümern und den Versuchen zu ihrer
Korrektur, seltener ist das pur Böse die Ursache oder das Sich -
Austobenwollen des Zerstörerischen im Menschen. Riesige Kriege kamen
auf diese Weise zustande.
Im
Kleinen ist es nicht anders. Politisch kluge Köpfe wie der spätere
Ministerpräsident Mecklenburg-Vorpommerns Bernd Seite, CDU, ließen
sich herbei noch 1983 einer Beschlussvorlage einer Landessynode
zuzustimmen, die von evangelischen Amtsträgern und ihren Gemeinden
verlangte, Kontakte zur Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten
Tage zu unterbinden.
Als
könnten wir einen Pestbazillus verbreiten.
Warum
wirklich?
Denn jede einzelne angebliche "Sonderlehre" der Mormonen ist nachweislich Teil der urkirchlichen Theologie gewesen. (3)
Die
Sache um die es sich handelt ist ganz einfach:
Der
Erkennungseffekt wirkt nicht.
Die
meisten großkirchlichen Geistlichen widerkäuen was ihnen in
Vorlesungen von angeblichen Sektenkundlern beigebracht worden war.
Schreckliches
Zeug.
Wie
kann es sein, dass deutsche Universitäten ein Jahrhundert lang!
haarsträubende Falschdarstellungen als Fakten verbreiten, die ja
“nur” die Mormonen betreffen..
Wie
unehrlich es dabei insgesamt zugeht habe ich an einem drastischen
Beispiel im Internet schon unterbreitet. (4)
In
einer einzigen Expertise - nur 5 Seiten umfassend - gab es 16
gravierende Fehler, die bedauerlichweise Herr Prof. Dr. Samuel
Leuenberger zu verantworten hat. Vergleichbar wäre es, jemand von Rang und Namen würde ernsthaft behaupten, dass es Marsmenschen gibt.
Jeder
der angesprochenen Fehler drückte exakt und nachweisbar das
Gegenteil der Wahrheit aus.
Quellen:
1.) Offizielle Webseite der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten
Tage
2.) „Die
Heiligen der Letzten Tage – Christen jenseits der Christenheit“,
2001, S. 31, Evangelische Zentralstelle für Weltanschauungsfragen,
Fußnote
3.) Gerd Skibbe "Streizüge durch die Kirchengeschichte" - aus dem Blickwinkel eines Mormonen" im Internet vollst. abrufbar
4.) Gerd Skibbe “Offener
an Sektenbeauftragte in Deutschland” im Internet vollst. abrufbar