Der „heilige“ Cyrill von
Alexandria (380-444), die „heilige“ Pulcheria (399-453), und ihr gemeinsames
Opfer: Patriarch Nestorius von Konstantinopel (381-451)
„Kaum ein
anderer hat die Grundentscheidungen der frühen Konzile so geprägt wie
Cyrill.“ Ökumenisches
Heiligenlexikon
Cyrill (der
Herrliche) wurde 1882 von Papst Leo XIII. zum Kirchenlehrer ernannt, in der
orthodoxen Kirche zählt er zu den Kirchenvätern.
Papst Benedikt XVI. lobt ihn:
„In Fortsetzung unseres Weges, der den Spuren der Kirchenväter folgt,
begegnen wir auch heute einer großen Gestalt: dem hl. Cyrill von Alexandrien.
Cyrill, der mit der christologischen Kontroverse, die zum Konzil von Ephesus
des Jahres 431 führte, in Zusammenhang stand, war der letzte bedeutende
Vertreter der alexandrinischen Tradition und wurde später im griechischen Osten
als »Hüter der Genauigkeit« – was als Hüter des wahren Glaubens zu
verstehen ist – und sogar als »Siegel der Väter« bezeichnet.… Dieser bedeutende
afrikanische Bischof verfügte über eine solide theologische Bildung, zu der
sich ein hohes Maß an politischem Gespür und ein entschlossener Charakter
gesellten…“ Generalaudienz 3.
Okt 2007
War Cyrill ein
Hüter des wahren Glaubens, oder hat er lediglich zwei oder drei fragwürdige
Siege erlistet, die der römischen Theologie scheinbar guttaten, nämlich der
Ausweitung der Marienverehrung?
Juden sagen,
Cyrill von Alexandria gehöre zu den Engeln des Verderbens.
Tatsächlich versetzte er
tausende unschuldige jüdische Mütter in Angst und Schrecken, noch bevor er sie
in die Heimatlosigkeit trieb. Orestes, der Gouverneur des römischen Imperiums
der staatlichen Diözese Ägypten, ahnte was auf die Israeliten zukam, denn er
kannte den Ober-Bischof Cyrill, der, heute würde man sagen ein christlicher
„Hardliner“ war. Orestes galt Cyrill an Autorität weit überlegen, aber
seitdem der vor erst 20 Jahren verstorbene Bischof und Kaiserberater Ambrosius
von Mailand die römischen Kaiser wie Schulbuben behandelte stand die Welt auf
dem Kopf.
„… zwischen den feiernden
Juden und den Christen kam es zu wiederholten Reibereien, deren Ausbruch jedoch
der Statthalter Orestes zu verhindern suchte. … als dieser eben ein Edikt im
Theater bekannt machen ließ (mischte sich) ein gewisser Hierax ein. (Ein)
Schulmeister und (großer Freund des Cyrill). Da, erhoben die Juden
auf einmal einen Sturm gegen den Hierax und schrieen, er sei aus keinem anderen
Grunde ins Theater gekommen, als um einen Aufstand im Volke zu erregen. Orestes
aber dem schon früher die bischöfliche Macht ein Dorn im Auge war, insbesondere
aber der Gebrauch, den Cyrill davon machte, ließ den bekannten Parteigänger
… sogleich verhaften und aus der Stelle tüchtig abstrafen. Daraufhin hin ließ Cyrill die
Angesehensten der Juden zu sich kommen und drohte ihnen mit ernstlichen
Strafen, wenn sie nicht aufhören würden, Tumulte gegen die Christen zu
machen… (wenig später
kommt es zu Straßenkämpfen wahrscheinlich der Jugendlichen, hier die Juden, da
die Christen) Sobald der Tag anbrach, eilte …(Cyrill) mit
einer großen Schaar von Leuten sogleich zu den Synagogen, nahm sie mit
Gewalt, ließ einige Juden töten, die anderen vertrieb er aus der
Stadt und überließ ihre Besitzungen der Menge zur Plünderung. Diese Tat
entrüstete den ohnehin schon gereizten Orestes und vollendete seine Entzweiung
mit Cyrillus. Er schrieb einen Bericht an den Kaiser (Theodosius den Jüngeren)
und beklagte sich über den Erzbischof als einen gewalttätigen Mann, der
die Stadt durch die Vertreibung einer so großen Anzahl ihrer Einwohner
entvölkert habe… Ihr fortgesetzter Zwiespalt hatte traurige Folgen… Die
Mönche der nitrischen Klöster, welche schon den Theophilus, Cyrills Vorgänger,
gegen die Origenisten mit ihren Fäusten unterstützt hatten, kamen bei
fünfhundert Mann stark in die Stadt, ergriffen den Orestes,
beschimpften und schalten ihn einen Heiden, wogegen Jener beteuerte, er sei ein
Christ. Gleichwohl wurde er durch einen der Mönche, namens Ammonius, mit einem
Steinwurfe blutig verwundet, und er wäre getötet worden, wenn nicht die Leute
des Statthalters und das Volk seiner Partei sich dazwischengeworfen und die
Mönche in die Flucht geschlagen hätten…“ Kyrillus von Alexandrien (†
444) 1. Sieben Gespräche über die heilige und wesensgleiche Dreieinigkeit (De
sancta Trinitate dialogi VII) Generiert von der elektronischen BKV von Gregor
Emmenegger
Unvergessen: Cyrill machte
kurzen Prozess und „ließ einige Juden töten“.
Ein jüdischer
Historiker sagt:
„… Cyrillus von
Alexandria durfte es unter (Kaiser) Theodosius II. wagen, die Juden (und
zwar zehntausende) aus dieser Stadt zu vertreiben... er hatte
sich durch Verfolgungen der Ketzer und Andersgläubigen besonders hervorgetan...
die von ihm aufgestachelte Christenmenge drang im Jahr 414 in die Synagogen und
nahm sie für sich in Beschlag. Die Juden wurden aus der ihnen
zur Heimat gewordenen Stadt vertrieben, ihrer Häuser und Habseligkeiten
bemächtigte sich die plündernde Menge...“ Keller „Und wurden
zerstreut unter alle Völker
Die gesamte
Christenheit damaliger Tage erfuhr es: „Als Vergeltung für jüdische Angriffe
stachelte er die Christen von Alexandria zu einem Judenpogrom an, der das Ende
der jüdischen Gemeinde in dieser Weltstadt bedeutete…“ Ökumenisches
Heiligen-Lexikon
Cyrill nahm den
Holokaust vorweg. In jedem Fall war das eine unerhörte Kompetenzüberschreitung,
die jedoch keine Strafe nach sich zog.
Was aber hatten
die Israeliten Alexandrias verbrochen, abgesehen von einigen Entgleisungen
ihrer, von übermütigen Mönchen und sittenlosen „christlichen“ Halbstarken,
provozierten Jugendlichen? Zweifellos hatte Cyrill ähnlich gute Gründe,
wie die Nazis, „einige Juden“ zu töten.
Typen wie sie
verfolgten die treu in den Traditionen des Urchristentums stehenden. Doch
„Unterstützung“ von Glaubensbekenntnissen mit Fäusten bedeutet: Geistlosigkeit
und Terror.
Wenn heutige, mutige
Vernünftige die Predigten der Cyrill hörigen Priester vernehmen könnten, würden
sie sich mit Sicherheit schützend vor Orestes stellen. Nur Rowdies, aber kein
ernst zu nehmender Christ würde heute erneut Juden verhöhnen, oder gar ausgrenzen.
Doch vor erst 80 Jahren war
das in Mitteleuropa, besonders in Deutschland – seitens der Kirchen
Deutschlands - ganz anders: "...Weder die evangelischen noch die
katholischen Kirchenleitungen konnten sich aufraffen, offen für die verfolgten
Juden einzutreten. Die Kirchen selbst waren von einem latenten
Antisemitismus durchsetzt. Nur dort, wo die eigene Sicherheit und
Macht auf dem Spiel standen, traten die Kirchen dem NS-Staat entgegen…das
Schicksal jüdischer Minoritäten war demgegenüber zweitrangig. Unter den
Christen gab es etwa 300 000 Juden als Gemeindemitglieder. 1933 standen 29
Juden in kirchlichem Dienst…1941 forderte die Kirchenkanzlei der Deutschen
Evangelischen Kirche die Kirchenbehörden dazu auf, „geeignete Vorkehrungen zu
treffen, dass die getauften Nicht-Arier dem kirchlichen Leben
der deutschen Gemeinden fernbleiben…“ Pfarrer Hartwig Weber,
Jugendlexikon, Religion 1988
Selbst im Land der
Russisch-orthodoxen Kirche bzw. in der damaligen Sowjetunion „rannten noch
1940, Juden Karfreitags um ihr Leben, wenn sie sich auf den Straßen blicken
ließen.“ Bericht des Bundestagsabgeordneten Ulf Fink, als Augenzeuge,
2002, in Neubrandenburg in einer PDS- Gesprächsrunde, zu der ich als CDU-Mann
eingeladen wurde
Der, von den „Cyrill-ehrenden“ Großkirchen verfemte
„Mormonen-Prophet“, Joseph Smith diktierte 1828 - 100 Jahre vor dem Aufkommen
des Nationalsozialismus Hitlerscher Prägung -: „... so spricht
Gott, der Herr: O ihr Toren, sie werden eine Bibel haben; und sie wird von den
Juden kommen, meinem Bundesvolk aus alter Zeit. Und wie danken sie
den Juden für die Bibel, die sie von ihnen empfangen? Ja, was
meinen die Anderen? Gedenken sie der Beschwernisse und der Mühsal und der
Schmerzen der Juden und wie eifrig sie mir gegenüber gewesen sind, um den
Anderen Errettung zu bringen?
O ihr Anderen, habt ihr der Juden gedacht, meines
Bundesvolkes aus alter Zeit? Nein; sondern ihr habt sie verflucht und habt sie
gehasst und habt nicht danach getrachtet, sie zurückzugewinnen. Aber
siehe, ich werde euch das alles auf euer eigenes Haupt zurückbringen; denn ich,
der Herr, habe mein Volk nicht vergessen.“ Buch Mormon 2. Nephi 29: 4-5
Wir Deutschen
erlebten die Erfüllung dieser prophetischen Warnung intensiv. Und wie es zurück
auf unser Haupt fiel!
Die gesamte Christenheit hat
durch traurige Erfahrung hinzugelernt. Die derzeitige, christlich-ökumenische
Kirchengemeinschaft ist entschieden auf Versöhnung ausgerichtet.
Zurückblickend auf ihr schönes
Zuhause, werden die Rabbis klagend Jesaja zitiert habe
„Wehe dem der Gutes böse,
und Böses gut nennt.“ 5: 20
„Hört, ihr Himmel! Erde, horch auf! Denn der Herr spricht: Ich
habe Söhne großgezogen und emporgebracht, doch sie sind von mir abgefallen…
Wehe der Brut von Verbrechern, den verkommenen
Söhnen! … Bringt mir nicht länger
sinnlose Gaben, eure Feste - ertrage ich nicht. Eure Feiertage sind mir in der Seele verhasst, sie sind mir zur Last geworden, …ich bin
es müde, sie zu ertragen. Wenn ihr auch noch so viel betet, ich höre es
nicht. … Lasst ab von eurem üblen Treiben! Hört auf, vor meinen
Augen Böses zu tun! Lernt, Gutes zu tun! Sorgt für das Recht! Helft den Unterdrückten! Verschafft
den Waisen Recht, tretet ein für die Witwen!“ 1: 2-17
Wahrscheinlich
wurden 414 nicht alle Juden Alexandrias zur Flucht gezwungen, Damals lebten in
der Stadt der 500 000 Bürger um die 60 000 Israeliten.
Man sieht die
Bilder und ist bewegt, sobald man noch einmal daran denkt, was damals
geschah: „Die Mönche… bei 500 Mann stark ergriffen den Orestes… er
wäre getötet worden…“, hätte seine Wache nicht eingegriffen. Es waren „…
die Mönche der nitrischen Klöster, die schon den Theophilus, Cyrills
Vorgänger, gegen die Origenisten mit ihren Fäusten unterstützt hatten.“
Dass die Mönche der nitrischen
Klöstern, zuvor schon „mit ihren Fäusten“ gegen „Origenisten“ kämpften, ist
eine Tatsache für sich. Die andere verblüfft, denn die „Origenisten“ galten
damals, in zahlreichen Kreisen der Gebildeten immer noch als
Christen apostolischer Tradition. Das bedeutete letztlich, Cyrill, wie sein
Vorgänger Bischof Theodosius waren Feinde der Urkirche wie der spätere, den
„Origenes“ hassende, Kaiser Justinian (482-565).
Die Machtmenschen Cyrill,
Ambrosius von Mailand, Justinian stehen weit entfernt von Origenes und den
Lehren Christi
Origenes selbst hätte es nicht
treffender sagen können, als Karl Barth der
berühmte Schweizer Theologe: "Gott ist nicht die 'Macht an
sich' ... Macht an sich ist böse. Der 'Allmächtige', das ist das Chaos, das
Übel, das ist der Teufel ... Dieser Rauschgedanke der Macht, das ist das Chaos,
das Tohuwabohu, das Gott ... nicht gewollt hat, als er den Himmel und die Erde
schuf." „Dogmatik im Grundriss“
Die Aufgabe des echten
Christentums besteht doch gerade darin, Menschen zu ermutigen und wo nötig, den
an schlimme Umstände gebundenen zu helfen sich aus Zwangssituationen
herauszuarbeiten. Es galt und gilt: „Eine neue, alle völkischen
Unterschiede hinter sich lassende Lebensordnung (zu schaffen!) ... Alle
Menschen von sittlichem Willen (werden) sich ihr freudig unterstellen... (Erst)
diese Auffassung vom Ziel der sittlichen Willensfreiheit bringt uns die
Loslösung des Menschen vom Zwang irdischer Bindungen.“ Dialog des
Bardesanes bei Hans Lietzmann „Geschichte der alten Kirche“
Meister Eckhart (1260-1328)
mahnte ebenso eindringlich wie Origenes: „Gott hat die Seele auf
Freiheit und Eigenständigkeit ausgerichtet, so, dass er ihr über den freien
Willen hinaus nichts aufzwingen will, auch will er von ihr nichts fordern, was
sie nicht will.“
„...gerade der
anti-autoritäre Zug bei Origenes... rief später die autoritäre Reaktion der auf
Machtprinzipien Beharrenden hervor.“ Franz Schupp „Geschichte der Philosophie im
Überblick“ CCH Canadian Limited Bd 2
„Der Schöpfer gewährte den
Intelligenzen, die er schuf, willensbestimmte, freie Bewegungen, damit in ihnen
eigenes Gut entstehe, da sie es mit ihrem eigenen Willen bewahrten… durch die
Kunst seiner Pädagogik wird Gott (seine Geschöpfe) doch noch dazu bringen,
dass sie dem Guten beständig anhängen.... Gottes Pädagogik und der freie Wille
der Logika, den Gott durch Erziehung fördern und nicht durch Zwang
vergewaltigen darf, sind die eigentlichen Pole des origenistischen
Systems.“ „Die Religion in Geschichte und Gegenwart“ Handwörterbuch
für Theologie und Religionswissenschaft 3. völlig neu bearbeitete Auflage
Vierter Band Kop-O
Das durchaus verkannte
„Mormonentum“ ist die Lehre von der Pflicht jedes Menschen das Individualrecht
des Anderen als unantastbar zu betrachten:
Joseph Smith (1805-1844)
schrieb, als zu Unrecht eingesperrter Mann, aus dem Gefängnis zu Liberty,
Missouri: wenn jemand „...auch nur im geringsten Maß von
Unrecht irgendwelche Gewalt, Herrschaft oder Nötigung auf die Seele der
Menschenkinder ausüb(t) – dann ziehen sich die Himmel zurück, der Geist des
Herrn ist betrübt, und wenn er weggenommen wird, dann ist es mit dem Priestertum
oder der Vollmacht des Betreffenden zu Ende.” Lehre und Bündnisse
Abschn. 121: 35-40
Kurz gesagt: „Wer Zwang
über Seelen ausübt, verliert seine Priestertumslegitimationen.“ Lehre
und Bündnisse 121
In seiner
Generalaudienz am 25. April 2007 empfiehlt Benedikt XVI. die Rückkehr zu
Origenes: „Ich lade
euch dazu ein... die Lehre dieses großen Meisters (Origenes) im Glauben in euer
Herz aufzunehmen.“ Und Ludwig Hertling SJ schreibt: „Origenes
hatte niemals die Absicht, von der Lehre der Kirche abzuweichen!“ „Geschichte
der katholischen Kirche bis 1740
Derzeitiger Erkenntnis nach
glaubte etwa die Hälfte aller Anhänger Christi bis 540 „originistisch“. Dann wurde
staatlicherseits, durch den Imperator Justinian das von Jesus und seinen
Jüngern gestiftete Geistesleben untersagt.
Unter den Bischöfen Cyrills,
wie Justinians, die noch keine Prachtkleidung trugen, - („liturgische
Kleidungsstücke kamen erst 589, mit dem Konzil zu Narbonne auf.“ Hertling SJ) - sondern wie römische Staatsbeamte gekleidet gingen, gab es einige heftige
Anti-Origenisten. In den 540er Jahren umringten und beeinflussten
den Kaiser, allen voran die sabaitischen Mönche der großen Laura
(Einsiedeleien). 70 Klöster unterschiedlicher Richtungen gab es alleine in
Konstantinopel. Alexandra Hasse- Ungeheuer „Das Mönchstum…) Als Mönchsgarden
demonstrierten sie gelegentlich gegeneinander. Obenan standen die langbärtigen
Sabaiten. Sie schrien seit Wochen und Monaten: „Nieder mit dem Häretiker
Origenes.“ Bereits um 400 wurden die Mönche Konstantinopels wegen ihrer anstößigen
Lebensweise getadelt. : „…Johannes (Chrysostomos damals
Erzbischof zu Konstantinopel) hatte sie… gegen sich aufgebracht, da er ihr
Herumtreiben in der Stadt kritisiert hatte... Den ihn umgebenden Mönchen wirft
der Kirchenhistoriker vor, sie hätten das Volk durch … falsche Behauptung(en)…
aufhetzen wollen.“ Joanna Jessica Ayaita „Justinian und das Volk im
Nikaaufstand“
Sowohl zu Zeiten Cyrills wie
in den Tagen Justinians bildeten sie einen politischen Faktor von erheblichem
Einfluss. Mit ihren da wie hier abgedroschenen Phrasen waren sie überwiegend
Orthodoxe, in Wahrheit aber Opportunisten.
Cyrills Eremiten, gekleidet in
ihre grauen und braunen Gewänder, sowie die grasfressenden Anachoreten schürten
die ohnehin erhitzte Stimmung. Mit Brechstangen stürmten sie und zerschlugen
alles was ihnen satanisch vorkam.
Die verstümmelten Gesichter
auf den Reliefs des heute in Berlin befindlichen Pergamonaltar sind nicht das
Resultat christlichen Glaubens, sondern ein Ergebnis der blinden Wut
Intoleranter, auch wenn ein Satz in der Offenbarung Johannes darauf verweist, dass
in Pergamon der Sitz Satans stünde,
Die einen wie die anderen
wollten jeweils ihre Dogmen durchsetzen: „… zu wissen, das, was da in
der kirchlichen Dogmatik gelehrt wird und was im 4. und 5. Jahrhundert in den
großen Konzilen verabschiedet worden ist als Dogma des christlichen Glaubens,
das alles hat sehr seine ungeheuer menschliche Geschichte. Das ist nicht vom
Himmel eingegeben, sondern in höchst menschlichen Machtkonstellationen, zum
Teil gewaltsamen Prügelsituationen auf Synoden, wo Mönchshorden eingefallen
sind und die Konzilsväter verprügelt haben, wenn sie sich nicht richtig
entschieden und nicht richtig votiert haben.“ Theologieprofessor
Matthias Kroeger „Adolf von Harnack und die Kritik der kirchlichen Dogmen“
Gesprächsreihe zu Stationen des liberalen Protestantismus, Teil 3
Sich selbst und ihren
Lebensstil betrachtend konnten die Herumlungerer offenbar selbst nicht glauben,
sie hätten auch nur einen Funken Göttlichkeit in sich, hätten sie sich sonst in
stinkende Lumpen gekleidet?
Origenes betonte es wieder und
wieder, wenn auch mit unterschiedlichen Worten: Das Göttliche ist in jedem von
euch!
Das und mehr gefiel den
Fanatikern nicht.
Justinian musste sich
entscheiden. Zuerst neigte er zu den Erkenntnissen, die Origenes gewann und
dann verkündete. Jedenfalls ist die Tatsache bekennt, dass „Justinian
origenistische Kleriker förderte …“ Pfarrer Otto W. Ziegelmeier,
theology.de
Vielen missfiel das.
Hofintrigen der politisch orientierten Verwaltungsbeamten spielten in seine
Entscheidungsfindung hinein. Justinian dreht sich um einhundertachtzig Grad. Er
ging so weit, den Papst in das Intrigengeflecht einzubeziehen: „Die
Bannflüche wurden ... unter dem unnachgiebigen Druck Kaiser Justinians
von sämtlichen Patriarchen unterzeichnet, einschließlich Papst Vigilius’, der
544 eigens zu diesem Zwecke fast gewaltsam nach Konstantinopel gebracht wurde.
Mit ihrer Unterzeichnung reihte die Kirche den bedeutendsten und
herausragendsten Theologen des frühen Christentums, Origenes, aus w e l t l i c h e n Gründen
unter die ketzerischen Irrlehrer...“ Hermann Bauer „Der Einfluss Ostroms“
Schließlich stellte
Justinian 543 das auf Toleranz gegründete Christentum unter Strafe.
Konsequenterweise verfluchte er dann mittels seiner Sonder-Synode den
„Origenismus“. Dass dieser Mann Italien, zeitgleich in jahrzehntelangen
Kriegen, verwüstete steht in direktem Zusammenhang mit seinem zunehmend
orthodoxen Denken, weil nämlich die dort wohltuend regierenden Ostgoten Arianer
(Origenisten) waren.
Sein Sinn für Ordnung und
seine Machtbesessenheit trieben ihn in Extreme:
„Justinian ordnete 545 die
Verfolgung nichtchristlicher Grammatiker, Rhetoren, Ärzte und Juristen an... er
ließ heidnische Bücher verbrennen. Die Kindstaufe wurde zwangseingeführt, die
Nichtbeachtung mit dem Verlust an Eigentum und Bürgerrecht bestraft.“ Philipp Charwath
„Kirchengeschichte“
„das Festhalten am
„hellenischen“ Glauben bzw. die Apostasie nach der Taufe wurde mit der
Todesstrafe geahndet.“ Codex Justinianus, 10,11
Es geschah auch, weil Kaiser
Justinians Staatsapparat wackelte, weil Pestwellen sowie Aufstände das damalige
Regime zu Konstantinopel das Land erschütterten.
Gut einhundert Jahre vorher
lieferte Cyrill von Alexandria ihm das Vorbild:
Gegen ihn erheben sich weitere
schwerwiegende Fragen: Ist er entscheidend Mitschuldiger an der bestialischen
Ermordung der damals 60-jährigen, paganen Philosophin Hypatias, die auf Plätzen
Alexandrias öffentlich Mathematik und Philosophie lehrte?
„Alle christlichen Quellen
geben dem Cyrill die Schuld oder Mitschuld, … Der wahre Grund der Ermordung war
möglicherweise, dass Hypatia nicht nur mit dem praefectus augustalis
Orestes (dem staatlichen
Oberhaupt, der ebenfalls getaufter Christ war) zusammenarbeitete,
sondern eine einflussreiche Frau innerhalb der Opposition gegen Kyrill
insgesamt war.“ Karl Leo Noethlichs: Johann Hahn „Gewalt und
religiöser Konflikt“
„Da … der Neuplatonismus sich
viel mit den Theorien des Wunders und der Zauberei befasste, konnte es dem
Cyrill nicht schwerfallen, sie dem Pöbel als Hexe zu denunzieren. Unter Führung
eines Klerikers, des Vorlesers Petrus, lauerte m a n ihr auf. Als sie einmal
(im März 415) durch die Straßen fuhr, wurde sie aus dem Wagen gerissen und vor
die Tür einer Kirche geschleppt. Dort zerrte man ihr die Kleider vom Leibe,
ermordete sie qualvoll mit spitzen Scherben und riss ihre Glieder auseinander,
um sie auf den Scheiterhaufen zu werfen.“ Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken
Welt
War Cyrill
bestechlich und vor allem, bestach er andere um das Recht zu beugen?
Die
Geschichtsforschung fand die niederschmetternde Antwort: „Cyrill von
Alexandria, hat im Jahre 431, 1 500 Pfund Gold Bestechungsgelder an Höflinge in
Konstantinopel gezahlt, um sein Amt zu stützen“ Alexander Demandt
„Geschichte der Spätantike“ 2008, C.H. Beck S. 453kDDDDie
Wie kam er zu diesen
Unsummen?
Bischof Theodosius hatte 391
vorsichtshalber von Kaiser Theodosius I. die Erlaubnis zur Erstürmung des
heidnischen Heiligtums eingeholt und wahrscheinlich darauf verwiesen, dass
bereits Kaiser Konstantin, um Sympathien bei den Konzilsteilnehmern 325 zu
Nicäa zu erlangen, dessen Schließung angeordnet hätte.
Mailand stimmte zu, mit der
Auflage, die erbeuteten Reichtümer zugunsten der Stadtarmen einzusetzen…
Bedauerliche
Tatsache ist, dass Theodosius I. mittlerweile nichts weiter war als das willige
Sprachrohr des Bischofs und „Kaiserberaters“ Ambrosius von Mailand, der
umgehend nach dem Erlass von Cunctos populos, im Februar 380. „alle Tempel
seines Gebiets zerstören ließ ...Im gesamten östlichen Imperium wurden Tempel
und Bibliotheken geplündert oder niedergebrannt. Danach stellte Theodosius auch
einfache Besuche der hellenischen Tempel unter Strafe. In Konstantinopel wird
der Tempel der Aphrodite in ein Bordell und die Tempel des Helios und der
Artemis in Ställe umgewandelt...“ Vlassis G. Rassias, “Christian
Persecution against the Hellenes“
Zu Alexandria wurden „die
Bilder der Götter … zu Bechern und zu anderen Bedürfnissen der Kirche von
Alexandria eingeschmolzen, (obwohl) der Kaiser die Götzen zum Unterhalt
der Armen geschenkt hatte... Dieser Tempel – Serapeion - war an
Schönheit und Größe der glänzendste, auf einer Anhöhe gelegen. Von den Wänden
des Innern Heiligtums glaubte man, dass sie zuerst mit goldenen Platten
überzogen seien, darüber mit silbernen und zuletzt mit ehernen, die zum Schutze
der edlen Metalle dienten...“ „Quellen der byzantinischen
Kunstgeschichte“ übers. von Friedrich Wilhelm Unger
Ererbtes Raubgold war es, das
Cyrill seinem Onkel und Vorgänger auf dem alexandrinischen (Ober-)Bischofsstuhl
„verdankte“.
Wir sollten uns daran gewöhnen
zu denken, dass es in den Riesenstädten mit den sie umgebenden Vororten stets
mehr als zehn, eher zwanzig, in Rom vor dem 1. Ökumenischen Konzil, bis
fünfzig, überwiegend sehr kleine, Bischofsgemeinden gab. „Wir wissen
aus Optatus, dass um das Jahr 311 einige 40 Basiliken in Rom waren“ Johann
J. Ignaz von Döllinger „Hippolytus und Kallistus“ 1853. Und diese
Basiliken waren oft alte Militärbaracken (Bretterbuden).
Selbst die Verfasser des
„Ökumenischen Heiligenlexikons“, sind nicht glücklich mit dem Millionär Cyrill:
Sein
„gnadenloser Kurs richtete sich gegen alle, deren Standpunkte er als
unverträglich mit der (bzw. mit seiner) christlichen Gemeinde der Stadt
erachtete. So veranlasste er die Plünderung …der Kirchen der
christlichen Gruppe, die von dem römischen Priester Novatian im 3. Jahrhundert
gegründet wurden.“ Ökumenisches Heiligen-Lexikon
Dennoch heißt es: „Cyrill ist in den Augen der Kirche heilig, freilich
weniger aufgrund seiner Taten denn aufgrund seiner Theologie.“ Ökumenisches Heiligen-Lexikon
Diejenigen, die
sich vorurteilsfrei mit der Theologie Cyrills befasst haben, wie etwa Leonhard Fendt, der spätere Leiter des katholischen Priesterseminars Dillingen,
in Bayern, kamen zu
negativen Resultaten.
Fendt tadelt
Cyrill wegen dessen unsaubere Methoden im Ringen um mehr Macht, wegen dessen
Streben einen Nebenbuhler - den Patriarchen von Konstantinopel Nestorius -
zu vernichten, der ein einziges Wort anders deutet: Nestorius sagte er
ziehe es vor Maria die Mutter Christi die Christusgebärerin zu nennen, nicht
die Theotokos die Gottesgebärerin. Das kreidete Cyrill ihm allen Ernstes
an.
Fendt kritisiert,
dass Cyrill in seiner Verbohrtheit Nestorius sofort attackiert, nachdem der 428
gerade sein Amt als Patriarch zu Konstantinopel angetreten hatte:
„... Wo
nimmt Cyrill die Berechtigung her, seinem Gegner die Ansicht zuzuschreiben,
es sei (mit Christus) der Mensch gestorben und auferstanden... er sollte
den Nestorius nicht einen Heuchler oder verdeckten Ketzer schelten….
Überhaupt liebt es Cyrill, durch Andeutungen da, und Klagen und Befürchtungen
dort, den Nestorius als … „Abgesandten des Teufels" erscheinen zu
lassen.“ Inauguraldissertation, „Die Christologie des Nestorius“ kath.
theol. Fakultät der Kaiser Wilhelms Universität, Straßburg, Juni 1909.
1917
legte L. Fendt sein Amt als Lehrstuhlinhaber für katholische Dogmatik
nieder.
Die „plündernde…“,
die „aufgestachelte Christenmenge“, der Pöbel, die betrunkenen Matrosen
und nicht zu vergessen die Hundertschaften sonst gelangweilter Krankenpfleger
bildeten die Kernmannschaft Cyrills zur Ausführung seiner Gewaltaktionen:
Althistoriker Prof. Dr. Seeck
sagt: „Cyrill, Neffe des Theophilus hatte dessen rücksichtslose
Herrschsucht geerbt. Als dieser am 15. Oktober 412 gestorben war, hatte
Cyrill unter wilden Straßenkämpfen, in die auch die Truppen eingreifen mussten,
seine Wahl auf den erledigten (Bischofs-) Thron durchgesetzt,
und eine seiner ersten Amtshandlungen war gewesen, dass er die Bethäuser der
Novatianer (Die Anhänger von Novatian nannten sich
„Cathari“, Katharer, einer Gruppe Urchristen die gewillt waren gemäß Christi Gebote zu leben) schließen
ließ und sich nicht nur ihres Kirchenschatzes sondern auch des
Privatvermögens ihres Bischofs Theopemptus bemächtigte. .“ „Geschichte
des Untergangs der antiken Welt“
Das tolerante Grundwesen der
Novatianer war für Cyrill Ursache genug sie mit dem Ziel zu diffamieren, diese
ganz anders geartete Gemeinde zu eliminieren. Dabei hatten die Novatianer sich
nur geringfügig von den nicänischen Glaubensbegriffen distanziert. Eigentlich
müsste Cyrill sie als seine Freunde betrachten. Nur, diese Freunde waren so
kühn gewesen einige seiner Gemeindemitglieder für sich zu
gewinnen. Das hätten sie unterlassen sollen.
Er durfte das, nur er.
„Cyrill
war nach seiner (erlisteten) Wahl (412) überhastet
ins Amt eingeführt worden, was die Unruhen, die den Vorgang begleiteten, nicht
beendete. Der Bischof konnte sich seiner Position nicht sicher sein,
und diese Unsicherheit trieb ihn in radikalen Aktionismus. Er war der
erste einer Reihe von Kirchenfürsten der Stadt, die den alexandrinischen Klerus
und alles, was mit kirchlichen Organisationen zusammenhing, zu einem im
Wortsinn schlagkräftigen Instrument ausbauten. …Anschließend
ging Kyrill gegen jene christlichen Gruppierungen vor, die man aufgrund
staatlicher Gesetze als Sektierer, Häretiker oder Schismatiker bezeichnete.
Besonders hart traf es die Novatianer, die in der Bußpraxis noch rigoroser
waren als die Melitianer, deren Kirchen Kyrill ebenso konfiszieren ließ wie
ihre liturgischen Geräte, um sein eigenes Kirchenvermögen aufzubessern.
Damit überschritt er seine Kompetenzen und geriet in Konflikt mit dem
Statthalter Ägyptens, Orestes; derartige Konfrontationen schien der Patriarch
geradezu zu suchen. Manfred Clauss „Alexandria - Schicksale einer antiken
Weltstadt“.
Prof. Otto Seeck bestätigt die
Kaltschnäuzigkeit Cyrills: „… ein wichtiges Machtmittel boten ihm
die Krankenwärterstellen, da die Hospitäler von Alexandria als wohltätige
Stiftungen unter seiner Aufsicht standen. Weil nämlich ihr Dienst nicht nur ein
hübsches Einkommen brachte, sondern wahrscheinlich auch vom Decurionat und
anderen Staatslasten befreite, drängten sich auch reiche und vornehme Leute
dazu und erkauften die Aufnahme in die Körperschaft (der
“Krankenhauswärter“) mit barem Gelde. Denn große Anstrengungen brauchte
man ihnen nicht zuzumuten, schon weil Cyrillus ihre Zahl auf nicht viel weniger
als tausend erhöht zu haben scheint. Und alle die Hunderte, die Krankenwärter
hießen, tat sächlich aber auf den Straßen Alexandrias müßig lungerten, bildeten
für den Bischof eine handfeste Leibwache und waren höchst geeignet,
Krawalle hervorzurufen und anzuführen. So dienten auch die
Wohltätigkeitsanstalten den Zwecken der Kirche in einer Weise, an die ihre
Stifter gewiss nicht gedacht hatten.“ „Geschichte des Untergangs der
antiken Welt“
Fanatismus drang bald in die
frühe Kirche ein. Bereits um 300 schlugen
Christusbekenner einander die
Schädel wegen verschiedener Meinungen ein:
Umgehend "hatte Maxentius (der Schwager Kaiser
Konstantins, sein Mitkaiser, den er bald vernichtete, weil er angeblich ein
Tyrann sei G.Sk) die Christenverfolgungen eingestellt und der römischen
Kirche den Grundbesitz zurückerstattet. Allerdings Maxentius sah sich
beträchtlichen Wirren und zum Teil blutigen Kämpfen innerhalb der
Christengemeinden Roms konfrontiert und deshalb gezwungen die Bischöfe
Marcellus sowie Eusebius 309 in die Verbannung zu schicken." Karl
Christ „Geschichte der römischen Kaiserzeit”
Selbst die Führungsspitzen der
Urkirche konnten untereinander leidenschaftlich streiten.
Der Streit zwischen Petrus,
Jakobus und Johannes einerseits, und andererseits Paulus - dem Urheber, dem
Sturkopf -, konnte in der Frage der Rechtfertigung des Sünders vor Gott kaum
als gelöst betrachtet werden. Natürlich ist der ganze Vorgang ein unwiderstehliches
Zeugnis für die Echtheit der Neutestamentlichen Schriften. So etwas erfindet
niemand. Dass Jakobus ausrastet und schließlich erschöpft Paulus beschimpft
konnte kaum verhindert werden. Meinte Paulus wirklich gute Taten wären zur
Erlösung nicht nötig? Was sollte das heißen: der Mensch wird alleine durch
Gnade selig? Jakobus schreit die Antwort: "NEIN!, geradezu heraus:
"Willst du aber erkennen, du eitler Mensch, dass der Glaube ohne Werke tot
sei?" Jakobusbrief 2: 20
Petrus
beschwichtigt… “Seid überzeugt, dass die Geduld (griech. ypomoni)
unseres Herrn eure Rettung ist. Das hat euch auch unser geliebter Bruder Paulus
mit der ihm geschenkten Weisheit geschrieben; es steht in allen seinen Briefen,
in denen er davon spricht. In ihnen ist manches schwer zu verstehen und die
Unwissenden, die noch nicht gefestigt sind, verdrehen diese Stellen ebenso wie
die übrigen Schriften zu ihrem eigenen Verderben.” 2. Petrus 3:
15-16
Aber so ist es. Nicht nur in
der Theologie gehen manchmal die Emotionen über die Grenzen hinau
Athanasius (296-373) von
Alexandria war anscheinend Cyrills Vorbild
Auffallend ist, dass diese
beiden Männer übereinstimmend in geradezu unmenschlichem Stil agierten. Es
scheint, sie handelten als Untertanen desselben Geistes: Die Motive der Apostel
waren noch sauber, die dieser beiden Machtsüchtigen nicht. Das musste jeweils
zu harten Brüchen führen.
Athanasius grobschlächtiges
Wirken prägte fortan die Handlungsweise des „orthodoxen“ Teils der Kirche.
Zwangstaufen und Ketzerverfolgungen waren über Jahrhunderte an der
Tagesordnung.
Gewaltherrscher Großfürst
Wladimir (956-1015), der Gründer der Russisch-Orthodoxen Kirche, gilt Millionen
als Heiliger. „988 ließ er die heidnischen Götzen in den Dnjepr werfen
und befahl allen Stadtbewohnern sich in dem Fluss taufen zu lassen. Wer sich
weigerte wurde mit dem T O D bestraft... Die Druschina (das Kriegsgefolge des
Fürsten) führte in allen Ecken des Reiches mit brutaler Gewalt Zwangstaufen
durch.“ Fritz Pleitgen und Michael Schischkin 2019, „Frieden oder
Krieg...“
Selbst gute Bischöfe wie Otto
von Bamberg betrachteten es als normal, dass Herrscher ihre Untertanen mit dem
Schwert bedrohten falls sie ihre Taufe verweigern sollten:
"Bekehrung" der Einwohner der Herzogsstadt
Wolgast
1128 durch Bischof Otto von Bamberg
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Zwei Jahre nach Athanasius
geboren durchlebte Cyrill alle Stufen der offensichtlichen Fehl-entwicklung der
Kirche, unmittelbar. Er war daran nicht nur beteiligt, sondern
keiltreibender Akteur.
Der Älteste Arius (260-337),
der Gegenspieler der „Orthodoxen“, die zu Nicäa, 325 aufkamen, wurde von
Athanasius schwer beschimpf, und nicht nur er. Aber Arius fand Rückendeckung,
auch bei den Melitianern Alexandrias.
Die melitianischen Träger des
Priestertums bemängelten bereits frühzeitig, dass Athanasius von Kaiser
Konstantin Sonderrechte erhielt, und dass dabei nichts Gutes herauskommen
konnte.
„Von den 34 melitianischen
Bischöfen in Ägypten... hatte sich ein erheblicher Teil nach Nicäa nicht
unterworfen...die Melitianer ... erhoben Klage gegen die Gewalttätigkeiten
Athanasius... in der Fastenzeit 332 brachte Athanasius den Presbyter Ischyras (einen seiner Kritiker
G.Sk.) durch eine politische Denunziation (er hätte Steine
gegen eine Kaiserstatue geworden) beim Präfekten Hyginus ins Gefängnis…
Die Gewalttätigkeiten gegenüber Melitianern hielten an ...334 ließ Athanasius
eine Zusammenkunft melitianischer Bischöfe und Kleriker mit brutaler Gewalt
sprengen... Straßenkrawalle der christlichen Jungfrauen tobten...“ Rudolf
Lorenz „Die Kirche in ihrer Geschichte – das vierte Jahrhundert“
Athanasius Drang
vor-herrschen-zu-wollen widersprach sämtlichen Prinzipien Christi: „Ihr wisst, dass die
Herrscher ihre Völker unterdrücken und die Mächtigen ihre Macht über die
Menschen missbrauchen. Bei euch soll es nicht so sein…“ Matth.
20:26
Athanasius war allezeit wild
entschlossen seine Linie durchzuziehen.
„Ein wahres
Spießrutenlaufen erlebte Lucius, einer der Gegenspieler des Athanasius, als er
367 die Stadt verlassen musste. Damit ihn nicht das Schicksal seines Vorgängers
ereilte, den die athanasianische Menge g e l y n c h t hatte, wurde er
unter militärischer Bewachung aus Alexandria geleitet: "Alle schrien mit
einer Stimme und eines Sinnes im Chor vor dem Haus, aus dem er (Lucius)
abgeholt wurde, durch die Stadt hindurch bis zur Wohnung des
Militärbefehlshabers; sie stießen Beleidigungen und Anklagen aus und riefen:
´Werft ihn aus der Stadt“. Manfred Clauss „Alexandria, Schicksale einer antiken Weltstadt“
„Wir kennen ein (für Athanasius) wenig
schmeichelhaftes Stimmungsbild der Situation in Alexandria aus der Feder eines
Melitianers aus dem Jahr 335: ein Bischof dieser Gemeinschaft (die
weiterhin „arianisch glaubte) aus Leontopolis, der in die
Hafenstadt gekommen war, wurde von betrunkenen Soldaten überfallen und sein
Begleiter inhaftiert. Es gab Tote. Nach Karl Holl handelte es
sich um ‚Maßnahmen’, die Athanasius ergriff, um das Treffen einer
melitianischen (arianischen G.Sk.) Synode in seiner
Heimatstadt zu verhindern.“ Christoph Markschies „Alta Trinita Beata:
Gesammelte Studien zur altkirchlichen Trinitätstheologie“
Um die athanasianische Häresie
durchzusetzen war ihrem Vater jedes ihm geeignet erscheinendes Mittel
recht. Athanasius scherte sich selten um geleistete Versprechen und
Vereinbarungen:
„Der Brief (Kaiser) Constantius (des
arianisch eingestellten Sohnes des Imperators Konstantin) nach dem
Athanasius eine Vorladung der tyrischen Bischöfe erwirken soll, ist mit O. Seek
als eine Fälschung des Athanasius anzusehen, welche das (ariusfreundliche
G.Sk.) Urteil jedes Ansehens berauben soll.“ K. D. Schmidt, E.
Wolf und R. Lorenz „Die Kirche in der Geschichte“
Athanasius wollte entschieden
mehr sein, als ein treusorgender Vater seiner Gemeinde; eine Rolle, die der im
Alter von knapp dreißig Jahren, wahrscheinlich alleinstehende Mann, vielleicht,
mit klugen Ratgebern an seiner Seite, hätte spielen können. Doch jeder der es
je mit ihm zu tun hatte, sah wie er sich aufspielte: Angefeuert von seinem
Vormachtsanspruch, tobte er: „(die Arianer) verdienen bitteren
Spott und Hohn..., verdienen sie nicht allen Hass?” Maßgebliche Werke
des Hl. Athanasius in der Übersetzung der "Bibliothek der Kirchenväter“
Theologe Schleiermacher stellt
nüchtern fest, dass: „Athanasius... das Signal zu den Verfolgungen
gegeben hat. Schon auf dem Nicänischen Konzil mag er die Hauptursache des
strengen konstantinischen Dekrets gewesen sein... Er fängt überall mit
Schimpfen und Heftigkeit an und ist unfähig und unbeholfen im Disputieren.“ Joachim
Boekels, Dissertation: „Schleiermacher als Kirchengeschichtler“
„Er wird die nicänische,
orthodoxe Leitfigur der kommenden Kämpfe.“ Hans Lietzmann „Geschichte der Alten Kirche“
„die Sprache des Hasses
erfüllte die Kirchen.“ Adolf von Harnack „Lehrbuch der Dogmengeschichte“
Diesen Hass bekamen, fast
umgehend nach dem ersten ökumenischen Konzil zu Nicäa, alle zu spüren die
weitersehen konnten.
Das Buch Mormon lehrt gegen
diesen Trend: „...Wer den Geist des Streites hat, ist nicht von mir...“ 3.
Nephi 11: 30
Schon um 318 oder
wenig später rief Alexander, wahrscheinlich in Gegenwart seines Diakons
Athanasius, zur Verfolgung des „Arius bis aufs Blut“, auf. „Dem
Arius muss man Widerstand leisten bis aufs Blut“ Pfarrer Ernst
Ferdinand Klein, „Zeitbilder aus der Kirchengeschichte“ Das
war im doppelten Sinne eine Richtungsentscheidung, gegen den Geist der
Brüderlichkeit und der Logik damalig anerkannter Theologie.
Nach eingehendem Studium der
ihm zugänglichen Schriften, bezichtigte Isaak Newton, Athanasius als Mitvater des
Trinitätsdogmas, die christliche Lehre verdorben zu haben. R. S. Westfall: Never at Rest. A Biography of Isaac Newton. Cambridge University Press,
Cambridge 1984,
Ohnehin konnte
sich die Mehrheit aller Bischöfe und erst recht die Mehrheit aller Christen im
Reich nicht damit abfinden, dass ihnen mit der Lehre vom „dreifaltigen Gott“
eine Neuheit aufgedrängt werden sollte. Sowohl A. von Harnack wie auch Hans
Küng, beide Spitzentheologen unserer Zeit, betonen, dass es sich bei der
Definition des „dreifaltigen Gottes“ tatsächlich um neues, der alten Kirche
unbekanntes Glaubensgut – und damit um einen ihnen fremden Gott - handelt.
„Die Erhebung
zweier unbiblischer Ausdrücke (Vater, Sohn und Heiliger Geist sind „unius
substantiae“ G.Sk.) zu Stichworten des Katholischen Glaubens war eine große Neuerung.
(Sie) sicherte die Eigenart dieses Glaubens... Im Grunde war nicht nur
Arius abgewiesen, sondern auch Origenes... fortan musste die Kirche die Last
einer ihr f r e m d e n Glaubensformel tragen. „Lehrbuch der
Dogmengeschichte“
„Konstantin ...
hat (325) das
nachher so sehr umstrittene unbiblische Wort
w e s e n s g l e
i c h griech. Homousios lat. ‚consubstantialis einfügen lassen. Die
Unterordnung des Sohnes unter den einen Gott und Vater (der Gott), wie von
Origenes und den Theologen der Vorzeit allgemein gelehrt, wird jetzt
ersetzt durch eine wesenhafte, substantielle Gleichheit des Sohnes mit dem
Vater“. Hans Küng,
„Kleine Geschichte der katholischen Kirche
Es ging darum aus der
ursprünglichen Lehre von drei unterschiedlichen Persönlichkeiten der
christlichen Gottheit einen einzigen zu machen. Konstantin und andern
Gottkaisern missfiel der Gedanke, dass Christus dem Vater nachgeordnet
sei. Die entsprechende Passage bei Origenes, auf die sich Arius berief
lautete. „Der Sohn ist dem Vater nachgeordnet, er ist dem Vater nur ähnlich,
er ist eine andere Person.“ „Die Religion in Geschichte und Gegenwart“
Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft 3. völlig neu
bearbeitete Auflage Vierter Band Kop-O
Fest steht jedenfalls: „Kein
Theologe vor der Entstehung des Arianischen Streits - weder in
der Ost- noch in der Westkirche - betrachtete den Sohn nicht irgendwie als dem
Vater untergeordnet.“ R. P. C. Hanson „The Search for the
Christian Doctrine of God
Cyrill ging
konsequent, sowohl in der Theorie wie in der Praxis, in den Fußtapfen seines
Vorgänger Athanasius.
Papst Benedikt
XVI. weist direkt darauf hin. Er lobt: „Die Grundlagen der
Lehre Cyrills sind die kirchliche Tradition …Bedeutsam sind …die zahlreichen
Lehrwerke, in denen (Cyrill) wiederholt de(n) Glaube(n) an
die Dreifaltigkeit gegen die arianischen Thesen … verteidigt.“ Generalaudienz 3. Okt 2007
Pardon! Es gab athanasianische
Thesen, arianische nicht. Das muss noch einmal betont werden. Athanasius war
der Abweichler, der Häretiker. Thomas Hägg sagt: "…der
Erzketzer Arius ist Traditionalist. Er steht auf dem Boden der kirchlichen
Lehrtradition." 4"Kirchen und
Ketzer" 2004 mit Unterstützung des norwegischen Forschungsbeirates für
Klassische Philologie und Religionswissenschaft, Uni Bergen
Unhaltbar ist die inkorrekte
Aussage: „der Arianismus sei eine der drei großen Häresien, die im
Altertum die Kirche erschütterten“ (Hertling).
Die Kirche Jesu
Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) lehrt im Wesentlichen wie
Arius, antitrinitarisch, Glaubensfreiheit, und die Notwendigkeit göttlicher
Inspiration, sowie natürlich die strikte Befolgung der Christusgebote, dennoch
wird sie attackiert, gelegentlich bewusst falsch von denen dargestellt, die
sich selbst für gute Christen halten. Es gibt allerdings auch
grundehrlich positive Aussagen wie die von Dr. H. Obst Halle, das Buch Mormon
sei ethischer Rigorismus, oder eine Wertung von Dr. Kurt Hutten: „Mormonismus ist strahlender Optimismus... Der
von Mormonen gelehrte Glaube ist erfüllt von ermunternden Ausblicken. Alle
Rätsel des Daseins, der Sünde und Schuld, des Leidens und Sterbens lösen sich
in einer befriedigenden Harmonie auf." „Seher -Grübler,-Enthusiasten“ 1950,
Quell-Verlag
Prof. Dr. theol.
Heikki Räisänen, Spezialgebiet Exegese des Neuen Testaments und
Forschungsprofessor der Akademie von Finnland verfasste den entschieden zu
wenig beachteten Artikel
der im Februar 1984 in
der "Theologischen Literaturzeitschrift" 109. Jahrgang erschien.
Er resümiert: „Mit diesen Beispielen aus den Werken Joseph Smiths, sowie aus
der neueren Literatur über den Mormonismus hoffe ich hinreichend angedeutet zu
haben, dass eine ernsthafte Beschäftigung mit den Werken des Mormonismus eine
lohnende Aufgabe nicht nur für den Symboliker und den Religionswissenschaftler
ist, sondern auch für den Exegeten und den Systematiker. Der um Fairness
bemühte Forscher kann ihnen den Wert als in ihrer Zeit und Umgebung als
sinnvolle Neuinterpretation der religiösen Tradition gar nicht so leicht
absprechen…“
Unbeantwortet blieb bislang
die Nachfrage hat Athanasius etwa ein paganes Vorbild für seinen Gottesbegriff
übernommen?
„Wie bekannt sein dürfte,
haben Athanasius der Große wie auch die Kappadokier, um gegen die Arianer die
Einheit des Wesens von Vater und Sohn hervorzuheben, ihre theologische
Argumentation unter anderem auch genau auf der biblischen Charakterisierung vom
Sohn als dem Abbild des Gott-Vaters gegründet. Sie sagten,
weil der Sohn den Vater abbildet, ist nichts anderes möglich, als dass er
„...eines Wesens mit dem Vater“ ist. Vortrag an der Ludwig-Maximilian- Universität München 30. Nov 1998
„Grundlagen der Orthodoxen Ikonenlehre.
Kaiser Diokletian war während
vieler Reden gar nicht anwesend, aber "…in solchem Fall hielt ein Priester
das Bild des Imperators in die Höhe, denn es wurde spätestens seit dieser Zeit
geglaubt, dass der Kaiser und sein Bild eins seien." Alexander Demandt
„Diokletian und die Tetrarchie“ – „Aspekte einer Zeitenwende
Dieses Einssein ähnelt sehr
dem Gedanken des Einsseins von Vater und Sohn Gottes und Heiliger Geist.
Jeder weiß im Grunde, dass der
von Cyrill so hitzig verteidigte Dreifaltigkeitsglaube der Glaube an ein
unerklärliches „göttliches“ Phänomen ist, in dessen Namen alle Kreuzzüge gegen
Heiden, und angeblich häretischen Christen und Juden geführt wurden, die
europaweit für Millionen Gläubige und Ungläubige bestehendes Elend nur
vergrößerten.
Es muss der Prüfstein gelten
den Jesus gab: „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen.“ Zu groß
ist die Entfernung der, in den ewigen Geschichtsbüchern festgeschriebene
Realität vom vorgegebenen Ideal.
Wahrscheinlich wird die
Fachschaft großkirchlicher Theologen in naher Zukunft übereinstimmend zugeben,
zugeben müssen, dass Arius, aber auch Origenes, in der Lehrtradition der
Urkirche standen und ihr Gegenspieler Athanasius eher nicht. Das würde zu
größerer Innigkeit des Christusglaubens und einer Erhöhung und vertieften
Würdigung Seiner Grundwerte führen, nach all dem unfairen Gerangel und
zunehmender Zersplitterung, sowie gegenseitiger Verfluchung samt Aberkennung
der Lehren der Anderen.
Zu oft waren Geld und Vormacht
wichtiger als Menschlichkeit
Papst Gregor I.
(540-604) schrieb, infolge der Logik des Abfalls, um 600:
„Wenn ihr
feststellt, dass die Menschen nicht gewillt sind, ihr Verhalten zu ändern, so
befehlen wir, dass ihr sie mit größtem Eifer verfolgt...züchtigt sie mit
Prügeln und Folter, um sie zur Besserung zu zwingen… sie sollen durch strengste
Kerkerhaft zur Einsicht gebracht werden, wie es angemessen ist, damit jene, die
sich weigern, die Worte der Erlösung anzunehmen, welche sie aus den Gefahren
des Todes erretten können, durch körperliche Qual dem erwünschten gesunden
Glauben zugeführt werden.“ Henry, Charles Lea „Geschichte der Inquisition im
Mittelalter“ Bd I
Der „erwünschte Glaube“
Kein Urchrist
hätte gegen Ende des 4. Jahrhunderts „seine Kirche“ wieder erkennen können.
Nach der zu beklagenden Vereinnahmung der Kirche durch den Staat 325, zu Nicäa,
infolgedessen es für jeden Mann von Rang und Namen finanziell und karrieremäßig
vorteilhaft war sich christlich einzureihen, ließen sich die „Cleveren“, unter
den Finanzhaien, umgehend taufen. Wenn sie schon nicht zur Allmacht gelangen
konnten, dann wenigstens zur nächst möglichen Stufe.
Die Bischöfe und
Mitglieder der Kirche der ersten drei Jahrhunderte wären allesamt, als
„Schismatiker“ und „Sektierer“ abgestempelt und bestenfalls, als Entmündigte
und Enteignete davongejagt worden. „Neuchristen“ die mit ihren
Lippenbekenntnissen Geld verdienten“, kannten den Geist Christi nicht. Zuvor
wurden Christen von den Kaisern verfolgt
Knapp ein halbes
Jahrhundert nach dem 1. Ökumenischen Konzil konnten die Herren um Bischof
Damasus die Voraussetzungen schaffen, den Spieß umzudrehen: Mit seiner allem
Anschein nach kleinen, aber zu allem entschlossenen, athanasianischen Clique
vermochte es dann Ambrosius (339-397), die sich ihm darbietenden Chancen zu
nutzen, aus der misshandelten Magd Kirche, eine Herrin über alle zu erheben.
Die Herren
Athanasius, Damasus, Ambrosius … Cyrill wurden immer mächtiger.
Selbstherrlich
bestimmten sie wer ein Abweichler war.
Die genannten
forderten den Kniefall jedermanns.
Aus Schwäche
gehorsam gegenüber Kirchenautoritäten des Typs Ambrosius, ...griffen (nun
sogar) die Kaiser (fortan) … in die Verfolgung der
christlichen Häretiker ein. Die Vorgaben kamen von den orthodoxen
Bischöfen. Häretischen Christen wurde verboten Gottesdienste abzuhalten,
Kirche und Versammlungsorte wurden von der Polizei beschlagnahmt, ihre
Schriften verbrannt. Ihnen wurde die Rechtsfähigkeit genommen. Sie durften
keine Verträge und Erbverfügungen abschließen. Mehrere Gesetze drohten
ihnen (die dem Urchristentum näherstanden als jede andere Religion
G.Sk.) Konfiskationen ihrer Güter an, Ausweisung aus einer Stadt,
Verbannung. Wer durch Bischöfe exkommuniziert wurde, wurde vom Staat mit dem
Bannfluch belegt. Orthodoxe Bischöfe kämpften mittels Staatsmacht gegen ihre
häretischen Mitchristen..." Anton Grabner, Johann Maier
"Kulturgeschichte des frühen Christentums Vandenhoek & Ruprecht
Zu diesen, den
Widerständlern drohenden „mehreren Gesetzen“ zählte obenan und wie
bekannt, das im Februar 380, von Ambrosius von Mailand gebilligte Cunctos
populos. In seiner Schlagkraft ist es etwa dem Hitlerschen Ermächtigungsgesetz
vergleichbar. Es galt in Ägypten in unbarmherziger Strenge.
Beide
Staatsgesetze erwiesen sich in ihrer Bosheit und Wirkung als unüberbietbar.
Der Klerus,
speziell gewisse alexandrinische Mönchshorden, wurden zum Schlaginstrument des
Cyrill. Wie im sogenannten 3. Reich zuerst die SA und dann die SS, kamen aus
öden Gegenden die auf Cyrill eingeschworenen und von ihm finanziell geförderten
Fanatiker. Er hatte es ja, das Geld, seit der Beraubung des Serapeums durch
seinen Onkel Bischof Theophilus, überhaupt seitdem Athanasius Machtmissbrauch
für legal hielt: Cyrill kaufte und verkaufte, wie ein Händler von Gemüse, alles
was er wünschte, auch die Stimmen, besser gesagt das jeweilige Gewissen,
schwankender Gemüter. Das ist wohl bekannt. Davon wird im Folgenden die Rede
sein.
„Das Geld (die Macht) schätzte
er – Kyrill von Alexandria - so hoch, dass er selbst die Bistümer Ägyptens
feilbot…“ Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken
Welt
Gold statt Geist,
dirigierte die oberen Christenreihen Alexandrias.
Die von Konstantin
ins Leben gerufene Kirche wäre wohl ohne den Einsatz von staatlichen Finanzen
einfach verkümmert. Das Geld für den Aus- und Aufbau ihrer Äußerlichkeiten
wurde durch die berüchtigte, wenige Monate nach Nicäa eingerichtete „auri
lustralis collatio“ zunächst von erbarmungslosen Steuereintreibern erpresst,
dann mittels gehorsam operierender Staatsbeamte in Anteilen in „Christen“-hände
gelenkt. Den zahlungsunfähigen Schuhmachern und Steinmetzen wurde damals
auch das letzte Stück Werkzeug fortgenommen.
Ähnlich
rücksichtslos ging es einhundert Jahre später zu: Ohne die ehernen „Fäuste“
arbeitsscheuer Elemente hätte Cyrill kaum „Erfolge“ verzeichnen können.
Menschen mit Herz und Liebe erstarrten. Bald erstarrte auch Nestorius, der
rothaarige Feuerkopf, der 428 Patriarch von Konstantinopel wurde. Während er
noch in Antiochien wohnte vernahm er allerlei Gerüchte und echte Nachrichten,
dass und wie Cyrill unrechtmäßig zum (Ober-) Bischof Alexandrias aufstieg.
Nestorius wusste,
in welche krummen Geschäfte Bruder Cyrill sonst noch verwickelt war.
Cyrill wiederum
verübelte Nestorius von Beginn an: „… dass dieser ihm (im Jahre 412)
keine Weihegeschenke (zu seiner „Wahl“) übersandt hatte... Josef
Lössl, „Julian von Aeclanum, Studien zu seinem Leben, seinem Werk, seiner
Lehre“
Aber wie sollte
er?
Wie Cyrill nahmen
sich auch andere wortführende Christen, heraus, diejenigen die Ursache hatten
anders zu glauben, als Häretiker zu diffamieren und zu verfolgen als hätte
Jesus nie gesagt: Tut denen Gutes die euch hassen.
Für die Betroffenen erwiesen
sich die, nicht selten, an den Haaren herbeigezogenen Vorwürfe bis weit in die
Neuzeit hinein als lebensgefährlich.
Dürfen Cyrill und
seine Kirche wirklich stolz darauf sein, dass er, 431, seinen Nebenbuhler um
die innerkirchliche Vormacht, Nestorius, den nun 50-jährigen Patriarchen von
Konstantinopel, ins Elend stieß?
Durfte Cyrill die
Hände reiben als die ihm gewogenen Mönche dem flüchtenden Nestorius
nachschrien: „Verachtet bist du, an welchem Orte du auch seiest; verflucht
bist du vor Gott, o Jude! Der Christ ist siegreich alle Zeit! Gebt den Juden
jetzt den Juden, gebt den Verräter den Juden!"; das Volk schrie: „Man möge
Nestorius, den Juden, verbrennen, ihn und Anastasius mit ihm" Kaplan
Dr. Leonhard Fendt, Inauguraldissertation bei der kath. theol. Fakultät der
Kaiser Wilhelms Universität zu Straßburg, Juni 1909
…verbrennen, nur weil er
vorzog Maria, wenn schon, denn schon die „Christusgebärerin“ (Christotókos) zu nennen,
statt wieder und immer wieder zu betonen Maria sei eine
„Gottesgebärerin“ (Theotókos), wie es Cyrill von ihm verlangte.
Sollte Nestorius wegen solcher
Nichtigkeit ins Gras beißen? Lieber suchte er das Weite. Die Morddrohung musste
er ernst nehmen.
Sinnvoll warnt das Buch
Mormon: „… so wahr der Herr lebt, werden sie sehen, dass
der Schreckliche zunichte gemacht ist … und alle, die auf Übeltun
lauern, abgeschnitten sind; und diejenigen, die jemand
zum Missetäter erklären um eines Wortes willen …“ 2. Nephi 27: 31-32
Cyrill von Alexandria
entschied sich wahrscheinlich schon in jungen Jahren, wie sein Vorgänger und
Onkel Theophilus Athanasius zu kopieren.
In Alexandria, der
lebhaften, reichen Hafenstadt Ägyptens, gab es seit den Zeiten des
Evangelien-Verfassers Markus, also um das Jahr 50 n. Chr. bereits mehr als eine
christliche Gemeinde. Alle Zeichen deuten darauf hin, dass sie im Kern das
glaubten was später Origenes und Arius lehrend verbreiteten. Das zu überprüfen
ist der vergleichenden Religionswissenschaft möglich. Bis etwa ins Jahr 400
waren die Oberbischöfe Alexandrias pro Origenes d.h. (mit geringen Abweichungen
in der Lehre) arianisch orientiert.
Die Verfluchung des
Arianismus überlebte alle Wechselfälle. Bis in die Gegenwart erstreckte er sich
und wirkte sogar bis ins 20. Jahrhundert kriegsstiftend:
„Jubelnd begrüßten katholische
und protestantische Geistliche den Ausbruch des Ersten Weltkrieges … Hei
wie es saust aus der Scheide! Wie es funkelt im
Maienmorgensonnenschein! Das gute deutsche Schwert, nie entweiht,
siegbewährt, segensmächtig. Gott hat dich uns in die Hand gedrückt, wir halten
dich umfangen wie eine Braut...komm Schwert, du bist mir Offenbarung des
Geistes (dem auch
Athanasius und Cyrill huldigten) ... im Namen des Herrn (des
dreifaltigen Gottes) darfst du sie (deine
Mitchristen) zerhauen.“ Weber „Jugendlexikon Religion“,
rororo, Rowohlt, 1988
Andere
trauerrand-tragenden Seiten der Kirchengeschichte
Die obige Aussage:
500 Mönche hätten „den Theophilus, Cyrills Vorgänger, gegen die Origenisten
mit ihren Fäusten unterstützt“… zwingt zu Rückfragen.
Liegt hier ein
weiterer der verborgenen Gründe für das zeitweise unmenschliche Geschehen von
damals? Woher kommt die geheime, und dann die offene Wut auf die Lehren der
Urkirche, die Origenes verteidigte und die erst später, 543, Kaiser Justinian –
aus eindeutig politischen Gründen - verfluchte. (Diekamp)
Oberbischof
Theophilus war doch zu Beginn seiner Amtszeit, wie auch später Kaiser
Justinian, zunächst pro-Origenes eingestellt. Ebenso waren Theophilus
Vorgänger, als führende Bischöfe Alexandrias: Pistus, Gregorius, Georgius,
Lucius machweislich „Origenisten“ und damit Arianer (oder Anti-Nicäner).
Ein damit
zusammenhängender Gedanke drängt sich dem Langzeit-Betrachter auf: Ist
die breite Mehrheit der Theologen, auch der Gegenwart, die vom „Origenismus“
reden, wirklich der zweifelhaften Gewissheit, das von Origenes (185 -254)
verkündete Evangelium wäre, wenigstens teilweise, dessen Erfindung, bzw. eine
Art Übernahme platonischer Ideen?
Leben sie damit
nicht im Widerspruch zu ihrem Wissen, dass ausnahmslos alle Bischöfe in
Origenes Zeit, die Lehre, der Himmel sei die Heimat der Seele,
(Präexistenz) als Basis ihres Glaubens vertraten?
Nicht wenige
meinen, das sei ägyptisch-griechisch. Die Wortwahl „ausnahmslos“ ist
berechtigt, denn Origenes Schiedsrichterspruch in Sachen Theologie beugten sich
alle. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft, 3. völlig neu
bearb. Auflage, vierter Band Kop-O, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen
Wahr ist, dass
Origenes jedenfalls größten Wert darauf legte zu betonen, dass alle
nachadamitischen Menschen - das sind auch wir heutigen - „Söhne (und
Töchter) des Höchsten sind.“… „Gottessöhne““ Ps 82. Gleichberechtigte,
allesamt höchstgeborene, vorübergehend ins Fleisch gefallene ewige, immer freie
Geister. Selbst der allmächtige, allein wahre Gott, leistete einen Schwur: Er
werde niemals auf uns Zwang ausüben. (Auch in Anlehnung zu Hebräer 7)
Warum passte es
gewissen hochrangigen Meinungsbildnern, vor allem den Christlichen des 5. und
6. Jahrhundert nicht, solche Lehren anzunehmen oder gar zu bewahren?
Was trieb damals
gewisse Mönchgruppen einheitlich in den Anti-Origenismus hinein? Es sieht
so aus, dass es deren mangelhaftes theologisches Wissen war, ihr Fanatismus,
ihr Drang gewaltsam, „zur Ehre Gottes“ mitzumischen.
Während des
ganzen, auf diesen Paradigmenwechsel hin entstehenden, Mittelalters stellten
sich die Menschen vor, ihre Prediger wüssten alles, was zu wissen in Sachen
Religion wichtig ist. Man übernahm eins zu eins, all die Spekulationen und die
meist verlogenen Legenden, die fortan als Wahrheit verkauft und gelehrt wurden.
Selbst bis heute kümmern sich nicht alle kritisch um die Grundfragen der
Geschichte der Gotteslehre.
Spielt da die
Macht der Gewohnheit mit?
Wenn Hochrangige
reden verlangte die Disziplin seit eh und je blinden Gehorsam.
Unglaublich aber
wahr ist, dass König Philipp II. von Spanien noch um 1590 mahnend drohte: „Niemand
ist in unseren Landen seines Lebens sicher, der nur ein Haar breit vom Glauben
der römischen Kirche abweicht...“ Evangelische Kirchen-Zeitung 1854
Wie sonst kann es
sein, dass im gegenwärtigen Russland nur wenige Geistliche aufbegehren, wenn
ihr Patriarch Kyrill Herrn Putin lobt?
Und da ist noch
ein extremes Element, das als Unkraut emporschießen musste, nachdem
„Origenismus“ als Ketzerei verworfen wurde: Insbesondere junge katholische
Priester, die ebenfalls keine Ahnung hatten wovon sie reden, wetterten
Jahrhundert um Jahrhundert den armen Seelen von Hölle und seinem Teufel,
ganz im Stil des Augustinus von Hippo der sich – in diesem Fall cyrillisch
rigoristisch - nicht schämte zu behaupten: „... nur eine relativ kleine Zahl
von Menschen (zur Wiederauffüllung der durch den Engelsfall entstandenen
Lücke!)... ist zur Seligkeit vorausbestimmt. Die anderen (sind) ‚Masse der
Verdammnis’.“ Hans Küng „Kleine Geschichte der katholischen Kirche“
Der „dreifaltige
Gott“ ist ein verdeckt mörderischer! Diese „Erkenntnis“ musste, wie der
cyrillische Geist, zum Atheismus führen.
Calvinisten in
etwa nahmen solchen Unfug für bare Münze, ohne sich je eine eigene fundierte
Überzeugung erarbeitet zu haben.
Origenes dagegen
hegte wie alle Priestertumsträger und Kirchenmitglieder der ersten drei
Jahrhunderte die Gewissheit, dass „…das Läuterungsfeuer im Hades … in der
Bibel als ewige Verdammung erscheint, es besteht jedoch in einer zeitlich
begrenzten, qualvollen Gewissenspein.“ Handwörterbuch für Theologie und
Religionswissenschaft, 3. völlig neu bearb. Auflage, vierter Band Kop-O, J.C.B.
Mohr (Paul Siebeck) Tübingen
Beseelt von
Intoleranz, ritten Cyrills Steckenpferde alle in Richtung Machterweiterung und
Marienkult. Dem Anschein nach galt und gilt für gewisse Führertypen ohnehin: Je
höher gestellt sie sich selbst wünschten, desto entschiedener erzwangen sie
mittels ihrer Schergen eine generelle Unterwerfung, zur Befriedigung ihrer
Überlegenheitsgelüste.
Nach Const. Sirm. 6
(Sirmondianische Konstitutionen) von 425 heißt es zur Rechtfertigung der
Übergriffe:
„Weil wahrhaft religiöse
Menschen nicht durch Aberglauben verdorben werden dürfen, so befehlen wir, dass
die Manichäer, alle Häretiker (alle, die durch staatlich-kirchliche Willkür zu Häretikern
erklärt worden waren G.Sk.) alle Schismatiker, (alle die es
wagten Gewissensentscheidungen höher zu stellen als doktrinären Zwang G. Sk.) Zauberer (und
solche die man dazu stempelte, weil sie unbequeme Fragen stellten G. Sk.) und
jede dem katholischen Glauben feindliche Sekte gerade vom Anblick der Städte
ausgeschlossen werden müssen, um (die anderen) nicht durch verpestende
Anwesenheit von Kriminellen zu verunreinigen.“ Karl-Leo Noethlichs
„Kaisertum und Heidentum im 5. Jahrhundert“
Bis zur Stunde
beharren Kirchenfunktionäre der „christlich-ökumenischen Gemeinschaft“: „wer
nicht nicänisch glaubt ist kein Christ.“ EZW Dr. Kay Funkschmidt mit Bezug
auf „Mormonen“
Lippenbekenntnisse
sind unerlässlich, die unentwegte Verfeinerung des eigenen Gewissens, mit Blick
auf die Sittenlehre Christi sind zweitrangig.
Pulcheria und Nestorius
Nach dem plötzlichen Tod des Prätorianerpräfekten Anthemius,
415, als damals 16-jährige, wurde Pulcheria zunächst unangefochtene Regentin.
Sie nahm ihr Schicksal in ihre festen Hände. Bis 450 regiert sie mit
wechselndem Glück und Unterbrechungen, dann heiratet sie den Magister
militum Marcian. Und dann rechnet sie ab mit ihren Feinden.
Bis heute wird die
Legende verbreitet: „…die heilige Pulcheria wurde … Alleinherrscherin des
morgenländischen Reiches. Da aber das Reich ringsum von Feinden bedrängt war,
und sie, als schwaches Weib, der Gefahr nicht gewachsen war, so
drangen die Großen des Reiches in sie, sich zu verheiraten. Das war eine neue
Prüfung für die edle Jungfrau, denn sie wollte ihrem Verlöbnis treu
bleiben. (Sie hatte als 14-jährige ewige Keuschheit gelobt) Endlich
sah sie sich genötigt, dem Marcian, einem erfahrenen, gottesfürchtigen und
glaubenseifrigen Kriegsmanne die Hand zu reichen. Er war Witwer und zeichnete
sich durch außerordentliche Liebe zu den Armen aus. Bevor sie aber mit ihm
getraut wurde, entdeckte sie ihm, dass sie dem Heilande versprochen habe, immer
Jungfrau zu bleiben, und dass sie also auch in der Ehe dieses Gelübde halten
wolle. Der fromme Marcian willigte ein und verpflichtete sich, mit ihr wie
Joseph und Maria zu leben. Beide hatten kein anderes Ziel im Auge, als die
Untertanen glücklich zu machen, überall im Reiche Religion und Frömmigkeit zu
befördern, heilig zu leben und selig zu sterben.“ www.heiligenlegenden.de
Tatsächlich wurde
…. „am Hofe … der
schamloseste Ämterschacher getrieben, und wer sich ein Pöstchen teuer erkauft
hatte, sorgte natürlich dafür, das Geld mit Zinsen aus den Untertanen herauszuschinden.
Führte dann jemand Klage, so konnte er bei der allgemeinen Bestechlichkeit
meist froh sein, wenn er selbst mit heiler Haut davonkam. … Doch die Mittel
dazu musste man durch den härtesten Steuerdruck aus den Provinzen herauspressen.“ Otto
Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“…
Näher hingeschaut
ergibt sich, dass die erzkatholisch-„heilige“ Pulcheria ihren Präfekten
Anthemius antijüdisch gewähren ließ. Er hat, mit ihrem Einverständnis, die
Gesetze gegen Juden und „Häretiker“, im Namen des Kind-Kaisers Theodosius II.,
erlassen.
Schlaue
Kirchenleute erfanden und erfanden nicht nur das Märchen von der
„Konstantinischen Schenkung“ oder die pseudo-isidorischen Dekretalen, sie
erzählen uns wie sie vielleicht hätten sein sollen, die Unheiligen.
„Heilige, die als Bischöfe und
Priester dem Herrn gedient, gibt es viele, aber weniger gibt es, die mitten im
Glanze eines fürstlichen Hofes, umgeben von einer Schar schmeichelnder Diener,
und umringt von rauschenden und blendenden Vergnügungen und Freuden ihre
Unschuld rein bewahrt und das Wohlgefallen und die Gnade des Herrn niemals
durch eine Sünde verloren haben. Unter diese Wenigen gehört die heilige
Kaiserin Pulcheria, welche der heilige Bischof Cyrillus „die keuscheste Braut
Christi, die Zierde des Erdkreises, den Schmuck der Kirche; ” die Väter des
Konzils von Chalcedon: „die Wächterin des Glaubens, die Stifterin des Friedens,
die Bekämpferin der Ketzer, die neue Helena” nannten.
…Sie hatte den göttlichen
Heiland Jesus so lieb, dass sie ihm das Gelübde machte, immer Jungfrau zu
bleiben, … Wenn sie irgendeine wichtige Einrichtung traf, so tat sie dies immer
im Namen ihres Bruders, damit dieser die Ehre hätte, sie aber unbeachtet bliebe.
Der kaiserliche Palast, früher ein Ort prachtvoller Feste, war unter ihrer
Aufsicht wie ein Kloster an strenger Zucht und Ordnung. In ihr und ihrer
Schwestern Gemach durfte keine Mannsperson eintreten. Männer sah und sprach sie
nur öffentlich. Wenn die Staatsgeschäfte sie nicht hinderten, betete, las oder
verrichtete sie mit ihren Schwestern Handarbeit. Auch kasteiete sie ihren Leib
durch fasten und Nachtwachen, und entsagte mit Freuden den Vergnügungen des
Hofes. Wenn sie irgend einen Befehl zu geben, ein wichtiges Geschäft zu
vollbringen hatte, flehte sie zuvor zu Gott um Erkenntnis, fragte dann weise
Männer um Rat, und dann erst ging sie an die Ausführung…
Als ihr Bruder Theodosius das
zwanzigste Jahr erreicht hatte, suchte sie für ihn eine würdige Gattin. Dies
war die schöne und geistreiche Athenais, die, da sie noch ein Heidin war, den
christlichen Glauben annahm und nach empfangener Taufe vom Kaiserlichen
Jüngling zur Ehe genommen wurde. In der heiligen Taufe erhielt sie den Namen
Eudocia. Diese Frau nun ließ sich unglückseliger Weise durch einen Schmeichler
am Hofe gegen die sanfte und wohlmeinende Pulcheria aufreizen und fasste den
Plan, sie zu stürzen. Deshalb begünstigte sie auch die Ketzer, welche damals
zahlreich waren, sich aber vor Pulcheria fürchteten, die am heiligen
katholischen Glauben festhielt und ihn aus allen Kräften in Schutz nahm… die
heilige Pulcheria welche sich schon lange nach Ruhe und Einsamkeit sehnte, und
den Frieden über alles liebte, zog sich auf ein Landgut zurück, wo sie fern von
der Welt dem Gebete, der Lesung und Betrachtung der Heiligen Schrift oblag, und
im innigster Vereinigung mit Gott lebte. www. Heiligenlegenden.de
Pulcheria erkannte bald
nach dieser Hochzeit, dass ihr eine Rivalin gewachsen war. Eudocia stemmte sich
erfolgreich gegen den Antijudaismus ihrer Schwägerin. Eudocia ist, kontra
Pulcheria zu verdanken, dass 423 ein Gesetz verabschiedet wurde, das“
verbot Juden oder Heiden Gewalt anzutun, wenn sie in Ruhe lebten und nicht die
Ordnung störten oder gegen Gesetze verstießen.“
Wahrscheinlich
war es Eudocia die nach dem plötzlichen Tod des bisherigen Oberhirten
(Patriarch Sisinnius
I) ihrem
kaiserlichen Ehemann riet, den zu Antiochien wirkenden Nestorius zu dessen
Nachfolger zu erwählen. So kam 428 der grundehrliche, aber fanatisch nicänisch orientierte,
47-jährige rothaarige Feuerkopf Nestorius, nach Konstantinopel und gleich trat
er ins Fettnäpfchen.
In Antiochia genoss er hohes
Ansehen, als Kirchenführer, der immer sagte und predigte was er
tatsächlich glaubte. Dass er weiterhin selten oder nie ein Blatt vor den Mund
nahm, sollte ihm schlecht bekommen, denn wahrscheinlich ertappte Nestorius gleich
zu Beginn im Kaiserpalast Pulcheria, die „heilige“ Schwester Theodosius II.,
bei einem nicht ganz harmlosen Flirt mit einem Hofbeamten.
Damit war sein Schicksal
besiegelt.
Nichts in der Welt durfte
ihren Ruf untergraben.
Sehr wahrscheinlich ahnte das
Kind damals kaum, dass Gott sie zur Mutterschaft und hin zu ehelichen
Beziehungen erschaffen hatte.
Das schrullenhafte nicht nur
damaliger katholischer Theologie äußerte sich auch darin den Begriff Keuschheit
zu übertreiben, der ursprünglich nur meinte, ein Mann solle seinen Sexualtrieb
auf seine Frau richten und nie auf die Frauen anderer Ehemänner.
Der allzu oft
gewählte Hinweis, bereits mit dem 1. ökumenischen Konzil der Christenheit sei
die Ehelosigkeit der Priester festgeschrieben worden, ist jedenfalls falsch,
denn Kanon 3 von Nicäa lautete: 11
„The great Synod has stringently forbidden any
bishop, presbyter, deacon, or any one of the clergies whatever, to have a
subintroducta (Concubine) dwelling with
him, except only a mother, or sister, or aunt, or such persons only
as are beyond all suspicion.” Orthodox Church of Estonia “Canon
of the First Ecumenical
Council”
In seinem Haus soll keine
Haushälterin leben! Davon, ob er verheiratet sein darf oder nicht, ist
keine Rede. Allerdings wurde der Zölibat damals diskutiert. Als
es einigen Eiferern während dieses enorm fragwürdigen Konzils, konkret darum
ging, ein Eheverbot für Priester der Kirche auszusprechen,“ erhob sich
Bischof Paphnuties”, dem 17 Jahre zuvor seines Glaubens wegen ein Auge
ausgestochen, sowie die Sehnen der linken Kniekehle durchtrennt worden waren
und der drei Jahre im Bergwerk zu leiden hatte: “(Er) rief
mit lauter Stimme, man soll den Priestern und Geistlichen kein so schweres Joch
auferlegen und durch zu große Strenge der Kirche keinen Nachteil
schaffen. Er sagte, die Ehe sei ehrbar und … nannte den ehelichen
Beischlaf Keuschheit... die Worte des Mannes wirkten.” Leonhardt
Martin Eisenschmid "Über die Unfehlbarkeit des ersten allg. Konzils zu
Nicäa"
Es „gab (bereits
zuvor schon) das Gerücht von einer unerlaubten Beziehung der Pulcheria
zu einem Hofmann.“ Leonhard Fendt, Inauguraldissertation, kath. theol.
Fakultät der Kaiser-Wilhelm-Universität
„Pulcherias Gegner dichteten
ihr sieben Liebhaber an... der magister officiorum Paulinus galt als ihr
Favorit.“ A. Demandt,
„Das Privatleben der römischen Kaiser“
Sofort, und kompromisslos
entzog Nestorius der nun 29-jährigen Dame frühere kirchliche Privilegien.
Das fand sie unerhört!
Umgehend attackierte sie ihn,
er leugne gotteslästerlich, dass Jesu Christi Mutter Maria eine Gottesgebärerin
sei.
Dieser Glaubenspunkt bewegte
damals einige christliche Priester, und es war, in diesem Jahr 428 ganz und gar
noch nicht ausgemacht welcher Ehrentitel Maria zuzukommen habe und ob es zum
später so überschätzten Marienkult kommen sollte. Erst jetzt entbrannte der bis
dahin mäßig glimmende Zank um den Begriff „Theotókos“. zu einem
Feuerwerk. Diese Titelfrage, sowie der seitens Cyrill gewollte boshafte Streit
um den 2. Platz im Gesamtkirchenreich, und obenauf Pulcherias Rachegefühle,
gerieten zu einem brisanten Mix, der die damalige Christenheit in Aufregung
versetzte, der aber leider ins Bild des damals mehr und mehr entartenden
Christentums passte.
„Wenn... die Daten
des Briefes „an Kozma, Haupt der Gläubigen in Antiochien" (ed. 0. Braun,
Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft (1900)) auf Richtigkeit
beruhen sollten, hätte Nestorius nicht die Religiosität, sondern den Herrscherinnenstolz
der Pulcheria beleidigt: Pulcheria… und ihre Nonnen pflegten am Sonntag nach
Empfang der Kommunion im emoHOTiELov (im Hof der Kapelle?) zu frühstücken.
Nestorius aber empfing (sie) nicht; das Bild der Herrin Pulcheria, das über dem
Altare gemalt war, löschte Nestorius aus . . .; die (oroh) der Pulcheria, die
bald zur Zeit des Opfers auf dem Altare ausgebreitet war, bald von ihr getragen
wurde, entfernte Nestorius …Seit Sisinnius empfing Pulcheria wie der König die
Kommunion im Allerheiligsten; Nestorius ließ sie nicht ein; bei dieser
Gelegenheit „ergrimmte gegen ihn Pulcheria. . .. und sprach zu ihm: Warum habe
ich nicht Gott geboren? Er sprach zu ihr: Du, den Satan hast du (?) da geboren".
Leonhard Fendt,
Inauguraldissertation bei der kath. theol. Fakultät der Kaiser Wilhelms
Universität zu Straßburg, 1909,
Der Altar von dem hier die
Rede ist und auf dem bisher das Garment der Pulcheria als Zeugnis ihrer
Keuschheit lag und das Nestorius beiseite geräumt hatte, war nicht
irgendeiner: „er bestand aus Gold und Edelsteinen und war von Pulcheria
und ihren beiden Schwestern – die angeblich ebenfalls gelobt hatten
jungfräulich zu leben - als äußeres Zeichen ihres Gelübdes geweiht worden…“ G.
Rigobert „Römische Kaiserinnen zwischen Liebe, Macht und Religion“
Der deutsche Althistoriker
Seeck bestätigte: Pulcheria hatte sich und ihre Schwestern ewiger
Jungfrauenschaft gelobt und verkündete dies auch gleich der Welt
durch die Inschrift eines Prachtaltars aus Gold und edlen Steinen, den sie in
der Hauptkirche von Constantinopel weihte… Otto Seeck „Geschichte des
Untergangs der antiken Welt“
Nestorius wiederum weiß, was
er weiß: „Du hast den Satan in dir!“ oder „Du bist
des Satans Mutter.“
Erbost lief Pulcheria zum
Kaiser, ihrem jüngeren Bruder und erzählte ihm vom Vorkommnis. Da sprach der
Theodosius II. : „Bei deinem Leben, Schwester, und bei der Krone auf
meinem Haupte, ich werde nicht ruhen, bis ich Rache an ihm genommen
habe..." Pesch „Nestorius als Irrlehrer“
Das klingt nicht echt.
Theodosius II. war an Intrigen desinteressiert. Er spielte lieber mit den
Pfauen und fütterte seine Lieblingstiere, dachte an seine Jagdvergnügungen. Er
kannte doch seine Schwester.
Er werde nicht ruhen?
Sie würde nicht ruhen. Auf
Pulcherias Intervention hin: „verklagten die Mönche Basilius,
Thalassius und ihre Genossen in einem Bittschreiben an den Kaiser ihren Bischof
Nestorius, er heiße die heilige Jungfrau (Maria) nicht
Theotokos (Gottesmutter bzw. Gottesgebärerin) und leugne,
‚dass der Christus wahrer Gott von Natur sei’ Leonhard
Fendt Inauguraldissertation bei der kath. theol. Fakultät der Kaiser
Wilhelms Universität zu Straßburg, 1909358
Als starke
Gegnerin des Nestors erhielt Pulcheria einen Dankesbrief vom heiligen Cyrill
von Alexandria.
Cyrill, als
typisch-rechthaberischer Nicäner verlangte, ein Konzil müsse einberufen werden!
Das Konzil zu
Ephesus 431
Pulcheria und
Cyrill wollten den totalen Krieg und einen ruhmvollen Sieg über den angeblichen
Irrlehrer.
Doch sowohl: „Kleriker
wie Laien aus Konstantinopel äußerten: der Bischof lehre nichts anderes, als
was in der Apostel und Väter Lehre enthalten sei.“ Dass Pulcheria sich nach
mehr Bundesgenossen umsah ist verständlich. Aber welchen Personenkreis hat sich
die „gottselige“ Frau da auserkoren? „... um Ostern 429 (hielt es)
Cyrill von Alexandrien für geraten, seinen Mönchen durch ein Schreiben
theologische Waffen gegen des Nestorius Aufstellungen in die Hand zu geben. Das
beleidigte (Nestorius). Ein Briefwechsel, von Cyrill verbindlich, von Nestorius
alsbald wegwerfend und überlegen geführt verschärfte die Lage. Von Alexandrien
sandte man Darlegungen des allein orthodoxen alexandrinischen Standpunktes an
Theodosius II. und seine Damen, welche die Zustimmung der Augusta Pulcheria
fanden, den Kaiser aber verstimmten… Nestorius sagt, er habe mit
den Ketzern Geduld geübt, die Kaiserin (Pulcheria) habe er
zwar gegen sich aufgebracht, aber sie sei ein streitsüchtiges,
verdorbenes Weib gewesen, und er habe Mitleid mit ihrer Seele
gehabt.“ Leonhard Fendt, Inauguraldissertation bei der kath. theol.
Fakultät der Kaiser Wilhelms Universität zu Straßburg, 1909
Die geflüsterte
Behauptung sie sei eine Bestie, besessen von ungeheurem Machtverlangen und
vom normalen, angeborenen Drang zum Manne, bestätigt sie selbst
später. Pulcheria konnte nicht verhüten, dass ihr Bruder Theodosius II.,
438 den Eunuchen Chrysaphios zu seinem Kammerherrn berief. Dieser Mann gewann
mehr und mehr Einfluss auf den Imperator. Von 443-450 regierte er und Pulcheria
immer weniger. Das wurde wahrscheinlich dadurch möglich indem Chrysaphios den
Kaiser vor Pulcheria abschirmte. Zwei Jahre nach seiner Berufung, 440, stachelt
Chrysaphios die Kaisergattin Eudocia auf, ihrer allmählich zurückgedrängten
Schwägerin „Pulcheria (nun 41-ährig) zu unterbreiten
eine Diakonin als Kammerzofe zu nehmen.“ Ferdinand Gregorovius,
„Athenais /XV“ 3
Die Reaktion Pulcherias ist
heillose Wut. Ihre Schwägerin und sogar ihr Bruder misstrauen ihr nun offen?
Eine Kammerzofe als Wächterin ihrer Tugend, das war zu viel verlangt.
Pulcheria weicht daraufhin ins
Exil aus, danach lebt sie... abgeschieden im Palast Hebdomon der in der Nähe
liegt, aber getrennt vom Regierungssitz wo sicherer denn je Chrysaphios auf
seinem Posten als Regierender amtiert. Als Pulcherias hochgeborener Bruder 450
bei einem Jagdunfall stirbt, steht der bislang allmächtige Eunuche Chrysaphios
schutzlos der rachelüsternen Pulcheria gegenüber, die mit großen Aufwand
Markian heiratet „weil sie nach römischer Sitte nicht regierende
Kaiserin sein kann“ Unter Markians Schutzmacht darf sie endlich das
tun, worauf sie schon lange gewartet hatte. Sie lässt ihrer Wut freie Bahn:
„Sie rechnet mit Chrysaphios ab, lässt ihn zu Tode
prügeln.“ und Raimondo Tocci bestätigte in „Theodori
Scutariotae Chronica“: „Pulcheria ordnete die Ermordung Chrysaphios
an“ G. Rigobert „Römische Kaiserinnen zwischen Liebe, Macht und
Religion
Soviel zu den Intentionen
Pulcherias.
Das Konzil sollte, 431, zu
Konstantinopel stattfinden. Aber Cyrill wusste, weshalb ihm Ephesus zum „Sieg“
verhelfen wird.
Er träumte, wie einst
einer seiner Vorgänger im Amt zu Alexandria, Athanasius. Beide wollten aufs
höchst Mögliche hinaus, koste was es wolle. Dazu sollte sein Konzil dienen.
Eigentlich war die Feindschaft
uralt: Cyrill verübelte Nestorius von Beginn an, nicht nur, dass Nestorius sich
demonstrativ weigerte Cyrill zu sein „Wahl“ zum Bischof zu gratulieren. Der
Herr Cyrill grämte sich auch: „… dass dieser (Nestorius) …einer
Gruppe angehört, die (bereits früher) eine nicht näher
definierte Klage gegen ihn (Cyrill) erhoben hatten... (‚Papst’) Coelestin und
Cyrill durften beide in Sorge gewesen sein, was diese Entwicklung anbelangte.
Doch beide hatten sich schon bald darauf geeinigt, der (zu erwartenden) Drohung
dadurch zu begegnen, dass sie Nestorius Orthodoxie in Frage stellten...“ Josef
Lössl, „Julian von Aeclanum, Studien zu seinem Leben, seinem Werk, seiner
Lehre“
Das nennt man „Kungelei“. Aber
Nestorius gab sich zunächst keine Blöße. Er stand noch hinter dem Nicänum. Das
wussten alle.
Cyrill setzte alle Hebel in
Bewegung um Konstantinopel vom 2. Rang in der Gesamtkirche zu verdrängen.
Fünf Patriarchate standen
nebeneinander, aber in welcher Reihenfolge? Alexandria, Antiochia, Jerusalem,
Konstantinopel und Rom. Wer würde das Rennen machen? „Papst“ Coelestin konnte
natürlich nicht unparteiisch sein. Er wollte alles tun, um zuerst den von ihm
beanspruchten 1. Rang zu sichern. Deshalb nahm er Stellung gegen Nestorius d.h.
Konstantinopel zugunsten Cyrills (Alexandria) ein.
Cyrill wollte vergessen
machen, dass fünfzig Jahre vor seinem Hauptkampf, auf dem Konzil zu
Konstantinopel im Jahre 381 festgeschrieben wurde: „Der Bischof von
Konstantinopel soll nach dem Bischof von Rom den Ehrenprimat besitzen, denn
diese Stadt ist das neue Rom...“ Peter Neuner Kleines Handbuch der
Ökumene, St. Benno-Verlag Leipzig 1984
Autor Neuner betätigt, dass: „Dieser
Kanon sich noch nicht gegen Rom richtete, sondern gegen die alten Patriarchate
in Alexandrien und Antiochien, die als apostolische Gründungen Konstantinopel
weit überlegen waren, nun aber zurückgestuft werden sollten“
Zuvor hatten sowohl Cyrill wie
Nestorius daran gedacht Cölestin den führenden Bischof unter den römischen
Gemeinden in die Angelegenheit einzubeziehen. „Auffallend ist
der Unterschied des Tones in den Briefen des Nestorius und den Briefen Cyrills.
Cyrill redet so, als ob er Cölestin eine gewisse oberkirchliche
Kirchenautorität einräumte. Nestorius redet zu ihm, wie ein Kollege zum
anderen, wie ein ihm ganz Gleichstehender. Auf solche Weise musste Cölestin …
schon deshalb günstiger für Cyrill, als für Nestorius gestimmt
sein.“ August Neander „Allgemeine Geschichte der christlichen
Religion und Kirche 1847
„Nach Grillmeiers
Darstellung zu urteilen war das Zusammengehen Roms mit Cyrill entweder rein
politisch (also nicht theologisch) motiviert, oder Rom hatte zwar ein
theologisches Anliegen, aber ein konfuses und verließ sich daher völlig auf
Cyrill.“ Josef Lössl, „Julian von Aeclanum, Studien zu seinem
Leben...“
Der zeitgenössische Historiker
Sokrates, den Novatianern nahestehend, und allem Anschein nach ein ehrlicher
Berichterstatter, findet dasselbe: „dass die Zanksucht und wechselseitige
Animositäten prägend für die Auseinander-setzungen in (Cyrills)
Zeit sind, theologische Gründe sind hingegen nur vorgeschoben.“ Sebastian
Schurig, „Die Theologie des Kreuzes beim frühen Cyrill Alexandria“ Dissertation
Uni Jena, 2001
Nestorius genoss
jedoch, noch, moralische Autorität. Doch dieser Mann musste fallen damit Cyrill
aufsteigen kann.
Cyrill züngelte und zündelte
wo er konnte. Schließlich legte Papst Coelestin die strittige Angelegenheit
ausgerechnet in die Hände dieses Cyrills, der als Letzter unparteiisch sein
konnte.
„Coelestin (waren) sowohl von
Nestorius als von Cyrill Materialien zur Beurteilung des Streites zu(gegangen).
Eine römische Synode stellte Nestorius (vor die Wahl) zwischen Anathema und der
Widerrufung seiner Predigten und Briefe. Der Patriarch von Alexandria (Cyrill)
kurz zuvor noch in Erregung über verschiedenen in der Hauptstadt
kolportierte (umgehende
Gerüchte) und ihm zur Last gelegte Gewalttätigkeiten, sah sich wohl mit
Befriedigung mit der Durchführung jenes Urteils beauftragt.“ Leonhard
Fendt, Inauguraldissertation „Die Christologie des Nestorius“
„Noch ehe die
Anklage des Cyrillus anlangte, mit einer Anzahl Bischöfe, die gerade in Rom
anwesend waren, die Streitfrage verhandelt, und alle waren für die (Bezeichnung der Maria als
„Gottesmutter“ bzw.) Muttergottes eingetreten. (Nestorius meinte Maria
sei die Mutter Christi) Jetzt fertigte er (Papst Cölestin)
unverzüglich am 10. und 11. August 430 eine Reihe von Urkunden aus, die
Nestorius, falls er nicht innerhalb zehn Tagen schriftlich widerrufe, in der
beleidigendsten Form von der Kirchengemeinschaft ausschlössen und dies den
hervorragendsten kirchlichen Autoritäten des Orients kund und zu wissen taten.
Klerus und Volk von Constantinopel wurden zum Aufruhr gegen ihren Bischof
aufgefordert und ihnen mitgeteilt, dass eben diejenigen in der Kommunion des
Papstes ständen, die Nestorius von der seinen ausgeschlossen habe. Nicht im
Namen der römischen Synode, sondern kraft eigener Machtvollkommenheit, fällte
Coelestin diesen Spruch und ernannte Cyrill zu seinem Stellvertreter im Orient
und zum Vollstrecker seines Urteils. So erhob sich Alexandria über Constantinopel,
indem es sich Rom unterwarf.“ Otto Seeck „Geschichte des Untergangs der
antiken Welt“
Coelestin passten Cyrills
Attacken gegen Konstantinopel sehr ins Konzept. Prof. Seeck fährt als Ergebnis
seiner Betrachtungen fort: „…der Papst hauste weit entfernt in einem
andern Reichsteil und konnte daher den Machtgelüsten des alexandrinischen
Stuhles viel schwerer gefährlich werden, als der nahe Bischof der kaiserlichen
Residenz… (zu Konstantinopel) Weniger Glück hatte Cyrill mit den
Schriften, die er dem Hof übersandte. In ihnen wagte er nicht, offen als
Ankläger aufzutreten, ja der Name des Nestorius wurde überhaupt nicht genannt.
Eudocia (die Ehefrau Kaiser Theodosius II,) suchte er bei
ihrem Aberglauben zu fassen, indem er ihr darlegte, dass sie für sich und das
Reich nur Glück erwarten könne, wenn sie den rechten Glauben verteidige. Was
dieser rechte Glaube sei, wurde dann im Gegensatze zu den Lehren des Nestorius
durch eine ausführliche Abhandlung erläutert. Eine noch viel längere, aber
richtete er an die Schwestern des Kaisers und fügte ihr eine Unzahl von Stellen
aus der Bibel und älteren Kirchenvätern hinzu. So wurde der Pulcheria das ganze
theologische Material zur Verfügung gestellt, das sie zur Bekämpfung des ihr
verhassten Bischofs brauchen konnte. Jedenfalls hat sie es in diesem Sinne zu
benutzten gesucht, und unter den hohen Damen setzte es harten Zank. Dem
armen Theodosius, der zwischen Gattin und Schwester entscheiden sollte und doch
keine von ihnen gern gekränkt hätte, wurde die Laune gründlich
verdorben. Er erteilte dem Cyrill als einem Mann, der sowohl in der
Kirche, als auch im Kaiserhause böswillig Unfrieden stifte, einen scharfen
Verweis und erklärte ihm, in Constantinopel befänden sich Kirche und
Hof, d. h. Nestorius und Eudocia, in schönster Eintracht. Die dogmatische
Streitfrage könne nur ein Konzil entscheiden, das Theodosius eben
zusammenberufe. Ein solches hatte nicht die Eingabe der Mönche sondern auch
Nestorius selbst gefordert, während Cyrill es viel lieber gesehen hätte, wenn
die Entscheidung des Papstes endgültig geblieben wäre. Doch um den Zorn des
Kaisers kümmerte er sich nicht viel; wusste er doch aus seinem Streit mit
Orestes, dass jener nur schelten konnte, aber ein energisches Eingreifen gegen
den Stuhl von Alexandria nicht wagte. Um für das bevorstehende Konzil ein neues
Präjudiz zu schaffen, versammelte er (Cyrill) eine ägyptische Synode und ließ
durch sie Nestorius zum Widerruf seiner Ketzereien auffordern. Es genüge nicht,
so schrieb man diesem, dass er sich zum nicänischen Symbol bekenne, weil er es
falsch auslege; er müsse auch zwölf Sätze ausdrücklich verdammen, die Cyrill
aus seinen Predigten und Schriften entwickelt hatte.“ O. Seeck
„Geschichte des Untergangs der antiken Welt“
So kam es, 431, mit Riesenaufwand zum
merkwürdigen Konzil von Ephesus, zu dem im Jahr 431 schließlich 200 der
reichsweit 6 000 Bischöfe angereist kamen. (August Neander) Viele,
von Cyrills Argumenten überzeugte, aber auch mittels Versprechen gewonnene, nun
neue Marienverehrer, wünschten das Wort (Theotókos) durchzusetzen, nur um Nestorius zum
Sündenbock zu erklären. Ein Konzil in die Bestechungsgelder zur Manipulation
ihrer Lippenbekenntnisse eine weitaus größere Rolle spielen sollten, als echte
Überzeugungen.
„Um das Terrain für den
bevorstehenden Kampf zu rekognoszieren, war Nestorius schon sehr bald nach dem
Osterfest, 431, in Ephesus eingetroffen und fand hier alles feindlich. Memnon,
der Bischof der Stadt, behandelte ihn gleich als Ketzer, indem er ihn von dem
Besuche seiner Kirchen ausschloss, und das fanatisierte Volk zeigte
eine äußerst drohende Haltung. Gegen dessen Ausschreitungen gewährten
die Soldaten des Candidian (des Befehlshabers der kaiserlichen Garde die Nestorius
vor den erwarteten Übergriffen durch den Pöbel schützen sollte und konnte) genügenden
Schutz; bedenklicher aber war, dass auch mehr als dreißig Bischöfe aus Asien
sich zum Konzil versammelten und diese alle sich ihrem Metropoliten Memnon
anschlössen. Doch auf die Gunst des Kaisers (Theodosius II.) gestützt,
blieb Nestorius siegesgewiss; noch in Ephesus erklärte er Bischöfen der
Gegenpartei, er könne ein zwei- oder dreimonatliches Kind, das noch an der
Mutterbrust gesäugt werden müsse, unmöglich für einen Gott halten. Dass aber
diese Anschauungen nicht einstimmig angenommen werden, ja kaum eine schwache
Majorität finden könnten, musste ihm schon damals klar sein. Doch für fromme
Zwecke ist bekanntlich jedes Mittel erlaubt. … (Pardon, aber dies ist
nicht mein Text. G.Sk.)
Cyrill setzte daher die erste
Sitzung des Konzils auf den 22. Juni an. Jetzt aber trafen Nestorius und seine
Genossen ihre Maßregeln, um die Gegner formell ins Unrecht zu setzen. Sie
legten Protest dagegen ein, dass vor dem Eintreffen der Orientalen etwas
beschlossen werde, und der Vertreter des Kaisers, Candidianus, schloss sich
ihnen an. Dies aber erfüllte die versammelten Väter mit wildem Zorn; die
Bischöfe, welche das Schriftstück überbrachten, mussten nicht nur Schimpfworte,
sondern auch Schläge erleiden, und wenn man auch gegen den Comes (Staatssekretär) nicht
mit so handgreiflichen Gründen vorging, wies man doch seine Forderung, das
Konzil solle warten, bis er selbst es berufe, entschieden zurück.
In Ephesus herrschte
Hungersnot und diese hatte, wie das ja Regel ist, auch eine Epidemie
hervorgerufen. Manche von den Teilnehmern des Konzils waren schon gestorben,
andere erkrankt, und die Teuerung der Lebensmittel machte den Aufenthalt in der
Stadt kostspielig und erschöpfte die Kasse der ärmeren Bischöfe. Alle hatten es
daher eilig, in ihre Heimat zurückzukehren, was Nestorius natürlich nicht
unbekannt war. So trat denn ein, was er wünschte und erwartete.
Das Konzil begann seine
Verhandlungen am festgesetzten Tage ohne die Orientalen und fällte gleich in
der ersten Sitzung sein Urteil.“ Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“
Es geht hin und
her, weil der Kaiser eher zu Nestorius neigte und dieses Urteil verwarf. Er
gestattet aber: „dass Abgesandte des Cyrill nach Constantinopel kamen, um
den Standpunkt der Mehrheit vor ihm zu verteidigen… (Kurz zuvor) waren zwei
ägyptische Bischöfe angelangt, und da sie nicht mit leeren Händen kamen, hatte
ihr Erscheinen Wunder gewirkt.“ Die Meinungsbildner bei Hofe gelobten,
nachdem sie bestochen wurden ihre pro Nestorius-Einstellung zugunsten Cyrills
Wunsch zu ändern. „Die Liste der „Geschenke“, die … aus der Kasse des
Cyrillus verteilt wurden, ist noch erhalten. Sie bestehen zum großen Teil aus
Geweben, Straußenbälgen, Elfenbeinarbeiten, Gemälden u. d l. m. Doch
tritt bei jedem Empfänger noch eine Summe Geldes hinzu, die je nach seiner
Bedeutung von 1 00 Solidi bis zu 200 Pfund Gold ansteigt, d . h. von 1 269 Mark
bis zu 182. 7 1 8 Mark (nach dem Geldwert von 1914). … Der Löwenanteil
an den Spenden floss den Eunuchen zu, die trotz ihres hohen Ranges doch nicht
mehr waren als Kammerdiener der kaiserlichen Familie. Doch im vertrauten
Verkehr des Schlafgemaches und des Ankleidezimmers ließ sich ein (Kaiser) Theodosius
am wirksamsten beeinflussen. Die größte Summe, doppelt so viel, wie die an
zweiter Stelle stehenden, erhält Chrysoretus, den die Ägypter als
gefährlichsten Gegner (Cyrills) betrachten, „ damit er aufhöre , uns zu
bekämpfen “. Auch zwei Kammerfrauen der Eudocia werden bestochen, jede mit 50
Pfund Gold (45 680 Mark)… Der Eunuche Scholasticus, den Nestorius für seinen
treuesten Freund hielt, ließ sich durch 1 00 Pfund Gold bestimmen, (nun) wütend
für die Muttergottes (Theotokos) zu eifern. Johannes, ein eng befreundeter
Geistlicher des Cyrillus, der zu gleich Arzt war, erschien (ebenfalls) in
Constantinopel, und plötzlich änderte sich die Stimmung des Hofes und wurde für
Nestorius höchst bedrohlich.“ Otto Seeck „Geschichte des Untergangs der
antiken Welt“
Aber auch umgekehrt. Der
Kaiser war enttäuscht. Selbst Cyrill geriet in Bedrängnis. Er und
Nestorius wurden unter Hausarrest gesetzt, aber. Doch Cyrill wusste sich zu
helfen: „Er wandte ungeheure Summen als Bestechungsgelder für
einflussreiche Persönlichkeiten im Palast auf … er… entwischte aus
dem Gefängnis und belohnte seinen käuflichen Wärter durch Aufnahme in den
alexandrinischen Klerus.“ Henry Chadwick „Die Kirche in der antiken
Welt“ de Gruyter. 1967, S. 232
Cyrills Absichten
durchschauend schrieb kurz zuvor Abt Isodor von Pelusium, ein Verwandter
Cyrills, ohnehin scharfer Kritiker an allen Missständen der Kirche, vor allem
wegen der Geldsucht führender Geistlicher tadelnd an Cyrill:
„Zuneigung schärft den
Blick nicht, Abneigung aber macht blind. Wenn du darum von beiden
Sehhindernissen frei bleiben willst, dann fälle keine Gewaltsprüche,
sondern wäge in gerechtem Urteil die Gründe ab Denn viele der in Ephesus
Versammelten höhnen über dich, als ob du eine Privatfeindschaft austrügest,
nicht aber rechtgesinnt suchtest, was Jesu Christi ist.“ Christian
Pesch „Nestorius als Irrlehrer“ Paderborn 1921
Wegen eines einzigen Wortes
wurde Nestorius verurteilt! So war es auf dem 1. Ökumenischen Konzil 325. Ein
Lippenbekenntnis zu Gunsten des Alexandriners Athanasius hätte Arius da und
hier Nestorius gegenüber Cyrill das Leben versüßt. Der vermeintliche Sieger
winkte ab:
„Man hatte ihn (Nestorius)
ordnungsmäßig dreimal vorgeladen, aber da er sich weigerte zu kommen, wurde er
auf Grund seiner Schriften und mündlichen Erklärungen abwesend der Ketzerei schuldig
gesprochen, seines Bischofsamtes entsetzt und von der Kirchengemeinschaft
ausgeschlossen. Vor den Toren der Kirche, in der die Sitzung stattfand, hatte
das Volk in aufgeregter Spannung gewartet. Als es das Urteil erfahr, brach es
in lauten Jubel aus, und am Abend war zu Ehren der Muttergottes die ganze Stadt
illuminiert.“ Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“
Seit wann ist der Grad der
Erregung und Begeisterung des Volkes ein Kriterium für die
Wahrheit?
Als Hitler 1940 Frankreichs
Kapitulation verkünden ließ, gratulierten nahezu alle Deutschen einander. In
den deutschen Städten wehten aus fast jedem Fenster die Hakenkreuzfahnen. Laut
wie damals zu Ephesus war der Jubel des Volkes, und ich, Gerd, bin ein
Zeitzeuge.
Im antiken Ephesus
galt die Göttin Artemis (lat. Diana) seit Jahrhunderten als Erdmutter und
Gottesgebärerin.
Bereits 400 Jahre
zuvor schrieen die Epheser: "Groß ist die Artemis von Ephesus! Groß war
die Eifersucht auf konkurrierende Kulte. DIe Silberschmiede verdienten gutes
Geld indem sie kleine segenspendende Artemisgötzen herstellten, währen Paulus
leugnete, dass menschengemachte Götter helfen könnten. Apg. 1 9: 23- 35.
Das ungebildete,
aufgestachelte Volk befürchtete damals, dass Paulus wie nun Nestorius ihre
geliebten Muttergöttin entthronen wollte. Entsprechend groß war ihre Wut, wie
nun ihre Genugtuung.
Cyrill gab der
Artemis, wie sie meinten, lediglich einen weiteren Namen.
"Maria".
Dem Machtstreben den Vorrang
vor der Wahrhaftigkeit einzuräumen, bedeutete für die Gesamtheit damaliger
Christen zugleich der Sturz aus dem Paradies gegenseitigen Wohlwollens ins
Elend der Eifersüchteleien, bis hin zu Glaubenskriegen.
Wer auch immer, mit den besten
Alten längt vergangener Zeiten, glaubt, dass „Über den Sternen ein lieber Vater
wohnt“, der fühlt es auch: ER kümmert sich liebevoll um uns, sobald wir uns
bemühen, nach seinem Wort der Sorge um den Anderen zu handeln.