Samstag, 20. April 2013

"Niemals werden wir auf unser Individualrecht verzichten"

In Russland und der ganzen ehemaligen Sowjetunion dienten Millionen Männer und Frauen einander und ihrem Staat in bester Absicht.  



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Bild Wikipedia: "Mit jedem Tag wird unser Leben besser!"
 Bis sie enttäuscht erkannten, dass der Staat und seine Hauptrepräsentanten zwar vorgaben sie wiederzulieben, aber dass sie indoktriniert und rigoros gegängelt wurden.
Sie hatten an Marx und Lenin geglaubt, bis sie glauben mussten!
1923 schrieb Leo Trotzki: "Der Mensch wird unvergleichlich stärker, klüger, feiner werden... der menschliche Durchschnitt wird sich bis zum Niveau eines Aristoteles, Goethe, Marx erheben..." (1)
Doch zuviele verloren trotz solcher Voraussage ihre Freiheit und damit das Wesentliche ihres Menschseins. Schreckliches geschah wenn sie auch nur zweifelten und diesen Zweifel unvorsichtig äußerten. Wären es nicht Millionen gewesen, die vom Unglück des Freiheitsverlustes betroffen waren, sondern nur Einzelschicksale, man dürfte es außer Betracht lassen. 


http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/64/Taiga_Gulag_Pritsche_Turuchansk_08020035.jpg
Bild Wikipedia Strafgefangenlager in der sibirischen Taiga, Pritsche.


Dennoch war und blieb da ein Kern des Guten: Druschba! lautete der bekannteste Gruß in nicht wenigen Jahrzehnten nach der Oktoberrevolution.
Da ist auch kein Raum für Zweifel in anderer Hinsicht: die sowjetische (leninsche) Nationalitätenpolitik trachtete lobenswerterweise von Beginn an nach Versöhnung mit staatlichem Nachdruck.
Andererseits behinderte die tatsächliche Beschneidung von Freiheitsrechten von Anfang an, die volle Entfaltung des Potentials des riesigen Reiches.
Ist es nicht wahr, dass in Russland das Misstrauen der Bürger, und ihre Angst vor staatlichem Dirigismus, das Land viele Jahre nicht wirklich gefördert, sondern gelähmt hat? 
 
Mit großer Aufmerksamkeit und Bewunderung haben wir älteren Ex-DDR Bürger die 1986 von Michael Gorbartschow und seinen Freunden, eingeleitete Wende zum Besseren begrüßt und gewürdigt. 

Da gab es, auch in Ostdeutschland, allzulange, zwischen 1945 und 1989, zuviel Bevormundung sonst mündiger Bürger und die damit einhergehenden Einschränkungen. Die Ergebnisse sind bekannt.
Gorbatschows “Glasnost” und “Perestroika” bedeuteten plötzlich für hunderte Millionen Menschen nicht nur in Russland, Hoffnung.
Und als Michael Gorbatschow dann auf der XIX. Unionsparteikonferenz der KPdSU seinen umfangreichen Rechenschaftsbericht ablegte und schließlich die Worte sagte:

Eine Schlüsselposition innerhalb des neuen Denkens nimmt die Konzeption der Entscheidungsfreiheit ein... “ (2) 
da brach das lang erwartete Licht - ex oriente lux – tatsächlich aus dem Osten durch die dunklen Wolken der Kriegsgefahr, die ganz Europa bedeckten.
Mich elektrisierte der Begriff “Konzeption der Entscheidungsfreiheit”. 
Uns alle faszinierte die Logik der nachfolgenden Ausführungen dieses großen Staatsmannes.
Niemand kann überschätzen was Treue zum Individualrecht an Gutem hervorbringt.

"Mormonismus” ist die Lehre von der Bewahrung des Jedermannrechtes auf eigene Entscheidungsfreiheit. Selbst der allmächtige Gott bevormundet und gängelt uns nicht – das lehren jedenfalls unsere in Russland von vielen nicht mehr gerne gesehenen Missionare.

Menschen indessen haben stets versucht Gewaltlösungen zu bevorzugen, aber es war nichts weiter als eine Form der Auflehnung gegen Gott.
Niemals werden Mormonen, wie ich, gut heissen, wie Russland vor tausend Jahren christianisiert wurde:

Gewaltsam unchristlich. 


Bild Wikipedia, Wladimirs Taufe, 988

Wladimirs Schritt ins Taufbecken gilt erstaunlicherweise als Start der Christianisierung Russlands.
In Wahrheit wurde der abscheuliche Konstantinismus über die Köpfe unglücklicher Menschen gestülpt. Diese Taufe, durch Untertauchung vollzogen, hätte Wladimirs höchst persönliche Entscheidung sein dürfen. Dafür tadelt ihn niemand.
Doch bald darauf standen, befehlsgemäß, und eben nicht aus innerer Überzeugung, zehntausende Russen bis zum Hals im Wasser des Dnepr, neugierig was nun mit ihnen geschehen würde. (3)
Es hätte genauso gut der Fall sein können, dass sie gezwungen worden wären Muslime oder Juden zu werden, denn Großfürst Wladimir hatte sich auch in diese Richtung umgesehen. 
 
Wie Kaiser Konstantin, hatte Wladimir sich weitsichtig und in zunächst guter Absicht, nach einer großen gemeinsamen Glaubens-Plattform umgeschaut. Großfürst Wladimir  wollte einen - für seine Zeiten - modernen Staat aufbauen. Aber er kümmerte sich nicht darum, dass die Christenlehre Gewaltanwendung verbot. 
 
Russland wurde weder jüdisch noch muslimisch, weil die Juden kein Schweinefleisch essen und die Muslime das Schnapstrinken verbieten. Da beide Religionen auch noch die Beschneidung verlangten, kamen sie für ihn, und damit für sein Volk, nicht in Betracht.
Ein Russland ohne Alkohol war nicht nur für Wladimir undenkbar. (4) 
 
Die meisten Historiker sagen denn auch, Wladimirs Taufe sei lediglich ein diplomatischer Schachzug gewesen. Aber, da war etwas, das hinzukam. Wladimir gefielen diese goldleuchtenden Gottesdienste.
Eben das typisch nichtchristliche zog ihn an. Von der Christuslehre hielt er ohnehin nicht viel, zumal er nur bruchstückhafte Einweisungen verlangte und erhielt.
Wikipedia schreibt: „Ziel war die Verbindung mit dem byzantinischen Kaiserhaus. Kaiser Basileios II. benötigte Hilfe gegen die Bulgaren, die gemeinsamen Feinde Wladimirs und Basileus'. …Wenn sich Wladimir taufen ließe, so würde Basileus II. ihm für die militärische Unterstützung seine Schwester Anna zur Frau geben. So geschah es, und Wladimir I. bekam als erster europäischer Herrscher eine Purpurgeborene zur Frau.“  

Diese Purpurgeborene war die byzantinische Prinzessin Anna, Sie wurde seine dritte, vierte oder sechste Frau. Die erste, Rogned, die schöne Tochter des von ihm überfallenen Fürsten Rogwolod, die er, nach der Ermordung ihres Vaters und ihrer Brüder, gezwungen hatte ihn zu heiraten, wurde in eine alte Burg gesteckt. 

Sogar das „Ökumenische Heiligenlexikon“ bewertet die eigentliche Zielsetzung Wladimirs als konstantinisch, statt „christlich“. 
Sein “Hauptinteresse galt zunächst der Konsolidierung seiner Gebiete, die er zu einem einzigen Land verband.“ 

Es war exakt das, was der Sohnesmörder, der apostelgleiche, der Herr der Kirche, Konstantin, Zeit seines Lebens anstrebte, die „Konsolidierung der Macht“. Das war es, was Justinianus und später zahllose Päpste antrieb. (Unvergesslich ist in dieser Hinsicht die Regierung des Papstes Innozenz III. zu Beginn des 13. Jahrhunderts. Ihm ist der Verlust von wahrscheinlich mehr als 100 000 erwiesenermaßen unschuldigen Menschenleben anzulasten.)


Wahrscheinlich haben die damaligen Christen von Rang und Überzeugung wirklich nicht bemerkt, dass all dieses Trachten und Treiben antichristliches Verhalten war, weil sie sich im dichten Nebel kirchlicher Propaganda kaum noch orientieren konnten. Aber wir?


Wladimir erhielt umgehend die Titel „apostelgleich“ und passenderweise den Zweitnamen „Neuer Konstantin“. Wie sein großes Vorbild hatte Wladimir sich gerade gegen seinen Bruder die Herrschaft über Gesamtrußland erkämpft.


Bild Wikipedia Kiewer Rus um 1 000


Wie sein großes Vorbild den hoffnungsvollen Sohn Crispus ermordete, so war Großfürst Wlademir gesinnt. Als sein Sohn Jaroslaw sich 1014 aus seinen Gründen weigerte, seinem frommen Vater Tribut zu zahlen, rüstete Wladimir eine Armee gegen den Sohn. Nur der Tod des „neuen Konstantin“,1015, - nicht etwa die Vergebungsbereitschaft beider, - verhütete diesen anstehenden Fall „christlicher“ Menschenschlächterei. Die getauften Soldaten und das fromme Volk gehorchten ihrem jeweiligen Herrn. Wie Herdenvieh, dass sich stumpf in den Tod treiben lässt, waren sie, die angeblich durch Christus Freigemachten, Gefangene der Umstände.
Millionen nachnicänischer Christen haben ihren Mitbrüdern das Schwert mitten in den Leib gerannt, - weit bis ins 20. Jahrhundert hinein -. Beide Seiten schmückten sich mit Kreuzen auf der Brust, - nicht zuletzt war es das „Eiserne“ oder das „Ritter“Kreuz auf deutscher Seite - obwohl es keine anderen Gründe dafür gab, als antichristliches Streben einer handvoll Profitsüchtiger. Und anschließend dankten die einen oder die anderen dem „lieben Gott“, dass er mit ihnen war. So ist der Mensch, - der Unbekehrte, aber „Getaufte“ - den kühle Statistiker schamlos in die Kategorie „Christen“ einordnen. Sie haben nicht bedacht, wen sie damit beleidigen.

Das für einige unserer Kritiker Ärgerliche, wird indirekt durch Texte des Buches Mormon auch so genannt. 

Da liegt die Quelle des Ärgers einiger Prominenter der Russisch-orthodoxen Kirche über das “Eindringen” des Mormonismus in ihre Domäne, obwohl sie wissen, dass diese Religion mit aller Entschiedenheit das Individualsrecht - das Recht auf Entscheidungsfreiheit jedermanns - obenan stellt. 

Wo dieser Grundsatz verletzt wird, hört alles Christliche auf. So wie ein Kuchenteig, trotz perfekter sonstiger Rezeptur, aufhört Kurchenteig zu sein wenn ihm Gips zugemengt wird. 
Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Jeder Zwang, auch der jetzt beginnende in Russland, contra der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, wird letztlich weder Erfolg haben noch jemals Gutes hervorbringen können, weil der uns allesamt eingepflanzte Freiheitstrieb irgendwann die letzte Fessel sprengen wird.
Das ist Kausalität oder das Gesetz von Ursache und Wirkung.




Quellen:


1.)   Zitiert nach Klaus-Georg Riegel: Der Marxismus als „politische Religion“ bei Wikipedia

2.)  Neues Deutschland. 29. Juni 1988, S. 5
3.) Wladimir hatte seine Untertanen vor die Wahl gestellt, sich entweder im Dnjepr ertränken oder taufen zu lassen. Er wird in der orthodoxen Kirche als Heiliger verehrt.  
4.) Wikipedia: „Wladimir ließ dem muslimischen Gesandten ausrichten: „Der Rus ist des Trunkes Freund, wir können ohne das nicht sein“






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