Freitag, 4. Mai 2012


Kommentierte Presse über “Mormonen”

in Online Focus vom 28. Februar 2012
schreibt Susanne Klaiber: “Das Image der „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage“ (HLT) könnte kaum verstaubter, konservativer und hinterwäldlerischer sein: Patriarchen, Polygamisten, kinderreiche weiße Familien, konservativ gekleidete Frauen. Die Öffentlichkeitsarbeit dieser Kirche könnte fortschrittlicher nicht sein: perfekt gestaltete Homepages in verschiedenen Sprachen mit modernem Layout, Videos, aktuellen Texten....
Vor allem in den USA, dem Mutterland der Mormonen, kämpfen die „Heiligen der Letzten Tage“, die dort „The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints“ heißen, um ein neues Image. Seit 2010 mit einer millionenteuren Kampagne im Fernsehen, im Internet und auf Plakatwänden. Die zeigt hispanische und afroamerikanische Mormonen, mormonische alleinerziehende Väter aus New York, eine haitianische Bürgermeisterin aus Utah...

                      


Mitt Romney möchte US-Präsident werden. Als Mormone polarisiert er allerdings die Wählerschaft.
Romney macht aus seiner Religion keinen Hehl. Er hatte in seiner Kirche sogar den Status eines Bischofs inne – Bischöfe arbeiten für eine begrenzte Zeit und nur ehrenamtlich -, und hat fünf Kinder. Allerdings reitet er nicht auf seiner religiösen Überzeugung herum.
Aus guten Gründen... Die finanzielle Undurchsichtigkeit und der teils abgeschottete Lebensstil hat die Mormonen in den Ruf einer geheimnisvollen, ja unheimlichen Macht gebracht.“

Soweit der Textauszug.

Über finanzielle Undurchsichtigkeit einer Kirche muss sich niemand beschweren, der Vatikan legt seine Finanzen auch nicht offen, die meisten Staaten, auch die hochzivilisierten sind eher behutsam, was die Offenlegung angeht.

Aber die „unheimliche Macht“ über die die Kirche Jesu Christi der HLT verfügt oder verfügen soll, ist schon eher ein Thema.
Von Beginn an war dies ein Angriffspunkt, contra “Mormonen”: „Sie bauen Tempel und hüten das Geheimnis was darin wirklich geschieht.“
Eine Loge“ der Extraklasse.

Andererseits prahlen nicht wenige, sie hätten das Geheimnis geknackt. Der „Sektenexperte“ der evangelischen Kirche Deutschlands, Herr Dr. Rüdiger Hauth, steht examplarisch für die meisten „Knacker“.

Wem ist bekannt, dass großkirchlicherseits eine durch Schlüssellochguckerei entstandene Haus-oder gar Diplomarbeit, grundsätzlich infrage gestellt hat, oder solchen Weg der Informationserwerbung gar als inakzeptabel betrachtete, - mit den entsprechenden Konsequenzen?
Das Gegenteil scheint der Fall zu sein. Die früh geäusserte Vermutung des evangelischen Missionars Zimmers, in dreiste Worte gepackt, gelten für nicht wenige kompetente Christen als gültige Standartaussage. Er urteilte vor einhundert Jahren: „Die Mormonen sind eine einzigartige Gesellschaft von frechen Gotteslästerern, dreisten Lügnern, gewissenlosen Meineidigen, Hurern und Ehebrechern, gemeinen Dieben, lauernden Mördern eine durch greuliche Eidschwüre zusammen gekittete unzertrennliche Gemeinschaft, einem Basilisken vergleichbar, wie ihn nur die Macht der Finsternis ausbrüten konnte…“
Unter den Mormonen in Utah“, 1907, Bertelsmann, S. 24.

Anders und besser als die meisten unserer oft extrem frommen Richter, beschloß der Deutsche Bundestag 1996 eine „Enquete-Kommission“ einzusetzen um sich in Anhörungen ein verlässliches Urteil über die in der Bundesrepublik Deutschland existierenden Gemeinschaften zu bilden.
Anschließend entschuldigten sich mindestens zwei Abgeordnete bei den Vertretern der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage für ihr Vorurteil.

Wer hatte ihr Schlechtbild von den „Mormonen“ gemalt, dieser nach Hauth "gefährlichen Sekte"?
Wer wollte von vorneherein, seit 1830, schwarz malen und warum?

Die „Enquete-Kommission“ urteilte angemessen: „Wenn religiöse und weltanschauliche Gemeinschaften öffentlich mit dem abwertenden Begriff „Sekten“ klassifiziert werden, kommt dies einer Anklage und einer Verurteilung gleich… Eine als „Sekte“ bezeichnete religiöse und weltanschauliche Gemeinschaft ist gesellschaftlicher Ablehnung oder gar Verachtung ausgesetzt. Sie wird in der öffentlichen Diskussion häufig als generell  bedrohlich wahrgenommen. Dies gilt auch dann, wenn sich diese Organisation und ihre Mitglieder rechtlich und moralisch nichts zuschulden haben kommen lassen… Es sollten abwertende Verallgemeinerungen vermieden werden, die das gesamte Spektrum religiöser und weltanschaulicher Minderheiten unter einen unzulässigen Generalverdacht stellen.“ S. 190 Endbericht, Juni 1998

Die Enquete-Kommission musste auch zur Kenntnis nehmen, dass „Mormonen“ in Deutschland bereits eine Körperschaft des Öffentlichen Rechtes sind:
Aufgrund dieser Vorschriften haben neben den sogenannten "Altkorporierten" wie den christlichen Kirchen und den jüdischen Gemeinschaften eine Reihe kleinerer Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften den Körperschaftsstatus erhalten, beispielsweise in der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg so verschiedene Gruppierungen wie etwa die Freireligiösen und die Mormonen.” Bericht S. 131

Die Unterstellungen gingen dennoch weiter.

Der Sektenbeauftragte der evangelischen Kirche Brandenburgs und Berlins, Herr Pfarrer Thomas Gandow, wußte wie Assoziationen funktionieren. Deshalb beschrieb er im „Schwedter Stadtanzeiger“, vom 21. März 2000, unter der Überschrift „Die moderne Welt ist eine Welt vieler Götter“, die Wirkung der „Sektenwerber“ (wie die Mormonen) und die Folgen solcher Werbung mit den hochdramatischen Worten:

Junge Leute beenden oft bisherige Kontakte, brechen sogar die Schule oder Ausbildung ab. Nicht selten enden extreme Abhängigkeiten in der Gruppe mit Prostitution, sexuellem Missbrauch, Betrug oder Urkundenfälschung.“
In der Erinnerung hinlänglich vieler Leser bleiben die Worte, „Mormonen“ und „Betrug“ haften. Dass Persönlichkeiten von Ruf, wie Herr Pfarrer Gandow, ungerügt mit ihrer miserabel begründeten und zudem unsteten Privatmeinung über Mormonen immer noch durch die Lande ziehen dürfen, ist auch deren dienstlichen Vorgesetzten anzulasten, nämlich der Leitung der  EKD (der Evangelischen Kirche Deutschlands).   Herr Gandow hat kein einziges wirklich negatives Wort über Mormonen gesagt, - dazu ist er zu klug - sein Trick war, „Mormonen“ in übelstem Kontext darzustellen. Das ist Täuschung der öffentlichen Meinung. Das ist, gelinde gesagt, unerlaubt.
In der Vereinigten Staaten von Nordamerika war und ist das nicht anders.
Die gewollten Negativ-Bewertungen wurden bislang nicht von offizieller Seite relativiert oder gar widerrufen. Sie erscheinen in Publikationen, als wäre das was solche Kritiker sagen, des Pudels Kern.
Die Attacken kamen fast immer von den Predigtkanzeln. „Mormonismus“ war den Predigern von Anfang an ein Dorn im Auge, erst recht dass Gemeinden von Bischöfen ehrenamtlich geleitet wurden, erschien denen die ihr Geld mit der Gemeindeverwaltung verdienten suspekt.
Aus kleinsten Anlässen heraus, wuchs eine immer höher schwappende Welle der Verfolgung, wegen immer neue Gerüchte, die es bis heute gibt.
In Deutschland und den USA heißt es synchron:
Mormonen sind gefährlich“.
Punktum.

Konkrete Gründe muss bis heute niemand angeben, welcher Art diese Gefahr ist. Es genügt ein Gefühl des Gruselns zu erzeugen, weit abseits von Wahrhaftigkeit.

Wann werden die Journalisten sich ihr eigenes Urteil bilden? Werden sie sich jemals wenigstens annähernd ein Bild vom Schrifttum und den tatsächlichen Zielen und Absichten dieser hochstrittigen „Sekte“ machen und wenigstens diagonal das Buch Mormon lesen um es als Primärquelle zu verwenden, statt alberne Geschichten und Gerüchte aufzugreifen?
Im Halbdunkel unvollendeter Meinungsbildung erscheinen auch klare Strukturen mitunter wie Gespenster.
In den USA führte es, im 19. Jahrhundert! sogar zum Ausrottungsbefehl vom 27. Oktober 1838, erlassen von Gouverneur Lilburn W. Boggs, gegen alle Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage.
Erst am 25. Juni 1974 hob Gouverneur Christopher S. Bond diesen Befehl auf. Er entschuldigte sich für die Leiden, die der Bundesstaat Missouri „Illelegal“ den Heiligen der Letzten Tage zugefügt hatte.
Im Jahr 2001 entschuldigte sich ebenfalls das Parlament des Bundesstaates Illionois für die Vertreibung der „Mormonen“ aus dem von ihnen errichteten Stadtstaates Nauvoo, die mitten im Winter erzwungen wurde - im Namen des evangelikalen, gnadenlosen Christentums.
Immerhin, ein Anfang.

1 Kommentar:

  1. Um den Einfluss der Kirche auf die Lebensweise der Mitglieder objektiv in " sehen , erkunden zu können , sollte man einfach den L i a h o n a lesen auf der Webseite der Kirche. Ab 2000 ist das wohl dort gespeichert . Im Liahona kann man nachlesen wie sie leben , womit , warum sie dies und jenes tun usw usw : Nun so kann man sich auch die eigenen Gedanken machen und einiges über sie erfahren , denn es ist ja nicht möglich Mitglieder der LDS Kirche in ihrem privaten alltäglichen Leben zu begleiten , so wie man es für gewöhnlich mit den eigenen Nachbarn , Freunden , Kollegen, Freunden von Kindern , Gemeinschaften in Vereinen , Bekanntschaften usw usw ganz nebenbei im Alltag täglich tun kann.

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