Samstag, 18. Juni 2016

Richard Dawkins „Gotteswahn“ – unter der Lupe by Gerd Skibbe



Oxford-Prof. Dr. Dawkins, Evolutionsbiologe und Ablehner allen religiösen Glaubens stellte einige sehr fragwürdige Glaubensthesen auf.
Obwohl er ernstzunehmende und berechtigte Einwände gegen Glaubenstraditionen vorträgt, handelt es sich in seinem Buch wiederholt um Annahmen und um Folgerungen aus diesen Annahmen. Logischerweise erhebt sich sofort Widerspruch, nämlich dort wo er sich weigert zu differenzieren oder dann, wenn der Autor sagt:
"Jede kreative Intelligenz, die ausreichend komplex ist, um irgendetwas zu gestalten, entsteht ausschließlich als Endprodukt eines langen Prozesses der allmählichen Evolution.“
Dieses „ausschließlich“ trägt einesteils hypothetischen Charakter, andernteils entspricht es der Entschlusswut gewisser Cäsaropapisten, die sich seit Konstantin bis Justinian I. in Sachen Gottesglauben höchste Autorität anmaßten, womit sie dem originalen Christentum schweren Schaden zufügten.
Richard Dawkins beabsichtigt Jahrtausende alte Menschheitserfahrungen über Bord zu werfen, als wären sie Ballast. Er agiert mit lässiger Geste, als sei solches Unternehmen  längst überfällig, obwohl er durchaus weiß, dass es dem Wesen des Menschen glücklicherweise zu eigen ist, höchste Ideale zu verehren. Will er, wie vor Jahrzehnten von den Bolschewisten geplant, den „neuen“ Menschen schaffen, einen der frei von Aberglauben, aber auch "befreit" vom Glauben ist?
Als Lenin 1918 die Kremlkirchen schließen ließ, erhob sich weithin Unmut. Also erlaubte er ausnahmsweise für einen Tag ihre Öffnung.
Assoziationen dieser Art kommen auf, wenn man Dawkins reden hört.

A)   Gibt es eine andere Welt als die materiell fassbare?

Dawkins ist überzeugt,  selbst wenn es eine feinstoffliche Nebenwelt gäbe, dass kreative Intelligenz in ihr nicht vorkommt. Doch, wie will er, vor dem Hintergrund solider, ganz anders lautender Lehren und Erkenntnisse der Frühzeit, der Bibel, der Antike, sowie moderner, millionenfacher  Berichte von Menschen mit außerkörperlichen Erfahrungen und angesichts kluger Formulierungen anderer Vernünftiger seine Annahme wissenschaftlich untersetzen? Warum will er das Großartige, Erhebende minimieren was die großen Künstler im Geiste der Gottesverehrung schufen: Bachs „Johannespassion“, Händels „Messias“, Schillers „Ode an die Freude“ „Brüder, überm Sternenzelt muss ein lieber Vater wohnen.“ Beethovens inspirierte Umsetzung dieses religiösen Hochgefühls in Musik, Michelangelos „Pieta“, Raffaels „Sixtinische Madonna… Sich gegen  solche oder vergleichbare durch Religion verursachte Höhenflüge des Geistes zu stemmen ist jedem erlaubt. Kriminell wird es jedoch, wenn irgendwer seine Mitmenschen direkt oder indirekt zu diesem Barbarismus ermutigt.
Dawkins folgert aus dem Resultat seiner eigenen Spekulation: 

"Ich greife nicht eine bestimmte Version von Gott oder Göttern an. Ich wende mich gegen Gott, alle Götter, alles Übernatürliche, ganz gleich, wo und wann es erfunden wurde oder noch erfunden wird."

B)    Wissen und Glaube

Dawkins ist der Auffassung, Glaube an Gott und Wissen widersprechen einander. Er hat anscheinend keine Kenntnis, dass es in einer der ältesten, nämlich der altägyptischen Religion  sehr wohl Begriffe für Gott und die andere Welt  gab, aber keinen für das was wir Glauben nennen.
Frau Prof. Dr. Regine Schulz, Direktorin des Roemer- und Pelizaeus-Museums bestätigt das. Sie erläuterte, dass den Menschen des Alten Ägypten die Frage nach dem Glauben ganz fremd gewesen sei.  

„Die Ägypter hatten nicht einmal ein Wort dafür. Ihre Vorstellung von der Götterwelt und der Ordnung des diesseitigen und jenseitigen Lebens sei nach ihren Begriffen überliefertes Wissen gewesen, die Wahrheit. Sie fürchteten das Totengericht, denn das Weiterleben nach dem Tod hing vom Wohlverhalten im Diesseits ab. Es gab Hoffnung auf Gerechtigkeit, sagte Regine Schulz, Hoffnung auf Gnade gab es nicht. Der Maßstab für das richtige Leben sei zusammengefasst im Begriff Ma`at, der sich nicht übersetzen lasse,  weil er viele Bedeutungen einschließt: Gerechtigkeit, Ordnung, Weisheit.“ 

Es kann im Zusammenleben aller nur um „Gerechtigkeit, Ordnung und  Weisheit“ gehen. Das war der ursprüngliche Sinn aller Religion. 
Mit diesen drei Elementen ergibt sich die Notwendigkeit zu sinnvollem Verzicht, wenn man erkennt, dass etwas einem selbst oder einem anderen auf weite Sicht nicht nutzt.
Nur wenn jemand die Straßenverkehrsordnung respektiert sorgt er für die eigene Sicherheit und für die der anderen Verkehrsteilnehmer.

Dawkins glaubt er habe einen scharfen Verstand und andere Leute, falls ihnen göttliche Weisheit etwas bedeutet, stünden unter ihm. Er sagt: Gott kann, seiner Überzeugung nach, dem Universum nicht das Gesetz gegeben haben, nach welchem sie regiert wird:

„ Da kreative Intelligenz durch Evolution entstanden ist, tritt sie im Universum zwangsläufig erst sehr spät in Erscheinung. Sie kann das Universum deshalb nicht entworfen haben. Gott im eben definierten Sinn ist eine Illusion.“
Das klingt gescheit, ist es aber nicht. Richard Dawkins reicht es lediglich aus,  dem für Materialisten im Augenblick anscheinend Naheliegenden den Vorzug zu geben. 
Dass es  jedoch Berechtigung für andere Sichtweisen gibt, die der des Richard Dawkins mindestens gleichwertig gegenüber stehen, weist er weit von sich.
Allerdings ist sein Hass auf Religion bedauerlicherweise nicht unbegründet. Der Buchstabe gewisser Partien des Alten Testaments tötet tatsächlich. Das religiös bedingte Kastenwesen Indiens, der kriegerische Islam und die entsetzliche Geschichte des nachnicänischen Christentums, sowie einige  Praktiken „heidnischer“ Religionen verleihen Dawkins das Recht zur Kritik, nicht aber ein unbegrenztes, wie er es beansprucht.
Dass er verallgemeinert, was wegen der Unschuld zahlloser Religiöser nicht verallgemeinert werden darf, zeigt seinen Übereifer.



C ) Gefälschter Glaube

Leider ist es nur allzu wahr, die europäische Welt wurde lange Jahrhunderte hindurch  Opfer sich religiös gebender Banditen vom Schlage eine Ambrosius von Mailand der als fanatischer Katholik meinte, Menschen müssten zu ihrem Heil gezwungen werden, der den jungen Kaisern seiner Zeit den nicht immer guten Willen und die Absichten seiner Kirche aufnötigte.
Zwangsgesetze, wie das berüchtigte „Cunctos populos“, das Ambrosius zumindest billigte,  verbot sämtlichen nichtkatholischen Christen das Recht auf eigene Gottesdienste. Er untersagte Heiden, Heiden zu sein. Männer wie  Patriarch Cyrill von Alexandria duldeten paganes Denken grundsätzlich nicht, was im Jahr 415 zu grauenvollen Straßenschlachten und sogar zur Ermordung der allerseits hochgeschätzten Philosophin Hypatia, durch vorgebliche Christen führte. Typen wie die roten Terroristen des 20. Jahrhunderts, da vom Schlage eines Justinian I., machten aus der Frohen Botschaft, eine des Schreckens. Sie selbst hielten sich für Wahrheitsverkünder und Förderer der Menschheit. Sie meinten was sie glaubten sei Gottes Religion und ihre Religion die einzig wahre.

Dawkins berücksichtigt ebenfalls nicht, dass es im 4. Jahrhundert einen unübersehbar heftigen Paradigmenwechsel innerhalb der Christenheit gab, der in jene Katastrophen führen musste die er (Dawkins) für die Zukunft erwartet, solange Menschen glauben. Er darf und will warnen. 
Andererseits kommt er zu spät. Es gibt die Gesetze des Glaubenszwanges längst nicht mehr. Die Inquisition verlor schon vor 200 Jahren ihren Stachel. Mehr und mehr Heutechristen haben den Aberglauben überwunden. Sie befinden sich auf der Seite der Vernünftigen.
Sie zu beleidigen ist ungezogen.  Deren Problem besteht indessen darin, dass sie einesteils verinnerlichten, dass Jesu Christi Geist und Lehren ihr Seelenleben sehr bereicherte, etwas das sie nicht aufgeben wollen und dürfen, weil ihnen das ihr Gewissen und ihre Vernunft verbietet. Andernteils  haben sie es mit einer total verkorksten Theologie zu tun, die einigen Hauptfragen nicht (mehr) gewachsen ist.
Natürlich, weil Hauptelemente urkirchlicher Lehren von angeblichen Christen der nachnicänischen Kirche ins Abseits gedrängt wurden, wo sie sich immer noch befinden, stehen sie den Suchenden nicht mehr zur Verfügung.
Heute lässt sich ohne großen Aufwand belegen, was die Christen der ersten dreihundert Jahre lehrten und glaubten. 
Könnten Christen Diskussionen auf dem Boden urchristlicher Lehren und Praktiken führen, wäre ihre Position unanfechtbar.
Außer dem Wortlaut der Texte (!) des Neuen Testaments wurde  im Verlaufe der nachnicänischen Zeit, seitens bedeutender Kirchenführer, nahezu alles in der Bibel nicht eindeutig Erklärte schließlich diffamiert, ausgebootet und verboten. 
Die Dogmengeschichte legt den Wandel in Glaubensfragen offen und sie zeigt dass Hass bei alledem seine böse Rolle spielte.
Es macht betroffen zu lesen wie der Kirchenheilige Athanasius (296-373)  vom Leder zieht, wenn es gegen die urchristlichen Arianer geht, nur um des Kaisers Gotteswahn zu bekräftigen (was ihm u.a. das Privilleg der Hafenaufsicht der Weltstadt Alexandria einbrachte) .
Bereits in seiner zuverlässig überlieferten 1. Rede gegen die Arianer tönt Athanasius:
„Wenn man sie aber logisch untersucht, so wird es sich herausstellen, dass sie (die andersdenkenden Christen) bitteren Spott und Hohn verdienen..., verdienen sie nicht allen Hass?”
Auch Prof. Hans Lietzmann stellt fest:
 „Er (Athanasius) wird die nicänische, orthodoxe Leitfigur der kommenden Kämpfe.“ „Geschichte der Alten Kirche“
Sinnentfremdende Formulierungen, wie die von dem trinitarisch "Einen" führten letztlich das Mittelalter herauf, denn einen Gott den man sich nicht vorstellen darf und kann, gibt es selbstverständlich im praktischen Leben nicht.  Hirngespinste ja. 
Nichts als Chaos herrschte unter Christen im 4. bis Mitte des 17. Jahrhunderts, oder sogar bis zum Ende des Holocaust. 
Alleine  was Augustinus von Hippo auf der Schwelle zum 5. Jahrhundert dazu beitrug, etwa mit seinem „Compelle intrare“, mit seiner Lehre von der Prädestination, seine Behauptung ungetauft verstorbene Kleinstkinder könnten nicht erlöst werden usw.  stammt vielleicht aus dem Glaubensgut seiner Zeit als Manichäer. Er, nicht die Urkirche,  lehrte einen Gott der Lieblosigkeit und der Ungerechtigkeit:
„Nur eine relativ kleine Zahl von Menschen (zur Wiederauffüllung der durch den Engelsfall entstandenen Lücke!) ... ist zur Seligkeit vorausbestimmt. Die anderen seien eine ‚Masse der Verdammnis’.“ Hans Küng „Kleine Geschichte der katholischen Kirche“
Hauptursache für den Dogmenwandel war das Streben nach Vormacht, nach eben jenem Elendbringer den Jesus überwinden wollte und wird. Es ist das, was sich auch noch in unseren Tagen im menschlicherseits nicht mehr zu bremsenden Wettrüsten aller Nationen ausdrückt. Schuld am großen Dilemma ist nicht der Glaube an den Gott der Ersten Christen, sondern das Macht- und Sicherheitsbegehren gewisser Leute, die als Diebe und Verräter am Christentum zu kirchlichen Ehren kamen, oder die im Islam bedeutend werden wollten.
Bei Weitem nicht die Mehrheit, sondern die Machtsüchtigen unter den Muslimen schrieben sich seit je den „Jihad“ auf ihre schwarzen Fahnen. Die Islammächtigen priesen Allah, den sie aus politischen Gründen den Allbarmherzigen nannten, um erbarmungslos diejenigen unter ihre Fuchtel zu bringen die ihrer Islamdeutung nicht zustimmten. Das haben nicht nur die Juden Mekkas zu spüren bekommen.
Ausdrücklich betonte Jesus Pilatus gegenüber: 
„Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“
Konstantins Reich war jedoch sehr wohl von dieser Welt, und führende Christen seiner Zeit ließen zu,  bzw. mussten zulassen, dass „Christi Kirche“ zugleich Rad – nicht Rädchen – und bald Triebfeder des räuberischen römischen Imperiums wurde. Auch durch das Wirken des Ambrosius von Mailand wurden zahllose Menschen dazu gedrängt, die „Kirche“ selbst zu einem räuberischen Imperium zu machen.

„Christliche“ Machtmenschen wie Ambrosius Zeitgenosse Papst Damasus klauten wo sie konnten, das Geld der Witwen, die Ehre Andersdenkender, die Rechte derer die ihrem Aufstieg im Wege standen. Es traf Bischof Ursinus und dessen christliche Gemeinde. Herr Damasus hatte ihnen im Jahr 366 den blutigen Krieg erklärt. Mit Äxten und Beilen machte die Kriegerschar der Athanasianer Roms den toleranten Arianern den Garaus. Wegen ihrer politischen Denkweise schritten die angeblichen Petrusnachfolger über Leichen. Etwas das sich im zehnten Jahrhundert im Ringen um den Stuhl Petri in ähnlicher Art aber ins Unendliche gesteigert fortsetzte.

D)   Die Schöpfungsgeschichte

Dawkins schmälert sein Ansehen durch seine Intoleranz und durch seinen Unwillen zu differenzieren. Auch, dass er es  wagt Christen das Bedürfnis nach rationalem Denken abzusprechen, ist Ausdruck von Respektlosigkeit: 

   "Mit der Vorstellung, die erste Ursache, der große Unbekannte, der dafür gesorgt hat, dass es etwas statt nichts gibt, könne das Universum gezielt gestalten und zu Millionen Menschen gleichzeitig sprechen, entzieht man sich völlig der Verantwortung, eine Erklärung zu finden. Es ist die entsetzliche Zurschaustellung einer selbstzufriedenen, das Denken leugnenden Wundergläubigkeit."

Zugegeben, auf den ersten Blick, nicht auf den Zweiten, klingt die biblische Schöpfungsgeschichte wie ein Märchen.

Sowohl die rabbinische Tradition, sowie die zuverlässigsten Überlieferer urkirchlichen Glaubensgutes und der zu Unrecht kaum beachtete Mormonismus, lehren die intelligenten und zugleich übereinstimmenden Gegenteile spätmittelalterlicher Exegese der Verse der ersten beiden Kapitel der Bibel. 
Diese Gegenstücke sind von der Logik her stark. Sie führen bei näherer Betrachtung zu einem ausbalancierten Denken. Sie widersprechen bedeutenden Passagen großkirchlicher Theologie. Das wäre nicht der Fall, wenn ihre heutigen Vordenker dem Beispiel des Schweizer Theologen Felix Gietenbruch folgend einige Grundsätze neu erwägen würden, wie etwa die Frage nach dem vorirdischen Dasein des Menschen.

Präexistenz meint, dass wir als handlungsfähige geistige Wesen schon vor unserer Geburt existierten... in dieser Vorexistenz haben wir uns alle eigenverantwortlich von Gott entfremdet...
Ich denke, heute wird uns mehr und mehr bewusst, dass auch das christliche Abendland neu darüber nachdenken muss.“ „Höllenfahrt Christi und Auferstehung der Toten Ein verdrängter Zusammenhang Reihe: Studien zur systematischen Theologie und Ethik

Hier ist anzumerken, dass die Eliminierung dieser Christenlehre erst im 6. Jahrhundert auf Drängen eines Unholdes der Menschheit, - der das Abweichen von seiner Christusidee mit dem Tod bestrafte - Kaiser Justinian, aus eindeutig politischen Zielen erfolgte. (F. Diekamp) Es ist nicht zutreffend, dass die Präexistenzlehre aus der Theologie entfernt wurde, weil sie die Vorstellung von Reinkarnation zulässt. Die Frühkirche hat nie Reinkarnation gelehrt. (Hebräer 9: 27)
Die Verfluchung dieses Grundelements des Urchristentums ist auf Justinians Größenwahn zurückzuführen, der nicht ertrug zu denken, dass alle Menschen vor Gott gleich sind, dass er einer unter vielen anderen sein sollte, er der Erbauer der Hagia Sophia. 
Diese u.a. ähnliche Umstände sind es, die es modernen Theologen nicht leicht macht wirklich schwergewichtig zu diskutieren. Sie haben zudem keine oder nur eine schwache Vorstellung mehr von der Seele des Menschen. Sie sind geradezu peinlich berührt wenn von Hölle  dem Teufel und vom Himmel, von Auferstehung und  Himmelfahrt die Rede ist, obwohl das wichtige Themen der Bibel sind.  Das Erbe vormittelalterlichen Denkens, wie es in einigen Konzilien festgeschrieben wurde, und die Verbrechen der Kirchen lasten auf ihren Schultern. Sie lehnen, meist aus Gründen die aus der Tradition stammen, ab, zu glauben was vormals zum Ursprünglichen und Kostbaren zählte, etwas, das jedoch zugleich der Vernunft nicht widerspricht.

E)     Eine komplexe Gesamtschau

Noch im 3. Jahrhundert lehrten alle Bischöfe und die Ältestenkollegien:
„Es gibt zwei Bereiche der Schöpfung“ – und diese Schöpfungen geschahen nicht binnen einer Woche.

-         Origenes (oberste Autorität der Urkirche in Fragen Exegese, von Justinian I. verflucht) schrieb um 320:
     „Es gibt zwei grundsätzlich verschiedene Bereiche der Schöpfung:         zuerst die geistige Welt. Sie ist ursprünglich, von ewiger Dauer und gliedert sich in den Sohn, den heiligen Geist und die übrigen Vernunftwesen.
          Sodann folgte die Erschaffung der körperlichen Welt. Sie ist aus dem Nichts geschaffen und von zeitlich begrenzter  Dauer; ihre Entstehung ist durch den Fall der Logika veranlasst.“ Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft, dritte, völlig neu bearbeitete Auflage, vierter Band Kop-O, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen, 1960

-         Joseph Smith,  1. Präsident der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) formulierte 1 500 Jahre später, aber zu einer Zeit in der man noch buchstäblich an die Welterschaffung innerhalb einer Kalenderwoche glaubte:
             „Alles wurde zuvor geistig geschaffen.“   Köstliche Perle  Mose 2, 7

-          Origenes legte wiederholt den Finger auf diesen Punkt: 
„Die sechs Schöpfungstage werden als Weltperioden verstanden.“ Handwörterbuch
-         Joseph Smith (1805-1844) formulierte um 1830 übereinstimmend: 
                 „Die sechs Schöpfungstage sind Zeiten.“ Köstliche Perle, Abraham Kapitel 4
Nicht uninteressant ist Vers 18 ebenda. Er lässt den Schluss auf die Evolution (als Arbeitsweise Gottes bzw. der Götter) zu.
         „Und die Götter hatten acht über die Dinge, denen sie befohlen hatten, 
          bis sie gehorchten“
Die mormonische Gottesvorstellung entspricht erneut der des frühen Christentums die ebenfalls polytheistisch war!
Origenes erläutert:
Im Urzustand waren alle Logika ( logica aus griechisch λογική (τέχνη) (logikḗ (téchnē)) „Denklehre“, zu λογικός (logikós) „die Vernunft betreffend“ Menschen oder Vernunftwesen) körperlose Geister und als solche Götter (Schöpfer,Mitschöpfer) die dem Logos (Christus)  als Trabanten anhingen... ihm durch den heiligen Geist zur Einheit verbunden und sich mit ihm der unmittelbaren Schau des Vaters hingaben. Erlahmung der geistigen Schwungkraft und Überdruss an der Gottesschau führten zum Sündenfall...“ Handwörterbuch S. 1696
Origenes (185-254) genoss in der vornicänischen Zeit weithin den Ruf als gewissenhafter   Überlieferer der Theologie der Kirche seiner Zeit. Das erwähnte Handwörterbuch für Theologie schreibt:
„Mehrfach holte man Origenes zur Widerlegung von Häretikern, die sich seinen Argumenten meistens beugten...“ S. 1694
Bischof Hippolyt von Rom zählte zu seinen engsten Freunden. Nach Antiochia und in andere Zentren der frühen Kirche wurde er als anerkannter Schlichter gerufen. Bedauerlicherweise hatte Origenes seine Neider, wegen seiner Gelehrsamkeit. Aus dieser Welt kamen schließlich diejenigen die ihn und die ursprünglichen Lehren verleumdeten. Er denke und lehre griechisch, als ob etwas in der Christenwelt falsch sein müsse, wenn auch Menschen anderer Völker dasselbe vertreten.

-         Der Arbeitskreis Kirche und Israel in der Evangelischen Kirche Hessen ... schreibt:

Ein Midrasch rabbinischer Tradition laute:
„Sieben Dinge gingen der Erschaffung der Welt voraus, nämlich die Thora, die Buße, das Paradies (die Welt der Geister), die Gehenna (Ort an dem Geister der Verstorbenen leiden), der Thron der Herrlichkeit, der Tempel und der Name des Messias.“

Der jüdische Religionsexperte Dr. phil. Kurt Wilhelm sagt:

Der alte Israelit glaubte an irgendeine Fortsetzung dieses irdischen Lebens nach seinem Tode. Er wusste von scheol, das dem Leben auf Erden folgt, und er wusste, wer ins scheol hinab sank, war wohl „auch wenn die ältesten Bücher der Bibel keine bestimmten Vorstellungen von der Unsterblichkeit und vom Leben nach dem Tode vermitteln,“  abgeschnitten vom Leben, aber deshalb musste er nicht jedes Daseins bar sein... Die Fragen der persönlichen Unsterblichkeit und der Präexistenz und des Fortlebens der Seele werden mit der Ewigkeit des jüdischen Volkes selbst verwoben. Alle Seelen, die je und je in einen jüdischen Körper eingehen werden, so heißt es in einem Midrasch, haben am Sinai gestanden und sind dort in den ewigen Verbund zwischen Gott und Israel eingetreten. „Wir Juden sind also vom Sinai her beim Vater“,... „Wir leben ewig“, mit diesem Gesang gingen Juden in die Gaskammern.“ „Jüdischer Glaube“

Dies korrespondiert mit einem Wort aus dem Hebräerbrief: 
„An unseren Vätern hatten wir harte Erzieher, und wir achteten sie. Sollen wir uns dann nicht erst recht dem Vater der Geister unterwerfen und so das Leben haben?“
Daraus resultiert, dass alle Menschen (nach Adam), „aus den Gefilden hoher Ahnen“ (Goethe, Faust I) stammen, (ob sie Weiße oder Schwarze sind). Goethe bekräftigte seine Überzeugung noch einmal kurz vor seinem Tod. Am 11. März 1832 sagte er im Gespräch mit Eckermann:

 „Wenn man die Leute reden hört, so sollte man fast glauben, sie seien der Meinung, Gott habe sich seit jener alten Zeit ganz in die Stille zurückgezogen und der Mensch wäre jetzt ganz auf eigene Füße gestellt …Diese plumpe Welt aus einfachen Elementen zusammenzusetzen und sie jahraus jahrein in den Strahlen der Sonne rollen zu lassen, hätte ihm sicher wenig Spaß gemacht, wenn er nicht den Plan gehabt hätte, sich auf dieser materiellen Unterlage eine Pflanzschule für eine Welt von Geistern zu gründen. So ist er nun fortwährend in höheren Naturen wirksam, um die geringeren heranzuziehen. Goethe schwieg. Ich aber bewahrte seine großen und guten Worte in meinem Herzen.” 
Schiller hat es wahrscheinlich ebenfalls empfunden. In seiner Ode an die Freude bringt er das zum Ausdruck
-         Einige Naturwissenschaftler sagen, vor dem (angenommenen Urknall) muss es noch etwas gegeben haben, nämlich ein Gesetzespaket. Die Frage wer es geschnürt hat, ist sicherlich nicht unberechtigt.
In jedem von uns schlummert die große Ahnung, dass die Welt in der wir uns jetzt befinden nicht unsere Heimat ist.
Origenes  brachte es auf den Punkt:
-         Der Mensch ist seinem eigentlichen Wesen nach Geist, - Intelligenz -. Gott Vater gab ihnen (uns) eine Form die dem unseres irdischen Körpers entspricht.
-         Der oder die Teufel und die Hölle sind negative Realitäten der geistigen Welt. Gott hat sie nicht erschaffen, sondern die Betreffenden schufen aus eigenem Willen unangenehme Gegebenheiten, wie wir sie auch hier antreffen wenn Menschen durch unbeherrschte Leidenschaften eine Kette schmieden, die ihre Freiheitsgrade einschränkt. In der Frühkirche hieß es, laut Origenes:

     Alle Logika (Engel, Menschen und Dämonen) sind von gleicher Natur, ihre Unterschiede sind erst durch den Fall entstanden...“

Die Hölle ist ein Ort in dem diejenigen sind, die nach ihrem Tod von schweren Gewissenskonflikten erschüttert werden, nachdem sie zur Erkenntnis kamen  wie viel Elend sie mit ihrem Tun angerichtet haben. Angemessen der Schuld etwa der Terroristen, der Kinderschänder usw. büßen sie ab, bis sie aufrichtig bereuen. Sie werden irgendwann durch das Opfer Christi erlöst, wenn sie wollen. Die Hölle ist ein Zustand, sagt das Buch Mormon. Drei Tage befand sich Alma der Jüngere in den Qualen seiner Hölle jener Gewissenspein, (Alma 36)  von der die alten Christen sprachen, wie auch Origenes bestätigt. Schon diesseitig geraten Schwerverbrecher in unsichtbare aber wirkliche Höllen. In die Hölle gehen die Übertreter.
Richard Dawkins bezeichnet die Vorstellung einer Hölle als „Kindesmisshandlung“. Ihm steht das Bild ewig brennender Menschenseelen vor Augen. Er schließt von seinem Denken auf das anderer. Von einem ewigen Aufenthalt schwer schuldig gewordener in einem Flammenmeer war in der Alten Kirche nie die Rede.

Die Hölle als Ort der (geistigen) Finsternis durchlebten nicht nur in der Zeit Hitlers, Stalins, Pol Pots u.a. Millionen.
Es ist angebracht Kinder und nicht nur Kinder davor zu warnen, dass sie Dinge begehen könnten die sie sehr bereuen werden.
Hier muss ebenso vor Dawkins Kurzschlüssen gewarnt werden.
Origenes lässt uns wissen, was die Ersten Christen unter Hölle verstanden, nämlich ein Läuterungsfeuer im Hades. Aus pädagogischen Gründen erscheint es in der Bibel als ewige Verdammung.
„das aber tatsächlich in einer zeitlich begrenzten, qualvollen Gewissenspein besteht.“ Handwörterbuch S. 1697

Origenes sagt:
„Alle Logika werden am Ende jeder Weltperiode einem… Weltgericht unterzogen, wobei einem jeden alle begangenen Sünden schlagartig ins Bewusstsein gerufen werden.“
Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass das Buch Mormon exakt dies lehrt:
„Die   Hölle muss ihre gefangenen Geister freigeben… wir werden eine vollkommene Kenntnis all unserer Schuld und unserer Unreinheit und unserer Nacktheit haben.“ 2. Nephi 9: 12 u 14 teilweise

In einen der vielen Himmel gehen schließlich alle Gebesserten um in unterschiedlichen Gesellschaften zu leben die sich weiter entwickeln, in denen Leid nicht ist, sondern Grade der Freude mit Aufgaben die ihnen angemessen sind. Schließlich geht es um ewige Entfaltung noch nicht geformter, wahrscheinlich erst schwach entwickelter, unerschaffbarer Intelligenzen (Zusatzliteratur der Mormonen, Lehre und Bündnisse 93) in einer räumlich und zahlenmäßig wohl nicht zu erfassenden Größe.

Nahezu sämtliche Basislehren der Urkirche, die für Origenes  den Kern der Wahrheit Christi bildeten, wurden definitiv und nachweislich aus politischen Gründen zwischen dem 4. und dem  6. Jahrhundert gelöscht.
Exakt auf denselben Elementen ruht der noch ein Schattendasein führende Mormonismus, weil nahezu die gesamte großkirchliche Theologie ablehnt mit Origenes zu glauben, dass wir Nachkommen Adams ein vorirdisches Dasein hatten und dass wir es  irgendwann in der Ewigkeit satt hatten die Herrlichkeit unseres Vaters zu sehen. Wir wünschten eigene Erfahrungen zu sammeln. Aber Gott konnte uns nicht aus dem Himmel in die Sterblichkeit werfen. Ebenso wenig wie gute Eltern ihre Kinder aus dem Haus werfen würden. Diesen Schritt mussten wir einzeln und eigenverantwortlich selbst setzen, den Schritt aus der Welt des Lichtes in eine der Gegensätze. Unser Vatergott schuf nur die Voraussetzungen dass wir den „Sündenfall“ begehen können.

Mit Pfarrer Felix Gietenbruch erheben sich Stimmen aus dem protestantischen Umfeld die das neuerdings ebenso sehen:
Nach der Lehre Adams ist jeder Mensch Adam und ist aus der Sphäre des Paradieses gefallen..." „Der Sündenfall ein sinnvoller Mythos“ Kirchenbote lokal, 2008
Das ist mormonischer Tempeltext!


Teufel wurden diejenigen Intelligenzen (Geister) die sich aus durchaus nachvollziehbaren Gründen gegen Gottes Absichten stellten, die gegen seinen Plan stimmten allen seinen Kindern völlige Freiheit des Handelns zu gewähren. Teufel sind Intelligenzen die bereits im voririschen Dasein danach trachten uns unter ihre Fuchtel zu bringen, die uns das Individualrecht rauben wollen. Das führte zum „Krieg im Himmel“.
Die Bibel sagt: „Und es entbrannte ein Kampf im Himmel...“ Offenbarung 12,7-8 
Die Nazi, die Kommunisten im „real existierenden Sozialismus“ zwischen Peking und Ostberlin hielten es für selbstverständlich, dass sie die Bürger ihrer Länder  als „ihre Menschen“ betrachteten die man permanent beobachten muss (Stasi) die politisch unmündig sind, weshalb es unter ihrer Regie nie freie Wahlen geben durfte, sondern immer nur „Volkswahlen“. 
Teufel waren einst gut, aber ihre Denkweise brachte sie vom Weg ab.

Sie müssen, wie wir, über die Erde gehen, allerdings ist ihnen nicht erlaubt sich Körper zu schaffen. Das Wissen haben sie. Wäre ich in ihrer Situation ich hätte die mir wegen meiner Unsterblichkeit und Intelligenz offen zur Verfügung stehenden Jahrmillionen schöpferisch genutzt. Es gibt viele Dokumente die belegen, dass christliche Randgruppen davon ausgingen das diese Welt das Produkt eines niederen Schöpfungsgottes ist. Für die Katharer war der Schöpfergott des Alten Testaments ein böser.  Malcolm Lambert: Geschichte der Katharer
Die Archonten einiger Gnostiker sind die eigentlichen Beherrscher der Welt, sie  neiden uns den Leib.
Im frühchristlichen Verständnis ist es Belial oder Beliar, der Zerstörer des Individualrechts.
Andererseits ist das vom Vater aller Geister gesetzte, und uns offenbarte Ziel, Menschen auf eine höhere Stufe zu heben, sie zu Göttern zu machen. Das jedoch funktioniert nicht, wenn der Mensch nicht tun und lassen darf was er will.
Origenes (185-254) formulierte das sehr komplexe System mit wenigen Worten. Die späteren Bischöfe hatten damit ihre Denkschwierigkeiten: 

Erst aufgrund der Tugend wird man ein Kind Gottes und erst in der
Erwerbung der Tugend durch eigenen Eifer erwirbt der Mensch die Ähnlichkeit Gottes. Unentbehrlich für das Erreichen der Gottähnlichkeit ist also die Entscheidungsfreiheit.“  H. Benjamins „Eingeordnete Freiheit; Freiheit und Vorsehung bei Origenes.“ E.J. Brill

Es ist handelt sich um eine Freiheit, die immer in Gefahr steht, die jeden Tag neu behauptet werden muss. Man verliert sie, wenn man das Gebot des eigenen verfeinerten Gewissens übertritt. Dazu neigt der natürliche Mensch grundsätzlich. Wenn die Lockung wächst reduziert sie die Vernunft. Der Widerspruch war gewollt. Anders als im Kampf gegen das innere Übel, gegen unbeherrschte Leidenschaften, die eigene Trägheit und Dummheit gibt es kein Wachstum. Deshalb soll der Mensch danach trachten „edel, gut und hilfreich“ zu sein, wie Goethe sagte.
Kirche war ursprünglich eine Schule der Tugend. (Laktanz) Sie sollte dem helfen der sich ihr anvertraut, das Leben in guter Weise zu meistern

Zusammenfassung
Origenes schreibt:
„Der Schöpfer gewährte den Intelligenzen, die er schuf, willensbestimmte, freie Bewegungen, damit in ihnen eigenes Gut entstehe, da sie es mit ihrem eigenen Willen bewahrten. Der eigene freie Wille, den der Schöpfer (jedem) als größtes Geschenk mitgegeben hat soll es der Seele ermöglichen, sich für oder gegen Gott zu entscheiden.“
Seit dem Hervorkommen der Reichskirche mit dem 1. Konzil zu Nicäa, 325, wurde Kirche zum Machtinstrument des Staates. An die Stelle der Verinnerlichung trat die Veräußerlichung. Statt schlichter Zusammenkünfte in denen die Christen über die „Wohlfahrt ihrer Seelen“ (B. Mormon) sprachen, dominierten bald pompöse Feierlichkeiten. Es kamen farbige Gewänder in die Kirche, zuvor bereits etablierte Kaiser Konstantin das Berufspriestertum. Mit ihm erschien die kuriose Höllenlehre, die Angst erzeugen sollte, wodurch sich gewisse Typen Vormacht sicherten.
Mormonismus tadelt all das aufs Schärfste. 
Darum tadeln die meisten (oft nur in Vorurteilen gefangenen) Geistlichen die Mormonen. 
Religion muss das Vermögen des Menschen zu Toleranz, zu mitmenschlichem Fühlen und den Wunsch an Wissen zu wachsen auf angenehm intelligente Weise fördern, andernfalls ist sie des Teufels.
Herr Dawkins darf auch diesen so definierten Glauben kritisieren, aber uns ist erlaubt seine Philosophie zu hinterfragen.
Glaubt was ihr möchtet, vor allem ans Gute.
Lang lebe die bunte Welt des Glaubens! Was sonst könnte unsere Seele weiten?


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