Freitag, 23. Februar 2024

Es ist nie zu spät

 

„Besuchen sie mich,“ schrieb ein Herr Dittmer, in einem kurzen Brief Ende der 50er Jahre, „ich wohne am Friedrich- Engelsring, Haus Dittmer, kurz vor dem Abzweig Neustrelitz.“ Unser  Neubrandenburger Gemeindepräsident Otto Krakow, bat mich ihn zu begleiten.

Der Mann mochte um die achtzig sein und kaum Platz genommen, in seiner gut ausgestatteten Wohnung, breitete er eine braunstichige Zeitung englischen Inhalts vor uns aus und wies auf drei großflächige Bilder. „Das ist meine kanadische Verwandtschaft, soviel wie ich weiß, sind das alles Mormonen und die meisten von ihnen sind Künstler, Musiker und so weiter, mehrere Hunderte, ich glaube es sind über eintausend Leute die alle irgendwie mit meinem Großvater väterlicherseits verbunden sind. Er schloss sich ihrer Kirche in den 1880 Jahren an und wanderte nach Amerika aus.“ Er sei ein Mühlenarchitekt gewesen und von Missionaren zu Güstrow in Mecklenburg getauft worden.

Dann berichtete er, er sei in den 1930er Jahren halb gewillt gewesen sich der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage anzuschließen. Wir schauten einander an.

„Ja,“ seufzte er: „Ich war Gutspächter zu Gransee gewesen. Ich hatte eine halbe Million auf meinem Konto. Der Gedanke ich müsste mich von 50 000 Mark trennen bremste mich aus.“ Er sagte wie er zu dem Geld kam. „Der Sandboden Gransees liegt günstig in einem Kleinklima mit ein paar höheren Plusgraden. Da baute ich Frühkartoffel an und ließ Salat, Möhren und Gurken zwischen den etwas breiter angelegten Kartoffelreihen, aussäen. Ich war früher auf dem Berliner Gemüsemarkt als meine Konkurrenten… und dann kamen die Russen 45 schossen mir ein Auge aus und enteigneten mich. Das Geld war futsch …“ Da habe er seinen Geiz bereut: „Ich war Freimaurer wie Luthers Freund Melanchton der ebenfalls dem 'Johannesorden freier Maurer' angehörte. Ich stand mit höchsten Persönlichkeiten auf einer Stufe… jetzt bin ich zu alt.“

Vielleicht hätten wir ihn doch überreden sollen und sagen: Es ist nie zu spät.




Donnerstag, 1. Februar 2024

Der „heilige“ Cyrill von Alexandria (380-444), die „heilige“ Pulcheria (399-453) by Gerd Skibbe

Der „heilige“ Cyrill von Alexandria (380-444), die „heilige“ Pulcheria (399-453), und ihr gemeinsames Opfer: Patriarch Nestorius von Konstantinopel (381-451)

 

„Kaum ein anderer hat die Grundentscheidungen der frühen Konzile so geprägt wie Cyrill.“  Ökumenisches Heiligenlexikon

Cyrill (der Herrliche) wurde 1882 von Papst Leo XIII. zum Kirchenlehrer ernannt, in der orthodoxen Kirche zählt er zu den Kirchenvätern.  

Papst Benedikt XVI. lobt ihn:

In Fortsetzung unseres Weges, der den Spuren der Kirchenväter folgt, begegnen wir auch heute einer großen Gestalt: dem hl. Cyrill von Alexandrien. Cyrill, der mit der christologischen Kontroverse, die zum Konzil von Ephesus des Jahres 431 führte, in Zusammenhang stand, war der letzte bedeutende Vertreter der alexandrinischen Tradition und wurde später im griechischen Osten als »Hüter der Genauigkeit« – was als Hüter des wahren Glaubens zu verstehen ist – und sogar als »Siegel der Väter« bezeichnet.… Dieser bedeutende afrikanische Bischof verfügte über eine solide theologische Bildung, zu der sich ein hohes Maß an politischem Gespür und ein entschlossener Charakter gesellten…“ Generalaudienz 3. Okt 2007

War Cyrill ein Hüter des wahren Glaubens, oder hat er lediglich zwei oder drei fragwürdige Siege erlistet, die der römischen Theologie scheinbar guttaten, nämlich der Ausweitung der Marienverehrung?

Juden sagen, Cyrill von Alexandria gehöre zu den Engeln des Verderbens.

Tatsächlich versetzte er tausende unschuldige jüdische Mütter in Angst und Schrecken, noch bevor er sie in die Heimatlosigkeit trieb. Orestes, der Gouverneur des römischen Imperiums der staatlichen Diözese Ägypten, ahnte was auf die Israeliten zukam, denn er kannte den Ober-Bischof Cyrill, der, heute würde man sagen ein christlicher „Hardliner“ war. Orestes  galt Cyrill an Autorität weit überlegen, aber seitdem der vor erst 20 Jahren verstorbene Bischof und Kaiserberater Ambrosius von Mailand die römischen Kaiser wie Schulbuben behandelte stand die Welt auf dem Kopf.

„… zwischen den feiernden Juden und den Christen kam es zu wiederholten Reibereien, deren Ausbruch jedoch der Statthalter Orestes zu verhindern suchte. … als dieser eben ein Edikt im Theater bekannt machen ließ (mischte sich) ein gewisser Hierax ein. (Ein) Schulmeister und (großer Freund des Cyrill). Da, erhoben die Juden auf einmal einen Sturm gegen den Hierax und schrieen, er sei aus keinem anderen Grunde ins Theater gekommen, als um einen Aufstand im Volke zu erregen. Orestes aber dem schon früher die bischöfliche Macht ein Dorn im Auge war, insbesondere aber der Gebrauch, den Cyrill davon machte, ließ den bekannten Parteigänger … sogleich verhaften und aus der Stelle tüchtig abstrafen. Daraufhin hin ließ Cyrill die Angesehensten der Juden zu sich kommen und drohte ihnen mit ernstlichen Strafen, wenn sie nicht aufhören würden, Tumulte gegen die Christen zu machen… (wenig später kommt es zu Straßenkämpfen wahrscheinlich der Jugendlichen, hier die Juden, da die Christen)   Sobald der Tag anbrach, eilte …(Cyrill) mit einer großen Schaar von Leuten sogleich zu den Synagogen, nahm sie mit Gewalt, ließ einige Juden töten, die anderen vertrieb er aus der Stadt und überließ ihre Besitzungen der Menge zur Plünderung.  Diese Tat entrüstete den ohnehin schon gereizten Orestes und vollendete seine Entzweiung mit Cyrillus. Er schrieb einen Bericht an den Kaiser (Theodosius den Jüngeren) und beklagte sich über den Erzbischof als einen gewalttätigen Mann, der die Stadt durch die Vertreibung einer so großen Anzahl ihrer Einwohner entvölkert habe…  Ihr fortgesetzter Zwiespalt hatte traurige Folgen… Die Mönche der nitrischen Klöster, welche schon den Theophilus, Cyrills Vorgänger, gegen die Origenisten mit ihren Fäusten unterstützt hatten, kamen bei fünfhundert Mann stark in die Stadt, ergriffen den Orestes, beschimpften und schalten ihn einen Heiden, wogegen Jener beteuerte, er sei ein Christ. Gleichwohl wurde er durch einen der Mönche, namens Ammonius, mit einem Steinwurfe blutig verwundet, und er wäre getötet worden, wenn nicht die Leute des Statthalters und das Volk seiner Partei sich dazwischengeworfen und die Mönche in die Flucht geschlagen hätten…“ Kyrillus von Alexandrien († 444) 1. Sieben Gespräche über die heilige und wesensgleiche Dreieinigkeit (De sancta Trinitate dialogi VII) Generiert von der elektronischen BKV von Gregor Emmenegger

Unvergessen: Cyrill machte kurzen Prozess und „ließ einige Juden töten“.

Ein jüdischer Historiker sagt:

… Cyrillus von Alexandria durfte es unter (Kaiser) Theodosius II. wagen, die Juden (und zwar zehntausende) aus dieser Stadt zu vertreiben... er hatte sich durch Verfolgungen der Ketzer und Andersgläubigen besonders hervorgetan... die von ihm aufgestachelte Christenmenge drang im Jahr 414 in die Synagogen und nahm sie für sich in Beschlag. Die Juden wurden aus der ihnen zur Heimat gewordenen Stadt vertrieben, ihrer Häuser und Habseligkeiten bemächtigte sich die plündernde Menge...“  Keller „Und wurden zerstreut unter alle Völker

Die gesamte Christenheit damaliger Tage erfuhr es: „Als Vergeltung für jüdische Angriffe stachelte er die Christen von Alexandria zu einem Judenpogrom an, der das Ende der jüdischen Gemeinde in dieser Weltstadt bedeutete…“ Ökumenisches Heiligen-Lexikon

Cyrill nahm den Holokaust vorweg. In jedem Fall war das eine unerhörte Kompetenzüberschreitung, die jedoch keine Strafe nach sich zog.  

Was aber hatten die Israeliten Alexandrias verbrochen, abgesehen von einigen Entgleisungen ihrer, von übermütigen Mönchen und sittenlosen „christlichen“ Halbstarken, provozierten Jugendlichen?  Zweifellos hatte Cyrill ähnlich gute Gründe, wie die Nazis, „einige Juden“ zu töten.

Typen wie sie verfolgten die treu in den Traditionen des Urchristentums stehenden. Doch „Unterstützung“ von Glaubensbekenntnissen mit Fäusten bedeutet: Geistlosigkeit und Terror.

Wenn heutige, mutige Vernünftige die Predigten der Cyrill hörigen Priester vernehmen könnten, würden sie sich mit Sicherheit schützend vor Orestes stellen. Nur Rowdies, aber kein ernst zu nehmender Christ würde heute erneut Juden verhöhnen, oder gar ausgrenzen.

Doch vor erst 80 Jahren war das in Mitteleuropa, besonders in Deutschland – seitens der Kirchen Deutschlands - ganz anders: "...Weder die evangelischen noch die katholischen Kirchenleitungen konnten sich aufraffen, offen für die verfolgten Juden einzutreten. Die Kirchen selbst waren von einem latenten Antisemitismus durchsetzt. Nur dort, wo die eigene Sicherheit und Macht auf dem Spiel standen, traten die Kirchen dem NS-Staat entgegen…das Schicksal jüdischer Minoritäten war demgegenüber zweitrangig. Unter den Christen gab es etwa 300 000 Juden als Gemeindemitglieder. 1933 standen 29 Juden in kirchlichem Dienst…1941 forderte die Kirchenkanzlei der Deutschen Evangelischen Kirche die Kirchenbehörden dazu auf, „geeignete Vorkehrungen zu treffen, dass die getauften Nicht-Arier dem kirchlichen Leben der deutschen Gemeinden fernbleiben…“ Pfarrer Hartwig Weber, Jugendlexikon, Religion 1988  

Selbst im Land der Russisch-orthodoxen Kirche bzw. in der damaligen Sowjetunion „rannten noch 1940, Juden Karfreitags um ihr Leben, wenn sie sich auf den Straßen blicken ließen.“ Bericht des Bundestagsabgeordneten Ulf Fink, als Augenzeuge, 2002, in Neubrandenburg in einer PDS- Gesprächsrunde, zu der ich als CDU-Mann eingeladen wurde

Der, von den „Cyrill-ehrenden“ Großkirchen verfemte „Mormonen-Prophet“, Joseph Smith diktierte 1828 - 100 Jahre vor dem Aufkommen des Nationalsozialismus Hitlerscher Prägung -:  „... so spricht Gott, der Herr: O ihr Toren, sie werden eine Bibel haben; und sie wird von den Juden kommen, meinem Bundesvolk aus alter Zeit. Und wie danken sie den Juden für die Bibel, die sie von ihnen empfangen? Ja, was meinen die Anderen? Gedenken sie der Beschwernisse und der Mühsal und der Schmerzen der Juden und wie eifrig sie mir gegenüber gewesen sind, um den Anderen Errettung zu bringen?

O ihr Anderen, habt ihr der Juden gedacht, meines Bundesvolkes aus alter Zeit? Nein; sondern ihr habt sie verflucht und habt sie gehasst und habt nicht danach getrachtet, sie zurückzugewinnen. Aber siehe, ich werde euch das alles auf euer eigenes Haupt zurückbringen; denn ich, der Herr, habe mein Volk nicht vergessen.“  Buch Mormon 2. Nephi 29: 4-5

Wir Deutschen erlebten die Erfüllung dieser prophetischen Warnung intensiv. Und wie es zurück auf unser Haupt fiel!

Die gesamte Christenheit hat durch traurige Erfahrung hinzugelernt. Die derzeitige, christlich-ökumenische Kirchengemeinschaft ist entschieden auf Versöhnung ausgerichtet. 

Zurückblickend auf ihr schönes Zuhause, werden die Rabbis klagend Jesaja zitiert habe

 

Wehe dem der Gutes böse, und Böses gut nennt.“  5: 20

 „Hört, ihr Himmel! Erde, horch auf! Denn der Herr spricht: Ich habe Söhne großgezogen und emporgebracht, doch sie sind von mir abgefallen…

Wehe der Brut von Verbrechern, den verkommenen Söhnen!Bringt mir nicht länger sinnlose Gaben, eure Feste - ertrage ich nicht. Eure Feiertage sind mir in der Seele verhasst, sie sind mir zur Last geworden, …ich bin es müde, sie zu ertragen. Wenn ihr auch noch so viel betet, ich höre es nicht.  … Lasst ab von eurem üblen Treiben! Hört auf, vor meinen Augen Böses zu tun! Lernt, Gutes zu tun! Sorgt für das Recht! Helft den Unterdrückten!  Verschafft den Waisen Recht, tretet ein für die Witwen!“ 1: 2-17

Wahrscheinlich wurden 414 nicht alle Juden Alexandrias zur Flucht gezwungen, Damals lebten in der Stadt der 500 000 Bürger um die 60 000 Israeliten.

 

Man sieht die Bilder und ist bewegt, sobald man noch einmal daran denkt, was damals geschah:  „Die Mönche… bei 500 Mann stark ergriffen den Orestes… er wäre getötet worden…“, hätte seine Wache nicht eingegriffen. Es waren „die Mönche der nitrischen Klöster, die schon den Theophilus, Cyrills Vorgänger, gegen die Origenisten mit ihren Fäusten unterstützt hatten.“

Dass die Mönche der nitrischen Klöstern, zuvor schon „mit ihren Fäusten“ gegen „Origenisten“ kämpften, ist eine Tatsache für sich. Die andere verblüfft, denn die „Origenisten“ galten damals, in  zahlreichen Kreisen der Gebildeten immer noch als Christen apostolischer Tradition. Das bedeutete letztlich, Cyrill, wie sein Vorgänger Bischof Theodosius waren Feinde der Urkirche wie der spätere, den „Origenes“ hassende, Kaiser Justinian (482-565).


Die Machtmenschen Cyrill, Ambrosius von Mailand, Justinian stehen weit entfernt von Origenes und den Lehren Christi

Origenes selbst hätte es nicht treffender sagen können, als Karl Barth der berühmte Schweizer Theologe: "Gott ist nicht die 'Macht an sich' ... Macht an sich ist böse. Der 'Allmächtige', das ist das Chaos, das Übel, das ist der Teufel ... Dieser Rauschgedanke der Macht, das ist das Chaos, das Tohuwabohu, das Gott ... nicht gewollt hat, als er den Himmel und die Erde schuf." „Dogmatik im Grundriss“

Die Aufgabe des echten Christentums besteht doch gerade darin, Menschen zu ermutigen und wo nötig, den an schlimme Umstände gebundenen zu helfen sich aus Zwangssituationen herauszuarbeiten. Es galt und gilt: „Eine neue, alle völkischen Unterschiede hinter sich lassende Lebensordnung (zu schaffen!) ... Alle Menschen von sittlichem Willen (werden) sich ihr freudig unterstellen... (Erst) diese Auffassung vom Ziel der sittlichen Willensfreiheit bringt uns die Loslösung des Menschen vom Zwang irdischer Bindungen.“ Dialog des Bardesanes bei Hans Lietzmann „Geschichte der alten Kirche“

Meister Eckhart (1260-1328) mahnte ebenso eindringlich wie Origenes: „Gott hat die Seele auf Freiheit und Eigenständigkeit ausgerichtet, so, dass er ihr über den freien Willen hinaus nichts aufzwingen will, auch will er von ihr nichts fordern, was sie nicht will.“

 „...gerade der anti-autoritäre Zug bei Origenes... rief später die autoritäre Reaktion der auf Machtprinzipien Beharrenden hervor.“ Franz Schupp „Geschichte der Philosophie im Überblick“ CCH Canadian Limited Bd 2

„Der Schöpfer gewährte den Intelligenzen, die er schuf, willensbestimmte, freie Bewegungen, damit in ihnen eigenes Gut entstehe, da sie es mit ihrem eigenen Willen bewahrten… durch die Kunst seiner Pädagogik wird Gott (seine Geschöpfe) doch noch dazu bringen, dass sie dem Guten beständig anhängen.... Gottes Pädagogik und der freie Wille der Logika, den Gott durch Erziehung fördern und nicht durch Zwang vergewaltigen darf, sind die eigentlichen Pole des origenistischen Systems.“ „Die Religion in Geschichte und Gegenwart“ Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft 3. völlig neu bearbeitete Auflage Vierter Band Kop-O    

Das durchaus verkannte „Mormonentum“ ist die Lehre von der Pflicht jedes Menschen das Individualrecht des Anderen als unantastbar zu betrachten:

Joseph Smith (1805-1844) schrieb, als zu Unrecht eingesperrter Mann, aus dem Gefängnis zu Liberty, Missouri:  wenn jemand „...auch nur im geringsten Maß von Unrecht irgendwelche Gewalt, Herrschaft oder Nötigung auf die Seele der Menschenkinder ausüb(t) – dann ziehen sich die Himmel zurück, der Geist des Herrn ist betrübt, und wenn er weggenommen wird, dann ist es mit dem Priestertum oder der Vollmacht des Betreffenden zu Ende.” Lehre und Bündnisse Abschn. 121: 35-40

Kurz gesagt: „Wer Zwang über Seelen ausübt, verliert seine Priestertumslegitimationen.“ Lehre und Bündnisse 121

In seiner Generalaudienz am 25. April 2007 empfiehlt Benedikt XVI. die Rückkehr zu Origenes: „Ich lade euch dazu ein... die Lehre dieses großen Meisters (Origenes) im Glauben in euer Herz aufzunehmen.“  Und Ludwig Hertling SJ schreibt: „Origenes hatte niemals die Absicht, von der Lehre der Kirche abzuweichen!“ „Geschichte der katholischen Kirche bis 1740 

Derzeitiger Erkenntnis nach glaubte etwa die Hälfte aller Anhänger Christi bis 540 „originistisch“. Dann wurde staatlicherseits, durch den Imperator Justinian das von Jesus und seinen Jüngern gestiftete Geistesleben untersagt.

Unter den Bischöfen Cyrills, wie Justinians, die noch keine Prachtkleidung trugen,  - („liturgische Kleidungsstücke kamen erst 589, mit dem Konzil zu Narbonne auf.“ Hertling SJ) - sondern wie römische Staatsbeamte gekleidet gingen, gab es einige heftige Anti-Origenisten.  In den 540er Jahren umringten und beeinflussten den Kaiser, allen voran die sabaitischen Mönche der großen Laura (Einsiedeleien). 70 Klöster unterschiedlicher Richtungen gab es alleine in Konstantinopel. Alexandra Hasse- Ungeheuer „Das Mönchstum…) Als Mönchsgarden demonstrierten sie gelegentlich gegeneinander. Obenan standen die langbärtigen Sabaiten. Sie schrien seit Wochen und Monaten: „Nieder mit dem Häretiker Origenes.“ Bereits um 400 wurden die Mönche Konstantinopels wegen ihrer anstößigen Lebensweise getadelt. : „…Johannes (Chrysostomos damals Erzbischof zu Konstantinopel) hatte sie… gegen sich aufgebracht, da er ihr Herumtreiben in der Stadt kritisiert hatte... Den ihn umgebenden Mönchen wirft der Kirchenhistoriker vor, sie hätten das Volk durch … falsche Behauptung(en)… aufhetzen wollen.“ Joanna Jessica Ayaita „Justinian und das Volk im Nikaaufstand“

Sowohl zu Zeiten Cyrills wie in den Tagen Justinians bildeten sie einen politischen Faktor von erheblichem Einfluss. Mit ihren da wie hier abgedroschenen Phrasen waren sie überwiegend Orthodoxe, in Wahrheit aber Opportunisten.

Cyrills Eremiten, gekleidet in ihre grauen und braunen Gewänder, sowie die grasfressenden Anachoreten schürten die ohnehin erhitzte Stimmung. Mit Brechstangen stürmten sie und zerschlugen alles was ihnen satanisch vorkam. 

Die verstümmelten Gesichter auf den Reliefs des heute in Berlin befindlichen Pergamonaltar sind nicht das Resultat christlichen Glaubens, sondern ein Ergebnis der blinden Wut Intoleranter, auch wenn ein Satz in der Offenbarung Johannes darauf verweist, dass in Pergamon der Sitz Satans stünde,

Die einen wie die anderen wollten jeweils ihre Dogmen durchsetzen: „… zu wissen, das, was da in der kirchlichen Dogmatik gelehrt wird und was im 4. und 5. Jahrhundert in den großen Konzilen verabschiedet worden ist als Dogma des christlichen Glaubens, das alles hat sehr seine ungeheuer menschliche Geschichte. Das ist nicht vom Himmel eingegeben, sondern in höchst menschlichen Machtkonstellationen, zum Teil gewaltsamen Prügelsituationen auf Synoden, wo Mönchshorden eingefallen sind und die Konzilsväter verprügelt haben, wenn sie sich nicht richtig entschieden und nicht richtig votiert haben.“ Theologieprofessor Matthias Kroeger „Adolf von Harnack und die Kritik der kirchlichen Dogmen“ Gesprächsreihe zu Stationen des liberalen Protestantismus, Teil 3

Sich selbst und ihren Lebensstil betrachtend konnten die Herumlungerer offenbar selbst nicht glauben, sie hätten auch nur einen Funken Göttlichkeit in sich, hätten sie sich sonst in stinkende Lumpen gekleidet?

Origenes betonte es wieder und wieder, wenn auch mit unterschiedlichen Worten: Das Göttliche ist in jedem von euch!

Das und mehr gefiel den Fanatikern nicht.

Justinian musste sich entscheiden. Zuerst neigte er zu den Erkenntnissen, die Origenes gewann und dann verkündete. Jedenfalls ist die Tatsache bekennt, dass „Justinian origenistische Kleriker förderte …“ Pfarrer Otto W. Ziegelmeier, theology.de

Vielen missfiel das. Hofintrigen der politisch orientierten Verwaltungsbeamten spielten in seine Entscheidungsfindung hinein. Justinian dreht sich um einhundertachtzig Grad. Er ging so weit, den Papst in das Intrigengeflecht einzubeziehen: „Die Bannflüche wurden ... unter dem unnachgiebigen Druck Kaiser Justinians von sämtlichen Patriarchen unterzeichnet, einschließlich Papst Vigilius’, der 544 eigens zu diesem Zwecke fast gewaltsam nach Konstantinopel gebracht wurde. Mit ihrer Unterzeichnung reihte die Kirche den bedeutendsten und herausragendsten Theologen des frühen Christentums, Origenes, aus w e l t l i c h e n Gründen unter die ketzerischen Irrlehrer...“ Hermann Bauer „Der Einfluss Ostroms“

 Schließlich stellte Justinian 543 das auf Toleranz gegründete Christentum unter Strafe. Konsequenterweise verfluchte er dann mittels seiner Sonder-Synode den „Origenismus“. Dass dieser Mann Italien, zeitgleich in jahrzehntelangen Kriegen, verwüstete steht in direktem Zusammenhang mit seinem zunehmend orthodoxen Denken, weil nämlich die dort wohltuend regierenden Ostgoten Arianer (Origenisten) waren.

Sein Sinn für Ordnung und seine Machtbesessenheit trieben ihn in Extreme:

„Justinian ordnete 545 die Verfolgung nichtchristlicher Grammatiker, Rhetoren, Ärzte und Juristen an... er ließ heidnische Bücher verbrennen. Die Kindstaufe wurde zwangseingeführt, die Nichtbeachtung mit dem Verlust an Eigentum und Bürgerrecht bestraft.“ Philipp Charwath „Kirchengeschichte“ 

„das Festhalten am „hellenischen“ Glauben bzw. die Apostasie nach der Taufe wurde mit der Todesstrafe geahndet.“ Codex Justinianus, 10,11

Es geschah auch, weil Kaiser Justinians Staatsapparat wackelte, weil Pestwellen sowie Aufstände das damalige Regime zu Konstantinopel das Land erschütterten.

Gut einhundert Jahre vorher lieferte Cyrill von Alexandria ihm das Vorbild:

Gegen ihn erheben sich weitere schwerwiegende Fragen: Ist er entscheidend Mitschuldiger an der bestialischen Ermordung der damals 60-jährigen, paganen Philosophin Hypatias, die auf Plätzen Alexandrias öffentlich Mathematik und Philosophie lehrte?

„Alle christlichen Quellen geben dem Cyrill die Schuld oder Mitschuld, … Der wahre Grund der Ermordung war möglicherweise, dass Hypatia nicht nur mit dem praefectus augustalis Orestes (dem staatlichen Oberhaupt, der ebenfalls getaufter Christ war) zusammenarbeitete, sondern eine einflussreiche Frau innerhalb der Opposition gegen Kyrill insgesamt war.“  Karl Leo Noethlichs: Johann Hahn „Gewalt und religiöser Konflikt“

„Da … der Neuplatonismus sich viel mit den Theorien des Wunders und der Zauberei befasste, konnte es dem Cyrill nicht schwerfallen, sie dem Pöbel als Hexe zu denunzieren. Unter Führung eines Klerikers, des Vorlesers Petrus, lauerte m a n ihr auf. Als sie einmal (im März 415) durch die Straßen fuhr, wurde sie aus dem Wagen gerissen und vor die Tür einer Kirche geschleppt. Dort zerrte man ihr die Kleider vom Leibe, ermordete sie qualvoll mit spitzen Scherben und riss ihre Glieder auseinander, um sie auf den Scheiterhaufen zu werfen.“  Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken Welt

 

War Cyrill bestechlich und vor allem, bestach er andere um das Recht zu beugen?

Die Geschichtsforschung fand die niederschmetternde Antwort: „Cyrill von Alexandria, hat im Jahre 431, 1 500 Pfund Gold Bestechungsgelder an Höflinge in Konstantinopel gezahlt, um sein Amt zu stützen“ Alexander Demandt „Geschichte der Spätantike“ 2008, C.H. Beck S. 453kDDDDie

Wie kam er zu diesen Unsummen? 

Bischof Theodosius hatte 391 vorsichtshalber von Kaiser Theodosius I. die Erlaubnis zur Erstürmung des heidnischen Heiligtums eingeholt und wahrscheinlich darauf verwiesen, dass bereits Kaiser Konstantin, um Sympathien bei den Konzilsteilnehmern 325 zu Nicäa zu erlangen, dessen Schließung angeordnet hätte.

Mailand stimmte zu, mit der Auflage, die erbeuteten Reichtümer zugunsten der Stadtarmen einzusetzen…

      Bedauerliche Tatsache ist, dass Theodosius I. mittlerweile nichts weiter war als das willige Sprachrohr des Bischofs und „Kaiserberaters“ Ambrosius von Mailand, der umgehend nach dem Erlass von Cunctos populos, im Februar 380. „alle Tempel seines Gebiets zerstören ließ ...Im gesamten östlichen Imperium wurden Tempel und Bibliotheken geplündert oder niedergebrannt. Danach stellte Theodosius auch einfache Besuche der hellenischen Tempel unter Strafe. In Konstantinopel wird der Tempel der Aphrodite in ein Bordell und die Tempel des Helios und der Artemis in Ställe umgewandelt...“ Vlassis G. Rassias, “Christian Persecution against the Hellenes“   

 Zu Alexandria wurden „die Bilder der Götter … zu Bechern und zu anderen Bedürfnissen der Kirche von Alexandria eingeschmolzen, (obwohl) der Kaiser die Götzen zum Unterhalt der Armen geschenkt hatte... Dieser Tempel – Serapeion - war an Schönheit und Größe der glänzendste, auf einer Anhöhe gelegen. Von den Wänden des Innern Heiligtums glaubte man, dass sie zuerst mit goldenen Platten überzogen seien, darüber mit silbernen und zuletzt mit ehernen, die zum Schutze der edlen Metalle dienten...“ „Quellen der byzantinischen Kunstgeschichte“ übers. von Friedrich Wilhelm Unger

Ererbtes Raubgold war es, das Cyrill seinem Onkel und Vorgänger auf dem alexandrinischen (Ober-)Bischofsstuhl „verdankte“.

Wir sollten uns daran gewöhnen zu denken, dass es in den Riesenstädten mit den sie umgebenden Vororten stets mehr als zehn, eher zwanzig, in Rom vor dem 1. Ökumenischen Konzil, bis fünfzig, überwiegend sehr kleine, Bischofsgemeinden gab. „Wir wissen aus Optatus, dass um das Jahr 311 einige 40 Basiliken in Rom waren“ Johann J. Ignaz von Döllinger „Hippolytus und Kallistus“ 1853.  Und diese Basiliken waren oft alte Militärbaracken (Bretterbuden).

Selbst die Verfasser des „Ökumenischen Heiligenlexikons“, sind nicht glücklich mit dem Millionär Cyrill:

Sein „gnadenloser Kurs richtete sich gegen alle, deren Standpunkte er als unverträglich mit der (bzw. mit seiner) christlichen Gemeinde der Stadt erachtete. So veranlasste er die Plünderung …der Kirchen der christlichen Gruppe, die von dem römischen Priester Novatian im 3. Jahrhundert gegründet wurden.“ Ökumenisches Heiligen-Lexikon  

Dennoch heißt es: Cyrill ist in den Augen der Kirche heilig, freilich weniger aufgrund seiner Taten denn aufgrund seiner Theologie.“  Ökumenisches Heiligen-Lexikon

Diejenigen, die sich vorurteilsfrei mit der Theologie Cyrills befasst haben, wie etwa Leonhard Fendt, der spätere Leiter des katholischen Priesterseminars Dillingen, in Bayern, kamen zu negativen Resultaten.  

Fendt tadelt Cyrill wegen dessen unsaubere Methoden im Ringen um mehr Macht, wegen dessen Streben einen Nebenbuhler - den Patriarchen von Konstantinopel Nestorius -  zu vernichten, der ein einziges Wort anders deutet: Nestorius sagte er ziehe es vor Maria die Mutter Christi die Christusgebärerin zu nennen, nicht die Theotokos die Gottesgebärerin. Das kreidete Cyrill ihm allen Ernstes an.

Fendt kritisiert, dass Cyrill in seiner Verbohrtheit Nestorius sofort attackiert, nachdem der 428 gerade sein Amt als Patriarch zu Konstantinopel angetreten hatte:

... Wo nimmt Cyrill die Berechtigung her, seinem Gegner die Ansicht zuzuschreiben, es sei (mit Christus) der Mensch gestorben und auferstanden... er sollte den Nestorius nicht einen Heuchler oder verdeckten Ketzer schelten…. Überhaupt liebt es Cyrill, durch Andeutungen da, und Klagen und Befürchtungen dort, den Nestorius als … „Abgesandten des Teufels" erscheinen zu lassen.“ Inauguraldissertation, „Die Christologie des Nestorius“ kath. theol. Fakultät der Kaiser Wilhelms Universität, Straßburg, Juni 1909. 

1917 legte L. Fendt sein Amt als Lehrstuhlinhaber für katholische Dogmatik nieder.  

  

Die „plündernde…“, die „aufgestachelte Christenmenge“, der Pöbel, die betrunkenen Matrosen und nicht zu vergessen die Hundertschaften sonst gelangweilter Krankenpfleger bildeten die Kernmannschaft Cyrills zur Ausführung seiner Gewaltaktionen:

Althistoriker Prof. Dr. Seeck sagt: Cyrill, Neffe des Theophilus hatte dessen rücksichtslose Herrschsucht geerbt. Als dieser am 15. Oktober 412 gestorben war, hatte Cyrill unter wilden Straßenkämpfen, in die auch die Truppen eingreifen mussten, seine Wahl auf den erledigten (Bischofs-) Thron durchgesetzt, und eine seiner ersten Amtshandlungen war gewesen, dass er die Bethäuser der Novatianer (Die Anhänger von Novatian nannten sich „Cathari“, Katharer, einer Gruppe Urchristen die gewillt waren gemäß Christi Gebote zu leben) schließen ließ und sich nicht nur ihres Kirchenschatzes sondern auch des Privatvermögens ihres Bischofs Theopemptus bemächtigte. .“ „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“   

Das tolerante Grundwesen der Novatianer war für Cyrill Ursache genug sie mit dem Ziel zu diffamieren, diese ganz anders geartete Gemeinde zu eliminieren. Dabei hatten die Novatianer sich nur geringfügig von den nicänischen Glaubensbegriffen distanziert. Eigentlich müsste Cyrill sie als seine Freunde betrachten. Nur, diese Freunde waren so kühn gewesen einige seiner Gemeindemitglieder für sich zu gewinnen.    Das hätten sie unterlassen sollen.

Er durfte das, nur er. 

„Cyrill war nach seiner (erlisteten) Wahl (412) überhastet ins Amt eingeführt worden, was die Unruhen, die den Vorgang begleiteten, nicht beendete. Der Bischof konnte sich seiner Position nicht sicher sein, und diese Unsicherheit trieb ihn in radikalen Aktionismus. Er war der erste einer Reihe von Kirchenfürsten der Stadt, die den alexandrinischen Klerus und alles, was mit kirchlichen Organisationen zusammenhing, zu einem im Wortsinn schlagkräftigen Instrument ausbauten. …Anschließend ging Kyrill gegen jene christlichen Gruppierungen vor, die man aufgrund staatlicher Gesetze als Sektierer, Häretiker oder Schismatiker bezeichnete. Besonders hart traf es die Novatianer, die in der Bußpraxis noch rigoroser waren als die Melitianer, deren Kirchen Kyrill ebenso konfiszieren ließ wie ihre liturgischen Geräte, um sein eigenes Kirchenvermögen aufzubessern. Damit überschritt er seine Kompetenzen und geriet in Konflikt mit dem Statthalter Ägyptens, Orestes; derartige Konfrontationen schien der Patriarch geradezu zu suchen. Manfred Clauss „Alexandria - Schicksale einer antiken Weltstadt“.

 

Prof. Otto Seeck bestätigt die Kaltschnäuzigkeit Cyrills: „…  ein wichtiges Machtmittel boten ihm die Krankenwärterstellen, da die Hospitäler von Alexandria als wohltätige Stiftungen unter seiner Aufsicht standen. Weil nämlich ihr Dienst nicht nur ein hübsches Einkommen brachte, sondern wahrscheinlich auch vom Decurionat und anderen Staatslasten befreite, drängten sich auch reiche und vornehme Leute dazu und erkauften die Aufnahme in die Körperschaft (der “Krankenhauswärter“) mit barem Gelde. Denn große Anstrengungen brauchte man ihnen nicht zuzumuten, schon weil Cyrillus ihre Zahl auf nicht viel weniger als tausend erhöht zu haben scheint. Und alle die Hunderte, die Krankenwärter hießen, tat sächlich aber auf den Straßen Alexandrias müßig lungerten, bildeten für den Bischof eine handfeste Leibwache und waren höchst geeignet, Krawalle hervorzurufen und anzuführen. So dienten auch die Wohltätigkeitsanstalten den Zwecken der Kirche in einer Weise, an die ihre Stifter gewiss nicht gedacht hatten.“ „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“


Fanatismus drang bald in die frühe Kirche ein. Bereits um 300 schlugen Christusbekenner einander die Schädel wegen verschiedener Meinungen ein: 

Umgehend "hatte Maxentius (der Schwager Kaiser Konstantins, sein Mitkaiser, den er bald vernichtete, weil er angeblich ein Tyrann sei G.Sk) die Christenverfolgungen eingestellt und der römischen Kirche den Grundbesitz zurückerstattet. Allerdings Maxentius sah sich beträchtlichen Wirren und zum Teil blutigen Kämpfen innerhalb der Christengemeinden Roms konfrontiert und deshalb gezwungen die Bischöfe Marcellus sowie Eusebius 309 in die Verbannung zu schicken." Karl Christ „Geschichte der römischen Kaiserzeit”

Selbst die Führungsspitzen der Urkirche konnten untereinander leidenschaftlich streiten.

Der Streit zwischen Petrus, Jakobus und Johannes einerseits, und andererseits Paulus - dem Urheber, dem Sturkopf -, konnte in der Frage der Rechtfertigung des Sünders vor Gott kaum als gelöst betrachtet werden. Natürlich ist der ganze Vorgang ein unwiderstehliches Zeugnis für die Echtheit der Neutestamentlichen Schriften. So etwas erfindet niemand. Dass Jakobus ausrastet und schließlich erschöpft Paulus beschimpft konnte kaum verhindert werden. Meinte Paulus wirklich gute Taten wären zur Erlösung nicht nötig? Was sollte das heißen: der Mensch wird alleine durch Gnade selig? Jakobus schreit die Antwort: "NEIN!, geradezu heraus: "Willst du aber erkennen, du eitler Mensch, dass der Glaube ohne Werke tot sei?" Jakobusbrief 2: 20

Petrus beschwichtigt…  “Seid überzeugt, dass die Geduld (griech. ypomoni) unseres Herrn eure Rettung ist. Das hat euch auch unser geliebter Bruder Paulus mit der ihm geschenkten Weisheit geschrieben; es steht in allen seinen Briefen, in denen er davon spricht. In ihnen ist manches schwer zu verstehen und die Unwissenden, die noch nicht gefestigt sind, verdrehen diese Stellen ebenso wie die übrigen Schriften zu ihrem eigenen Verderben.” 2. Petrus 3: 15-16 

Aber so ist es. Nicht nur in der Theologie gehen manchmal die Emotionen über die Grenzen hinau

Athanasius (296-373) von Alexandria war anscheinend Cyrills Vorbild 

Auffallend ist, dass diese beiden Männer übereinstimmend in geradezu unmenschlichem Stil agierten. Es scheint, sie handelten als Untertanen desselben Geistes: Die Motive der Apostel waren noch sauber, die dieser beiden Machtsüchtigen nicht. Das musste jeweils zu harten Brüchen führen.

Athanasius grobschlächtiges Wirken prägte fortan die Handlungsweise des „orthodoxen“ Teils der Kirche. Zwangstaufen und Ketzerverfolgungen waren über Jahrhunderte an der Tagesordnung.

Gewaltherrscher Großfürst Wladimir (956-1015), der Gründer der Russisch-Orthodoxen Kirche, gilt Millionen als Heiliger. „988 ließ er die heidnischen Götzen in den Dnjepr werfen und befahl allen Stadtbewohnern sich in dem Fluss taufen zu lassen. Wer sich weigerte wurde mit dem T O D bestraft... Die Druschina (das Kriegsgefolge des Fürsten) führte in allen Ecken des Reiches mit brutaler Gewalt Zwangstaufen durch.“ Fritz Pleitgen und Michael Schischkin 2019, „Frieden oder Krieg...“

Selbst gute Bischöfe wie Otto von Bamberg betrachteten es als normal, dass Herrscher ihre Untertanen mit dem Schwert bedrohten falls sie ihre Taufe verweigern sollten:


"Bekehrung" der Einwohner der Herzogsstadt Wolgast

1128 durch Bischof Otto von Bamberg

 

Zwei Jahre nach Athanasius geboren durchlebte Cyrill alle Stufen der offensichtlichen Fehl-entwicklung der Kirche, unmittelbar. Er war daran nicht nur  beteiligt, sondern keiltreibender Akteur.

Der Älteste Arius (260-337), der Gegenspieler der „Orthodoxen“, die zu Nicäa, 325 aufkamen, wurde von Athanasius schwer beschimpf, und nicht nur er. Aber Arius fand Rückendeckung, auch bei den Melitianern Alexandrias.  

Die melitianischen Träger des Priestertums bemängelten bereits frühzeitig, dass Athanasius von Kaiser Konstantin Sonderrechte erhielt, und dass dabei nichts Gutes herauskommen konnte.

„Von den 34 melitianischen Bischöfen in Ägypten... hatte sich ein erheblicher Teil nach Nicäa nicht unterworfen...die Melitianer ... erhoben Klage gegen die Gewalttätigkeiten Athanasius... in der Fastenzeit 332 brachte Athanasius den Presbyter Ischyras (einen seiner Kritiker G.Sk.) durch eine politische Denunziation (er hätte Steine gegen eine Kaiserstatue geworden) beim Präfekten Hyginus ins Gefängnis… Die Gewalttätigkeiten gegenüber Melitianern hielten an ...334 ließ Athanasius eine Zusammenkunft melitianischer Bischöfe und Kleriker mit brutaler Gewalt sprengen... Straßenkrawalle der christlichen Jungfrauen tobten...“ Rudolf Lorenz „Die Kirche in ihrer Geschichte – das vierte Jahrhundert“

Athanasius Drang vor-herrschen-zu-wollen widersprach sämtlichen Prinzipien Christi: Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker unterdrücken und die Mächtigen ihre Macht über die Menschen missbrauchen. Bei euch soll es nicht so sein…“  Matth. 20:26

Athanasius war allezeit wild entschlossen seine Linie durchzuziehen.

„Ein wahres Spießrutenlaufen erlebte Lucius, einer der Gegenspieler des Athanasius, als er 367 die Stadt verlassen musste. Damit ihn nicht das Schicksal seines Vorgängers ereilte, den die athanasianische Menge g e l y n c h t hatte, wurde er unter militärischer Bewachung aus Alexandria geleitet: "Alle schrien mit einer Stimme und eines Sinnes im Chor vor dem Haus, aus dem er (Lucius) abgeholt wurde, durch die Stadt hindurch bis zur Wohnung des Militärbefehlshabers; sie stießen Beleidigungen und Anklagen aus und riefen: ´Werft ihn aus der Stadt“. Manfred Clauss „Alexandria, Schicksale einer antiken Weltstadt“


„Wir kennen ein (für Athanasius) wenig schmeichelhaftes Stimmungsbild der Situation in Alexandria aus der Feder eines Melitianers aus dem Jahr 335: ein Bischof dieser Gemeinschaft (die weiterhin „arianisch glaubte) aus Leontopolis, der in die Hafenstadt gekommen war, wurde von betrunkenen Soldaten überfallen und sein Begleiter inhaftiert. Es gab Tote. Nach Karl Holl handelte es sich um ‚Maßnahmen’, die Athanasius ergriff, um das Treffen einer melitianischen (arianischen G.Sk.) Synode in seiner Heimatstadt zu verhindern.“ Christoph Markschies „Alta Trinita Beata: Gesammelte Studien zur altkirchlichen Trinitätstheologie“    

Um die athanasianische Häresie durchzusetzen war ihrem Vater jedes ihm geeignet erscheinendes Mittel recht. Athanasius scherte sich selten um geleistete Versprechen und Vereinbarungen:

„Der Brief (Kaiser) Constantius (des arianisch eingestellten Sohnes des Imperators Konstantin) nach dem Athanasius eine Vorladung der tyrischen Bischöfe erwirken soll, ist mit O. Seek als eine Fälschung des Athanasius anzusehen, welche das (ariusfreundliche G.Sk.) Urteil jedes Ansehens berauben soll.“ K. D. Schmidt, E. Wolf und R. Lorenz „Die Kirche in der Geschichte“

Athanasius wollte entschieden mehr sein, als ein treusorgender Vater seiner Gemeinde; eine Rolle, die der im Alter von knapp dreißig Jahren, wahrscheinlich alleinstehende Mann, vielleicht, mit klugen Ratgebern an seiner Seite, hätte spielen können. Doch jeder der es je mit ihm zu tun hatte, sah wie er sich aufspielte: Angefeuert von seinem Vormachtsanspruch, tobte er: (die Arianer) verdienen bitteren Spott und Hohn..., verdienen sie nicht allen Hass?” Maßgebliche Werke des Hl. Athanasius in der Übersetzung der "Bibliothek der Kirchenväter“  

Theologe Schleiermacher stellt nüchtern fest, dass: „Athanasius... das Signal zu den Verfolgungen gegeben hat. Schon auf dem Nicänischen Konzil mag er die Hauptursache des strengen konstantinischen Dekrets gewesen sein... Er fängt überall mit Schimpfen und Heftigkeit an und ist unfähig und unbeholfen im Disputieren.“ Joachim Boekels, Dissertation: „Schleiermacher als Kirchengeschichtler“

„Er wird die nicänische, orthodoxe Leitfigur der kommenden Kämpfe.“ Hans Lietzmann „Geschichte der Alten Kirche“

„die Sprache des Hasses erfüllte die Kirchen.“ Adolf von Harnack „Lehrbuch der Dogmengeschichte“

Diesen Hass bekamen, fast umgehend nach dem ersten ökumenischen Konzil zu Nicäa, alle zu spüren die weitersehen konnten.

Das Buch Mormon lehrt gegen diesen Trend: „...Wer den Geist des Streites hat, ist nicht von mir...“ 3. Nephi 11: 30

Schon um 318 oder wenig später rief Alexander, wahrscheinlich in Gegenwart seines Diakons Athanasius, zur Verfolgung des „Arius bis aufs Blut“, auf.  „Dem Arius muss man Widerstand leisten bis aufs Blut“ Pfarrer Ernst Ferdinand Klein, „Zeitbilder aus der Kirchengeschichte“   Das war im doppelten Sinne eine Richtungsentscheidung, gegen den Geist der Brüderlichkeit und der Logik damalig anerkannter Theologie.

Nach eingehendem Studium der ihm zugänglichen Schriften, bezichtigte Isaak Newton, Athanasius als Mitvater des Trinitätsdogmas, die christliche Lehre verdorben zu haben.  R. S. Westfall: Never at Rest. A Biography of Isaac Newton. Cambridge University Press, Cambridge 1984,

Ohnehin konnte sich die Mehrheit aller Bischöfe und erst recht die Mehrheit aller Christen im Reich nicht damit abfinden, dass ihnen mit der Lehre vom „dreifaltigen Gott“ eine Neuheit aufgedrängt werden sollte. Sowohl A. von Harnack wie auch Hans Küng, beide Spitzentheologen unserer Zeit, betonen, dass es sich bei der Definition des „dreifaltigen Gottes“ tatsächlich um neues, der alten Kirche unbekanntes Glaubensgut – und damit um einen ihnen fremden Gott - handelt.

Die Erhebung zweier unbiblischer Ausdrücke (Vater, Sohn und Heiliger Geist sind „unius substantiae“ G.Sk.) zu Stichworten des Katholischen Glaubens war eine große Neuerung. (Sie) sicherte die Eigenart dieses Glaubens... Im Grunde war nicht nur Arius abgewiesen, sondern auch Origenes... fortan musste die Kirche die Last einer ihr f r e m d e n Glaubensformel tragen. „Lehrbuch der Dogmengeschichte“

 

„Konstantin ... hat (325) das nachher so sehr umstrittene unbiblische Wort

w e s e n s g l e i c h griech. Homousios lat. ‚consubstantialis einfügen lassen. Die Unterordnung des Sohnes unter den einen Gott und Vater (der Gott), wie von Origenes und den Theologen der Vorzeit allgemein gelehrt, wird jetzt ersetzt durch eine wesenhafte, substantielle Gleichheit des Sohnes mit dem Vater“. Hans Küng, „Kleine Geschichte der katholischen Kirche

 

Es ging darum aus der ursprünglichen Lehre von drei unterschiedlichen Persönlichkeiten der christlichen Gottheit einen einzigen zu machen. Konstantin und andern Gottkaisern missfiel der Gedanke, dass Christus dem Vater nachgeordnet sei. Die entsprechende Passage bei Origenes, auf die sich Arius berief lautete. „Der Sohn ist dem Vater nachgeordnet, er ist dem Vater nur ähnlich, er ist eine andere Person.“ „Die Religion in Geschichte und Gegenwart“ Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft 3. völlig neu bearbeitete Auflage Vierter Band Kop-O    

Fest steht jedenfalls: „Kein Theologe vor der Entstehung des Arianischen Streits - weder in der Ost- noch in der Westkirche - betrachtete den Sohn nicht irgendwie als dem Vater untergeordnet.“ R. P. C. Hanson „The Search for the Christian Doctrine of God

Cyrill ging konsequent, sowohl in der Theorie wie in der Praxis, in den Fußtapfen seines Vorgänger Athanasius.

Papst Benedikt XVI.  weist direkt darauf hin. Er lobt: „Die Grundlagen der Lehre Cyrills sind die kirchliche Tradition …Bedeutsam sind …die zahlreichen Lehrwerke, in denen (Cyrill) wiederholt de(n) Glaube(n) an die Dreifaltigkeit gegen die arianischen Thesen … verteidigt.“ Generalaudienz 3. Okt 2007

Pardon! Es gab athanasianische Thesen, arianische nicht. Das muss noch einmal betont werden. Athanasius war der Abweichler, der Häretiker. Thomas Hägg sagt: "…der Erzketzer Arius ist Traditionalist. Er steht auf dem Boden der kirchlichen Lehrtradition." 4"Kirchen und Ketzer" 2004 mit Unterstützung des norwegischen Forschungsbeirates für Klassische Philologie und Religionswissenschaft, Uni Bergen

Unhaltbar ist die inkorrekte Aussage: „der Arianismus sei eine der drei großen Häresien, die im Altertum die Kirche erschütterten“ (Hertling).

Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) lehrt im Wesentlichen wie Arius, antitrinitarisch, Glaubensfreiheit, und die Notwendigkeit göttlicher Inspiration, sowie natürlich die strikte Befolgung der Christusgebote, dennoch wird sie attackiert, gelegentlich bewusst falsch von denen dargestellt, die sich selbst für gute Christen halten.  Es gibt allerdings auch grundehrlich positive Aussagen wie die von Dr. H. Obst Halle, das Buch Mormon sei ethischer Rigorismus, oder eine Wertung von Dr. Kurt Hutten: „Mormonismus ist strahlender Optimismus... Der von Mormonen gelehrte Glaube ist erfüllt von ermunternden Ausblicken. Alle Rätsel des Daseins, der Sünde und Schuld, des Leidens und Sterbens lösen sich in einer befriedigenden Harmonie auf."  „Seher -Grübler,-Enthusiasten“ 1950, Quell-Verlag

Prof. Dr. theol. Heikki Räisänen, Spezialgebiet Exegese des Neuen Testaments und Forschungsprofessor der Akademie von Finnland verfasste den entschieden zu wenig beachteten Artikel

 der im Februar 1984 in der "Theologischen Literaturzeitschrift" 109. Jahrgang erschien. Er resümiert: „Mit diesen Beispielen aus den Werken Joseph Smiths, sowie aus der neueren Literatur über den Mormonismus hoffe ich hinreichend angedeutet zu haben, dass eine ernsthafte Beschäftigung mit den Werken des Mormonismus eine lohnende Aufgabe nicht nur für den Symboliker und den Religionswissenschaftler ist, sondern auch für den Exegeten und den Systematiker. Der um Fairness bemühte Forscher kann ihnen den Wert als in ihrer Zeit und Umgebung als sinnvolle Neuinterpretation der religiösen Tradition gar nicht so leicht absprechen…“

Unbeantwortet blieb bislang die Nachfrage hat Athanasius etwa ein paganes Vorbild für seinen Gottesbegriff übernommen?

„Wie bekannt sein dürfte, haben Athanasius der Große wie auch die Kappadokier, um gegen die Arianer die Einheit des Wesens von Vater und Sohn hervorzuheben, ihre theologische Argumentation unter anderem auch genau auf der biblischen Charakterisierung vom Sohn als dem Abbild des Gott-Vaters gegründet. Sie sagten, weil der Sohn den Vater abbildet, ist nichts anderes möglich, als dass er „...eines Wesens mit dem Vater“ ist. Vortrag an der Ludwig-Maximilian- Universität München 30. Nov 1998 „Grundlagen der Orthodoxen Ikonenlehre.

Kaiser Diokletian war während vieler Reden gar nicht anwesend, aber "…in solchem Fall hielt ein Priester das Bild des Imperators in die Höhe, denn es wurde spätestens seit dieser Zeit geglaubt, dass der Kaiser und sein Bild eins seien." Alexander Demandt „Diokletian und die Tetrarchie“ – „Aspekte einer Zeitenwende

Dieses Einssein ähnelt sehr dem Gedanken des Einsseins von Vater und Sohn Gottes und Heiliger Geist.

Jeder weiß im Grunde, dass der von Cyrill so hitzig verteidigte Dreifaltigkeitsglaube der Glaube an ein unerklärliches „göttliches“ Phänomen ist, in dessen Namen alle Kreuzzüge gegen Heiden, und angeblich häretischen Christen und Juden geführt wurden, die europaweit für Millionen Gläubige und Ungläubige bestehendes Elend nur vergrößerten.

Es muss der Prüfstein gelten den Jesus gab: „An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen.“ Zu groß ist die Entfernung der, in den ewigen Geschichtsbüchern festgeschriebene Realität vom vorgegebenen Ideal.

Wahrscheinlich wird die Fachschaft großkirchlicher Theologen in naher Zukunft übereinstimmend zugeben, zugeben müssen, dass Arius, aber auch Origenes, in der Lehrtradition der Urkirche standen und ihr Gegenspieler Athanasius eher nicht. Das würde zu größerer Innigkeit des Christusglaubens und einer Erhöhung und vertieften Würdigung Seiner Grundwerte führen, nach all dem unfairen Gerangel und zunehmender Zersplitterung, sowie gegenseitiger Verfluchung samt Aberkennung der Lehren der Anderen.


Zu oft waren Geld und Vormacht wichtiger als Menschlichkeit

Papst Gregor I. (540-604) schrieb, infolge der Logik des Abfalls, um 600:

„Wenn ihr feststellt, dass die Menschen nicht gewillt sind, ihr Verhalten zu ändern, so befehlen wir, dass ihr sie mit größtem Eifer verfolgt...züchtigt sie mit Prügeln und Folter, um sie zur Besserung zu zwingen… sie sollen durch strengste Kerkerhaft zur Einsicht gebracht werden, wie es angemessen ist, damit jene, die sich weigern, die Worte der Erlösung anzunehmen, welche sie aus den Gefahren des Todes erretten können, durch körperliche Qual dem erwünschten gesunden Glauben zugeführt werden.“ Henry, Charles Lea „Geschichte der Inquisition im Mittelalter“  Bd I

Der „erwünschte Glaube“

Kein Urchrist hätte gegen Ende des 4. Jahrhunderts „seine Kirche“ wieder erkennen können. Nach der zu beklagenden Vereinnahmung der Kirche durch den Staat 325, zu Nicäa, infolgedessen es für jeden Mann von Rang und Namen finanziell und karrieremäßig vorteilhaft war sich christlich einzureihen, ließen sich die „Cleveren“, unter den Finanzhaien, umgehend taufen. Wenn sie schon nicht zur Allmacht gelangen konnten, dann wenigstens zur nächst möglichen Stufe.

Die Bischöfe und Mitglieder der Kirche der ersten drei Jahrhunderte wären allesamt, als „Schismatiker“ und „Sektierer“ abgestempelt und bestenfalls, als Entmündigte und Enteignete davongejagt worden.   „Neuchristen“ die mit ihren Lippenbekenntnissen Geld verdienten“, kannten den Geist Christi nicht. Zuvor wurden Christen von den Kaisern verfolgt

Knapp ein halbes Jahrhundert nach dem 1. Ökumenischen Konzil konnten die Herren um Bischof Damasus die Voraussetzungen schaffen, den Spieß umzudrehen: Mit seiner allem Anschein nach kleinen, aber zu allem entschlossenen, athanasianischen Clique vermochte es dann Ambrosius (339-397), die sich ihm darbietenden Chancen zu nutzen, aus der misshandelten Magd Kirche, eine Herrin über alle zu erheben.

Die Herren Athanasius, Damasus, Ambrosius … Cyrill wurden immer mächtiger.

Selbstherrlich bestimmten sie wer ein Abweichler war.

Die genannten forderten den Kniefall jedermanns.

Aus Schwäche gehorsam gegenüber Kirchenautoritäten des Typs Ambrosius, ...griffen (nun sogar) die Kaiser (fortan) … in die Verfolgung der christlichen Häretiker ein. Die Vorgaben kamen von den orthodoxen Bischöfen. Häretischen Christen wurde verboten Gottesdienste abzuhalten, Kirche und Versammlungsorte wurden von der Polizei beschlagnahmt, ihre Schriften verbrannt. Ihnen wurde die Rechtsfähigkeit genommen. Sie durften keine Verträge und Erbverfügungen abschließen. Mehrere Gesetze drohten ihnen (die dem Urchristentum näherstanden als jede andere Religion G.Sk.) Konfiskationen ihrer Güter an, Ausweisung aus einer Stadt, Verbannung. Wer durch Bischöfe exkommuniziert wurde, wurde vom Staat mit dem Bannfluch belegt. Orthodoxe Bischöfe kämpften mittels Staatsmacht gegen ihre häretischen Mitchristen..." Anton Grabner, Johann Maier "Kulturgeschichte des frühen Christentums Vandenhoek & Ruprecht

Zu diesen, den Widerständlern drohenden „mehreren Gesetzen“ zählte obenan und wie bekannt, das im Februar 380, von Ambrosius von Mailand gebilligte Cunctos populos. In seiner Schlagkraft ist es etwa dem Hitlerschen Ermächtigungsgesetz vergleichbar. Es galt in Ägypten in unbarmherziger Strenge.

Beide Staatsgesetze erwiesen sich in ihrer Bosheit und Wirkung als unüberbietbar.

Der Klerus, speziell gewisse alexandrinische Mönchshorden, wurden zum Schlaginstrument des Cyrill. Wie im sogenannten 3. Reich zuerst die SA und dann die SS, kamen aus öden Gegenden die auf Cyrill eingeschworenen und von ihm finanziell geförderten Fanatiker. Er hatte es ja, das Geld, seit der Beraubung des Serapeums durch seinen Onkel Bischof Theophilus, überhaupt seitdem Athanasius Machtmissbrauch für legal hielt: Cyrill kaufte und verkaufte, wie ein Händler von Gemüse, alles was er wünschte, auch die Stimmen, besser gesagt das jeweilige Gewissen, schwankender Gemüter. Das ist wohl bekannt. Davon wird im Folgenden die Rede sein.

„Das Geld (die Macht)  schätzte er – Kyrill von Alexandria - so hoch, dass er selbst die Bistümer Ägyptens feilbot…“ Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken Welt

Gold statt Geist, dirigierte die oberen Christenreihen Alexandrias.

Die von Konstantin ins Leben gerufene Kirche wäre wohl ohne den Einsatz von staatlichen Finanzen einfach verkümmert. Das Geld für den Aus- und Aufbau ihrer Äußerlichkeiten wurde durch die berüchtigte, wenige Monate nach Nicäa eingerichtete „auri lustralis collatio“ zunächst von erbarmungslosen Steuereintreibern erpresst, dann mittels gehorsam operierender Staatsbeamte in Anteilen in „Christen“-hände gelenkt.  Den zahlungsunfähigen Schuhmachern und Steinmetzen wurde damals auch das letzte Stück Werkzeug fortgenommen.

Ähnlich rücksichtslos ging es einhundert Jahre später zu: Ohne die ehernen „Fäuste“ arbeitsscheuer Elemente hätte Cyrill kaum „Erfolge“ verzeichnen können. Menschen mit Herz und Liebe erstarrten. Bald erstarrte auch Nestorius, der rothaarige Feuerkopf, der 428 Patriarch von Konstantinopel wurde. Während er noch in Antiochien wohnte vernahm er allerlei Gerüchte und echte Nachrichten, dass und wie Cyrill unrechtmäßig zum (Ober-) Bischof Alexandrias aufstieg.

Nestorius wusste, in welche krummen Geschäfte Bruder Cyrill sonst noch verwickelt war.

Cyrill wiederum verübelte Nestorius von Beginn an: „… dass dieser ihm (im Jahre 412) keine Weihegeschenke (zu seiner „Wahl“) übersandt hatte... Josef Lössl, „Julian von Aeclanum, Studien zu seinem Leben, seinem Werk, seiner Lehre“

Aber wie sollte er?

Wie Cyrill nahmen sich auch andere wortführende Christen, heraus, diejenigen die Ursache hatten anders zu glauben, als Häretiker zu diffamieren und zu verfolgen als hätte Jesus nie gesagt: Tut denen Gutes die euch hassen.

Für die Betroffenen erwiesen sich die, nicht selten, an den Haaren herbeigezogenen Vorwürfe bis weit in die Neuzeit hinein als lebensgefährlich.

 

Dürfen Cyrill und seine Kirche wirklich stolz darauf sein, dass er, 431, seinen Nebenbuhler um die innerkirchliche Vormacht, Nestorius, den nun 50-jährigen Patriarchen von Konstantinopel, ins Elend stieß?

Durfte Cyrill die Hände reiben als die ihm gewogenen Mönche dem flüchtenden Nestorius nachschrien: „Verachtet bist du, an welchem Orte du auch seiest; verflucht bist du vor Gott, o Jude! Der Christ ist siegreich alle Zeit! Gebt den Juden jetzt den Juden, gebt den Verräter den Juden!"; das Volk schrie: „Man möge Nestorius, den Juden, verbrennen, ihn und Anastasius mit ihm" Kaplan Dr. Leonhard Fendt, Inauguraldissertation bei der kath. theol. Fakultät der Kaiser Wilhelms Universität zu Straßburg, Juni 1909

…verbrennen, nur weil er vorzog Maria, wenn schon, denn schon die „Christusgebärerin“ (Christotókos) zu nennen, statt wieder und immer wieder zu betonen Maria sei eine „Gottesgebärerin“ (Theotókos), wie es Cyrill von ihm verlangte.

Sollte Nestorius wegen solcher Nichtigkeit ins Gras beißen? Lieber suchte er das Weite. Die Morddrohung musste er ernst nehmen.

Sinnvoll warnt das Buch Mormon: „… so wahr der Herr lebt, werden sie sehen, dass der Schreckliche zunichte gemacht ist … und alle, die auf Übeltun lauern, abgeschnitten sind; und diejenigen, die jemand zum Missetäter erklären um eines Wortes willen …“ 2. Nephi 27: 31-32 

Cyrill von Alexandria entschied sich wahrscheinlich schon in jungen Jahren, wie sein Vorgänger und Onkel Theophilus Athanasius zu kopieren.

In Alexandria, der lebhaften, reichen Hafenstadt Ägyptens, gab es seit den Zeiten des Evangelien-Verfassers Markus, also um das Jahr 50 n. Chr. bereits mehr als eine christliche Gemeinde. Alle Zeichen deuten darauf hin, dass sie im Kern das glaubten was später Origenes und Arius lehrend verbreiteten. Das zu überprüfen ist der vergleichenden Religionswissenschaft möglich. Bis etwa ins Jahr 400 waren die Oberbischöfe Alexandrias pro Origenes d.h. (mit geringen Abweichungen in der Lehre) arianisch orientiert.

Die Verfluchung des Arianismus überlebte alle Wechselfälle. Bis in die Gegenwart erstreckte er sich und wirkte sogar bis ins 20. Jahrhundert kriegsstiftend:

„Jubelnd begrüßten katholische und protestantische Geistliche den Ausbruch des Ersten Weltkrieges … Hei wie es saust aus der Scheide! Wie es funkelt im Maienmorgensonnenschein! Das gute deutsche Schwert, nie entweiht, siegbewährt, segensmächtig. Gott hat dich uns in die Hand gedrückt, wir halten dich umfangen wie eine Braut...komm Schwert, du bist mir Offenbarung des Geistes  (dem auch Athanasius und Cyrill huldigten) ... im Namen des Herrn (des dreifaltigen Gottes) darfst du sie (deine Mitchristen) zerhauen.“  Weber „Jugendlexikon Religion“, rororo,  Rowohlt,  1988

 

Andere trauerrand-tragenden Seiten der Kirchengeschichte

 

Die obige Aussage: 500 Mönche hätten „den Theophilus, Cyrills Vorgänger, gegen die Origenisten mit ihren Fäusten unterstützt“… zwingt zu Rückfragen.

Liegt hier ein weiterer der verborgenen Gründe für das zeitweise unmenschliche Geschehen von damals? Woher kommt die geheime, und dann die offene Wut auf die Lehren der Urkirche, die Origenes verteidigte und die erst später, 543, Kaiser Justinian – aus eindeutig politischen Gründen - verfluchte. (Diekamp)

Oberbischof Theophilus war doch zu Beginn seiner Amtszeit, wie auch später Kaiser Justinian, zunächst pro-Origenes eingestellt. Ebenso waren Theophilus Vorgänger, als führende Bischöfe Alexandrias: Pistus, Gregorius, Georgius, Lucius machweislich „Origenisten“ und damit Arianer (oder Anti-Nicäner).

Ein damit zusammenhängender Gedanke drängt sich dem Langzeit-Betrachter auf:  Ist die breite Mehrheit der Theologen, auch der Gegenwart, die vom „Origenismus“ reden, wirklich der zweifelhaften Gewissheit, das von Origenes (185 -254) verkündete Evangelium wäre, wenigstens teilweise, dessen Erfindung, bzw. eine Art Übernahme platonischer Ideen?

Leben sie damit nicht im Widerspruch zu ihrem Wissen, dass ausnahmslos alle Bischöfe in Origenes Zeit, die Lehre, der Himmel sei die Heimat der Seele, (Präexistenz) als Basis ihres Glaubens vertraten?

Nicht wenige meinen, das sei ägyptisch-griechisch. Die Wortwahl „ausnahmslos“ ist berechtigt, denn Origenes Schiedsrichterspruch in Sachen Theologie beugten sich alle. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft, 3. völlig neu bearb. Auflage, vierter Band Kop-O, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen 

Wahr ist, dass Origenes jedenfalls größten Wert darauf legte zu betonen, dass alle nachadamitischen Menschen - das sind auch wir heutigen - „Söhne (und Töchter) des Höchsten sind.“… „Gottessöhne““ Ps 82. Gleichberechtigte, allesamt höchstgeborene, vorübergehend ins Fleisch gefallene ewige, immer freie Geister. Selbst der allmächtige, allein wahre Gott, leistete einen Schwur: Er werde niemals auf uns Zwang ausüben. (Auch in Anlehnung zu Hebräer 7)

Warum passte es gewissen hochrangigen Meinungsbildnern, vor allem den Christlichen des 5. und 6. Jahrhundert nicht, solche Lehren anzunehmen oder gar zu bewahren?

Was trieb damals gewisse Mönchgruppen einheitlich in den Anti-Origenismus hinein?  Es sieht so aus, dass es deren mangelhaftes theologisches Wissen war, ihr Fanatismus, ihr Drang gewaltsam, „zur Ehre Gottes“ mitzumischen.

Während des ganzen, auf diesen Paradigmenwechsel hin entstehenden, Mittelalters stellten sich die Menschen vor, ihre Prediger wüssten alles, was zu wissen in Sachen Religion wichtig ist. Man übernahm eins zu eins, all die Spekulationen und die meist verlogenen Legenden, die fortan als Wahrheit verkauft und gelehrt wurden. Selbst bis heute kümmern sich nicht alle kritisch um die Grundfragen der Geschichte der Gotteslehre.

Spielt da die Macht der Gewohnheit mit?

Wenn Hochrangige reden verlangte die Disziplin seit eh und je blinden Gehorsam.

Unglaublich aber wahr ist, dass König Philipp II. von Spanien noch um 1590 mahnend drohte: „Niemand ist in unseren Landen seines Lebens sicher, der nur ein Haar breit vom Glauben der römischen Kirche abweicht...“ Evangelische Kirchen-Zeitung 1854

Wie sonst kann es sein, dass im gegenwärtigen Russland nur wenige Geistliche aufbegehren, wenn ihr Patriarch Kyrill Herrn Putin lobt?

Und da ist noch ein extremes Element, das als Unkraut emporschießen musste, nachdem „Origenismus“ als Ketzerei verworfen wurde: Insbesondere junge katholische Priester, die ebenfalls keine Ahnung hatten wovon sie reden, wetterten Jahrhundert um Jahrhundert den armen Seelen von Hölle und seinem Teufel, ganz im Stil des Augustinus von Hippo der sich – in diesem Fall cyrillisch rigoristisch - nicht schämte zu behaupten: „... nur eine relativ kleine Zahl von Menschen (zur Wiederauffüllung der durch den Engelsfall entstandenen Lücke!)... ist zur Seligkeit vorausbestimmt. Die anderen (sind) ‚Masse der Verdammnis’.“ Hans Küng „Kleine Geschichte der katholischen Kirche“

Der „dreifaltige Gott“ ist ein verdeckt mörderischer! Diese „Erkenntnis“ musste, wie der cyrillische Geist, zum Atheismus führen.

Calvinisten in etwa nahmen solchen Unfug für bare Münze, ohne sich je eine eigene fundierte Überzeugung erarbeitet zu haben.

Origenes dagegen hegte wie alle Priestertumsträger und Kirchenmitglieder der ersten drei Jahrhunderte die Gewissheit, dass „…das Läuterungsfeuer im Hades … in der Bibel als ewige Verdammung erscheint, es besteht jedoch in einer zeitlich begrenzten, qualvollen Gewissenspein.“ Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft, 3. völlig neu bearb. Auflage, vierter Band Kop-O, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen  

 

Beseelt von Intoleranz, ritten Cyrills Steckenpferde alle in Richtung Machterweiterung und Marienkult. Dem Anschein nach galt und gilt für gewisse Führertypen ohnehin: Je höher gestellt sie sich selbst wünschten, desto entschiedener erzwangen sie mittels ihrer Schergen eine generelle Unterwerfung, zur Befriedigung ihrer Überlegenheitsgelüste.

Nach Const. Sirm. 6 (Sirmondianische Konstitutionen) von 425 heißt es zur Rechtfertigung der Übergriffe:

„Weil wahrhaft religiöse Menschen nicht durch Aberglauben verdorben werden dürfen, so befehlen wir, dass die Manichäer, alle Häretiker (alle, die durch staatlich-kirchliche Willkür zu Häretikern erklärt worden waren G.Sk.) alle Schismatiker, (alle die es wagten Gewissensentscheidungen höher zu stellen als doktrinären Zwang G. Sk.) Zauberer (und solche die man dazu stempelte, weil sie unbequeme Fragen stellten G. Sk.) und jede dem katholischen Glauben feindliche Sekte gerade vom Anblick der Städte ausgeschlossen werden müssen, um (die anderen) nicht durch verpestende Anwesenheit von Kriminellen zu verunreinigen.“ Karl-Leo Noethlichs „Kaisertum und Heidentum im 5. Jahrhundert“            

Bis zur Stunde beharren Kirchenfunktionäre der „christlich-ökumenischen Gemeinschaft“: „wer nicht nicänisch glaubt ist kein Christ.“ EZW Dr. Kay Funkschmidt mit Bezug auf „Mormonen“

Lippenbekenntnisse sind unerlässlich, die unentwegte Verfeinerung des eigenen Gewissens, mit Blick auf die Sittenlehre Christi sind zweitrangig.


Pulcheria und Nestorius

Nach dem plötzlichen Tod des Prätorianerpräfekten Anthemius, 415, als damals 16-jährige, wurde Pulcheria zunächst unangefochtene Regentin. Sie nahm ihr Schicksal in ihre festen Hände. Bis 450 regiert sie mit wechselndem Glück und Unterbrechungen, dann heiratet sie den Magister militum Marcian. Und dann rechnet sie ab mit ihren Feinden.

Bis heute wird die Legende verbreitet: „…die heilige Pulcheria wurde … Alleinherrscherin des morgenländischen Reiches. Da aber das Reich ringsum von Feinden bedrängt war, und sie, als schwaches Weib, der Gefahr nicht gewachsen war, so drangen die Großen des Reiches in sie, sich zu verheiraten. Das war eine neue Prüfung für die edle Jungfrau, denn sie wollte ihrem Verlöbnis treu bleiben. (Sie hatte als 14-jährige ewige Keuschheit gelobt) Endlich sah sie sich genötigt, dem Marcian, einem erfahrenen, gottesfürchtigen und glaubenseifrigen Kriegsmanne die Hand zu reichen. Er war Witwer und zeichnete sich durch außerordentliche Liebe zu den Armen aus. Bevor sie aber mit ihm getraut wurde, entdeckte sie ihm, dass sie dem Heilande versprochen habe, immer Jungfrau zu bleiben, und dass sie also auch in der Ehe dieses Gelübde halten wolle. Der fromme Marcian willigte ein und verpflichtete sich, mit ihr wie Joseph und Maria zu leben. Beide hatten kein anderes Ziel im Auge, als die Untertanen glücklich zu machen, überall im Reiche Religion und Frömmigkeit zu befördern, heilig zu leben und selig zu sterben. www.heiligenlegenden.de

Tatsächlich wurde

…. „am Hofe … der schamloseste Ämterschacher getrieben, und wer sich ein Pöstchen teuer erkauft hatte, sorgte natürlich dafür, das Geld mit Zinsen aus den Untertanen herauszuschinden. Führte dann jemand Klage, so konnte er bei der allgemeinen Bestechlichkeit meist froh sein, wenn er selbst mit heiler Haut davonkam. … Doch die Mittel dazu musste man durch den härtesten Steuerdruck aus den Provinzen herauspressen.“  Otto Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“

Näher hingeschaut ergibt sich, dass die erzkatholisch-„heilige“ Pulcheria ihren Präfekten Anthemius antijüdisch gewähren ließ. Er hat, mit ihrem Einverständnis, die Gesetze gegen Juden und „Häretiker“, im Namen des Kind-Kaisers Theodosius II., erlassen.

Schlaue Kirchenleute erfanden und erfanden nicht nur das Märchen von der „Konstantinischen Schenkung“ oder die pseudo-isidorischen Dekretalen, sie erzählen uns wie sie vielleicht hätten sein sollen, die Unheiligen.

„Heilige, die als Bischöfe und Priester dem Herrn gedient, gibt es viele, aber weniger gibt es, die mitten im Glanze eines fürstlichen Hofes, umgeben von einer Schar schmeichelnder Diener, und umringt von rauschenden und blendenden Vergnügungen und Freuden ihre Unschuld rein bewahrt und das Wohlgefallen und die Gnade des Herrn niemals durch eine Sünde verloren haben. Unter diese Wenigen gehört die heilige Kaiserin Pulcheria, welche der heilige Bischof Cyrillus „die keuscheste Braut Christi, die Zierde des Erdkreises, den Schmuck der Kirche; ” die Väter des Konzils von Chalcedon: „die Wächterin des Glaubens, die Stifterin des Friedens, die Bekämpferin der Ketzer, die neue Helena” nannten.

…Sie hatte den göttlichen Heiland Jesus so lieb, dass sie ihm das Gelübde machte, immer Jungfrau zu bleiben, … Wenn sie irgendeine wichtige Einrichtung traf, so tat sie dies immer im Namen ihres Bruders, damit dieser die Ehre hätte, sie aber unbeachtet bliebe. Der kaiserliche Palast, früher ein Ort prachtvoller Feste, war unter ihrer Aufsicht wie ein Kloster an strenger Zucht und Ordnung. In ihr und ihrer Schwestern Gemach durfte keine Mannsperson eintreten. Männer sah und sprach sie nur öffentlich. Wenn die Staatsgeschäfte sie nicht hinderten, betete, las oder verrichtete sie mit ihren Schwestern Handarbeit. Auch kasteiete sie ihren Leib durch fasten und Nachtwachen, und entsagte mit Freuden den Vergnügungen des Hofes. Wenn sie irgend einen Befehl zu geben, ein wichtiges Geschäft zu vollbringen hatte, flehte sie zuvor zu Gott um Erkenntnis, fragte dann weise Männer um Rat, und dann erst ging sie an die Ausführung…

Als ihr Bruder Theodosius das zwanzigste Jahr erreicht hatte, suchte sie für ihn eine würdige Gattin. Dies war die schöne und geistreiche Athenais, die, da sie noch ein Heidin war, den christlichen Glauben annahm und nach empfangener Taufe vom Kaiserlichen Jüngling zur Ehe genommen wurde. In der heiligen Taufe erhielt sie den Namen Eudocia. Diese Frau nun ließ sich unglückseliger Weise durch einen Schmeichler am Hofe gegen die sanfte und wohlmeinende Pulcheria aufreizen und fasste den Plan, sie zu stürzen. Deshalb begünstigte sie auch die Ketzer, welche damals zahlreich waren, sich aber vor Pulcheria fürchteten, die am heiligen katholischen Glauben festhielt und ihn aus allen Kräften in Schutz nahm… die heilige Pulcheria welche sich schon lange nach Ruhe und Einsamkeit sehnte, und den Frieden über alles liebte, zog sich auf ein Landgut zurück, wo sie fern von der Welt dem Gebete, der Lesung und Betrachtung der Heiligen Schrift oblag, und im innigster Vereinigung mit Gott lebte.  www. Heiligenlegenden.de

Pulcheria erkannte bald nach dieser Hochzeit, dass ihr eine Rivalin gewachsen war. Eudocia stemmte sich erfolgreich gegen den Antijudaismus ihrer Schwägerin. Eudocia ist, kontra Pulcheria zu verdanken, dass 423 ein Gesetz verabschiedet wurde, das“ verbot Juden oder Heiden Gewalt anzutun, wenn sie in Ruhe lebten und nicht die Ordnung störten oder gegen Gesetze verstießen.“ 

Wahrscheinlich war es Eudocia die nach dem plötzlichen Tod des bisherigen Oberhirten (Patriarch Sisinnius I) ihrem kaiserlichen Ehemann riet, den zu Antiochien wirkenden Nestorius zu dessen Nachfolger zu erwählen.  So kam 428 der grundehrliche, aber fanatisch nicänisch orientierte, 47-jährige rothaarige Feuerkopf Nestorius, nach Konstantinopel und gleich trat er ins Fettnäpfchen.

In Antiochia genoss er hohes Ansehen, als Kirchenführer, der immer sagte und predigte was er tatsächlich glaubte. Dass er weiterhin selten oder nie ein Blatt vor den Mund nahm, sollte ihm schlecht bekommen, denn wahrscheinlich ertappte Nestorius gleich zu Beginn im Kaiserpalast Pulcheria, die „heilige“ Schwester Theodosius II., bei einem nicht ganz harmlosen Flirt mit einem Hofbeamten.

Damit war sein Schicksal besiegelt.

Nichts in der Welt durfte ihren Ruf untergraben.

Sehr wahrscheinlich ahnte das Kind damals kaum, dass Gott sie zur Mutterschaft und hin zu ehelichen Beziehungen erschaffen hatte.

Das schrullenhafte nicht nur damaliger katholischer Theologie äußerte sich auch darin den Begriff Keuschheit zu übertreiben, der ursprünglich nur meinte, ein Mann solle seinen Sexualtrieb auf seine Frau richten und nie auf die Frauen anderer Ehemänner.

Der allzu oft gewählte Hinweis, bereits mit dem 1. ökumenischen Konzil der Christenheit sei die Ehelosigkeit der Priester festgeschrieben worden, ist jedenfalls falsch, denn Kanon 3 von Nicäa lautete: 11

„The great Synod has stringently forbidden any bishop, presbyter, deacon, or any one of the clergies whatever, to have a subintroducta (Concubine) dwelling with him, except only a mother, or sister, or aunt, or such persons only as are beyond all suspicion.” Orthodox Church of Estonia “Canon of the First Ecumenical Council”                                               

In seinem Haus soll keine Haushälterin leben! Davon, ob er verheiratet sein darf oder nicht, ist keine Rede. Allerdings wurde der Zölibat damals diskutiert.  Als es einigen Eiferern während dieses enorm fragwürdigen Konzils, konkret darum ging, ein Eheverbot für Priester der Kirche auszusprechen,“ erhob sich Bischof Paphnuties”, dem 17 Jahre zuvor seines Glaubens wegen ein Auge ausgestochen, sowie die Sehnen der linken Kniekehle durchtrennt worden waren und der drei Jahre im Bergwerk zu leiden hatte: “(Er) rief mit lauter Stimme, man soll den Priestern und Geistlichen kein so schweres Joch auferlegen und durch zu große Strenge der Kirche  keinen Nachteil schaffen. Er sagte, die Ehe sei ehrbar und … nannte den ehelichen Beischlaf Keuschheit... die Worte des Mannes wirkten.” Leonhardt Martin Eisenschmid "Über die Unfehlbarkeit des ersten allg. Konzils zu Nicäa"

Es „gab (bereits zuvor schon) das Gerücht von einer unerlaubten Beziehung der Pulcheria zu einem Hofmann.“ Leonhard Fendt, Inauguraldissertation, kath. theol. Fakultät der Kaiser-Wilhelm-Universität    

„Pulcherias Gegner dichteten ihr sieben Liebhaber an... der magister officiorum Paulinus galt als ihr Favorit.“ A. Demandt, „Das Privatleben der römischen Kaiser“  

Sofort, und kompromisslos entzog Nestorius der nun 29-jährigen Dame frühere kirchliche Privilegien.

Das fand sie unerhört!

Umgehend attackierte sie ihn, er leugne gotteslästerlich, dass Jesu Christi Mutter Maria eine Gottesgebärerin sei.

Dieser Glaubenspunkt bewegte damals einige christliche Priester, und es war, in diesem Jahr 428 ganz und gar noch nicht ausgemacht welcher Ehrentitel Maria zuzukommen habe und ob es zum später so überschätzten Marienkult kommen sollte. Erst jetzt entbrannte der bis dahin mäßig glimmende Zank um den Begriff „Theotókos“. zu einem Feuerwerk. Diese Titelfrage, sowie der seitens Cyrill gewollte boshafte Streit um den 2. Platz im Gesamtkirchenreich, und obenauf Pulcherias Rachegefühle, gerieten zu einem brisanten Mix, der die damalige Christenheit in Aufregung versetzte, der aber leider ins Bild des damals mehr und mehr entartenden Christentums passte.

„Wenn... die Daten des Briefes „an Kozma, Haupt der Gläubigen in Antiochien" (ed. 0. Braun, Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft (1900)) auf Richtigkeit beruhen sollten, hätte Nestorius nicht die Religiosität, sondern den Herrscherinnenstolz der Pulcheria beleidigt: Pulcheria… und ihre Nonnen pflegten am Sonntag nach Empfang der Kommunion im emoHOTiELov (im Hof der Kapelle?) zu frühstücken. Nestorius aber empfing (sie) nicht; das Bild der Herrin Pulcheria, das über dem Altare gemalt war, löschte Nestorius aus . . .; die (oroh) der Pulcheria, die bald zur Zeit des Opfers auf dem Altare ausgebreitet war, bald von ihr getragen wurde, entfernte Nestorius …Seit Sisinnius empfing Pulcheria wie der König die Kommunion im Allerheiligsten; Nestorius ließ sie nicht ein; bei dieser Gelegenheit „ergrimmte gegen ihn Pulcheria. . .. und sprach zu ihm: Warum habe ich nicht Gott geboren? Er sprach zu ihr: Du, den Satan hast du (?) da geboren". Leonhard Fendt, Inauguraldissertation bei der kath. theol. Fakultät der Kaiser Wilhelms Universität zu Straßburg, 1909, 

Der Altar von dem hier die Rede ist und auf dem bisher das Garment der Pulcheria als Zeugnis ihrer Keuschheit lag und das Nestorius beiseite geräumt hatte, war nicht irgendeiner: „er bestand aus Gold und Edelsteinen und war von Pulcheria und ihren beiden Schwestern – die angeblich ebenfalls gelobt hatten jungfräulich zu leben - als äußeres Zeichen ihres Gelübdes geweiht worden…“ G. Rigobert „Römische Kaiserinnen zwischen Liebe, Macht und Religion“  

Der deutsche Althistoriker Seeck bestätigte: Pulcheria hatte sich und ihre Schwestern ewiger Jungfrauenschaft gelobt und verkündete dies auch gleich der Welt durch die Inschrift eines Prachtaltars aus Gold und edlen Steinen, den sie in der Hauptkirche von Constantinopel weihte… Otto Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“  

Nestorius wiederum weiß, was er weiß: „Du hast den Satan in dir!“ oder „Du bist des Satans Mutter.“

Erbost lief Pulcheria zum Kaiser, ihrem jüngeren Bruder und erzählte ihm vom Vorkommnis. Da sprach der Theodosius II. : „Bei deinem Leben, Schwester, und bei der Krone auf meinem Haupte, ich werde nicht ruhen, bis ich Rache an ihm genommen habe..." Pesch „Nestorius als Irrlehrer“

Das klingt nicht echt. Theodosius II. war an Intrigen desinteressiert. Er spielte lieber mit den Pfauen und fütterte seine Lieblingstiere, dachte an seine Jagdvergnügungen. Er kannte doch seine Schwester.

Er werde nicht ruhen?

Sie würde nicht ruhen. Auf Pulcherias Intervention hin: „verklagten die Mönche Basilius, Thalassius und ihre Genossen in einem Bittschreiben an den Kaiser ihren Bischof Nestorius, er heiße die heilige Jungfrau (Maria) nicht Theotokos (Gottesmutter bzw. Gottesgebärerin) und leugne, ‚dass der Christus wahrer Gott von Natur sei’ Leonhard Fendt Inauguraldissertation bei der kath. theol. Fakultät der Kaiser Wilhelms Universität zu Straßburg, 1909358

Als starke Gegnerin des Nestors erhielt Pulcheria einen Dankesbrief vom heiligen Cyrill von Alexandria.

Cyrill, als typisch-rechthaberischer Nicäner verlangte, ein Konzil müsse einberufen werden!

 

Das Konzil zu Ephesus 431

 

Pulcheria und Cyrill wollten den totalen Krieg und einen ruhmvollen Sieg über den angeblichen Irrlehrer.

Doch sowohl: „Kleriker wie Laien aus Konstantinopel äußerten: der Bischof lehre nichts anderes, als was in der Apostel und Väter Lehre enthalten sei.“ Dass Pulcheria sich nach mehr Bundesgenossen umsah ist verständlich. Aber welchen Personenkreis hat sich die „gottselige“ Frau da auserkoren? „... um Ostern 429 (hielt es) Cyrill von Alexandrien für geraten, seinen Mönchen durch ein Schreiben theologische Waffen gegen des Nestorius Aufstellungen in die Hand zu geben. Das beleidigte (Nestorius). Ein Briefwechsel, von Cyrill verbindlich, von Nestorius alsbald wegwerfend und überlegen geführt verschärfte die Lage. Von Alexandrien sandte man Darlegungen des allein orthodoxen alexandrinischen Standpunktes an Theodosius II. und seine Damen, welche die Zustimmung der Augusta Pulcheria fanden, den Kaiser aber verstimmten… Nestorius sagt, er habe mit den Ketzern Geduld geübt, die Kaiserin (Pulcheria) habe er zwar gegen sich aufgebracht, aber sie sei ein streitsüchtiges, verdorbenes Weib gewesen, und er habe Mitleid mit ihrer Seele gehabt.“ Leonhard Fendt, Inauguraldissertation bei der kath. theol. Fakultät der Kaiser Wilhelms Universität zu Straßburg, 1909

Die geflüsterte Behauptung sie sei eine Bestie, besessen von ungeheurem Machtverlangen und vom normalen, angeborenen Drang zum Manne, bestätigt sie selbst später. Pulcheria konnte nicht verhüten, dass ihr Bruder Theodosius II., 438 den Eunuchen Chrysaphios zu seinem Kammerherrn berief. Dieser Mann gewann mehr und mehr Einfluss auf den Imperator. Von 443-450 regierte er und Pulcheria immer weniger. Das wurde wahrscheinlich dadurch möglich indem Chrysaphios den Kaiser vor Pulcheria abschirmte. Zwei Jahre nach seiner Berufung, 440, stachelt Chrysaphios die Kaisergattin Eudocia auf, ihrer allmählich zurückgedrängten Schwägerin „Pulcheria (nun 41-ährig) zu unterbreiten eine Diakonin als Kammerzofe zu nehmen.“ Ferdinand Gregorovius, „Athenais /XV“ 3                                                                      

Die Reaktion Pulcherias ist heillose Wut. Ihre Schwägerin und sogar ihr Bruder misstrauen ihr nun offen? Eine Kammerzofe als Wächterin ihrer Tugend, das war zu viel verlangt.

Pulcheria weicht daraufhin ins Exil aus, danach lebt sie... abgeschieden im Palast Hebdomon der in der Nähe liegt, aber getrennt vom Regierungssitz wo sicherer denn je Chrysaphios auf seinem Posten als Regierender amtiert. Als Pulcherias hochgeborener Bruder 450 bei einem Jagdunfall stirbt, steht der bislang allmächtige Eunuche Chrysaphios schutzlos der rachelüsternen Pulcheria gegenüber, die mit großen Aufwand Markian heiratet „weil sie nach römischer Sitte nicht regierende Kaiserin sein kann“ Unter Markians Schutzmacht darf sie endlich das tun, worauf sie schon lange gewartet hatte. Sie lässt ihrer Wut freie Bahn:

„Sie rechnet mit Chrysaphios ab, lässt ihn zu Tode prügeln.“ und Raimondo Tocci bestätigte in „Theodori Scutariotae Chronica“: „Pulcheria ordnete die Ermordung Chrysaphios an“ G. Rigobert „Römische Kaiserinnen zwischen Liebe, Macht und Religion

Soviel zu den Intentionen Pulcherias.

Das Konzil sollte, 431, zu Konstantinopel stattfinden. Aber Cyrill wusste, weshalb ihm Ephesus zum „Sieg“ verhelfen wird.

Er träumte, wie einst einer seiner Vorgänger im Amt zu Alexandria, Athanasius. Beide wollten aufs höchst Mögliche hinaus, koste was es wolle. Dazu sollte sein Konzil dienen.

Eigentlich war die Feindschaft uralt: Cyrill verübelte Nestorius von Beginn an, nicht nur, dass Nestorius sich demonstrativ weigerte Cyrill zu sein „Wahl“ zum Bischof zu gratulieren. Der Herr Cyrill grämte sich auch: „… dass dieser (Nestorius) …einer Gruppe angehört, die (bereits früher) eine nicht näher definierte Klage gegen ihn (Cyrill) erhoben hatten... (‚Papst’) Coelestin und Cyrill durften beide in Sorge gewesen sein, was diese Entwicklung anbelangte. Doch beide hatten sich schon bald darauf geeinigt, der (zu erwartenden) Drohung dadurch zu begegnen, dass sie Nestorius Orthodoxie in Frage stellten...“ Josef Lössl, „Julian von Aeclanum, Studien zu seinem Leben, seinem Werk, seiner Lehre“

Das nennt man „Kungelei“. Aber Nestorius gab sich zunächst keine Blöße. Er stand noch hinter dem Nicänum. Das wussten alle.

Cyrill setzte alle Hebel in Bewegung um Konstantinopel vom 2. Rang in der Gesamtkirche zu verdrängen.

Fünf Patriarchate standen nebeneinander, aber in welcher Reihenfolge? Alexandria, Antiochia, Jerusalem, Konstantinopel und Rom. Wer würde das Rennen machen? „Papst“ Coelestin konnte natürlich nicht unparteiisch sein. Er wollte alles tun, um zuerst den von ihm beanspruchten 1. Rang zu sichern. Deshalb nahm er Stellung gegen Nestorius d.h. Konstantinopel  zugunsten Cyrills (Alexandria) ein.

Cyrill wollte vergessen machen, dass fünfzig Jahre vor seinem Hauptkampf, auf dem Konzil zu Konstantinopel im Jahre 381 festgeschrieben wurde: „Der Bischof von Konstantinopel soll nach dem Bischof von Rom den Ehrenprimat besitzen, denn diese Stadt ist das neue Rom...“ Peter Neuner Kleines Handbuch der Ökumene, St. Benno-Verlag Leipzig 1984

Autor Neuner betätigt, dass: „Dieser Kanon sich noch nicht gegen Rom richtete, sondern gegen die alten Patriarchate in Alexandrien und Antiochien, die als apostolische Gründungen Konstantinopel weit überlegen waren, nun aber zurückgestuft werden sollten“  

Zuvor hatten sowohl Cyrill wie Nestorius daran gedacht Cölestin den führenden Bischof unter den römischen Gemeinden in die Angelegenheit einzubeziehen. „Auffallend ist der Unterschied des Tones in den Briefen des Nestorius und den Briefen Cyrills. Cyrill redet so, als ob er Cölestin eine gewisse oberkirchliche Kirchenautorität einräumte. Nestorius redet zu ihm, wie ein Kollege zum anderen, wie ein ihm ganz Gleichstehender. Auf solche Weise musste Cölestin … schon deshalb günstiger für Cyrill, als für Nestorius gestimmt sein.“  August Neander „Allgemeine Geschichte der christlichen Religion und Kirche 1847

Nach Grillmeiers Darstellung zu urteilen war das Zusammengehen Roms mit Cyrill entweder rein politisch (also nicht theologisch) motiviert, oder Rom hatte zwar ein theologisches Anliegen, aber ein konfuses und verließ sich daher völlig auf Cyrill.“  Josef Lössl, „Julian von Aeclanum, Studien zu seinem Leben...“

Der zeitgenössische Historiker Sokrates, den Novatianern nahestehend, und allem Anschein nach ein ehrlicher Berichterstatter, findet dasselbe: „dass die Zanksucht und wechselseitige Animositäten prägend für die Auseinander-setzungen in (Cyrills) Zeit sind, theologische Gründe sind hingegen nur vorgeschoben.“ Sebastian Schurig, „Die Theologie des Kreuzes beim frühen Cyrill Alexandria“ Dissertation Uni Jena, 2001

Nestorius genoss jedoch, noch, moralische Autorität. Doch dieser Mann musste fallen damit Cyrill aufsteigen kann.

Cyrill züngelte und zündelte wo er konnte. Schließlich legte Papst Coelestin die strittige Angelegenheit ausgerechnet in die Hände dieses Cyrills, der als Letzter unparteiisch sein konnte.

„Coelestin (waren) sowohl von Nestorius als von Cyrill Materialien zur Beurteilung des Streites zu(gegangen). Eine römische Synode stellte Nestorius (vor die Wahl) zwischen Anathema und der Widerrufung seiner Predigten und Briefe. Der Patriarch von Alexandria (Cyrill) kurz zuvor noch in Erregung über verschiedenen in der Hauptstadt kolportierte (umgehende Gerüchte) und ihm zur Last gelegte Gewalttätigkeiten, sah sich wohl mit Befriedigung mit der Durchführung jenes Urteils beauftragt.“ Leonhard Fendt, Inauguraldissertation „Die Christologie des Nestorius“

 

„Noch ehe die Anklage des Cyrillus anlangte, mit einer Anzahl Bischöfe, die gerade in Rom anwesend waren, die Streitfrage verhandelt, und alle waren für die (Bezeichnung der Maria als „Gottesmutter“ bzw.) Muttergottes eingetreten. (Nestorius meinte Maria sei die Mutter Christi) Jetzt fertigte er (Papst Cölestin) unverzüglich am 10. und 11. August 430 eine Reihe von Urkunden aus, die Nestorius, falls er nicht innerhalb zehn Tagen schriftlich widerrufe, in der beleidigendsten Form von der Kirchengemeinschaft ausschlössen und dies den hervorragendsten kirchlichen Autoritäten des Orients kund und zu wissen taten. Klerus und Volk von Constantinopel wurden zum Aufruhr gegen ihren Bischof aufgefordert und ihnen mitgeteilt, dass eben diejenigen in der Kommunion des Papstes ständen, die Nestorius von der seinen ausgeschlossen habe. Nicht im Namen der römischen Synode, sondern kraft eigener Machtvollkommenheit, fällte Coelestin diesen Spruch und ernannte Cyrill zu seinem Stellvertreter im Orient und zum Vollstrecker seines Urteils. So erhob sich Alexandria über Constantinopel, indem es sich Rom unterwarf.“ Otto Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“

Coelestin passten Cyrills Attacken gegen Konstantinopel sehr ins Konzept. Prof. Seeck fährt als Ergebnis seiner Betrachtungen fort: „…der Papst hauste weit entfernt in einem andern Reichsteil und konnte daher den Machtgelüsten des alexandrinischen Stuhles viel schwerer gefährlich werden, als der nahe Bischof der kaiserlichen Residenz… (zu Konstantinopel) Weniger Glück hatte Cyrill mit den Schriften, die er dem Hof übersandte. In ihnen wagte er nicht, offen als Ankläger aufzutreten, ja der Name des Nestorius wurde überhaupt nicht genannt. Eudocia (die Ehefrau Kaiser Theodosius II,) suchte er bei ihrem Aberglauben zu fassen, indem er ihr darlegte, dass sie für sich und das Reich nur Glück erwarten könne, wenn sie den rechten Glauben verteidige. Was dieser rechte Glaube sei, wurde dann im Gegensatze zu den Lehren des Nestorius durch eine ausführliche Abhandlung erläutert. Eine noch viel längere, aber richtete er an die Schwestern des Kaisers und fügte ihr eine Unzahl von Stellen aus der Bibel und älteren Kirchenvätern hinzu. So wurde der Pulcheria das ganze theologische Material zur Verfügung gestellt, das sie zur Bekämpfung des ihr verhassten Bischofs brauchen konnte. Jedenfalls hat sie es in diesem Sinne zu benutzten gesucht, und unter den hohen Damen setzte es harten Zank. Dem armen Theodosius, der zwischen Gattin und Schwester entscheiden sollte und doch keine von ihnen gern gekränkt hätte, wurde die Laune gründlich verdorben. Er erteilte dem Cyrill als einem Mann, der sowohl in der Kirche, als auch im Kaiserhause böswillig Unfrieden stifte, einen scharfen Verweis und erklärte ihm, in Constantinopel befänden sich Kirche und Hof, d. h. Nestorius und Eudocia, in schönster Eintracht. Die dogmatische Streitfrage könne nur ein Konzil entscheiden, das Theodosius eben zusammenberufe. Ein solches hatte nicht die Eingabe der Mönche sondern auch Nestorius selbst gefordert, während Cyrill es viel lieber gesehen hätte, wenn die Entscheidung des Papstes endgültig geblieben wäre. Doch um den Zorn des Kaisers kümmerte er sich nicht viel; wusste er doch aus seinem Streit mit Orestes, dass jener nur schelten konnte, aber ein energisches Eingreifen gegen den Stuhl von Alexandria nicht wagte. Um für das bevorstehende Konzil ein neues Präjudiz zu schaffen, versammelte er (Cyrill) eine ägyptische Synode und ließ durch sie Nestorius zum Widerruf seiner Ketzereien auffordern. Es genüge nicht, so schrieb man diesem, dass er sich zum nicänischen Symbol bekenne, weil er es falsch auslege; er müsse auch zwölf Sätze ausdrücklich verdammen, die Cyrill aus seinen Predigten und Schriften entwickelt hatte.“  O. Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“  

So kam es, 431, mit Riesenaufwand zum merkwürdigen Konzil von Ephesus, zu dem im Jahr 431 schließlich 200 der reichsweit 6 000 Bischöfe angereist kamen. (August Neander) Viele, von Cyrills Argumenten überzeugte, aber auch mittels Versprechen gewonnene, nun neue Marienverehrer, wünschten das Wort (Theotókos) durchzusetzen, nur um Nestorius zum Sündenbock zu erklären. Ein Konzil in die Bestechungsgelder zur Manipulation ihrer Lippenbekenntnisse eine weitaus größere Rolle spielen sollten, als echte Überzeugungen.

„Um das Terrain für den bevorstehenden Kampf zu rekognoszieren, war Nestorius schon sehr bald nach dem Osterfest, 431, in Ephesus eingetroffen und fand hier alles feindlich. Memnon, der Bischof der Stadt, behandelte ihn gleich als Ketzer, indem er ihn von dem Besuche seiner Kirchen ausschloss, und das fanatisierte Volk zeigte eine äußerst drohende Haltung. Gegen dessen Ausschreitungen gewährten die Soldaten des Candidian (des Befehlshabers der kaiserlichen Garde die Nestorius vor den erwarteten Übergriffen durch den Pöbel schützen sollte und konnte) genügenden Schutz; bedenklicher aber war, dass auch mehr als dreißig Bischöfe aus Asien sich zum Konzil versammelten und diese alle sich ihrem Metropoliten Memnon anschlössen. Doch auf die Gunst des Kaisers (Theodosius II.) gestützt, blieb Nestorius siegesgewiss; noch in Ephesus erklärte er Bischöfen der Gegenpartei, er könne ein zwei- oder dreimonatliches Kind, das noch an der Mutterbrust gesäugt werden müsse, unmöglich für einen Gott halten. Dass aber diese Anschauungen nicht einstimmig angenommen werden, ja kaum eine schwache Majorität finden könnten, musste ihm schon damals klar sein. Doch für fromme Zwecke ist bekanntlich jedes Mittel erlaubt.  (Pardon, aber dies ist nicht mein Text. G.Sk.)

Cyrill setzte daher die erste Sitzung des Konzils auf den 22. Juni an. Jetzt aber trafen Nestorius und seine Genossen ihre Maßregeln, um die Gegner formell ins Unrecht zu setzen. Sie legten Protest dagegen ein, dass vor dem Eintreffen der Orientalen etwas beschlossen werde, und der Vertreter des Kaisers, Candidianus, schloss sich ihnen an. Dies aber erfüllte die versammelten Väter mit wildem Zorn; die Bischöfe, welche das Schriftstück überbrachten, mussten nicht nur Schimpfworte, sondern auch Schläge erleiden, und wenn man auch gegen den Comes (Staatssekretär) nicht mit so handgreiflichen Gründen vorging, wies man doch seine Forderung, das Konzil solle warten, bis er selbst es berufe, entschieden zurück.

In Ephesus herrschte Hungersnot und diese hatte, wie das ja Regel ist, auch eine Epidemie hervorgerufen. Manche von den Teilnehmern des Konzils waren schon gestorben, andere erkrankt, und die Teuerung der Lebensmittel machte den Aufenthalt in der Stadt kostspielig und erschöpfte die Kasse der ärmeren Bischöfe. Alle hatten es daher eilig, in ihre Heimat zurückzukehren, was Nestorius natürlich nicht unbekannt war. So trat denn ein, was er wünschte und erwartete.

Das Konzil begann seine Verhandlungen am festgesetzten Tage ohne die Orientalen und fällte gleich in der ersten Sitzung sein Urteil.“ Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“

Es geht hin und her, weil der Kaiser eher zu Nestorius neigte und dieses Urteil verwarf. Er gestattet aber: „dass Abgesandte des Cyrill nach Constantinopel kamen, um den Standpunkt der Mehrheit vor ihm zu verteidigen… (Kurz zuvor) waren zwei ägyptische Bischöfe angelangt, und da sie nicht mit leeren Händen kamen, hatte ihr Erscheinen Wunder gewirkt.“ Die Meinungsbildner bei Hofe gelobten, nachdem sie bestochen wurden ihre pro Nestorius-Einstellung zugunsten Cyrills Wunsch zu ändern. „Die Liste der „Geschenke“, die … aus der Kasse des Cyrillus verteilt wurden, ist noch erhalten. Sie bestehen zum großen Teil aus Geweben, Straußenbälgen, Elfenbeinarbeiten, Gemälden u. d l. m.  Doch tritt bei jedem Empfänger noch eine Summe Geldes hinzu, die je nach seiner Bedeutung von 1 00 Solidi bis zu 200 Pfund Gold ansteigt, d . h. von 1 269 Mark bis zu 182. 7 1 8 Mark (nach dem Geldwert von 1914). … Der Löwenanteil an den Spenden floss den Eunuchen zu, die trotz ihres hohen Ranges doch nicht mehr waren als Kammerdiener der kaiserlichen Familie. Doch im vertrauten Verkehr des Schlafgemaches und des Ankleidezimmers ließ sich ein (Kaiser) Theodosius am wirksamsten beeinflussen. Die größte Summe, doppelt so viel, wie die an zweiter Stelle stehenden, erhält Chrysoretus, den die Ägypter als gefährlichsten Gegner (Cyrills) betrachten, „ damit er aufhöre , uns zu bekämpfen “. Auch zwei Kammerfrauen der Eudocia werden bestochen, jede mit 50 Pfund Gold (45 680 Mark)… Der Eunuche Scholasticus, den Nestorius für seinen treuesten Freund hielt, ließ sich durch 1 00 Pfund Gold bestimmen, (nun) wütend für die Muttergottes (Theotokos) zu eifern. Johannes, ein eng befreundeter Geistlicher des Cyrillus, der zu gleich Arzt war, erschien (ebenfalls) in Constantinopel, und plötzlich änderte sich die Stimmung des Hofes und wurde für Nestorius höchst bedrohlich.“ Otto Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“

Aber auch umgekehrt. Der Kaiser war enttäuscht. Selbst Cyrill geriet in Bedrängnis. Er und Nestorius wurden unter Hausarrest gesetzt, aber. Doch Cyrill wusste sich zu helfen: „Er wandte ungeheure Summen als Bestechungsgelder für einflussreiche Persönlichkeiten im Palast auf … er…  entwischte aus dem Gefängnis und belohnte seinen käuflichen Wärter durch Aufnahme in den alexandrinischen Klerus.“ Henry Chadwick „Die Kirche in der antiken Welt“ de Gruyter. 1967, S. 232

 

Cyrills Absichten durchschauend schrieb kurz zuvor Abt Isodor von Pelusium, ein Verwandter Cyrills, ohnehin scharfer Kritiker an allen Missständen der Kirche, vor allem wegen der Geldsucht führender Geistlicher tadelnd an Cyrill:

Zuneigung schärft den Blick nicht, Abneigung aber macht blind. Wenn du darum von beiden Sehhindernissen frei bleiben willst, dann fälle keine Gewaltsprüche, sondern wäge in gerechtem Urteil die Gründe ab Denn viele der in Ephesus Versammelten höhnen über dich, als ob du eine Privatfeindschaft austrügest, nicht aber rechtgesinnt suchtest, was Jesu Christi ist.“ Christian Pesch „Nestorius als Irrlehrer“ Paderborn 1921

Wegen eines einzigen Wortes wurde Nestorius verurteilt! So war es auf dem 1. Ökumenischen Konzil 325. Ein Lippenbekenntnis zu Gunsten des Alexandriners Athanasius hätte Arius da und hier Nestorius gegenüber Cyrill das Leben versüßt. Der vermeintliche Sieger winkte ab:

Man hatte ihn (Nestorius) ordnungsmäßig dreimal vorgeladen, aber da er sich weigerte zu kommen, wurde er auf Grund seiner Schriften und mündlichen Erklärungen abwesend der Ketzerei schuldig gesprochen, seines Bischofsamtes entsetzt und von der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen. Vor den Toren der Kirche, in der die Sitzung stattfand, hatte das Volk in aufgeregter Spannung gewartet. Als es das Urteil erfahr, brach es in lauten Jubel aus, und am Abend war zu Ehren der Muttergottes die ganze Stadt illuminiert.“ Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“

Seit wann ist der Grad der Erregung und Begeisterung des Volkes ein Kriterium für die Wahrheit?   

Als Hitler 1940 Frankreichs Kapitulation verkünden ließ, gratulierten nahezu alle Deutschen einander. In den deutschen Städten wehten aus fast jedem Fenster die Hakenkreuzfahnen. Laut wie damals zu Ephesus war der Jubel des Volkes, und ich, Gerd, bin ein Zeitzeuge.

Im antiken Ephesus galt die Göttin Artemis (lat. Diana) seit Jahrhunderten als Erdmutter und Gottesgebärerin.

Bereits 400 Jahre zuvor schrieen die Epheser: "Groß ist die Artemis von Ephesus! Groß war die Eifersucht auf konkurrierende Kulte. DIe Silberschmiede verdienten gutes Geld indem sie kleine segenspendende Artemisgötzen herstellten, währen Paulus leugnete, dass menschengemachte Götter helfen könnten. Apg. 1 9: 23- 35.

Das ungebildete, aufgestachelte Volk befürchtete damals, dass Paulus wie nun Nestorius ihre geliebten Muttergöttin entthronen wollte. Entsprechend groß war ihre Wut, wie nun ihre Genugtuung.

Cyrill gab der Artemis, wie sie meinten, lediglich einen weiteren Namen.

"Maria".

Dem Machtstreben den Vorrang vor der Wahrhaftigkeit einzuräumen, bedeutete für die Gesamtheit damaliger Christen zugleich der Sturz aus dem Paradies gegenseitigen Wohlwollens ins Elend der Eifersüchteleien, bis hin zu Glaubenskriegen.

Wer auch immer, mit den besten Alten längt vergangener Zeiten, glaubt, dass „Über den Sternen ein lieber Vater wohnt“, der fühlt es auch: ER kümmert sich liebevoll um uns, sobald wir uns bemühen, nach seinem Wort der Sorge um den Anderen zu handeln.