Das ist Hermann. mein langjähriger Kollege, Hermann Witte, Geburtsjahr 1915, gewesener Frontsoldat im Osten, der die anbefohlene Sprengung eines Gebäudes verweigerte, nachdem er als Stosstruppteilnehmer, bis in die Schlafräume der russischen Soldaten eindringen konnte. Er hörte sie schnaufen und war unfähig seine Mitmenschen, die ihm nichts zuleide getan hatten, zu zerfetzeNicht nur einmal teilte er mit mir das letzte Stück Brot.Er arbeitete fast dreißig Jahre lang im rechten Kahn, ich ebensolange im linken.
Hermann hatte drei Jahre lang, als Lehrling im Mormonenhaushalt der Familie Paul Meyer, Cammin gelebt und wusste nahezu alles von unserer Religion.
Bei seinem Naturell wurde dieses Wissen zu einem nie versiegenden Quell seines Humors. Manchmal war es peinlich, manchmal trieb sein Leichtsinn ihn hart an die Grenze des Anständigen,
Stilblüten aller Art waren eine Selbstverständlichkeit.
Wo und wann immer ihm danach zumute war, mich zu verspotten tat er das auf unnachahmliche Weise.
Um Sachlichkeit ging es ihm nie, immer nur um den Klamauk, ums Lachen der Anderen in das er mit listig blitzenden Augen und breitem Grinsen einstimmte.
Er selbst war zu schallendem Lachen unfähig und eigentlich sehr mifühlend kameradschaftlich und durch und durch ehrlich-
Allerdings, wie gesagt, in Worten rigoros.
Meistens machte er die Leute, die seine groben Scherze hörten, erst neugierig:
Herman zog damals, im Sommer 1985, die volle Aufmerksamkeit der fünf noch jungen in ihren schwarzen Neoprenanzügen wie aus dem Nichts, direkt neben uns auftauchenden Tiefseeschwimmer, auf sich, als er mit einem Kopfnicken in meine Richtung wies.
Das geschah während des Aufziehens der Netze in Landnähe und nachdem die Motoren ausgeschaltet worden waren.
Er höhnte laut, ich solle auch nicht das Beten vergessen, wenn ich nach Feierabend zu meinem "Hohen Rat" nach Leipzig fahre.
"Sag bloß", fragte Manfred der leitende Offzier der Kampftauchergruppe der Nationalen Volksarmee, "du betest noch?"
Ich erwiderte spontan: "Na ja, aber du betest mehr als ich!"
Er wollte wissen wie ich das meine: "Du hast schon öfter zu Füßen einer schönen Dame um Erhörung gebeten."
Seine Kollegen konnten sich das Lachen kaum verkneifen.
(Wie ich ein Jahr später von seinen Leuten erfuhr, verlor er seinen Job, wegen einer Affäre. Die DDR Sondereinheiten duldeten Seitensprünge ihrer Elite nicht! Zuverlässigkeit war gefragt! Zuvor sei er durch die Bibliotheken Berlins gerannt um zu erfahren was "Mormonismus" ist ... armer Manfred,, du musstest den Lügen Glauben schenken, weil da Schwarz auf Weiß geschrieben stand, dass "Mormonen" betrogene Betrüger sind.)
Die Folge unserer ersten kurzen Begegnung war, dass es, am nächsten Tag, zu einem sechstündigen Vieraugengespräch kommen sollte.
Ich sah ihn schon von weitem. Er wartete auf einem in den See ragenden Steg bereits ungeduldig auf mich. Hatte er doch am Vortag versprochen mich binnen fünf Minuten zu überzeugen, dass er - nicht ich - wissenschaftlich denke.
Die Soldaten - allesamt Hünen an Gestalt, und ich der Zwerg in ihrer Mitte - kamen an Bord. Sie umringten mich. Manfred legte los...
aber ich konnte den Spieß umdrehen.
Diesmal lachten seine Kameraden hemmungslos.
Er zog seinen Neoprenanzug aus und sagte seinen Leuten, er wolle bei mir bleiben.
Manfred folgte der ganzen Tour der Reusenkontrolle mit wachsendem Interesse. Ich fuhr den Kutter und meine Fischerkollegen "sammelten" die Fische ein.
Es wurde ein unvergesslicher Tag
Manfred "saß" auf der schmalen Reling in seiner Badehose, denn es war warm. Ich glaube, er als Mediziner ! war von Beginn an schockiert, als ich ihn bei seiner Frage nach Gott darauf hinwies wie unwahrscheinlich es ist, dass im Evolutionsprozess, die erste Zellteilung (identische Reduplikation) nicht per Zufall entstanden sein konnte.
Im Kreislauf der Natur habe die vegetative Vermehrung doch bislang funktioniert... da war, meiner Überzeugung nach keine Notwendigkeit.
Nach wortreichen sechs Stunden fasste er zum Abschied zusammen:
"Deine Philosophie ist runder und schöner als meine!"
Eines Tages in der Ewigkeit werdet ihr sehen, dass ich die Wahrheit sage.
(Der ganze Bericht ist in englisch und deutsch abrufbar unter "Steps Through Two Dictatorships" 1-4, bzw. "Schritte durch zwei Diktatoren" siehe Google unter Blogger G S
Und nebenbei und ebenso zutreffend gesagt:
Eines anderen Tages saß als "Zuschauer" ein hochrangiger Stasi-Offizier, neben mir, während der Fahrt zum Fangplatz, . Es kam zu einem Spott seinerseits. Er wurde unhöflich und lästerte scharf: Ich sei mit meiner Religion nicht auf der Höhe der Zeit: Dein Weltbild ist falsch.
Da sprang Hermann Witte ihn an. Ohne jede Art von Rücksicht auf den Rang des Lästerers fuhr er ihn an, hochdeutsch! sprechend.
Hermann wählte das Hochdeutsche nur wenn es ihm bitterernst war: "Halte den Mund!"
Er blitzte den Elitesoldaten an:
"Du hast keinen blassen Schimmer wovon du redest. Diesem Mann kannst du nicht mal das Wasser reichen!"