Felix Kellerhoff der leitende Redakteur des
Bereichs Zeit- und Kulturgeschichte der Zeitung "Die Welt" befragte Anfang
September 2015 den berühmten Historiker Alexander Demandt zum
Migrantenstrom der Europa im Spätsommer schlagartig überfiel.
Die Schlussfolgerungen beider Experten rufen zu
ernsthaftem Nachdenken auf. Ich musste spontan denken, dass jeder sich selbst ein
Urteil in Sachen Kultur und Geschichte bilden muss. Das aber kann nur geschehen
indem wir genau hinschauen.
Über dem in Welt-online veröffentlichten Interview
standen diese beiden Sätze:
"Migranten aus dem Norden
trieben im 5. Jahrhundert das Imperium in den Untergang. Warum Rom den Ansturm
zunächst bewältigen konnte, am Ende aber scheiterte, erklärt der Historiker
Alexander Demandt."
(der ganze Artikel befindet sich im Anhang)
Den Inhalt des Gespräches so auf
den Punkt zu bringen, - „die Migranten
trieben Rom in den Untergang“ ist fragwürdig.
Prof. Demandt sagt es selbst, als
positives Fazit:
„Es geht doch darum, wie man sich
verhält. Sobald man menschlich untereinander verkehrt, ist sekundär, was man
glaubt.“
Nehmen wir den Artikel also als
Aufforderung zur Toleranz aller Seiten.
Die geschichtlichen Fakten
bestehen allerdings darauf, dass nicht die vor den Hunnen südwärts flüchtenden
Ostgoten für den Untergang des römischen Imperiums verantwortlich sind, sondern
eine Reihe römischer Kaiser die mit ihren politischen Fehlentscheidungen das
eigentliche Fundament des Reiches zermürbten. Ihre Intoleranz, seitdem sie sich
entschlossen hatten dem „Christentum“ zum „Sieg“ zu verhelfen, zerstörte alles,
letztlich auch das Imperium.
Ähnlich einem Kind, dass einer
Blüte zum schnellen Durchbruch durch die Schichten der Knospe verhelfen will,
indem es die scheinbar hemmende Hülle beseitigt. Es muss erkennen, dass auch
Blütenreife nicht erzwungen werden kann.
Menschen denen de facto das Recht
auf Entscheidungsfreiheit geraubt wird, weichen in Nischen aus. Sie sträuben
sich mitzumachen, sie heucheln oder opponieren wo sie können im Untergrund. Das
muss dem System, das dies verursachte, Schaden zufügen.
Jeder Europäer sollte wissen,
dass im 4. Jahrhundert allen Menschen des Imperiums in ähnlich schrecklicher
Weise ein Kirchensystem aufgezwungen wurde, wie den Staaten des späteren
"Warschauer Paktes", 1945 der Kommunismus.
Deshalb konnte es nicht halten.
Inkorrekt wäre es den Goten den „Schwarzen
Peter“ zu zuschieben. Sie waren Opfer jener Gewissensknechtung die leider
von hochgerühmten Persönlichkeiten vom Typ Ambrosius von Mailand vorangetrieben
wurde.
Was haben sich die Exponenten des
"Christentums" dabei gedacht, als sie jedem drohten, der sich
weigerte Katholik zu werden?
Den Griechen und den Ägyptern
wurden die Tempel weggenommen. Das war schlimm genug. Dann raubte die Kirche Konstantins
ihnen ihr Gedankengut durch Angsteinflößung, Diffamie und rohe Gewalt.
Das Problem besteht für Europa
nicht zuerst im Ansturm der Flüchtlinge aus dem Nahen Osten. Sondern in der
vermeintlichen Erkenntnis sie bildeten eine Gefahr für den Fortbestand der
europäischen Kultur. Der Überfremdungsprozess und der Wertewandel sind längst
im vollen Schwung. Das Besorgniserregende besteht in unserer Neigung, das
für uns zu beanspruchen, was wir Mitmenschen anderer Kulturen verweigern
möchten: Sicherheit.
Wir wissen es längst: Nichts
bleibt wie es ist. Wir stehen in der Pflicht das großartige und echte unseres
kulturellen und geistigen Erbes zu bewahren, nicht aber abgelebte Traditionen
zu schützen. War das römische Imperium je das, was Menschen wie du und ich für
wünschenswert hielten?
Ob der
"wissenschaftliche" Atheismus oder der christliche Glaube - auch
in Kombination oder als Allianz aus Not - Bollwerk gegen die rasante Islamisierung
der Welt sein kann, hängt davon ab, wie einig wir in der Bekräftigung bewährter
Ideale sind.
Das traditionelle Christentum hat
eindeutig versagt, was aber nicht heißt, dass die Kraft und Grundwerte des Neuen
Testamentes uns nicht mehr zur Verfügung stehen.
Obenan steht das urchristliche
Individualrecht, das nicht nur für uns unverzichtbar ist. Wir haben es gemeinsam
zu verteidigen. Dieses Recht auf Entscheidungsfreiheit hätte von Christen natürlich nie
in Frage gestellt werden dürfen. Doch
eben das geschah. Wir können den Finger auf die Weltuhr legen: da, im 4. Jahrhundert passierte das Unglück
mit seinen Spätfolgen. Zwischen 325 und 380 würgten es machtlüsterne
Karrierechristen im Verbund mit gewissen Cäsaropapisten ab. Nur knappe
fünfundfünfzig Jahre sollte der Todeskampf dauern.
Und das es gerade von denen unter
die Füße getreten wurde, die nicht genug
Lobeslieder auf ihren „Jesus“ singen konnten lässt sich weder leugnen noch
beschönigen.
Erst Jahrhunderte nach der Reformation
wurde das Recht auf Entscheidungsfreiheit von Christen erneut auf den Schild gehoben.
Da, im Gegensatz zum modernen
Christentum, liegt der Schwachpunkt des Islam, seine Intoleranz. Sie drückt
sich auch darin aus, dass der Schrei der Empörung in der Welt der Muslime aus
Angst vor den Rabiaten ausbleibt. Da darf immer noch islamrechtlich jeder
Apostat getötet werden. Das hat aufzuhören oder die Welt geht unter.
Europa darf hoffen, aber nicht
untätig in der Hoffnung bleiben. Nur die Muslime, und andere Feinde des
Menschenrechtes auf Wahlfreiheit der Gesinnung jedermanns, sind auszuweisen die
sich weigern einen Eid auf Religionsfreiheit zu leisten. Staaten die das Recht
auf solche Freiheit massiv beschneiden müssen geächtet werden, obwohl die sogenannte
Reichkirche Konstantins ihnen das Böse erst
in verbrecherischer Weise vorgelebt hat.
Daran ist auch das historische
Rom zu messen; es untersagte im Jahr 380 mit dem Unrechtsgesetz der
Zwangschristianisierung Cunctos populos rund 45 Millionen Hellenen und Mandäern
und Manichäern usw. frei zu sein.
Rom ging nicht an den Goten
zugrunde sondern an seiner eigenen Machtpolitik.
Deshalb verfasste ich einen Brief an Herrn Kellerhof, der
freundlich beantwortet wurde:
Sehr geehrter Herr
Skibbe,
vielen Dank für Ihre Mail, die mich allerdings
etwas ratlos zurücklässt. Ja, in dem Interview mit Alexander Demandt ging es
nicht um Constantin und seine schwierige Rolle, sondern um die Völkerwanderung
- was also ist der Punkt? Ich leite Ihre Mail gern weiter an Prof. Demandt,
kein Problem - aber ich vermute, er wird genauso wenig verstehen wie ich, was
Sie uns sagen wollen.
Nichtsdestottrotz wünsche ich Ihnen alles Gute
und sende nach Australien
Freundliche Grüße
Sven Felix Kellerhoff
Mein Text an Herrn Kellerhof:
"Übertreibungen sind der Feind jeder Kultur."
Prof Demandt untertreibt an einem entscheidenden Punkt der
Geschichte des römischen Reiches:
Er weiß doch, dass der Keim des großen Unglücks durch Konstantin
gelegt wurde. Dieser Usurpator wollte der größte sein, das Universalgenie in
seiner Universalmonarchie. Rücksichtslos setzte er, wie später Hitler, Lenin,
Mao seinen Größenwahn in geschichtliche Fakten um.
(Seine Gewaltpolitik zugunsten seiner Kirche stürzte das
römische Reich in den schließlich folgenden Untergang. Diesen Satz setzte ich
jetzt erst hinzu G. Sk.)
Konstantin wollte mehr sein als
Kaiser Diokletian - der Oberkaiser in der römischen Tetrarchie - je war, und
der galt in Reihen der Paganen und der ganzen Heeresmacht als der „dominus et deus“.
Alexander Demandt „Diokletian und die
Tetrarchie“ – „Aspekte einer Zeitenwende“
Konstantin war Herrgott, seit die
Westarmee ihn, 306, nach seiner wilden Flucht aus Nikomedien, aufs Schild hob.
Alle anderen Gottkaiser trug er, der alleinige, niemandem unterordnete
Gott in sich, als Numen. Ihr Geist war in ihm, wie sie zugleich im Himmel
wohnten.
Am Kaiserhof zu Nikomedien und nicht
nur dort hieß es wieder und immer wieder:
„Du Kaiser gleichst denen die Dich
zeugten, durch sie regierst Du die Welt unvergleichlich, Du der diis geniti et
deorum creatores, der von den Göttern gezeugte und Erzeuger von Göttern...in
Dir leben die numina von Jupiter und Hercules - wir rufen Dich an, wir rufen
Dir zu, jeden Sieg zu erringen ist uns heilig und mit uns bist Du der praesens
deus - weshalb wir uns nicht fürchten, weshalb es uns eine Ehre ist, Dir unser
Leben zu Füßen zu legen.“ Alexander Demandt „Diokletian und die
Tetrarchie“ – „Aspekte einer Zeitenwende“
Konstantin der an den paganen
Gottesdiensten teilnehmen musste, weil er am Kaiserhof als Geisel für die
Loyalität seiner Vaters einige seiner Jugendjahre zu verbringen hatte, war
verliebt in diese Idee. Er der „der Christus sein wollte“ (Prof Clauss) - nötigte in Nicäa, 325, den dort
versammelten Bischöfen gewaltsam seine Gottesvorstellungen, seine Religion auf.
Er wünschte die Kraft und die Talente des aufkommenden Christentums zugunsten
seines Reiches zu nutzen. Das allerdings erst, nachdem er es auf die, aus
seiner Sicht, erforderlichen Normen zugeschnitten hatte. Kannte er doch einige
ihrer Exponenten seit den Jahren seiner Geiselhaft in Nikomedien persönlich. Da
waren nicht nur Leute wie Laktanz, den er bald zum Rhetoriklehrer seines Sohnes
Crispus an seinen Hof zu Trier berufen wird. Wie geborene Edelleute gingen die
christlichen Herren in den Kaiserpalast als zuverlässige Verwaltungsbeamte
ein und aus.
Mit stoischer Ruhe ertrugen sie den
Hass der paganen Priester auch dann noch als Kaiser Diokletians, 303, – von
eifersüchtigen heidnischen Priestern erregt - Wellen der Verfolgung gegen sie
schmetterte.
Disziplin war Konstantins
Schlüsselwort. Kein Reich kann bestehen wo das Volk macht was es will.
Nachdem Konstantin 310
seinen Schwiegervater, Kaiser Maximianus, erhängen ließ kämpfte er
312 siegreich gegen Schwager Maximian von Rom und andere Mitglieder seiner
Familie. Allen die seinem Machtstreben gefährlich werden könnten macht er den
Garaus. „Seinen Schwager
Lucinius ließ er 324 erwürgen, dessen Sohn degradierte er zum Sklaven und ließ
ihn totschlagen.“ (ökumenisches
Heiligenlexikon )
Nachdem ihm dies gelungen war rief er
die erwähnten Gemeindevorsteher (Bischöfe) der Christengruppen in seinen Palast
und Sommersitz zu Nicäa um dort die Rolle des Bischofs (Aufsehers) über die bis
dahin völlig nichtweltlich denkenden und lebenden Christenbischöfe zu
übernehmen. Da zwängte er 217 von den 220 stimmberechtigten unter seinen
Gottesbegriff und in seine gewaltnutzende Religion hinein. (Fast
1700 weitere, eingeladene Gemeindevorsteher waren gar nicht erst angereist, als
ob sie den Braten gerochen hätten.) Viele der 217 zeichneten ihr Ja
unfreiwillig. Dieser fast
unbekannte Fakt, dass Konstantin sie eingeschüchtert hatte, steht fest. Sogar
die katholische Quelle "Familia Spiritualis Opus" bekennt 2013:
"Alles schien in bester Ordnung, jedoch hatten einige
Bischöfe nur ein Lippenbekenntnis abgelegt, da Kaiser Konstantin mit der
Verbannung für jener Bischöfe gedroht hatte, die das Bekenntnis nicht unterschrieben..."
Sie sollten etwas, für die meisten von ihnen, Befremdliches
bekennen. Nämlich dass die drei Christengötter gesichts- und gestaltlos sind.
Diese seien eben nur einer. Sie sollten per sofort lehren, dass drei gleich
eins ist. Die Forschung bestätigt: „seitens
des Kaisers Konstantin wurde mit Drohungen und Ankündigung von Repressalien
gearbeitet. Jeder Bischof wird einzeln vorgenommen. Ihm wird das Bekenntnis
(das Nicänum) vorgelegt und er wird zugleich vor die Alternative gestellt,
entweder zu unterschreiben oder in die Verbannung zu gehen... in Nicäa wird
auch die Kirchenorganisation in die Organisation des Reiches eingepasst.
Folgerichtig wurden alle in Nicäa gefassten Beschlüsse zum Reichsgesetz erklärt.“ Rudolf Leeb „Konstantin und Christus“ –
die Verchristlichung der imperialen Repräsentation
„Noch mehr als dreißig Jahre später lehnen die
Homöusianer das nicänische „homous i ous“ unter anderem ab, weil Konstantin …
die Unterschriften der Bischöfe mit Gewalt erzwungen hatte...“ H. Chr. Brennecke „Ecclesia in republica“
Theologiegeschichte
Viele Bischöfe fuhren mit dem bitterem
Gefühl nach Hause versagt zu haben. Einzeln hatte der in Gold und Silber
gekleidete Imperator sie zur Unterschriftsleistung in seinen kleinen Thronsaal
rufen lassen. Jeder, wie der Ziegenhirte Bischof Spiridon von Zypern musste so
durch ein Spalier bewaffneter Legionäre schreiten. Dort blitzte ihn der
Imperator warnend an und dann lag da dieses Papier.
Auf diese Weise wurde der
Trinitarismus geboren und zum Reichsgesetz erhoben. Diejenigen die dieser Wende
nicht folgen wollten nannten man verächtlich Arianer, nach dem standhaften
Presbyter Arius (260-337) und Arius galt als Staatsfeind. Lesern seiner
Schriften drohte die Todesstrafe.
Arius und sein großer Anhang blieben
dennoch dabei, man könne den katholischen Glauben nicht über die Autorität der
Bibel stellen. Insgeheim machten sie sich darüber lustig, dass im sogenannten
Nicänumtext sogar zugegeben wird, dass seine trinitarische Passage
biblischerseits unhaltbar ist:
„Denn wie uns die
christliche Wahrheit zwingt, jede Person einzeln für sich als Gott und als
Herrn zu bekennen, so verbietet uns der katholische Glaube, von drei Göttern
oder Herren zu sprechen.“
Lat. Quia sicut singillatim unamquamque personam Deum ac Dominum confiteri
christiana veritate compellimur: ita tres Deos aut Dominos dicere catholica
religione prohibemur
Engl. For like as we are compelled by the Christian verity; to
acknowledge every Person by himself to be God and Lord; so are we forbidden by
the catholic religion
Konstantins
Wille hatte es diktiert. Arius Gegenspieler Athanasius (296-373), der in Nicäa
freudig zum Kaiser hielt, hetzte umgehend zum Hass. Ebenfalls von erheblicher
Großmannssucht getrieben formulierte er:
„Sie, die sich Christen nennen, (die
Arianer), vertauschen die Herrlichkeit Gottes mit der Ähnlichkeit eines Bildes
von einem vergänglichen Menschen… Wenn aber Gott nicht wie ein Mensch
(aussieht), er ist es nämlich nicht, so darf man auf ihn keine
menschlichen Eigentümlichkeiten übertragen...
Vergebens also sannen die
Unverständigen auch dies aus, sie, die vom Vater das Bild loslösen wollten, um
den Sohn der Kreatur gleichzustellen… so weichen sie von der Wahrheit ab, und
indem sie sich trügerische Sprüchlein schmiedeten, gingen sie im Anfang, als
sie diese Häresie schufen, überall herum... Wenn man sie aber logisch
untersucht, so wird es sich herausstellen, dass sie bitteren Spott und Hohn
verdienen..., verdienen sie nicht allen Hass?” (Sie, die sich erlauben
zu glauben wozu sie die „christliche Wahrheit zwang“) Bibliothek der Kirchenväter, Vier Reden
gegen die Arianer (Orationes contra Arianos), RFT Information, 1. Rede
Solcher Sprache bedienten sich sehr
viel später die rüden Agitatoren des „Dritten Reiches“ und die Kommunisten.
Unter „Papst“ Damasus kam es
folgerichtig bald zu massiven Handgreiflichkeiten. Im Jahr 366 von Bewaffneten
unterstützt machte er sich über die arianische Romgemeinde her: 130 Tote. Alle
auf einer Seite.
Kaiserberater Ambrosius von Mailand,
(337-397) wollte Damasus und seinen athanasianischen Stil nicht kritisieren.
Und auch das hatte Folgen schlimmer
Art.
Er geiferte bald ebenso energisch wie
sein Vorbild gegen das Arianertum. Unter seinen wachen Augen wenn nicht
auf seine Weisung wurde wenige Jahr später das Staatsgesetz „Cunctos populos“
erlassen.
Alles was dem erhofften Siegeszug des
Trinitarismus im Wege stehen könnte, einschließlich des freien Hellenismus,
stand mit ihm unter Verurteilung.
Cunctos populos war der Freibrief für
fortgesetzte Plünderungen und Schleifungen hellenischer Tempel und dann des
Serapeums zu Alexandria. Sein Text drohte den Mandäern, Manichäern, den
Isisgläubigen überhaupt allen Nichtkatholiken.
Als um 370 immer mehr Flüchtlinge
gotischer Herkunft begehrten im römischen Reich bleibende Zufluchtsstätten zu
finden, schrieb Ambrosius buchlange Briefe an den verunsicherten jungen Kaiser
Gratian, der zur Toleranz in Glaubenssachen neigte. Maßlos übertreibend hieß
es: Antinicäner (Antitrinitarier) sind
keine Christen.
Die vor den Hunnen fliehenden Ostgoten
wurden von Ambrosius maßlos diffamiert, denn in ihren Reihen gab es viele
Christen, die allerdings von arianischen Missionaren bekehrt worden waren und
die die konstantinisch-athanasianische Variante ihres Glaubens nicht kannten.
Als ob sie die Pest mit sich schleppten
wurden sie deshalb behandelt.
„Die Arianer (Italiens und die Goten G.Sk.) haben
sich gegen die Kirche Gottes verschworen!“ Leopold von Ranke „Werk und
Nachlass“
So der stete Tenor des trinitarischen
Bischofs Ambrosius von Mailand.
„Der Kaiser soll
gerüstet mit dem Schwert des Glaubens, dem Sieg entgegen ziehen... der
Krieg gegen die Goten und der Sieg über sie seien von Hesekiel geweissagt
worden. Die Goten sind Gog, von denen der Prophet (Hesekiel) schreibt, dass er
mit Gottes Hilfe vernichtet werde... Der Glaube an Gott und die
Treue zum imperium Romanum können nicht voneinander geschieden werden...(die
Goten) die ‚Häretiker’ sind die
‚antichristi’; diese Häresie sammelt ihr Gift aus allen anderen Häresien.“ Günther Gottlieb „Ambrosius von Mailand und Kaiser Gratian“
Aber die Goten schlugen zurück. Sie
hatten keine Wahl, vor ihnen lag freies Land das ihnen verwehrt wurde und
hinter ihnen der Hunnensturm.
Aus Not wurden sie Sieger.
Entgegen der
Prophezeiungen Ambrosius „bot das römische Heer keinen Widerstand
mehr... überall zogen die Goten ... durch das Land... bis an die Grenze
Italiens herrschten sie nach Belieben.“ Ebenda
Schritt für Schritt bauten die Ostgoten
ihr Reich auf, in dem Gewissensfreiheit groß geschrieben wurde. Aber Ambrosius
stemmte sich. Er warnte weiter. Die Goten dagegen haben, wo immer sie zur Macht
kamen, die katholische Kirche nicht bedrängt.
Dreißig Friedensjahre schenkten die
arianischen Goten im 6. Jahrhundert den Menschen ihres Herrschaftsbereiches.
Weiterhin rührten sie die katholische Kirche nicht an. Obwohl das in ihrer
Macht gestanden hätte.
Fast zweihundert Jahre nach
Ambrosius marschierten die orthodoxen Byzantiner in Richtung Westen gegen
alles Arianische auch um die alte Reichsherrlichkeit in einstiger Größe wieder
herzustellen. Sie operierten gnadenlos unter der Parole des ehemaligen Bischofs
zu Mailand: "Vernichtet sie!“
Unter dem Oberbefehl Kaiser
Justinians I. zerschlugen die angeblich christusfrommen Armeen des römischen
Ostreiches, mit dem Arianismus die Reste römischer Gesittung. Italiens Städte
verwaisten und zerfielen.
Fortan galt im ganzen Reich nur ein
Wille, der des Erbauers der Hagia Sophia. Er gebot: Jedes Kleinkind seines
Imperiums ist zu taufen! Auf den Abfall von der katholischen Kirche setze er
die Todesstrafe. (Codex
Justinianus I, 10, 11)
„Das war es dann mit der römischen
Zivilisation“
Anhang:
Welt: „Das war es dann
mit der römischen Zivilisation"
Migranten aus dem Norden trieben im 5. Jahrhundert das
Imperium in den Untergang. Warum Rom den Ansturm zunächst bewältigen konnte, am
Ende aber scheiterte, erklärt der Historiker Alexander Demandt.
Seit dem Ende des 2. Jahrhunderts n.
Chr. drängten Germanen in immer neuen Wellen über die Grenze des Imperiums,
dessen reiche Provinzen sie anzogen.
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Foto:
picture alliance / akg-images
Die Bilder von Flüchtlingen in Ungarn oder
Calais wecken bei vielen Europäern Überfremdungsängste – und ferne Erinnerung
an das Ende der ersten hoch entwickelten Zivilisation des Kontinents, des
Imperium Romanum. Zu den besten Kennern der Spätantike gehört Alexander Demandt.
Seine große Studie
über den "Fall Roms" (C. H. Beck), die 2014 wieder aufgelegt wurde, gilt
weltweit als Standardwerk. Der Alt- und Kulturhistoriker hat mehr als drei
Jahrzehnte lang an der Freien Universität Berlin gelehrt und lebt seit seiner
Emeritierung in Hessen.
Die
Welt: In der aktuellen Flüchtlingskrise ist oft die Rede von einer
"neuen Völkerwanderung". Ist dieser Vergleich mit der Spätantike
weiterführend?
Foto: picture-alliance/ ZB Alexander Demandt (Jg. 1937) war Althistoriker an der
FU Berlin und hat mehrere Standardwerke über die Spätantike veröffentlicht
Alexander Demandt: Der Begriff "Völkerwanderung" ist auf mehrerlei Weise
berechtigt. Erstens, was die Zahl der Migranten angeht. Zweitens, was die Art
ihrer Bewegung betrifft; vielfach wandern sie ja tatsächlich, wie in der
Antike. Drittens war die Motivation der spätantiken Völkerwanderung im
Wesentlichen die gleiche wie bei der gegenwärtigen Migration.
Die Welt: Nämlich?
Demandt: Damals wie heute handelt es sich um den Druck aus armen, aber
bevölkerungsreichen Ländern auf reiche, aber überwiegend kinderarme Völker. Der
wichtigste Unterschied besteht darin, dass die Germanen in der Völkerwanderung
bewaffnet kamen, während die Flüchtlinge heute natürlich unbewaffnet sind.
Die Welt: War dieser heutige Konflikt vorauszusehen?
Demandt: Gewiss. Schon Oswald Spengler hat 1931
erklärt, das große Problem der Zukunft
werde nicht der Ost-West-, sondern der Nord-Süd-Konflikt sein. Er sprach von
der "farbigen Weltrevolution" oder auch von der "farbigen
Front". Spengler glaubte, man müsse mit der Bedrohung durch die armen
Völker auch militärisch rechnen. Das war ein Irrtum. Heute sehen wir: Die
Tatsache, dass die Flüchtlinge unbewaffnet kommen, macht das Ganze viel
schwieriger.
Foto: Infografik Die Welt Das Römische Reich während der Völkerwanderung
Die Welt: Wie hat das Imperium Romanum auf den Zustrom reagiert?
Demandt: Der Zuwanderungsdruck auf die Grenzen des römischen Reiches ist ja
sehr alt – er beginnt schon gegen Ende des 2. Jahrhunderts vor Christus, mit
den Kimbern und Teutonen. Damals waren die reichen, fruchtbaren Länder im Süden
interessant für die Bewohner der kalten, ungemütlichen Länder im Norden. Die
Römer haben eine zweigleisige Politik betrieben: Einerseits haben sie schon
sehr früh, unter Cäsar, germanische Hilfstruppen übernommen und für sich kämpfen
lassen, teilweise große Kontingente. Andererseits wurden Zuwanderer angesiedelt
und in die römische Zivilisation eingegliedert – denken Sie an die Ubier in
Köln. Man kann sagen: Germanen waren sowohl Söldner für Rom wie Siedler.
Die Welt: Und das ging gut?
Demandt: In der Spätantike bestand das römische Heer sogar überwiegend aus
Germanen. Sie haben zunächst durchaus im römischen Sinne gehandelt und das
Imperium verteidigt – bis sie eines Tages gesagt haben: Die Römer sind nicht
mehr in der Lage, ihre eigene Herrschaft auszuüben. Da ließen sie andere
Germanen über die Grenzen und setzten den Kaiser ab. Das war es dann mit der
römischen Zivilisation.
Foto: picture alliance / akg-images"
Sie sind spätestens in der zweiten Generation zu
Römern geworden": Germanen auf der Wanderung
Demandt: Gut, solange die Zahl der übernommenen Menschen nicht übermäßig groß
war und sie in die soziale Welt eingebunden werden konnten. Sie lernten
Lateinisch, passten sich den Gebräuchen der römischen Zivilisation an, zahlten
Steuern – und sind spätestens in der zweiten Generation zu Römern geworden.
Die Welt: Die Zuwanderer mussten sich also der römischen Leitkultur unterordnen
...
Demandt: ... dieser Begriff ist belastet. Man kann auf ihn verzichten. Das
Einzige, was von den Zuwanderern in jedem Fall verlangt wurde, war die
Unterordnung unter römisches Recht. Das stand eisern fest – wer sich daran
nicht hielt, wurde ausgewiesen oder bestraft.
Die Welt: Welche Bedeutung spielte bei der Integration von Zuwanderern im
Imperium Romanum die Religion?
Demandt: Hier liegt in der Tat ein wesentlicher Unterschied zwischen der
Antike und heute. Die Römer waren ja nicht eigentlich tolerant, was die
Religion anging – vielmehr glaubte man in der Antike, dass alle Völker die
gleichen Götter verehrten, nur unter verschiedenen Namen. Toleranz im Sinne der
Duldung anderer Glaubensrichtungen war daher gar nicht nötig. Allerdings gab es
auch keine religiösen Bücher, kein Glaubensbekenntnis.
Demandt: ... für die meisten Bürger
des Imperiums war unverständlich, was die Christen gegen das Kaiseropfer
hatten. Es war eine Geste, ein Loyalitätsritual. Hatte man es vollzogen, dann
konnte man glauben, was man wollte.
Foto: picture-alliance / akg-images Der
Kaiserkult als Loyalitätsausweis: Altar am Tempel des Kaisers Vespasian in
Pompeji
Die Welt: Also nicht eigentlich religiös, sondern eher ein in religiöse Formen
gegossenes Bekenntnis zum Staat?
Demandt: Ja, der
Kaiserkult war eine rein politische Angelegenheit. Man erkannte ihn mit dem
Opfer als höchste Autorität im Reich an, als obersten Gesetzgeber. Das haben
die Christen ganz anders gesehen. Ihnen erschien der Kaiser als neuer Gott, als
Konkurrent ihres eigenen, des einzig wahren Gottes. Das war überhaupt nicht
römisch gedacht.
Die Welt: Was können wir aus der Integration von Zuwanderern in das Imperium
Romanum für heute lernen?
Demandt: Zum
Beispiel, dass wir den Staat als säkulare Organisation begreifen sollten. Also
die Religion zur Privatsache erklären. Allerdings weiß ich nicht, ob das
gelingen kann. Die Herausforderung durch Islamisten und andere religiöse
Fundamentalisten ähnelt eben jener zwischen dem Imperium Romanum und den
Christen, die sich ja nicht integrieren wollten, bis schließlich der Kaiser
selbst zu Kreuze kroch und Christ wurde.
Die Welt: Ist dieser Sieg des Monotheismus im 4. Jahrhundert nach Christus
eigentlich positiv zu bewerten?
Demandt: Das lässt sich so einfach nicht beantworten. Dem Christentum sind
große Teile der antiken Kultur zum Opfer gefallen. Andererseits hat die Kirche
eben auch vieles bewahrt, oft in veränderter Form. Insgesamt hat man wohl nicht
das Recht, die Christianisierung als Unglück zu betrachten. Es geht doch darum,
wie man sich verhält. Sobald man menschlich
untereinander verkehrt, ist sekundär, was man glaubt.
Ende des Welt-Artikels