Oxford-Prof. Dr. Dawkins,
Evolutionsbiologe und Ablehner allen religiösen Glaubens stellte einige sehr
fragwürdige Glaubensthesen auf.
Obwohl er ernstzunehmende und berechtigte Einwände gegen
Glaubenstraditionen vorträgt, handelt es sich in seinem Buch wiederholt um
Annahmen und um Folgerungen aus diesen Annahmen. Logischerweise erhebt sich
sofort Widerspruch, nämlich dort wo er sich weigert zu differenzieren oder
dann, wenn der Autor sagt:
"Jede
kreative Intelligenz, die ausreichend komplex ist, um irgendetwas zu gestalten,
entsteht ausschließlich als Endprodukt eines langen Prozesses
der allmählichen Evolution.“
Dieses „ausschließlich“ trägt einesteils hypothetischen Charakter,
andernteils entspricht es der Entschlusswut gewisser Cäsaropapisten, die sich
seit Konstantin bis Justinian I. in Sachen Gottesglauben höchste Autorität
anmaßten, womit sie dem originalen Christentum schweren Schaden zufügten.
Richard Dawkins beabsichtigt Jahrtausende alte Menschheitserfahrungen über
Bord zu werfen, als wären sie Ballast. Er agiert mit lässiger Geste, als sei
solches Unternehmen längst überfällig, obwohl er durchaus weiß, dass es
dem Wesen des Menschen glücklicherweise zu eigen ist, höchste Ideale zu
verehren. Will er, wie vor Jahrzehnten von den Bolschewisten geplant, den
„neuen“ Menschen schaffen, einen der frei von Aberglauben, aber auch
"befreit" vom Glauben ist?
Als Lenin 1918 die Kremlkirchen schließen ließ, erhob sich weithin Unmut.
Also erlaubte er ausnahmsweise für einen Tag ihre Öffnung.
Assoziationen dieser Art kommen auf, wenn man Dawkins reden hört.
A) Gibt es eine andere Welt
als die materiell fassbare?
Dawkins ist überzeugt, selbst wenn es eine feinstoffliche Nebenwelt
gäbe, dass kreative Intelligenz in ihr nicht vorkommt. Doch, wie will er, vor
dem Hintergrund solider, ganz anders lautender Lehren und Erkenntnisse der
Frühzeit, der Bibel, der Antike, sowie moderner, millionenfacher Berichte
von Menschen mit außerkörperlichen Erfahrungen und angesichts kluger
Formulierungen anderer Vernünftiger seine Annahme wissenschaftlich untersetzen?
Warum will er das Großartige, Erhebende minimieren was die großen Künstler im
Geiste der Gottesverehrung schufen: Bachs „Johannespassion“, Händels „Messias“,
Schillers „Ode an die Freude“ „Brüder, überm Sternenzelt muss ein lieber Vater
wohnen.“ Beethovens inspirierte Umsetzung dieses religiösen Hochgefühls in
Musik, Michelangelos „Pieta“, Raffaels „Sixtinische Madonna… Sich gegen
solche oder vergleichbare durch Religion verursachte Höhenflüge des Geistes zu
stemmen ist jedem erlaubt. Kriminell wird es jedoch, wenn irgendwer seine
Mitmenschen direkt oder indirekt zu diesem Barbarismus ermutigt.
Dawkins folgert aus dem Resultat seiner eigenen Spekulation:
"Ich greife nicht eine bestimmte Version von Gott oder Göttern an. Ich wende mich gegen Gott, alle
Götter, alles Übernatürliche, ganz gleich, wo und wann es erfunden wurde oder noch erfunden wird."
B) Wissen und Glaube
Dawkins ist der Auffassung, Glaube an Gott und Wissen widersprechen
einander. Er hat anscheinend keine Kenntnis, dass es in einer der ältesten,
nämlich der altägyptischen Religion sehr wohl Begriffe für Gott und die
andere Welt gab, aber keinen für das was wir Glauben nennen.
Frau Prof. Dr. Regine Schulz, Direktorin des Roemer- und Pelizaeus-Museums
bestätigt das. Sie erläuterte, dass den Menschen des Alten Ägypten die Frage
nach dem Glauben ganz fremd gewesen sei.
„Die Ägypter
hatten nicht einmal ein Wort dafür. Ihre Vorstellung von der Götterwelt und der
Ordnung des diesseitigen und jenseitigen Lebens sei nach ihren Begriffen überliefertes
Wissen gewesen, die Wahrheit. Sie fürchteten das Totengericht,
denn das Weiterleben nach dem Tod hing vom Wohlverhalten im Diesseits
ab. Es gab Hoffnung auf Gerechtigkeit, sagte Regine Schulz, Hoffnung auf Gnade
gab es nicht. Der Maßstab für das richtige Leben sei zusammengefasst im
Begriff Ma`at, der sich nicht übersetzen lasse, weil er viele Bedeutungen
einschließt: Gerechtigkeit, Ordnung, Weisheit.“
Es kann im Zusammenleben aller nur um „Gerechtigkeit,
Ordnung und Weisheit“ gehen.
Das war der ursprüngliche Sinn aller Religion.
Mit diesen drei Elementen ergibt sich die Notwendigkeit zu sinnvollem
Verzicht, wenn man erkennt, dass etwas einem selbst oder einem anderen auf
weite Sicht nicht nutzt.
Nur wenn jemand die Straßenverkehrsordnung respektiert sorgt er für die
eigene Sicherheit und für die der anderen Verkehrsteilnehmer.
Dawkins glaubt er habe einen scharfen Verstand und andere Leute, falls
ihnen göttliche Weisheit etwas bedeutet, stünden unter ihm. Er sagt: Gott kann,
seiner Überzeugung nach, dem Universum nicht das Gesetz gegeben haben, nach
welchem sie regiert wird:
„ Da
kreative Intelligenz durch Evolution entstanden ist, tritt sie im Universum
zwangsläufig erst sehr spät in Erscheinung. Sie
kann das Universum deshalb nicht entworfen haben. Gott im eben definierten Sinn
ist eine Illusion.“
Das klingt gescheit, ist es aber nicht. Richard Dawkins reicht es lediglich
aus, dem für Materialisten im Augenblick anscheinend Naheliegenden den
Vorzug zu geben.
Dass es jedoch Berechtigung für andere Sichtweisen gibt, die der des
Richard Dawkins mindestens gleichwertig gegenüber stehen, weist er weit von
sich.
Allerdings ist sein Hass auf Religion bedauerlicherweise nicht unbegründet.
Der Buchstabe gewisser Partien des Alten Testaments tötet tatsächlich. Das
religiös bedingte Kastenwesen Indiens, der kriegerische Islam und die entsetzliche
Geschichte des nachnicänischen Christentums, sowie einige Praktiken
„heidnischer“ Religionen verleihen Dawkins das Recht zur Kritik, nicht aber ein
unbegrenztes, wie er es beansprucht.
Dass er verallgemeinert, was wegen der Unschuld zahlloser Religiöser nicht
verallgemeinert werden darf, zeigt seinen Übereifer.
C ) Gefälschter Glaube
Leider ist es nur allzu wahr, die europäische Welt wurde lange Jahrhunderte
hindurch Opfer sich religiös gebender Banditen vom Schlage eine Ambrosius
von Mailand der als fanatischer Katholik meinte, Menschen müssten zu ihrem Heil
gezwungen werden, der den jungen Kaisern seiner Zeit den nicht immer guten
Willen und die Absichten seiner Kirche aufnötigte.
Zwangsgesetze, wie das berüchtigte „Cunctos populos“, das Ambrosius
zumindest billigte, verbot sämtlichen nichtkatholischen Christen das
Recht auf eigene Gottesdienste. Er untersagte Heiden, Heiden zu sein. Männer
wie Patriarch Cyrill von Alexandria duldeten paganes Denken grundsätzlich
nicht, was im Jahr 415 zu grauenvollen Straßenschlachten und sogar zur
Ermordung der allerseits hochgeschätzten Philosophin Hypatia, durch vorgebliche
Christen führte. Typen wie die roten Terroristen des 20. Jahrhunderts, da vom
Schlage eines Justinian I., machten aus der Frohen Botschaft, eine des
Schreckens. Sie selbst hielten sich für Wahrheitsverkünder und Förderer der
Menschheit. Sie meinten was sie glaubten sei Gottes Religion und ihre Religion
die einzig wahre.
Dawkins berücksichtigt ebenfalls nicht, dass es im 4. Jahrhundert einen
unübersehbar heftigen Paradigmenwechsel innerhalb der Christenheit gab, der in
jene Katastrophen führen musste die er (Dawkins) für die Zukunft erwartet,
solange Menschen glauben. Er darf und will warnen.
Andererseits kommt er zu spät. Es gibt die Gesetze des Glaubenszwanges
längst nicht mehr. Die Inquisition verlor schon vor 200 Jahren ihren Stachel.
Mehr und mehr Heutechristen haben den Aberglauben überwunden. Sie befinden sich
auf der Seite der Vernünftigen.
Sie zu beleidigen ist ungezogen. Deren Problem besteht indessen
darin, dass sie einesteils verinnerlichten, dass Jesu Christi Geist und Lehren
ihr Seelenleben sehr bereicherte, etwas das sie nicht aufgeben wollen und dürfen,
weil ihnen das ihr Gewissen und ihre Vernunft verbietet. Andernteils
haben sie es mit einer total verkorksten Theologie zu tun, die einigen
Hauptfragen nicht (mehr) gewachsen ist.
Natürlich, weil Hauptelemente urkirchlicher Lehren von angeblichen Christen
der nachnicänischen Kirche ins Abseits gedrängt wurden, wo sie sich immer noch
befinden, stehen sie den Suchenden nicht mehr zur Verfügung.
Heute lässt sich ohne großen Aufwand belegen, was die Christen der ersten
dreihundert Jahre lehrten und glaubten.
Könnten Christen Diskussionen auf dem Boden urchristlicher Lehren und
Praktiken führen, wäre ihre Position unanfechtbar.
Außer dem Wortlaut der Texte (!) des Neuen Testaments wurde im
Verlaufe der nachnicänischen Zeit, seitens bedeutender Kirchenführer, nahezu
alles in der Bibel nicht eindeutig Erklärte schließlich diffamiert, ausgebootet
und verboten.
Die Dogmengeschichte legt den Wandel in Glaubensfragen offen und sie zeigt
dass Hass bei alledem seine böse Rolle spielte.
Es macht betroffen zu lesen wie der Kirchenheilige Athanasius (296-373)
vom Leder zieht, wenn es gegen die urchristlichen Arianer geht, nur um
des Kaisers Gotteswahn zu bekräftigen (was ihm u.a. das Privilleg der Hafenaufsicht
der Weltstadt Alexandria einbrachte) .
Bereits in seiner zuverlässig überlieferten 1. Rede gegen die Arianer tönt
Athanasius:
„Wenn man
sie aber logisch untersucht, so wird es sich herausstellen, dass sie (die
andersdenkenden Christen) bitteren Spott und Hohn verdienen..., verdienen sie
nicht allen Hass?”
Auch Prof. Hans Lietzmann stellt fest:
„Er
(Athanasius) wird die nicänische, orthodoxe Leitfigur der kommenden Kämpfe.“ „Geschichte der Alten Kirche“
Sinnentfremdende Formulierungen, wie die von dem trinitarisch "Einen" führten
letztlich das Mittelalter herauf, denn einen Gott den man sich nicht vorstellen
darf und kann, gibt es selbstverständlich im praktischen Leben nicht.
Hirngespinste ja.
Nichts als Chaos herrschte unter Christen im 4. bis Mitte des 17.
Jahrhunderts, oder sogar bis zum Ende des Holocaust.
Alleine was Augustinus von Hippo auf der Schwelle zum 5. Jahrhundert
dazu beitrug, etwa mit seinem „Compelle intrare“, mit seiner Lehre von der
Prädestination, seine Behauptung ungetauft verstorbene Kleinstkinder könnten
nicht erlöst werden usw. stammt vielleicht aus dem Glaubensgut seiner
Zeit als Manichäer. Er, nicht die
Urkirche, lehrte einen Gott der Lieblosigkeit und der Ungerechtigkeit:
„Nur eine
relativ kleine Zahl von Menschen (zur Wiederauffüllung der durch den Engelsfall
entstandenen Lücke!) ... ist zur Seligkeit vorausbestimmt. Die anderen seien
eine ‚Masse der Verdammnis’.“ Hans Küng „Kleine
Geschichte der katholischen Kirche“
Hauptursache für den Dogmenwandel war das Streben nach Vormacht, nach eben
jenem Elendbringer den Jesus überwinden wollte und wird. Es ist das, was sich
auch noch in unseren Tagen im menschlicherseits nicht mehr zu bremsenden
Wettrüsten aller Nationen ausdrückt. Schuld am großen Dilemma ist nicht der
Glaube an den Gott der Ersten Christen, sondern das Macht- und
Sicherheitsbegehren gewisser Leute, die als Diebe und Verräter am Christentum
zu kirchlichen Ehren kamen, oder die im Islam bedeutend werden wollten.
Bei Weitem nicht die Mehrheit, sondern die Machtsüchtigen unter den
Muslimen schrieben sich seit je den „Jihad“ auf ihre schwarzen Fahnen. Die
Islammächtigen priesen Allah, den sie aus politischen Gründen den
Allbarmherzigen nannten, um erbarmungslos diejenigen unter ihre Fuchtel zu
bringen die ihrer Islamdeutung nicht zustimmten. Das haben nicht nur die Juden
Mekkas zu spüren bekommen.
Ausdrücklich betonte Jesus Pilatus gegenüber:
„Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“
Konstantins Reich war jedoch sehr wohl von dieser Welt, und führende
Christen seiner Zeit ließen zu, bzw. mussten
zulassen, dass „Christi Kirche“ zugleich Rad – nicht Rädchen – und bald Triebfeder
des räuberischen römischen Imperiums wurde. Auch durch das Wirken des Ambrosius
von Mailand wurden zahllose Menschen dazu gedrängt, die „Kirche“ selbst zu einem
räuberischen Imperium zu machen.
„Christliche“ Machtmenschen wie Ambrosius Zeitgenosse Papst Damasus klauten wo sie konnten, das Geld der
Witwen, die Ehre Andersdenkender, die Rechte derer die ihrem Aufstieg im Wege
standen. Es traf Bischof Ursinus und dessen christliche Gemeinde. Herr Damasus
hatte ihnen im Jahr 366 den blutigen Krieg erklärt. Mit Äxten und Beilen machte
die Kriegerschar der Athanasianer Roms den toleranten Arianern den Garaus.
Wegen ihrer politischen Denkweise schritten die angeblichen Petrusnachfolger
über Leichen. Etwas das sich im zehnten Jahrhundert im Ringen um den Stuhl
Petri in ähnlicher Art aber ins Unendliche gesteigert fortsetzte.
D) Die Schöpfungsgeschichte
Dawkins schmälert sein Ansehen durch seine Intoleranz und durch seinen
Unwillen zu differenzieren. Auch, dass er es wagt Christen das Bedürfnis
nach rationalem Denken abzusprechen, ist Ausdruck von Respektlosigkeit:
"Mit der Vorstellung, die erste
Ursache, der große Unbekannte, der dafür gesorgt hat, dass es etwas statt
nichts gibt, könne das Universum gezielt gestalten und zu Millionen Menschen
gleichzeitig sprechen, entzieht man sich völlig der Verantwortung, eine Erklärung
zu finden. Es ist die
entsetzliche Zurschaustellung einer selbstzufriedenen, das Denken leugnenden
Wundergläubigkeit."
Zugegeben, auf den ersten Blick, nicht auf den Zweiten, klingt die
biblische Schöpfungsgeschichte wie ein Märchen.
Sowohl die rabbinische Tradition, sowie die zuverlässigsten Überlieferer
urkirchlichen Glaubensgutes und der zu Unrecht kaum beachtete Mormonismus,
lehren die intelligenten und zugleich übereinstimmenden Gegenteile
spätmittelalterlicher Exegese der Verse der ersten beiden Kapitel der
Bibel.
Diese Gegenstücke sind von der Logik her stark. Sie führen bei näherer
Betrachtung zu einem ausbalancierten Denken. Sie widersprechen bedeutenden
Passagen großkirchlicher Theologie. Das wäre nicht der Fall, wenn ihre heutigen
Vordenker dem Beispiel des Schweizer Theologen Felix Gietenbruch folgend einige
Grundsätze neu erwägen würden, wie etwa die Frage nach dem vorirdischen Dasein
des Menschen.
“Präexistenz meint,
dass wir als handlungsfähige geistige Wesen schon vor unserer Geburt
existierten... in dieser Vorexistenz haben wir uns alle eigenverantwortlich von
Gott entfremdet...
Ich denke,
heute wird uns mehr und mehr bewusst, dass auch das christliche Abendland neu darüber nachdenken muss.“ „Höllenfahrt
Christi und Auferstehung der Toten Ein verdrängter Zusammenhang Reihe: Studien
zur systematischen Theologie und Ethik
Hier ist anzumerken, dass die Eliminierung dieser Christenlehre erst im 6.
Jahrhundert auf Drängen eines Unholdes der Menschheit, - der das Abweichen von
seiner Christusidee mit dem Tod bestrafte - Kaiser Justinian, aus eindeutig politischen Zielen erfolgte. (F. Diekamp) Es ist nicht
zutreffend, dass die Präexistenzlehre aus der Theologie entfernt wurde, weil
sie die Vorstellung von Reinkarnation zulässt. Die Frühkirche hat nie
Reinkarnation gelehrt. (Hebräer 9: 27)
Die Verfluchung dieses Grundelements des Urchristentums ist auf Justinians
Größenwahn zurückzuführen, der nicht ertrug zu denken, dass alle Menschen vor
Gott gleich sind, dass er einer unter vielen anderen sein sollte, er der
Erbauer der Hagia Sophia.
Diese u.a. ähnliche Umstände sind es, die es modernen Theologen nicht
leicht macht wirklich schwergewichtig zu diskutieren. Sie haben zudem keine
oder nur eine schwache Vorstellung mehr von der Seele des Menschen. Sie sind geradezu
peinlich berührt wenn von Hölle dem Teufel und vom Himmel, von Auferstehung und Himmelfahrt die Rede ist, obwohl das wichtige
Themen der Bibel sind. Das Erbe vormittelalterlichen Denkens, wie es in
einigen Konzilien festgeschrieben wurde, und die Verbrechen der Kirchen lasten
auf ihren Schultern. Sie lehnen, meist aus Gründen die aus der Tradition
stammen, ab, zu glauben was vormals zum Ursprünglichen und Kostbaren zählte,
etwas, das jedoch zugleich der Vernunft nicht widerspricht.
E) Eine komplexe Gesamtschau
Noch im 3. Jahrhundert lehrten alle Bischöfe und die Ältestenkollegien:
„Es gibt zwei Bereiche
der Schöpfung“ – und diese Schöpfungen geschahen nicht binnen einer Woche.
- Origenes (oberste
Autorität der Urkirche in Fragen Exegese, von Justinian I. verflucht) schrieb um 320:
„Es gibt zwei grundsätzlich
verschiedene Bereiche der Schöpfung:
zuerst die geistige Welt. Sie ist ursprünglich, von ewiger Dauer und
gliedert sich in den Sohn, den heiligen Geist und die übrigen Vernunftwesen.
Sodann folgte die
Erschaffung der körperlichen Welt. Sie ist aus dem Nichts geschaffen und von
zeitlich begrenzter Dauer; ihre Entstehung ist durch den Fall der Logika
veranlasst.“ Handwörterbuch für
Theologie und Religionswissenschaft, dritte, völlig neu bearbeitete Auflage,
vierter Band Kop-O, J.C.B. Mohr (Paul Siebeck) Tübingen, 1960
- Joseph Smith, 1.
Präsident der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen)
formulierte 1 500 Jahre später, aber zu einer Zeit in der man noch buchstäblich
an die Welterschaffung innerhalb einer Kalenderwoche glaubte:
„Alles wurde zuvor geistig geschaffen.“ Köstliche Perle Mose 2, 7
- Origenes legte wiederholt den Finger auf diesen Punkt:
„Die sechs Schöpfungstage werden als Weltperioden verstanden.“ Handwörterbuch
- Joseph Smith (1805-1844)
formulierte um 1830 übereinstimmend:
„Die sechs Schöpfungstage sind Zeiten.“ Köstliche Perle, Abraham
Kapitel 4
Nicht uninteressant ist Vers 18 ebenda. Er lässt den Schluss auf die Evolution (als Arbeitsweise Gottes bzw. der
Götter) zu.
„Und die Götter hatten acht über die Dinge, denen sie
befohlen hatten,
bis sie gehorchten“
Die mormonische Gottesvorstellung entspricht erneut der des frühen
Christentums die ebenfalls polytheistisch war!
Origenes erläutert:
„Im Urzustand waren
alle Logika ( logica aus griechisch λογική (τέχνη) (logikḗ (téchnē)) „Denklehre“, zu λογικός (logikós) „die Vernunft
betreffend“ Menschen oder Vernunftwesen) körperlose
Geister und als solche Götter (Schöpfer,Mitschöpfer) die dem Logos (Christus) als
Trabanten anhingen... ihm durch den heiligen Geist zur Einheit verbunden und
sich mit ihm der unmittelbaren Schau des Vaters hingaben. Erlahmung der
geistigen Schwungkraft und Überdruss an der Gottesschau führten zum Sündenfall...“ Handwörterbuch S. 1696
Origenes (185-254) genoss in der vornicänischen Zeit weithin den Ruf als
gewissenhafter Überlieferer der Theologie der Kirche seiner Zeit.
Das erwähnte Handwörterbuch für Theologie schreibt:
„Mehrfach
holte man Origenes zur Widerlegung von Häretikern, die sich seinen Argumenten
meistens beugten...“ S. 1694
Bischof Hippolyt von Rom zählte zu seinen engsten Freunden. Nach Antiochia
und in andere Zentren der frühen Kirche wurde er als anerkannter Schlichter
gerufen. Bedauerlicherweise hatte Origenes seine Neider, wegen seiner
Gelehrsamkeit. Aus dieser Welt kamen schließlich diejenigen die ihn und die
ursprünglichen Lehren verleumdeten. Er denke und lehre griechisch, als ob etwas
in der Christenwelt falsch sein müsse, wenn auch Menschen anderer Völker
dasselbe vertreten.
Ein Midrasch rabbinischer Tradition laute:
„Sieben
Dinge gingen der Erschaffung der Welt voraus, nämlich die Thora, die Buße, das
Paradies (die Welt der Geister), die Gehenna (Ort an dem Geister der
Verstorbenen leiden), der Thron der Herrlichkeit, der Tempel und der Name des
Messias.“
Der jüdische Religionsexperte Dr. phil. Kurt Wilhelm sagt:
„Der alte Israelit
glaubte an irgendeine Fortsetzung dieses irdischen Lebens nach seinem Tode. Er
wusste von scheol, das dem Leben auf Erden folgt, und er wusste, wer ins scheol
hinab sank, war wohl „auch wenn die ältesten Bücher der Bibel keine bestimmten
Vorstellungen von der Unsterblichkeit und vom Leben nach dem Tode vermitteln,“
abgeschnitten vom Leben, aber deshalb musste er nicht jedes Daseins bar
sein... Die Fragen der persönlichen Unsterblichkeit und der Präexistenz und des Fortlebens der Seele
werden mit der Ewigkeit des jüdischen Volkes selbst verwoben. Alle Seelen,
die je und je in einen jüdischen Körper eingehen werden, so heißt es in einem Midrasch,
haben am Sinai gestanden und sind dort in den ewigen Verbund zwischen Gott und
Israel eingetreten. „Wir
Juden sind also vom Sinai her beim Vater“,... „Wir leben ewig“, mit diesem
Gesang gingen Juden in die Gaskammern.“
„Jüdischer Glaube“
Dies korrespondiert mit einem Wort aus dem Hebräerbrief:
„An unseren
Vätern hatten wir harte Erzieher, und wir achteten sie. Sollen wir uns dann
nicht erst recht dem Vater der
Geister unterwerfen und so
das Leben haben?“
Daraus resultiert, dass alle Menschen (nach Adam), „aus den Gefilden hoher
Ahnen“ (Goethe, Faust I) stammen, (ob sie Weiße oder Schwarze sind). Goethe bekräftigte seine Überzeugung
noch einmal kurz vor seinem Tod. Am 11. März 1832 sagte er im Gespräch mit
Eckermann:
„Wenn
man die Leute reden hört, so sollte man fast glauben, sie seien der Meinung,
Gott habe sich seit jener alten Zeit ganz in die Stille zurückgezogen und der
Mensch wäre jetzt ganz auf eigene Füße gestellt …Diese plumpe Welt aus
einfachen Elementen zusammenzusetzen und sie jahraus jahrein in den Strahlen
der Sonne rollen zu lassen, hätte ihm sicher wenig Spaß gemacht, wenn er nicht
den Plan gehabt hätte, sich auf dieser materiellen Unterlage eine Pflanzschule
für eine Welt von Geistern zu gründen. So ist er nun fortwährend in höheren
Naturen wirksam, um die geringeren heranzuziehen. Goethe schwieg. Ich aber
bewahrte seine großen und guten Worte in meinem Herzen.”
Schiller hat es wahrscheinlich ebenfalls empfunden. In seiner Ode an die
Freude bringt er das zum Ausdruck
- Einige
Naturwissenschaftler sagen, vor dem (angenommenen Urknall) muss es noch etwas
gegeben haben, nämlich ein Gesetzespaket. Die Frage wer es geschnürt hat, ist
sicherlich nicht unberechtigt.
In jedem von uns schlummert die große Ahnung, dass die Welt in der wir uns
jetzt befinden nicht unsere Heimat ist.
Origenes brachte es auf den Punkt:
- Der Mensch ist seinem
eigentlichen Wesen nach Geist, - Intelligenz -. Gott Vater gab ihnen (uns) eine
Form die dem unseres irdischen Körpers entspricht.
- Der oder die Teufel und die Hölle sind negative Realitäten der
geistigen Welt. Gott hat sie nicht erschaffen, sondern die Betreffenden schufen
aus eigenem Willen unangenehme Gegebenheiten, wie wir sie auch hier antreffen
wenn Menschen durch unbeherrschte Leidenschaften eine Kette schmieden, die ihre
Freiheitsgrade einschränkt. In der Frühkirche hieß es, laut Origenes:
„Alle Logika (Engel, Menschen und Dämonen)
sind von gleicher Natur, ihre Unterschiede sind erst durch den
Fall entstanden...“
Die Hölle ist ein Ort in dem diejenigen sind, die nach ihrem Tod von schweren
Gewissenskonflikten erschüttert werden, nachdem sie zur Erkenntnis kamen
wie viel Elend sie mit ihrem Tun angerichtet haben. Angemessen der Schuld
etwa der Terroristen, der Kinderschänder usw. büßen sie ab, bis sie aufrichtig
bereuen. Sie werden irgendwann durch das Opfer Christi erlöst, wenn sie wollen.
Die Hölle ist ein Zustand, sagt das Buch Mormon. Drei Tage befand sich Alma der
Jüngere in den Qualen seiner Hölle jener Gewissenspein, (Alma 36) von der die alten Christen sprachen, wie auch
Origenes bestätigt. Schon diesseitig geraten Schwerverbrecher in unsichtbare
aber wirkliche Höllen. In die Hölle gehen die Übertreter.
Richard Dawkins bezeichnet die
Vorstellung einer Hölle als „Kindesmisshandlung“. Ihm steht das Bild ewig
brennender Menschenseelen vor Augen. Er schließt von seinem Denken auf das
anderer. Von einem ewigen Aufenthalt schwer schuldig gewordener in einem
Flammenmeer war in der Alten Kirche nie die Rede.
Die Hölle als Ort der (geistigen)
Finsternis durchlebten nicht nur in der Zeit Hitlers, Stalins, Pol Pots u.a.
Millionen.
Es ist angebracht Kinder und nicht nur Kinder davor zu warnen, dass sie
Dinge begehen könnten die sie sehr bereuen werden.
Hier muss ebenso vor Dawkins Kurzschlüssen gewarnt werden.
Origenes lässt uns wissen, was die Ersten Christen unter Hölle verstanden,
nämlich ein Läuterungsfeuer im Hades. Aus pädagogischen Gründen erscheint es in
der Bibel als ewige Verdammung.
„das aber
tatsächlich in einer zeitlich
begrenzten, qualvollen Gewissenspein besteht.“ Handwörterbuch S. 1697
Origenes sagt:
„Alle Logika
werden am Ende jeder Weltperiode einem… Weltgericht unterzogen, wobei einem
jeden alle begangenen Sünden schlagartig ins Bewusstsein gerufen werden.“
Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass das Buch Mormon exakt dies
lehrt:
„Die
Hölle muss ihre gefangenen Geister freigeben… wir werden eine vollkommene
Kenntnis all unserer Schuld und unserer Unreinheit und unserer Nacktheit haben.“ 2. Nephi 9: 12 u 14 teilweise
In einen der vielen Himmel gehen schließlich alle Gebesserten um
in unterschiedlichen Gesellschaften zu leben die sich weiter entwickeln, in
denen Leid nicht ist, sondern Grade der Freude mit Aufgaben die ihnen
angemessen sind. Schließlich geht es um ewige Entfaltung noch nicht geformter,
wahrscheinlich erst schwach entwickelter, unerschaffbarer Intelligenzen (Zusatzliteratur der Mormonen, Lehre und Bündnisse 93) in einer
räumlich und zahlenmäßig wohl nicht zu erfassenden Größe.
Nahezu sämtliche Basislehren der Urkirche, die für Origenes den Kern
der Wahrheit Christi bildeten, wurden definitiv und nachweislich aus politischen Gründen zwischen dem 4. und
dem 6. Jahrhundert gelöscht.
Exakt auf denselben Elementen ruht der noch ein Schattendasein führende
Mormonismus, weil nahezu die gesamte großkirchliche Theologie ablehnt mit
Origenes zu glauben, dass wir Nachkommen Adams ein vorirdisches Dasein hatten
und dass wir es irgendwann in der Ewigkeit satt hatten die Herrlichkeit
unseres Vaters zu sehen. Wir wünschten eigene Erfahrungen zu sammeln. Aber Gott
konnte uns nicht aus dem Himmel in die Sterblichkeit werfen. Ebenso wenig wie
gute Eltern ihre Kinder aus dem Haus werfen würden. Diesen Schritt mussten wir
einzeln und eigenverantwortlich selbst setzen, den Schritt aus der Welt des Lichtes
in eine der Gegensätze. Unser Vatergott schuf nur die Voraussetzungen dass wir
den „Sündenfall“ begehen können.
Mit Pfarrer Felix Gietenbruch erheben sich Stimmen
aus dem protestantischen Umfeld die das neuerdings ebenso sehen:
„Nach der Lehre Adams ist jeder Mensch
Adam und ist aus der Sphäre des Paradieses gefallen..." „Der Sündenfall ein sinnvoller Mythos“ Kirchenbote lokal, 2008
Das ist mormonischer
Tempeltext!
Teufel wurden diejenigen Intelligenzen (Geister) die sich aus durchaus nachvollziehbaren
Gründen gegen Gottes Absichten stellten, die gegen seinen Plan stimmten allen
seinen Kindern völlige Freiheit des Handelns zu gewähren.
Teufel sind Intelligenzen die bereits im voririschen Dasein danach trachten uns
unter ihre Fuchtel zu bringen, die uns das Individualrecht rauben wollen. Das
führte zum „Krieg im Himmel“.
Die Bibel sagt: „Und
es entbrannte ein Kampf im Himmel...“ Offenbarung 12,7-8
Die Nazi, die Kommunisten im „real existierenden Sozialismus“ zwischen
Peking und Ostberlin hielten es für selbstverständlich, dass sie die Bürger
ihrer Länder als „ihre Menschen“ betrachteten die man permanent
beobachten muss (Stasi) die politisch unmündig sind, weshalb es unter ihrer
Regie nie freie Wahlen geben durfte, sondern immer nur „Volkswahlen“.
Teufel waren einst gut, aber ihre Denkweise brachte sie vom Weg ab.
Sie müssen, wie wir, über die Erde gehen, allerdings ist ihnen nicht
erlaubt sich Körper zu schaffen. Das Wissen haben sie. Wäre ich in ihrer
Situation ich hätte die mir wegen meiner Unsterblichkeit und Intelligenz offen
zur Verfügung stehenden Jahrmillionen schöpferisch genutzt. Es gibt viele
Dokumente die belegen, dass christliche Randgruppen davon ausgingen das diese
Welt das Produkt eines niederen Schöpfungsgottes ist. Für die Katharer war der
Schöpfergott des Alten Testaments ein böser. Malcolm Lambert: Geschichte der Katharer
Die Archonten einiger Gnostiker sind die eigentlichen Beherrscher der Welt,
sie neiden uns den Leib.
Im frühchristlichen Verständnis ist es Belial oder Beliar, der Zerstörer
des Individualrechts.
Andererseits ist das vom Vater aller Geister gesetzte, und uns offenbarte
Ziel, Menschen auf eine höhere Stufe zu heben, sie zu Göttern zu machen. Das
jedoch funktioniert nicht, wenn der Mensch nicht tun und lassen darf was er
will.
Origenes (185-254) formulierte das sehr komplexe System mit wenigen Worten.
Die späteren Bischöfe hatten damit ihre Denkschwierigkeiten:
„Erst aufgrund der
Tugend wird man ein Kind Gottes und erst in der
Erwerbung
der Tugend durch eigenen Eifer erwirbt der Mensch die Ähnlichkeit Gottes. Unentbehrlich
für das Erreichen der Gottähnlichkeit ist also die Entscheidungsfreiheit.“ H. Benjamins „Eingeordnete Freiheit; Freiheit
und Vorsehung bei Origenes.“ E.J. Brill
Es ist handelt sich um eine Freiheit, die immer in Gefahr
steht, die jeden Tag neu behauptet werden muss. Man verliert sie, wenn man
das Gebot des eigenen verfeinerten Gewissens übertritt. Dazu neigt der
natürliche Mensch grundsätzlich. Wenn die Lockung wächst reduziert sie die
Vernunft. Der Widerspruch war gewollt. Anders als im Kampf gegen das innere
Übel, gegen unbeherrschte Leidenschaften, die eigene Trägheit und Dummheit gibt
es kein Wachstum. Deshalb soll der Mensch danach trachten „edel, gut und
hilfreich“ zu sein, wie Goethe sagte.
Kirche war ursprünglich eine Schule der Tugend. (Laktanz) Sie sollte dem
helfen der sich ihr anvertraut, das Leben in guter Weise zu meistern
Zusammenfassung
Origenes schreibt:
„Der Schöpfer gewährte den Intelligenzen, die er schuf,
willensbestimmte, freie Bewegungen, damit in ihnen eigenes Gut entstehe, da sie
es mit ihrem eigenen Willen bewahrten. Der eigene freie Wille, den der Schöpfer
(jedem) als größtes Geschenk mitgegeben hat soll es der Seele ermöglichen, sich
für oder gegen Gott zu entscheiden.“
Seit dem Hervorkommen der Reichskirche mit dem 1. Konzil zu Nicäa, 325,
wurde Kirche zum Machtinstrument des Staates. An die Stelle der Verinnerlichung
trat die Veräußerlichung. Statt schlichter Zusammenkünfte in denen die Christen
über die „Wohlfahrt ihrer Seelen“ (B. Mormon) sprachen, dominierten bald
pompöse Feierlichkeiten. Es kamen farbige Gewänder in die Kirche, zuvor bereits
etablierte Kaiser Konstantin das Berufspriestertum. Mit ihm erschien die
kuriose Höllenlehre, die Angst erzeugen sollte, wodurch sich gewisse Typen
Vormacht sicherten.
Mormonismus tadelt all das aufs Schärfste.
Darum tadeln die meisten (oft nur in Vorurteilen gefangenen) Geistlichen
die Mormonen.
Religion muss das Vermögen des Menschen zu Toleranz, zu mitmenschlichem
Fühlen und den Wunsch an Wissen zu wachsen auf angenehm intelligente Weise
fördern, andernfalls ist sie des Teufels.
Herr Dawkins darf auch diesen so definierten Glauben kritisieren, aber uns
ist erlaubt seine Philosophie zu hinterfragen.
Glaubt was ihr möchtet, vor allem ans Gute.
Lang lebe die bunte Welt des Glaubens! Was sonst könnte unsere Seele
weiten?