Freitag, 14. Dezember 2018

"Alles auf einen Blick" by Gerd Skibbe



Gerd Skibbe
Die Zukunft gehört dem Christentum
mormonischer Prägung




Tertullian, der erste lateinisch schreibende Kirchenschriftsteller prägte um 210 den Grundsatz: „Es läuft auf den Vorwurf der Gottlosigkeit hinaus, wenn man jemand die Freiheit der Religion nimmt und ihm die freie Wahl seiner Gottheit verbietet“.
Dieser Studie liegen mehr als eintausend Expertisen international anerkannter Historiker zugrunde.


© 2017 Gerd Skibbe
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Kritischen Verfassern sei geraten: bevor sie weiterhin ihre Ansichten über das „Unchristliche“ mormonischer Tempel öffentlich verbreiten, wäre es sinnvoll noch einmal Dr. Rüdiger Hauths „Enthüllungen“ zu betrachten und dann, bitte, bedenken, dass es grob gesehen, seit etwa 320, zwei Hauptströmungen im Christentum gab:
- den später entstandenen, „siegreichen“ nicänischen Strom, sowie
- den ursprünglichen, arianischen, den die Nicäner wo sie konnten ausgetrocknet, und deren Anhänger sie, wenn auch nicht restlos, ausgerottet haben. Das wird in dieser Studie belegt.



Nahezu alle Christen gehören der nicänischen, der „christlich-ökumenischen-Kirchengemeinschaft“ an, Mormonen der „arianischen“ Richtung. Wie die Wandmosaike zu Ravenna, Italien, aus dem 5. Jahrhundert zeigen, hatten die Nichtnicäner, die Arianer, wie nun die „Mormonen“, Tempel, in denen, selbstverständlich keine Blutopfer stattfinden. 
In ästhetisch anspruchsvollem Umfeld verpflichtet sich der Tempelbesucher unentwegt den Christuslehren zu folgen. Wenn man es selbst erlebt, fühlt man, wie Mozart und Schikander, den Geist des ewig Guten:
„In diesen heil´gen Hallen kennt man die Rache nicht Und ist ein Mensch gefallen führt Liebe ihn zur Pflicht. Dann wandelt er an Freundes Hand vergnügt und froh ins bess´re Land In diesen heil´gen Mauern wo Mensch den Menschen liebt kann kein Verräter lauern weil man dem Feind vergibt. Wen solche Lehren nicht erfreu´n verdienet nicht ein Mensch zu sein. In diesem heil´gen Kreise wo man nach Wahrheit ringt und nach der Väter Weise das Band der Eintracht schlingt da reifet unter Gottes Blick der Wahrheit und der Menschheit Glück.“
Vergleicht man Dr. Hauths Veröffentlichungen mit diesem ravennischen Mosaik, dann ist zumindest die Behauptung, Joseph Smith hätte die Tempelrituale dem Freimaurertum entlehnt, ad absurdum geführt. Es ist umgekehrt, die Freimaurer entlehnten. Von daher gibt es Gemeinsames.

  

Bild: Mit freundlicher Genehmigung des Salbaroli-Verlages



Inhalt:
Prolog…………………………………………………………………………………………………………………………………..8
1. Ein Satz der uns zurück in die weite, unvergessliche Vergangenheit führt……………………
2. Fühlte Konstantin sich „eins“ mit seinem Gott? ………………………………………………………….38
3. Machtbewahrung um jeden Preis und ihre erfolgte Preisgabe……………………………………..54
4. Diffamie und Verurteilung Andersdenkender zerstörte das Christentum…………………61 
5. Sonderbar unheilige Päpste und Heilige…………………………………………………………….…….…78 
5.1 Damasus von Rom unterhielt ein kriminelles Verständnis vom Christentum……..78 
5.2 Ambrosius von Mailand (337-397), die römische Machtfrage sowie die Erinnerung an an die Riminisynode 359……80 
5.3 Unheiliger Cyrill von Alexandria (380-444)……………128 
6. Die heilige Pulcheria und Nestorius…………150 
7. Zurück zu Christi Prinzipien und Lehren……………………158 8.Vergleiche……………………………………………….…..168 8.1.1 Präexistenz, Mehrheit der Götter…………………....170
8.1.2 Ursprüngliche Gleichheit aller Intelligenzen………………………..…177
8.1.3 Jesu Präexistenz. Er war der Rangälteste….…………178
8.1.4 Zwei grundsätzlich verschiedene Schöpfungsbereiche…………………………………………..…179
8.1.5 Schöpfungstage sind Weltperioden…….…180
8.1.6 Sündenfall in nichtirdischer Sphäre…………...…181
8.1.7 Selbst Gott erlaubt sich nicht unseren Willen zu brechen………182
8.1.8 Gnade und Reue …………..183
8.1.9 Das ewige Gefängnis Hölle, der Aufenthalt in ihm ist endlich………184
8.1.10 Alle werden - unterschiedlich- selig………186
8.1.11 Jeder muss Rechenschaft ablegen…………………….…187
8.1.12 Gebete sind nur an den Vater zu richten…………………………………….…187
8.1.13 Heiliger Geist und der heilige Geist……………..…….188
8.1.14 Der Heilige Geist………………………….….….188
8.1.15 Reinkarnation wird urkirchlich ausgeschlossen….…...189
8.1.16 Das Werk für die Verstorbenen……….190
9. Heikki Räisänen – ein exzellenter evangelischer Exeget……193
10.Sonderlehren…….…...196
10.1 Erlaubte Polygamie………….….…...196
10.2 Gebotene Mehrehen……….201
11. Meinungsverschiedenheiten in der frühen Kirche…..214
11.1 Petrus und Paulus………...214
11.2 „Die gemeinsame Erklärung“ von 1999…….……….…..217
12. Illegitime Vollmachtsansprüche……..221
13. Organisationsformen in der frühen Kirche………….….…...223
14. Dominierende Interessen und positive Aspekte………245
15. Schaut selber hin…………………….….256



Prolog:
Keine unter den bekannten Kirchen und Denominationen, ausgenommen die Urkirche - siehe Tertullian (160-220) (1), Hippolyt und Origenes (185-254) - verfasste zu Beginn ihrer Existenz eine dokumentarische Erklärung wie diese:
Wir beanspruchen das Recht, den Allmächtigen Gott zu verehren, wie es uns das eigene Gewissen gebietet, und gestehen allen Menschen das gleiche Recht zu, mögen sie verehren, wie oder wo oder was sie wollen.“
Mormonen akzeptieren nicht nur, sie lieben diesen, den 11. Glaubensartikel ihrer Kirche. Selten oder nie förderte eine Gemeinschaft, die je den Absolutheitsanspruch erhob, eine ihr wesensfremde andere. Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage tat es und tut es immer noch. „Nach der Gründung der Stadt hat die „Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage" in freundschaftlicher Nachbarschaft der römisch-katholischen Kirche ein schönes Gartengrundstück geschenkt, damit diese dort ihre gotische Kathedrale bauen könne." (2)




Bild Wikipedia:




Da steht sie die „Mary-Magdalen-Kirche“, mitten in Salt Lake City.

Cathedral of the Madeleine, SLC.jpg
Wenn das „Mormonentum“ tolerant bleibt, toleranter als alle anderen größeren Richtungen des Christentums, sollte ihm die Zukunft gehören, denn eigentlich kann niemand anderes als das Beste wünschen. Das Beste jedoch gedeiht nur im Geist gegenseitigen Respekts. Joseph Smith der Prophet der Wiederherstellung verlorenen Wissens wurde ähnlich wie Nathan der Weise befragt: „worin unterscheiden sie sich in ihren religiösen Absichten von anderen?“ Seine Antwort lautete: „Im Tatsächlichen und Wesentlichen gehen unsere Ansichten nicht so weit auseinander, dass wir nicht alle aus einem Quell der Liebe trinken könnten“ (3) Solche Aussage wäre von einem Mann, der behauptet, Gott selbst und dessen Sohn Jesus Christus hätten in Visionen zu ihm gesprochen, eigentlich nicht zu erwarten gewesen.
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1  „Es läuft auf den Vorwurf der Gottlosigkeit hinaus, wenn man jemand die Freiheit der Religion nimmt und ihm die freie Wahl seiner Gottheit verbietet“. Georg Denzler, „Mutige Querdenker - der Wahrheit verpflichtet“
2 Walther Eidlitz „Reise nach den vier Winden"
3 Lehren des Propheten Joseph Smith erste deutsche Nachkriegsausgabe 1946?


Beide Götter hätten ihn beauftragt, ihren weiteren Weisungen folgend, die Urkirche wiederherzustellen. Wir wissen, nicht allein diese Behauptung, auch das Vorhandensein des Buches Mormon, als drittes Buch dieser Kategorie, löst zumindest auf den ersten Blick erhebliche Bedenken aus. Der Koran, der ebenfalls den Absolutheitsanspruch erhebt, ist zumindest passagenweise freiheitsfeindlich. Das weckt gewisse Assoziationen. Doch wenn man das Buch Mormon gründlich liest, stellt sich für den Leser heraus, wie eindrucksvoll es das Menschenrecht auf individuelle Entscheidungsfreiheit und das vernünftige Gutsein fördert. Es ermutigt jeden sein eigenes Individualrecht mit allen angemessenen Mitteln zu verteidigen und in jeder Hinsicht friedenstiftend und damit rechtschaffen zu handeln.
Moroni der vielleicht größte Held der Buch-Mormon-Ereignisse kämpfte ähnlich motiviert, wie die Helden des Widerstandes gegen Hitler. Wir sind völlig in Übereinstimmung mit den berühmtesten Deutschen und anderen Verteidigern der Menschenrechte. Wir teilen das Toleranzverständnis mit allen die jemals aufopferungsvoll und kühn gegen die hochaggressiven Intoleranten handelten. Die Männer um Oberst Claus Schenk Graf von Stauffenberg setzten sich, 1944, selbstlos, wie Moroni, zugunsten eines Lebens aller in Freiheit ein. Dass sie den mit wahnwitzigen, menschenverachtenden Ideen gefüllten Kopf damaliger Intoleranz zerschmettern wollten ist bewundernswert. Sie handelten nach höchsten Prinzipien der Tugend.
Henning von Tresckow ein entschiedener Protestant und Feind Hitlers schrieb nach dem leider erfolglosen Führerattentat aus der Todeszelle:
"Der sittliche Wert eines Menschen beginnt dort, wo er bereit ist sein Leben für seine Überzeugung niederzulegen."
Wäre das Attentat erfolgreich gewesen, hätte es mindestens einer Million Menschen das Leben gerettet.
(1901-1944) zuletzt Generalmajor der Deutschen Wehrmacht
Der Protestant Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) lebte ebenfalls, wie zahllose andere Christen, gemäß dem, was er zutiefst glaubte:
„Öffne deinen Mund für die Stummen, für das Recht aller Schwachen. Öffne deinen Mund, richte gerecht, verschaffe dem Bedürftigen und Armen Recht.“
10
Wir lieben seinen Mut, seine Moral und Glauben. Schon im April 1933 forderte er in einem Vortrag vor der Berliner Pfarrerschaft, zehn Wochen nach Hitlers „Machtergreifung: "Die Kirche ist den Opfern jeder Gesellschaftsordnung in unbedingter Weise verpflichtet, auch wenn sie nicht der christlichen Gemeinde angehören", die Kirche soll "nicht nur die Opfer unter dem Rad verbinden, sondern dem Rad selbst in die Speichen fallen"
Weil er, wie viele berühmte Katholiken und Andersgläubige, seiner innersten Überzeugung gemäß, ohne Rücksicht auf die eigene Sicherheit lebte und wirkte, wurde Bonhoeffer im 3. Reich Hitlers hingerichtet und wir "Mormonen" bewundern ihn, sowie Menschen wie den Franziskanermönch Maximilian Kolbe, der sein Leben für das eines Familienvaters im KZ Auschwitz hingab.
Bilder Wikipedia, Pater Maximilian Kolbe (1894-1941)
Diese Grundeinstellung lobt das Buch Mormon und das macht es so wertvoll. Wir stehen vor Gott in der Pflicht, unter Einsatz unseres Lebens, wenn es sein muss, das Recht auf die Freiheit jedermanns zu verteidigen. Leider handelten führende Christen ab dem 4. Jahrhundert umgekehrt. Zunächst wüteten, 309, die römischen Bischöfe Marcellus sowie Eusebius gegeneinander. Dieser Trend nahm innerkirchlich ständig zu. Noch kennen wir nicht den speziellen Grund dieses Falles. Aber, dass ihre Gemeinden sich blutige Straßenschlachten lieferten, lässt auf die geistlose Rechthaberei ihres „Christenseins“ schließen, auf den enorm hohen Grad ihrer Intoleranz. Dann mischte sich Kaiser Konstantin ein, immer mit Nachdruck. Er will die Christen einigen und sie vor seinen Staatskarren spannen. Er will viel mehr als das, will unbedingt der Herr Gott auch der Christenheit sein. In dieser Absicht lädt er 1800 Bischöfe ein, ihn auf seinem Sommersitz in Nicäa zu besuchen. Aber nur 220 der Eingeladenen kommen, obwohl sie auf Staatskosten anreisen durften. Fast 90 Prozent lehnten das Ansinnen ab. Sie ahnten wohl was sie erwartete. Tatsächlich wurde in Nicäa, 325, gegen den Willen der meisten Anwesenden ein neuer Glaube kreiert, der Aberglaube an den spezifisch konstantinisch-christlichen Ein-Gott. Mit dem „Nicänum“ (bzw. dem „athanasianischen“ Bekenntnis) wurde diese sonderbar verschrobene Glaubensvariante gewaltsam festgeschrieben. Nicänisch-katholisch bedeutete fortan, dass drei gleich eins ist. Da sind nicht, - so heißt es im Nicänum (Athanasianum), - drei Götter (der Vater und der Sohn und der Heilige Geist), wie die Bibel lehrt, sondern nur einer. Wörtlich:
„wie uns die christliche Wahrheit zwingt, jede Person einzeln für sich als Gott und als Herrn zu bekennen, so verbietet uns der katholische Glaube, von drei Göttern oder Herren zu sprechen...“ Das ist das Typische dieser 325 erschaffenen Neureligion. Ihr Gottesbild war den meisten Christen ihrer Zeit völlig fremd. Dennoch mussten sie es ab sofort akzeptieren oder leiden. Es war etwas, das keiner fassen konnte. Deshalb versuchten zahllose weitere Konferenzen verfeinerte Definitionen zu finden. Das eigentliche Ziel des Christentums, Menschen zu Freunden und Brüdern zu machen, verloren sie dabei völlig aus den Augen. Nicäa hatte nichts Gutes gebracht. Einer der Teilnehmer des 1. Ökumenischen Konzils, Bischof Basilius, berichtet was damals auf dem Sitz des Imperators geschah und wie es danach weiterging. Er verglich die nachkonziliare Situation sogar mit einer
„Seeschlacht in der Nacht, in der sich alle gegen alle schlagen, und … und infolge der konziliaren Dispute herrsche in der Kirche eine „entsetzliche Unordnung und Verwirrung“ und ein „unauf-hörliches Geschwätz!" (4) Nur ein halbes Jahrhundert später, 380, obwohl immer noch völlige Unklarheit herrschte was das ist, dieser nicänische Gott, wünschten rabiate Christpolitiker unter Federführung von Ambrosius von Mailand die Bekehrung möglichst aller Menschen zum „nicänischen“ Gott zu erzwingen. Koste was es wolle. Deshalb kam es zur Veröffentlichung des Gesetzesungeheuers „Cunctos populos“. Mit ihm wurde die nicänisch orientierte katholische Reichskirche gegen die Reste der Urkirche zur „allein-seligmachenden“ befördert. Mit „Cunctos populos“ übten die Verfasser Glaubens- und Gewissenszwang auf mehr als 40 Millionen Andersgläubige aus. Nur der nicänische Glaube Konstantins, sowie der seiner Anhänger, wurde fortan gestattet. Dieser Glaube wäre angeblich von Petrus nach Rom gebracht worden. Dafür allerdings gibt es nicht den geringsten Beleg. Damasus von Rom war schon im Jahr 366 in Richtung der totalen Intoleranz vorgeprescht. Aktiv mit seiner mörderischen Streitmacht war er über die Nachbar-Christengemeinde hergefallen die seinen nicänischen Glauben nicht teilte. Auch dieser Textauszug aus C.p. verrät dieselbe Brutalität des Vorhabens: __________ 
4  Pfarrblätter, Bischof Koch Okt. 2008

„Alle Völker, über die wir ein mildes, gnädiges Regiment führen, sollen (müssen) das ist unser Wille, die Religion annehmen die der göttliche Apostel Petrus den Römern gepredigt hat, und der wie wir sehen werden, auch Bischof Damasus von Rom sich anschließt...(d.h. erlaubt ist nur die 325 zu Nicäa geschaffene Staatsreligion) wer dieses Gesetz befolgt soll den Namen eines katholischen Christen führen, die andern aber... sollen die Schmach ... tragen, ihre Versammlungshäuser dürfen nicht Kirchen genannt werden; sie selbst aber unterliegen der göttlichen Strafe...“ 
Vergleichbares gab es im 20. Jahrhundert in Deutschland und in Russland. Cunctos populos trat Ende Februar 380 in Kraft soweit Roms Legionen marschierten. Was das in der Praxis bedeutete, können rückblickend wohl nur diejenigen voll ermessen, die zu Hitlers Zeiten Sozialdemokraten oder Kommunisten waren, oder wie die nichtkommunistischen Menschen Russlands, nachdem die Bolschewiki, 1917, das Ruder in die Hand nahmen. Ein-Parteien-Systeme sind wie Monokulturen. Was nicht ist wie sie, wird ausgerottet. Wenn auch nur noch halbherzig, reitet die „christlich-ökumenische Kirchengemeinschaft“ immer noch das Steckenpferd namens „Nicänum“. Das wird im Folgenden belegt. Sich gegen das „orthodoxe“ - pro-nicänisch orientierte - Diktat des „Cunctos populos“ zu stellen wurde damals ebenso lebensgefährlich, wie ab 1936 in Deutschland für diejenigen, die sich wie Dietrich Bonhoeffer getrieben fühlten gegen die Unrechts- und Rassengesetze der Nationalsozialisten zu stellen. Jeder Christ der ab 380 noch glaubte, dass Jesus ein anderer als sein Vatergott ist und, dass er ein Angesicht hat, wurde als „Arianer“ beschimpft und bedroht. (Arianer sind Christen, benannt nach dem Ältesten Arius (260-337) der 325 zu Nicäa dem Kaiser die Stirn bot) Doch Cunctos populos betraf nicht nur die arianisch glaubenden Mitglieder der Kirche, sondern Schritt für Schritt zunehmend traf es Millionen freie Pagane aller Richtungen und sowieso die Manichäer, Mandäer, Montanisten, Makedonianer, Novatianer, Paulianisten uva. Die Initiatoren von Cunctos populos (C.p.) verdrehten ihre Augen fromm himmelwärts und im selben Nu zerschmetterten sie Christi Proklamation der Freiheit: „Ich bin gekommen den Gefangenen die Freiheit zu bringen…“ C. p. ist die Mutter der Inquisition. Nahezu 1 600 Jahre lang verweigerte die nicänisch-katholische Kirche den Menschen das Recht auf freie Wahl ihrer Religion energisch. Erst mit der Schlusssitzung von Vatikanum II (1965) verabschiedete der Vatikan sich vom menschenverachtenden, konstantinisch-ambrosianischen System der Willensunterwerfung. Zutreffend formulierte der damalige Konzilsberater und -beobachter Joseph Ratzinger (später Papst Benedikt XVI.) nach der Abstimmung durch die Konzilsväter: „Die Erklärung über die Religionsfreiheit des Zweiten Vatikanums bedeutet insofern kirchlicherseits das Ende des Mittelalters, ja das Ende der konstantinischen Ära… und dass man ab jetzt nie mehr sagen könne, für die katholische Kirche sei die Religionsfreiheit kein Grundrecht, das in der Würde der Person begründet ist.“ (5) Diese Studie kommentiert nicht nur wesentliche Resultate internationaler Geschichtsforschung, hier fließen persönliche Erfahrungen und Überzeugungen in der Absicht ein, zur Nachdenklichkeit zu ermutigen. mmmmmmm Wiederholt heißt es immer noch: mit Cunctos populos siegte das Christentum. Das ist inkorrekt. Jesus Christus untersagte Gewaltanwendung ausdrücklich: „Selig sind, die keine Gewalt anwenden.“ Im Umkehrschluss wiegt es doppelt: Gewaltanwender werden nicht selig. „Ihr wisset, dass die weltlichen Fürsten herrschen und die Mächtigen unter ihnen haben Gewalt. Aber so soll es unter euch nicht sein.“ „Mein Reich ist nicht von dieser Welt, wäre mein Reich von dieser Welt, dann würden meine Diener kämpfen.“ Die Welt von damals wurde nicht christianisiert sondern „konstantinisiert“. Deshalb nahmen die Übergriffe auf Persönlichkeitsrechte permanent zu. Kein Sterblicher verurteilt die Hauptbeteiligten, aber niemand sollte sie wegen ihres Tuns loben. Kurios an alledem ist die Degradierung Christi mit „christlicher“ Hilfe. Nach Nicäa, 325, gab es im römischen Reich nur noch einen einzigen „erlaubten“ Gott, den Reichsgott aller, den Kaiser selbst, als „Herrgott“. Heutige Nicäner, - das sind nahezu sämtliche Geistliche des „ökumenischen Christen-tums“ – hegen, als ungewollte Rechtsnachfolger von Cunctos populos, eine Neigung über die erwähnten historischen Ungeheuerlichkeiten hinweg zu sehen. Nicht wenige Nicäner sind so verwegen, arianisch Glaubende, wie die Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage weiterhin als Unchristen zu betrachten, obwohl diese offensichtlich bestrebt sind Christi Gebote zu befolgen und obwohl erwiesen ist, dass „Mormonenlehre“ der urkirchlichen näher kommt als jede andere. Sie wagen es den Spieß umzudrehen. Überheblich, aber ohne den geringsten Beleg für ihre Alarmrufe vorzulegen, dröhnen sie, wie ihre Vorväter seit 1 700 Jahren in vielen Varianten:
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5 Konrad Hilpert „Die Anerkennung der Religionsfreiheit“

„Mormonen sind (- wegen ihrer Nähe zu Arius -) keine Christen!“ Ist es unseren Kritikern nicht peinlich zu bemerken, dass die Forschung immer klarer herausstellt, dass die Verteidiger des nicänisch-trinitarischen Neugottes irren, dass die Nicäner Arius fälschlicherweise der Häresie beschuldigten? Immer häufiger und energischer wird nämlich bestritten, dass Arius ein Ketzer war. Rufmord sei es gewesen, heißt es nun. Auch Thomas Hägg bestätigt:
"…der Erzketzer Arius ist Traditionalist. Er steht fest auf dem Boden der kirchlichen Lehrtradition." (6)
Noch korrigierte die „christlich – ökumenische Kirchengemeinschaft“ ihre Position nicht. Weiterhin anerkennen ihre Fürsprecher - jedenfalls offiziell - noch nicht, dass die gegen den Arianismus und damit gegen die Urkirche zielenden Texte des Gesetzesungeheuers „Cunctos populos“ die Welt ins Elend gestürzt haben. Immer noch steht die inkorrekte Aussage, „der Arianismus sei eine der drei großen Häresien, die im Altertum die Kirche erschütterten“ (Hertling) Unbestritten dagegen ist, dass C.p. gegen das Toleranzedikt Kaiser Galerius von 311, sowie des Reskriptes der Kaiser Konstantin und Licinius von 313, verfasst wurde. Dennoch beharren die meisten Geistlichen der Großkirchen darauf, dass die in Nicäa erzwungene und durch Cunctos populos erhärtete Behauptung weiterhin gilt: „da ist nur ein („Reichs“-)Gott. Wer das nicht glaubt kann nicht selig werden.“
Darin lebt jene Intoleranz weiter, die nie Teil des originalen Christentums war. Zumindest im Sinne der Absichten des Ambrosius von Mailand geschrieben, richtete Cunctos populos nichts als Schaden an, großflächig und nachhaltig. Schließlich kämpfte jeder gegen jeden. Bald herrschte nur noch die Dummheit. Toleranz dagegen, wie Jesus sie lehrte, beinhaltet obenan die Liebe, - die Barmherzigkeit -. Toleranz bedeutet Weitherzigkeit und Weitsicht, aber sie setzt auch deutliche Grenzen. Von hier bis dahin ist alles Tun erlaubt. Der Rest ist Übertretung, ist Anarchie. Die Anarchie schrieb fortan die wirkliche Kirchengeschichte. Und, denkt erneut daran: Namen, Titel, Etikettaufschriften kann man wie ein Hemd wechseln, den Charakter nicht, oder machte das Schafsfell jemals einen Wolf zum Lamm?
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6 "Kirchen und Ketzer" 2004 mit Unterstützung des norwegischen Forschungsbeirates für Klassische Philologie und Religionswissenschaft, Uni Bergen


1. Ein Satz der uns zurück in die weite, unvergessliche Vergangenheit führt

Der sonst so kluge Dr. Andreas Fincke, von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, Berlin, formulierte noch im 21. Jahrhundert dieses beachtliche Statement: „…aus der Perspektive des ökumenischen Christentums ist es legitim ihnen (den Mormonen) die Christlichkeit abzusprechen.“ (7) Für dieses Urteil sind wir ihm insofern dankbar, als es eine Reihe interessanter Fragen aufwirft. Einige Amerikaner beschrieben die Perspektive des ökumenischen Christentums näher und unmissverständlich: Mormonen sind „definitely“ (eindeutig) gefährlich! Wie eine Wand aus Eisen steht dieser Satz da.
„The LDS-Mormons are definitely dangerous and are to be categorised as a sect. In Europe, however, they do not pose a social hazard, as they are too insignificant for that. In the US one cannot make this statement so clearly, since – compared to the share of the population, politically they are represented above average... The Mormons are dangerous, because they reject the Nicene-Trinitarian confession. “ (8)
Zutreffend daran ist, wie bereits gesagt, dass Mormonen den nicänischen Gott ablehnen, der 325 zu Nicäa, illegitim, gegen den Christus der Bibel ausgetauscht wurde. Nie vergessen, dass in Nicäa der Reichs-Einheitsgott, als Mix aus allen Göttern des römischen Imperiums mit dem Kriegsgott Sol Invictus obenan, kreiert wurde. So erfolgte Christi Degradierung. Zu sagen „Mormonen seien eindeutig gefährlich“ erzielt unter allen Bevölkerungsschichten Wirkung. Für Kim Jong-Un ist Südkorea gefährlich, deshalb wappnet er sich mit atombestückten ballistischen Raketen. Adolf Hitler hielt die Juden für definitiv gefährlich, deshalb rottete er mittels Hilfe nicht weniger Nicäner ein paar Millionen dieser „hakennasigen Brut“ aus. Lenin hielt die Ernährer Russlands, die Kulaken, für Feinde, deshalb schrieb er im August 1918 den Brief „Tod den Kulaken“. Penicillin ist sehr gefährlich für gewisse Bakterien. Und für wen sind nun die Mormonen konkret gefährlich? Dass es dazu käme, dass die gewohnte nicänisch-trinitarische Gottesvorstellung korrigiert werden könnte? Droht den Bekenner des Nicäagottes von Mormonenhand noch Schlimmeres? Bitte nicht stottern: Eure Rede sei Ja, ja oder Nein nein. Wer „Feuer!“ schreit muss sagen wo es brennt. Nach § 145 StGB ist in Deutschland das Aussenden falschen Alarms strafbar. Werden Mormonen nur deshalb diffamiert weil sie darauf hinweisen, dass der nicänische Reichsgott der Herr arroganter Intoleranz ist? Sie glauben an Christus den Gott liebevoller Weitherzigkeit und daran, seinen Geboten zu folgen, deshalb seien sie keine Christen! Macht das Sinn?
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7 Heft 11/ 2002 Materialdienst, Z.schrift für Religions- und Weltanschauungsfragen. 
 8 Religion Dispatches“of May 27th, 2011

Unleugbar, Christus und Konstantins Gott sind zwei grundverschiedene Götter. Weil nun nach gewohnter Denkweise des „ökumenischen Christentums“, diejenigen nicht selig werden können, die den rabiaten Gott Kaiser Konstantins, aus Gewissensgründen nicht anerkennen können, droht den Ablehnern, aus der Sicht des Sol Invictus konsequenterweise ewige Unseligkeit. Das jedenfalls wurde im Nicänum (bzw. Athanasianum) so festgelegt:
„Wer da selig werden will, der muss vor allem den katholischen Glauben festhalten. Jeder, der diesen nicht unversehrt und unverletzt bewahrt, wird ohne Zweifel ewig verloren gehen...“ nämlich, „ (es) sind nicht drei Götter, sondern ein Gott. So ist der Vater Herr, der Sohn Herr, der Heilige Geist Herr. Und doch sind es nicht drei Herren, sondern ein Herr...“
Nur wer akzeptiert, dass 3 gleich 1 ist, der ist ungefährlich, er wird nicht verdammt. Darauf besteht das trinitarische Glaubensbekenntnis dringend. Mehr als das, in Nicäa wurden diverse Sorten „Götterwein“ ins glasklare Wasser des Christus zu einem Trank gemischt.
Gleichwohl waren alle andersdenkenden Christen vornicänischer Zeit ebenfalls „Trinitarier“, doch nur insofern als sie daran festhielten, dass da eine aus drei Personen (Hypostasen) bestehende Gottheit ist, die über allem waltet: Vater, Sohn und Heiliger Geist. Es ist schon sonderbar. Hier stehen sich der Geist der Diktatur und der Geist Christi gegenüber. Weil nun das ökumenische Christentum - gemäß „Kaiserwillen“ (A. von Harnack) - unbedingt mono-theistischer Art sein sollte und später auch bleiben wollte, wurde, seitens der Reichskirche, die Vorstellung von drei Gott-Personen ausdrücklich als „tritheistisch“ verurteilt. Wieder und immer wieder. Das bestätigten nach 325 zahlreiche Kirchenzusammen-künfte, wie das 4. Laterankonzil 1215, wie zuvor das Konzil zu Soissons, 1092 usw. Die Ostkirchen, obwohl sie ebenfalls den Monotheismus vertreten, scheuten sich jedoch nicht, symbolische Darstellungen der Dreiheit zuzulassen. Hier die überaus geschätzte „Dreifaltigkeitsikone“ des russischen Malers Rubljow, von 1411. Ausgesagt wurde damit, die großen „Drei“ seien gleich an Autorität. Diese Studie zeigt nun den Stand der internationalen Forschung. Sie belegt wie das Nicänum zustande kam, wessen Ideen in diesen strittigen Teil des Bekenntnisses einflossen, was es verursachte, nämlich Glaubenszwang, sowie das von Jesus streng untersagte Vormachtstreben. So beschrieben vor allem die innerkirchlichen Machtkämpfe die Blätter nachnicänischer Kirchengeschichte. Nahezu alle Urkundenfälschungen kamen zustande, weil die Exponenten des römisch-nicänischen „Christentum“ um jeden Preis allseitig dominieren wollten. Mehr und mehr wird nun bekannt, auf welche Weise Konstantin sein neues, das nicänische Gottesbild erzwang. Er hielt den widerstrebenden Bischöfen seine Eisenfaust unter die Nasen. Noch einmal gesagt: der, das Wesen der „christlichen“ Gottheit beschreibende Teil des Nicänums, ist pur heidnisch. Der dort trinitarisch beschriebene Gott hat mit Jesus Christus nichts gemeinsam. Der in Nicäa ins Kirchenleben eingefügte Reichs-Gott ist, vor allem seines herrischen Ungeistes wegen, als der altrömische Kriegsgott Sol Invictus erkennbar. Diesem Wandel haben sich zahlreiche Christen widersetzt. Dafür mussten sie sterben, wie Bischof Priscillian von Avila 385. Enthauptet haben sie ihn unter falschem Vorwand ein Zauberer zu sein. In Wahrheit wandten er und einige seiner Freunde sich gegen die fortschreitende Konstantinisierung der Kirche. Darum geht es, nämlich zu sagen was geschah. Schrittweise wird nun Sol entlarvt, der ins blutige Fell des Lammes geschlüpft war, Kreide fraß, und seither mit sanft säuselnder Stimme seine Diktatur schließlich durch Dekrete bis ins Unermessliche ausdehnte. Deshalb waren die nachnicänischen Jahre des „Christentums“ fast immer unselige, düstere, blutige. Es waren Jahrhunderte höchster Gefahr für Leib und Seele aller die es wagten Sol Invictus die Stirn zu bieten. Den Namen Christi konnten selbst die schlimmsten unter den heimlichen Solverehrern nicht oft genug daher sagen, und zugleich waren sie denen spinnefeind die sich ernsthaft bemühten Christi Gebote und seine Aufforderungen zur Wahrhaftigkeit zu halten. Die Dokumente sind erschütternd. Gerade die eifrigsten „Wahrheitsverkünder“ klagten allezeit „erfolgreich“ die Nichtnicäner an, sie seien keine Christen. Im Stil des Dr. Fincke bestätigt der Präsident der Predigerseminare der südlichen Baptisten, in den USA, Dr. Albert Mohler seine Treue zum Nicänum mit den Worten: „Mormonen sind keine Christen“.
„The Mormon doctrine of God does not correspond to the Christian doctrine of the Trinity. Mormonism rejects the central logic of this doctrine (one God in three eternal persons) and develops its own doctrine of God - a doctrine that bears practically no resemblance to Trinitarian theology.“ (9)
Andererseits konnte noch nie irgendein Mensch die von „Mormonen“ infrage gestellten Sätze des Nicänums (des Athanasianums) logisch erklären.
Prof. Dr. Bernd Oberdorfer, Augsburg, Fachmann für systematische Theologie, bekennt das ehrlich:
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9 „Mormonism Is Not Christianity“ Blogalogue – Debates about Faith, June 2007

„Muss, wer an Jesus Christus glaubt, sich auch das paradoxe „Hexeneinmaleins“ (Goethes) zu Eigen machen, dass Gott einer und drei zugleich ist? Verlegenheit ist noch das harmloseste, was viele Christen (darunter nicht wenige Theologen) befällt, wenn die Sprache auf die (nicänische) Trinitätslehre kommt.“ (10)
Gegen Konstantins Behauptung, „da sind nicht drei Götter sondern ein Gott“ stemmten sich in Nicäa, dem Ursprungsort des Bekenntnisses, zuletzt nur noch drei Männer, von 220 Unterschriftsberechtigten. Der Älteste Arius, damals im Alter von 65, ein hochgewachsener Mann mit ruhigen Gesten, und zwei seiner Freunde - beide namens Eusebius -. Sie wagten es dem Willen Kaiser Konstantins zu trotzen. Dafür wurden sie attackiert. Vor allem der etwa 26-jährige Diakon Athanasius von Alexandria, ein als dunkelhäutig beschriebener, kleiner Mann, wütete gegen die drei Verweigerer. Ketzer und Verbrecher seien sie. Die meisten der Anwesenden, schlichte, berufstätige Gemeindevorsteher - Bischöfe genannt (Aufseher ihrer z.T. winzigen Gemeinden von 40-80 Personen) - zogen bei solcher Verunglimpfung ihrer tapferen Brüder scheu die Köpfe ein, denn die grellen Augen des edelsteingeschmückten Imperators blitzen sie herrisch an. Er würde seine Vorstellung vom „Herrn und Gott Konstantin“ auf jeden Fall durchsetzen. Das wurde ihnen bewusst, nachdem sie in der Falle saßen.
Vergeblich „verlangten Arius und die beiden Eusebius…, dass ausschließlich die Bibel als Grundlage des christlichen Glaubens gelte und alles, was nicht durch ihren klaren Wortlaut bezeugt sei, dem freien Denken überlassen bleibe.“ (11)
Athanasius, von Konstantin befeuert, meinte unverschämt, dass sei Gotteslästerung. Ein halbes Jahrhundert hindurch wird er dies, auch mit Hilfe von ihm aufgeputschter Pöbelhaufen, zum Ausdruck bringen, obwohl er, im Gegensatz zum Kaiser, die Bibel kannte. Ob Konstantin je Bibeltexte zu Rate zog ist mehr als unwahrscheinlich. Er fegte die starken Argumente der „Arianer“, kraft seiner Imperatorenautorität, glatt vom Tisch. Er folgte seinem eigenen von paganen Priestern geprägten Gottesbild.
Im Herbst 1968 begegnete ich in Storkow/Hubertushöhe einem Jesuitenpater, der dort die „Armen Schulschwestern“ seelsorgerisch betreute. Der in sich gekehrte Herr ließ sich herbei meine Fragen nach Gott gemäß seinem besten Wissen und Gewissen zu erläutern. Wir spazierten auf dem freien Gelände
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10 „Zeitzeichen“, evangelische Kommentare, August 2004
11 Otto Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“

zwischen meiner Fischereischule und dem Zaun des Klostergeländes den Weg zum See hinunter. Er strengte sich wirklich an, nahm einen Stock und zeichnete ein Dreieck in den Storkower Sandboden, aber was er ausführte kam mir vor wie ein Stochern nach Wasser in einer Wüste. Mir schien damals, dass ein Trickspiel kaum komplizierter sein könnte.
Betrachten wir dieses Gemälde, veröffentlicht bei Wikipedia:
es hängt im griechischen Kloster Mégalo Metéoron und will darlegen was in Nicäa, während des 1. Ökumenischen Konzils der Christenheit geschah. Unter den Füßen Kaiser Konstantins kniet der gedemütigte Älteste Arius.
Athanasius wird hier nicht herausgestellt. Außer dem Imperator selbst, erwies er sich als der bedeutendste Gegenspieler des Arius.
Er rügte den 40 Jahre älteren Mann und seine Anhänger maßlos, weil die glaubten Jesus habe, wie sein Vater, ein Angesicht, und dass Jesus zur Rechten des Vaters sitzt: (wie hätte Athanasius ahnen sollen, dass ihm 1700 Jahre später, ein Papst widersprechen wird?) Im scharfen Ton eines kommunistischen Kommissars der 20er Jahre gegen Kulaken und angebliche Konterrevolutionäre tobte Athanasius im Einverständnis seines Bischofs, Alexander von Alexandria:
„Ihr seid die „Erfinder von Gotteslästerungen … Gottesfeinde, da (ihr euch), um den Sohn nicht als Bild des Vaters anerkennen zu müssen, vom Vater selbst leibliche und irdische Vorstellungen macht… Gott (sieht aber) nicht wie ein Mensch (aus), … man darf auf ihn keine menschlichen Eigentümlichkeiten übertragen... Ich glaubte, die Heuchler des arianischen Wahnsinns würden sich auf das, was ich bisher zu ihrer Widerlegung und zum Erweis der Wahrheit vorgebracht habe, zufrieden geben und nunmehr sich ruhig verhalten und bereuen, was sie vom Heiland übel gedacht und geredet haben. Sie aber geben in unbegreiflicher Weise auch jetzt noch nicht nach, sondern wie Schweine und Hunde in ihrem eigenen Auswurf und Kot sich wälzen, so erfinden sie vielmehr für ihre Gottlosigkeit neue Wege.“ (12)
Alle Unvoreingenommenen spüren wes Geistes dieser Mann ist, nur die Christen nicht?
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12 Maßgebliche Werke des Hl. Athanasius in der Übersetzung der "Bibliothek der Kirchenväter"

Das gibt zu denken. Wer nicht glaubt wie er, Athanasius, der ist gottlos, die „…Arianer (sind) keine Christen... Sie sind die Erfinder von Gotteslästerungen, wie Hunde und Schweine führen sie sich auf.“
Wie ein Schlachtruf stand seine Parole: Wer sich von Gott irdische Vorstellungen macht, der ist ein Ketzer. Gott hat kein menschliches Angesicht. Merkt euch das ihr „Hunde“! Johannes Calvin wird 1531 den Entdecker des kleinen Blutkreislaufes Michael Servet zu Genf verbrennen lassen weil der, wie später Isaak Newton, Arius Recht gab: Gott hat ein menschliches Angesicht.
Wie erstaunt wäre Athanasius, der kleine Fanatiker, gewesen, wenn der in einem Wahrtraum den deutschen Papst Benedikt XVI., 2006 im Vorab gehört hätte. Unerwartet mutig, sowie erstaunlich deutlich korrigierte Benedikt das Nicänum in seiner Unfrieden stiftenden Passage:
„Dantes „Göttliche Komödie“ habe ihn ... inspiriert, ... wo ein „kosmischer Ausflug“ im inneren des Paradieses zum innersten Licht der Liebe führe, „die Sonne und Sterne zugleich bewege“. – Das tiefste Innere dieses unzugänglichen Lichtes sei jedoch nicht etwa ein noch gleißenderes Leuchten oder noch helleres Scheinen, sondern das zarte Gesicht eines Menschen, das dem Seher da endlich auf seiner Suche entgegentrete. Dies sei „etwas vollkommen Neues“. Das menschliche Antlitz Jesu Christi, das Dante im Inneren des innersten Geheimnisses Gottes erkenne, sei „noch viel bewegender als die Offenbarung Gottes in der Form des Dreifaltigen Kreises von Erkenntnis und Liebe. Gott, das unendliche Licht, ... besitzt ein menschliches Gesicht.“ (13)
Die Form des Dreifaltigen Kreises, als Symbol der heiligen Dreifaltigkeit, nach „nicänischem“ Verständnis.
Über zahllosen späteren, blutigen Kampffeldern der Nicäner gegen die Nichtnicäner flatterte das Zitat: Arius und seine Anhänger sind keine Christen: Wie war das noch?
„…aus der Perspektive des ökumenischen Christentums ist es legitim ihnen (den Mormonen, pardon, den Arianern) die Christlichkeit abzusprechen.“
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13 Erste Enzyklika 23. Januar 2006 

Arius wurde zum Entsetzen hunderter Bischöfe exkommuniziert. Konstantin hatte indessen die Todesstrafe auf das Lesen arianischer Schriften gesetzt.
Bild Wikipedia: 

Mittelalterliche Darstellung, Konstantin lässt arianische Bücher verbrennen.
Der Hass der nach dem Nicäakonzil insbesondere aus Alexandria, - dem späteren „Regierungssitz“ des Athanasius, - herausdrang schlug die Traditionalisten um Arius in unerträglicher Weise. Sie litten unter dem zunehmend grollenden Anspruch der Alexandriner: Wir sind die Rechtgläubigen! „Wir“
In seiner kleinen Basilika zu Alexandria verkündete Bischof Alexander eines Tages, vom Lesepult aus, mit markiger Stimme die welthistorisch bedeutenden Worte:
„Dem Arius muss man Widerstand leisten bis aufs Blut“ (14)
Dieses Hasswort wurde zum Todesurteil der Antike. Jedem größeren Detail werden wir hier nachgehen. Es ist schier unglaublich, wohin das Nicänum die Verblendeten verführte. Erst kurz vor seinem Lebensende um 335, vielleicht auch schon früher, leuchtete dem Kaiser ein, dass er Arius zu Unrecht verdammt hatte, inhaltlich und praktisch. Praktisch, weil Athanasius ihm nur Scherereien bereitete und inhaltlich, weil er eben eher doch Henotheist war. In Nicäa hatte er sich verrannt. Mehrfach musste Konstantin den wütenden Athanasius wegen Kompetenzüberschreitung und Unruheschürung maßregeln. 336 befahl er - unerwartet - die Versöhnung der Kirche mit Arius. Das passte vielen der Angepassten nicht. Allen voran ging es dem Metropoliten Alexander von Konstantinopel gegen den Strich. Er war gleich nach Nicäa, 325, geistlicher Herr der neuen Hauptstadt geworden. Er prahlte damit ein guter Orthodoxer zu sein, als ob der angemaßte und frei erfundene Titel "Rechtgläubiger", je Garantie für die Richtigkeit irgendeines Glaubens sein könnte.
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14 Ernst Ferdinand Klein „Zeitbilder der Kirchengeschichte“

Sein ganzes Gehabe ähnelte zu sehr den Manieren der Kommunisten die sich selbst für unfehlbar erklärten und die dieser „Unfehlbarkeit“ wegen den 3. Weltkrieg in Kauf genommen hätten. Dringender als je zuvor, erheben sich einige Fragen. Darunter die, ob es wahr ist, dass dieser fanatische Metropolit in seiner Basilika zu Konstantinopel laut gebetet hatte: "dass entweder er oder Arius aus der Welt entfernt würden" (15) Unbedingt wünschte der athanasianische Metropolit die unmittelbar bevorstehende Aussöhnung des Großketzers Arius mit der Kirche unmöglich zu machen. Obwohl Kaiser Konstantin sie nun, 336, mit Nachdruck verlangte. Ist es völlig abwegig zu denken, dass einer der Ariushasser des willfährigen Klüngels des Metropoliten Alexander, diese an Gott gerichtete Bitte als Auftrag zum Mord verstand? Die bekannten Symptome die den jähen Tod des Ältesten Arius verursachten, weisen auf eine Vergiftung durch weißes Arsen hin. Sollte sich dieser Verdacht erhärten, - und es sieht ganz danach aus, - dann hätte die gesamte „christlich-ökumenische Christengemeinschaft“ ein ziemliches Problem. Das Motiv zum Mord liegt offen: Eine Kursänderung Konstantins hätte das damals durchaus noch nicht gesicherte Lehrgebäude des neuen Kirchensystems in seinen Grundfesten erschüttert. Es wäre nicht nur zu einem Paradigmenwechsel, sondern zum Machtverfall der Orthodoxie gekommen. Um die Pfründe gewisser Neukatholiken wäre es geschehen gewesen. Der schwächelnde Kaiser musste also bei der Stange gehalten werden. Jedenfalls sind die Charakterbilder von Konstantin, Athanasius und Arius sowie deren Rechtsnachfolger samt deren Religion, wie sie bis vor kurzem gezeichnet wurden, falsch wie die meisten Elemente des goldleuchtenden Gemäldes des griechischen Klosters Mégalo Metéoron. Der Blick auf den goldenen Mittelpunkt, des Klostergemäldes auf die weltberühmte Hagia Sophia, - die Kaiser Justinian um 530 errichten ließ, - verrät indessen einiges Interessantes. Er leitet uns zu Betrachtungen einiger Verrücktheiten des 6. Jahrhundert. Davon später mehr. Bereits einhundert Jahre vor Justinians Kaiserkrönung, 527 lebten in Konstantinopel etwa 10.000 bis 15.000 Mönche. (J. J. Ayaita) Das Faulenzerleben dieser nur scheinbar Frommen bestimmte auch das Stadtbild zu Justinians Zeit. Gelegentlich wurden die Mönche wegen ihrer anstößigen Lebensweise getadelt. Vor allem bildeten sie generell einen politischen Faktor, von erheblichem Einfluss. Mit ihren abgedroschenen Phrasen waren sie überwiegend Orthodoxe, in Wahrheit aber Opportunisten:
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15 Sokrates Scholastikus (Kirchengeschichte I XXXVIII)

„…(es) ist bekannt, dass es ein Mönch namens Isaak war, um den sich die gegen (Erzbischof) Johannes Chrysostomos gerichteten Mönche versammelten. Johannes (Chrysostomos) hatte sie… gegen sich aufge-bracht, da er ihr Herumtreiben in der Stadt kritisiert hatte. Isaak und den ihn umgebenden Mönchen wirft der Kirchenhistoriker vor, sie hätten das Volk … aufhetzen wollen. Durch … falsche Behauptung(en), …die Versuche der Mönche (waren) ohne Erfolg, doch bezeugt (dies)… den potentiellen Einfluss der Mönche auf die übrige Plebs.“ (16)
Die Mönche im Schatten der heranwachsenden Hagia Sophia, hegten unterschiedliche politische Gesinnungen und so das Volk. Später entzündeten sie heftige Diskussionen zu heißen Themen, auch das Pro und Kontra um Origenes, der daran erinnerte, dass alle Menschen ein vorirdisches Dasein hatten und von daher frei sind. Die Gebildeten waren für Origenes. Die Ungebildeten, meistens Sabaiten die nach griechischer Art einen „löwenfarbigen (Mönchs-)Rock“ trugen, standen gegen Origenes. 532 brachen in der Hauptstadt erhebliche Aufstände unzufriedener Gruppen aus. In der sogenannten Nika-revolution wünschten breite Bevölkerungskreise der etwa 500 000 köpfigen Hauptstadt mehr Mitspracherechte. Diese hatten sie bereits vor Justinian erworben. Nur Kaiser Justinian, - der sich für einen Elitechristen hielt, - raubte sie ihnen wieder. Jeder sah, wie raffgierig der eitle Diktator war. Einige Senatoren die unter seiner Abzocke litten planten den Sturz Justinians. Sie hetzten gewisse ihrer Parteigänger auf. Es kam zu Tumulten. Justinian beraten von seiner Frau Theodora wurde schließlich mitverantwortlich an der Ermordung von 30 000 Menschen, deren Wünsche und Überzeugungen ihm wenig oder gar nichts bedeuteten: Er glaubte und handelte wie Konstantin heidnisch. Er, der stolze Bauherr der Hagia Sophia, verachtete das eigentlich Christliche:
„Mit… Justinian erhielt das christliche Kaisertum eine neue Qualität: die Herleitung von Herrschaft und ihre Legitimation aus Gott erhob jetzt einen neuen Ausschließlichkeitsanspruch. Kaiser und Kaisertum definieren sich von nun an nur noch aus ihrem Bezug zu Gott… der Diakon Agapat aus Konstantinopel, (sagt) „Gott benötigt nichts und niemanden der Kaiser benötigt allein Gott… Aufruhr im Volk sei nichts als Hundegekläff… Es war… Gott allein der Justinian die Herrschaft übertrug“ (17) Solcher Aberglaube musste zwangsläufig den Hass der Unterlegenen stiften. Er aber stellte sich ungerührt und ungerechtfertigt gegen den Strom.
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 16 Joanna Jessica Ayaita „Justinian und das Volk im Nikaaufstand“  
17 Mischa Meier „Justinian, Herrschaft, Reich und Religion“

Heutigen aufmerksamen Beobachtern sticht Justinians gesamte Kirchen- und Staatspolitik ins Herz. Sein arrogantes Denken und Handeln missachtete Christi Gebote grundsätzlich, und so führte er sich wie Konstantin anmaßend als oberster „Christ“ auf. Viele Historiker halten die entsetzlichen Charakterschilderungen seines Biographen Prokopios als Zeitzeugen gegen Justinian, die er in seiner „Geheimgeschichte“ darlegt, für eher unglaubhaft, während sie seine Beschreibungen militärischer Aktionen der byzantinischen Heere als präzise Informationen betrachten. Prokopios urteilt allerdings sehr hart: Justinian sei „…kein menschliches Wesen, sondern, wie man vermutet hat, die Verkörperung eines Dämons in menschlicher Gestalt gewesen. Die genaue Zahl jener festzustellen, die durch ihn zerstört wurden, ist nicht möglich, denke ich, weder für einen Menschen, noch für Gott. Denn man könnte schneller, so denke ich, alle Sandkörner zählen als die unermessliche Zahl jener, welche dieser Kaiser zerstörte.“ (18)
Orthodox war man, spätestens ab 543, im Land des Justinian, wenn man Origenes den Schriftbewahrer des Urchristentums, verwarf. (An dieser Zumutung kranken sämtliche Großkirchen inklusive die Baptisten bis zur Stunde.) Niemand war zur Zeit der Errichtung des Wunderbauwerkes Hagia Sophia orthodoxer als sein Erbauer Kaiser Justinian. Mit dieser ehemaligen Hauptkirche der Orthodoxie setzte Justinian (482-565 – seit 527 Kaiser) sich selbst, - nicht dem Christengott! - ein Denkmal, denn es gilt der Imperativ E. Kants: „Niemand kann Gott mehr ehren, als durch Achtung für sein Gebot!“ Doch überwältigt vor Freude, obwohl 537 erst der Rohbau dastand, weinte Justinian gerührt: „Salomo, ich habe dich übertroffen“ Ich! Ich! In einer Offenbarung hätte Gott ihm gezeigt wie das Gebäude aussehen soll. Gott? Welcher Gott? War es der Herrgott Konstantins, der spätere Herrgott Hitlers? Man denke nur an Konstantin den Gewalttäter, den eigentlichen Stadtgründer Konstantinopels. Gleich nach der Vollendung der von ihm vorgesehenen Umgestaltung der „Alten Kirche“, zu Nicäa, 325, hätte „Gott“ ihm einen Traum geschenkt, er soll Konstantinopel bauen. So schritt Konstantin 326 zur nächsten „Großtat“. Er wünschte die Erweiterung des alten Byzanz. Astrologen und Auguren hatten zuvor die Sternkonstellationen und den Vogelflug beobachtet und dem Imperator großen Erfolg prophezeit. Die Gunst der Heiden-Götter sei mit ihm. Konstantin steckte die Grenzen der Stadterweiterung ab. An seiner Seite gingen die paganen Priester. Konstantin war durch und durch wie sie geblieben und zugleich oberster Bischof der Kirche. 
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18 Prokopios, Geheimgeschichte 18,1

Konsequenterweise „assistierte ihm eine Schar heidnischer Priester bei der Zeremonie.... Als oberster Priester (des Sol Apollo G.Sk.) umschritt Konstantin die projektierte Stadt. Mit einem Stab zeichnete er die Stadtgrenze in den Boden... Seiner auf dem Reißbrett entstandenen, nach den städtebaulichen Idealen der Spätantike gebauten Stadt, versuchte Konstantin durch antike Bildwerke das Antlitz einer gewachsenen Struktur zu geben. ... Aus dem ganzen Land ließ er Kunstwerke zur Ausschmückung bringen. Tempelstatuen und Weihgeschenke wurden ihres religiösen Sinns entweiht. ... Dieser Vorgang wurde zuweilen als ein „schändlicher und massenhafter Kunstraub der Geschichte“ kritisiert... Indiz für das Weiterleben heidnischer Traditionen in der angeblich christlichen Stadt.“ (19)
Als Patriarch Epiphanius die Hagia Sophia am 27. Dezember 537 weihte, hätte der Kaiser ausgerufen: "Ruhm und Ehre dem Allerhöchsten, der mich für würdig hielt, ein solches Werk zu vollenden". Aber, am rüden Verhalten gegenüber Andersglaubenden und an seiner Absicht das Reich der Ostgoten zu zerschmettern, weil diese Germanen seinen fanatischen Glauben an die heilige Dreifaltigkeit nicht teilten, ist klar ersichtlich, dass sein allerhöchster Gott, dem „Herrgott Konstantin“ und dem Herrgott des Unholdes Hitler auffallend gleicht.
Justinian wollte, wie sein Vorbild Konstantin, „landesweit“ den totalen Sieg des trinitarischen (athanasianisch-katholischen) Reichsgottes. Wobei er unter landesweit die alte Einheit des räuberischen (großrömischen) Imperiums verstand. Denn die kriegerischen Auseinandersetzungen der athanasianisch-katholisch-orientierten Armeen gegen die überwiegend arianisch glaubenden Ostgoten hatten bereits um 380, (nach Schlachtverlusten der Römer,) zur Machtübernahme einiger Westteile des Reiches durch die Arianer geführt. Sie dominierten seit 480 bis Justinians Amtsantritt 527 Italien und andere Landesteile. Das wurmte Justinian. Wobei hinzugefügt werden muss, dass die Arianer tolerant auftraten. Sie tasteten die Rechte der Trinitarier (Orthodoxen) nicht an, obwohl diese Menschenart wegen ihrer Intoleranz stets unangenehm auffiel. Dieser Tatsache sollte sich jeder bewusst sein. Des Oberchristen Justinians höchstes Anliegen bestand darin keinem Heiden zu erlauben ungetauft in seinem Reich zu leben. Jeder der nicht hinlänglich „rechtgläubig“ zu sein schien wurde bestraft, sein Vermögen eingezogen, denn Justinians Kriege, seine Bauten und seine Politik verschlangen Unsummen, obendrein herrschte die Pest jahrelang. Auf eventuellen Abfall von der „Orthodoxie“ setzte er die Todesstrafe. Das ließ er schamlos, in sein Gesetzeswerk „Codex Justinianus“ hineinschreiben:
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19 Monika Schuol, „Constantinopolis – die Stadt Konstantin des Großen“

„das Festhalten am „hellenischen“ Glauben bzw. die Apostasie nach der Taufe wird mit der Todesstrafe geahndet. (20)
Widerlichste Anmaßung erhielt Gesetzeskraft. Längst war in Vergessenheit geraten, dass die Heiligen Schriften den Christen Zwangsausübung jeder Art strengstens untersagten. Mit aller Entschiedenheit verwies der Urchrist und Kirchenvater Tertullian (160-220) darauf. Er definierte unmissverständlich was das Christentum ist, nämlich ein Garant für Gewissenfreiheit. Der Umkehrschluss lautet: wo die Wahlfreiheit endet, da ist niemals Christliches. „Die Christen, schreibt Tertullian, kennen keine Ruhmsucht und Ehrsucht, kein Bedürfnis nach einer Parteistiftung, nichts sei ihnen fremder als die (Macht-) Politik. Der eine möge Gott verehren, der andere den Jupiter; der eine zum Himmel, der andere zum Altar der Fides beten. Seht vielmehr zu, ob nicht auch das auf den Vorwurf der Gottlosigkeit hinausläuft, wenn man jemand die Freiheit der Religion nimmt und ihm die freie Wahl seiner Gottheit verbietet“. (21)
Nicht die Orthodoxen, die selten oder nie einschritten, wenn die Gottes-prinzipien der Wahrhaftigkeit, der Liebe und des Individualrechtes bedroht wurden, sondern Ausnahmechristen, wie der deutsche Mystiker Meister Eckhart (1260-1328) mahnten später ebenso eindringlich, wie zuvor Origenes:
„Gott hat die Seele auf Freiheit und Eigenständigkeit ausgerichtet, so, dass er ihr über den freien Willen hinaus nichts aufzwingen will, auch will er von ihr nichts fordern, was sie nicht will.“
Es scheint, dass den wenigsten Betrachtern bewusst ist, was es für Gott bedeutet, wenn er hilflos! zusehen muss, wenn seine Kinder ihm das Wort im Mund umdrehen. Er gewährte uns das Recht auf Entscheidungsfreiheit, womit er selbst seine Hände band, und wir treiben damit Schindluder. Er gab uns das Licht Christi, doch obendrein muss er erdulden, dass die Menschen ihn anklagen, er lasse das Unrecht zu, das wir gegen seinen Willen, gegen unser Gewissen und gegen unsere Vernunft in die Welt gesetzt haben.
Sogar Hitler hatte ein zeitweise waches Gewissen. Es biss ihn vor der Untat.
“In der Zeit dieses bitteren Ringens zwischen seelischer Erziehung und kalter Vernunft hatte mir der Anschauungsunterricht der Wiener Straße unschätzbare Dienste geleistet. Es kam die Zeit, da ich nicht
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20 Codex Justinianus, 
21 Georg Denzler, „Mutige Querdenker - der Wahrheit verpflichtet“

mehr wie in den ersten Tagen blind durch die mächtige Stadt wandelte, sondern mit offenem Auge außer den Bauten auch die Menschen besah… Ich kaufte mir damals um wenige Heller die ersten antisemitischen Broschüren meines Lebens. Sie gingen leider nur alle von dem Standpunkt aus, dass im Prinzip der Leser wohl schon die Judenfrage bis zu einem gewissen Grade mindestens kenne oder gar begreife. Endlich war die Tonart meistens so, dass mir wieder Zweifel kamen infolge der zum Teil so flachen und außerordentlich unwissenschaftlichen Beweisführung für die Behauptung. Ich wurde dann wieder rückfällig auf Wochen, ja einmal auf Monate hinaus. Die Sache schien mir so ungeheuerlich, die Bezichtigung so maßlos zu sein, dass ich, gequält von der Furcht, Unrecht zu tun, wieder ängstlich und unsicher wurde... Dann aber flammte es auf. Nun wich ich der Erörterung der Judenfrage nicht mehr aus, nein, nun wollte ich sie. Wie ich aber so in allen Richtungen des kulturellen und künstlerischen Lebens und seinen verschiedenen Äußerungen nachdem Juden suchen lernte, stieß ich plötzlich an einer Stelle auf ihn, an der ich ihn am wenigsten vermutet hätte. Indem ich den Juden als Führer der Sozialdemokratie erkannte, begann es mir wie Schuppen von den Augen zu fallen. Ein langer innerer Seelenkampf fand damit seinen Abschluss...“ (22)
Jedermann im Herrschaftsbereich Justinians musste gewahr sein verleumdet zu werden, wie zu Hitlers Zeiten diejenigen die auch nur den leisesten Zweifel am Kriegs- und Verderbenskurs des Größenwahnsinnigen aufkommen ließen. Damals schon war es so, wie anderhalbtausend Jahre später im „Dritten Reich“
und wie zu Zeiten zwischen 1917 etwa bis Gorbatschows Amtsantritt, 1985, im
Russland Lenins. „Kommen sie mit!“ lautete die freche Aufforderung irgendwelcher Bengel die der GESTAPO oder dem NKWD angehörten und schon war es passiert. Irgendein KZ oder GULAK-Tor verschluckte den angeblichen Volksverräter. Justinians Rechtspraxis war die durch nichts zu rechtfertigende Bekräftigung des mit den Lehren Christi unvereinbaren Gesetzes zum Gewissenszwang „Cunctos populos“ von 380. Es wurde, das muss wiederholt gesagt werden, durch Ambrosius von Mailand installiert. Kehren wir noch einmal, um besser zu verstehen was geschah, in seine Zeit zurück:
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22 A. Hitler „Mein Kampf“

378 schlugen gotische Lanzenreiter bei Adrian-opel die Legionäre der oströmischen Armee ver-nichtend. 20 000 Tote. Zuvor wurde ihr Ersuchen, als Flüchtlinge vor den übermächtigen Hunnen im Herrschaftsbereich Roms Zuflucht zu finden,
Bild Wikipedia: Fluchtroute der Goten von Ambrosius, dem Kaiserberater, abgeschmettert. Er schrieb im kritischen Sommer 378 für den jungen verunsicherten Kaiser Gratian zwei Bücher („De fide“) Da heißt es: Die Arianer (Italiens und die Goten G.Sk.) haben sich gegen die Kirche Gottes verschworen!“... „der (richtige) Glaube des Herrschers (gewährleiste) mehr als die Tapferkeit der Soldaten den Sieg...“ Ambrosius behauptete: „Jesus Christus soll das römische Heer führen!" Untrennbar gehörten für Ambrosius Staat und Kirche zusammen. Als Staatsbeamter kannte er kaum Gnade, als Christ schon gar nicht. Eingeklemmt zwischen den unwiderstehlichen, mörderischen Hunnen und den von Ambrosius aufgehetzten Söldnern Roms, musste es seitens der Ostgoten zu einer Explosion kommen. Barbaren wurden sie genannt. Aber der Barbarismus bestand in der gegen sie gerichteten Todfeindschaft der Athanasianer. Stereotyp hieß es, sie seien Ketzer. Dabei waren die meisten Goten weder getauft noch fanatisch, wobei doch erwiesen ist, dass Ketzer zuerst Getaufte sein müssen. Gewiss, viele ihrer einflussreichen Familien glaubten an den Christus der ihnen von Missionaren des Ostens gepredigt worden war, der gesagt hatte, er sei ein anderer als der allein wahre Gott. Dieser eigentlich für die Glaubenspraxis eher kleine Unterschied erwies sich unentwegt als verhängnisvoll. Ambrosius wollte nicht sehen, dass er im Begriff stand, eine Mücke zu einem Elefanten aufzublähen, denn die Bibel lehrt nirgendwo, worauf die Athanasianer bestanden. Ambrosius beharrte nicht nur auf seinem engen Standpunkt, sondern wo er konnte vertiefte er die Gründe seiner Position. Er fühlte sich dem rauen Geist der Damasianer verbunden, dem absolut intoleranten Kern der Anhänger des fanatisch nicänischen Bischofs von Rom, der 366 die christlich-arianische Ursinusgemeinde vernichtete. Deren Rohheit führte zur Jahrhunderte währenden Verachtung der Rechte Andersdenkender.

Gegen die Annahme Ambrosius, wurden die schließlich von den Goten überrannten Gebiete im Norden Italiens weder entvölkert noch deren Katholiken ihres Glaubens wegen belästigt. Ruhig ging es zu, wo die Arianer hinkamen und nach und nach die Oberhand gewannen. Ihre Religion erwies sich als sanft. Toleranz wurde, solange sie herrschten, groß geschrieben. Ad absurdum führten sie die Propaganda der Katholiken. Kaum merklich für das katholische Rom entstand das ostgotische Reich, es wuchs Schritt für Schritt südwärts. Jeder Bürger oder Sklave besuchte die von ihm bevorzugten Gottesdienste unbehelligt, etwas das dem kaltherzigen Ordnungsmenschen Ambrosius sehr missfiel. Trotz seiner politisch-militärischen Niederlagen blieb er der führende Kopf der Athanasianer. In den nächsten Jahrzehnten verebbte das weströmische Kaiserreich. Es hörte auf zu existieren. Wahrscheinlich gab es damals im Osten wie im Westen mehr arianische Christen als katholische. Die Katholiken rührten indessen heftiger. Sie hatten sich wieder erholt. Und kaum an Zahl bedeutender geworden, begannen sie erneut zu zanken, was ihnen sehr zu Eigen war. Immer sind es einzelne Charaktere die getragen von gewisser Grundstimmung emporgehoben werden. Sie haben das Gespür. Witterer des Windes, nennt Stefan Zweig sie. Justinian ist so einer, nur das er damals noch Petrus Sabbatius hieß. Sechsunddreißigjährig erlebt er, dass sein betagter Adoptivvater Justin, 518, wahrscheinlich mit Hilfe von veruntreutem Geld, geheimen Absprachen und Zetteleien der Sprung vom Kommandeursposten der kaiserlichen Garde auf den Kaiserthron gelingt. Petrus Sabbatius wird ihn fortan maßgeblich beraten. Petrus führt großes im Schilde. Wenn er das verwirklichen will, dann muss er, mit allen Konsequenzen Partei gegen die Arianer ergreifen. Unbedingt wird er zu den „Rechtgläubigen“ gehören und mit ihnen die alte Herrlichkeit des konstantinischen Reiches restaurieren. Fünf Jahre benötigt der spätere Justinian um die erste größere Hetze gegen die Arianer Konstantinopels zu inszenieren. Es kommt ein Dekret heraus, das die Arianer wieder deutlich benachteiligt – und nahezu alle Goten in Konstantinopel sind Arianer - Zwei Jahre später, 525, wird er Cäsar. 527, nach dem Tod seines Onkels Justin, Kaiser. Selbst der weniger Aufmerksame findet in den Gesichtern der Bilder von Superpolitikern Roms, Mailands und Byzanz, sowie denen Berlins, Leningrads, Moskaus, deren erbarmungslos diktatorisches Trachten eingeschrieben. Jesaja, der zu den größten Propheten Israels gehör, kannte diese Typen: „Der Ausdruck ihres Angesichts zeugt gegen sie! ... ihre Zungen und ihre Taten sind gegen den Herrn gerichtet, um den Augen seiner Majestät zu trotzen.“ (23) 
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23 Jesaja 3: 9

Adolf Hitler (1889-1945) und Konstantin (280-337) sind Gesinnungsbrüder.
Unglaublich aber wahr. Bis heute gilt die Vergewaltigung der Gewissenhaften als nicht ausgesprochen unchristlich. Würden die Autoren, die Ambrosius von Mailand oder Justinian skizzieren, sonst so sparsam mit ihrer Kritik sein? Die orthodoxe Kirche ehrt die beiden sogar als Heilige, und im Kalender der Lutherischen Missouri-Synode steht unter den Gedenktagen auch Justinians Name geschrieben. Ein Reich, ein Kaiser, ein Gott - d.h.- eine Einheitskirche, eine, die nur sich selbst liebt. Im Sinne seines Vorbildes Konstantin und des Ambrosius von Mailand hatte Justinian sich geschworen den Arianismus auszutilgen, der durch den Einfall der Ostgoten gestärkt wurde. Er konnte nicht leugnen, dass die arianischen Goten die eroberten Landesteile gut regierten. Aber sie widerstanden seiner „Orthodoxie“, waren nicht gerade Freunde des Papsttums, wenn auch nicht dessen Feind! Mit Stumpf und Stiel wollte und sollte Justinian sie austilgen, wie die Nazis die Juden. Er suchte und fand seine Gelegenheit kriegerisch einzugreifen. Es sei nur eine Strafoperation, sagte er zu Beginn des Krieges. Die arianischen Vandalen hätten in Nordafrika ihren König Hilderich abgesetzt. Was immer ihre Gründe dafür gewesen sein mögen. Anmaßend fühlte Justinian sich als Schutzherr jener Territorien die einst Teil des großen Rom waren. Er bestand auf die Wiedereinsetzung Hilderichs.
Die Vandalen wiesen ihn ab. Das war die Gelegenheit die er gesucht hatte.
Justinian schickte kaltblütige Generäle des Typs Belisar und Nardes mit ihren Truppen um mit seinem „christusliebenden Heer" die alte Ordnung wiederherzustellen. Am 15. September 533 stand Belisar mit seinen 15 000 Mann vor Karthago. Alles lief bestens zu seinen Gunsten. So leicht war es gewesen die Stadt einzunehmen. Die bitterarmen Soldaten Belisars glaubten sich im Himmel, weil ihnen alles zufiel, was ihr Herz begehrte. Als Justinian, nur Wochen später in Konstantinopel die Militärparade abnimmt und sein Feldherr Belisar triumphierend seine Gefangenen vorführt, beschließt der Kaiser nun ganz Italien zu „befreien“. Als Jurist von Format war ihm klar, es bedarf einer guten Begründung, bevor er da einmarschiert. Er befand sich in einer Situation die gewisse Ähnlichkeit mit den Ereignissen von 1967 aufweist. Die Sowjetunion wollte die alte, volle Vorherrschaft in der Tschechoslowakei wiederherstellen, die sie infolge des „Prager Frühlings“ verloren hatte. Die Tschechen waren vom
orthodoxen Kommunismus abgefallen, wie zu Justinians Zeiten zahllose Italiener die zuvor als gute Katholiken galten und nun arianisch glaubten.
Die Sowjets brauchten einen tragfähigen Grund um dort militärisch einzuschreiten. Irgendwer mit Stimme aus diesem Land musste sie um Hilfe bitten. Aus Reihen der über fünftausendköpfigen Belegschaft der Skodawerke fanden sich schließlich etwa 100 Personen bereit den Hilferufbrief an den Kreml zu unterzeichnen. Zwei Prozent… Der Rest lief wie geschmiert.
So hatte Justinian Briefe von einigen erzkatholischen Priestern erhalten die ihn angeblich ermutigten militärisch zu intervenieren. Auch die romanischen Großgrundbesitzer baten ihn einzugreifen, weil die Arianer Gesetze zugunsten der kleinen Bauern erlassen hatten. Es war eine Bauernbefreiung die den sehr Reichen… „alle Herrenrechte entzog“… eine kleine Notiz, die jedoch große Beachtung verdient, denn Christen sind Menschen, die sich entschlossen für das Recht der Benachteiligten einsetzen. Eben daran, dass sie Liebe haben, wird man sie erkennen, sagte Jesus wieder und immer wieder. Rechtschaffenheit ist ihr Kennzeichen.
Dietrich Bonhoeffers Lebensmotto stand ebenfalls nicht nur auf dem Papier:
„Öffne deinen Mund für die Stummen, für das Recht aller Schwachen. Öffne deinen Mund, richte gerecht, verschaffe dem Bedürftigen und Armen Recht.“ Sprichwörter 31: 8-9 Als das orthodoxe Byzanz das bislang von Arianern geführte Italien nach 17 Kriegsjahren verwüstet hinterließ und der Handel völlig niederlag, nachdem die einfachen Menschen hüben wie drüben den letzten Pfennig für die Aggression der fanatischen Nicäner hergegeben hatten, brach der ganze Zorn aus Totila, dem vorletzten König der Arianer heraus. Er, der unselige Verlierer gegen die byzantinische Streitmacht, „warf den Possessoren Italiens, den Mitgliedern des senatorischen Adels vor, dass sie „obwohl an der Herrschaft beteiligt, die Byzantiner ins Land geholt hatten“ (24)
Die Byzantiner, nicht die Goten, hatten „gehaust wie die Vandalen“. Jedes Schulkind kennt dieses überaus verlogene Zitat. Sie waren, das sagt die moderne Geschichtsforschung… jedenfalls, keineswegs so schlimm wie ihr Ruf.
Und wie die Vandalen, so die Goten. Die Überlieferung war genau das, den Christen untersagte: plumpe Propaganda, Unwahrhaftigkeit aus Gründen der Rechtfertigung bösartigen Vormachtstrebens.
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24 Ernst Pitz „Die griechisch-römische Ökumene und die drei Kulturen des Mittelalters“

Justinian schwor, sein Herrgott, der Allerhöchste, habe ihm gesagt was zu tun sei. 1941, als der „Verführer“ Hitler seinen Großplan „Barbarossa“ startete, in- dem seine waffenstarrenden Divisionen die Sowjetunion überfielen, hob er wie zuvor Justinian - zum Allerhöchsten - die Hände himmelwärts:
„dass der Herrgott in diesem Kampf des kommenden Jahres uns nicht verlassen möge, das soll unser Gebet sein.“ (25)
Die Widerstandsgruppe um Sophie und Hans Scholl mahnte ein Jahr später todesmutig:
„Jedes Wort, das aus Hitlers Munde kommt, ist Lüge. Wenn er Frieden sagt, meint er Krieg, und wenn er in frevelhaftester Weise den Namen des Allmächtigen nennt, meint er die Macht des Bösen, den gefallenen Engel, den Satan.“ (26)
Drei Jahre nach Kriegsbeginn verkündete Justinian:
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25 Christian Dube „Religiöse Sprache in reden Adolf Hitlers“ 
26 Rainer Bucher „Vorsehung und Religiosität“

„Von Gott eingesetzt unser Reich lenkend das uns von der himmlischen Hoheit übergeben worden ist, bringen wir Kriege glücklich zu Ende… wir richten unsere Herzen so auf den Beistand des allmächtigen Gottes, dass wir weder Waffen noch unseren Soldaten, noch den Generälen noch unserer eigenen Begabung vertrauen müssen, sondern jegliche Hoffnung allein auf die vorsorgende Umsicht der höchsten Dreifaltigkeit setzen…“ (27)
Unmissverständlich: er führt „glücklich endende Kriege…“ weil die „vorsorgende Umsicht der höchsten Dreifaltigkeit“ es so will. Sein „Glück“ bedeutete allerdings immer Verrohung der Soldaten und die Verelendung der Besiegten. Unweigerlich kommen dem der hinblickt, die Worte Goethes in den Sinn: „Wie einer ist, so ist sein Gott, darum ward Gott so oft zum Spott.“ Justinians höchste heilige Dreifaltigkeit ist der von Kaiser Konstantin erdachte Nebel, der unübersehbar jene Charaktereigenschaften besaß, die den Göttern des räuberischen römischen Imperiums seit eh und je zu eigen waren. Sie herrschten mittels Brutalität. Angst und Schrecken verlieh ihnen was sie suchten. Justinians römischer Götze stand auch in Adolf Hitlers Hirn als höchste Größe da. Er sagte 1941:
„Ich danke dir mein Herrgott, dass du mich jetzt dorthin gebracht hast, wo ich endlich mein Programm verwirklichen kann!“ (28)
Sein Programm bestand darin, die Juden zu eliminieren, sowie riesiger Landraub im Osten. Justinians Programm glich dem der Nationalsozialisten. Und wenn auch formal gerechtfertigt, begehrte er durch die Wiedereinverleibung Italiens ins Imperium die Vergrößerung seiner eigenen Herrlichkeit und das um jeden Preis.
Doch es war alles umsonst. Um 550 erringen die Orthodoxen, mittels der Heerscharen Kaiser Justinians ihren Pyrrhussieg. Das Heidentum, und die Goten verschwinden im sechsten Jahrhundert von der ‚christlich’ dominierten Bildfläche. Die Antike hat ausgeatmet. Justinians Herrgott betrachtete wohl, wie Hitlers Höchster, ziemlich gelassen was der Oberherr der Orthodoxie angerichtet hatte.
"Die Erschöpfung und das Elend Roms konnte zu keiner Zeit, selbst nicht in der Periode des sogenannten Exils der Päpste zu Avignon, größer sein als nach Beendigung des Gotenkriegs", schreibt Ferdinand Gregorovius.
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27 Mischa Meier „Justinian, Herrschaft, Reich und Religion“  
28 Christian Dube „Religiöse Sprache in reden Adolf Hitlers“

Er resümiert: "Die beste Apologie der Gotenherrschaft ist in Wahrheit das lange, grenzenlose Elend, in welches Italien versank, nachdem das Reich Theoderichs (das Reich des arianischen Gotenkönigs) gefallen war." (29)
Justinian hatte getan was er konnte. Die Großstadt Rom und das flache Land verödeten. Zwar residieren die Päpste im Lateranpalast noch lange danach, mit einer Schar Eingeschworener, inmitten von Ruinen und hielten sich großspurig für die Sieger der Geschichte und Retter des Christentums. Gespenstisch ging es zu. Wo einst 1 Million Bürger wohnten, hausten zwischen dem 6. und dem 14. Jahrhundert nur noch ein paar tausend Leute.
Dieser verlorene Haufen, hielt sich allerdings für den Nabel der Welt.
Kurz vor Kriegsende, 550, fiel Justinians voller Zorn auf Origenes. Dessen Lehre, jeder Mensch stamme von Gott ab und niemand dürfe jemals die WÜRDE des Geringsten antasten, missfiel dem Herrn auf dem Kaiserstuhl zunehmend. Zu vernehmen, Gott habe jedem das Individualrecht zugesichert, störte ihn. Und seine langbärtigen, sabaitischen Mönche hetzten ihn auf, nun das Lehrgut des Origenes ganz auszulöschen. Sich selbst und ihren Lebensstil betrachtend konnten die Herumlungerer wahrscheinlich selbst nicht glauben, sie hätten auch nur einen Funken Göttlichkeit in sich, hätten sie sich sonst in stinkende Lumpen gehüllt?
Da liegen die Gründe für die Verfluchung der angeblich origenistischen Aussagen, von der Präexistenz der Menschen, vom Verwandtsein des Menschen mit Gott, die jedoch nichts weiter waren, als die Summe der Christus- und Apostellehren.mm
Betrachten wir erneut das goldleuchtende Klostergemälde. Es zeigt andere Sonderbarkeiten: weitere Unstimmigkeiten von enormer Bedeutung.
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29 Annette Bruhns, Spiegel 

Erstens: der Heiligenschein des Imperators im obigen Bild ist die Gloriole des altrömischen Sonnengottes Sol Invictus. Konstantin erschien auf dem Konzil eben nicht neutral gekleidet, sondern demonstrativ wie der Gott seines Vaters, Sol Invictus.
Bild Wikipedia
Der unbesiegte Sonnengott.
Weniger gut Informierte könnten die mit dieser Darstellung aus dem späten 2. Jahrhundert verherrlichte Gottheit Sol durchaus für Christus, den Gesalbten, halten. Diese, heutigen Christen hoffentlich peinliche Verwechslung war seitens Konstantin gewollt. Sie sollte jedoch zur Entartung des Christentums führen, zur Inquisition, zu Kreuzzügen aller Art, zu Zwangstaufen und in Millionen Fällen zu verbrecherischer Gewaltanwendung im Namen Christi. Selten wurde Christen bewusst, dass der Gott Konstantins, mit dem Konzil zu Nicäa, 325, ins Fell des „Lammes Gottes“ schlüpfte, und dass Sol Invictus sich fortan freute, wo Jesus geweint hätte. Natürlich, aus der Sicht eines machtsüchtigen Staatspolitikers der sich um die Stabilität seines Imperiums kümmert, musste Konstantin versuchen aus allen in seinem Reich existierenden Religionen eine einzige zu schmieden, denn das Motto, der von ihm angestrebten Universalmonarchie, lautete: Ein Reich und ein Gott. Dieser eine Gott wollte er sein. (Einen anderen Schluss lassen die Resultate der Forschung nicht zu.) Er ist für den Mix aus Heiden- und Christentum verantwortlich. Kaum jemand vermochte dies bislang so deutlich zu formulieren wie - ausgerechnet - die „Union der europäischen Konferenzen der höheren Ordensoberen/innen“. Dieses bedeutende Gremium wagte es sich dieser Tatsache zu stellen und schrieb 2007 im Internet, wo es bezeichnenderweise nicht mehr erscheint: 
„Als die Heiden nach einem Gedanken der Einzigartigkeit der Götter suchten, dachten sie nicht an Zeus, sondern an Apollo. Der einzige Gott der gebildeten und fast monotheistischen Heiden, gerade vor dem Aufkommen des Christentums, war Phebus Apollo oder Sol, der das Leben auf Erden spendende Gott. Aurelian führte einen Versuch eines solchen heidnischen Monotheismus ein während Konstantin den christlichen Monotheismus einsetzen wird mit Sol Invictus („die unbesiegte Sonne“) und Mithra bei den Soldaten, um spirituell dem Wedismus der Perser entgegenzuwirken. Aurelian wünschte, dass die Römer eine gleiche Religion hätten...“ (30) 

Hier erneut innezuhalten ist angebracht. Schon „Aurelian wünschte, dass die Römer eine gleiche Religion hätten...“ An dieser Stelle altrömischen Machtdenkens wurde also später auf Kosten christlicher Basisüberzeugungen die neue, die nicänische Glaubensordnung beschlossen. Sie sollte Weltgeschichte übelsten Stiles schreiben. Aus der altrömischen heiligen Dreifaltigkeit von Jupiter, Quirinus und Mars, wurde die christliche, dominiert von Sol. W ww. Uni- Protokolle schreibt:
"Ursprünglich vereint Sol Invictus mehr oder weniger die orientalischen Religionen wie den persischen Mithras und den syrischen Baal. Die Wurzel dieses nach Rom exportierten Baal lässt sich zurückverfolgen nach Emesa, mit dem Stadtgott Sol Elagabal. Sol Invictus ist bereits unter Vespasian geläufig. Er stellte ihm zu Ehren schon im Jahre 75 eine Kolossalstatue auf, seit Commodus trägt jeder Kaiser den Titel Invictus."
Zweitens: Kreuze, wie sie die „Konzilsväter“ auf dem Gemälde vorweisen, kamen in der Kirche erst um 430 vor, also rund einhundert Jahre später.
Drittens: liturgische Gewandung trugen die Geistlichen der Kirche erst fast zu Beginn des 7. Jahrhunderts, nachdem die Urkirche längst „Reichskirche“ geworden war.
„Noch im Jahr 403 wurde es dem Patriarchen von Konstantinopel als Eitelkeit ausgelegt, dass er sich beim Gottesdienst ein eigenes Festgewand anlegen ließ... erst ab 589 gibt es liturgische Kleidungsstücke...“ (31)
Viertens: das Gemälde deutet eine Art Harmonie zwischen dem Kaiser und den Gemeindevorstehern (Bischöfen) an. Tatsächlich wurde das, gegen die urchristliche Gesinnung des Arius gerichtete, nicänische Glaubensbekenntnis gegen den Willen der meisten Bischöfe durch Konstantin brutal erzwungen.
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30 www.ucesm.net/ucesm_de/italie _religions_de, 2008
31 Hertling, „Geschichte der Katholischen Kirche bis 1740“

„Seitens des Kaisers Konstantin wurde mit Drohungen und Ankündigung von Repressalien gearbeitet. Jeder Bischof wird einzeln vorgenommen. Ihm wird das Bekenntnis (das Nicänum) vorgelegt und er wird zugleich vor die Alternative gestellt, entweder zu unterschreiben oder in die Verbannung zu gehen... in Nicäa wird auch die Kirchenorganisation in die Organisation des Reiches eingepasst.“ (32)
Konstantin hatte, wie im Folgenden gezeigt wird, keine klare Gottesvorstellung, eigentlich war er Henotheist. Seine persönliche Eitelkeit, der Wunsch von allen Menschen angebetet zu werden, stand vornean. (Hitler, Mao und Josef Stalin sollten ihm das später nachmachen) Aus dieser Mischung aus Anspruch und unfertigen religiösen Ideen seitens Konstantins konnte nur Verwirrung entstehen. Deshalb gingen die meisten Bischöfe unbefriedigt und unglücklich nach Hause. Sie schämten sich, weil sie erkannten, der wahre Christus spiele im Denken des Kaisers überhaupt keine Rolle. Der evangelische Historiker Heinz Kraft bringt es auf den Punkt:
„Eben so wenig, wie Konstantin Christus erwähnt, ist die Kirche auf Christus bezogen.“ (33)
Was die Bischöfe am meisten beunruhigte, Konstantin war unerbittlich und die Ältestenkollegien daheim werden ihnen zusetzen, sie hätten unter keinen Umständen der Einladung des Kaisers folgen dürfen. Aus dem Hirn dieses tyrannischen Imperators der
„gefangene Offiziere und der Unfreiheit widerstrebende Germanenfürsten, im Amphitheater von wilden Tieren zerreißen ließ, etwa in einer Arena in Trier…“ konnte nur Ungutes kommen. Alle wussten es: „... auch mit der Zivilbevölkerung kannte er keine Gnade und hinterließ in den unterworfenen Gebieten Tod und verbrannte Erde.“ (34)
Was und wer sich ihm, auch nur dem Anschein nach, in den Weg stellte, wurde zermalmt.
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32 Rudolf Leeb „Konstantin und Christus“ – die Verchristlichung der imperialen Repräsentation“ 
33 Heinz Kraft Habilitationsschrift „Konstantins religiöse Entwicklung“
34 Bettina von Engel „Konstantin und seine Familie in Trier“ Vortrag bei der Ascoli Piceno-Trier Gesellschaft

2. Fühlte Konstantin sich „eins“ mit seinem Gott?

SieheKopf der Kolossalstatue Konstantins, Kapitolinische Museen, Rom
Fünf Jahre nachdem er sich in Nicäa zum Bischof der Bischöfe aufgeworfen hatte, (zum Aufseher der „Aufseher“ und Hüter der neuen, der Reichs-Kirche), am Tage der feierlichen Einweihung Konstantinopels, am 11. Mai 330, gab es zu seinen Ehren Festspiele im Zirkus.
„ Soldaten mit Kerzen in der Hand geleiteten die Statue Konstantins, die ihn in der Haltung und im Gewand des Sonnengottes darstellte… In seiner Hauptstadt „wurde (auch) eine Statue der Glücksgöttin Nike (der römischen Victoria) errichtet, Kaiser Konstantin ließ sich mit dem Zepter, der Lanze, der Siegesgöttin Nike und dem Reichsapfel darstellen.“ (35)
Man muss sich vor Augen stellen wie ehrfurchtsvoll die am Wegrand, von Weihrauch umhüllten Menschen, Heiden wie Christen vor ihm und seiner Statue niederknieten. Mehr als das. Selbst über seinen Tod hinaus wollte er gottgleich sein, stellte seinen eigenen Sarg, auf dessen beiden Seiten je sechs der Apostel sich befanden…. ins Zentrum, denn ewig herrschen und angebetet zu werden war sein höchstes Ziel – und die Kirche tat ihm den Gefallen:
Konstantin, „selbst hat … den Platz (seiner letzten Ruhestätte in Konstantinopel) ausersehen... Die eigentliche Beisetzung wird dann durch (Sohn) Constantius vollzogen. Er und seine Heeres- abordnungen geleiten den Sarg in die Apostelkirche... Konstantin hatte vorgesehen, dass der Wert der Gebete die hier zu Ehren der Apostel gesprochen würden, auch ihm zugutekommen. Er stellte einen Altar mitten hinein… Konstantin ordnete an, (dass in seinem Mausoleum G.S.) Kirche gehalten wird.“ (36)
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35 William Seston „Verfall des Römischen Reiches im Westen“ 
36 Hermann Dörries „Das Selbstzeugnis Kaiser Konstantins"

„Wie die Apostel an die Stelle der zwölf Götter getreten sind, so Konstantin an die ihres Führers, des dreizehnten Gottes... Seinen Sarkophag… stellte …man in die Mitte zwischen die zwei Apostelgruppen, … So wie sonst, Christus in der Mitte der Apostel steht… darüber kann kein Zweifel sein... dass Konstantin zusammen mit den Aposteln verehrt werden wollte und dass an dem Altar für ihn und die Apostel Gottesdienst abgehalten werden sollte… An der Spitze der Apostel wollte er ruhen, der divus imperator, der den christlichen Staat gegründet, wollte begraben und nach seinem Tode verehrt sein nicht anders als der Sohn Gottes, der die christliche Religion gegründet hatte." (37)
Er wollte schon früh bis in die Himmelshöhen hinaus. In Nikomedien musste er bis 305 am Kaiserhof Diokletians leben, als Geisel für die Loyalität seines Vaters Constantin Chlorus - der als Unterkaiser der Tetrarchie den Westen regierte -. Diokletians militärische Befehle soll er glänzend erfüllt haben. Er wird dort wiederholt mit seiner Mutter Helena gewohnt haben, denn sie ist wie der Geschichtsverlauf zeigt wahrscheinlich der einzige Mensch gewesen den er je liebte.
In Nikomedia lernte er wie geherrscht wird. Dort verinnerlichte er was ihn erwartete.
Diokletian war der „dominus et Deus“, der Herr und Gott, der Herrgott. Ein Lobredner schwärmte:
„der Du denen gleichst die Dich zeugten, durch sie regierst Du die Welt unvergleichlich, Du der diis geniti et deorum creatores, der von den Göttern gezeugte und Erzeuger von Göttern...in Dir leben die numina (die Geister) von Jupiter und Hercules - wir rufen Dich an, wir rufen Dir zu, jeden Sieg zu erringen ist uns heilig und mit uns bist Du der Diokletian (244-311) praesens deus - weshalb wir uns nicht fürchten,
weshalb es uns eine Ehre ist, Dir unser Leben zu Füßen zu legen – Heil dir! Deine Herrschaft ist nicht nur durch die Erdgegenden begrenzt sondern sie reicht darüber hinaus in die Regionen ewiger Himmel. Wie wir auf Erden durch Dich glücklich werden, so als gelangten wir in Deine Gegenwart, stehen wir heute im Adyton - dem Allerheiligsten und spenden Dir unsere Treue. Wie der Weihrauch Deiner heiligen Priester umweben wir Dich...
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37 A. Heisenberg „Grabeskirche und Apostelkirche, zwei Basiliken“

„Deshalb gleiche der Kaiser dem Gebieter des Weltalls…“
Kaiser Diokletian war während vieler Reden gar nicht anwesend, aber
"…in solchem Fall hielt ein Jupiterpriester das Bild des Imperators in die Höhe, denn es wurde spätestens seit dieser Zeit geglaubt, dass der Kaiser und sein Bild eins seien." (38)
Dass der Kaiser und sein Gemälde eins seien und Diokletian eins war mit Gott, war eine Vorstellung die Konstantin einerseits kaum logisch erscheinen konnte, andererseits bot sie ihm ein Denkmodell, das - ab Nicäa - Zukunft haben sollte, wenn auch eine unglückliche, die unter Christen Hass und Zerfall stiften sollte.
Zunächst galten auch Kaiser Diokletian die Christen, die für ihn beteten, ihn aber nicht als ihren Gott anerkannten, als achtbare Persönlichkeiten. Doch da sie an Zahl und wegen ihrer Grundsatztreue an natürlicher Macht zunahmen, riefen sie zunehmend die Eifersucht der paganen Priester herauf. Sie sahen in den Christenpriestern Konkurrenten. Obwohl sich die Jesusgläubigen mäßig zurückhaltend betrugen musste dies zu schweren Konflikten führen. Es gärte im Glaubensraum. Immer mehr Leute glaubten den zu dieser Zeit noch ehrenamtlich wirkenden christlichen Priestern. Sie seien wahre Idealisten. Noch weit davon entfernt liturgische Kleidung zu tragen gingen sie bis zu jenem verhängnisvollen 23. Februar 303 am Kaiserhof Diokletians, selbstbewusst wie die Nobilissimi ein und aus. Das Vertrauen, das der Oberkaiser in die Christen setzte konnte den Berufspaganen nicht gefallen. Ihre Gelegenheit kam als Diokletian, dieser auch in Konstantins Augen, abergläubische alte Mann, wieder einmal vor einer Schlacht eine Eingeweideschau anbefohlen hatte:
„Die Schau der Haruspices (Wahrsager) vor Diokletian misslang. Der Priester sagte, die Götter zürnten ihm wegen der Anwesenheit unheiliger Personen. Damit waren die Christen gemeint. Daraufhin mussten alle Beamten des kaiserlichen Palastes den römischen Göttern opfern, oder sie wurden ausgepeitscht... Auch bei einer Befragung des Apollo-Orakels in Milet antwortete der Gott seinen Priestern, dass die Christen die Beziehung zu den Göttern störten. Daraufhin ließ der Kaiser in Nikomedia eine christliche Kirche niederreißen und deren heilige Bücher verbrennen. In einem Dekret, von 303, ordnete er an, in der ganzen Provinz sollte die Gebetshäuser Bücher der Christen zerstört werden, die Christen sollten aus allen Ämtern entlassen werden und ihre Privilegien verlieren. Als nun noch
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38 Alexander Demandt „Diokletian und die Tetrarchie“ – „Aspekte einer Zeitenwende“ 

im Palast ein Brand ausbrach, wurden die Christen dafür verantwortlich gemacht.“ (39)
Eine heftige Welle der Verfolgung erhob sich. Sie lichtete die Reihen der Treuen. Rhetoriklehrer Laktanz und viele andere bedeutende Christen mussten vor dem plötzlich wieder religiös aktiven Diokletian flüchten. Konstantin sah die Trümmer der Christengemeinde und ihre zerstörte Kapelle. Mehr Änderungen standen vor der Tür. Innere Unruhe trieb ihn um. Kurz vor dem Ableben seines schwer herzkranken Vaters, Constantin Chlorus, gelang ihm, 306, die Flucht. Er traf seinen Vater noch lebend an. Stattlich in seiner Erscheinung und von großer Ausstrahlung seiner Hoheit und empfing ihn die Westarmee erwartungsvoll.
Umgehend, nach dem Tod des Vaters erhoben die Generäle Sohn Konstantin zum Cäsar, in jene Position die sein Vater 13 lange Jahre eingenommen hatte. 
Er begründete „seinen Herrschaftsanspruch mit seiner Abstammung vom Staatsgott Constantius Chlorus, den er divinisieren und konsekrieren ließ... Konstantins Vater war Herrscher auf Erden und ist Gott im Himmel." (40)
Dass Konstantin schließlich durch Münzprägungen und Wort zum Ausdruck bringen ließ, er sei eins mit dem Gott des Schlachtens Sol Invictus, störte die meisten Christen, - aber eben nicht alle. Insgeheim bestritt jedoch kaum jemand unter den gut Informierten, dass er über Leichen ging. Das kann der von Konstantin hoch geschätzte Christ Laktanz nicht übersehen haben. Er lobte den mörderischen Imperator. Entweder sind seine Aussagen über Konstantin teilweise gefälscht, oder er sagte sich: Ganz gleich, wer dieser Kaiser ist, ich werde mein Teil tun, ihn zum Diener meiner Kirche zu machen. Es sollte umgekehrt kommen. Denn schon am Kaiserhof Diokletians wurde es dem Usurpator Konstantin in die Seele gelegt: „Der Kaiser gleiche dem Gebieter des Weltalls.“ (41)
Solche Sätze haben Langzeitwirkung. Bereits im Jahr 309, - drei Jahre nach seiner Selbsterhebung - wurde ihm, nach dem Bericht eines Lobredners eine Vision im schönsten Apollotempel Galliens zuteil. Dort erschienen ihm Sol Apollo und die Göttin des Sieges, Victoria. Sie verhießen ihm jene dreißigjährige Herrschaft, die er tatsächlich durchleben sollte. Sie, nicht Christus, gaben ihm die Siegeszeichen XXX. Da taucht es auf das weltändernde dreimalige Kreuz Seine Priester hatten ihm Ähnliches bereits zuvor eingeflüstert:
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39 Anton Grabner, Haider, Johann Maier, „Kulturgeschichte des frühen Christentums“ 
40 Manfred Clauss „Kaiser und Gott“, - Herrscherkult im römischen Reich – 
41 Alexander Demandt „Diokletian und die Tetrarchie“ – „Aspekte einer Zeitenwende“

„Du bist der Sol Invictus, - der unbesiegte Sonnengott - . An dir haben wir uns aufgerichtet. Du, Augustus, bist es! Du hast uns erleuchtet.“ (42)
In diesen Zeichen XXX sollst du siegen! Du Konstantin! Deine Herrlichkeit wird
grenzenlos sein. Andererseits gab es am Hofe Konstantins und in seinem Heerlager einflussreiche Persönlichkeiten wie den spanisch-afrikanischen Bischof Hosius und Eusebius von Cäsaräa, die ihn ebenfalls bekehren wollten. Wo es ihnen ratsam erschien, deuteten sie Konstantins Ideen „christlich“. Klug, jedoch nicht immer ehrlich, wenn er zu schmeicheln begann, doch anscheinend stets in bester Absicht, nutzte Eusebius von Cäsaräa jede der sich ihm bietenden Gelegenheiten auf gewisse Ähnlichkeiten der Grundansichten hinzuweisen. Mit zunehmendem Alter lobte Eusebius den Kaiser mit umso größerer Ergebenheit. Bis er ihn kurz vor seinem Ende sogar mit dem Messias vergleicht. Um 335 nennt er den blutigen Konstantin schließlich den ‚Engel Gottes’ den ‚Führer und Herr’, das ‚Werkzeug Gottes’, der ‚Ähnlichkeiten mit dem Logos’ (Christus) aufweise. (43) Mit dieser widerlichen Schmeichelei ebnete Eusebius dem zehn Jahre zuvor, in Nicäa, verfemten Arius allerdings die Tür nach vorne. Konstantin ändert seinen Sinn. Eusebius brachte mit dieser Lobhudelei jedoch auch die fernab vom Hof lebenden Bekenner der Lehre Christi in schwere Verlegenheit. Seitdem Imperator Domitian (81-96) darauf bestand als „Herr und Gott“ angesprochen zu werden, fürchteten sie sich längst vor dem vorausgesagten Tag an dem sie „zur göttlichen Verehrung des Kaisers gezwungen würden.“ (44) Ein Verwirrspiel ohne Gleichen wurde aufgezogen, Daten und Fakten wurden verwischt. In welcher Reihenfolge und warum gewisses Wichtiges geschah ist noch immer nicht klar, weil eine Reihe „Märchenerzähler“ uns „Bären aufbanden“. Was sich an jenem denkwürdigen Tag, dem 27. Oktober 312, am Vorabend der hochwichtigen Schlacht, gegen seinen Schwager Maxentius zutrug, und was der Imperator Konstantin wirklich gesehen hat ist, wissen wir ebenfalls nicht. Dass, das Rho, christlich gedacht, schon 312 eine Rolle spielte ist wenig wahrscheinlich, weil es auf den Feldzeichen der Armee erst 324 erscheint. Ob Konstantin, 324, damit zum Ausdruck bringen wollte Christus würde ihm beistehen ist sehr unwahrscheinlich. Es hieß: „In diesem Zeichen sollst du siegen!“ Du Konstantin! Nicht die Kirche. „In hoc signo vincens!“ „Dieses“ Zeichen x ist das des Querholzes über der senkrecht stehenden Lanze als Teil des Feldzeichens (des Labarums) der Legionäre des römischen Imperiums. Christen beteten vor 431 das Kreuz nicht an, das ist sicher –
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42 Vittinghof „Konstantin der Große“
43 Patricia Just, „Zum Verhältnis von Staatsgewalt und christlicher Kirche zwischen dem 1. Konzil zu Nicea (325) und dem 1. Konzil zu Konstantinopel (381)“ 
44 Präambel der Einheitsübersetzung zur Offenbarung des Johannes.

erst Cyrill von Alexandria brachte die Voraussetzungen dazu auf. Vor 375 kennen es nur die Heiden.
„Dieses Zeichen wurde seit Generationen von Kaisern im Feldlager beim Altar aufbewahrt. Frühestens 324, im Feldzug gegen Licinius, könnte es vielleicht, verändert durch Hinzufügung des griechischen P (Rho) als „Christusmonogramm” gedeutet worden sein. Ob es damals überhaupt irgendeinen Bezug zum Christentum hatte, ist unsicher, denn zahlreiche Untersuchungen belegen, dass das Chi Rho schon in jüdischen Schriften auftaucht und die Bedeutung von ‚fertig’ oder ‚brauchbar’ hatte. (45)
Eusebius versucht uns in seinem fragwürdigen Bericht, den er erst viele Jahre später erstellte weiszumachen:
„Während der Kaiser inbrünstig flehte, (man soll hier denken, Christus sei gemeint als derjenige an den diese Bitte gerichtet wurde) erschien ihm (am 27. Oktober 312) ein wunderbares göttliches Zeichen. …der siegreiche Kaiser (hat) uns, die wir diese Geschichte schreiben, lange Zeit nachher, als wir seiner Freundschaft und seines Umganges gewürdigt wurden, erzählt und seine Worte durch Eidschwüre bekräftigt, wer sollte da Bedenken tragen, dieser Erzählung nicht zu glauben? Er versicherte zur Mittagszeit, als bereits der Tag sich neigte, schwebte am Himmel ein aus Feuer bestehendes Kreuz, über der Sonne. An ihm sei die Inschrift befestigt gewesen: "In diesem Zeichen sollst du siegen!" ("In hoc signo vincens!") Mit eigenen Augen hätte er das gesehen. Über diese Erscheinung habe ihn und das ganze Heer, welches ihn auf seinem Marsche begleitete und das Wunder schaute, Staunen ergriffen. Mit Tagesanbruch stand der Kaiser auf und teilte seinen Freunden das Wunder mit. Darauf ließ er Goldarbeiter und Juweliere kommen, setzte sich mitten unter sie, beschrieb ihnen die Gestalt des Zeichens und befahl ihnen, in Gold und Edelsteinen dasselbe nachzubilden... Dieses Zeichens unseres Erlösers bediente sich der Kaiser später als Schutzmittel gegen jede sich ihm entgegenstellende feindliche Macht und ließ es später allen seinen Heeren vorantragen.“ (46)
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45 Seeliger „Die Verwendung des Christogramms durch Konstantin im Jahr 312“ - Untersuchungen kath. Theol. Uni Tübingen
46 H. J. Friedrichs, "Weltgeschichte eine Chronik"

Siehe Raffael: Die Vision des Konstantin: In hoc signo vinces, 1520 - 1525, Sala di Constantino im Vatikan

Prof. Stemberger wiegelt ab: „Eusebius‘ Bericht über die Anfertigung des Feldzeichens lässt sich kaum mit der Situation unmittelbar vor der Schlacht gegen Maxentius in Einklang bringen..." (47)
Eusebius von Caesarea schrieb eben viele Jahre, nachdem das Ereignis stattgefunden haben soll, und nachdem er sich, 325, auf dem 1. ökumenischen Konzil beim Kaiser zeitweilig wegen seiner ablehnenden Grundhaltung unbeliebt gemacht hatte:
" Er (Konstantin) …rief in seinen Gebeten den Gott seines Vaters an (wusste Eusebius wirklich nicht, dass Konstantins Vater Sol Invictus den Feind Christi verehrte?) zu ihm flehte Konstantin, er möge ihm zu den bevorstehenden Kämpfen hilfreich seine Hand reichen. Da habe er, der Kaiser, wie er selbst berichtete, oben am Himmel das Siegeszeichen des Kreuzes, aus Licht gebildet, erblickt … er ließ eine Fahne mit dem Zeichen herstellen und seinem Heer vorantragen. Dadurch errang er den Sieg über Maxentius..." (48)
Man kann die Berichte unter mehreren Gesichtspunkten betrachten. Sicher ist, Konstantin hat „Gott Sol Invictus“ angefleht, - den Gott seines Vaters - Ihn bat er um Beistand im bevorstehenden Kampf gegen den angeblichen „Tyrannen von Rom“, seinen Schwager Maxentius, gegen den er aus Gründen seiner Machterweiterung auszog, denn Feind der Christen war Maxentius nachweislich nicht. Keinem Christen Roms wäre, solange er an Christus glaubte, je in den Sinn gekommen den altrömischen Sol anzurufen, wenn er Christus meinte, denn Sol Invictus ist Sol Apollo und dieser ist Mithra. Dessen Begleiterin nennt sich Victoria. Sie steht für den Sieg im Krieg, während Jesus, wegen seiner Lehre von der Rechtschaffenheit, der Friedefürst genannt wird. Den schrecklichen Verdacht bestätigt dieser überlieferte Satz: „Sol Invictus: ich bitte dich, „offenbare mir wer ich bin! Reichst du mir deine Rechte zum bevorstehenden Kampf?“ (49)
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47 Stemberger, „2000 Jahre Christentum" 
48 Eusebius 324 "Vita Constantini"
49 Schlange-Schöningen „Konstantin der Große und der Kulturkampf“

Der Grundwiderspruch lag damit offen zutage: Er selbst wollte der Sol Invictus sein und betete zur gleichen Zeit: offenbare du mir die Wahrheit. War er zwei in Eins? Genau diese Ungereimtheit wurde, in Nicäa, ins Christliche hinein transportiert, besser gesagt: hineingezwungen, indem Konstantin, während dieser Zusammenkünfte, autoritär den neuen Begriff „homousios“ (wesenseins) an die Stelle von „homo i usios“ (ähnlich) setzte. Das bedeutete für ihn, die Götter in ihm seien mit ihm wesenseins, was zur Folge hatte, dass es die Christen verunsicherte, weil Konstantin daraus schlussfolgerte: auch Jesus sei mit seinem Vater wesenseins. Das konnten die in Nicäa versammelten nicht verstehen. Das war zu hoch für ihren schlichten Verstand.
„Konstantin selber lässt das nachher so sehr umstrittene unbiblische Wort wesensgleich griech. Homousios lat. ‚consubstatialis einfügen... Die Unterordnung des Sohnes unter den einen Gott und Vater (der Gott) , wie von Origenes und den Theologen der Vorzeit allgemein gelehrt, wird jetzt ersetzt durch eine wesenhafte, substantielle Gleichheit des Sohnes mit dem Vater“ (50)
Mehr und mehr moderne Forscher bestätigen direkt oder indirekt, dass nicht Arius, sondern Athanasius von der Lehre abgewichen waren!
Obwohl sogar Geistlichen die Erzählung von der Vision Konstantins vor der berüchtigten Schlacht glaubwürdig erscheint, steht fest, vor 326 kennt niemand diese Geschichte! Niemand.
Imperator Konstantin hat sich „...in den vielen Selbstzeugnissen, die seinen unmittelbaren Umgang mit Gott und seine göttliche Auserwähltheit betonen, nie auf das gallische Lichtwunder berufen ... (er) hat im Jahre 312 keine ‚Bekehrung‘ im Sinn eines plötzlichen inneren Wandels seiner religiösen und geistigen Haltung erlebt, jedoch unbestreitbar von Anfang an dem Kreuz (X, dem ganz und gar unchristlichen) als magisches Zeichen der göttlichen Hilfe den Sieg an der milvischen Brücke (Ponte molle) zugeschrieben....” (51)
Raffael malte lediglich was Zeitgenosse Eusebius von Cäsaräa in seiner Kirchengeschichte schildert. Doch kein Soldat hat je davon berichtet. Der moderne Konstantin-Historiker Ramsey MacMullen, verweist darauf:
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50 Hans Küng, „Kleine Geschichte der katholischen Kirche“ 
51 Vittinghoff, „Konstantin der Große“

"If the sky writing was witnessed by 40,000 men, the true miracle lies in their unbroken silence about it" (52)
Irgendwann, wahrscheinlich erst im Krieg gegen Licinius könnte der Kaiser, unter Anleitung von Wahrsagern, ein gewisses Sternbild als positives Vorzeichen betrachtet haben – oder, was eher anzunehmen ist, Konstantin sah eine Halo.
Bild Dr. T. Haist Uni Stuttgart "Optische Phänomene im Natur und Alltag"
Konstantin könnte allerdings, - vielleicht -, am Abend des 28. Oktober des Jahres 312 mehr als zuvor christenfreundlich gedacht haben, zusätzlich zu seinem Heidenglauben, denn er wollte volle Sicherheit zustande bringen, und dabei jeden eventuellen Bündnispartner hinter sich bringen. Er musste bei seinen mit den Christen sympathisierenden Soldaten die Parole vom „Tyrannen Maxentius“ verbreiten – oder einer wie Eusebius hat ihm mit der Erfindung dieser Lüge geholfen. Hitler bedurfte ja ebenfalls seines Josef Goebbels. Es hat jedenfalls den Anschein, dass Konstantin in sein Gebet auch das Versprechen einflocht: er werde, wenn er gegen die beängstigende Übermacht seines Rivalen und Schwagers den Sieg davonträgt, Sol mit Jesus verbinden und beide aufwerten.
Auch könnte es ihm als ratsam erschienen sein, seinen Christen mehr Freiheit zu verschaffen, - trotz nicht weniger Bedenken die ihn gelegentlich anschlichen. Wie er selbst nach der großen Wahrheit strebte, so möge jeder für sich selbst herausfinden, was ihm mehr einleuchtet, und demgemäß darf jeder römische Bürger die Religion wählen die ihm als die richtige erscheint. Das würde er gewähren, allerdings unter einer Voraussetzung natürlich: jeder Freie muss anerkennen, dass er Kaiser und Herrscher von Gottes Gnaden ist, nämlich „Gottes Stellvertreter auf Erden.“ (53)
Man hatte ihm mitgeteilt: als Cäsar Galerius, der große Christenfeind und Ziehsohn Diokletians vor einem Jahr starb, lauteten seine letzten Worten richtungweisend und wider alles Erwarten klar: „Sagt dem Christen Laktanz, seine Gebete mögen dem helfen, der mir nachfolgt“ wenngleich kaum jemand, ab 303, die Christen mehr gehasst hatte als Diokletian und Galerius.
Natürlich haben die Heiden immer an die Kraft der Gebete geglaubt, besonders Konstantin in Krisensituationen.
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52 Ramsey MacMullen, “Constantine” 
53 Frank Kolb „Herrscherideologie in der Spätantike“

Er dachte in diesem Zusammenhang aber stets zuerst an seine persönliche Vormacht. Maxentius wurde allein aus diesem Grund zerschmettert. Viele Spätere sind den Falschdarstellungen aufgesessen. Es wurde wahrscheinlich gleich nach Nicäa aber auch in den folgenden Jahrhunderten christlicherseits viel daran gefeilt, die ganzen Geschichten abzurunden um sie plausibel und kompatibel zu gestalten. Faktenfälschung nennt man das. Da ist jedoch noch mehr das aufhorchen lässt.
„den beiden unterschiedlichen Halterungen der Kolossalstatue Konstantins zu Rom, im Palazzo dei Conservatori, die fragmentarisch erhalten blieb „…und die mit dem von Eusebius beschriebenen Standbild identisch sein dürfte… „lassen sich gleich zwei rechte Hände zuordnen. Dieser Tatbestand ist wohl damit zu erklären, dass noch während der Regierung Konstantins die rechte Hand und damit auch die Insignie, die von dieser Hand getragen wurde, ausgetauscht (!) worden ist…(denn) das Feldzeichen war in der römischen Armee ungleich bedeutender als alle Schilddekorationen: Die ganze Soldatenreligion verehrte Feldzeichen, betete Feldzeichen an, schwor bei den Feldzeichen, zog die Feldzeichen allen Göttern vor, … (54)
Konstantin war, das muss noch einmal gesagt werden, Henotheist. In welcher Weise er mit den Göttern wesenseins sei, blieb auch ihm ein „Geheimnis des Glaubens“. Er war im Bild des Sol Invictus. Ein Jahr später lässt er das belegen, wie diese Münze zeigt. Nach seinem Sieg über Maxentius geprägt, zeigt die Münze Konstantin und den Gott den er kurz vor der Schlacht um Gelingen angerufen hat: "Sol Invictus". Sie sind eins im Bild, wie Bild Wikipedia
Diokletian im Bild anwesend war, das ein Priester während seiner Abwesenheit erhob. Die Allmacht wollte er, nicht weniger.
Er ist der „große“ Konstantin, ein Antichrist vom Scheitel bis zur Sohle, Stifter des Nicänums. Eiskalt schreitet er über Leichen.
„Auch des Maxentius Kinder ließ er sogleich töten, ebenso dessen politischen Anhang. Die Garde der Stadt hob er ganz auf und schleifte ihr altberühmtes Standlager auf dem Viminal. Der ganze Okzident war jetzt sein, und er zog in Rom ein, im goldenen Helm, der mit bunten Steinen und Federn geschmückt war als wäre er der Befreier. Jauchzen 
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54 Bruno Bleckmann "Konstantin der Große”

empfing ihn, der überschwängliche Dank des christenfeindlichen Senats. Das goldene Rom mochte nun hoffen, auch der neue Herr werde es wieder zur Residenz und Welthauptstadt machen. Aber er dachte nicht daran.“ (55)
Nach seinem Sieg an der "milvischen Brücke" widmete der Kaiser konsequenterweise den erwähnten Triumphbogen dem Gott seines Vaters, - Sol Invictus - mit dem er sich noch viele Jahre lang identifizierte: (so viel wie wir wissen noch fünf Jahre nach Nicäa, bis mindestens 330)
Wikipedia: Konstantins Triumphbogen
Wie gesagt, es gibt auf den zahlreichen Darstellungen des Bogens keinen Hinweis auf Christus oder gar des Dankes an ihn.
"Auf dem Konstantinbogen tragen die Soldaten Statuetten der Victoria und des Sonnengottes, also der Gottheiten seiner Vision von 310. Konstantin führte weiterhin den altrömischen Titel «Pontifex Maximus», oblag nichtchristlichen Opferriten und ließ Symbole des Sonnenkults und paganer Götter auf seine Münzen prägen. Er ließ seinen Vater als «Divus Constantius» heiligen und bis wenige Jahre vor seinem Tod Tempel bauen und darin Kulte für seine Familie einrichten. In seiner Neugründung Konstantinopel ließ er eine Statue seiner selbst als Sonnengott mit Strahlenkrone, Globus und Lanze auf einer riesigen Porphyrsäule aufstellen. Seine Konsekrationsmünze zeigt ihn, wie er im Gespann des Sonnengottes zum Himmel auffährt, aus dem sich ihm eine Hand entgegenstreckt, genauso, wie es ein Festredner 307 in Trier bereits für den Divus Constantius beschrieben hat." (56)
„Am 21. Juli 315 hielt Konstantin seinen feierlichen Einzug nach Rom zur Feier der Dezennalien. Das Fest wurde mit der üblichen Pracht begangen, das Volk beschenkt und große Spiele abgehalten. Zu dieser Feier war der die Schlacht am Ponte molle (milvische Brücke) 
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55 Theodor Birt: Charakterbilder 
56 Heinz Hofmann Universität Tübingen

verherrlichende Triumphbogen vom Senat errichtet worden. Sein Bilderschmuck nimmt vom Christentum Konstantins keine Notiz. Konstantin feiert den Sonnengott als seinen Beschützer... L‘Orange (ein Historiker) hat bewiesen, dass es der Sonnengott Sol Invictus ist, der hier als Gott des Kaisers gezeigt wird.“ (57)
Undenkbar, dass der Kaiser mit dieser Darstellung nicht einverstanden war. Niemand konnte je seine Überzeugungen stärker und nachhaltiger als der nach der Universalmonarchie strebende Konstantin durchsetzen. Eusebius müsste doch erkannt haben, dass Kollaboration mit dem Kaiser Abfall vom Original, d.h. Abfall von Gott bedeutete. Statt sich zu distanzieren gibt er nach, und nicht nur er! Wegen dieser Blickverschiebung verloren die Christen das Eigentliche des Evangeliums Jesu Christi, aus den Augen, nämlich jeden Einzelnen anzuspornen seine Wahrhaftigkeit zu entfalten und in der Nächstenliebe zu wachsen um den Nichtchristen ein Licht zu sein: „damit sie eure guten Werke sehen und deswegen euren Vater im Himmel preisen.“ Angesagt war stattdessen die Jedermannspflicht sich Konstantins Willen zu unterwerfen. Die Anbetung seiner Person als Gottkaiser stand für ihn vorne an. Er wollte gepriesen werden, und bedeutende Christen taten ihm den Gefallen.
Schon „…Kaiser Aurelian (270 - 275) stellte das Imperium unter den Schutz des unbesiegten Sonnengottes (Sol Invictus). Mit diesem Gott hatte er über die Parther gesiegt, dabei ließ er das Bild des syrischen Sonnengottes nach Rom bringen. Dieser Gott sollte mit dem griechischen Gott Helios, dem römischen Gott Sol und dem persischen Gott Mithras identifiziert werden. Der Kaiser verstand sich als Sohn (emanatio) dieses Gottes und als dessen Stellvertreter bei den Menschen.“ (58) „Erheblich populärer war zu dieser Zeit die Gleichsetzung des orientalischen Mithras mit der Sonne und damit der Idee des "Guten“. Erst in der schweren Reichskrise des 3. Jahrhunderts blieb es Aurelian (270 - 275) vorbehalten, als heidnisches Symbol einer Entwicklung zum "Ein-Gott-Glaube" und als religiöse Manifestation der Reichseinheit den Sol Invictus zeitweilig zum alleinigen Staatsgott und den Tag der Tempelweihung in Rom, den 25. Dez. 274, zum Feiertag zu erheben.“ (59)
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57 Heinz Kraft Habilitationsschrift „Konstantins religiöse Entwicklung“ 
58 Anton Grabner-Haider-Maier „Kulturgeschichte des frühen Christentums“ 
59 Adventskalender 2009 Ruhr-Uni-Bochum

Wer dem überlieferten Geschehen folgt und die Ergebnisse betrachtet, kann sich nicht der Schlussfolgerung entziehen, dass Konstantins Anspruch auf Richtlinienkompetenz auch für die Kirche und deren Ausübung in Nicäa, 325, nachträglich gerechtfertigt werden sollte. Immerhin galt seither als normal, dass die Kaiser, z.B. Theodosius (347-395), Markian (390-457) samt Pulcheria (399-453), Justinian (482-565) u.a. die Rolle oberster Lenker der Kirche spielten, aber - kurioserweise - immer in Verbindung mit der heidnischen Göttin des Sieges Victoria. Bild Wikipedia: Berlin Victoria, kenntlich an ihren Flügeln, auf denen sie durchs Weltall eilt.
Selbst Kaiser Wilhelm II., (1859-1941) Oberherr der evangelischen Kirche, allerdings ein - aus politischer Einsicht - toleranter, der sich um "seine" Katholiken sorgte, blickte noch ehrfürchtig auf die Berliner Siegessäule zur dankbaren Erinnerung deutscher Siege über die ebenso „christlichen“ Dänen u.a. Seit 1870 steht sie da oben in Gold gekleidet, Victoria. Man weiss es doch: „Eine der ältesten und bekanntesten Flügelgestalten war die griechische Siegesgöttin Nike. Während der Sieg selbst von den olympischen Göttern verkörpert wurde (Zeus und Athene im Wettkampf und Krieg, Apollon im musischen Wettstreit), war Nike die Mittlerin zwischen den Göttern und den siegreichen Menschen. Dank ihrer Funktion als Botin waren Flügel ihr unverwechselbares Kennzeichen. Eine Münze des Valens (364-378 n. Chr.) zeigt Victoria mit Siegeskranz und Palmzweig. Die Umschrift SECURITAS REI PUBLICAE lässt keinen Zweifel: Die Sicherheit des Reichs wird durch Victoria und den Kaiser garantiert. Wer den Himmel durcheilen will, braucht Flügel. Besondere Flügel tragen die Götterboten, Ihr römisches Gegenstück, Victoria, sicherte den Kaisern ihre politischen und militärischen Siege. Damit hielt sie Einzug in die Propaganda- und Repräsentationskunst der Römer. Im Gegensatz zur griechischen Nike wurde die römische Victoria kultisch verehrt.“ (60) 
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60 J. Georg Friebe „Die Siegesgöttin mutiert zum Engel“ 

Siehe Bild Wikipedia, Münze des Markian, (390-457) Ehemann der angeblich frömmsten Frau ihrer Generation Pulcheria, des Mannes, der seinen „christlichen“ Klerikern jede Art Diskussion gesetzlich verbot, steht unter dem Segen einer - seiner - Heidengöttin. Konstantin II. (316-340) ein Trinitarier (katholisch) empfängt den Siegeskranz ebenfalls von derselben heidnischen Göttin, die bereits seinem Vater Konstantin 310 in Begleitung Apollos, in dessen Tempel erschien und ihm eine dreißigjährige Regentschaft zusagte.
Konstantin II. (316-340) 
Bild: Katalog Münzen - Ritter
Selbst Kaiser Justinian, der auf der Ostsynode, 543, Origenes (185-254) und dessen urchristliche Lehren verfluchte, - der sich als oberster Herrscher der Kirche Christi versteht - , wird, wie diese Münze zeigt, ebenfalls von Victoria erwählt und nicht wie manche meinen, von einem Engel Christi.

Siehe Justinian I. (483-565) Bild: Katalog Münzen - Ritter 
Es gibt zumindest noch zwei weitere einander widersprechende einander ausschließende Überlieferungen die versuchen darzulegen, warum und wie Konstantin zum Förderer des „Christentums“ wurde. Zutreffender gesagt: die jeweiligen Legenden sollten belegen, dass Rom definieren darf, was das ist, das Christentum.
„Nach Gibbon war der Hauptgrund der Ermordung Krispus Konstantins Eifersucht auf die Vorzüge des Sohnes gewesen...Zosismus erzählte, Kaiser Konstantin habe nach diesen Untaten, von Gewissensbissen gequält, bei heidnischen Priestern nach einer feierlichen Reinigung gefragt. Da diese ihm keine anbieten konnten, habe ein ägyptischer Bischof aus Spanien, Hosius, ihm erklärt, der christliche Glaube werde ihm Heilung für alle Wunden geben, und habe ihn dadurch zum Christentum gewonnen.“ (61)
Eine andere Quelle erwähnt eine völlig andere Version:
Man kann sich aussuchen, welche die richtigere sein könnte. Unstimmig sind sie allesamt, wie das Gottesbild dieses sonderbaren Mannes:
„Diese in den Actus Silvestri wohl am Ende des 4. Jahrhunderts in Rom niedergelegte Legende fand in lateinischen, griechischen und orientalischen Fassungen große Verbreitung und ist sowohl in die Symmachianischen Apokryphen vom Ende des 5. Jahrhunderts (z.B. Constitutum Silvestri) als auch in den Liber Pontificalis eingegangen... Kaiser (Konstantin G.Sk.) habe als Heide zu Rom grausam die Christen verfolgt und sich, zur Strafe vom Aussatz befallen, nach einem Traumgesicht an den auf den Berg Soracte geflüchteten Papst Silvester 
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61 Meyers-Conversationslexikon, 1889, Bd. XVIII 

und Heilung erlangt, als er sich von Silvester taufen ließ. Zum Dank habe er ... Kirchen gestiftet und den römischen Bischof zum Oberhaupt der Geistlichkeit bestimmt..." (62)
Es gibt heute noch vorhandene Gemälde die diesem Märchen Ausdruck verleihen, die zeigen wie gewisse Herren die Geschichte gerne gehabt hätten. Kaum eine andere Überlieferung vermochte es den Machtanspruch Roms auf Kosten der historischen Wahrheit mehr zu festigen, als eben diese.
Bild: Ökumenisches Heiligenlexikon, Quelle: Vera Schauber, Hanns Michael Schindler "Heilige und Patrone im Jahresverlauf" Pattloch, München, 2001: Silvester zieht in Rom ein und wird von Kaiser Konstantin empfangen. Fresko, 1246, in der Silvester geweihten Kapelle der Kirche SS. Quattro Coronati in Rom

Solche Bilder korrespondieren mit der sogenannten „Konstantinischen Schenkung“, eine Fälschung, die um das Jahr 
1 000 ins Kirchenrecht einging.
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62 Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon Verlag Traugott Bautz

3. Konstantinisch: Machtbewahrung um jeden Preis und ihre erfolgte Preisgabe

Kaiser Konstantin bestimmte kurz vor seinem Lebensende die neue, sehr feierliche Art künftiger Gottesdienste. Dabei ging es ihm weder um die Ehre oder das Werk oder den Geist Jesu Christi, sondern zuerst um die Würdigung seiner Person. Jesu Name kam in seiner Kirche zunächst nur im Zusammenhang mit dem Gotteskaisertums Konstantin vor, denn er stand über und hinter allem. Viele Jahrhunderte lang hörten die Menschen zwar mehr und mehr von Jesus, doch seinen Geist spürten sie selten. Die Forschung weiß, dass alle heutigen Großkirchen aus der Kirche Konstantins herauswuchsen. Weil sie den Druck Roms nicht mehr ertragen konnten, wandten sie sich ab. Ihnen wurde zu viel zugemutet. Viele erkannten, dass Kaiser Konstantin die Kirche seiner Zeit in die Irre geleitet hat und, dass Rom dies zu nutzen verstand.
Denn, „ Konstantin war im Grunde der Meinung, dass Gott keinen Namen hat... an die Stelle des christlich gebrauchten Christusnamen tritt der Äon. Der Aion ist ein griechischer Gott, der sehr viel bedeuten kann… nach dem ihm (!) vorschwebenden Bild … formt (Konstantin) sein Reich, seine Kirche... Konstantin hatte eine neue (!) Idee von der Kirche, die er verwirklichen wollte: Die Diener Gottes, die Kleriker unterstützen den Kaiser, den Knecht Gottes dabei, das gottgewollte Friedensreich herbeizuführen. Das Konzil ist ein repräsentativer Staatsakt, aber der Staat, der sich ihm darstellt, ist die von Konstantin geführte Kirche (!), das Reich der Zukunft.“. (63)
Gutgesinnte Priester, die er nicht immer dirigieren konnte, bewahrten Christi Namen. Menschen aller Schichten brachten schrittweise auch mehr Licht zurück. Ganz frei machen vom herrischen Geist Konstantins konnten sie die Kirche jedoch nicht. Das gelang immer nur einzelnen. Christi Rehabilitierung sollte anderthalb Jahrtausende dauern. Erst mit Vatikanum II., 1965, bekannte Rom sich offiziell zu Prinzipien der Glaubensfreiheit.
Allgegenwärtige Engstirnigkeit war zuvor die Herrin. Man denke nur an die Auswüchse in protestantisch orientierten Ländern.
Luthers und Melanchthons Härte erwiesen sich ebenfalls als verhängnisvoll für Andersglaubende. Auf Melanchthons Rat wurden am 1536 in Jena die drei (Wieder)-Täufer, Heinrich Kraut, Just Müller und Hans Peissker, mit dem Schwert hingerichtet.
Auch die Geschichte der evangelischen Pfarrhäuser erschrickt. Die grausamen „blue laws“ erwürgten noch im 17. Jahrhundert in den Neuenglandstaaten jede 
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63 Heinz Kraft „Konstantins religiöse Entwicklung“

Art religiöser Freiheit: Quäker wurden gehängt. Von Priestern für Ketzer erklärten Leuten durchbohrten Gerichtsvollstrecker die Zunge mit glühenden Stäben (von Döllinger). Fromm die Hände faltende Diktatoren die heute noch gut klingende Namen tragen wie der bereits im Altertum berüchtigte Ambrosius von Mailand, Herr Damasus von Rom, Kaiser Justinian I., hatten unübersehbar den Ungeist Konstantins gefeiert und konserviert. Sie drückten der Welt ihren scheinbar ewig gültigen Stempel auf. Grob agierend radierten sie, zwischen dem vierten und sechsten Jahrhundert, wo sie konnten, auch die Reste letzter Freiheitsbewegungen aus.
Erst 1848 endete der mit unvorstellbarer Grausamkeit geführte achthundertjährige Krieg der Kirche gegen die Waldenser (Albigenser, Katharer, Vaudois) auf Druck Englands. Der König Sardiniens und Piemonts, Karl Albert, setzte dem Treiben der Kirche durch politische Dekrete ein Ende. Es war keineswegs so, dass die Kirche von sich aus Erbarmen gezeigt hätte, Bereits Oliver Cromwell, (1599-1658) der auf Antrag des Parlamentes hätte König Englands werden können, (was er jedoch ablehnte und deshalb Lordprotektor wurde), hatte gegen den Vatikan opponiert und sich, wenn auch vergeblich, für die Freiheitsrechte der schwer misshandelten Waldenser eingesetzt.
König Karl Albert (Amadeo) von Sardinien und Piemont (1798-1849)
Erst mit der Schlusssitzung von Vatikanum II (1965) verabschiedete der Vatikan sich vom konstantinisch-ambrosianischen System der Willensknechtung.
Seitdem finden „Mormonen“ und Katholiken zumindest in den USA und Mittel- und in Lateinamerika zunehmend Gemeinsamkeiten. Kein Wunder, sind sie doch Halbschwesterkirchen und damit existiert eine natürliche Beziehung. Die katholische Kirche ist nicht die Mutter der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Dieses Schema (nächste Seite) aus freundlicher katholischer Hand legt dar, dass im Gegensatz zu den „Mormonen“, sämtliche Kirchen von Rom abstammen. Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage nimmt in der Tat und somit korrekt in dieser Darstellung (an den rechten Rand gerückt) eine Sonderstellung ein. Nicht gezeigt wir hier, dass es bereits im 2. insbesondere vom 4. bis 7. Jahrhundert zahlreiche auseinanderstrebende Teilkirchen gab, wie die der arianischen Richtungen u.a., deren Geschichte unter der Decke blieb.

Die meisten nichtkatholischen Denominationen sind Ausgründungen, ihre Köpfe waren keine Kirchenschöpfer sondern eher Reformatoren.
Die Hauptstolpersteine, die eine frühere Zusammenarbeit verhindert hatten, wurden mit Vatikanum II überwunden. Seither gibt es mehr und mehr freundschaftliche Begegnungen auf allen Ebenen zwischen Mitgliedern der Kirche Jesu Christi der HLT und Katholiken. Um zwei Beispiele zu nennen: der katholische Erzbischof Chaput der Erzdiözese Philadelphia sprach am 23. März
2016 vor Studenten der Brigham Young Universität der Kirche Jesu Christi der HLT (Mormonen): auszugsweise meine Übersetzung: Erzbischof Chaput warb dringend darum gemeinsam den Glauben (an Christus) und die religiöse Freiheit zu verteidigen.
“We need to wake each other up to see the world and our nation as they really are — the good along with the evil. We need to support each other in the work for religious freedom we share.”
“Wir brauchen einander in der realen Welt von Gut und Übel. Wir müssen einander unterstützen im Werk für religiöse Freiheit.“
Am 13. Oktober 2016, fanden weitere bedeutende Begegnungen zwischen führenden Mitgliedern beider Kirchen statt.
Cardinal Timothy Dolan and Patricia Holland laugh during an award ceremony at the New York Latter-day Saint Professional Association's annual Fall Banquet in New York City on October 13, 2016. The group of Mormon professionals honoured the Catholic leader for his focus on issues involving faith, family and religious freedom. © 2016 by Intellectual Reserve, Inc. All rights reserved.
His Eminence Timothy M. Cardinal Dolan, the Roman Catholic archbishop of the Archdiocese of New York City, said:
“One of the reasons I jumped at this chance [when I got the invitation to attend the interfaith event], [was that] I've been wanting to sit down with LDS leaders in this community… I feel very much at home with you. And I think that's because you and the LDS family seem just to radiate a very sincere friendliness and hospitality that I've experienced.”
Keine Frage, Joseph Smith hat es vorausgesagt:
„Die Christen sollten aufhören miteinander zu streiten. Sie werden damit aufhören, bevor der Herr wieder kommt.“ (64)
Bei aller Freundschaft. Wir bedürfen der Analyse, wir brauchen zu unserem gegenseitigen Verständnis solide Geschichtskenntnisse. Wir sind nicht berechtigt über tragische Entwicklungen hinwegzusehen, weil wir sonst den Zweck unseres Erdenlebens verfehlen: aus Fehlern zu lernen. Der teilweise schwerwiegenden Fehlentscheidungen wegen griff Gott, wie von Anfang an geplant! korrigierend ein, als die Umstände und die Zeit dafür herangereift waren. Das jedenfalls glauben Mormonen. Die Kirche Jesu Christi der HLT wurde nicht wiederhergestellt um andere Kirchen oder irgendwelche Menschen zu verdammen. Im Gegenteil, sie stellt sich hilfreich dar, für alle, denen bewusst ist, wie sehr die Dinge, besonders seit dem 4. Jahrhundert aus dem Ruder liefen, mit bösen Folgen bis in die Heutezeit hinein. Wir haben vieles gemeinsam, haben aus Fehlern unsere Schlüsse gezogen. Diesen Gesichtspunkt betonte Erzbischof Chaput in seiner Rede vor Studenten der BYU
Archbishop Chaput spoke during a forum in the Marriott Center on the Provo, Utah, campus on Tuesday, March 22, 2016. He was joined on the stage by Elder Dallin H. Oaks of the Quorum of the Twelve Apostles of The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints. The private university is owned and operated by the Church.
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64 „Lehren des Propheten Joseph Smith“, deutsch 1947

Erzbischof Chaput wurde vom Ältesten Dallin Oaks, Mitglied des Quorums der Zwölf Apostel der HLT-Kirche begleitet. Wahrscheinliche Anwesenheit 15 000 Studenten.
.“I’m here today because I believe the friendship of the LDS and Catholic communities is important,” said Archbishop Chaput. “We need to treat each other as friends, not enemies or strangers. We need to learn from each other’s successes and mistakes.”
Erzbischof Chaput sagte: „heute bin ich hier, weil ich an die Wichtigkeit der Freundschaft zwischen unseren beiden Kirchen glaube… wir wollen einander als Freunde und nicht als Feinde oder Fremde betrachten. Wir müssen voneinander lernen, sowohl aus unseren Erfolgen wie auch aus unseren Fehlern.“
Ich (Gerd) bin überzeugt, dass sowohl der zunehmende äußere Druck, der auch aus dem Radikalislam kommt, sowie neue Erkenntnisse dazu führen werden sämtliche Christen näher zusammen zu bringen. Es ist schon sonderbar, wie häufig sich erweist, dass Joseph Smith eine Fülle Erkenntnisse vorwegnahm, die sich erst in diesen Tagen bestätigten. So auch am Fall „Altar“. Joseph Smith stellte den Altar in exakt dasselbe Umfeld, wie es die Arianer getan hatten zumindest in Ravenna, Italien, nämlich in den Tempel. In beiden Fällen kommt klar zum Ausdruck, dass Altäre in Versammlungsräumen nicht vorkommen dürfen!
Konstantin war es. Wir erinnern uns: Er stellte den (altrömischen) Altar in die Kirche. Konstantin stiftete gegen Jesus eine neue ‚Gottesdienstordnung’ die bis heute Bestandteil der katholischen Messe ist, denn diese findet am Altar statt, obwohl die Forschung längst weiß, dass ein Altar im ursprünglichen Christentum, außer im jüdischen oder später im arianischen Tempel, nicht vorkommt.
Am 07. November 2005 berichtete der „Spiegel“:
„Archäologen haben unter einem israelischen Gefängnis die vielleicht älteste christliche Kirche der Welt ausgegraben. Der Fundort ist Megiddo, ... (man fand) altgriechische Inschriften, geometrische
Verzierungen, den Namen von Jesus Christus und ein kreisförmiges Symbol mit Fischen, das Symbol der Urchristen... Die Ausgrabungen deuteten darauf hin, dass anstelle eines in anderen Kirchen üblichen Altars im Zentrum der Fundstelle nur ein einfacher Tisch stand. Leah di Segni, eine Expertin von der Hebrew University in Jerusalem, sagte, die Verwendung des Begriffs „Tisch“ anstelle von „Altar“ in einer der Inschriften könnte dramatische Auswirkungen auf die Studien frühchristlicher Rituale haben. Bislang sei man davon ausgegangen, dass Jesus Christus das Abendmahl an einem Altar gefeiert habe.“(65)
Konstantin schuf durch eine Reihe Hinzufügungen eben eine völlig neue Religion, aber Gold lässt sich nicht veredeln. Jedenfalls bedeutet Altar - sowohl im Alten, wie im Neunen Bund - immer „Tempel“. Die römische Kirche schaffte den christlichen Tempel ab, den die Arianer noch zu Beginn des 6. Jahrhunderts kannten. Das belegen die Mosaike zu Ravenna. Kaiser Konstantin ist der Täter, Christus das Opfer. Jeder Theologe ist sich dessen bewusst, dass es
„bis ins 3. Jahrhundert im Christentum keinen Altar gab.“ (66) Dass „…es in einer christlichen Kirche eigentlich keinen Altar geben kann, sondern nur einen Abendmahlstisch. Es geht um das Sitzen um den Tisch. Bei Kirchenneubauten im protestantischen Bereich wird das neuerdings auch berücksichtigt!“ (67) mmmmmmmmmmmmmmm
Bild mit Erlaubnis des Salbaroli-Verlages. Der Vorhang und sein Cover mit den Zeichen die durch Freimaurerobere irgendwann entlehnt wurden. Davor steht der legitime Altar. Niemand im frühen Christentum hätte gewagt den Tempel ins Gemeinde-haus zutragen. Nur die Kirche Jesu Christi der HLT hat Vergleichbares. Diese Darstellung hat den Rang eines wissenschaftlichen Beweises – leider nur für Insider. Joseph Smith (als er selbst Freimaurer wurde) sah es in einer Vision: so sah der Christentempel aus. Er traf den Nagel auf den Kopf.
Von geradezu phänomenaler Bedeutung ist, dass über dem Kopf des Amtierenden am Altar, der Name: Melchizedek geschrieben steht.
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65 Artikel „Älteste christliche Kirche der Welt entdeckt?“ 
66 Bertelsmann-Universal-Lexikon 
67 K-P. Hertsch im evangelischen „Theologischen Lexikon", Union –Verlag


4. Diffamie und Verurteilung Andersdenkender zerstörte das Christentum.

Seit dem 1. ökumenischen Konzil zu Nicäa nahm der Hass unter Christen zu. Proportional nahm das Licht ab. Infolge der Abwesenheit hinlänglicher Helle, die Christus verbreitete, kam es zu einer Vervielfachung theologischer Spekulationen. Allgegenwärtige Unklarheit herrschte vor. In der Tat, es war ein Verwirrspiel ohne Gleichen, das so harmlos begonnen hatte. Ähnliches widerfährt jedem Autofahrer, wenn er auf unbekannter Strecke in eine dicke Nebelwand hineinrast. Das wird besonders mit Athanasius Machtkämpfen in Ägypten und in der Biographie des Ambrosius von Mailand unangenehm deutlich. Kehren wir noch einmal zurück in die Jahre des Wandels, als das Werk der Zerstörung begann: Manche Sätze bohren sich tief ins Gedächtnis. So dieser Fluch des kleinen Giftzwerges, Athanasius, der gegen die Ablehner des Nicänums hetzte:
„Sie, die sich Christen nennen“, in Wahrheit seien sie Antichristen „Feinde Gottes“ weil sie sich Gott Vater und Sohn als voneinander getrennte, aber verherrlichte Personen vorstellten.“ (68)
Was hat es der Christenheit gebracht ihm zuzustimmen? Unsensibel sprach Athanasius wegen seines Starrsinns den Anhängern der Urkirche, den Origenisten-Arianern, den Status Christ zu sein ab. „ihr stellt euch gegen den Kaiser, argumentierte er gelegentlich, wenn er in die Enge getrieben wurde. „Der Kaiser! Der Kaiser!“ „Was geht uns dein Kaiser an?“ lautete die Antwort der meisten, vor allem der Melitianer. (69) Die Melitianer verstanden sich als Kirche der Märtyrer. Melitus von Lykopolis, Oberägypten sah sich selbst als den legitimen Repräsentanten der Kirche. Als er jedoch begann, auch in gemischten Gemeinden Älteste und Priester zu ordinieren rechneten ihm einige Bischöfe das als Kompetenzüberschreitung an. Damit „verletze er die göttliche Ordnung und die kirchliche Regel.“(70) Arius, der angebliche Erzketzer fand nach Nicäa bei den
Melitianern Rückendeckung. Allerdings gab es bald auch unter ihnen Meinungsverschiedenheiten. Sie schwächten sich, ohne sichtbare Gründe, gegenseitig, nur weil es kleinere, ungelöste exegetische Probleme gab. Schließlich unterliegen die Melitianer im auch handgreiflichen Kampf mit dem Athanasianismus. Ihre Spuren verlieren sich im 8. Jahrhundert.
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68 Maßgebliche Werke des Hl. Athanasius der "Bibliothek der Kirchenväter" 
69 K. D. Schmidt, E. Wolf und R. Lorenz „Die Kirche in der Geschichte“ 
70 Rudolf Lorenz „ Die Kirche in ihrer Geschichte – das vierte Jahrhundert“

„Die melitianischen Wirren entzündeten sich... (anfangs) an der Wahl und Weihe des Athanasius... dies war eine Wahl die gemäß Kanon 4 von Nicäa ... nicht mehr von Presbytern der Stadt sondern durch ägyptische Bischöfe vorgenommen wurde... wobei Vereinbarungen
mit den Melitianern gebrochen wurden... außerdem besaßen die Arianer in der Pentapolis eine starke Stellung...“ (71)
Melitianische Kritiker bemängelten bereits frühzeitig, dass die Privilegien die Bischof Alexander vom Kaiser erhalten hatte, vorausblickend auf seinen Diakon Athanasius zugeschnitten worden waren und, dass dabei nichts Gutes herauskommen konnte. Athanasius Herrschen-wollen widersprach sämtlichen Prinzipien Christi und dennoch wird er, bis zur Stunde hoch geehrt.
„Von den 34 melitianischen Bischöfen in Ägypten... hatte sich ein erheblicher Teil nach Nicäa nicht unterworfen...die Melitianer ... erhoben Klage gegen die Gewalttätigkeiten Athanasius... in der Fastenzeit 332 brachte Athanasius den Presbyter Ischyras (einen seiner Kritiker G.Sk.) durch eine politische Denunziation (er hätte Steine gegen eine Kaiserstatue geworden) beim Präfekten Hyginus ins Gefängnis… Die Gewalttätigkeiten gegenüber Melitianern hielten an „...334 ließ Athanasius eine Zusammenkunft melitianischer Bischöfe und Kleriker mit brutaler Gewalt sprengen... Straßenkrawalle der christlichen Jungfrauen toben... Der Brief (Kaiser) Konstantius (nach dem Athanasius eine Vorladung der tyrischen Bischöfe erwirken soll) ist mit O. Seek als eine Fälschung des Athanasius anzusehen, welche das (ariusfreundliche G.Sk.) Urteil jedes Ansehens berauben soll.“ (72)
Athanasius wollte entschieden mehr sein, als ein treusorgender Vater seiner Gemeinde; eine Rolle, die der im Alter von knapp dreißig Jahren, wahrscheinlich allein stehende Mann, vielleicht, mit klugen Ratgebern an seiner Seite, hätte spielen können. Doch jeder der es je mit ihm zu tun hatte, sah wie er sich aufspielte. Da gab es immer noch die jederzeit Opferwilligen, die bereit waren für die Sache der Freiheit und der Menschenliebe Jesu ihr Leben hinzugeben, die nie danach getrachtet hatten ‚mächtig’ zu werden, und nun lebte hier ein junger, Mann, der eifersüchtig auf andere, schnell zu fortwährend mehr Einfluss und Ansehen kommen wollte. Er mischte sich in die weltlichen Angelegenheiten mit
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71 Rudolf Lorenz „ Die Kirche in ihrer Geschichte – das vierte Jahrhundert“ 
72 K. D. Schmidt, E. Wolf und R. Lorenz „Die Kirche in der Geschichte“

immer demselben Ziel ein: selbst an Bedeutung zuzunehmen! Ungeniert trachtete er danach sich die nichtjüdischen Seeleute zu Freunden seiner Politik zu machen, - was ohnehin seine Pflicht als Christ gewesen wäre, - aber er operierte damit grob und feindselig gegen die hebräischen Reeder. Tatsache ist
„dass die Kirche von Alexandria seit dem 4. Jahrhundert nachweislich als Reederin aufgetreten ist“ (73)
Bischof Athanasius trat bald als Großreeder auf und trachtete, ebenfalls aus politischen Gründen danach, sich die Paganen gewogen zu machen indem er ihnen Frieden zusicherte (wie großzügig). Wahrscheinlich wurde in den melitianischen Gemeinden um 328 auch in den Gottesdiensten bald mehr von und über Athanasius gesprochen, als von der Wichtigkeit der Lehren der Kirche von Brüderlichkeit und Wohlwollen. Den Geist christlicher Freundlichkeit trieb er weit von sich. Das vor allem der exkommunizierte Arius hinter jeder Ablehnung steckte, die er spürte, schien für Athanasius ausgemachte Sache zu sein. Kurios bei allem ist, dass sich Athanasius im Grunde, seines persönlichen Anti-arianismus nicht wirklich gewiss war! Inspiriert, im Sinne der Frühen Kirche, war er nicht. Das gibt er selbst zu. Eigentlich hätte ihn der Geist Gottes geradezu einhüllen und ihn erleuchten müssen, wenn das wirklich wahr gewesen wäre, was er so nachdrücklich lehrte.
„Je mehr ich nämlich schreiben wollte und mich anstrengte über die Gottheit des Sohnes, desto mehr entfernte sich seine Erkenntnis von mir und ich sah ein, dass ich in dem Maße von derselben verlassen würde, als ich sie zu erfahren schien.“ (74)
Athanasius ignorierte diese Wahrnehmung völlig! Praktisch verleugnete er die Warnung indem er seine Hoffnung in den „Machtzuwachs“ setzte. Dagegen ging es seinem Intimfeind Arius stets darum, zu sagen, dass Christen sich vom Licht und Geist Gottes leiten lassen sollten. Eben weil sie Geistkinder Gottes seien, sind sie dem Friedenstiften verpflichtet und damit fähig die innere Verbindung zu ihrem ‚himmlischen’ Vater zu halten. Das ist ohnehin eine immer gültige Regel, niemand möge sich äußern, ehe er nicht zur inneren Klarheit gelangte. Athanasius missachte dieses Prinzip. Sein Vorurteil und sein Beharren darin, mussten unter diesen Umständen zu vermehrter Intoleranz führen.
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73 Jörg Köpke „Die italienischen Bischöfe unter ostgotischer Herrschaft 490-552“ 
74 Joh. Adam Moehler, „Athanasius der Große und die Kirche in seiner Zeit“ 2. Aufl.

In innerer Dunkelheit Entscheidungen zu treffen, sollte man unterlassen. Besserwisserisch stürmte Athanasius auf seiner nebelumhüllten Straße voran. Das von Bischof Alexander gegen Arius in die Welt gesetzte Wort, von der Widerstandsleistung „bis aufs Blut“, sollte sich Schritt für Schritt zum Programm seiner „Orthodoxie“ entwickeln:
„Ein wahres Spießrutenlaufen erlebte Lucius, einer der Gegenspieler des Athanasius, als er 367 die Stadt verlassen musste. Damit ihn nicht das Schicksal seines Vorgängers ereilte, den die athanasianische Menge gelyncht hatte, wurde er unter militärischer Bewachung aus Alexandria geleitet: "Alle schrien mit einer Stimme und eines Sinnes im Chor von dem Haus, aus dem er (Lucius) abgeholt wurde, durch die Stadt hindurch bis zur Wohnung des Militärbefehlshabers; sie stießen Beleidigungen und Anklagen aus und riefen: ´Werft ihn aus der Stadt“. (75)
Mit solch bösartigem Verhalten - zuvor hatte es Damasus von Rom an den Tag gelegt - verließen die „Rechtgläubigen“ den Raum des Rechtes. Ob sie je in ihn hätten zurückkehren können ist angesichts der Umstände fraglich. Die damalige nicänische Geistlichkeit hielt Brutalitäten gegen Arianer bereits für normal. Im Jahr 432 wird den bedeutenden Patriarchen Nestorius von Konstantinopel, - wie wir sehen werden, obwohl er ein Orthodoxer ist - dasselbe böse Schicksal wie Lucius ereilen. Damit trotzten die Vormachtstreber dem Geist Gottes, der „auf dem Messias liegt...“ von dem der ‚allein wahre Gott’ voraussagte:
„Er wird den Völkern das Recht verkünden. Er wird nicht zanken und nicht schreien, und man wird seine Stimme nicht auf der Straße hören. Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen und den glimmenden Docht nicht auslöschen, bis er dem Recht zum Sieg verholfen hat“ (76)
Am Maßstab „Erkenntnisumsetzung – bewahrung“ sind wir sicherlich allesamt zu messen. Sind nicht eigentlich diejenigen die Häretiker die sich gegen das Bemühen des Anderen um Wahrhaftigkeit wenden? Was war es, was nur 55 Jahre nach Nicäa, den Christen Ambrosius bewegte Kaiser Theodosius I. zu drängen, das Gesetz zum Glaubenszwang gegen das Toleranzreskript von Mailand zu novellieren? Zur Erinnerung:
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75 Manfred Clauss „Alexandria, Schicksale einer antiken Weltstadt“ 2. Aufl. 268 
76 Matth. 12: 18-20

„Alle Völker, über die wir ein mildes und maßvolles Regiment führen, sollen (müssen) sich, so ist unser Wille, zu der Religion bekehren, die der göttliche Apostel Petrus den Römern überliefert hat, wie es der von ihm kundgemachte Glaube bis zum heutigen Tage dartut und zu dem sich der Pontifex Damasus klar bekennt...“ (77)
Wir wissen ziemlich gut, wer Herr Damasus war und wozu er sich klar bekannte, nämlich zur rüdesten Art der Orthodoxie. „Cunctos populos“ drohte denen mit Strafen die sich aus Gewissensgründen nicht ins Einparteiensystem des Unholdes Ambrosius von Mailand einfügen konnten, nicht einfügen durften. Cunctos populos bestimmte, dass „nur diejenigen, die diesem Gesetz folgen, … dürfen …Christen heißen; die übrigen, die wir für wahrhaft toll und wahnsinnig erklären, haben die Schande … zu tragen. Auch dürfen ihre Versammlungsstätten nicht als Kirchen bezeichnet werden. Endlich soll sie vorab die göttliche Vergeltung, dann aber auch unsere Strafgerechtigkeit ereilen, die uns durch himmlisches Urteil übertragen worden ist.“ (78)
Athanasius Hetzreden schufen die Voraussetzungen für solches Verbrechen der Entmündigung von schließlich Abermillionen. Der bekannte Theologe Schleiermacher kam jedenfalls nicht umhin festzustellen, dass „Athanasius... das Signal zu den Verfolgungen gegeben hat. Schon auf dem Nicänischen Konzil mag er die Hauptursache des strengen konstantinischen Dekrets gewesen sein... Er fängt überall mit Schimpfen und Heftigkeit an und ist unfähig und unbeholfen im Disputieren.“ (79)
Bereits in seiner zuverlässig überlieferten 1. Rede gegen die Arianer tönt Athanasius bösartig:
„Wenn man sie aber logisch untersucht, so wird es sich herausstellen, dass sie (die andersdenkenden Christen) bitteren Spott und Hohn verdienen..., verdienen sie nicht allen Hass?” (80)
Dissonanzen schrillster unchristlicher Art! Auch Hans Lietzmann stellt fest:
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77 u 78 Beginn und Ende des Textes Cunctos populos. 
79 Joachim Boekels, Dissertation: Schleiermacher als Kirchengeschichtler“ 
80 Maßgebliche Werke des Hl. Athanasius in der Übersetzung der "Bibliothek der Kirchenväter" 

„Er wird die nicänische, orthodoxe Leitfigur der kommenden Kämpfe.“ (81)
Die gesamte christlich-ökumenische Gemeinde befindet sich des zänkischen „Helden“ Athanasius wegen bis zur Stunde in schwieriger Lage, denn sie hängen an ihm, ob sie das wahr haben wollen oder nicht. Das Buch Mormon lehrt gegen diesen Trend zum Inhumanen:
„Es ist nicht meine, (Jesu), Lehre, dass den Menschen das Herz zum Zorn aufgestachelt werde, sondern es ist meine Lehre, dass es derartiges nicht mehr geben soll. ...Wer den Geist des Streites hat, ist nicht von mir...“ (82) Da ist er, der Kern des Mormonismus.
Athanasius Anklagen verstummten nie wieder: „Unter Rückgriff auf typische Formen der Polemik greift Athanasius seine Gegner an und diskriminiert ihre Handlungsweise grundsätzlich... dass die Arianer sich wie dauernd umherschwirrende Stechmücken verhalten, ist eine Metapher, die Athanasius immer wieder verwendet.“ (83)
So urteilt auch Adolf von Harnack, mit Blick auf Athanasius Wirken:
„die Sprache des Hasses erfüllte die Kirchen.“ (84)
Schon die Art, wie Athanasius nach dem Tode seines Bischofs Alexander 327 sich „in einer Art Husarenritt von einer Minderheit zu seinem Nachfolger“ wählen ließ, hätte auch seine Sympathisanten stutzig machen müssen.
Schnell wollte er Metropolit und mehr sein! Unartig provozierte er den Widerstand seiner Gegenspieler um sich selbst wichtiger zu machen. Seine Reden wurden immer schärfer. Bald brachte der alexandrinische Volksmund das Sprichwort auf: Athanasius contra mundum. Athanasius gegen die Welt. Er hält sich für den großen Sachverständigen. Als einigermaßen umfangreich unterrichteter Mormone kann ich leider nicht anders, als zu formulieren: Vor allem die „Sektenkenner“, Sektenbeaufragten aller Couleur, sind, was „Mormonismus“ betrifft, häufig von Blindheit geschlagen. Viele Antimormonen haben sich heftig im Ton vergriffen, einige tun es immer noch: Soweit zu sehen ist, orientieren sich hinterwäldlerische Theologen noch im 21. Jahrhundert am
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81 „Geschichte der Alten Kirche“, de Gruyter
82 3. Nephi 11: 30 + 29
83 Annette von Stockhausen „Athanasius von Alexandria Epistula ad afros.“ 276 84 von Harnack „Lehrbuch der Dogmengeschichte“ 

Ungeist des Athanasius. Einige verfassten Publikationen verlogenster Art, wie die der "Mormonismus-experten" G.A. Zimmer, Rößle und Hauth. Andere zogen die feinere Klinge vor. Pfarrer Zimmer stellte fest, nachdem er sich jahrelang, seit 1902, als evangelischer Missionar in Utah intensiv umgesehen hatte und folglich als Kenner der Materie gelten musste: „Die Mormonen sind eine einzigartige Gesellschaft von frechen Gotteslästerern, dreisten Lügnern, gewissenlosen Meineidigen, Hurern und Ehebrechern, gemeinen Dieben, lauernden Mördern eine durch gräuliche Eidschwüre zusammen gekittete unzertrennliche Gemeinschaft, einem Basilisken vergleichbar, wie ihn nur die Macht der Finsternis ausbrüten konnte…“ (85) Ist das nicht das Sprachmuster des Athanasius? Es ist angebracht diese Ungeheuerlichkeiten zu dokumentieren. Nach kurzer Vorrede sagt Pfarrer Zimmer warum er schreibt: Das Kreuz Jesu! Warum vermissen es gerade diejenigen, die wissen, dass die Christen der ersten 400 Jahre, das Kreuz verabscheuten? Zimmers „Werk“ las ich 1945 als fünfzehnjähriger mit wachsender Spannung. Auf dem Hausboden meiner Eltern hatte ich die „verbotene Kiste“ meines Vaters gefunden und geöffnet, kurz nachdem die Rote Armee in Wolgast einmarschiert war. Statt, wie üblich, angeln zu gehen, las ich die ganze Antimormonenliteratur die mein Vater sich angeschafft hatte, als er die Lehren dieser Kirche zu untersuchen begann. Einiges davon ist noch heute in meinem Besitz. Wahrlich nicht der Hellste damals, erkannte ich dennoch sofort, dass es sich passagenweise um faustdicke Zwecklügen handelte. Denn Vater hatte sich, bereits 1932, nach langjähriger Untersuchung der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage angeschlossen und mich gut unterrichtet. Zudem hatte ich einige Mormonenmissionare näher kennengelernt. 
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85 „Unter den Mormonen in Utah“, 1907

Ich konnte den Geist der Herzlichkeit und Aufrichtigkeit dieser jungen Männer fühlen. Ihre Ausstrahlung hat mich später mehr beeinflusst, meine Wahl zu treffen, als die logisch starken Argumente zugunsten Mormonis-mus von denen ich später hörte. Archiv Skibbe: Sommer 1939 links Missionar Elder Larsen, mein Vater, Gastgeber Johannes Reese Orgelspieler in St. Petri, ein entschiedener Freund der Mormonen, Frau Schmidt und Elder Holt Es war ein Segen, dass ich trotz meiner Beschränktheit souverän denken konnte, noch bevor ich sechszehn wurde. Pfarrer Zimmer schrieb ziemlich gewissenslos. 
Das zweite Buch, das ich in der Box meines Vaters fand war dieses: Bild zeigt "Aus der Welt des Mormonentums" , 1930
Herr Pastor Rößle gab sich, wie Herr Zimmer, viel Mühe die Menschen davon abzuhalten, sich selbst vor Ort zu informieren und so ist es bis heute. Menschen, selbst hervorragend gebildete, fürchten sich, mit uns über Religion zu reden oder es sei unter ihrer Würde. Aber es gibt Ausnahmen.
Auch Rössle beruft sich auf Zimmer - ohne der Behauptung in eigener Initiative nachzugehen. Es sei, schreibt Pfarrer Rößle, „das Mormonen Gemein-
Meine Anmerkungen schrieb ich vor vielen Jahren. Wenn Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens sich auf die Zeugenaussage des Pfarrers Zimmer und auf anderes kursierendes Material berufen, - wie z.B. das von Herrn Dr. Rüdiger Hauth verbreitete, - dann haben sie taube Nüsse gekauft. Im Herbst 1946 fragten mein Freund Hans Schult und ich, - neugierig welches Bild sich ältere Menschen unserer Heimatsstadt von der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage machten, - einen Mann um die Fünfzig, von dem wir wussten, dass er die Versammlungen der Gemeinschaftschristen besuchte. Als würde er zu Tode erschrocken sein hob der gute Mann beide Hände: "Um Gottes Willen die sind gefährlich!" Ähnliches und weitaus Schlimmeres haben tausende Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage nicht selten bitter erfahren. Mein Freund Bruno Rohloff Neubrandenburg, gelernter Buchhändler, schloss sich 1929, aus tiefster innerer Überzeugung dieser Kirche an. (Nachdem er das Buch Mormon vom ersten bis zum letzten Satz gelesen und betrachtet hatte.) Sogleich bekam er Probleme von verschiedenen Seiten. Die aus dem Waffenarsenal der "Wahrheitsverkünder" stammenden Klischees kamen zum Vorschein. Seine Mutter in heller Aufregung, als sie davon erfuhr, lief zu ihrem Pfarrer in Pasewalk: "Was soll ich tun, mein Sohn hat sich den
Mormonen angeschlossen?" Was er ihr in etwa erwiderte geht aus dem authentischen Brief des blinden Vaters Brunos hervor:
Mein Vater links, im Gespräch mit Bruno Lieber Bruno, wie wir soeben (Ende Juli 1929) erfuhren gehörst Du nun dem Mormonen Klub an, mehr als das, Du willst Dich von ihnen taufen lassen, und noch mehr, Du wünschst dasselbe für Deine beiden Kinder. Was soll ich davon denken? Hast Du den Verstand verloren? Wir können uns keineswegs Dein Verhalten erklären. Welcher Teufel hat Deine Sinne überwältigt, dass Du Dich einer teuflischen Gesellschaft anschließt? Reicht Dir die lutherische Wahrheit nicht aus? Willst Du damit sagen, Du hättest keine Kenntnis? Der liebe Gott hat Dir doch einen normalen Verstand geschenkt. Ich kann aus alledem nur schließen, dass Du Dich hier in Pasewalk als Heuchler verhalten hast. Du erwartest von Gott Hilfe und dienst dem Teufel. Aber irre Dich nicht, Gott lässt sich nicht spotten. Wahrlich Du solltest wissen, dass da geschrieben steht. "Wer die Seinen nicht versorgt ist ärger denn ein Heide." Hast Du gar keine Bedenken Deiner Kinder wegen? Du willst Deinen Kindern die Gnade rauben die ihnen bereits durch die heilige Taufe geschenkt wurde? Mehr als das, willst Du einen Fluch auf Dich und Deine Familie und Deine Enkel ziehen? ... Bedenke wer den heiligen Geist empfing und dagegen sündigt kann nicht mehr erlöst werden.... Denke daran welche Herzschmerzen Du uns verursachst. (tatsächlich starb Brunos Mutter fünf Monate später am 16. Januar 1930) Was würde Pastor Wohlgemut dazu sagen, wenn er noch lebte? Wird er nicht am Jüngsten Tag als Zeuge gegen Dich dastehen? ... verlasse diese Sekte! ... Deine Eltern und Arnold“ (ein Bruder Brunos) (86) Wer sich je daran erinnern kann wie beklemmend er als Passagier einer Fluglinie die Bergwelt Afghanistans empfunden hat, der weiß, dass sich in dieser Welt endloser Klüfte jeder Partisan verstecken kann. Hier, im Schutz zahlloser Höhlen und kaum zugänglicher Schleichpfade, sammelt sich das gewaltausübende Potential der Taliban, dem keiner etwas entgegen setzen kann. Aus diesem Hinterhalt lässt der schreckliche Krake seine Fangarme unversehens vorschnellen, süchtig auf Vernichtung, süchtig auf die Allmacht als Beherrscher seines sich ausdehnenden Reviers. Ebenfalls opfersuchend strecken die besonders gehässigen Mormonenfeinde, ihre Fangarme aus. Sie wollen eliminieren was ihnen suspekt oder gar gefährlich erscheint. Beide Großkirchen haben in Deutschland die Quartiere abgesteckt. Wer da eindringt muss sich mit ihnen liieren oder wird als Gegner betrachtet und behandelt. Protestanten jeder Spielart und aller Ränge dulden es, dass Beffchenträger und ihresgleichen immer noch ungestraft gegen erklärte Glaubensfeinde Gift schleudern. Die Bibel- und Schriftenmission Dr. Kurt E. Koch e. V. veröffentlichte im 21. Jahrhundert dieses Sinngedicht:
„Die Würgefeige“
„Der Name sagt schon, dass diese Baumart zu den Feigenbäumen zählt. Welche Bewandtnis hat es mit diesem Baum? Wenn ein Samenkorn der Würgefeige in das Astloch oder in eine Astgabel eines kräftigen Baumes fällt, dann geht dieses Samenkorn von der Feuchtigkeit auf und schlägt seine Wurzeln in die Rinde des Baumes. Die Wurzeln wachsen unheimlich rasch abwärts zum Erdreich. Es entstehen immer neue Wurzeln, die von oben her den ganzen Stamm umgeben und ihn langsam abwürgen und ersticken. Der dickste Stamm geht unter diesem Würgegriff des Schmarotzers zugrunde und vermodert. Der Moder dient dem Parasiten als
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86 Walter Rohloff, Tagebuch

Nahrung. Zuletzt stehen nur der Wurzelkomplex und der sich bildende Stamm der Würgefeige da. Der ursprüngliche Baum ist verschwunden. Das Bild von der Würgefeige hat aber noch ganz andere Perspektiven. Jede Irrlehre ist ein kleines Samenkorn, das aufgeht, seine Opfer umklammert und langsam abwürgt. Wer sein Herz einmal der Lehre der Mormonen … oder einer der östlichen Religionen geöffnet hat, der kann sich nicht mehr in eigener Kraft lösen. Er wird umklammert, umstrickt und langsam abgewürgt.“ (87) Das erzielt gewisse Wirkung: "Schmarotzer", „Irrlehre“, „umstrickt“. Mormonen werden, wie gewisse Anhänger obskurer östlicher Religionen „abgewürgt“. Das lässt vor allem diejenigen erschaudern die nie in ihrem Leben Kontakt zu den Abgewürgten aufnahmen. Umgekehrt urteilen andere, wie der bereits erwähnte Walther Eidlitz „Reise nach den vier Winden":
"Ein höchst seltsames Land ist das Land der Mormonen. „Das Wort eines Mormonen ist wie ein Scheck, und der Scheck eines Mormonen ist wie bares Geld", erklärte mir ein amerikanischer Vertreter der deutschen IG. Farben, der kein Mormone war, aber sein ganzes Leben mit ihnen geschäftlich zu tun gehabt hatte. Ihr Land hat der Wirtschaftskrise besser widerstehen können als irgendein andres Gebiet der Vereinigten Staaten.“ Stellvertretend für viele unserer Ankläger steht hier auch der Name der ehemaligen Kultusministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Frau151 Regina Marquardt, ihres Zeichens evangelische Theologin. Sie gab, sobald sie mit SPD Mandat im Amt war eine neue "Informationsbroschüre" heraus um Kenntnisse über Sekten und Weltanschauungsgruppen zu verbreiten. Beachte den leicht schräg gestellten Aufdruck: "aktualisierte überarbeitete Neuauflage 95"
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87 wörtliches Zitat.

Als Mitglied des Jugendhilfeausschusses Neubrandenburgs mit CDU Mandat fragte ich mich natürlich, warum nach der Herausgabe des Originals - deren Exemplare in den Ämtern noch zu Hunderten herumlagen - der Landeshaushalt erneut belastet werden musste. Schnell stellte sich heraus, dass dieselbe Broschüre die von ihrer Vorgängerin herausgegeben worden war, die "Mormonen" nicht in Betracht gezogen hatte. Mittig angeordnet erschienen nun in der Neuauflage "Informationen" über die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Die Absicht war für mich klar erkennbar. Zudem war der Ehemann der Frau Ministerin Pastor in der Landeshauptstadt Schwerin. Kurze Zeit danach ermöglichte mir ein Freund das Rundschreiben Nr. 18-95 des Landesinnenministeriums zur Kenntnis zu nehmen. Da ich wusste, wie schwer es unseren Missionaren gemacht wurde in Stralsund, Schwerin, Rostock usw. Aufenthaltsgenehmigungen zu erlangen, lag auf der Hand, dass dieses Rundschreiben den Ämtern der kreisfreien Städte nahelegte die Missionarsarbeit der Kirche Jesu Christi der HLT wenn möglich zu beeinträchtigen. Umgehend suchte ich meinen Freund, den stellvertretenden OB Neubrandenburgs, Burkhard Räuber, auf und sagte ihm geradezu ich würde in der nächsten Sitzung der Stadtvertreter mein Amt mit einer Erklärung niederlegen. Katholik Burkhard schüttelte sofort den Kopf. Ich teilte ihm mit, um was es geht. Fest stand, dass die Neubrandenburger Presse mich bislang häufig zitiert hatte. Es würde einiges Aufsehen erregen wenn ich in meiner angekündigten "persönlichen Erklärung" u.a sagen würde: Seit einhundert Jahren verbot niemand unseren Missionaren in Deutschland zu wirken. Jetzt mit der neuen Demokratie, nachdem wir die Diktatur der Kommunisten überwunden haben, soll meine Religion unter dem Verdacht sie wäre gefährlich unter fadenscheinigen Hinweisen verdrängt werden... Wahr ist, ich hätte meine ganze Redezeit (als Ratsherr) in einer öffentlichen Ratsversammlung ausgeschöpft und die Presse hätte es im Wesentlichen weitergegeben. Burkhard telefonierte umgehend mit Schweriner Beamten. Ich informierte Präsident Dieter Uchtdorf, der mir sofort seine Sympathie und seine volle Unterstützung anbot. Er fuhr rund 1200 km nur um dem Recht seiner und meiner Kirche zu dienen. So fanden wir, Präs. Uchtdorf und ich, uns kurz darauf im Landes-Innenministerium in Schwerin zusammen. (Dieter F. Uchtdorf war damals Chefpilot der Lufthansa, jetzt Mitglied der ersten Präsidentschaft der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Am 30. Oktober 2012 wurde er mit dem Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.) Zwei Staatssekretäre kamen zu uns. Präsident Uchtdorf nahm die Gelegenheit wahr, etwa eine halbe Stunde lang mittels eines Bildbandes beeindruckend darzulegen was die Lehren und Absichten unserer Kirche sind. Umgehend wurden wir unterrichtet, dass das Innenministerium das besagte Rundschreiben zurückzieht. Dann erlebten wir, dass Frau Landes-(Kultus) Ministerin Marquardt Weisung an die Jugendämter des Landes gab die vier Seiten, Mormonen betreffend aus den Heften zu entfernen. Das wurde deshalb notwendig weil offensichtliche Desinformationen darin geschrieben standen, wie wir nachweisen konnten. Ich wage zu bezweifeln, dass die Seitenentfernung umfassend geschah. Immerhin erkannte ich, dass uns dieses Thema nie wieder loslässt, aber, dass der Tag kommt an dem die Wahrheit sich Bahn brechen wird und zwar die Wahrheit, dass Joseph Smith nichts weiter getan hat, als mit Gottes Hilfe mehr Licht in Sachen Religion in eine zerstrittene Welt zu bringen.
Der Gott der Mormonen ist liebevolle Toleranz in Person. Niemand kann, wenn er um Nähe zu ihm bemüht ist, anders sein. Unserer Überzeugung nach darf die Zukunft nur einem toleranten Christentum gehören, das Diffamie grundsätzlich ausschließt. Mein Freund Pastor Fritz Rabe, ehemals St. Georg Neubrandenburg, in Mecklenburg-Vorpommern, nun im Ruhestand, schilderte mir, wie er vor einigen Jahren im Zug, Ohrenzeuge einer Diskussion von Mormonenkritikern wurde. Als er sich einmischte wurde er heftig angefahren, wer er sei. So und so. “Und Sie als evangelischer Pfarrer verteidigen diese Sekte?”
“Nein! Nur die Wahrheit!”
Wer hatte den guten Leuten erzählt wie ekelhaft Mormonismus ist?
Er sei eine gefährliche Neureligion sagte Dr. Rüdiger Hauth, der bekannte angebliche Kenner der Materie, als der anerkannte Sektenspezialist der EKD. In Büchern und Artikel sowie Statements behauptete er das, obwohl meine Kirche keine Aggressionen gegen Andersglaubende kennt, fürchten sich sogar diejenigen vor dem vermeintlichen Ungeheuer „Mormonismus, die am wenigsten Ursache dazu haben. Sie distanzieren sich von uns.
„Hatten Sie gar keine Angst?“ fragte mich 1996 die Neubrandenburger Buchhändlerin Frau Marquardt (Namensvetterin der Frau Kultusministerin), als ich ihr erzählte, ich wäre gerade aus Utah gekommen. „Warum sollte ich Angst haben?“
„Na, die Mormonen…“ Zum Glück hörte sie mir geduldig zu:
„Nicht die Mormonen, in ihrer Gründerzeit und danach, sondern die Christen sind, nachts mit geschwärzten Gesichtern gekommen um Leute im Schlaf zu überfallen. Die „Mormonen“ haben Christen nicht geteert und gefedert… aber umgekehrt… 36 Mal wurde Joseph oft nachts überfallen und in Kerker gesperrt worden – jedes Mal freigesprochen (abgesehen von einem Fall)
Nicht die Mormonen sind gegen die Christen bewaffnet ausgezogen, sondern es war die US-Regierung in Washington, die gegen die Utah-mormonen eine Armee eingesetzt hatte. 1857 wollten die Christen den Mormonen mit militärischer Gewalt Zivilisation beibringen.“ (88)
Es sei hier nur angemerkt, dass der Utah-krieg als der kurioseste Krieg der Weltgeschichte bezeichnet werden kann. Ein Krieg mit Null Toten und Null Verwundeten, weil die Mormonen, obwohl sie massiv bedroht wurden, auf Verhandlung setzten und der Weisung ihres Präsidenten Brigham Young folgten, der gesagt hatte: Tötet keine Menschen! Wiederholt, befand sich die US-Armee in abgelegenen Tälern der Felsengebirge völlig in der Hand der Mormonen… Warum, um alles in der Welt, haben die Christen diesen ungeheuren Drang, die Dinge auf den Kopf zu stellen?
Wahr ist allerdings, dass parallel zum Anmarsch der Johnston-Armee eine äußerst provokant auftretende Aussiedlergruppe von örtlichen Mitgliedern meiner Kirche aus Rache, wegen früherer Verbrechen eines Teils dieser bedauernswerten Pioniere, ermordet wurde. Mormonenfeinde behaupten, dies wäre auf Weisung der Kirchenführung passiert. Es liegen aber nur gegenteilige Beweise vor. Dies ist ein schwarzes Blatt in unserer Kirchengeschichte, das ausnahmslos alle beklagen.
Jeder, der es wissen will, weiß, dass die „Mormonen“, 1836, mit null finanziellen
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88 Erinnerungsprotokoll

Mitteln eins der beachtlichsten sozialen Experimente in Gang setzten, das die so genannte zivilisierte Welt jemals gesehen hat - und es ist noch lange nicht zum Abschluss gekommen!
Sie haben, noch im 19. Jahrhundert, schrittweise über zweihundert-fünfzigtausend (oder mehr) ausgebeutete, viele vom buchstäblichen Manchesterkapitalismus gezeichnete Menschen Europas aus dem Elend geholt und sie nach Nordamerika gebracht, wo sie ihr eigenes Land erhielten und in Gemeinschaft aus dem Nichts einer Wüsten- und Steppenlandschaft, auf der Basis ihres Glaubens, ein kleines Paradies schufen. Unsere kritischen Gegenüber sollten bedenken, dass ihre Ansichten und Hoffnungen ein wenig renovierungsbedürftig sind, dass es gerade die wichtigsten Partien der Geschichte ihrer Kirchen sind, die sie nachdenklich stimmen sollten. Nicht die Vergehen einzelner Mitglieder aus protestantischen und katholischen Kirchen stehen hier in der Kritik, diese habe sie selbst zu verantworten, auch nicht die Verbrechen einzelner Mormonen, sondern das Tun und Lassen der Federführenden. Hier ist die Rede von den Untaten die von den leitenden Köpfen bzw. ihrer Gremien und aus deren „religiösem Denken“ heraus verursacht wurden. Es ist davon die Rede, dass Männer wie Papst Lucius III., die weltlichen Machthaber 1184 unter Eid verpflichtete, diejenigen zu verfolgen die seine Kirche als Ketzer bezeichnete, oder wie Gregor VII. der Unglückstifter, bei Namen genannt und als Irrlichter erkannt werden
Und: die Feinde meiner Kirche mögen bedenken, ob die Fehlleistungen ihrer Glaubensväter, die zu erheblichen Katastrophen führten, nicht Anlass zu etwas mehr Zurückhaltung geben sollten. Wir kommen nicht daher gerannt die EKD anzuklagen, weil Luthers Judenhass Schule machte. Wir bitten nur um ein wenig mehr Respekt vor unserem Glauben. Wir haben nichts dagegen, wenn die „christlich-ökumenische Kirchengemeinschaft“ etwa das Buch Mormon verwirft, obwohl Dr. Helmut Obst seinen Inhalt als „ethischen Rigorismus“ einstuft. Wir sind nur betroffen, wenn uns aus Kirchenkreisen Diffamie und Hass entgegen schlägt. Es steht zudem die Frage im Raum, ob nicht auch großkirchliche Theologen dafür dankbar sein sollten, dass gutes Verlorenes wiedergebracht wurde, denn letztlich steht jeder vor Gott für sich alleine da. Niemand kann sich auf seine Religion berufen, sondern nur auf das eigene Gewissen und die Stetigkeit seines Bemühens mehr Licht zu suchen um es mit anderen, zu deren Glück, zu teilen. Jeder wird sich selbst der Frage gegenüber sehen, ob er hätte mehr zugunsten einer guten Sache hätte leisten können.


5. Sonderbar unheilige Päpste und Heilige
5.1. Damasus von Rom unterhielt ein kriminelles Verständnis vom Christentum

"Eine Anzahl Arianer Roms gingen am frühen Morgen des 26. Oktober des Jahres 366 in ihre kleine Julii-Kapelle (heute: St. Maria in Trastevere)...Deshalb rückte „(um) acht Uhr morgens, Damasus mit seinem gottlosen Anhang heran. ... mit (dem) gesamten Klerus, alle mit Beilen, Schwertern und Knitteln bewaffnet... während kein einziger Damasianer fällt erliegen 160 Ursinaner dem Angriff." Bischof Ursinus entkommt mit einigen Freunden.“ (89) 
Obwohl diese Darstellung erwiesenermaßen zutreffend ist, und obwohl diese grauenhafte Aktion erst den Auftakt zum 2jährigen Krieg zwischen Athanasianern und Arianer bildet, erklärt die vatikanische Seite wohlwollend:
„(Damasus) musste sich gegen den Minderheitskonkurrenten Ursinius behaupten. Er baute seine Vormachtstellung erfolgreich als Nachfolger Petri aus, indem er die kirchliche Gerichtshoheit im Westen ausübte. Er verlangte einen gesetzlichen Zölibat.“ (90)
Vormachtstellung! Das ist des schwarzen Pudels Kern. Dass Damasus glaubt er sei Petri Nachfolger konnte ihm niemand verbieten, was allerdings Petrus oder der Herr selbst dazu sagen würden, ist kaum fraglich. Damasus Tun findet im Betragen von Wölfen seine Entsprechung. Auch da gibt es, im Raubtierrudel, gelegentlich tödliche Rangauseinandersetzungen, bis feststeht wer der Alpharüde ist. Beschämend ist, dass Leute wie Damasus, bis heute von Kirchen geehrt werden, die massiv den Anspruch erheben christlich zu sein. Damasus Gedenktag katholisch: 11. Dezember
Gedenktag orthodox: 13. November
Gedenktag armenisch: 11. Dezember
Papst" Damasus (305-384) gehört zwar, wie die Lamaniten des Buches Mormon, zu den "Siegern der Geschichte"... doch deren jeweilige Bosheit konnte nur schwerlich übertroffen werden. ___________ 
89 Martin Rade lic. Theol. „Damasus, Bischof von Rom“  
90 Begleittext zur offiziellen Papstliste

Siehe Raffael: Gemälde, in der Loggia des Damasus-Palastes im Vatikan.

Das "Ökumenische Heiligenlexikon" schreibt:
„Nach Liberius' Tod wurde Damasus I. 366 zu dessen Nachfolger gewählt; eine Minderheit hatte schon zuvor aber Ursinus gewählt. Kämpfe und blutige Auseinandersetzungen folgten - zuletzt in der Basilika Liberii (auch Sicinini) mit mehr als 100 Toten; die Unruhen nahmen erst nach zwei Jahren durch das Eingreifen des Kaisers ein Ende, Ursinus musste weichen. Die Gegner machten Damasus aber lange noch das Leben schwer; 377 wurde er des Mordes bezichtigt, eine von ihm einberufene Synode sprach ihn aber frei."
„Eine Krähe hackt der anderen kein Augen aus“, sagte Shakespeare. Treffender: Mit Geld kannst du alles kaufen, sogar einen Freibrief. Bekanntlich verfügte Damasus über Millionen.
Konstantins Idee, auch Jesus Christus in die Vielfachverbindungen seiner Götterwelt einzubinden, musste direkt ins Verderben führen, zu eben solchen Kapitalverbrechen. Der scheinbar persönliche Kampf zwischen den Bischöfen Ursinus (-384) und Damasus (305-384) sollte einer von welthistorischer Bedeutung werden, denn mit Damasus „Sieg“ wurde der Kurs der konstantinischen Kirche in Richtung erbarmungslos-diktatorische Weltmacht fortgesetzt. Provoziert wurde das Blutvergießen von Damasus. Ihm ging es darum, dass den Katholiken (den Athanasianern) die Vormacht nicht nur in Rom zufällt. Dagegen wollten die Arianer (die Origenisten, die Altchristen) nur ihre Daseinsberechtigung bewahren. Johann Ersch ist der zwar der Auffassung, dass der Arianerbischof Ursinus kaum besser war als der Angreifer Damasus. Er sagt wenig überzeugend:
„Ohne Zweifel trugen beide Bischöfe (Ursinus und Damasus) gleiche Schuld an dem blutigen Volksaufruhr, beide beherrschte die gleiche Leidenschaft und gleiche Lust nach Herrschaft vom römischen Bischofsstuhl aus.“ (91)
Wäre ihre Herrschsucht auch nur annähernd gleich groß gewesen, hätten die Angegriffenen sofort und nicht erst später, defensiv, zurückgeschlagen.
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91 Johann Samuel Ersch „Allgemeine Enzyklopaedie“


5. 2 Ambrosius von Mailand (337-397), die römische Machtfrage sowie die Erinnerung an die Riminisynode 359

Offiziell heißt es:
“Die Mutter des Ambrosius zog nach dem frühen Tod ihres Gatten, der als praefectus praetorio Galliarum eins der höchsten römischen Staatsämter verwaltete, mit ihren Kindern nach Rom. Dort erwarb er sich eine treffliche allgemein-wissenschaftliche und juristische Bildung. Ambrosius war erst kurze Zeit Statthalter von Oberitalien mit dem Sitz in Mailand, als 374 der dortige arianische Bischof Auxentius starb. Er eilte in die Kirche, um den anlässlich der Bischofswahl heftig entbrannten Streit der Arianer und Orthodoxen zu schlichten, war aber völlig überrascht als er nun von den beiden Parteien zum Bischof gewählt wurde, obwohl er … noch nicht getauft, war. Ambrosius ließ sich von einem orthodoxen Bischof 30.11. 374 taufen und 7.12. zum Bischof weihen und widmete sich dem Studium der theologischen Literatur, besonders der griechischen Kirchenväter. Er verteidigte die nicänische Rechtgläubigkeit gegen den Arianismus und überwand ihn…“ (92) … aber mit unerlaubten Mitteln!
Schlichten Gemütern mag es genügen zu hören er habe den Arianismus überwunden. Doch so mild wie diese Kurzbiographie klingt und so sanft wie er dreinschaut, auf diesem wahrscheinlich zu seinen Lebzeiten entstandenen Bild, ist er nicht. Auch das Kreuz auf seiner Brust ist unecht, - es wurde irgendwann hinzugefügt - denn Kreuze treten nachweislich erst nach 430 im Kirchenleben auf und sein „Siegeszeichen“ sah eher dem seines Vorgängers im Glauben und Wirken, Konstantin, ähnlich. Die ungeschönte Geschichte seines Tuns sagt, er sei der brutalste unter den Machern der katholischen Kirche gewesen, ein Diktator und Kriegshetzer. All das kommt jedoch nicht aus einem verdorbenen Geist, sondern aus dem normalen Denken eines konsequenten gottgläubigen Staatsmannes, der zwar zu edlen Gefühlen fähig ist,
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92 Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Verlag Traugott Bautz

sich aber über sie hinwegsetzt, wenn es ihm erforderlich zu sein scheint. Kühlen Herzens wird er die gesamte römische Welt in die Tiefen der Unkultur stürzen. Er wird das Aussehen der antiken Welt, durch die von ihm inspirierte Gesetzgebung völlig verändern und schließlich zerstören, weil er das für seine Pflicht als „Römer“ und „Christ“ hält. Vor ihm kamen schon Plünderungen griechischer Heiligtümer vor, mit und nach ihm geschah das systematisch. Er sollte erst recht seit seiner Taufe die Funktion des spiritus rector Roms und Mailands auf Lebenszeit bekleiden.
Schamlos bekennt er sich in einem Brief an Kaiser Theodosius als Brandstifter und Antisemiten. Davon wird noch näher die Rede sein.
Lebenslänglich wird er für das Wohl des Staates kämpfen. Als betont „athanasianisch-nicänischer“ Christ, seit dem Vortag seiner Taufe, wird er fortan in Wort und Tat unentwegt und sehr heftig sein Credo verkünden:
„Der Glaube an Gott und die Treue zum Imperium Romanum können nicht voneinander geschieden werden...“ (92) Das ist Konstantinismus pur. Widerlich anmutend steht eben deshalb die Unredlichkeit dieses Satzes im Raum: „Er verteidigte die nicänische Rechtgläubigkeit gegen den Arianismus und überwand ihn…“ In Wahrheit leistete Ambrosius aus rein politischen Erwägungen seinen Eid zugunsten des Katholizismus, der im Verlaufe der Zeit zu seiner Herzenssache wurde, was aber nicht zugunsten dieser Mixreligion spricht. Er ist der Vater des Gesetzes zum Glaubenszwang, Cunctos populos. Das mag bestreiten wer kann.
Ambrosius hat es in seiner Verblendung möglicherweise sogar gut gemeint, als er, 380, mit Cunctos populos gewollt oder ungewollt die Startsignale zur Vernichtung der antiken Welt gab. Indem er sein Einparteiensystem durchsetzte gab er das Vorbild für die Entwicklung der Ideen eiskalt kalkulierender Diktatoren des 20. Jahrhunderts. Dass er dafür von gewissen Religionsverkündern die obendrein stolz auf ihr Christentum sind, bis heute gelobt wird, ist schier unglaublich. Das ist nicht länger hinnehmbar. Bestenfalls war es eine Frechheit, die Behauptung von der alleinigen Daseinsberechtigung der „katholisch-trinitarischen“ Religion ins Zentrum der noch einigermaßen intakten antiken Welt mit staatlicher Gewalt hineinzupressen. Ambrosius von Mailand gehört mit diesem zumindest von ihm erwünschten Unrechtsgesetz zu den Zerstörern des Individualrechtes, das Gott den Menschen gegeben hatte.
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92 Günther Gottlieb „Ambrosius von Mailand und Kaiser Gratian“

Alle Bemühungen seitens katholischer Meinungsmacher Ambrosius rein zu waschen sind für die Katz. Damals geschah innerhalb des römischen Reiches nichts von Belang, wenn er es nicht wollte. Das weiß die Welt. Obendrein zu sagen Cunctos populos sei ein „Dreikaiseredikt“ und nicht das Produkt des „Saint Ambrose“ ist, um ein stärkeres Wort zu vermeiden, intellektuell unredlich. Die drei Kaiser, die Verfasser des grauenvollen Textes sein sollen, waren zu diesem Zeitpunkt der Verabschiedung im Winter 380, die Kaiser Gratian, Theodosius und Valentinian II.
Cunctos populos kann jedoch ihrerseits nicht gewollt sein, weil sie entweder im Fall Gratian zu tolerant oder wie Theodosius noch nicht getauft waren und Valentinian II. erst ein neunjähriges Kind. Er wirkte vor der Stärke des Löwen Ambrosius wie ein neugeborenes Kalb. Der Knabe Valentinian II. soll sich gegen seine Mutter, die arianisch glaubende Justina gestellt haben? Warum sollte er? Gerade sie wurde durch das Edikt ins Herz getroffen. Man sollte aufhören uns für dumm zu verkaufen. Wer gestattete wem Cunctos populos das „Dreikaiseredikt“ zu nennen? Rückt das Schiefe gerade, sonst zerstört ihr den Rest an Glaubwürdigkeit, den ihr noch genießt.
Er, der allein wahre Gott, jedenfalls werde niemanden zum Guten zwingen, das betonte nicht nur Origenes immer wieder. Ambrosius hingegen hinterließ Scherben im Kleinen und Ruinen im Großen. Er und sein Freund Augustinus von Hippo mit seinem gegen die harmlosen Donatisten gerichteten Schlachtruf „Compelle intrare“, bahnten der mörderischen Inquisition den Weg.
Die Hitleranhänger, Leninisten, Stalinisten und die Pol Pots haben mit ihrer gnadenlosen Einparteienherrschaft, im Stile des Ambrosius von Mailand, die alte Welt zwar gleichermaßen zerschmettert, doch wer würde es heute noch wagen diesen Herren öffentliche Gedenktage zu widmen?
Der lautere Hippolyt von Rom (170-235) brachte es auf den Punkt. Er gab dem ewig gültigen Prüfstein den wunderbaren Aufdruck: dass „auf die Erkenntnis der Wahrheit, immer die Taten der Liebe folgen müssen“. Zahllose Menschen seiner Zeit sollten die absolute Lieblosigkeit des auf einem Mosaik so unschuldig drein schauenden Ambrosius kennen lernen. Er wagte es den Ostgoten die Todfeindschaft des römischen Reiches zu erklären, obwohl diese Leute händeringend um seinen Schutz baten, von denen viele getauft, sich den Geboten Christen verpflichtet hatten. Wo nahm Ambrosius, nachdem er sich angeblich zu Christus bekehrt hatte, das Recht her, seine Mitchristen und die antike Welt zu zerschmettern? Und wo nehmen ernstzunehmende Historiker das Recht her, dieses Mannes Diktat zu verniedlichen?
Aber wir haben daraus gelernt und zwar alle Seiten die auf den Glauben an Christus setzen. Die Griechen standen entsetzt da, als sie, infolge der Politik des Ambrosius von Mailand und seitens der Ecclesia militans grenzenlosen Hass über sich ergehen lassen mussten. Der blinde Fanatismus der Christenmönche traf ihre Tempeldiener reichsweit.
Cunctos populos erlaubte z. B. Bischof Theophilus, der ein strammer Nicäner war, nur elf Jahre nach Veröffentlichung des antichristlichen Gesetzes die Zerstörung der Tempel der Hellenen zu Alexandria. Alles dürfe und solle nach seinem, Bischof Theophilus Gutdünken geschehen! Es gibt – bislang - keinen Beleg dafür, dass Ambrosius protestiert hätte, auch nicht, dass er, der damals, 391, 54-jährige Kaiserberater schon senil gewesen wäre, oder nicht hinlänglich informiert. Soviel ist sicher: ohne Ambrosius wäre es nicht passiert, nicht in diesem Ausmaß, nicht systematisch! Die heutigen Hellenen klagen an – und ob sie gehört haben oder nie erfuhren, dass Jesus versprach, dass diejenigen die nach Gerechtigkeit hungern satt werden sollen, - dann wird das dermal einst auch zu ihren Gunsten geschehen.
„Ambrosius, Bischof von Mailand, beginnt (nach 380) alle Tempel seines Gebiets zu zerstören. Die christlichen Priester führen den hungrigen Mob gegen den Tempel der Demeter in Eleusis und versuchen, die Hierophanten Nestorius und Priscus zu lynchen. Der 95 Jahre alte Hierophant Nestorius beendet die Eleusinischen Mysterien und verkündet die Herrschaft geistiger Dunkelheit über die menschliche Rasse. Am 2. Mai 381 beraubt Theodosius die Christen, die zur heidnischen Religion zurückkehren, aller ihrer Rechte. Im gesamten östlichen Imperium werden Tempel und Bibliotheken geplündert oder niedergebrannt. Am 21. Dezember stellt Theodosius auch einfache Besuche der hellenischen Tempel unter Strafe. In Konstantinopel werden der Tempel der Aphrodite in ein Bordell und die Tempel des Helios und der Artemis in Ställe umgewandelt.... „ (93)
Eine andere Quelle sagt:
„…Als (Bischof) Theophilus diese Erlaubnis erhalten (hatte), wandte er Alles an, um die Mysterien der Hellenen zu beschimpfen, und er reinigte das Mithreion und warf das Serapeion nieder, und die phönizischen Mysterien des Mithreions verhöhnte er öffentlich...Als nun das Übel gestillt war, kamen dem Theophilus zur Zerstörung der Tempel der Präfect von Alexandria und der Anführer der Truppen zu Hilfe. Die Bilder der Götter aber wurden zu Bechern und zu anderen Bedürfnissen der Kirche von Alexandria eingeschmolzen, (obwohl) der Kaiser die Götzen __________
93 Vlassis G. Rassias, “Christian Persecution against the Hellenes“

zum Unterhalt der Armen geschenkt hatte... Dieser Tempel – Serapeion - war aber an Schönheit und Größe der glänzendste, auf einer Anhöhe gelegen. Von den Wänden des Innern Heiligtums glaubte man, dass sie zuerst mit goldenen Platten überzogen seien, darüber mit silbernen und zuletzt mit ehernen, die zum Schutze der edlen Metalle dienten...“ (94)
Wikipedia: Concordiatempel: Bischof Gregorius von Agrigentum ließ den Tempel im Jahre 597 in eine christliche Basilika umwandeln
Es gibt den interessanten Hinweis Serapis sei jener Joseph gewesen, der Ägypten vor einer Hungersnot bewahrte. (Pharaos Traum von den 7 fetten und den 7 mageren Kühen) Wenn das zutreffen sollte, bestünde tatsächlich Gemeinsames zwischen dem großen ICH BIN der Israeliten durch dessen Licht Joseph die Bedeutung eines Traumes des Pharao erkannte, sowie der Religion und Wertschätzung gewisser Hellenen die sie Joseph erwiesen. Der noch von Hippolyt und Origenes wohl bewahrte Geist des Urchristentums wich vor der Gewalt in den Untergrund. Was scherte es die angeblich christlich eingestellten Machthaber, dass Jesus gewarnt hatte: Alles was ihr wollt, das euch die Menschen tun, das tut ihr ihnen zuvor. Antichristliches Denkgut dominierte fortan. Unrecht durfte geschehen, wenn es der Vormacht der Kirche nutzte. Solcher Gesinnung würde sich jedes Mitglied der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage mit aller Entschiedenheit widersetzen. Origenes und Hippolyt und die meisten Bischöfe ihrer Zeit hatten wieder und immer wieder angemahnt, dass Gott der Vater, von seinen Kindern vor Allem erwartet, statt nach Macht zu streben, das ihnen zugängliche und erworbene Licht und die Kraft der Liebe zu wahren und zu verbreiten. Vergeblich. Das Naturell gewisser Neuchristen erwies sich als stärker. Sie wollten reich und schnell bedeutender werden.
Origens und Hippolyts immer mächtiger werdende Feinde kamen aus den eigenen Reihen. Ellenbogenkämpfer. Um jeden Preis wollten sie vorherrschen.
Als Ambrosius, im Todesjahr Kaiser Konstantins in einer Patrizierfamilie zur Welt kommt, ist Rom dreigeteilt, denn aus der Ehe Konstantins mit Fausta gingen drei
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94 „Quellen der byzantinischen Kunstgeschichte“ übers. von Friedrich Wilhelm Unger

Söhne hervor, Konstantin II. (316-340), Constans (320-350) und Constantius II. (317-361)

Bild Wikipedia: Das dreigeteilte römische Reich

Ältester Konstantinsohn ist Konstantin II. (316-340) ein Athanasianer (d.h. er ist Katholik bzw. Nicäner) Herr des Westens, mit Spanien, Frankreich, England. Hauptsitz: Trier. Er erwies sich als besonders machtgierig, wollte wahrscheinlich Italien, gegen Bruder Constans, der ebenfalls ein Nicäner war, hinzugewinnen. Seiner Gewinnsucht wegen sollte er schon früh, vierundzwanzigjährig sterben. Möglicherweise wurde er in eine Falle gelockt, als er sich mit seiner Armee in Oberitalien befand. Angeblich sei er nur auf dem Durchzug nach Asien gewesen, um dort seinen antinicänischen (arianischen) Bruder Constantius gegen die Perser zu unterstützen. Schwer glaubhaft.
Kaiser Constans (320-350), regierte seinen Reichsteil von Mailand aus. Deshalb erlangte die Stadt ihren erheblichen politischen Rang. Constans konnte schroff sein und schuf sich auch in der Armee Feinde, was schließlich dazu führte, dass er erst dreißigjährig auf der Flucht von einem Beauftragten seines Nebenbuhlers und usurpatorischen Gegenkaisers Magnentius im Bereich der Pyrenäen umgebracht wurde. Bruder Constantius (317-361) hatte sich als Arianer geoutet, vielleicht angepasst, denn im Ostteil des römischen Reiches glaubten die meisten Christen weiterhin überwiegend urkirchlich-arianisch. Gleichen, groben Geistes handelten die drei Brüder ähnlich kaltschnäuzig und zielstrebig wie ihr Vater, gemäß der Kategorien Machtzuwachs und Disziplin. Man sagt mit deutschem Volksmund; „der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“. Wären sie ihrer innersten Gesinnung nach Christen gewesen, wahrlich Bekehrte, - wie sie zu sein vorgaben - Gewandelte, die aus einer harmonisch gewachsenen Gewissheit verinnerlicht hatten, dass Christi Gebote, sowie ihr Bündnis mit ihm wichtiger sind als ihr irdisches Erbe, dann hätten sie einander nicht belauert und gehasst.
Wären sie wirklich Christen gewesen, hätten sie auch die innerkirchlichen Gehässigkeiten unterbunden und nicht gefördert. Vor allem hätten sie von Beginn an nicht geduldet, dass alle potentiellen Mit-Erbe-berechtigten im großen Familienclan ermordet werden. In diesem Punkt könnten sie sogar einmütig gehandelt haben.
Einige, vor allem katholische Historiker sehen in Constantius den Anstifter zu den Verwandtenmorden. Das würde auffallend in ihr Geschichtskonzept passen. Er sei der Störenfried, weil er den katholischen Trinitarismus ruinieren wollte. Das ist wohl wahr. Aber je nach Interessenlage wirkten sie zusammen, die drei Brüder, ihre eigene Vormacht schützend. Constantius, nach dem Tod der Brüder, plötzlich Alleinherrscher geworden, plante tatsächlich nicht anders als sein Vater, den Reichseinheitsglauben zu nutzen, diesmal nur umgekehrt.
Bild Wikipedia von Classical Numismatic Group: Konstantin II. Athanasianer (Katholik bzw. Nicäner) 

Sonderbar ist vor allem die immer noch heidnisch praktizierte, mit dem Christentum nicht verträgliche Verehrung der geflügelten, Lorbeerkranz überreichenden Göttin Victoria

Bild: Kaiser Constans (320-350) Nicäner Kaiser Constantius (317-361) Arianer

Constantius wollte das Reich vollständig aus dem Katholizismus herauszuführen. Das hätte die Welt vielleicht positiv verändert, - vielleicht, weil es jeweils der Fanatismus, der blinde Starrsinn ist, der nur zerstören kann. Auch Arianer, die vom ursprünglichen Geist abgewichen waren, konnten gehörig austeilen.
Und, da lebte in Alexandria der Herr Athanasius noch, der Unruhestifter, der bei alledem kräftig mitmischte.
Die Riminisynode 359
Ambrosius ist erst zwanzig Jahre alt, als sein Kaiser Constantius die ihm wichtig erscheinenden Bischöfe des nun wieder geeinten Imperiums nach Rimini einlädt. Wie sein Vater damals zu Nicäa, weiß Constantius im Voraus wie das Schlusskommunique zu lauten hat und lauten wird, - nämlich zugunsten der Arianer!
Aus den überwiegend athanasianisch dominerten Gemeinden Italiens, Galliens und des Balkangebietes kamen die einen angereist, sowie Spanier gleicher Gesinnung und andererseits deren Gegner, eine geringere Anzahl arianischer Bischöfe. Die teilweise sehr heftigen „Katholiken“ sollten in Rimini arianisch „umgeschult“ werden. Das war und ist allemal machbar. Unter Umständen lassen Menschen sich leicht beeinflussen, auch diejenigen, die so tun als wäre ihre Überzeugung hart und echt wie ein Diamant.
Viele Nationalsozialisten, die vor Hitler demokratisch dachten und sogar eigentlich eher unpolitische Offiziere und Soldaten, gingen 1941 für ihren Führer noch durchs Feuer. Vier Jahre später wünschten sie daran nicht mehr erinnert zu werden. Die Mao- und die Stalinkommunisten waren Meister der
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Umschulung und der Hirnwäsche, die auch in den USA, zur Zeit des McCarthy – Ausschusses und danach, stattfanden.
Prof. Hans Lietzmann schildert den Verlauf der Riminisynode lebhaft: 
„In Rimini kamen über 400 Abendländer zusammen... die ... Mehrzahl der Bischöfe erklärte, von dem nicäischen Bekenntnis nicht abgehen zu können... es kam schnell zu einer Scheidung der Parteien, und die (dem) Kaiser zustimmende Minderheit von 80 Bischöfe(n) verließ die große Kirche und verlegte ihre Sitzungen in einen leerstehenden Saal.
Am 21. Juli 359 wurden Bischof Valens von Mursa, Ursacius und Gaius als Häretiker und Feinde des nicäischen Glaubens verdammt... Beide Seiten schickten je 10 Bischöfe oder Deputierte zum Kaiser. Das Schreiben der (größeren katholischen) Synode lehnte jede Erörterung der gemachten Vorschlage ab und forderte Erlaubnis zur Heimreise. Die kaiserliche Antwort lautete: „Der Monarch sei zur Zeit nicht in der Lage die Deputation zu empfangen... er habe aber angeordnet das die Herren in Adrianopel warten sollten bis er zurückkehre...Sie aber drängten, sie müssten zurückkehren... doch sie saßen in Nike einem kleinen Nest bei Adrianopel fest... bekamen fleißig Unterricht über die theologischen Anschauungen Bischof Valens von Mursia, bis sie endlich am 10. Oktober bereit waren, ihren Auftrag zu verleugnen, die Absetzung des Valens und Genossen zu widerrufen, in Kirchengemeinschaft mit ihm zu treten und das vorgelegte Symbol zu unterzeichnen.... Das Aktenstück enthält 14 Namen. Jetzt durften sie zurückreisen und von ihren theologischen und höfischen Erfahrungen berichten. Dort (zurückgekehrt nach Rimini) erfuhren sie auch, dass der hohe Staatskommissar der Praefectus Praetoriio Taurus, (angewiesen worden sei), die Bischöfe nicht eher nach Hause reisen zu lassen, bis sie sich geeinigt hätten. Als Belohnung war ihm das Consulat des nächsten Jahres in Aussicht gestellt... (wenn alle unterzeichneten) Ein hartnäckiger Rest könne in die Verbannung geschickt werden, es dürften aber nicht mehr als 15 Bischöfe sein...
einer nach dem anderen sah ein, dass er eigentlich gar keine Ursache habe zum Märtyrer des nicäischen Bekenntnisses zu werden. Es war ja freilich als Parole ausgegeben worden, aber doch erst seit wenigen Jahren und nur zum kirchenpolitischen Gebrauch: Im kirchlichen Leben des Abendlandes spielte es gar keine Rolle, und wer konnte überhaupt diese griechischen Spekulationen verstehen? Ossius (über einhundertjährig) und Liberius hatten ja schließlich auch mit sich reden lassen, und es werde allmählich kälter und der Heimweg war weit.... (Vielleicht, war einer da, der darauf verwies, dass daheim die lieben Ehefrauen sich bald von anderen Männern trösten lassen könnten. Sie waren ja fast ausnahmslos Verheiratete. G.Sk.) „Scharenweise wechselten die milde gewordenen hinüber, schließlich blieb eine Gruppe von 20 Aufrechten übrig, aber auch sie erlagen am Ende dem Zureden des Valens (gemeint ist hier der antinizänische Bischof Valens von Mursa G.Sk.) und sie schickten eine Erfolgsmeldung an den Kaiser, sie möchten nun endlich nach Hause entlassen werden.“ (95) So, nun waren sie alle Arianer! Athanasius schäumte als ihn die Botschaft erreichte: „Diesen Wisch von Rimini“ werde er vom Tisch fegen, und so sollte es Schritt für Schritt geschehen.
Die Umstände wirkten zu seinen Gunsten. Athanasius der große Unruhestifter tat was er konnte. Er und seine Nicäner machten nun umgekehrt geltend, der Kaiser hätte die Seinen gezwungen das diesmal arianische Bekenntnis zu unterschreiben. Hohn und Spott kam auf die Umfaller und der Hass zwischen den Christen nahm zu. Leider stirbt Constantius II. während eines Feldzuges im Osten wo er kurz zuvor schwer erkrankt war.
Bild Wikipedia. Julian (Apostata – der vom christlichen Glauben abgefallene)
Julian (330-363) sein Vetter folgte ihm auf dem Thron nach. Er war einer der längst eingesehen hatte, dass Christen sehr zu Gehässigkeiten und Haarspaltereien neigten, dass sie bereit waren wegen Nichtigkeiten einander an die Gurgel zu gehen. Das wird er, Kaiser Julian, unterbinden. Er werde den von den Christen attackierten Juden zu Hilfe kommen und das Heidentum fördern, sowie das sogenannte Christentum beschneiden. Bedauerlicherweise regierte Julian aber nur zwei Jahre, ehe er im Kampf fiel. Wäre ihm ein längeres Leben beschieden gewesen, hätte die Weltgeschichte sehr wahrscheinlich einen besseren Verlauf genommen. Unter ihm wäre es gesitteter zugegangen. Er wollte den jüdischen Tempel zu
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95 Hans Lietzmann, „Geschichte der Alten Kirche“

Jerusalem wieder errichten lassen (wäre es dort bei Aufräumungsarbeiten auf dem Tempelplatz nicht zu einer verheerenden Explosion gekommen.) Er korrigierte nach jüdischen Quellen, die zu Lebzeiten Kaiser Konstantins gefälschten Steuerlisten und gab damit den Juden wenigstens die Steuergerechtigkeit zurück. Athanasius (298-373) überlebte all diese Herren Roms, sonst wäre Ambrosius wohl nicht zum Zuge gekommen, der sich ein Jahr nach dessen Tod athanasianisch taufen ließ. Eins kam zum anderen, wie eine Lüge zur anderen. Die Lüge ist es, die immer und überall alles verdirbt, obwohl sie als Heilpflanze gedacht wird.
Da wie hier diktierte der jeweilige Kaiser die ihm genehme Vorstellung wie Gott zu sein hat, mit dem „kleinen“ Unterschied, dass Vater Konstantin den antlitzlosen Dreieinen Gott und Sohn Constantius die im Willen einige Dreiheit proklamierte. Wäre der willensstarke Kaiser Constantius jedoch 65 Jahre alt geworden, dann hätte Ambrosius ihm nicht widerstanden. Warum auch? Ambrosius wäre kaum in den Sinn gekommen gegen irgendwelche hochamtlich genehmigten Beschlüsse starker Kaiser aufzubegehren. Dass er später den Umständen entsprechend die Ergebnisse der Riminisynode völlig ignorieren und deren Texte quasi verdammen wird, ist ebenso normal, denn die Kaiser nach Julian scherten sich nicht viel um das Gezänke wegen des „wahren“ Wesens Gottes. Jedenfalls Valentinian I. (321-375) mischte sich da nicht ein. Er hielt sich zwar für einen Christen, aber für einen toleranten, das hatte er von Julian Apostata gelernt, der ihn noch zum Tribun der Scutarii ernannt hatte. Seine bald verwaisten Söhne Gratian und Valentinian waren leider zu jung und zu schwach. Sie standen von Beginn an unter dem Pantoffel des Herrn Ambrosius, der sie miserabel beriet. Das beweist der Geschichtsverlauf. Valentinian starb und die Last lag nach der Niederlage des Valens auf den Schultern Gratians, und der war verunsichert und erst neunzehn Jahre alt.
Irgendwann um 361, nach dem Tod Kaiser Constantius, muss Ambrosius sich mit den Ereignissen der Riminisynode beschäftigt haben, denn wo man auch hinschaute, es brodelte in Christenreihen. Sie verspotteten einander. Wenn jemand fragte wie spät es sei, antworte der Angesprochene: „der Sohn ist geringer als sein Vater“, traf man aber einen Katholiken beantwortete der dieselbe Frage mit den Worten: „der Sohn ist sein Vater“. In Konstantinopel, und andernorts „schlugen die Fischfrauen einander ihre Ware um die Ohren: „homo i usios!“ „NEIN! homo-usios!“ so überliefert durch Pfarrer E. F. Klein und die gebildeten Paganen lachten sich eins ins Fäustchen. Ambrosius weiß, dass der
arianische Missionar Wulfila im Donaugrenzland sehr erfolgreich arbeitet, so erfolgreich, dass ihn die nicht bekehrungswilligen Goten zwangen bei den Römern Schutz zu suchen. Statt da jedoch still zu halten warb er Katholiken ab und machte sie zu Arianern. Ein paar Jahre ließ ihn das kalt. Bis er selbst 374 von dem Strudel erfasst wurde. Gerade eben zum Statthalter von Oberitalien ernannt, wird Ambrosius von einer aufgeregten Menge Christen beider Glaubensrichtungen gebeten ihr Bischof zu werden. Sowohl die Arianer wie die Katholiken meinen, er sei der Mann der endlich den alten Frieden wiederherstellt. Am 30. November 374 lässt Ambrosius sich taufen und wird nur eine Woche später Bischof der Zentralgemeinde! Mailands. Anzunehmen ist, dass Ambrosius zuvor ein paar Tage lang ehrlich um die Erkenntnis rang, welche der beiden Gruppen er bevorzugen wird. Für die Arianer sprach ihre auffallend größere Toleranzbereitschaft, gegen sie jedoch, dass auch sie zerstritten waren. Für die Katholiken sprach ihre Schlagkraft und Glaubensstärke. Vor allem musste er, der lebenslänglich die „Treue zum Imperium Romanum“ obenan stellte, bedenken, dass die Goten als Flüchtlinge vor den wilden Hunnen, vom Norden her kommend zunehmend den Arianismus propagierten und zeitgleich den Wunsch äußerten ins Reich kommen zu dürfen. Ambrosius sah deutlicher als je zuvor, dass es zu einem Überfremdungs-prozess käme, wenn er ihren Hoffnungen entspräche. Das Reich könnte es nicht verkraften. Er muss den gotischen Familienvätern ein hartes Nein sagen. Sie sind personae non grata –. Er empfand die Fremdenangst eines Herrn Seehofer, Ministerpräsident Bayerns, der in unseren Tagen streng darauf besteht, dass die Zahl der Aufnahme andersgläubiger Nahostflüchtlinge begrenzt wird.
Bild Wikipedia: Seit etwa 270 lebten einige ostgotische Stämme (Visigothi) nördlich der Donaugrenze.
Ab 341, von Eusebius von Nikomedia geweiht, missionierte Wulfila in Moesien erfolgreich. Als Arianer stieß er auf erstaunliche Gemeinsamkeiten im Gottesglauben der Germanen, denn die Vater-Sohn-Gott- Beziehung entsprach ihrem Glauben: Wulfilas Credo lautete nämlich, entgegen den Bemühungen von Theologen unserer Tage, die Arius unterstellen, er leugne die Gottheit Christi:

 „Jesus ist der „filius unigenitus, Dominus et noster... wir glauben an Gott den Vater und an seinen eingeborenen Sohn, unseren Herrn und Gott, Werkmeister und Bildner der gesamten Kreatur, der seinesgleichen nicht hat.“ (95-2)
Damit fand er Eingang ins religiöse Leben der frühen Deutschen. Die rötlich eingefärbten Gebiete standen unter dem Schutz römischer Legionen bei denen Wulfila nach sieben Jahren des Wirkens Schutz vor nichtchristlichen Goten suchte. Ein weiterer Blick auf Lage der Provinz Moesia in Europa zeigt, dass Ambrosius Überlegungen in gewisser Weise sogar verständlich sind, denn niemand wusste, wie viele Goten es gab, was sie wirklich begehrten und was bei alledem herauskam. Sie könnten letztlich Rom den völligen Garaus bereiten.
Wikipedia Die Kaiser Valentinian I. (321-375) und Valens (328-378) waren plötzlich wieder uneins in ihrer Betrachtung der Flücht-lingsfrage. Auch sie suchten Rat bei dem jüngeren aber versierten Ambrosius von Mailand, werteten ihn damit weiter auf. Sie selbst bemühten sich offen tolerant zu sein. Sie sympathisierten mit den Arianern. Im Sommer 378 drangen mehr als je zuvor Goten bis an die bewachten Grenzen des römischen Gebietes, einige setzten hinüber.
„Mit Kähnen kamen sie über die Donau... die Goten sollten (allerdings) für ihre Aufnahme ins Reich bezahlen, zu viel, (was sie nicht leisten konnten) so nahmen die (römischen) Kommandeure die Kinder der Goten…“ (96)
Und es sollte zunehmend heftiger strömen. Damit wird diese Flucht zur Völkerwanderung. Sie hätte auf Europa befruchtend einwirken können, denn wo es Goten gab, gedieh, ihrer intelligenten und toleranten Grundhaltung wegen, die Kultur. Kaiser Valens, (328-378) ohnehin einsichtig, auch in Glaubensfragen, erlaubte ihnen die Reichsgrenze zu überschreiten. Zumal die Goten, aus seiner Sicht der Dinge, gemeinsam mit den Legionen ihre neue Heimat und ihre gemeinsame christliche Religion, gegen das Hunnenvolk, verteidigen wollten. Vielleicht waren die Kaiser Valens erreichenden Informationen gefälscht. Unerwartet stellte er sich gegen sie.
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95-2 Gert Haendler „Die Rolle des Papsttums in der Kirchengeschichte bis 1200“ 
96 Leopold von Ranke „Werk und Nachlass“

„Darüber kam es (im August 378) zum Kampf ... und in der Schlacht bei Adrianopel in der Kaiser Valens fiel, siegten die Goten ...“ (97)
Dass die römischen Offiziere, - die im Allgemeinen die Kampfkraft der Germanen schätzten, - ihren neuen Verbündeten, wie behauptet wird, die Lebensmittel-lieferungen sperrten, oder ihnen die Kinder wegnahmen macht keinen Sinn. Angeblich ihrer Kinder wegen oder aus Hunger eine Revolte anzuzetteln konnte sie selbst nur in neue Gefahren bringen. Valens habe die gotische Empörung niederschlagen wollen? So marschierten sie gegeneinander. Aber warum wirklich? Wer hetzte gegen wen? Da sind viele Fragen offen.
Gratian (359-383) wurde zu Hilfe gerufen. Ambrosius riet ihm natürlich gemeinsam mit Valens die Goten zurückschlagen, um sie aus dem Balkangebiet zu verdrängen. Doch die Situation hinderte Gratian daran Valens rechtzeitig die zugesagte Hilfe zu leisten während Valens die Schlacht von Adrianopel verlor. Daraus sollte mehr als eine unglücklich verlaufene Schlacht werden, nämlich ein verlorener Krieg für Rom. Der Tod Kaiser Valens, der zu den Arianern gehalten hatte, kam den Nicänern sehr gelegen. Nun war der Weg frei für Gratian den 19jährigen, - der an Ambrosius glaubte, - als Gesamtkaiser zu herrschen. Andererseits plagte den jungen Kaiser das Gewissen. Er wünschte mit den Goten Frieden zu schließen. Aber Ambrosius sagte erneut sein lautes Nein! Er behauptete, im Stil und Sinn des Athanasius, die Goten seien Gottesfeinde. Er war Gratian an innerer Autorität und Weitsicht überlegen. Er warnte ihn eindringlich, viele der Goten seien zwar getauft, doch auf den falschen, den arianischen Glauben verpflichtet. Sie seien ‚christusfeindlich’ eingestellt. Sie seien Feinde Roms. Ambrosius, nun völlig im Fahrwasser des Athanasius, stemmte sich mit seiner kompletten Ideologie gegen eine friedliche Lösung des Problems Er wünschte nicht zu denken, dass die bekehrten Goten, seine Brüder waren. Hartherzig vertrat Ambrosius von Mailand ein Dogma und Urteil, das sich bis ins 21. Jahrhundert hinein „retten“ konnte: Antinicäner sind keine Christen. Wieder und wieder lautete sein Bekenntnis: Ein Reich, ein Gott! Umgeben von zehnttausenden Söldnern die bereit waren, ihr Leben für ihn hinzugeben, stand andererseits Kaiser Gratian
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97 Leopold von Ranke „Werk und Nachlass“

mehr denn je verunsichert da. So manche Nacht wird der junge Mann hinauf zum Himmel geschaut haben, ob Gott ihm ein Zeichen sendet. Gott, aber wer war dieser Gott? Die weithin gestreuten Biwak-feuer mahnten ihn wie groß seine Verantwortung ist. Vor dem Ausbruch des für ihn ersten Krieges, musste er vor sich selbst verantworten, was zu tun sei. Ambrosius sein kluger Berater hatte den Finger auf die Wunde gelegt: Innerhalb des römischen Hoheitsgebietes lebten bereits allzu viele nichtgotische Arianer. Was Gratian ganz und gar nicht verstehen konnte, warum waren die beiden Christengruppen überhaupt „tödlich“ verfeindet. Er hatte die Geschichte von der Erschlagung der arianischen Nachbargemeinde des Ursinus durch einen Schlägertrupp des athanasianischen Bischofs Damasus von Rom schon vor Jahren mit großem Kopfschütteln zur Kenntnis nehmen müssen. Damals, 366, war er noch ein Kind gewesen. Doch erst jetzt erschütterte ihn diese Untat. Er hatte alle Ursache weitherzig zu regieren. Gerade deshalb hatte er, gerade jetzt, in Sirmium sein Gesetz zur „Freiheit aller Glaubensrichtungen“ veröffentlicht. Und genau das war ein Dorn im Auge Ambrosius. Alles auf eine Karte setzend schrieb er in diesem kritischen Sommer 378, für Gratian zwei Bücher („De fide“) Klipp und klar heißt es da, im Geiste Konstantins und im Sinne des Athanasius:
„Die Arianer (Italiens und die Goten G.Sk.) haben sich gegen die Kirche Gottes verschworen!“ (98)
Er malte Schwarz-Weiß, er entmischte nicht. Untrennbar gehörten für ihn Staat und Kirche zusammen. Dem jungen Kaiser suggerierte er:
„der (richtige) Glaube des Herrschers (gewährleiste) mehr als die Tapferkeit der Soldaten den Sieg... Jesus Christus soll das römische Heer führen.“ (99)
Das klang genau so als hätte er verkündet „Jesus Christus werde das römische Heer gegen die Arianer führen“. Welches Bild! Welche Dummheit. Feldherr Hindenburg dachte ähnlich wahnhaft. Er stellte sich eintausendfünfhundert Jahre später den lieben Gott als auf einer Wolke sitzend vor, der den deutschen Truppen huldvoll zulächelt, während diese die Söhne und zukünftigen Ehemänner russischer Frauen, allesamt, die einen wie die anderen Christen, in die tödlich-tückischen masurischen Sümpfe treiben. Ambrosius hätte wissen müssen, mit Jesus, dem Fürsten des Friedens und seiner Lehre der Versöhnung
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98 Leopold von Ranke „Werk und Nachlass“ 
99 Günther Gottlieb „Ambrosius von Mailand und Kaiser Gratian“

Aller, hatte sein Treiben nichts zu tun. Reiner Konstantinismus war das. Angesichts der Tatsache, dass viele Goten sich auf den Namen Jesu Christi hatten taufen lassen, was einer Verpflichtung auf seine Lehre von der Rechtschaffenheit gleichkam, wäre er zwingend dazu verpflichtet gewesen angemessene diplomatische Schritte einzuleiten. Schließlich wünschten die Goten nur Sicherheit für ihre Familien. Das wenigstens wusste Ambrosius. Seitdem die Asiaten den Reflexbogen als Waffe erfunden hatten, war ihnen kein europäisches Heer mehr gewachsen. Für die Goten ging es um Tod oder Leben. Der junge Kaiser Gratian ließ sich indessen überzeugen, gegen seine Bedenken zu handeln und daran ist zu ermessen, wie sehr Ambrosius dem jungen, Verantwortung tragenden Mann geistig überlegen war. Es hieß nur: fortan „wies er die Arianer ab und folgte Ambrosius.“ Ambrosius hatte dabei als entscheidende Autorität die Bibel aufgerufen:
„Der Kaiser soll gerüstet mit dem Schwert des Glaubens, dem Sieg entgegen ziehen... der Krieg gegen die Goten und der Sieg über sie seien von Hesekiel geweissagt worden. Die Goten sind Gog, von denen der Prophet (Hesekiel) schreibt, dass er mit Gottes Hilfe vernichtet werde. Es ist nicht zweifelhaft, dass die ‚catholici’ welche die Strafe für den Unglauben anderer ertragen haben, bei Gratian Hilfe für den rechten Glauben finden. Der Glaube an Gott und die Treue zum imperium Romanum können nicht voneinander geschieden werden...(die Goten) die ‚Häretiker’ sind die ‚antichristi’; diese Häresie sammelt ihr Gift aus allen anderen Häresien.“ Ambrosius mahnte den Kaiser, er müsse „daran denken die Siegeszeichen aufzurichten... so wollte er „den Kaiser für seine kirchenpolitischen Ziele gewinnen und den Gegnern (des Nicänums) den Kampf ansagen.“ (100)
Diese Siegeszeichen waren die der Victoria welche sie bereits Konstantin gab: die XXX, so geschehen in einem gallischen Apollotempel im Jahr 309. Da war sie ihm erschienen. Sie hatte ihr Versprechen gehalten. Sie ließ Kaiser Konstantin dreißig lange und doch so kurze Jahre siegen. Es stellt sich heute, nach der fast 2000 Jahre währenden blutigen Geschichte des sogenannten Christentums, erneut die Frage, wann die Christen aufhören werden, das sogenannte Christus-monogramm der von Victoria verführten Kaiser als „Siegeszeichen“ (der ecclesia triumphans), und damit als christliches Symbol zu betrachten.
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100 Günther Gottlieb „Ambrosius von Mailand und Kaiser Gratian“

Gratian hätte in seiner ursprünglich toleranten Gesinnung fest bleiben sollen. Das wäre, für das kriegsmüde Volk dies- und jenseits der römischen Grenzen der bessere Weg gewesen. Der Staat hat sich, erst recht nach Jesu Worten:
„Gebt dem Kaiser was des Kaisers ist und Gott was Gottes ist“, aus innerkirchlichen Angelegenheiten herauszuhalten, wie die Kirche aus den machtpolitischen Anliegen des Staates.
Sonst handeln auch die Menschen die in seiner Nachfolge stehen, eher aus Klugheit und Berechnung und nicht aus innerer Überzeugung. Erst die konsequente aktive Umsetzung dessen was man als wahr und richtig erkannte macht den von Gott geliebten Menschen aus.
Sonderbar, es geht uns zwar alle an, aber nur wenige sind daran interessiert auf den Kern ihres eigenen Wesens vorzudringen.
„Wissenschaft“ blockiert es obendrein, weil sie materiell orientiert forscht. Für viele gilt nur was mess- und nachweisbar ist. Für sie ist kein Weg bereitet einzudringen in Beweggründe und das Sein der Seele. Das jedoch ist die Grundlehre der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage: nicht deine Kirchenzugehörigkeit – obwohl die wichtig ist – sondern zuerst zählt dein Tun vor Gott, deine Bereitschaft zu verwirklichen, was du als gerecht und richtig fandest. Nur, wenn du unentwegt gesucht und dich immer selbstkritisch betrachtet hast, wird Gott dich erhöhen Handle gemäß deiner besten Erkenntnis. Hananias und Saphira nutzte es nicht, dass sie der Kirche Jesu Christi angehörten. Ihre scheinbar harmlose Lüge verdarb sie. (101) Kein Mormone glaubte jemals, sein eigenes oder irgendein Lippenbekenntnis würde auch nur im Geringsten Gutes bewirken. Gehe hin und unternimm etwas zugunsten deiner Mitmenschen. Eben das lehrt das Buch Mormon! Hat Origenes nicht stets dasselbe betont? Mit der strikten Forderung der Bibel, Recht zu schaffen hat der interessierte Leser zugleich die Moraltheologie des sogenannten „Mormonismus“ auf einen Blick vor sich. In seinem Zentrum steht der Begriff „Rechtschaffenheit“, das große Wort des Buches Mormon (65 Zitate). Niemand kann selig werden, wenn er nicht das Recht des andern respektiert. Das ist Mormonismus: Nur der wahrhaft Bußfertige hat Anspruch auf Barmherzigkeit, die ihm eben nicht fast bedingungslos geschenkt wird. Unser Potential die ganze Umwelt zu einem besseren Platz machen zu können, ist zu groß um im Fall unserer Passivität schuldlos dazustehen. Christi Religion ist darauf ausgerichtet uns anzuspornen Frieden und Harmonie zu stiften. Das jedoch war seit 325, wegen der unseligen Verbindung der „Kirche“ mit dem jeweiligen Thron und seinen nach Vormacht süchtigen Inhabern und Interessen, nicht mehr zu leisten.
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101 Apg. 5: 1-11

„Der Staat wirkt von außen nach innen, (echte) Religion von innen nach außen.“ (102)
Dieser Geist ist Ambrosius fremd, er wird der ecclesia triumphans länger als ein Jahrtausend fremd bleiben. Die Katastrophen und Ungerechtigkeiten jagten nun, erst recht ab 378, einander, während gemäß der Botschaft der Bibel „der Friede die Frucht der Gerechtigkeit ist“. Diese Aussagen teilte auch Habakuk gemeinsam mit den Propheten Israels, Jesaja. Sie forderten die Rechtschaffenheit – die Schaffung von neuem Recht, indem es mit dem alten Guten in Harmonie bleibt. Es ist nun einmal ein Gesetz des Himmels, dass alles Neue wenn es siegreich sein will, auf dem Boden des Bewährten stehen muss. Das Unrecht dagegen bringt den nächsten Krieg hervor. Man fragt sich, warum Ambrosius seinen Einfluss nach der Katastrophe von 378 und nach dem Tod Gratians, 383, auf die römischen Offiziere und das Heer behielt, als die siegreichen Goten plötzlich ganz Italien so gut wie unverteidigt vor sich liegen sahen. Gegenüber Kaiser Theodosius I. (der schon kurz nach dem Desaster, im Januar 379 von Gratian zum Augustus erhoben worden war) vermochte Ambrosius es, sogar seine Macht auszubauen. Das war doch in ihren Kreisen nicht vergessen, dass er die nicht erfolgreichen militärischen Parolen ausgegeben hatte. Sie folgten ihm, hatten befehlsgemäß die „Siegeszeichen“ aufgerichtet und dennoch verloren. Mit seinem Buch „de fide“ hatte Ambrosius die Legionen in die Kämpfe hinein gehetzt, denn da sprach er:
„mit Gewissheit von den zu erwartenden Erfolgen des Kaisers gegen die Goten...“ und er sprach von den „Strafen welche die Gegner des Glaubens und des römischen Imperiums treffen werde... Entgegen der Prophezeiungen Ambrosius „bot das römische Heer keinen Widerstand mehr... überall zogen die Goten ... durch das Land... bis an die Grenze Italiens herrschten sie nach Belieben.“ (103)
Alles wankte, Ambrosius stand. Noch blieb ihm ja Italien. Wie ein leichtfertiger Kaiser zog er nicht die Konsequenzen, sondern konnte mit diesen Niederlagen leben. Er konnte seine persönliche Macht festigen, weil die Goten mit dem Erreichten wider Erwarten zufrieden waren und ihren Arianismus nirgendwo mit Gewalt durchsetzen wollten! Ambrosius vermochte es gar nach Gratians __________ 
102 Ezra Taft Benson, Präsident der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage 
103 Günther Gottlieb „Ambrosius von Mailand und Kaiser Gratian“

frühem Tod, 383, (er soll auf der Flucht vor dem Rebellen Magnus Maximus, von unbekannter Hand erschlagen worden sein) Gratians Nachfolger Kaiser Theodosius I. (347-395) zu überzeugen, dass nun erst recht strenge Maßregeln gegen Arianer und andere Nichtkatholiken ergriffen werden müssten. Kurz zuvor konnte Ambrosius sozusagen vor den offenen Augen der arianischen Führungsschicht einen kleinen Sieg einfahren:
Offiziell und wie selbstverständlich heißt es in der gegenwärtigen Literatur: Ambrosius habe „mit der orthodoxen Bevölkerung dem Befehl Justinas, (der Kaiserwitwe Justina, Mutter des damals neunjährigen Kaisers Valentinians II.) Kirchen an die Arianer auszuliefern, erfolgreich Widerstand geleistet.“ Er ‚überwand’ den Arianismus …durch die Synode zu Sirmium, auf der er 6 Arianer verurteilen ließ, und 381 durch die Synode zu Aquileja, die den der arianischen Häresie angeklagten illyrischen Bischof Palladius samt seinem Presbyter Secundinus schuldig sprach und absetzte.“ (104)
Schuldig wurden schon viele gesprochen, Ambrosius. Auch später vom deutschen Volksgerichtshof, in Stalins Schauprozessen, von Maos Roten Garden. Seit seiner Taufe 374 wehrte sich die Witwe Kaiser Valentinian I. gegen den rabiaten Katholizismus des Ambrosius. Der Bearbeiter der Eintragung im Kirchenlexikon, lobt zwar, Ambrosius sei „tapfer“ aufgetreten, doch dieses Lob kann kein um Objektivität bemühter teilen, sei er Mormone oder nicht! Hier läuft der Grenzgraben entlang. Stellst du dich gegen das uns allen von Gott zugestandene Individualrecht, sprichst du dich gegen den „Erlöser“ aus. Er ist es der Fesseln löst, nie aber knechtend bindet. Auch wenn du seinen Namen unentwegt lobend auf der Zunge trägst fällst du ihm mit solchem Verhalten in den Rücken. Nichts kann das Individualrecht ersetzen. Das vertreten Irenäus, Origenes, Hippolyt und das „Mormonentum machtvoll gemeinsam. Ambrosius dagegen verwehrte allen Arianern - und nicht nur ihnen - ihrer Glaubensart frei anzuhängen. Diese Bosheit nahm er sich permanent gegen die in Mailand lebende Kaiserwitwe Justina heraus. Ihre zahlreichen Freunde, ihre Gefolgschaft, Sohn Valentinian II., hinderte er massiv die Religion ihrer Wahl zu vertreten. Diese Tatsache erregte heftiges Aufsehen. Es steht die Frage, warum heutige Katholiken dem erst neunjährigen Justinasohn unterstellen, er sei der Mitverfasser der Unrechtsgesetzes Cunctos populos, das seiner Mutter drohte.
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104 Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon

Wo die Entscheidungsfreiheit fehlt, da kann zwar die Kirche des Sonnengottes gedeihen, aber nicht die des Christus. Kein überzeugtes Mitglied der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage wird dem Sinn dieses Satzes jemals widersprechen. Der früh ermordete Joseph Smith (1805-1844) wurde in diesem Sinn inspiriert. Noch während er im Gefängnis zu Liberty, Missouri monatelang, ohne je ein Gerichtsurteil gehört zu haben, in Haft saß, beschrieb er das Prinzip der Entscheidungsfreiheit als heilig. Allen die tiefer sehen können als auf Oberflächen prägte er tief ins Bewusstsein, dass alles Herrschaftsstreben umgehend Verderben heraufbeschwört, dass wir niemals, wie hoch wir auch stehen – oder zu stehen meinen – ungerechtfertigt Gewalt üben dürfen. Ambrosius scherte sich um Grundsätze solcher Art nicht. Was er der Kaiserinwitwe Justina zufügte, wurde in ewigen Annalen niedergeschrieben. Sie wird ihre Rechte vor Gott nicht vergeblich einklagen. Zuerst lebte die glaubensstarke Justina noch unter dem Schutz ihres Mannes, Valentinian I. Danach hatte sie nicht die Spur einer Chance sich gegen den Kaiser’berater’ durchzusetzen, - sonst hätte sie den Bürgerkrieg riskiert - zudem war sie ebenso tolerant wie ihr Ehemann. Justina erzog ihren Sohn Valentinian II. der als vierjähriger Kaiser Roms wurde, im selben Geist. Sonderbar ist deshalb, dass die „Deutsche Enzyklopädie“, obwohl sonst eher zuverlässig, schreibt:
„Das Dreikaiseredikt „Cunctos populos“ wurde am 28. Februar 380 in Thessaloniki von den römischen Kaisern Theodosius I., Gratian und Valentinian II. verabschiedet. Es beendete die nominelle Religions-freiheit des 4. Jahrhunderts und gilt als ein wesentlicher Schritt, um das Christentum zur Staatsreligion zu machen."
Das schmerzt. Welcher Hohn! Sieben Jahre lang widerstand die tapfere Justina dem erbarmungslosen Diktator Ambrosius, der, so weit zu sehen ist, bis zur Stunde, jedem Katholiken als leuchtender Held des Guten dargestellt wird.
„Sie war verärgert, weil Ambrosius (drei Jahre nach dem Tod ihres Gatten) um 379 ihre Bemühungen vereitelt (hatte) ...einen Arianer auf den (Bischofs-)Stuhl zu Sirmium zu befördern“ Sechs Jahre später, 385, „verweigert Ambrosius Justina die Erfüllung ihres Wunsches den Arianern Mailands zwei Kirchen zu überlassen.“ (105)
Ambrosius hat sie permanent genervt. Was nahm sich dieser Emporkömmling gegen sie heraus? Es gibt Herzen die sich an dem Verhalten dieses Diktators 
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105 F-L. zu Stolberg-Stolberg „Geschichte d. Religion Jesu Christi“

ergötzen. So gab es, 1938, in ganz Deutschland Menschenseelen die ihren Spaß daran fanden, wenn Juden litten. Die Kaiserwitwe wird ersucht, sie möge sich das nicht gefallen lassen. Wer darf ihr verbieten eine arianische Gemeinde zu besuchen? In der Osterwoche 385 kommt es zu tumultuarischen Szenen. Ihre Soldaten umzingeln die Basilica Porciana, die Kirche der Nicäner. Doch nicht Ambrosius, Justina musste jener Gewalt weichen, die von der Straße kam. Dass sie sich nicht durchsetzen konnte ist leider wahr, aber nach Augustinus „Bekenntnissen““ bekam sie, was sie seiner schlimmen Meinung nach verdiente. Er, der von Ambrosius zum Katholizismus bekehrt worden war, blickte natürlich durch dessen Brille und Augustinus wagt es im Folgenden den Pöbel „frommes Volk“ zu nennen…
„... Ein Jahr war es ungefähr oder vielleicht auch etwas länger, da verfolgte Justina, die Mutter des jungen Königs Valentinian, deinen Anhänger, den Ambrosius, um ihrer Ketzerei willen, zu der sie von den Arianern verführt worden war. Das fromme Volk blieb die Nacht hindurch in deiner Kirche, bereit, mit ihrem Bischof, deinem Diener, zu sterben... Dort war auch meine Mutter, deine Magd; vor allen eifrig im Sorgen und Wachen, lebte sie nur dem Gebete. Wir, noch nicht erwärmt von der Glut deines Geistes, wurden doch von dem Bangen und der Verwirrung der Stadt mit ergriffen...“ (106)
Ambrosius hätte um sein Leben fürchten müssen? Doch da erhebt sich die Frage, wenn es so gewesen wäre, dass sie die „gefährlichen“ Militärs auf ihrer Seite hatte, warum unterliegt sie dann den angeblich Schwachen? Weil ihr Arianismus ihr das Blutvergießen untersagt! Wie auch immer, Ambrosius blieb, wie nicht anders zu erwarten war, der ‚Sieger’ in Glaubenssachen und in Angelegenheiten der Staaträson! Wenn Augustinus von der „Glut des Geistes“ spricht erinnert dies in unguter Weise an die Glut des Geistes den gewisse Geistliche 1914 entfachten und an die Nazis, die diesen Ungeist vor allem in der Vorkriegszeit hegten. Die Menschen weinten vor Glück, wenn Hitler sprach, er der Messias, der das tausendjährige „dritte Reich“ mit wehenden Fahnen und großen Parolen in die Welt trug. Begeistert stimmte der Pöbel mit dem Rhythmus der Thesen der Naziideologen überein, die von SS-Größen vom Schlage Heinrich Himmlers stammten: „Juda verrecke“. Man sieht etwas später den judenfeindlichen Ambrosius wie er, den Blick gekonnt demütig bodenwärts
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106 Augustinus von Hippo, Neuntes Buch - Siebentes Kapitel 

gerichtet, aber im Geist unbeugsam herrisch, Kaiser Theodosius abkanzelt: „Der Kaiser steht in der Kirche, aber nicht über ihr!“ Was hatte dieser damals vierzigjährige schlimme Knabe als Kaiser verbrochen?
„Im Jahr 387 zündeten Christen in Rom eine jüdische Synagoge an. Ein Jahr später geschah in Kallinikum am Euphrat mit Zustimmung des dortigen Bischofs dasselbe. (Kaiser) Theodosius befahl die Schuldigen zu bestrafen und die Synagoge wieder aufzubauen. Gegen diese Entscheidung wandte Ambrosius sich in einem langen Brief an den Kaiser. Darin solidarisierte er sich… mit dem brandstiftenden Bischof… „Ich Ambrosius erkläre, dass ich die Synagoge in Brand gesteckt (habe)… eine schwerwiegende Sache ist es, wenn du deinen Glauben um der Juden willen in Gefahr bringst… nichts ist erhabener als der Glaube“ oder mit anderen Worten: Der Kaiser steht in der Kirche aber nicht über der Kirche!“ Theodosius gibt nicht nach, daraufhin suchte Ambrosius die direkte Auseinandersetzung… (Ambrosius demütigt Theodosius öffentlich. G. Sk) Die Synagoge von Kallinikum … wurde nicht wieder aufgebaut.“ (107)
Die Kaiserin steht diesem eisenharten Mann gegenüber schwach da. Es ist schon denkbar, dass Justina in ihrer ohnmächtigen Wut ihre gotische (arianische) Leibgarde aufmarschieren ließ, - als Bluff - um ihren Willen zu behaupten. Natürlich macht es zusätzlich bedenklich, dass Augustinus in seinen Bekenntnissen in fragwürdiger Weise fortfährt, als sei es dringend notwendig Ambrosius wieder aufzuwerten:
„Damals offenbartest du (Du lieber Christengott?) deinem Bischof, dem schon erwähnten Ambrosius, wo die Leiber der Märtyrer des Protasius und Gervasius verborgen ruhten, die du so viele Jahre hindurch im Schoß deiner Verborgenheit unverwest verwahrt hattest, um sie zur rechten Zeit zur Bändigung der Wut jenes Weibes, das doch eine Kaiserin war, hervorzubringen. Denn als sie aufgefunden und ausgegraben mit den ihnen zukommenden Ehren zur Basilika des Ambrosius gebracht wurden, da wurden nicht nur die, welche von unreinen Geistern besessen waren, nach dem Bekenntnis ihrer Dämonen selbst, geheilt, sondern auch ein angesehener Bürger, der mehrere Jahre hindurch blind war. Als dieser nämlich nach der Ursache
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107 Herbert Gutschera „Geschichte der Kirchen: ein ökumenisches Sachbuch“

fragte, warum das Volk vor Freude jauchzte, und es hörte, da sprang er hinaus und bat seinen Führer, ihn dorthin zu führen. Nachdem er in die Kirche eingetreten war, bat er um die Erlaubnis, mit seinem Schweißtuche die Bahre der Heiligen berühren zu dürfen, deren Tod ist wert gehalten vor dem Herrn. Als er dies tat und dann seine Augen damit berührt hatte, da wurden sie sogleich ihm aufgetan. Der Ruf davon aber verbreitete sich weit und breit; alles war voll deines Lobes, und der Sinn jener Feindin wurde, wenn auch nicht zu gesundem Glauben fortschreitend, doch von der Wut zurückgehalten. Dank dir dafür, o mein Gott!“ (108)
Da mischen sich Wunschdenken und Absicht, Dichtung und Wahrheit. Augustinus erweckt wiederholt, wenn er von Gott spricht, den Eindruck, dass sein und Ambrosius "Gott" nicht nur in seiner Unvorstellbarkeit, sondern auch charakterlich, keine Ähnlichkeit mit Jesus Christus hat, denn der Gott dem Augustinus zu dienen meint, hat
„nur eine relativ kleine Zahl von Menschen (zur Wiederauffüllung der durch den Engelsfall entstandenen Lücke!) ... zur Seligkeit vorausbestimmt. Die anderen (sind) ‚Masse der Verdammnis’.“ (109) Während Jesus ausnahmslos alle Menschen einlud: „Kommt her zu mir die ihr mühselig und beladen seid, Ich will euch erquicken“, (110)
Augustinus Gott erweist sich wiederholt als Ungeheuer. Er bestimme also wer Ewigkeiten des Daseins hindurch Höllenqualen erleiden muss und wer nicht. Dieses Dogma von der Prädestinationslehre gehört, mit den Zwangsgesetzen, zum Schlimmsten was der damalige Antiarianismus hervorgebracht hat. Fortan stieg auch die Flut der Legenden prokatholischer Propaganda. Der Druck auf Andersdenkende nahm ständig zu. Die gesamte urchristliche Theologie wird untergraben, die Dinge werden seitenverkehrt dargestellt. Die Lehre von der Erbsünde kam im Hirn des Augustinus auf. Er behauptete, unschuldige Babys müssten getauft werden – und wehe denen, die ungetauft sterben.
“Laut Bischof Augustinus von Hippo schmoren all jene in der Hölle welche das Sakrament der Taufe nicht erhalten haben und deshalb von der Erbsünde (Ursprungssünde) befleckt sind – also auch ungetauft
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108 Aurelius Augustinus „Bekenntnisse“ 
109 Küng „Kleine Geschichte der k. Kirche“
110 Matth. 11: 28- 30

verstorbene Kleinkinder und vorchristliche Gerechte. Den Theologen des Mittelalters war diese Ansicht zu radikal. Zwar gingen sie mit Augustinus darin einig, dass nur in den Himmel gelangen kann, wer getauft ist. Wem man aber keine Schuld und Sünden nachweisen konnte, für den schien die Hölle ein zu hartes Schicksal. Eine Lösung dieses Dilemmas bot die Vorstellung vom Limbus, welche sich im Mittelalter durchsetzte. Dabei handelt es sich um einen neutralen, freud- und schmerzlosen Jenseitsort. Dahin gelangen all jene, die weder Lohn noch Strafe verdient haben. Abstiegs- oder Aufstiegsmöglichkeiten gibt es nicht: Wer im Limbus ist, der bleibt dort für immer.” (111)
Auch moderne, vor allem katholische Theologen, widersprechen dem Unsinn einer Herrlichkeitsminderung für ungetaufte Kinder und Unwissende nicht eindeutig. Auch wegen solcher Ansichten haben führende Protestanten sich nach und nach von allen „Höllen“gedanken verabschiedet. Wie gründlich das ambrosianisch- augustinische Denken und Treiben die Grundidee des Christentums verdarb, wird fortan auf Schritt und Tritt, bis ins 20. Jahrhundert hinein in peinlicher Weise offenkundig. Der Geist Christi ist Liebe und Wahrhaftigkeit, der seines Gegenspielers mit der Strahlenkrone – Krone! - besteht im Wesentlichen aus der Sucht nach dem Gefeiertwerden und der Machtausübung. Sol spricht auch aus den Diktaten banaler Kommunisten. Christus sah es voraus. Es wird Leute geben, die weltweit unter seltsamsten Flaggen heftigst daran arbeiten werden die Entscheidungsfreiheit des Menschen zu Fall zu bringen. Wölfe nannte er sie im Vergleich zu seinen Schafen. An ihrer Lust wird man sie erkennen, den andern in die Knie zu zwingen. Wer wen? Diese Frage stellten die Nicäner indirekt, die Kommunisten unverbrämt: Zu den Feinden seiner Freiheitslehre gehören seit ältesten Zeiten überaus fähige Männer. Seit den blutigen Rangkämpfen um 300 kamen immer wieder Leute des Typs Ambrosius die sich von ihrem „Christsein“ zutiefst überzeugt fühlten. Unter ihnen zahlreiche Päpste vom Format Gregor I. (540-604) der bezüglich der taufunwilligen Menschen Sardiniens den Verwaltungsbeamten befahl: „Wenn ihr feststellt, dass sie nicht gewillt sind, ihr Verhalten zu ändern, so befehlen wir, dass ihr sie mit größtem Eifer verfolgt...züchtigt sie mit Prügeln und Folter, um sie zur Besserung zu zwingen… sie sollen
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111 Didaktische Materialien „Dialog mit dem Jenseits“, Museum für Kommunikation 2008

durch strengste Kerkerhaft zur Einsicht gebracht werden, wie es angemessen ist, damit jene, die sich weigern, die Worte der Erlösung anzunehmen, welche sie aus den Gefahren des Todes erretten können, durch körperliche Qual dem erwünschten gesunden Glauben zugeführt werden.“ (112)
Da fließt er hin, der dunkle, verderbenbringende Strom des Sol Invictus. Man muss starke Nerven haben, wenn man vom Ufer aus hilflos zusehen muss und verfolgt wie er sich verbreitert und wie er die Menschen nötigt vor ihm zu fliehen: In Teilen des südlichen Europa fanden sich im Verlaufe der Jahrzehnte und der nachnicänischen Jahrhunderte flüchtende arianische, novatianische, sowie andere Splittergruppen zusammen. Andere gingen ihren eigenen Weg und wurden völlig von mörderischen nicänischen Christen aufgerieben. Sie wurden allesamt von der athanasianischen (römischen, nicänischen, konstantinischen) Kirche als Gottesfeinde betrachtet. Sie zogen sich nordwärts zurück, sie existierten unter verschiedenen Bezeichnungen u.a. als Paulikianer und Bogomilen. Dringend erhebt sich immer wieder die Frage, von welchem Gott hier die Rede ist. Er trägt in JEDEM Falle der Menschenrechtsverletzungen in Gottes Namen die Züge des Sol. Dieser Gott gestattet Diffamierungen, Christus nicht. Gern vertuschen gewisse Schönschreiber, dass es die Kirche war: der Staat trage die Verantwortung für die Morde an den Opfern der Inquisition, die mit Cunctos populos begann und sich unentwegt steigerte. 1184 verurteilte Papst Lucius III. die Waldenser als Ketzer. 1181 war er vom Kardinalbischof zum Papst befördert worden. Seine Zeitgenossen rühmten seinen Gerechtigkeits-sinn. Henry, Charles Lea in Auswertung der Niederschriften teilt uns allerdings in seiner „Geschichte der Inquisition im Mittelalter“ mit, dass
„der Erlass des Lucius III. auf dem sogenannten Konzil von Verona 1184 allen Machthabern gebot, vor ihren Bischöfen eidlich zu geloben, dass sie die kirchlichen und weltlichen Gesetze gegen die Ketzerei voll und wirksam durchführen wollten. Jede Weigerung oder Vernachlässigung sollte mit Exkommunikation, Absetzung und der Unfähigkeit ein anderes Amt zu bekleiden, bestraft werden...So unternahm es die Kirche, die weltlichen Herrscher zur Verfolgung zu zwingen." (112-2)
1208 rief Papst Innozenz III. zum Kreuzzug gegen die Katharer auf. Damit wurden jedem mordlüsternen das Totschlagen und jede Art von Sadismus
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112 Gregorii I papae Registrum epistolarum. Libri VIII-XIV 112-2 Bd. 1

ermöglicht, ohne befürchten zu müssen, er würde dafür jemals zur Rechenschaft gezogen. Im Gegenteil. Sol mag das! So liebt Sol Invictus auch die Diffamierenden. Der Gott der Verfolger brachte auch die verrückte Idee von der Verherrlichung der Märtyrerknochen auf. Zudem suggeriert er - das kommt bei Ambrosius Schüler Augustinus deutlich zum Ausdruck - Verurteilte werden die Höllenqualen ewig zu erleiden haben. Diese Lehre war den ersten Christen gänzlich fremd. Origenes lehrte noch Mitte des 3. Jahrhunderts: Die Hölle ist ähnlich einem Gefängnis ewig, aber niemand wird ewig in ihm leiden. Origenes und Joseph Smith lehren der Wurf ins Feuer sei nur ein Bild für eine zeitliche begrenzte Pein des Gewissens. Und, das heftige Feuer der Gewissensqual ist nur von dem zu erdulden der wissentlich Menschenrechte verletzte: Nun, Raffgieriger, musst du leiden bis zu dem Tag, an dem du wünschst, du könntest das Ungute, das du bewusst über andere gebracht hast, wieder gutmachen. Jesus mahnte:
„Amen, das sage ich dir: du kommst dort nicht heraus, bis du den letzten Pfennig deiner Schuld bezahlt hast.“ (113)
Sinngemäß: Lasse dir von niemanden weißmachen, ich bezahlte für dich, was du mutwillig zerstört hast. „Irret euch nicht! Gott lässt sich nicht spotten. Denn was der Mensch sät, das wird er ernten.“ Deshalb „verschaffe dem Bedürftigen und Armen Recht.“ Das sagt Christi Partitur. Er wird uns nicht nötigen uns an seine Noten, Tempi und Stimmung zu halten. Ob er uns jedoch als Orchestermitglied akzeptiert, hängt von uns ab. Wenn wir meinen, wir hätten das Recht auf die Pauke zu hauen, wo es nicht vorgeschrieben steht wird er uns die Tür zeigen. Unter seinem Dirigat mitzumachen bedeutet, dass wir uns bemühen korrekt vom Blatt zu spielen, statt zu musizieren wie wir wollen, dass wir nicht herummaulen, wenn angesagt wurde uns auf Kammerton A, den er vorgibt, einzustimmen. Viel zu viele Änderungen wurden auch an Christi Instrumenten, selbst an seinem Meisterwerk vorgenommen. Es wurde versucht seine Liebe zu minimieren und sie nur denen zu gönnen die, wie die Änderer, an sich selbst dachten. Deshalb erfanden sie grauenvolle ungerechte Strafen und Höllen.
Zusammengefasst: Höllenleiden bestehen indessen aus den Qualen die einem
Übertreter zusetzen, nachdem er erkannte was er angerichtet hat. Das glaubten
die Urchristen. Hölle ist vor allem ein Gemütszustand, der geheilt werden kann. Zu heilen, ist Christi Mission. Deshalb ging er, nach seinem Ableben zu den Geistern im Hades (Gefängnis, Hölle) um sie zu befreien. Dort vollendete er sein 
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113 Matth 5: 26

„Programm“. Indem das Apostolikum sagt, Jesus sei „hinabgestiegen in das Reich des Todes“, ist sein Text an dieser Stelle inkorrekt, denn die Heilige Schrift berichtet, Jesus sei nach seiner Kreuzigung „zu den Geistern im Gefängnis gegangen und hat denen gepredigt, ...die zu Zeiten Noahs nicht glaubten…“ (114)
Jesus besuchte die Welt der Geister der Verstorbenen, die also hören und sehen konnten... Der Begriff „Reich des Todes“ assoziiert dagegen tödliche Stille. Wegen dieser Ungenauigkeit haben zahllose Christen selten oder nie gehört, dass es eine Geisterwelt gibt… und das führte dazu, dass Jesu Wort, mit dem er seine Rabbiner-Laufbahn begann, nicht richtig gedeutet werden konnte: der Vater „hat mich gesandt, damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde.“
Bild: Daniel Peterson (Mormon FAIR)
Es sind alte Darstellungen vorhanden die uns beweisen, dass es immer und zu allen Zeiten mehr Verständnis und theologisches Hintergrund-wissen gab als man annehmen sollte. Zu Zeiten seines irdischen Wirkens hat Jesus nur im über-tragenen Sinne 'Gefangene’ befreit. Er ging jedoch buchstäblich zu jenen Geistern die im Gefängnis, in der Falle der Folgen ihres Fehlverhaltens saßen, sehr wohl wissend, dass sie nun nichts mehr gut machen konnten. Die zu Lebzeiten ablehnten den berechtigten Warnungen, auch des eigenen Gewissens, hinlänglich Aufmerksamkeit zu geben. Das ist nämlich Jesu Werk der Erlösung, ausnahmslos allen Menschen(-geistern), den Weg in die ewige Freiheit zu weisen oder anzubieten, sowohl den Gläubigen wie den Ungläubigen. Niemand muss sein Angebot akzeptieren. Niemand, der sich in der Geisterwelt befindet, muss die stellvertretende Taufe die in einem „Mormonentempel“ je vollzogen wurde, annehmen! Deshalb trägt niemand unsererseits deren Namen, in eine wie auch immer geartete Mitgliederliste, ein.
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114 1. Petrusbrief 3: 18-20

Im Buch Mormon, siehe Alma Kapitel 36, ist der Bericht eines Mannes enthalten, der, wie einst Saulus von Tharsus, im Begriff stand Menschenseelen zu verfolgen die er für dumm und verführt hielt. Alma der Jüngere durchlebte eine Außerkörperliche Erfahrung, die ihn völlig ändern sollte. Er geriet für eine begrenzte Zeit, deren Ende schließlich er selbst bestimmte, in die ewige Hölle:
„Ich fiel zur Erde, und für den Zeitraum von drei Tagen und drei Nächten konnte ich meinen Mund nicht öffnen, ich konnte auch meine Glieder nicht gebrauchen. Und der Engel sprach noch mehr zu mir, was von meinen Brüdern gehört wurde, was ich aber nicht vernahm; denn als ich die Worte vernahm: Wenn du selbst vernichtet werden willst, trachte nicht mehr danach, die Kirche Gottes zu vernichten—da wurde ich von einer so großen Furcht und Bestürzung ergriffen, dass ich vielleicht vernichtet werden könnte, dass ich zur Erde fiel, und ich hörte nichts mehr. Vielmehr wurde ich von ewiger Qual gepeinigt, denn meine Seele wurde im höchsten Grad gemartert und mit all meinen Sünden gepeinigt. Ja, ich dachte an alle meine Sünden und Übeltaten, für die ich mit den Qualen der Hölle gepeinigt wurde; ja, ich sah, dass ich mich gegen meinen Gott aufgelehnt hatte und dass ich seine heiligen Gebote nicht gehalten hatte. Ja, und ich hatte viele seiner Kinder gemordet oder vielmehr sie hinweg ins Verderben geführt; ja, kurz gesagt, so groß waren meine Übeltaten gewesen, dass der bloße Gedanke, in die Gegenwart meines Gottes zu gelangen, meine Seele mit unaussprechlichem Entsetzen peinigte. O, dachte ich, könnte ich doch verbannt und an Seele und Leib ausgelöscht werden, damit ich nicht dazu gebracht würde, in der Gegenwart meines Gottes zu stehen, um für meine Taten gerichtet zu werden. Und nun, drei Tage und drei Nächte lang wurde ich gepeinigt, selbst mit den Schmerzen einer verdammten Seele. Und es begab sich: Als ich so von Qual gepeinigt war, während ich durch die Erinnerung an meine vielen Sünden gemartert wurde, siehe, da dachte ich auch daran, dass ich gehört hatte, wie mein Vater dem Volk prophezeite, dass ein gewisser Jesus Christus, ein Sohn Gottes, kommen werde, um für die Sünden der Welt zu sühnen. Als nun mein Sinn diesen Gedanken erfasste, rief ich in meinem Herzen aus: O Jesus, du Sohn Gottes, sei barmherzig zu mir, der ich in der Galle der Bitternis bin und ringsum von den immerwährenden Ketten des Todes umschlossen bin. Und nun siehe, als ich dies dachte, konnte ich nicht mehr an meine Qualen denken; ja, ich wurde durch die Erinnerung an meine Sünden nicht mehr gemartert. Und o welche Freude, und welch wunderbares Licht sah ich; ja, meine Seele war von Freude erfüllt, die ebenso übergroß war wie meine Qual! Und, ich sage dir, mein Sohn: Es konnte nichts so außerordentlich und so bitter sein, wie meine Qualen
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es waren. Ja, und weiter sage ich dir, mein Sohn, andererseits kann nichts so außerordentlich und so süß sein, wie meine Freude es war.“
Joseph Smith schrieb:
„Die sektiererische Welt hat die „Hölle“ als einen von Feuer und Schwefel brennenden Pfuhl dargestellt. Was aber ist die Hölle in Wirklichkeit? Das Wort ist eine neuzeitliche Bezeich-nung, und stammt vom Begriff Hades (griechisch) oder „Shoel“ (hebräisch). Beide Aus drücke haben den Sinn „einer Welt der Geister“. Hades, Shoel, Paradies, Geister im Gefängnis – unter allem ist dasselbe zu verstehen: die Welt der Geister.“ (115)
Bild: Daniel Peterson (Mormon FAIR)
Großkirchliche Glaubens- varianten entstanden zu jedem denkbaren Thema. Sie kamen häufig durch Missverständnisse auf, aber auch als Ergebnis von kleinkariertem Denken. Nebenbei gesagt, uns ist es nahezu peinlich, wenn immer wieder „Sektenkenner“ über „Mormonismus“ in rigorosem Stil schreiben, weil offensichtlich wird, das die Autoren den Gegenstand den sie beschreiben nicht kennen. Sie schreiben häufig bei anderen „Experten“ ab. Das kommt heraus und wenn es herauskommt, wird es ihre Seele
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115 „Lehren des Propheten Joseph Smith“ erste deutsche Nachkriegsausgabe, 1946?

– aber eben nicht Ewigkeiten hindurch - belasten. Leichtfertig … (in unserem Telefonat am 21. 02. 17 einigten wir, Autor Leuenberger und ich, uns auf die Vokabel „leichtfertig“, das sei keine Kränkung) Also beschrieb Prof. Dr. Samuel Leuenberger „leichtfertig“ was „Mormonismus“ angeblich lehre: und siehe da, wie sehr er daneben tappte: (116)
"keine der Gottheiten ist (für die Mormonen) Schöpfer Himmels und der Erden. ... Bei allen Gottheiten nimmt die Weisheit beständig zu. Deshalb kann bei Gott nicht von Allwissenheit gesprochen werden. Jesus ist ein präexistentes Geisteswesen wie alle Menschen auch. Jesu Kreuzestod hat kaum mit Tilgung von Schuld und Gerechtmachung vor Gott zu tun. Sein Kreuzestod hat in erster Linie Voraussetzungen zur Höherentwicklung der Menschen geschaffen. Jesus ist also nicht Versöhner zwischen dem Himmlischen Vater und den Menschen...Der ethische Hauptauftrag der Menschen auf Erden ist, möglichst viele Kinder zu haben, um dadurch präexistenten Seelen die Möglichkeit zur Verkörperung zu geben und in der Folge die Möglichkeit zur Höherentwicklung bis zur Stufe der Gottheit. Die Mormonen betonen sehr stark Ehe und Familie. Alle Erkenntnis und alles Bemühen des Menschen ist gut, wenn es dem Fortschritt dient. Unter Fortschritt ist all das zu verstehen, was das Leben des Menschen angenehmer macht." Der letztgenannte Satz unterstellt, Mormonen sei alles erlaubt "... was das Leben des Menschen angenehmer macht", das bitte möge der Verfasser näher erläutern, denn Mormonen halten sich an die Regeln der Bibel, insbesondere die des Neuen Testaments. Prof. Leuenberger behauptet, Mormonen würden lehren: “Keine der Gottheiten ist Schöpfer Himmels und der Erden… es kann bei Gott nicht von Allwissenheit gesprochen werden.“ Im Buch Mormon u.v.a. Schriftstellen aller kanonischen Werke der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage heißt es jedoch: „...der allmächtige Schöpfer (ist) Himmels und der Erde... er kennt eure Gedanken.“ Buch Mormon, Jakob 2: 5, 2. Nephi 8:13 … „O wie groß ist die Heiligkeit unseres Gottes! Denn er weiß alles – es gibt nichts was er nicht weiß!“ 2. Nephi 9: 20 
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116 „Mormonen“ Heilsbringer aus Salt Lake City

Prof Leuenberger erläutert weiter: „Die Schuld des Menschen vor Gott wird (seitens der Mormonen) nicht ernst genommen.“ Demgegenüber steht im Buch Mormon und in anderen Schriften der Kirche Jesu Christi der HLT geschrieben: „Wir werden hingebracht werden und vor Gott stehen – wissend wie wir jetzt wissen, und wir werden eine klare Erinnerung an all unsere Schuld haben.“ Alma 11: 43 Prof. Leuenberger verbreitet: gemäß den Lehren der Mormonen hat Jesu Kreuzestod kaum mit Tilgung von Schuld und Gerechtmachung vor Gott zu tun. Das Buch Mormon schreibt jedoch: „Er (Christus) kommt in die Welt, auf dass er alle Menschen errette, wenn sie auf seine Stimme hören wollen, denn siehe er nimmt die Leiden aller Menschen auf sich, ja die Leiden eines jeden lebenden Geschöpfs der Männer und Frauen die zur Familie Adams gehören... er erleidet dies, damit die Auferstehung allen Menschen zuteil werde... er gebietet allen Menschen, dass sie umkehren und sich auf seinen Namen taufen lassen und bis ans Ende ausharren, sonst müssen sie verdammt werden... nur wo es kein Gesetz gibt, da gibt es keine Strafe, und wo es keine Strafe gibt, da gibt es keinen Schuldspruch und wo es keinen Schuldspruch gibt, da hat die Barmherzigkeit des Heiligen Israels wegen der Sühne Anspruch auf den Menschen, denn die Sühne tut den Forderungen der Gerechtigkeit Genüge ...“ 2. Nephi 2: 20-25 „Der Herr Gott … liebt die Welt (die Menschen), so dass er sogar sein eigenes Leben niederlegt, damit er alle Menschen zu sich ziehen kann. Darum verbietet er niemanden, an der Errettung durch ihn teilzunehmen.” 2. Nephi 2: 24 „die Erlösung kommt im heiligen Messias und durch ihn... siehe er bringt sich selbst als Opfer für Sünde dar, um dem Zweck des Gesetzes Genüge zu leisten für alle die ein reuiges Herz und einen zerknirschten Geist haben, und für niemanden sonst kann dem Zweck des Gesetzes Genüge geleistet werden...kein Fleisch (niemand) kann in der Gegenwart Gottes wohnen außer durch das Verdienst und die
Barmherzigkeit und die Gnade des heiligen Messias... Und wenn die Zeit erfüllt ist, kommt der Messias, um die Menschenkinder vom Fall zu erlösen und weil sie vom Fall erlöst sind, so sind sie für immer frei geworden.” ebenda 2. Nephi 2: 6-8, u. 26 Es gibt mehr als 40 000 Zitate von Autoritäten der Kirche Jesu Christi der HLT, die klar aussagen: „Ohne die Versöhnung durch Christus wären wir definitiv verloren. Er ist der Versöhner und Erlöser.“
Es ist immer schwierig als Außenstehender die Theologie anderer zu beurteilen. Man sollte sich vor allem auf deren eigene Publikationen verlassen. Dieses Prinzip wurde oft verletzt. Fest steht indessen, dass Irrtümer nie auszuschließen sind. Sonst gäbe es nicht so viele unterschiedliche Kirchen und Lehren. Hier noch ein Beispiel für die Begriffe: „Erlösung“, „Himmel“, Hölle“. Joseph Smith, Irenäus, Hippolyt und Origenes wissen: Es gibt viel mehr als nur Schwarz und Weiß, mehr als nur Hölle und Himmel (und Fegefeuer). Konsequenter Konstantinismus kennt jedoch nur hier die Hölle und da den Himmel: die einen kommen ohne eigene Anstrengung ins Reich Gottes und erfüllen es mit nie endenden Lobgesängen, die anderen verfallen dem ewigen Verderben, obwohl sie ihr Leben lang, wenn auch nicht immer erfolgreich, bemüht waren, Gutes zu tun. Oder, obwohl sie völlig schuldlos sind, fallen sie in die lodernden Höllenflammen um ewig zu brennen, nur weil sie nie die Chance hatten, den Namen „Jesus Christus“ zu hören, oder sie erleiden den Limbus weil sie ungetauft gestorben sind. Welcher Wahn! In der Tat, diesen Gott anerkennen Mormonen nicht. In seinem Werk „Geschichte der Inquisition im Mittelalter“ zeigt Henry, Charles Lea, warum die Katholiken nicht aufbegehrten, als die ersten Holzstöße errichtet wurden um angebliche Ketzer zu verbrennen. Dies geschah nämlich in der ebenso guten, wie absolut wahnwitzigen Absicht, ihnen nie endende Höllenqualen zu ersparen. Diesseitiges Feuer sollte ihre Seelen reinigen. Die nicht zum irdischen Feuertod verurteilten dagegen, die nicht in jedem Detail der gerade momentan gültigen Kirchenlehre folgen konnten oder wollten, müssten nämlich unentrinnbar - zur Freude der Guten - in die ewigen Flammen geworfen werden. Lea gibt echte Bilder weiter, schier unglaubliche, in Auswertung tausender Dokumente die uns erschaudern lassen. Sie nötigen uns als Irrsinn zu erkennen, was Jahrhunderte lang als christlich galt.
"Selbst die finstersten Moralisten hielten es für ihre Christenpflicht, Vergnügen zu finden an dem Anblick der Angst der Sünder ... das Mitleid mit den Qualen des Ketzers sei nicht nur eine Schwäche, sondern eine Sünde. ebenso gut könnte einer Mitgefühl haben mit
Satan und seinen Teufeln, die sich in endlosen Höllenqualen krümmten... schon (Papst) Gregor der Große hatte behauptet, dass die Seligkeit der Erwählten im Himmel nicht vollkommen sein würde, wenn sie nicht über den Abgrund blicken und sich an der Angst ihrer Mitbrüder im ewigen Feuer erfreuen könnten. Diese Gedanken teilte das ganze Volk (G.S. weil es stets diese tendenziösen Predigten hörte, die es gefügig machen sollten). Petrus Lombardus (scholastischer Theologe, Leiter der Kathredalschule von Notre Dame in Paris und dann Bischof von Pa) der große Magister sententiarum dessen Buch um die Mitte des 12. Jahrhunderts die maßgebende Autorität in den Schulen war, führt den heiligen Gregor billigend an und verweilt lang und breit bei der Genugtuung, welche die Gerechten empfinden werden über das unaussprechliche Elend der Verdammten. Das mystische Zartgefühl hinderte sogar Bonaventura (den berühmten General der Franziskaner und Kardinal) nicht, dasselbe schreckliche Frohlocken zu wiederholen." (117)
Zurück in die Tage der Machtausübung des Ambrosius von Mailand, Ein Jahr nach seinem Sieg über Kaiserin Justina, hält Ambrosius am Palmsonntag eine Rede gegen den Arianerbischof Auxentius:
„Dieser Mensch wagt es mich um Verhandlungen zu bitten, wo er von Blut trieft und klebt? ...“ (118)
Das lässt auf die Härte der Tumulte schließen. In wie weit Auxentius daran beteiligt war ist unklar. Aber es gab schon immer in allen Gesellschaftsschichten leichtfertige Bengel die Spaß an Rüpeleien hatten und sich um Ideale nicht kümmerten. Sie werden Athanasianern die Nasen blutig geschlagen haben. Das legt Ambrosius Auxentius zur Last. Wahr ist, gewisse Arianer waren entschlossen wie später die “Mormonen“, wie Henning von Tresckow der entschiedene Feind Hitlers, ihre vom Auslöschen bedrohten Rechte zu verteidigen. Dabei verloren einige Arianer den ursprünglich für sie so kennzeichnenden Geist gegenseitigen Respektes. Es waren ja erst wenige Jahre dahin gegangen, seit „Papst“ Damasus von Rom die wehrlose Nachbargemeinde der Ursianer erschlagen ließ, das hatte niemand vergessen. Von da an wehrten sich auch die Arianer. Ambrosius predigte gegen Kaiser Valentinian II. (Sohn Justinas). Eben weil der noch ein Kind __________
117 Kapitel "Verfolgung" (Bd.1, S. 270) 
118 M. Jacobs „Die Reichkirche und ihre Dogmen“

ist, und weil die Mutter des Thronerben dem Hochmut des triumphierenden Bischofs ausgeliefert ist, schließt seine Rede mit den Worten:
„Kann man dem Kaiser keine größere Ehre antun, als wenn man ihn ‚Sohn der Kirche’ nennt... der Kaiser ist in der Kirche, aber er ist nicht über ihr.“ (119)
In derselben diktatorischen Weise richtet er sich auch an und gegen Kaiser Theodosius I. (347-395) So fromm Ambrosius auch klingelt, es ist Machtpolitik übelster Art. Ambrosius ist geistig ein Riese, er weiß wie er die Kaiser kleinreden kann. Die Athanasianer trumpften mit Ambrosius auf. Das gefällt ihnen. Ihre Kirche stand nun sogar über den Imperatoren. Jeder wünscht zu den Siegern der Geschichte zu gehören. Das war es. Darum ging es. Sechshundert Jahre später erlaubt Gregor VII. (1025-1085) sich u.a. diese beiden Lehrsätze zu paraphieren: „Der Papst ist der einzige Mensch, dem alle Fürsten die Füße küssen. Er kann Kaiser absetzen Sein Urteil darf von niemandem verändert werden, und nur er kann die Urteile aller abändern.“ (120)
Dieser Gregor ragt unter den Bösartigen auffallend hervor, aber auch er ist nur das Produkt des Ambrosius. Außer, dass er , Gregor, hunderttausend Kinder vaterlos und einige zehntausend Ehefrauen zu Huren oder Witwen machte, (indem er den Zwangszölibat verkündete) lässt uns sein Gesamtverhalten hinterfragen, welcher Unterwelt dieser Teufel entsprungen ist. In seiner Eigenschaft als Christi Stellvertreter verursachte Gregor „mehr als 75 blutige Schlachten.“ (121) Was die Unterlegenen vertraten und wofür sie lebten war vor ihm wie Schund, absolut wertlos. Das hatte ihm frühzeitig, als er noch Kind waren, Priester eingebläut: Die Kirche ist immer heilig selbst wenn sie vor Unheiligkeit starrt. Ambrosius wird an einem Satz des ‚Papstes’ Sixtus I. (Xystus), der angeblich von 116-125 amtierte, besonderen Gefallen gefunden haben:
„Die Kirche ist immer heilig, ganz gleich wie sündig ihre Priester sind.“ (122) Ambrosius rundete salopp auf: „Es kann keine noch so verruchte Schandtat begangen oder gedacht werden, welche die heilige Kirche nicht nachlassen könnte.“ (123)
Wohin solcher Ablass führte hat Luther drastisch beschrieben. Solche markigen 
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119 Friedrich L. zu Stolberg-Stolberg „Geschichte der Religion Jesu Christi“ 
120 Dictatus Papae 
121 Peter de Rosa „Gottes erste Diener“
122 Gerhard J. Bellinger „Der Catechismus Romanus und die Reformation 
123 ebenda,

Aussagen richteten sich direkt gegen die Weisung Jesu:
„jeder Baum der keine guten Früchte bringt wird abgehauen.“ (ausgeschlossen, exkommuniziert) (124)
Die Priesterbeichten dienten nach Ambrosius dazu, einander das Gewissen zu erleichtern, nicht um ein bestehendes Problem zu lösen, wozu sie ursprünglich gedacht waren. Es ist Ambrosius Mitschuld, dass Bischöfe der katholischen Kirche 1 600 Jahre lang, weltweit ihren sehr sündigen Priestern alles vergaben, statt sie zu exkommunizieren. 1996 berichtete mir eine in die USA emigrierte ehemalige Katholikin in Zeugen Gegenwart, dass sie als einziges Mädchen ihrer 25köpfigen Schulklasse in einem Dorf in der Nähe von Brünn, Tschechoslowakei anfangs der 30er Jahre, nicht missbraucht wurde, weil sie, nach eigener Aussage nicht schön genug gewesen sei. Der Religionslehrer, ein junger katholischer Priester wäre, als die Mütter herausfanden was geschehen war, von seinem Bischof lediglich versetzt worden. Natürlich hatte der Übeltäter zuvor seine Sünde bekannt und entsprechend dem sonderbaren Verständnis von „Buße“ erteilte ihm sein Bischof Absolution, wegen des „geleisteten“ Schuldbekenntnisses: Ego te absolvo - „Ich spreche dich frei von deinen Sünden.“ So einfach ging das. Einfach so. Sonst wäre er nicht versetzt, sondern abgesetzt worden. Nun geht dieser Geistliche hin, in eine andere Pfarre – bestenfalls hat er hinzugelernt - und dieser Obersünder vergibt Sünden? Und was geschieht, wenn er nicht hinzugelernt hat? Nach katholischem Rechtsverständnis darf er Sünden vergeben, auch falls er so weiter macht, wie an seiner früheren „Wirkungsstätte“. Doch gemäß Bibel hätte der Kinderschänder exkommuniziert werden müssen. Paulus Direktive lautet, bis zur Stunde gültig bei den Mormonen: „Schafft den Übeltäter aus eurer Mitte.“ Vielleicht hätte der tschechische Geistliche zusätzlich zu seiner fälligen Suspendierung oder eigentlich erforderlichen Exkommunikation dazu verurteilt werden sollen, zu heiraten, damit er, falls er Vater wird, zu ahnen beginnt wie Eltern sich fühlen, die ihrer Kinder wegen in berechtigter Sorge sind. Es geht um die Prinzipien der Gerechtigkeit. Priester unterstellen sich den von ihnen geforderten Disziplinen oder sie schlagen Jesus ins Gesicht. Christus gebot, Menschen nie anders zu behandeln als sie selbst behandelt werden möchten. Kinderschändung kann nicht vergeben werden. Diese Mädchen denen er mit Höllenfeuer drohte, falls sie je ausplaudern würden was er ihnen angetan hat, werden nie vergessen
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124 Bergpredigt

können, selbst wenn sie wollten. Das war Sünde wider den Geist: Kirchenlehrer Origenes (185-254) der bald von der Konstantinkirche über Bord, in den Ozean des Schweigens, geworfen wurde, sowie das Buch Mormon bestätigen nahezu übereinstimmend: „Sünde wider den Geist ist eine schwere Sünde, die wiedergutgemacht werden muss, also nicht aus Gnade Vergebung finden kann. Es ist die Sünde gegen den Nächsten, welche diesen in seinen von Gott verliehenen Rechten verletzt. Alles, was dem Nächsten in diesem Sinne (vorsätzlich) angetan wird, ist Sünde wider den Geist... überhaupt alles, womit man den andern verletzt. Solche Sünde muss in einem nächsten Leben - oder möglicherweise bereits im derzeitigen - durch ein entsprechendes Schicksal oder Leid gesühnt werden.“ (125) Die Apostel verstanden es. Ambrosius von Mailand dagegen, hoch angesehen in der christlichen Welt, verkündete sein Gegenprogramm. Das beeinträchtigte das tägliche ohne schwere Leben im Mittelalter. Statt irdische Himmel schufen zu viele Kleriker reale Höllen allgegenwärtiger Dämonen. Ehrliche Versuche Menschen zum Guten zu bekehren gab es nur noch selten. Ehrlichkeit stand nicht mehr hoch im Kurs, sondern der durch Angstverbreitung erzielte „Erfolg“ massenhaft Eingeschüchterte zu beherrschen. Unvorstellbar wie sie hausten, als sie durften, was die Bibel verbot. Sie rissen unter den Augen des Ambrosius Häuser und Tempel der paganen Bevölkerung ein. In Wahrheit bestimmte er bis zuletzt wo es lang ging. Kaiser Theodosius I. formulierte 384 willfährig nur das was Ambrosius wünschte:
„dem engagierten Christen, Praetorian prefect Maternus (gab er) die Weisung … mit den örtlichen Bischöfen zu kooperieren um die Tempel der Heiden in Nordgriechenland und Kleinasien zu zerstören... (es) kommen hunderte Eremiten aus der Wüste und zer(schmettern) Statuen, Altäre, Bibliotheken und pagane Tempel…“ (126)
Diejenigen die Ambrosius folgten, schreckten vor nichts zurück. Nur Hitlers und Stalins Geheimpolizei sollten diese Brutalität später noch überbieten. Allerdings mit einem Unterschied, die Nazis und die Kommunisten haben ihre Grobiane nie als Heilige bezeichnet. Dass er die nicänische Rechtgläubigkeit gegen den Arianismus verteidigte ist sein gutes Recht. Aber die Mittel, derer Ambrosius 
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125 Arbeitskreis Origenes und Buch Mormon Alma 12 und Kap. 39-42 
126 126 V. G. Rassias „Christians persecution against the Hellenes.”

und seine Gefolgsleute sich bedienten, entstammten der Instrumentenkiste des Teufels. Ambrosius von Mailand dachte aus staatsmännischer Sicht trinitarisch: Gewissensfreiheit würde den totalen Sieg jener Variante des Christentums beeinträchtigen, die er bevorzugte. Scharfsichtige kommen kaum umhin zu sagen, dass sein Rechtsverständnis im Kern dem Lenins, entsprach. Diesen Ungeist ambrosianischer Bevormundung, konnten selbst die Reformatoren noch nicht überwinden. Sogar ein Johannes Calvin blieb diesem diktatorischen Trachten verhaftet. Einige Reformatoren übernahmen einfach das Unrechtsgesetz von 380: sie beharrten in diesen Punkten auf der Ambrosius- Gregor-, Gelasius- und Bonifaciuslinie: die Kirche habe den Staat zu regieren. Ambrosius beherrscht die Kaiser ausnahmslos. Ausgerechnet er trompetet: „der Kaiser ist ein demütiger Sünder vor Gott.“ (127) Ambrosius lügt, indem er die Wahrheit sagt. Ambrosius schiebt den Namen Gott vor, wo er die Kirche meint, die seine ist. Das erklärt sich aus der Änderung seines Charakters, nach seiner Machtergreifung. Und so denkt Johannes Calvin, eiskalt wie der große Kaiserberater des ausgehenden 4. Jahrhunderts.
„Wo die Calvinisten in der Mehrheit waren... regierte die Kirche weitgehend den Staat. Durch die vom Konsistorium ausgeübte strenge Aufsicht über die Sittlichkeit wurde das Leben der Gemeindemitglieder einer äußerst starken Kontrolle unterworfen. Die Ältesten hatten das Recht auf ungehinderten Eintritt in jedes Haus zu jeder Zeit. Das bedeutete praktisch: keine Tür durfte verschlossen werden, um die Ältesten nicht zu behindern. Das bedeutete auch; Vorhänge an den Fenstern hat nur nötig, der etwas zu verbergen hat...“ (128)
Es gibt Akademiker! meistens Theologen, die sich vorstellen, so etwa wäre es zu Zeiten Brigham Youngs bei den Mormonen zugegangen. Das ist ihr Recht dies zu denken und zu vermuten, nur sagen dürfen sie es nicht, solange dafür keine Belege vorliegen. Für Brigham Young stand das Toleranzgesetz der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage unverrückbar obenan. Wer Zwang über Seelen ausübt verliert seine Priestertumslegitimationen. Das hatte er von Joseph Smith gelernt. Alle Änderer des urchristlichen Systems, wie Callixt I., Damasus und Augustinus, samt ihrem Anhang, müssen sich die immer wiederkehrende Frage gefallen lassen, was vom Christentum übrig bleibt, wenn es zur Gewalt greift. Schon Laktanz (240-320) hatte gewarnt:
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127 Alexander Demandt „Diokletian und die Tetrarchie“
128 Günter Stemberger „2000 Jahre Christentum“

„Dass jemand unter Zwang etwas verehrt, das er im Ernst gar nicht verehren will, kann nur zur Heuchelei und Simulantentum führen.“ (129)
In alle Lebensbereiche drang die Heuchelei ein. Willst du Beamter werden, dann musst du sich zuvor taufen lassen. Das taten viele, weil bereits 408 ein „Verbot des Hofdienstes für alle Nichtkatholiken“ erging. (130) Glücklicherweise vermag niemand auf die Dauer sein Gewissen zu betrügen. Von Martin Luther- King stammt der bekannte, allezeit gültige Satz: „Gott hat absolute moralische Gesetze in sein Weltall eingebaut. Wir können sie nicht ändern, wenn wir sie übertreten werden sie uns zerbrechen.“ (131) Die Reichkirche sollte schließlich zerbrechen, besser gesagt, sie zerbröselte an den ambrosianischen (athanasianischen, damasischen...) Übertretungen. Verstärkt wurde dieser Trend durch zahllose Einzelaktionen hochrangiger Leute die allen Ernstes meinten Elitechristen zu sein. Den Unfug wiederzukäuen, der mehr als anderthalb Jahrtausende von goldenen, kreuz-, kronen- und heiligenverzierten Kirchenkanzeln, neben einigem Wertwollen, verkündet wurde, würde jeden Heutigen, der es versuchte in den Ekel, in Wut oder in den Irrsinn treiben. Was bliebe übrig wenn alle Fabeln fallen würden? Ein Beispiel für die Langlebigkeit christlich sein sollender Lügengeschichten findet sich im Dom zu Freiberg. Drei von den vier Gestalten der Tulpenkanzel sind nämlich namhafte Schwerverbrecher. Oder wie nennt man diejenigen, die Millionen unschuldige Menschen in Gefängnisse oder in den Tod getrieben haben?
Bild Bundesarchiv Die hochberühmte Tulpenkanzel des Freiberger Doms, 1505 von Hans Witten, Köln, geschaffen, von der herab an Festtagen immer noch gepredigt wird, ist und bleibt Kulturerbe und muss ihren musealen Wert behalten - aber keineswegs als Platz der Verkündung christlicher Lehren.
Die dort dargestellten, fragwürdigen Persönlichkeiten sind Gregor der I., Augustinus von Hippo und Ambrosius von Mailand. Macher des Unglücks der Menschheit. Ihr Tun und Lassen wurde bereits in seinen Hauptmerkmalen
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129 Hans Maier, „Compelle intrare“ 
130 Johannes van Oort und D. Wyrwa Peeters, „Heiden und Christen im 5. Jahrhundert“ 
131 mündl. Überlieferung“

skizziert. Hier noch einmal zusammengefasst was jeder in Erinnerung behalten sollte: Gregor I. (540-604) sagte großartige Sätze, aber auch diese: bezüglich der taufunwilligen Menschen Sardiniens. Er befahl den Verwaltungsbeamten:
„Menschen die sich weigern die Taufe zu wählen „sollen durch strengste Kerkerhaft zur Einsicht gebracht werden “ (132) „ (Papst) Gregor der Große hatte behauptet, dass die Seligkeit der Erwählten im Himmel nicht vollkommen sein würde, wenn sie nicht über den Abgrund blicken und sich an der Angst ihrer Mitbrüder im ewigen Feuer erfreuen könnten.“ (133)
Augustinus von Hippo (354-430) konnte schönste Loblieder auf Christi Liebe singen und zugleich behaupten:
„Nur eine relativ kleine Zahl von Menschen … sind zur Seligkeit vorausbestimmt. Die anderen sind ‚Masse der Verdammnis’ ...“ „Der Erbsünde wegen ist „schon jeder Säugling dem ewigen Tod verfallen - wenn er nicht getauft wird.“ „Augustinus meint schließlich … auch Gewalt gegen Häretiker und Schismatiker theologisch rechtfertigen zu können – was wir im christlichen Osten in dieser Weise nicht finden.“ (134)
Ambrosius von Mailand (337-397): der Fürst der Intoleranz
„… solidarisierte sich… im Jahr 387 mit dem brandstiftenden Bischof… „Ich Ambrosius erkläre, dass ich die Synagoge in Brand gesteckt (habe)… (135)
Es gab weltweit nur wenige Diktatoren, die vergleichbare Verbrechen begingen. Die Resultate ambrosianischer Politik (Kreuzzüge, Judenpogrome, Inquisition) sollten sich anderhalbtausend Jahre austoben. Das ist einmalig. Nicht nur die Neuhellenen, Millionen zerstörte Menschenschicksale klagen ihn an: vor dem Gesetz Gottes seien alle gleich. Bischof Ambrosius raubte den Menschen das Wahlrecht, das der „allein wahre Gott“ allen seinen vernunftbegabten Geschöpfen quasi eidlich zugesichert hatte. Mit welchen Folgen für die Familien der Widerspenstigen gerechnet werden musste, kennen wir aus den grauenerregenden Dokumenten nicht nur der spanischen Inquisition. Nach diesem kalt agierenden Nicäner kamen viele um sein Werk fortzusetzen. Kaiser Justinian, der Vollender der Gewissensknechtung, oder wie vor diesem Zerstörer menschlichen Glücks, Damasus von Rom. Er behauptete er sei der Nachfolger Petris, dem der Herr die Weisung gab: „Weide (nähre) mein Lämmer“? Dreimal betonte der Auferstandene mit seiner Frage an Petrus: „Liebst du mich?“ wie unerlässlich Liebe für den ist, der sich anbietet in der Kirche des „Lammes 
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 132 Gregorii I papae Registrum epistolarum. Libri VIII-XIV 
133 Henry, Charles Lea „Geschichte der Inquisition im Mittelalter“ 134 Hans Küng „Kleine Geschichte der katholischen Kirche“ 
135 Herbert Gutschera „Geschichte der Kirchen: ein ökumenisches Sachbuch“

Gottes“ mitzuwirken. Jesus zeigte, dass er nur denjenigen beauftragt seine Mit-„Lämmer“ zu weiden der seine Gottesliebe durch Achtung vor seinem Gebot beweist. „Ohne Liebe bist du nichts!“ lehrt auch das Buch Mormon eindringlich und verweist damit ebenfalls auf das Wesen des Kerns der Lehren Christi. Natürlich, aus der Sicht derer denen entschieden viel daran lag die eigene Macht zu bewahren, gehört Damasus zu den Helden der Kirchengeschichte. „Er verlangte einen gesetzlichen Zölibat?“ Mit welchem Recht? Damasus Forderung nach dem Priesterzölibat hat weder biblischen noch historischen Grund. Benötigte er, seiner Verbrechen wegen ein Feigenblatt? Er liebte es über Fragen der Geschlechterliebe und der Enthaltsamkeit große Gedichte zu schreiben. Für Hieronymus (347-420) dem er den Auftrag der Bibelübersetzung ins Lateinische erteilte, galt Damasus als Experte für alle Intimfragen. Damasus war der erste, der Papst sein wollte. Oberster Richter der Kirche. Einer der nach seinem blutigen „Sieg“ über die Arianer reicher werden sollte als je ein normaler Sterblicher werden konnte. Auf der Klaviatur weiblicher Eitelkeiten vermochte er zu spielen wie kaum ein Zweiter. Damasus war der erste Christenbischof weltweit der mit einer vergoldeten Kutsche durch die Gegend reiste und der den Neid höchststehender Staatsbeamter erregen konnte. Da musste also ein Gegengewicht hergestellt werden und das auf Kosten des Familienglückes von Zahllosen, der Zölibat.
Vatikanstadt/Rom - Der designierte vatikanische Staatssekretär, Pietro Parolin, der am 15. Oktober 2013 sein Amt antritt, sorgt mit aufsehenerregenden Aussagen zum Thema Zölibat für Aufruhr. "Der Priesterzölibat ist kein Dogma der Kirche. Man kann darüber diskutieren, weil es sich um eine kirchliche Tradition handelt…“
Bischöfe sollen verheiratet sein, sagt das Neue Testament, Presbyter erst recht. Auch das glauben „Mormonen“. Paulus schreibt an Timotheus: ein Bischof ist
„einer der seinem eigenen Haus gut vorsteht und gehorsame Kinder hat in aller Ehrbarkeit. Denn wenn jemand seinem eigenen Haus nicht vorzustehen weiß, wie soll er (der Bischof) für die Gemeinde Gottes sorgen?“ (136) Der allzu oft gewählte Hinweis, bereits mit dem 1. ökumenischen Konzil der Christenheit sei die Ehelosigkeit der Priester festgeschrieben worden, ist jedenfalls falsch. Kanon 3 von Nicäa lautet: 
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136 Timoth. 3:4-5

„The great Synod has stringently forbidden any bishop, presbyter, deacon, or any one of the clergy whatever, to have a subintroducta (Konkubine) dwelling with him, except only a mother, or sister, or aunt, or such persons only as are beyond all suspicion.” (137)

In seinem Haus soll keine Haushälterin leben! Davon, ob er verheiratet sein darf oder nicht, ist keine Rede. Allerdings wurde der Zölibat damals diskutiert. Als es einigen Eiferern während dieses enorm fragwürdigen Konzils, konkret darum ging, eine Eheverbot für Priester der Kirche auszusprechen,“ erhob sich Bischof Paphnuties”, dem 17 Jahre zuvor seines Glaubens wegen ein Auge ausgestochen, sowie die Sehnen der linken Kniekehle durchtrennt worden waren und der drei Jahre im Bergwerk zu leiden hatte.
“(Er) rief mit lauter Stimme, man soll den Priestern und Geistlichen kein so schweres Joch auferlegen und durch zu große Strenge der Kirche keinen Nachteil schaffen. Er sagte, die Ehe sei ehrbar und … nannte den ehelichen Beischlaf Keuschheit... die Worte des Mannes wirkten.” (138) Exakt dies glauben und vertreten die Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, der Rest ist pure Heuchelei. Unbekannt ist wie alt Paphnuties zu dieser Zeit war, immerhin starb er erst 35 Jahre später.
„...noch in den apostolischen Canonen (wird klar gesagt) ... ein Bischof, Presbyter, oder Diakon, der aus falscher Religiosität, seine Gattin verstößt, soll stillgelegt werden, beharrt er dabei, so treffe ihn die Absetzung.“ (139)
Erst Papst Gregor VII., 1074, erklärte mit einem Pinselstrich kraft angemaßter Autorität insgesamt mehr als hunderttausend Frauen und mindestens doppelt so viele Kinder zu unerwünschten Personen eines jeweiligen Priesterhaushaltes. Daraufhin regte sich das Gewissen der Öffentlichkeit zu heftigem Widerspruch. "Der Bischof von Passau, Altmann verlas am Stephanstag 1074 feierlich im Dom den apostolischen Auftrag. Da stürmten Kleriker und Volk einmütig mit solcher Wut gegen ihn los, dass er in Stücke zerrissen worden wäre, – so erzählt sein ältester Biograph, – wenn ihn nicht seine Ministerialen und einige Edle schützend umgeben hätten. Auf _________
137 Orthodox Church of Estonia “Canon of the First Ecumenical Council” 
138 Leonhardt Martin Eisenschmid "Über die Unfehlbarkeit des ersten allg. Konzils zu Nicäa"
139 Johann J. Ignaz von Döllinger „Hippolytus und Kallistus“

eine rasche Durchführung des Zölibatsgesetzes musste vorläufig verzichtet werden.“ (140) Ein anderer Bericht sagt: "Als der Bischof von Basel 1238 starb, hinterließ er 20 Kinder, sein Kollege Bischof Heinrich von Lüttich kam ein paar Jahre später auf 61 Nachkommen. Der Bischof von Konstanz wurde im 15. Jahrhundert reich, weil er seine Priester Bußgelder für ihre Konkubinen zahlen ließ. Selbst die Päpste wollten nicht päpstlicher als der Papst sein. Innozenz VIII. (der von 1484 bis 1492 – 200 Jahre nach dem Erlass Gregor VII. - die Kirche regierte) hatte 16 Töchter und Söhne, die er selbst taufte, traute und mit einträglichen Posten im Kirchenstaat versorgte.“ (141) Papst Innozenz VIII. (1432-1492) höchster Priester seiner ehebeeinträchtigen-den Kirche, galt als "Förderer der Inquisition und der Hexenverbrennung. (Er) hinterließ viele Kinder (Octo nocens pueros genuit, totidemque puellas; hunc merito poterit dicere Roma patrem – „Acht Buben zeugte er unnütz, genauso viele Mädchen; ihn wird Rom mit Recht Vater nennen können“ und sein Nepotismus zu ihren Gunsten war so verschwenderisch wie schamlos. Seine Nachfahren wurden die Herzöge von Massa und Carrara.“ (142)
Nachdem tausende Priester schwerster Übergriffe auf Persönlichkeitsrechte (nicht nur) Minderjähriger schuldig wurden und ungezählte der von ihnen geschwängerten Frauen den Freitod als einzigen Ausweg sahen, hätte Rom - aus „mormonischer“ Sicht - längst entgegengesetzt reagieren müssen. Nachdem gegen Ende des 20. Jahrhunderts weltweit bekannt wurde, was sich absolut nicht mehr verbergen ließ äußerten sich immer mehr Bedeutende unserer Zeit zu Wort, wenn auch sehr zögerlich:
„Der Mainzer Bischof Kardinal Karl Lehmann hatte Anfang der Woche in einem Interview erklärt, er könne sich vorstellen, dass es in der katholischen Kirche in Zukunft auch verheiratete Priester geben werde.“ (143) Gregor VII. (Hildebrand, Papst von 1073-1085) fügte den Menschen unermessliches Leid zu. Zeitgenosse und Kardinalbischof Petrus Damiani nannte 
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140 Allgemeine Deutsche Biographie: Bischof von Passau, Altmann 
141 Kneissler, Kirchengeschichte 
142 Dr. 142 Dr. Philipp Charwath „Kirchengeschichte“ 
143 Focus, 19.09.2013 „Katholiken denken über Ende des Zölibats nach“

ihn den „heiligen Satan“. Gregor stand Damasus von Rom innerlich recht nahe. Es ist dasselbe grobe Handeln. Dass parteiische Berichterstatter den Eindruck erwecken wollen, Ursinus wäre damals gegen Damasus angetreten um selbst „Papst“ zu werden, passt zwar in deren Bild, aber das es so war ist wenig wahrscheinlich. Ein zusätzliches Argument gegen Ursinus musste her und auch das das grenzt zumindest an intellektuelle Unredlichkeit. Bischof Ursinus suchte natürlich den Sieg der Toleranz über die Intoleranz, einen in diesem Sinn gemeinten „Sieg“ des Arianismus über den Katholizismus. Das kann man als normal und gerecht empfinden. Ob Ursinus ursprünglich, vor dem mörderischen Überfall auf seine Gemeinde, bereits militant eingestellt war, ist fraglich. Auch er wollte Macht ausüben. Es scheint jedoch, dass Ursinus wenigsten zu Beginn eher an die Macht der Vernunft und der Liebe glaubte und nicht an die Herrschaft über Andersglaubende, wie seine Todfeinde. Dieser angestrebten Vormacht wegen schlugen Christen einander fortan die Schädel ein. Die Päpste konnten in den folgenden tausend Jahren kaum anderes denken, als an die eigene Größe und Allmacht. Sie beriefen sich auf Kanon 6 des Konzils zu Nicäa. Da stünde geschrieben: die Kirche zu Rom habe den Vorrang, „Ecclesia Romana semper habuit primatum“. Dieser Text kam allerdings nicht von Nicäa, er stammt aus dem Hirn eines Fälschers, vermutlich aus der Zeit des „Papstes“ Leo I. (390-461). Das Ökumenische Heiligenlexikon schreibt:
„Leo setzte seine Oberhoheit über alle Bischöfe der Kirche im Westen durch: als vicarius Christi sei dem Amtsinhaber in Rom die Sorge für die gesamte Kirche übertragen. Der - gefälschte - 6. Kanon des 1. Konzils von Nicäa, überschrieben De primatu ecclesiae Romanae, Über den Vorrang der römischen Kirche beginnt mit den Worten Ecclesia Romana semper habuit primatum, die Kirche von Rom hatte schon immer den Vorrang.“ Jesu Kriterium: „Daran wird jedermann erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr Liebe unter euch habt.“ (144) hinderte die „Vorrangstreber“ nicht die Fäuste gegeneinander zu ballen: Der Umkehrschluss liegt auf der Hand. Tatsachen sämtlicher Machtkämpfe zwischen den Herren der Patriarchate, Alexandria, Rom, Byzanz (Konstantinopel), Moskau unterminierten fortan jegliche Glaubwürdigkeit aller daran beteiligten Kleriker. Sie entwerten jedoch nicht die echten Taten der Liebe zahlloser Geistlicher und Laien, auch nicht die Guttaten der Kurie. 
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144 Joh. 13: 35

Ein unglaublich negatives, aber bedeutendes Beispiel von großer Tragweite bietet das Ränkespiel um die Ereignisse des chalzedonischen Konzils 451 auf dem die Frage erörtert wurde, ob Jesus einen einzigen Willen hatte oder zwei. „Papst“ Leo I. (390-461) war nicht zum erwähnten Konzil gereist. Als ihm seine vier Legaten die Protokolle vorlegten, fuhr er sofort aus der Haut. Man kann sich vorstellen wie er in seinem Amtszimmer zu Rom hin und her rennt, wütend über den Bericht. … insbesondere Kanon 28 bringt ihn fast um den Verstand. Die Fäuste geballt schreit er sein NEIN heraus. Was erlaubten sich die frommen Esel zu Chalzedon da. Sie hatten gewagt breitspurig über das erste Konzil zu Konstantinopel hinweg zu schreiten. Da 381, hatte niemand den Ehrenvorrang Roms in Frage gestellt. Doch der 28. Kanon, niedergeschrieben auf diesem Wisch, forderte nun frech das Gegenteil. Solche Sätze könne nur der Teufel diktiert haben und dieser trage den Namen Akakios, seines Zeichens Patriarch von Konstantinopel. Der trachte nach der Weltherrschaft. Solche Anmaßung werde er nicht mittragen. Die theologischen Dispute über das Christuswesen erschienen ihm gegen den 28. Glaubenssatz als zweitrangiges, albernes Geschwätz. Diese hirnrissigen Glaubensbrüder Vorderasiens denken Gelehrte zu sein und dabei zankten sie wieder einmal um Begriffe die sie selbst nicht verstanden. Was für ein Unsinn… das fühlte doch ein Blinder mit seinem Taststöcklein, dass die Syrer und die Griechen und die Lateiner jeweils dasselbe mit andern Worten meinten. Was soll das heißen: „nur eine einzige Natur Christi“, denn Jesus Christus ist zugleich wahrer Gott und wahrer Mensch. Nun gut, einigen gefällt solche Selbstverständlichkeit nicht. Das kann er wegstecken, aber nicht die Degradierung, nicht seine Degradierung. Immer ging es zu vielen frommen Exponenten im „Christengebiet“ wie der Königin des Schneewittchen-märchens. Rasend vor Eifersucht schnitt Rom zunächst Konstantinopel, dann den andern Mitbewerbern, das Mitrecht auf die Führungsrolle ab. Leo I. exkommunizierte, noch 451, den in seinen Augen entschieden niedriger stehenden, aufmüpfigen Patriarchen Konstantinopels, Akakios. Dieser brach daraufhin die Beziehungen zu Rom ab und der Name des „Papstes“ wurde postwendend aus den Diptychen (Fürbittlisten) der Ostkirche gestrichen. Die Machtsucht wurde da wie hier nie wirklich überwunden. Sechshundert Jahre später kam es zum endgültigen Bruch zwischen Rom und Konstantinopel:
„1053, ließ Papst Leo IX. einen Feldzug gegen die Normannen in Unteritalien unternehmen, ein Gebiet das kirchlich teilweise dem Patriarchen von Konstantinopel unterstand. Dies war der Anlass, dass Patriarch Michael Caerula… Rom der Ketzerei beschuldigte, weil man bei der Eucharistie ungesäuertes Brot gebrauchte, … weil an während der Fastenzeit das Alleluja ausfallen lasse. Offensichtlich belanglose Dinge die vorgeschoben wurden um einem politischen Streit eine religiöse Legitimation zu verleihen. Es ging um Herrschaftsansprüche. Im Hintergrund stand die Frage, wer die Oberhoheit, den Primat ausüben könne… Leo IX. schickte Kardinal Humbert von Silva Candida nach Konstantinopel… es kam zu erheblichen Ausschreitungen… der Patriarch ließ die (römischen) Kirchen schließen. Es kam zu entwürdigenden Übergriffen… am 16. Juli 1054 während der Liturgie, legten die Vertreter des Papstes auf dem Hauptaltar der Sophienkirche die Bannbulle nieder und reisten ab. Diese Bannbulle… enthielt falsche Vorwürfe und unwürdige, ungerechte Anklagen…“ (145)
Natürlich bedarf die „eine, heilige … Kirche“ eines Kopfes. Dieser „Kopf“ sollte aber nicht darauf beharren, dass ihm die Herrschaft gehöre, weil er als Person auf einem Möbelstück sitzt auf dem das zweite Haupt der Kirche, nämlich Petrus einmal gesessen hätte, denn zwischen Galiläa und Antiochia besaßen Jesus und Petrus zahlreiche „Lehrstühle“. Es ist anmaßend, ein offensichtliches Wortspiel derart auszubeuten, das ausgerechnet der Stuhl zu Rom der heiligste und wichtigste war. Diese Argumentation kommt von Damasus, der allen Ernstes vertrat, Petrus sei der Felsen auf den der Herr sein Reich errichtet, obwohl zu Tage lag, dass Petrus (Kephas) zwar Felsen bedeutete, doch der Sinn liegt tiefer: Petrus erlangte seine „Felsenfestigkeit“, weil ihm von Gott offenbart wurde: Jesus ist der Gesalbte Gottes. Dieses Offenbarungswissen ist Fundament.
“Wahrlich, das hat dir nicht Fleisch noch Blut offenbart, sondern mein Vater, der im Himmel ist … auf diesen Felsen (andauernder Offenbarung andauernder Verbindung), will ich meine Kirche bauen.“ (146)
Das macht Sinn. Menschen sind nie wirklich fest wie Felsen, aber der möglichst ständige Kontakt zum auferstandenen Gott vermag das Unverrückbare. Keine Frage, Haupt, oder Präsident der Kirche der Christen zu sein bedeutet, diese Person vertritt Jesus, aber der war ein sauberer Mann -. Kein Unsauberer wird seine Billigung oder Anerkennung finden. Das zeigt die Geschichte von Eli, dem Hohepriester an der Stiftshütte um das Jahr eintausend vor Christus. Jehova nahm ihm übel, dass er sich nicht abmühte seine Söhne ihrer Hurerei wegen zu warnen und zu tadeln.
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145 P. Neuner, Kleines Handbuch der Ökumene 
146 Matth. 16: 17-18

Das zeigt die Geschichte von Jeremia dem wahren Propheten Israels – dessen Voraussagen sich buchstäblich und nachweisbar erfüllten, - sowie andererseits das Gegenhandeln des Tempeloberen Pashur, der den „Ketzer“ Jeremia ungerührt hart abstrafte. Jesus lebt. Er will und kann und muss befragt werden. „Inspiration von ihm“, ist das Schlüsselwort, denn die Kirche Christi ist SEINE. Das zu sagen ist Mormonen heilig. Christi Kirche ist keine politische Partei in der ein menschliches Machtwort verbindlich ausgesprochen werden kann, das dann Gültigkeit erlangt, auch wenn es offensichtlich falsch ist. Petrus wusste nicht was er tun sollte als erstmals ein Heide, Cornelius, Christ werden wollte. Bislang verstanden die Jünger sich als Juden die Juden vom Evangelium Christi überzeugen sollten. Petrus erwies sich in diesem Fall als unsicher. Auf der Suche nach der richtigen Antwort wurde er durch den Traum von den „reinen und den unreinen Tieren“ belehrt. Gott gab ihm eine eindeutige Antwort. Das und das sei der richtige Weg. Damit war die Heidenmission offiziell eröffnet. Wenn diese Verbindung - dieser direkte Draht - der eine klare Antwort auf eine konkrete Frage ermöglicht, intakt bleibt, können selbst die Mächte der Hölle die Kirche nicht überwinden. Dasselbe lehrte Joseph Smith der Prophet der Wiederherstellung überzeugend. Dem Ratschlag Gottes, wenn er denn befolgt wird, ist eben keiner seiner Gegner - in diesem „Weltschachspiel“ (Carl Friedrich von Weizsäcker) - gewachsen. Wenn die Kirche den „Draht“ jedoch abreißen lässt, kann sie leicht vom Kurs abweichen, wie ein Wanderer in der Nacht in unbekannter Gegend, wenn der Kompass fehlt, wenn der Nebel sein Teil dazutut. So ist Geschichte, kein Tag gleicht wirklich dem anderen. Keine Kirche durchlebte je ihre Krisen unbeschadet, wenn sie Gottes Rat mied. In der Finsternis ist es gleichgültig, ob das Oberhaupt der Kirche, in Jesu Sandalen in die falsche Richtung geht oder barfuß. Nur echte Signale, wie sie Leuchttürme aussenden, können uns den Weg vorbei an den Klippen leiten. Schließlich geht es um die Bewahrung der Freiheit in glücklichen Umständen. Es geht darum die „Welt“ zu verschönern. Oder mit einem andern Gleichnis gesagt: Selbst die herrlichsten Feierlichkeiten in schönsten Kathedralen samt einem Meer brennender Kerzen können die Leitlichter, die aus der überirdischen Welt stammen, nicht ersetzen. Nicht umsonst sprachen die Menschen früher vom „finsteren Mittelalter“ im Gegensatz dazu, wie es hätte sein sollen. Vor dem Großen da oben, „überm Sternenzelt“ in dessen Namen angebliche Legitimationsträger ihre eigenen Weisheiten predigten, war manches Tun absolut vergeblich und obendrein schädlich für alle Beteiligten. Die Geschichte aller Großkirchen ist eine Verkettung unglaublicher Fehlleistungen. Verursacht von der wahnwitzigen Sucht nach Erlangung oder Sicherung von diktatorischer Vormacht. Hier auch mit Blick auf Heinrich VIII. von England, Mörder seine Ehefrauen Anne Boleyn und Catherine Howard und zugleich Haupt der damaligen Anglikanischen Kirche, mit Blick auf Kriege aus Christenhand.

Bild aus „2000 Jahre Christentum“

„Das unter Papst Innozenz III. durchgeführte LARERANENSE IV festigte nicht allein die Kirche im Innern, sondern sollte auch nach außen-durch die Erneuerung der Kreuzzugsbewegung- die Macht der Kirche und des Papsttums festigen.“ (Foto Fabri)
Vom Irren und bösartigen Streben angeblicher Elitechristen ist im Folgenden, vor allem aus einem Grund, die Rede:
Die Großkirchen mögen bitte einsehen, dass ihre Überheblichkeit gegenüber dem sogenannten Mormonentum unangebracht ist. Sie haben allzu lange Verderben ausgelöst. Nicht nur die großen und die kleinen Kreuzzüge. Unvergessen, wie Papst Urban II., 1096, im Gotteseifer glühte. Aber er sandte nur ein Irrlicht aus, woraufhin die Menge schrie: Deus lo vult! Gott will es. Jerusalem muss befreit werden. Unbeschreiblich was sich nur in Antiochia, 1097, ereignete. „Gott mit uns!“ schrieb schon Ambrosius von Mailand, 374, an Kaiser Gratian und forderte ihn auf rücksichtslos gegen gotische Flüchtlinge zu kämpfen. Das Resultat war die Niederlage Gratians. „Gott mit uns“ stand auch auf den Koppelschlössern der Soldaten der deutschen Wehrmacht des 2. Weltkrieges. Jeder weiß, was dabei herauskam. Das Entsetzliche wäre vermeidbar gewesen, wenn die frommen Verursacher zuerst ihr eigenes Gewissen und dann Gott angerufen hätten, bereit höherem Rat zu folgen. „Päpsten“ und nicht nur ihnen erschien das Erringen von neuen Machtpositionen jedoch wichtiger, als der Empfang echter Eingebungen, die nur im Geist der Demut ersucht werden können. Folglich kamen jene Gefahren herauf deren Erfüllung wir vor uns als Scherbenhaufen im Land der Geschichte sehen. Das wurde besonders sichtbar in Zeiten der mittelalterlichen Inquisition, in Zeiten der Vernichtung der Templer durch die Kirche „weil die reich waren“

(L. Hertling). Aberglauben, gehegte Dummheit und Fanatismus dominierten. So war es, wohin man auch in den Metropolen des „Christenseins“ blickte. Letztlich blieb den Initiatoren der Glaubensauseinandersetzungen nichts. Wie gewonnen, so zerronnen. Vor alledem warnte Jesus mit einem anderen Bild: wenn ihr nicht tut was ich sage, dann habt ihr auf Sand gebaut. Fundament für den weltumspannenden Kirchenbau kann kein Mensch sein, selbst wenn er Tag und Nacht betend, aber sonst taub auf dem angeblichen Legitimationsstuhl sitzen würde. Wir sind allesamt für Verwirrungen anfällig. Nicht wer am lautesten seine Ansprüche in die Welt hinausdröhnen kann, sondern einem den Gott mag, kann es zufallen, mit Autorität an seiner Stelle wohltuend zu handeln. 1521 wird sich nach Jan Hus, Martin Luther, in Worms, Deutschland, ziemlich erfolgreich gegen das so heftig beanspruchte ambrosianische Machtdenken Roms stemmen. Rom hatte die äußerste Grenze des Ertragbaren überschritten. Absolut teuflisch gefährlich, für den der gemäß seines Gewissens glauben wollte, war diese Macht geworden, ohne die angeblich niemand selig werden könne. Erbarmungslos und niederreißend wirkte diese Übermacht, wie die der Nazis und der Leninkommunisten, die nichts gelten ließen, außer ihre eigenen teilweise niederträchtigen Überzeugungen und Bestrebungen. Wer zwischen deren Mühlsteine geriet wurde in riesigen Konzentrationslagern zermalmt. Nur, dass die braunen und die roten Terroristen keine Christen waren und damit nicht auf den Geist der Güte und der Wahrhaftigkeit verpflichtet. Nur wenige Geistliche wagten nach Nicäa, 325, noch die urkirchliche Selbstverständlichkeit: „traue dir zu, Gott nach seiner Wahrheit zu fragen.“ Genau dieses urchristliche Element untersagt der moderne katholische Katechismus (147) im klaren Widerspruch zur Heiligen Schrift: z.B. Jakobus 1: 5.
„Fehlt es aber einem von euch an Weisheit, dann soll er sie von Gott erbitten; Gott wird sie ihm geben, denn er gibt allen gern und macht niemand einen Vorwurf. Wer bittet, soll aber voll Glauben bitten und nicht zweifeln; denn wer zweifelt, ist wie eine Welle, die vom Wind im Meer hin und her getrieben wird. Ein solcher Mensch bilde sich nicht ein, dass er vom Herrn etwas erhalten wird.“
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147 Katechismus der Katholischen Kirche, (kontra Christuslehren u.a Matth. 7: 7-11) „Die letzte Stufe verwirklicht sich in seinem Fleisch gewordenen Sohn, in Jesus Christus, dem Mittler und der Fülle der Offenbarung. Er, der eingeborene und Mensch gewordene Sohn Gottes, ist das vollkommene und endgültige Wort des Vaters. Mit der Sendung des Sohnes und der Gabe des Geistes ist die Offenbarung nunmehr gänzlich abgeschlossen.“


5.3 Unheiliger Cyrill von Alexandria (380-444)


Der Vatikan irrt auch weiterhin. Ziemlich peinlich ist die Lobrede des sonst, auch von nicht wenigen Mormonen, hoch geschätzten Papstes Benedikt XVI. auf Cyrill von Alexandria:
Liebe Brüder und Schwestern!
Bei der Fortsetzung unseres Weges auf den Spuren der Kirchenväter begegnen wir auch heute wieder einer großen Gestalt: dem heiligen Cyrill von Alexandrien. Cyrill, der mit der christologischen Auseinandersetzung verbunden war, die um das Jahr 431 zum Konzil von Ephesus geführt hat und der als letzter bedeutender Vertreter der alexandrinischen Tradition galt, wurde später im griechischen Osten als „Bewahrer der Genauigkeit“ – was als Bewahrer des wahren Glaubens zu verstehen ist – und sogar als „Siegel der Väter“ bezeichnet. Diese früheren Bezeichnungen bringen eine Tatsache zum Ausdruck, die kennzeichnend für Cyrill ist: mit der Absicht, die Kontinuität der eigenen Theologie zur Tradition aufzuzeigen, hat der Bischof von Alexandria stets auf die ihm vorausgehenden kirchlichen Schriftsteller (unter ihnen vor allem Athanasius) Bezug genommen. Er gliedert sich bewusst und ausdrücklich in die kirchliche Tradition ein, in der er die Gewähr für die Kontinuität mit den Aposteln und mit Christus selbst erkennt… Dank umsichtiger Bündnisse (wie bitte?) ist es dem Bischof von Alexandrien bald gelungen, dass Nestorius wiederholt verurteilt worden ist: von Seiten des römischen Stuhls, dann durch eine Reihe von zwölf Anathematisierungen, die er selbst verfasst hatte und schließlich vom dritten ökumenischen Konzil, das 431 in Ephesus abgehalten wurde…Der heilige Cyrill, der sowohl im Osten als auch im Westen als Heiliger verehrt wird, wurde 1882 von Papst Leo XIII. zum Kirchenlehrer erklärt… Bedeutsam sind weiter die zahlreichen Lehrwerke, in denen wiederholt der Glaube an die Dreifaltigkeit gegen die arianischen Thesen sowie gegen die Thesen Nestorius verteidigt wird. Die Grundlagen der Lehre Cyrills sind die kirchliche Tradition und besonders, wie ich bereits angedeutet habe, die Schriften des Athanasius, seines bedeutenden Vorgängers auf dem Sitz von Alexandria.“ (148)
Interessant ist, was andererseits die Forschung über Cyrill von Alexandria sagt. Zunächst aber eine eigene Erfahrung: In einer koptischen Kirche zu Melbourne, Australiens umarmten mich (2012) die angenehm wirkenden, zwar bärtigen aber jungen „Väter“, als ich sie fragte ob ihre nahebei liegende Cyrill-Straße eine Würdigung des Cyrill von Alexandria sei, einem der Urväter der Kopten:
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148 Papst Benedikt XVI.: Ansprache während der Generalaudienz am 3.10.07

„Yes, of course!“ Ja, selbstverständlich. Ihre braunen Augen leuchteten. Sie konnten nicht wissen, was ich wusste, weil ich deutsche Fachliteratur zu Cyrill studiert hatte. Mir lag es völlig fern die freundlichen Geistlichen mit ihren auffallend großen Kreuzen auf der Brust zu kränken und bekannte offen Mormone zu sein, was sie offensichtlich schockierte. Ich verschwieg mein Wissen. Der Althistoriker Prof. Dr. Seeck erläutert etwas, das alle, denen daran liegt (auch in Sachen „Mormonismus“) urteilsfähig zu sein, wissen sollten.
„ (Cyrill 380-444) war ein Neffe des Theophilus und hatte dessen rücksichtslose Herrschsucht geerbt. Als dieser am 15. Oktober 412 gestorben war, hatte Cyrill unter wilden Straßenkämpfen, in die auch die Truppen eingreifen mussten, seine Wahl auf den erledigten (Bischofs-) Thron durchgesetzt, und eine seiner ersten Amtshandlungen war gewesen, dass er die Bethäuser der Novatianer (einer Gruppe Urchristen die gewillt waren gemäß Christi Gebote zu leben) schließen ließ und sich nicht nur ihres Kirchenschatzes sondern auch des Privatvermögens ihres Bischofs Theopemptus bemächtigte. Denn das Geld schätzte er so hoch, dass er selbst die Bistümer Ägyptens feilbot. Eine reiche Einnahmequelle und zugleich ein wichtiges Machtmittel boten ihm die Krankenwärterstellen, da die Hospitäler von Alexandria als wohltätige Stiftungen unter seiner Aufsicht standen. Weil nämlich ihr Dienst nicht nur ein hübsches Einkommen brachte, sondern wahrscheinlich auch vom Decurionat und anderen Staatslasten befreite, drängten sich auch reiche und vornehme Leute dazu und erkauften die Aufnahme in die Körperschaft mit barem Gelde. Denn große Anstrengungen brauchte man ihnen nicht zuzumuten, schon weil Cyrillus ihre Zahl auf nicht viel weniger als tausend erhöht zu haben scheint. Und alle die Hunderte, die Krankenwärter hießen, tatsächlich aber auf den Straßen Alexandrias müßig lungerten, bildeten für den Bischof eine handfeste Leibwache und waren höchst geeignet, Krawalle hervorzurufen und anzuführen. So dienten auch die Wohltätigkeitsanstalten den Zwecken der Kirche in einer Weise, an die ihre Stifter gewiss nicht gedacht hatten.“ (149)
Obwohl ich kein Wort der Kritik geäußert hatte, sagten die Herren, eine Woche später, weitere Gespräche mit mir ab. Das ging mir ähnlich mit evangelischen Geistlichen. Ein zweites Gespräch lehnten sie oft ab. Vielleicht hätte ich mich an
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149 Prof. Otto Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“

ihrer Selle ebenso verhalten, vielleicht. Andererseits kann man nicht aus Gründen der Höflichkeit darauf verzichten zu sagen was sich wirklich zutrug. Es gilt das sehr wohl bekannte Wort des Propheten Jesaja:
„Wehe denen, die Böses gut und Gutes böse heißen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen, die aus sauer süß und aus süß sauer machen!“
Cyrill ist klug und gewissenslos. Verwegen warf er (ungefähr 428) dem Patriarchen von Konstantinopel, Nestorius, den Fehdehandschuh hin. Nestorius würdige den Status Marias, der Mutter Jesu nicht hinreichend. Eher künstlich wurde diese Sache aufgebauscht. Er stichelte und agierte gegen die in Alexandria hoch angesehenen Novatianer, - eine Restgruppe der Gemeinde der „Heiligen der Letzten Tage“ (150) Cyrill selbstherrlich handelnd, schließt deren Kirchen und gibt sie der Plünderung durch den alexandrinischen Mob preis. Die Szenen die sich dabei abspielen zeigen, dass Cyrills Anhang zu jeder Schandtat bereit war. Sokrates ein als zuverlässig geltender Historiker der Antike, spricht von der ohnehin allgemeinen Gewaltbereitschaft der Einwohner Alexandrias, die Cyrill sich dienstbar machte. Straßenrandale, Zänkereien und hetzerische Predigten, gehörten zur Tagesordnung.
Dass Jesu Mission darin bestand Heuchelei und vor allem die Gewalt aus den zwischenmenschlichen Beziehungen herauszuhalten, konnte und wollte Cyrill nicht begreifen.
Seit den Tagen des unheiligen Athanasius war die bunt gemixte, riesige Hafenstadt Alexandria ohnehin schon daran gewöhnt, dass herrschende Christen unter frommem Vorwand Gewalt übten.
Ebenso ausgefallen wie Cyrill da agierte wollte er den Machtkampf, den Zank zwischen Konstantinopel und Rom, als angebliche Zentren der Alleinvertretung der Wahrheit, schüren und zwar zugunsten Altroms. In diesem Ränke- und Intrigenspiel wollte und sollte er sich als echter Papsttumförderer erweisen. Laut als hätte ihn der Pfeil seines Intimfeindes in die Achillessehne getroffen klagte er in Rom und wo er sonst noch konnte: Nestorius sei ein Feind der Gottesmutter. Die Umstände erwiesen sich für ihn positiv: Seeck fährt fort:
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150 Friedrich Loofs „Dogmengeschichte“ Halle/Saale 1950 S.133, „... die neue Prophetie... bestrebte sich ... die Gemeinde der Heiligen der Letzten Tage zu sammeln.“

…je vollständiger man mit dem Heidentum aufräumte, desto mehr sah man sich bewogen, was in ihm dem Volke ganz besonders teuer war, auch in den neuen Glauben herüber zunehmen. Wie vielen der alten Götter und Dämonen unter der Maske von Heiligen ihr früherer Kultus in anderer Form erneuert wurde, so wollte man auch der Göttermutter, die im sinkenden Römerreich eine so bedeutsame Rolle gespielt hatte nicht entbehren. War doch der Geburtstag ihres Sohnes, des unbesiegten Sonnengottes Mithras, schon seit der Zeit Constantins in den Geburtstag Christi umgedeutet und so der 25. Dezember zum Weihnachtsfest geworden. Und das Ewigweibliche übte damals, wie noch heute, seine Anziehungskraft und verlangte nach einer Vertretung auch im christlichen Olymp. Zwar war man von dem Madonnenkultus des Mittelalters noch weit entfernt; aber die ersten Keime desselben regten sich, und im niederen Volke wahrscheinlich stärker, als bei den Vertretern der höheren Bildung, … (151)
Das Volk wurde von Freunden des Cyrill und ihm selbst kirre gepredigt. Sie sollten sich schützend vor die „Gottesmutter“ stellen, dann würde Gott ihnen wohl gesonnen sein. Dann! Umgekehrt gab es gewisse Leute, die meinten es sei Ketzerei von der MutterGottes auch nur zu reden.
„Cyrill (hatte) Nestorius vor nicht sehr langer Zeit erklärt, man könne das Wort Muttergottes ohne Ketzerei gebrauchen. So wählte er zu seinem Werkzeug den Bischof Dorotheus von Marcianopel, der in der Christenheit hohes Ansehen genoss. Dieser erhob sich in der Kirche des Nestorius und rief in dessen Beisein mit lauter Stimme: „Wer Maria Muttergottes nennt, sei als Ketzer verflucht!" (Das war eine gezielte bösartige Provokation, mit erwünschtem Ausgang, denn)
das Volk brach in lautes Zorngeschrei aus und stürzte den Ausgängen zu, und Viele lehnten seitdem mit Nestorius, in dem jeder den Anstifter des Dorotheus erkannte, die Kirchengemeinschaft ab, vor allem die Mönche. Einer von ihnen machte sogar den Versuch, den ketzerischen Bischof in dessen eigene Kirche nicht hineinzulassen. Dieser schlug wacker auf den Frechen los und ließ ihn dann zur Bestrafung den Praefecten übergeben, die (Nestorius) dem Beichtvater der Kaiserin (Aelia Eudocia) ihre Unterstützung nicht versagten. Der Mönch wurde abgepeitscht, dann von einem Ausrufer, der das Verbrechen und die Strafe zur Warnung aller übrigen laut verkündigen musste, durch die 
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151 Otto Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“

Stadt geführt und endlich in die Verbannung geschickt. Mehrere seiner Gesinnungsgenossen misshandelte man in ähnlicher Weise; einzelnen Presbytern verbot Nestorius zu predigen, darunter auch dem Philippus, der, wie Proculus, schon zweimal Bischofskandidat gewesen war. Dann versammelte er eine Synode von gefügigen Bischöfen gegen sie, ließ sie durch diese als Ketzer verdammen und wies sie aus Constantinopel aus. Zwar wagte er nicht von ihr zu verlangen, dass sie das Wort „Muttergottes" verwerfe; doch gegen die Anhänger desselben ging er (Nestorius) mit derselben Gewaltsamkeit vor, mit der er in den Anfängen seines Episkopats die Arianer bekämpft hatte. Jetzt aber wusste man, wo man gegen ihn einen Helfer fand. Cyrill hatte geschickt erreicht, dass, wie in den Zeiten des Athanasius, der Bischofsthron von Alexandria allen Rechtgläubigen als der starke Felsen galt, an dem die Wogen der Ketzerei sich brechen müssten. Die Mönche von Constantinopel verfassten eine Eingabe an den Kaiser, in der sie Nestorius verklagten und zu seiner Aburteilung um die Berufung eines ökumenischen Concils baten. Dies Schriftstück übersandten sie dem Cyrillus, damit er es begutachte und durch seine einflussreiche Vermittlung an den Hof gelangen lasse. Er (Cyrill) aber hielt ein Concil erst für angezeigt, wenn durch die Entscheidung Roms ein Präjudiz geschaffen sei. Er empfahl daher den Mönchen, die Eingabe bis zu einem günstigeren Zeitpunkt zurückzuhalten. Er seinerseits werde den Kampf nicht aufgeben und wisse, in welcher Form und an wen er Briefe zu schreiben habe. Damit waren Nestorius selbst, der Papst und die kaiserlichen Damen gemeint, wie sich bald zeigen sollte.
Die Feinde der „Muttergottes“ (gemeint sind die Feinde des Mutter-Gottes-Kultes als Ersatz für den üblichen Diana-Kult G.Sk.) hatten unterdessen nicht wenig von ihrer Zuversicht eingebüßt. Jener Anastasius, der zuerst als Rufer im Streit aufgetreten war, suchte schon in den Schriften des Cyrill nach Anhaltspunkten, die ein Übereinkommen ermöglichen könnten. Wie dieser über alles, was sich in Constantinopel zutrug, durch die Berichte seiner Anhänger auf dem Laufenden erhalten wurde, so erfuhr er auch hiervon, hielt aber nur umso schroffer an seinem Standpunkt fest. Doch um den Schein der Versöhnlichkeit zu wahren, schrieb er (Cyrill) im Februar 430 noch einen Ermahnungsbrief an Nestorius, und jetzt fand dieser es nicht unter seiner Würde, ausführlich Antwort zu geben. Wenn auch in sehr gereiztem Tone, deutete er dennoch an, dass er Zugeständnissen nicht ganz abgeneigt sei, und schrieb zugleich an (Papst) Coelestin, unter gewissen Kautelen (Bedingungen) könne man die Bezeichnung „Muttergottes" vielleicht dulden, wenn auch die andere „Mutter des Christus"' bedeutend vorzuziehen sei. Aber noch waren diese Briefe in Alexandria und Rom nicht eingetroffen, als Cyrillus sich schon an den Papst und die Kaiserfrauen wandte, an beide, wie er den Mönchen verheißen hatte, in sehr verschiedener Form, aber auch mit sehr verschiedenem Erfolge. Der Brief an (Papst) Coelestin, dem die Predigten des Nestorius und eine umfangreiche Widerlegung derselben beigelegt waren, gibt sich unverhüllt als Anklage-Schrift. Doch erklärt Cyrill, sich nicht von der Kirchengemeinschaft mit Nestorius offen lossagen zu wollen, ehe der Papst dies gebilligt habe. Er macht also den Bischof von Alexandria zum demütigen Gefolgsmanne Roms, wenn dieses den Kampf gegen Constantinopel aufnehmen wolle. Zugleich aber weist er darauf hin, dass man auch im östlichen Reichsteil auf zahlreichen Anhang zu rechnen habe, weil die Bischöfe von Macedonien für die Muttergottes einträten. So bot sich dem Papste die lockende Aussicht, gegen den Bischof des zweiten Rom, der an ihn nur im hochmütigen Tone des Gleichberechtigten geschrieben hatte, mit gutem Erfolg als strafender Richter aufzutreten, und dass er dies nicht zurückwies, war fast selbstverständlich.
Er hatte, noch ehe die Anklage des Cyrillus anlangte, mit einer Anzahl Bischöfe, die gerade in Rom anwesend waren, die Streitfrage verhandelt, und alle waren für die (Bezeichnung der Maria als „Gottesmutter“ bzw.) Muttergottes eingetreten. (Nestorius meinte Maria sei die Mutter Christi Jetzt fertigte er unverzüglich am 10. und 11. August 430 eine Reihe von Urkunden aus, die Nestorius, falls er nicht innerhalb zehn Tagen schriftlich widerrufe, in der beleidigendsten Form von der Kirchengemeinschaft ausschlössen und dies den hervorragendsten kirchlichen Autoritäten des Orients kund und zu wissen taten. Klerus und Volk von Constantinopel wurden zum Aufruhr gegen ihren Bischof aufgefordert und ihnen mitgeteilt, dass eben diejenigen in der Kommunion des Papstes ständen, die Nestorius von der seinen ausgeschlossen habe. Nicht im Namen der römischen Synode, sondern kraft eigener Machtvollkommenheit, fällte Coelestin diesen Spruch und ernannte Cyrill zu seinem Stellvertreter im Orient und zum Vollstrecker seines Urteils. So erhob sich Alexandria über Constantinopel, indem es sich Rom unterwarf.“ (152)
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152 Otto Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“

Geradlinig und plump wie der rothaarige Feuerkopf Nestorius seinem Wesen nach war, so handelte er. Es ließ sich auf ein drittrangiges Theologengefecht ein, das künftig ins Riesenhafte aufgebläht wurde. Das sollte er bereuen. Im Kern des Warum dieser großen Schlacht handelte es sich jedoch um die Erringung der Vormacht und damit der Richtlinienkompetenz zwischen Alexandria und Konstantinopel, die sich schließlich zugunsten Roms entwickeln sollte.
Fast nur dem äußeren Anschein dagegen ging es, wie gesagt, um die überaus alberne Frage ob Maria „Gottesmutter“ genannt werden sollte, oder ob sie, wie Nestorius glaubte, „nur“ als die „Christusgebärerin“ geehrt sein sollte. Die damals noch als „Kaiserstellvertreterin“ (für ihren schwachen Bruder Theodosius II.) amtierende Pulcheria gehörte aus ihren sehr persönlichen, politischen Gründen zu den heftigsten Verteidigern der Übertreibungs-behauptung: Maria – nun an Stelle der Fruchtbarkeistgöttin Diana – müsse unbedingt mit dem Titel „Gottesmutter“ verehrt werden. Das zielte haarscharf gegen Nestorius Position. denn erstens stemmte er sich gegen diesen 1:1-Austausch (Diana gegen Maria), zweitens wird er die „keusche“ Pulcheria bei einem amourösen Abenteuer erwischt haben und das muss sie zurück in die Bedeutungslosigkeit schmettern oder sie vernichtet Nestorius. Heiß ging es her. Selbst in Nebengesprächen.
„Seit (den Zeiten Bischof Sisinnius 427) … empfing Pulcheria wie der König die Kommunion im Allerheiligsten; Nestorius ließ sie nicht ein(treten); bei dieser Gelegenheit …ergrimmte gegen ihn Pulcheria . . . und sprach zu ihm: Warum habe ich nicht Gott geboren? Er sprach zu ihr: Du, den Satan hast du da geboren". (153)
Nestorius muss seiner Kritik sehr sicher gewesen sein. Er war doch nicht dumm. Pulcheria konnte in ihrer Rache schrecklich sein, davon hatte er Kenntnis. Einige Eunuchen bei Hofe bekamen es im Verlaufe der Zeit sehr zu spüren. In ihrer Wut könnte sie ihm gesagt haben: Nestorius, ich werde dich auslöschen. Sie würde gute Ursache finden; und sie fand: „dass du die Gottesmutter nicht ehrest, wird dich stürzen“. Wahr ist, Nestorius hatte wiederholt in seinen Predigten empfohlen Maria die Christusgebärerin (Christotokos) zu nennen und nicht die Gottesgebärerin (Theotokos) zumal der Muttergotteskult der Heiden überhandnahm. Nestorius bestand aber nicht entschieden darauf. Das zu sagen ist von Wert. Er empfand die Übertreibungen nur als peinlich, vor allem wenn bedeutende Prediger dahinter standen. An Geschichtspassagen wie diesen wird mehr als deutlich, dass Geist und Botschaft Christi ganz und gar ausgeschlossen 
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153 Günther Rigobert „Römische Kaiserinnen zwischen Liebe, Macht und Religion“

wurden. Warum aber, scheut sich die sogenannte Christenheit konsequent zu reagieren? Unwissenheit, Desinteresse und persönliche Interessen spielen hier ihre unrühmliche Rolle. Tut mir leid, das zu sagen. Selten wurde den Gläubigen bewusst, dass immer noch das urchristliche Prinzip gilt: „Wer den Geist Christi nicht hat, gehört nicht zu ihm!“ (154) Und wenn jemand auch das größte Goldkreuz auf seinem Herzen trägt, wenn er nicht wahrhaftig und barmherzig ist, dann steht er statt in der Tradition und Gefolgschaft Christi, gegen den allein wahren Gott, der ihm das Leben gegeben. Er gesellt sich zur Großbande Konstantin – Ambrosius – Cyrill – Justinian, den Erzfeinden des Individualrechtes. Das darf er. Er muss es aber einmal vor seinem eigenen Gewissen verantworten. Das Problem besteht nicht darin, bedenken zu müssen ob Gott vergibt, sondern ob der Übertreter sich selbst verzeihen kann, nachdem offenkundig wurde, wie er plötzlich dasteht. ER vergibt jedem der in sich geht, Das Buch Mormon schreibt, anders als etwa protestantisch geglaubt wird:
„…unsere Worte werden uns schuldig sprechen, ja, alle unsere Werke werden uns schuldig sprechen; wir werden nicht makellos befunden werden; und auch unsere Gedanken werden uns schuldig sprechen; und in diesem furchtbaren Zustand werden wir nicht wagen, zu unserem Gott aufzuschauen; und wir würden gar froh sein, könnten wir den Felsen und den Bergen gebieten, über uns zu fallen, um uns vor seiner Gegenwart zu verbergen. Aber dies kann nicht sein; wir müssen hervorkommen und vor ihm stehen in seiner Herrlichkeit und in seiner Macht und in seiner Kraft, Majestät und Herrschaft und zu unserer immer-währenden Schande eingestehen, dass alle seine Richter-sprüche gerecht sind, dass er in all seinen Werken gerecht ist und dass er zu den Menschenkindern barmherzig ist und dass er alle Macht hat, einen jeden Menschen zu erretten, der an seinen Namen glaubt und Frucht hervorbringt, die der Umkehr entspricht.“ (155)
Ob dies wahr ist darf jeder bezweifeln, niemand streitet ihm dieses Recht ab. Nur, ob jemandem solcher, eher ablehnender, Zweifel nützlich sein wird, steht auf einem anderen Blatt geschrieben. Ehemalige Katholiken, Protestanten und andere wurden Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, nachdem sie die gravierenden Unterschiede des Geistes und der Lehren ihrer früheren Denominationen erkannten. Andererseits anerkennen wir die offensichtlichen Bemühungen vieler Christengruppen das Kostbare des Evangeliums zu würdigen. Wir müssen und wir können immer differenzieren.
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153 Römer 8: 9 
154 Alma 12: 14-15

Jeder von uns. Dennoch bleibt das Maulheldentum der Antimormonen teilweise hoch aggressiv. Es ist blamabel, weil Gedrucktes und Verbreitetes als Kombination von Arroganz und Nichtwissen gegen die belegbaren Gegensätze stehen. Der Aufschrei: „ich sehe schwarz“, bedeutet noch lange nicht, dass da kein Grün ist. Unqualifizierte gaben und geben sich, in ihren Publikationen nicht selten als Experten aus. Lehren die so unsererseits nie gelehrt wurden, werden immer noch, als „Mormonismus“ verkauft. Das ist Betrug auf der Basis von Etikettenschwindel. Es ist flagranter Bruch des Gebotes: du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten. Kurioserweise meinen gewisse Christen, sie könnten auf diese Weise die „Schlacht“ zwischen Traditionschristentum und Mormonismus zu ihren Gunsten entscheiden. Dass die Kirche Jesu Christi der HLT, als verachtenswerte Sekte dasteht ist eindeutig auf das Wirken großkirchlicher, nicänisch ausgerichteter Geistlicher zurückzuführen. Im Stile und Geist Cyrills wurden willkürlich „Fragmente“ aus dem sogenannten „Mormonismus“ herausgeschnitten um daraus Kampfmaterial zu gewinnen. Fendt, der mutige katholische Historiker sagt dasselbe von jenem Cyrill, für den Papst Benedikt XVI., man sollte es nicht glauben, so lobende Worte fand.
„Die Bekämpfung des Gegners ist (seitens Nestorius G.Sk.) immer energisch und nachdrücklich, aber nie eine solche mit vergifteten Waffen. Selbst Cyrillos gegenüber wird nicht zur Beschimpfung gegriffen, … (seitens der Argumente des Cyrill) handelt es sich zum großen Teil um Fragmente, die die Willkür der Gegner ausschnitt, um Kampfmaterial (zu haben)... Warum greift … (Cyrill) so oft zu gewalttätigen und ungerechtfertigten Ausdeutungen mancher nestorianischen Thesen? Es ist unrichtig, dass Nestorius nie den Terminus Gottesmutter anwendet; unrichtig, dass er nur eine Verbindung durch Ehre und Würde lehre, und es liegt ihm unendlich fern, des Jesus Gottesfreundschaft mit dem Mysterium Christi zu vergleichen. Dass er gar den Erlöser auf die Linie des persischen Königtums herabwürdige, ihn dem Cyrus und Moses zugeselle, das ist nichts als Erfindung. Wenn Nestorius behauptet, Maria habe nicht die Gottheit geboren, so lässt Cyrill ihn sagen: Maria hat nicht Gott geboren. ... Ferner weiß Cyrill ausdrücklich von der Statuierung einer Verbindung der Naturen unter ein einziges Prosopon: wieso kann er dies so nebenbei abtun und bei Nestorius nur eine Einigung des Willens und Wohlgefallens kennen wollen? Wo nimmt Cyrill die Berechtigung her, seinem Gegner die Ansicht zuzuschreiben, es sei der Mensch gestorben und auferstanden... Oder es sei Christi Fleisch und Blut eben nur Menschenfleisch und Menschenblut? und wenn Cyrill selbst solche kennt, „welche den aus Gott Vater gesprossten Logos verwandelt werden lassen in der Knochen und Sehnen und des Fleisches Natur", so sollte er den Nestorius nicht einen Heuchler oder verdeckten Ketzer schelten, sobald dieser seine Trennungslehre mit der Furcht vor Vermischung und Vernichtung der Naturen begründet. Überhaupt liebt es Cyrill, durch Andeutungen da und Klagen und Befürchtungen dort den Nestorius als Repristinator des samosatenischen „Abgesandten des Teufels" erscheinen zu lassen, ihn in die Nähe aller derer zu rücken, die in Christus nur irdische Beschränktheit sehen. Und Basilius, Thalassius, Proklus, Schenute, Akacius, Theodot haben den Schall dieser Anklage weidlich verstärkt, indem auch sie Stimme und Feder dem Verdachte liehen, Nestorius lehre eines bloßen Menschen Vergottung...“ (156)
Um die Überhand, um Missgunst und Rache ging es Cyrill, nicht um eine Korrektur der zudem unrichtig dargestellten „Irrlehre“ des Nestorius. Nestorius wusste sehr wohl, dass Cyrill im Jahr 415 in Alexandrina keine gute Rolle gespielt hatte. Dort ermordeten christliche Fanatiker die berühmte Philosophin Hypatia. Cyrill musste vorausgesehen haben, dass es dazu kommen konnte, weil sie als Nichtchristin öffentlich lehrte wodurch sie den Hass der ungebildeten Mönche auf sich zog. Er unternahm nichts die sehr angesehene Frau zu schützen. Schließlich überfielen Banditen aus Kirchenkreisen die Dame und schleiften sie zu Tode. Wahrscheinlich würde sich gegen Cyrill nichts Handfestes beweisen lassen. Dieser Mann trug immer weiße Handschuhe. Cyrills Kritiker sagten jedoch, als damaliger spiritus rector, bei allen wichtigen Vorkommnissen in der überaus nervös reagierenden Hafenstadt Alexandria, liege auf seinen Schultern schwere Mitschuld. Cyrill handelte oft absolut widerlich töricht. Die im Schreckensjahr 415 von banausischen Mönchen gelynchte, fünfundvierzigjährige Dame Hypatia vermochte nicht den primitiven Gedankengängen alexandrinischer „Christen“ zu folgen. Das solle ihr Tod sein. Kaplan Dr. Fendt verweist darauf, die Juden hätten von einem ,,Brief der Philosophin Hypatia" an Cyrill gesprochen; erst
„durch des Nestorius Zweinaturenlehre sei sie bekehrt worden, darin bekennt sie, nie habe sie verstehen können, wie Gott gekreuzigt werden konnte.“ (157)
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156 Leonhard Fendt, Inauguraldissertation 
157 ebenda

Cyrill als er das Schreiben der gescheiten Frau in seinen Händen hielt war empört. Diese Empörung sollte eine Fülle dramatischer Folgen haben. Ihre Hitzköpfigkeit sollte schließlich Mönche und Kirchendiener zu schlimmen Grobheiten hinreißen. Nestorius, obwohl ein nicht gerade zimperlicher Nicäner, wurde schon früh zu Cyrills Erzfeind, er, der beliebteste Prediger seiner Zeit, der so einleuchtend klar machen konnte, was das eigentliche Wesen des Menschen und des Christus ausmacht. Er vermochte es, sogar die pagane Philosophin zu beeindrucken. Das wurmte den ehrgeizigen Mann Cyrill.
Der Begriff der Zweinaturen bedeutet, dass Jesu unsterbliche göttliche Intelligenz in einen sterblichen Leib geboren wurde. Nach ‚mormonischem’ Verständnis ist nicht nur Jehovah, sondern sind alle Menschen – die zur Familie Adams gehören - Doppelwesen. Wir existieren als Kombination aus fein- und grobstofflicher Materie. Sie bilden vereint die Seele. Diese ebenso simple wie auch von Origenes, Hippolyt und tausend anderen Urchristen gelehrte Erklärung, in Übereinstimmung mit dem Glauben der Urchristen, wurde zum Zankapfel und schließlich, 543, fluchbeladen aus dem Lehrgebäude der Kirche geworfen.
Cyrill wandte sich im Kampf um seine Vormacht gegenüber Konstantinopel Beistand suchend an Papst Coelstin I. Wie gesagt: Er unterwarf sich Rom um Alexandria hervorzuheben. Coelstin passten Cyrills Attacken gegen Konstantinopel sehr ins Konzept. Prof. Seeck fährt als Ergebnis seiner Betrachtungen fort:
„…der Papst hauste weit entfernt in einem andern Reichsteil und konnte daher den Machtgelüsten des alexandrinischen Stuhles viel schwerer gefährlich werden, als der nahe Bischof der kaiserlichen Residenz… (zu Konstantinopel) Weniger Glück hatte Cyrill mit den Schriften, die er dem Hof übersandte. In ihnen wagte er nicht, offen als Ankläger aufzutreten, ja der Name des Nestorius wurde überhaupt nicht genannt. Eudocia (die Ehefrau Kaiser Theodosius II,) suchte er bei ihrem Aberglauben zu fassen, indem er ihr darlegte, dass sie für sich und das Reich nur Glück erwarten könne, wenn sie den rechten Glauben verteidige. Was dieser rechte Glaube sei, wurde dann im Gegensatze zu den Lehren des Nestorius durch eine ausführliche Abhandlung erläutert. Eine noch viel längere aber richtete er an die Schwestern des Kaisers und fügte ihr eine Unzahl von Stellen aus der Bibel und älteren Kirchenvätern hinzu. So wurde der Pulcheria das ganze theologische Material zur Verfügung gestellt, das sie zur Bekämpfung des ihr verhassten Bischofs brauchen konnte. Jedenfalls hat sie es in diesem Sinne zu benutzten gesucht, und unter den hohen Damen setzte es harten Zank. Dem armen Theodosius, der zwischen Gattin und Schwester entscheiden sollte und doch keine von ihnen gern gekränkt hätte, wurde die Laune gründlich verdorben. Er erteilte dem Cyrill als einem Mann, der sowohl in der Kirche, als auch im Kaiserhause böswillig Unfrieden stifte, einen scharfen Verweis und erklärte ihm, in Constantinopel befänden sich Kirche und Hof, d. h. Nestorius und Eudocia, in schönster Eintracht. Die dogmatische Streitfrage könne nur ein Concil entscheiden, das Theodosius eben zusammenberufe. Ein solches hatte nicht nur die Eingabe der Mönche sondern auch Nestorius selbst gefordert, während Cyrill es viel lieber gesehen hätte, wenn die Entscheidung des Papstes endgültig geblieben wäre. Doch um den Zorn des Kaisers kümmerte er sich nicht viel; wusste er doch aus seinem Streite mit Orestes, dass jener nur schelten konnte, aber ein energisches Eingreifen gegen den Stuhl von Alexandria nicht wagte. Um für das bevorstehende Concil ein neues Präjudiz zu schaffen, versammelte er (Cyrill) eine ägyptische Synode und ließ durch sie Nestorius zum Widerruf seiner Ketzereien auffordern. Es genüge nicht, so schrieb man diesem, dass er sich zum nicaenischen Symbol bekenne, weil er es falsch auslege; er müsse auch zwölf Sätze ausdrücklich verdammen, die Cyrill aus seinen Predigten und Schriften entwickelt hatte.“ (158)
Cyrill hielt zu viel von sich selbst. Er sah Ursache sich doppelt vor Nestorius zu fürchten, denn seine Vergangenheit war, wie in der Kirche allgemein bekannt, nicht sauber gewesen, (wenngleich Alexandrias Kleriker alles beschönigten). Umgekehrt genoss Nestorius moralische Autorität. Dieser Mann musste fallen. Cyrill verübelte Nestorius von Beginn an
„… dass dieser ihm (im Jahre 412) keine Weihegeschenke (zu seiner Wahl) übersandt und einer Gruppe angehört, die eine nicht näher definierte Klage gegen ihn (Cyrill) erhoben hatten... (‚Papst’) Coelestin und Cyrill durften beide in Sorge gewesen sein, was diese Entwicklung anbelangte. Doch beide hatten sich schon bald darauf geeinigt, der (zu erwartenden) Drohung dadurch zu begegnen, dass sie Nestorius Orthodoxie in Frage stellten...“ (159)
Das nennt man „Kungelei“. Aber Nestorius gab sich keine Blöße. Er stand hinter dem Nicänum. Das wussten alle. Cyrill züngelte und zündelte wo er konnte. Schließlich legte Papst Coelstin die strittige Angelegenheit ausgerechnet in die
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158 Leonhard Fendt, Inauguraldissertation „Die Christologie des Nestorius“ 
159 Josef Lössl, „Julian von Aeclanum, Studien zu seinem Leben, seinem Werk, seiner Lehre“

Hände dieses Mannes, Cyrill, der als Letzter unparteiisch sein konnte.
„Coelestin (waren) sowohl von Nestorius als von Cyrill Materialien zur Beurteilung des Streites zu(gegangen). Eine römische Synode stellte Nestorius (vor die Wahl) zwischen Anathema und der Widerrufung seiner Predigten und Briefe. Der Patriarch von Alexandria (Cyrill) kurz zuvor noch in Erregung über verschiedenen in der Hauptstadt kolportierte (umgehende Gerüchte) und ihm zur Last gelegte Gewalttätigkeiten, sah sich wohl mit Befriedigung mit der Durchführung jenes Urteils beauftragt.“ (160)
Heute weiß die Forschung, dass Nestorius Ansichten bewusst verfälscht dargestellt wurden. Nestorianismus sah nie so aus, wie die Zerrbildzeichner glaubhaft machen wollten. Mormonen kennen das, wie gesagt, zur Genüge. Bekanntlich nahm das Schicksal für Nestorius einen bösen Ausgang. Er war, wie das kirchliche Haupt zu Rom Patriarch. Fünf Patriarchate standen nebeneinander? Alexandria, Antiochia, Jerusalem, Konstantinopel und Rom. Wer würde das Trennen machen? „Papst“ Coelestin konnte nicht unparteiisch sein, er wollte dem Ruf des Patriarchats Konstantinopel schaden, deshalb nahm er Stellung gegen Nestorius zugunsten Cyrills. Nur nach außen taten Cyrill und sein Papst und Freund in Rom so, als seien sie Hüter der goldenen Wahrheit. Benedikt XVI. hätte lieber nicht sagen sollen:
Das „ dritte ökumenische Konzil, das 431 in Ephesus abgehalten wurde (sei eine) Versammlung (gewesen), bei der heftig hin und her diskutiert wurde. (Sie) ging mit dem ersten großen Triumph für die Marienfrömmigkeit zu Ende sowie mit dem Exil des Bischofs von Konstantinopel, welcher aufgrund einer irrigen Christologie, die Christus selbst teilte, der Jungfrau Maria den Titel „Gottesmutter“ nicht zuerkennen wollte. Nachdem Cyrill so über seinen Rivalen und dessen Lehre gesiegt hatte, (was heißt das „so“? G. Sk.) wusste er bereits im Jahr 433 eine theologische Formel des Kompromisses und der Wiederversöhnung mit Antiochia zu finden. ... Bedeutsam sind …die zahlreichen Lehrwerke, in denen wiederholt der Glaube an die Dreifaltigkeit gegen die arianischen Thesen … verteidigt wird. Die Grundlagen der Lehre Cyrills sind die kirchliche Tradition …“ (161)
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160 Leonhard Fendt, Inauguraldissertation „Die Christologie des Nestorius“
161 Benedikt XVI. Generalaudienz vom 03.10.07

Benedikt XVI. lobt Cyrills Umsicht, aber, was sind die ganzen „umsichtigen Bündnisse“ wert, wenn ihr Held nur Unheil sät? Der Althistoriker Seeck fährt fort:
„Um das Terrain für den bevorstehenden Kampf zu rekognoszieren, war Nestorius schon sehr bald nach dem Osterfest, 431, in Ephesus eingetroffen und fand hier alles feindlich. Memnon, der Bischof der Stadt, behandelte ihn gleich als Ketzer, indem er ihn von dem Besuche seiner Kirchen ausschloss, und das fanatisierte Volk zeigte eine äußerst drohende Haltung. Gegen dessen Ausschreitungen gewährten die Soldaten des Candidian genügenden Schutz; bedenklicher aber war, dass auch mehr als dreißig Bischöfe aus Asien sich zum Concil versammelten und diese alle sich ihrem Metropoliten Memnon anschlössen. Doch auf die Gunst des Kaisers gestützt, blieb Nestorius siegesgewiss; noch in Ephesus erklärte er Bischöfen der Gegenpartei, er könne ein zwei- oder dreimonatliches Kind, das noch an der Mutterbrust gesäugt werden müsse, unmöglich für einen Gott halten. Dass aber diese Anschauungen nicht einstimmig angenommen werden, ja kaum eine schwache Majorität finden könnten, musste ihm schon damals klar sein. Doch für fromme Zwecke ist bekanntlich jedes Mittel erlaubt. … (Pardon, aber dies ist nicht mein Text. G.Sk.)
Cyrill setzte daher die erste Sitzung des Concils auf den 22. Juni an. Jetzt aber trafen Nestorius und seine Genossen ihre Maßregeln, um die Gegner formell ins Unrecht zu setzen. Sie legten Protest dagegen ein, dass vor dem Eintreffen der Orientalen etwas beschlossen werde, und der Vertreter des Kaisers, Candidianus, schloss sich ihnen an. Dies aber erfüllte die versammelten Väter mit wildem Zorn; die Bischöfe, welche das Schriftstück überbrachten, mussten nicht nur Schimpfworte, sondern auch Schläge erleiden, und wenn man auch gegen den Comes nicht mit so handgreiflichen Gründen vorging, wies man doch seine Forderung, das Concil solle warten, bis er selbst es berufe, entschieden zurück.
In Ephesus herrschte Hungersnot und diese hatte, wie das ja Regel ist, auch eine Epidemie hervorgerufen. Manche von den Teilnehmern des Concils waren schon gestorben, andere erkrankt, und die Teuerung der Lebensmittel machte den Aufenthalt in der Stadt kostspielig und erschöpfte die Kasse der ärmeren Bischöfe. Alle hatten es daher eilig, in ihre Heimat zurückzukehren, was Nestorius natürlich nicht unbekannt war. So trat denn ein, was er wünschte und erwartete.

Das Concil begann seine Verhandlungen am festgesetzten Tage ohne die Orientalen und fällte gleich in der ersten Sitzung sein Urteil.
Man hatte ihn (Nestorius) ordnungsmäßig dreimal vorgeladen, aber da er sich weigerte zu kommen, wurde er auf Grund seiner Schriften und mündlichen Erklärungen abwesend der Ketzerei schuldig gesprochen, seines Bischofsamtes entsetzt und von der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen. Vor den Toren der Kirche, in der die Sitzung stattfand, hatte das Volk in aufgeregter Spannung gewartet. Als es das Urteil erfahr, brach es in lauten Jubel aus, und am Abend war zu Ehren der Muttergottes die ganze Stadt illuminiert.“ (162)
Wegen eines einzigen Wortes wurde Nestorius verurteilt! So war es auf dem 1. Ökumenischen Konzil 325. Ein Lippenbekenntnis hätte Arius da und hier Nestorius das Leben versüßt. Machtvoll verkündet das Buch Mormon:
„Denn sicherlich, so wahr der Herr lebt, werden sie sehen, das der Schreckliche zunichte gemacht ist und der Spötter verzehrt ist und alle, die auf Übeltun lauern, abgeschnitten sind; und diejenigen, die jemand zum Missetäter erklären um eines Wortes willen und eine Schlinge legen dem, der im Tor zurechtweist, und den Gerechten um ein Nichts abweisen.“ (163)
Seeck schildert weiter:
„Wer aber in Wirklichkeit Grund hatte zu triumphieren, das war Nestorius; denn weil das Concil noch nicht vollzählig versammelt war, als es seinen Beschluss fasste, wurde dieser seinem Plane gemäß anfechtbar. Sogleich legten er und seine sechzehn Anhänger in Gemeinschaft mit dem Vertreter des Kaisers Protest ein, und schon nach fünf Tagen erschien Johannes mit seinen Orientalen in Ephesus und schloss sich, nachdem er kaum den Staub der Reise abgeschüttelt hatte, ihrem Vorgehen an.
Da Cyrill ganz in seinem Sinne gehandelt zu haben meinte, glaubte er ihn als Freund empfangen zu dürfen. Um ihn zu begrüßen und vor dem Verkehr mit dem verurteilten Ketzer zu warnen, schickte er ihm eine Deputation von Bischöfen und anderen Geistlichen entgegen; doch die 
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162 Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“ 
163 2. Nephi 28: 31-32

Soldaten des Candidianus ließen sie gar nicht an ihn heran. Als sie ihm dennoch nach seinem Absteigequartier folgte, musste sie viele Stunden vor der Türe warten, und nachdem sie endlich vorgelassen war und ihren Auftrag bestellt hatte, prügelte man sie zum Hause hinaus. Das waren die gesellschaftlichen Formen, in denen hohe Geistliche, wenn sie nicht derselben Meinung waren, damals miteinander verkehrten.“ (164)
Begonnen hatte es mit Alexander von Alexandrias Aufruf zur Verfolgung des „Arius bis aufs Blut“. Sein Ziehsohn Athanasius setzte den Kurs fort, aber einen vorläufigen Höhepunkt hatte in der Zwischenzeit Cyrills Onkel, Bischof Theophilus, im Jahr 391, gesetzt. Dieser wollte den vollständigen Sieg des „Christentums“ wohl noch zu seinen Lebzeiten sehen. So brachte Alexandria mindestens drei nacheinander amtierende Leitwölfe hervor. Auf ganzer Frontlänge gingen die Siegreichen mit Schikanen gegen ihre Mitmenschen vor. Schon als Cyrill die große Bühne betrat ging es hoch her:
„Sobald (er) sich 412 auf den ersten Patriarchenstuhl der damaligen orientalischen Kirche erhoben sah, ließ er auch sogleich erkennen, was man von seinem Eifer zu erwarten habe. Die Bischöfe von Alexandrien hatten damals auch einen Teil der weltlichen Regierungsgewalt inne, und Cyrill handhabte dieses Ansehen mehr als seine Vorfahren, und wenigstens nach dem Bericht des ihm allerdings nicht günstigen Sokrates, war er nicht zufrieden, über seinen Klerus unumschränkte Macht zu üben, sondern mischte sich auch sehr in die weltlichen Angelegenheiten. Demgemäß vertrieb er sogleich die Novatianer aus der Stadt, ließ ihre Kirchen schließen, nahm die darin befindlichen Schätze und beraubte ihren Bischof Theopemptus seines ganzen Besitztums.“ (165)
Unbestritten ist, dass die Nachfolger Novatians, die Cyrill zu Boden wirft, sich ernsthaft darum bemühten rechtschaffen zu sein. Die Novatianer hatten sich nichts zu Schulden kommen lassen, was unehrenhaft gewesen wäre. Besonders wichtig war ihnen die gegenseitige Treue der Ehepartner. Sie führten sich anders auf als die Orthodoxen. Vielleicht neigten einige Novatianer zu einigen praktischen Übertreibungen. Aber sie waren tolerant. Wiederholt stellten sie das unter Beweis:
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164 Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“ 
165 Heinrich Hand, „Cyrillus von Alexandria“

„Als die Nicäner (zur Zeit des arianischen Bischofs von Konstantinopel, Makedonios, um 390,) ihre Kirchengebäude verloren,... zogen sie es vor zusammen mit den Novatianern Gottesdienste abzuhalten... Papst Coelestin (422-432) entzog ihnen jedoch (also 40 Jahre später) ... ihre Kultgebäude (Versammlungsräume G.Sk.) und die kaiserliche Gesetzgebung schloss seit dieser Zeit auch die Novatianer unter die häretischen Gruppen.“ (166)
Die Duldsamkeit der Novatianer war für Cyrill Grund genug sie zu diffamieren, mit dem Ziel sie auszulöschen. Dabei hatten sie sich nur geringfügig von den nicänischen Glaubensbegriffen distanziert. Eigentlich müsste er sie als seine Freunde betrachten. Nur, diese Freunde waren so kühn gewesen einige seiner Gemeindemitglieder für sich zu gewinnen. Das hätten sie unterlassen sollen. Er durfte das, nur er. Die Quellen bezeugen wiederholt dasselbe: Cyrills
„gnadenloser Kurs richtete sich gegen alle, deren Standpunkte er als unverträglich mit der christlichen Gemeinde der Stadt erachtete. So veranlasste er die Plünderung …der Kirchen der christlichen Gruppe, die von dem römischen Priester Novatian im 3. Jahrhundert gegründet wurden. Als Vergeltung für jüdische Angriffe stachelte er die Christen von Alexandria zu einem Judenpogrom an, der das Ende der jüdischen Gemeinde in dieser Weltstadt bedeutete...“ (167)
Nicht vergessen: die „jüdischen Angriffe“ wurden durch Unlauterkeiten der Christen verursacht. Unvergessen: der hier als ‚römischer Priester Novatian’ bezeichnete Mann war laut offizieller Liste ein Papst! der von 251 - 258 amtierte, allerdings als Bischof in Rom, der, wegen seiner urchristlichen, vielleicht etwas starren Haltung wegen, im Nachhinein zum Gegenpapst degradiert wurde. Mit Degradationen war man damals schnell zur Hand. Nur, wir leben in einer besseren Zeit, in der sämtliche alten Dokumente erneut auf Stichhaltigkeit von unparteiischen Gelehrten untersucht werden. Eine andere Quelle berichtet:
„Der Patriarch von Alexandria, Cyrill (Kyrill) bekämpft Juden und Häretiker gleich in den ersten Jahren nach seinem Amtsantritt 412,... der Grund (von Vertreibungen und Plünderungen) waren gegenseitige christliche-jüdische Provokationen innerhalb der für Aufruhr anfälligen alexandrinischen Bevölkerung. ... konkreter Anlass zu blutigen 
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166 Steffen Diefenbach „Römische Erinnerungsräume“  
167 Ökumenisches Heiligenlexikon

Auseinandersetzungen ist ein nächtlicher Überfall auf Christen, die aufgrund der gezielten Falschmeldung die Alexanderkirche brenne, aus den Häusern eilen. Die auf sie einschlagenden Juden tragen Fingerringe aus Palmrinde... um sich im Dunkeln kenntlich zu machen. Im Gegenzug nimmt am nächsten Tag Kyrill den Juden ihre Synagogen weg, vertreibt sie die seit Alexander den Großem hier wohnen aus der Stadt und lässt ihren Besitz plündern... 423 wird die große Synagoge von Antiochia durch Christen zerstört.“ (168)
Die Lehren und der Geist der Urkirche konnten in diesem Umfeld selbst bei größter Anstrengung Einzelner nicht bewahrt bleiben. In dieser Stadt mochte man die Lichtgestalten nicht. Starken Charakteren mit guten Absichten standen zu viele anders geartete Leute gegenüber:
„Kaum eine Bischofswahl im streitsüchtigen Alexandria war unproblematisch, diejenige Cyrills, Patriarch von 412-444 bildete da keine Ausnahme. Es hatte innerkirchlichen Dissens und sogar einen Gegenkandidaten gegeben, den der Präfekt Abundatius favorisiert hatte; nach dreitägigen Diskussionen triumphierte Cyrill mit Hilfe des Mobs... Cyrill seiner Position nicht sicher... war der erste einer Reihe von Kirchenfürsten der Stadt, die den alexandrinischen Klerus und alles was mit kirchlicher Organisation zusammenhing, zu einem im Wortsinn schlagkräftigen Instrument ausbauten... anschließend ging Cyrill gegen jene christlichen Gruppierungen vor, die man aufgrund staatlicher Gesetze als Sektierer, Häretiker oder Schismatiker bezeichnete. Besonders hart traf es die Novatianer, die in der Bußpraxis noch rigoroser waren als die Melitianer, deren Kirche Cyrill ebenso konfiszieren ließ wie ihre liturgischen Geräte, um sein eigenes Kirchenvermögen aufzubessern...“ (169)
Bereits im Jahr 415 stürzte die alexandrinische Kirchengeschichte in die Tiefe. Kaiser Honorius Kaiser des Westens und ein Katholik ersten Ranges, hatte all das nicht nur zugelassen, er
„verfügte mit Codex Theodosius 16,10,20 harte Maßnahmen gegen h heidnische Priester in Afrika. Sie mussten bis 01. November alle -__________
168 Karl-Leo Noethlichs „Die Juden im christlichen Imperium“ Romanum mmm 
169 Manfred Clauss „Alexandria, Schicksale einer antiken Weltstadt“ 2. Aufl. 

Metropolen verlassen... alle Grundstücke die heidnischen Kultausübungen dienten wurden kaiserliches Eigentum... Nach Const. Sirm. 6 (Sirmondianische Konstitutionen) von 425 heißt es:
„Weil wahrhaft religiöse Menschen nicht durch Aberglauben verdorben werden dürfen, so befehlen wir, dass die Manichäer, alle Häretiker (alle, die durch staatlich-kirchliche Willkür zu Häretikern erklärt worden waren G.Sk.) alle Schismatiker, (alle die es wagten Gewissensentscheidungen höher zu stellen als doktrinären Zwang G. Sk.) Zauberer (und solche die man dazu stempelte, weil sie unbequeme Fragen stellten G. Sk.) und jede dem katholischen Glauben feindliche Sekte gerade vom Anblick der Städte ausgeschlossen werden müssen, um (die anderen) nicht durch verpestende Anwesenheit von Kriminellen zu verunreinigen.“ (170)
Cunctos populos tobte sich aus. Alexander Solschenizyn und hunderttausend weitere Zeugen beschreiben Vergleichbares für den Beginn der kommunistischen Ära. Cyrill trieb sein ungutes Spiel weiter, er jagte die große jüdische Bevölkerungsgruppe Alexandrias aus niederen Motiven in den völligen Ruin, und er trägt an der Ermordung der heidnischen Philosophin Hypatia zumindest Mitschuld, indem er gegen ihre ‚Zauberei’ predigte. Der Philosophin Hypatias prominentester Schüler und Bewunderer war der Christ und spätere Bischof Synesios von Kyrene (370-413), ein kluger und toleranter Mann. Mit ihm stand sie im Briefverkehr. Auch das könnte Cyrill missfallen haben. Es heißt:
„Alle christlichen Quellen geben dem Kyrill die Schuld oder Mitschuld, obwohl die Masse des Volkes oft durchaus nicht auf der Seite des Kyrill stand. Der wahre Grund der Ermordung war möglicherweise, dass Hypatia nicht nur mit dem praefectus augustalis Orestes zusammenarbeitete, sondern eine einflussreiche Frau innerhalb der Opposition gegen Kyrill insgesamt war.“ (171)
Es ist jedes Menschen Recht anders zu urteilen als eine ihm möglicherweise vorgesetzte dominante Persönlichkeit. Dieses Recht nahmen die Propheten Israels ausnahmslos für sich in Anspruch. Wegen Wahrnehmung dieses Rechtes entstand letztlich die Bibel. Jeremia der große Prophet Israels stand zahlreichen __________
170 Karl-Leo Noethlichs „Kaisertum und Heidentum im 5. Jahrhundert“ 
171 Karl Leo Nöthlichs: Johann Hahn „Gewalt und religiöser Konflikt“

Kritikern gegenüber. Gott ließ ihn wissen, dass die Fürsten des jüdischen Volkes verbrecherisch handelten, indem sie die Arbeitskraft ihrer Mitmenschen schamlos ausbeuteten. Dem blutjungen König Zedekia wirft er vor, vertragsbrüchig mit den Ägyptern zu kungeln, obwohl er den Babyloniern seine Legitimation verdankte. Ihm wurde aufgetragen zu prophezeien, dass Israel, insbesondere der König selbst, sich demütigen müssten. Andernfalls könne Gott als Bündnispartner nichts mehr für sie tun. Gott sah das Elend voraus – aber weil er voraussehen kann, folgt daraus keineswegs wegen dieser Voraussicht müssten die Dinge geschehen… das sei grundfalsch urteilte bereits Origenes.
„Die Dinge geschehen nicht weil Gott sie voraussieht.“ (172)
Mit ihrem harten Egoismus hatten zu viele Juden ihr Bündnis gebrochen. Wörtlich tadelte der noch junge Mann Jeremia Hoch und Niedrig:
„Hört das Wort ganz Juda... bessert euer Verhalten und euer Tun, dann will ich bei euch wohnen hier an diesem Ort (dem Tempel) Vertraut nicht auf die trügerischen Worte: der Tempel des Herrn, der Tempel des Herrn ist hier,...nur wenn ihr euer Tun von Grund auf bessert, wenn ihr gerecht entscheidet im Rechtsstreit, wenn ihr die Fremden, die Waisen und Witwen nicht unterdrückt, unschuldiges Blut nicht vergießt... dann will ich bei euch wohnen.“ (173)
Der meisten Propheten Aussagen richteten sich unentwegt vor konkreten Gefahren warnend an das eigene Volk.
„Wie oft habe ich euch sammeln wollen, wie eine Henne ihre Küken ihr aber habt nicht gewollt!“ klagte Jesus später, er, der im vorirdischen Dasein als Jehovah sprach.
Die Heilige Schrift ermutigt zu aktivem Guttun. Insbesondere weist sie immer wieder darauf hin, dass dem Unrechttun ein Entzug der Liebe und des Lichtes Gottes folgt. Religion macht Menschen besser, das vermag sie jedoch nicht, wenn wir uns von ihr abwenden. Zu sagen, dass Religion schädlich sein kann ist ein Fehlurteil. Allerdings, der Mix aus religiösen Zitaten und menschlicher Bosheit produziert Bomben. Oder mit einem anderen Bild gesagt: Es liegt nicht am Koch wenn jemand hinter seinem Rücken Gift in die Brühe schüttet.
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172 Julius, A., L. Wegscheider „Lehrbuch der christlichen Dogmatik“ 
173 Jeremia 7: 2-7

Unweigerlich kommen dem Betrachter gewisser Religionskritiker die Worte Goethes in den Sinn: „Wie einer ist, so ist sein Gott, darum ward Gott so oft zum Spott.“ Cyrills höchste heilige Dreifaltigkeit war der von Kaiser Konstantin erdachte Nebel, der eben exakt jene Charaktereigenschaften besaß, die den Göttern des räuberischen römischen Imperiums seit eh und je zu eigen waren – mittels Brutalität mit Angst und Schrecken zu herrschen. Cyrills Götze, zeitweise getragen vom Pöbel Alexandrias, stand später auch in Adolf Hitlers Hirn als höchste Größe da. Dessen Programm bestand unter anderem darin, die Juden auszurotten - was Cyrill noch nicht möglich war, obwohl er sie hasste, aber seine Kraft reichte aus, sie zu zehntausenden aus „seiner“ Stadt zu vertreiben und hinauszuekeln.
Cyrills Programm ähnelte dem der Obernazis fatal, er trachtete nicht nur danach den Arianismus und seine Anhänger zu eliminieren, sondern jeden der sich ihm persönlich in den Weg stellte. Sein Programm wurde schlimme Wirklichkeit. Alles geschah im Ungeist gnadenloser Intoleranz und im später offenbar werdenden Stil Kaiser Justinians – der alles unternahm um das oströmische Reich zurückzugewinnen, gleich, wie viel Tote und wie viel Leid er damit verursachen würde. Die „höchste Dreifaltigkeit“ des Cyrill, wenn man sie an ihrem Geist und Wirken misst, ist manifestiert in Sol Invictus, dem Todfeind Christi. Cyrill folgt ihm strikt. Als er „sein“ Konzil – das Konzil zu Ephesus – 431 in die Hauptstadt der Göttin Diana verlegte, dachte er nicht an Frieden sondern an seinen persönlichen Sieg. Der Dianakult sollte mit ausdrücklicher Unterstützung des Mobs von Ephesus zum Marienkult mutieren. Doch Diana die Göttin und Beschützerin der Schwangeren und der Jäger gehört zur Götterkategorie des Sol Invictus und der Victoria. Diana sollte tatsächlich in die Rolle Marias schlüpfen „die Mutter des Sohnes Gottes nach der Weise des Fleisches“ wie das Buch Mormon lehrt, (174) womit es Versöhnung stiftet!
Es ist offenkundig, wie oft sich gewisse Kirchengrößen gleich weltlichen Machtpolitikern, auf die dumpfe, ungebildete, vom Aberglauben geplagte Volksmenge stützten. So geschah es im Russland der Oktoberrevolution. Ungezählte Dokumente bezeugen wie leichtfertig die „Masse Mensch“ (Lenin) handelte, wenn sie eine auf die unguten Seiten ihres Charakters zugeschnittene Parole erfasste und antrieb, wie schnell diese „Massenmenschen“ zur Waffe griffen um Menschenleben wegen Nichtigkeiten auszulöschen. Eben so geschah es in Deutschland als die SA und SS marschierte. „Führer befiehl, wir folgen dir“! Als Willfährige die Juden und Missliebige erschossen, meinten sie im Recht zu sein. So geschah es in Italien, nachdem der Duce sein großes Maul aufriss oder wenn Mao- tse- tung die niedrigsten Instinkte ungebildeter Massen mobilisierte und sie als „Kulturrevolutionäre“ auf alle und 
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174 Buch Mormon 1. Nephi 11.

Ähnliches geschah es den Mormonen, 1838, in Missouri. Kein Wunder, der Geist der Missourer war schon seit den Gründertagen ein besonders fanatischer. Eigenartigerweise fühlen führende Evangelikale dieses Bundesstaates sich heute noch dem Cäsaropapisten Justinian verbunden. Im Gedenkkalender der Lutherischen-Missouri-Synode fand der bösartigste Terrorist des sechsten Jahrhunderts, Kaiser Justinian der die Todesstrafe auf den Abfall vom christlichen Glauben setzte, einen Ehrenplatz. Wegen ihrer demonstrierten Geistesverwandtschaft zu dem da, stehen ihnen die „Mormonen“ besonders fern. Kein anderes Land der Welt hat jemals eine gegen die Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage gerichtete „Ausrottungsverordnung“ beschlossen. Aber die Missourer haben es getan, mit ihrer Executive Order 44, vom 27. Oktober 1838.
Gouverneur Lilburn Boggs „bestand darauf, dass sich die Mormonen offen und absichtlich gegen das Gesetz gestellt und Krieg gegen die Bürger des Staates geführt hätten und deshalb als Feinde behandelt und ausgerottet oder aus dem Staat vertrieben werden müssten.  
Das häufig alberne Theologengeschwätz vergangener Zeiten, war zu oft nur Nebel um zu verdecken was im Zentrum wirklich geschah: nämlich die lieblosen Spiele um Machtzuwachs auf die Spitze zu treiben, um Gold und Gut zu verdoppeln. Dieses Ziel wurde fast immer auf Kosten des eigentlich Guten erreicht. Wie konnte es sonst sein, dass Cyrill über ungeheure Geldsummen verfügte um Hofbeamte zu Konstantinopel zu kaufen:
„Cyrill von Alexandria, (hat) im Jahre 431, 1 500 Pfund Gold Bestechungsgelder an Höflinge in Konstantinopel gezahlt, um sein Amt zu stützen“ (176)
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175Wikipedia 
176 A. Demand „Geschichte der Spätantike“


6. Die heilige Pulcheria und Nestorius


399, zwei Jahre nach dem Tod des Staatsmannes und Kirchenpolitikers Ambrosius geboren, wurde sie schon frühzeitig von seinem Unwesen und Politikstil infiziert.
Wikipedia: Pulcheria (399-453)
„Ihren Bruder, (Theodosius II.) der einstens Kaiser werden sollte, lehrte sie, wie eine fromme Mutter, (sie ist zwei Jahre älter) beten, unterrichtete ihn in der heiligen katholischen Religion, führte ihn fleißig in die Kirche und brachte ihm alles bei, was ihn zu einem frommen Fürsten machen konnte. Ebenso vertrat sie Mutter- und Vaterstelle an ihren zwei kleineren Schwestern. Sie hatte den göttlichen Heiland Jesus so lieb, dass sie (vermutlich als 14-jährige) ihm das Gelübde machte, immer Jungfrau zu bleiben, und auch ihre beiden Schwestern dazu vermochte dasselbe zu tun.“ (177)
Offizielle Kirchenstimmen loben Pulcheria hoch. Andererseits kann sich niemand des Eindrucks erwehren, diese Dame hat ihren „kleinen Bruder“ Theodosius gewollt zu absoluter Unfähigkeit erzogen. Prof. O. Seeck zeigt es auf:
„Wie dekadente Schwächlinge seiner Art pflegen, suchte auch (Theodosius) für seine innere Haltlosigkeit eine Stütze in der Religion. Als ihm ein Sieg gemeldet wurde, während er eben den Circusspielen zuschaute, ließ er sie unterbrechen und zog mit der ganzen Volksmenge Hymnen singend in die Kirche… Nachdem ein Bischof, der im Rufe des Asketen stand, in Constantinopel gestorben war, verschaffte er sich Büßergewand, um es trotz seines ekelhaften Schmutzes selbst anzulegen und dadurch etwas von der Heiligkeit des Verschiedenen auf sich zu übertragen. Eifrig schmückte er die Kirchen mit kostbaren Weihgeschenken und glaubte gern den Versicherungen seiner Priester, dass das Glück seiner Regierung einzig von seinen Gebeten abhänge. Seine Schwester hatte ihn gelehrt, sich in abergläubischer Ehrfurcht vor Geistlichen und Mönchen zu beugen, und dies entsprach auch seiner eigenen Natur, die der Abhängigkeit 
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177 Josef Dirschl „Die heilige Pulcheria, Jungfrau und Kaiserin“ 

bedurfte. Öffentlich hat er erklärt, einem Bischof keine Befehle geben zu können, und wenn er trotzdem immer wieder mit sehr ungeschickter Hand in die kirchlichen Streitigkeiten eingriff, so geschah dies wohl nur auf das Drängen der kaiserlichen Damen. Weiberherrschaft ist meist auch Pfaffenherrschaft. (178)
Man staunt und könnte Pulcheria vielleicht bewundern, wären da nicht anderslautende Berichte. Sie sei eine Bestie, besessen von ungeheurem Machtverlangen kombiniert mit dem normalen Hingezogensein zum Manne. Pulcheria konnte nicht verhüten, dass ihr Bruder Theodosius II., 438 den Eunuchen Chrysaphios zu seinem Kammerherrn berief. Dieser Mann gewann mehr und mehr Einfluss auf den Imperator. Von 443-450 regierte er und Pulcheria immer weniger. Das wurde wahrscheinlich dadurch möglich indem Chrysaphios den Kaiser vor Pulcheria abschirmte. Zwei Jahre nach seiner Berufung, 440, stachelt Chrysaphios die Kaisergattin Eudocia auf, ihrer allmählich zurückgedrängten 41-jährigen Schwägerin „Pulcheria zu unterbreiten eine Diakonin als Kammerzofe zu nehmen.“ (179)
Die Reaktion Pulcherias ist heillose Wut. Ihr Bruder misstraue ihr? Hielt sogar er ihre Keuschheit für zweifelhaft? Die dann vierundvierzigjährige weicht 443 ins Exil nach Jerusalem aus, danach lebt sie... abgeschieden im Palast Hebdomon der in der Nähe liegt, aber getrennt vom Regierungssitz wo sicherer denn je Chrysaphios auf seinem Posten als Regierender amtiert. Als Pulcherias hochgeborener Bruder 450 bei einem Jagdunfall stirbt, steht der bislang allmächtige Eunuche Chrysaphios schutzlos der rachsüchtigen Pulcheria gegenüber, die mit großen Aufwand Markian heiratet „weil sie nach römischer Sitte nicht regierende Kaiserin sein kann“ Unter Markians Schutzmacht darf sie endlich das tun kann worauf sie schon lange gewartet hatte. Sie lässt den vollen Zorn heraus, den ihr erstarkter Bruder mit Hilfe seiner Frau und seines Regierungschefs, des Eunuchen Chrysaphios, eine Weile entschärfen konnte. Nun trumpft sie wieder auf.
„Sie rechnet mit Chrysaphios ab, lässt ihn zu Tode prügeln.“ und Raimondo Tocci bestätigte in „Theodori Scutariotae Chronica“: „Pulcheria ordnet die Ermordung Chrysaphios an“ (180)
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178 Otto Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“ 179 Ferdinand Gregorovius, „Athenais /XV“ 
180 G.Rigobert „Römische Kaiserinnen zwischen Liebe, Macht und Religion“

Konstantins Geist triumphierte! Gehen wir zurück: Nestorius im Jahr 428 zweiundvierzigjährig von Antiochia nach Konstantinopel als Erzbischof (oder Patriarch) berufen, muss die nun neunundzwanzigjährige nicht gerade kaltblütige Dame Pulcheria bei einer Übertretung ertappt haben. Er wird Augenzeuge gewesen sein. Selbstverständlich konnte das nur ungute Folgen für den Hitzkopf haben. Bis in die Lybische Wüste trieben ihn seine Feinde später unter unglaubwürdigen Vorwänden, wo er „im Wüstensand“ verreckte! Das teilt uns Dr. Leonhard Fend in seiner sehr lesenswerten Dissertation mit.
„Pulcherias Gegner dichteten ihr sieben Liebhaber an... der magister officiorum Paulinus galt als ihr Favorit.“ (181)
An anderer Stelle heißt es: „Es gab ein Gerücht von einer unerlaubten Beziehung der Pulcheria zu einem Hofmann.“ (182)
Es können nicht nur Gerüchte gewesen sein, obwohl der Hof- und Gesellschaftsklatsch aller Zeiten sich verheerend auswirken konnte. Andererseits sind selbst fromme Hofleute auch nur Menschen. Anders ist kaum zu erklären, was Nestorius sich im Folgenden herausnimmt.
„Pulcheria. und ihre Nonnen pflegten am Sonntag nach Empfang der Kommunion (im Hof des Gemeindehauses?) zu frühstücken. Nestorius aber empfing (sie) nicht. .; das Bild der Herrin Pulcheria, das über dem Altare gemalt war, löschte er aus . . .; die (oroh?) der Pulcheria, die bald zur Zeit des Opfers auf dem Altare ausgebreitet war, bald von ihr getragen wurde, entfernte Nestorius." (183)
Dieser Altar von dem hier die Rede ist war nicht irgendeiner
„er bestand aus Gold und Edelsteinen und war von Pulcheria und ihren beiden Schwestern – die angeblich ebenfalls gelobt hatten jungfräulich zu leben - als äußeres Zeichen ihres Gelübdes geweiht worden…“ (184)
Der deutsche Althistoriker Seeck bestätigte: Pulcheria hatte sich und ihre Schwestern ewiger Jungfrauenschaft gelobt und verkündete dies
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181 A. Demand, „Das Privatleben der römischen Kaiser“ 
182 Leonhard Fendt, Inauguraldissertation, kath. theol. Fakultät der Kaiser-Wilhelm-Uni 
183 ebenda 350 
184 G. Rigobert „Römische Kaiserinnen zwischen Liebe, Macht und Religion“

auch gleich der Welt durch die Inschrift eines Prachtaltars aus Gold und edeln Steinen, den sie in der Hauptkirche von Constantinopel weihte… (185)
Pulcheria war damals knapp fünfzehn Jahre alt. Wahrscheinlich ahnte sie damals kaum, dass Gott sie zur Mutterschaft und hin zu ehelichen Beziehungen erschaffen hatte. Das schrullenhafte nicht nur damaliger katholischer Theologie äußerte sich auch darin den Begriff Keuschheit zu übertreiben, der ursprünglich nur meinte, ein Mann solle seinen Sexualtrieb auf seine Frau richten und nie auf die Frauen anderer Ehemänner. Niemand hat Vorteile davon, dass ein Mann oder Mädchen sich lustlos durchs Leben quälen. Ganz anders ist es wenn die Barmherzigkeit unter Menschen verkümmert, während Arroganz und Ichsucht auffallend gedeihen.
Herrschsüchtig und eiskalt rechnend trat Pulcheria auf. Dass sollte ihr Bruder Theodosius lebenslänglich erfahren. Sie hielt ihn, nach ihrem Keuschheitsschwur, solange wie sie konnte im Zustand eines unmündigen Kindes – bis er, 421, zwanzigjährig auf seiner klugen Schwester Anraten hin, die Dichterin Athenaïs heiratete, die bei ihrer Taufe den Namen Aellia Eudocia erhielt. Wodurch Theodosius II. dann unter die eher wohltuende Herrschaft seiner Gattin geriet.
„so fleißig Kaiser Theodosius II. als Schreiber war, (es hieß, er male leidenschaftlich gerne Buchstaben G.sk.) so träge vernachlässigte er die Geschäfte der Regierung. Man erzählte sich von ihm, dass er alles, was ihm vorgelegt werde, unterschreibe, ohne es zu lesen. So konnten Pulcheria und ihre Günstlinge machen, was sie wollten.“ (186)
„…einmal verfasste Pulcheria ein Schreiben, das die Schenkung seiner Gattin Eudocia als Sklavin beurkundete - (Theodosius) unterschrieb auch dies.“ (187)
Prof Seeck schildert das wahre Wesen der heiligen Pulcheria, die das Geschehen am Kaiserhof nach dem plötzlichen Tod des Prätorianer-präfekten Anthemius, 415, in ihre festen damals erst sechszehn Jahre alten, raffgierigen Hände nahm. Anthemius aber hatte solange an Stelle des Knaben Theodosius umsichtig die Regierung geführt. Dann kam Pulcherias Willkür ins Spiel:
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185 Otto Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“ 
186 ebenda 
187 Günther Rigobert „Römische Kaiserinnen zwischen Liebe, Macht und Religion“

„Am Hofe (Pulcherias) wurde der schamloseste Ämterschacher getrieben, und wer sich ein Pöstchen teuer erkauft hatte, sorgte natürlich dafür, das Geld mit Zinsen aus den Untertanen herauszuschinden. Führte dann jemand Klage, so konnte er bei der allgemeinen Bestechlichkeit meist froh sein, wenn er selbst mit heiler Haut davonkam. Wie man den öffentlichen Auftreten imponiere und gefalle, so suchte man ihn auch durch höchsten Wert darauf legte, dass Theodosius bei seinem häufige Veranstaltung von Spielen bei der Bevölkerung Constantinopels populär zu machen. Doch die Mittel dazu musste man durch den härtesten Steuerdruck aus den Provinzen herauspressen. (188)
Wie solche Grundeinstellung zu wichtigsten Alltagsfragen seitens Pulcherias mit ihrer angeblichen Frömmigkeit in Übereinstimmung gebracht werden könnte ist mehr als fraglich. Sie lebte ohnehin auf Kosten der Armen, etwas, dass der Gott der Hebräer durch seine Sprecher, die Propheten unentwegt rügen ließ.
„Hört, ihr Himmel! Erde, horch auf! Denn der Herr spricht: Ich habe Söhne großgezogen und emporgebracht, doch sie sind von mir abgefallen… Wehe der Brut von Verbrechern, den verkommenen Söhnen! … Bringt mir nicht länger sinnlose Gaben, eure Feste - ertrage ich nicht. Eure Feiertage sind mir in der Seele verhasst, sie sind mir zur Last geworden, …ich bin es müde, sie zu ertragen. Wenn ihr auch noch so viel betet, ich höre es nicht. … Lasst ab von eurem üblen Treiben! Hört auf, vor meinen Augen Böses zu tun! Lernt, Gutes zu tun! Sorgt für das Recht! Helft den Unterdrückten! Verschafft den Waisen Recht, tretet ein für die Witwen!“ (189)
An vielen Beispielen wird klar wie weit sich gerade die führenden Christen damaliger Zeiten sich vom Geist und den Idealen der Urkirche entfernt hatten. Unter den sogenannten Heiden gab es Vergleichbares eher selten. Schlimm daran ist, dass es derselbe typische Ungeist war, der für das päpstliche Rom zur Norm wurde. Pulcheria kannte all die faulen Tricks zum beschleunigten Geldverdienen. Wie erwähnt gelangte 428 der grundehrliche, aber fanatisch nicänisch orientierte Nestorius aus Antiochia, wo er hohes Ansehen genoss, als Kirchenführer, Hofprediger und schließlich Patriarch nach Konstantinopel. Pulcheria hätte Nestorius wahrscheinlich nicht an den Hof berufen. Doch sieben Jahre nach der Hochzeit des schwachen Kaisers herrschten er und seine Frau __________ 
188 Otto Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“
189 Jesaja 1: 2-17

Aellia Eudocia, zum Verdruss Pulcherias, zunehmend souverän. In Konstantinopel wollte der neue Oberbischof nach dem Motto, neue Besen kehren gut, seinen Ruf aufbessern. Umgehend ging er brutal gegen die Arianer vor. Er ließ deren heimliche Versammlungsstätten aufspüren und eliminieren. Wohl eher durch Zufall erfuhr er dass die nun knapp dreißigjährige Pulcheria ihren voreilig geleisteten Schwur gebrochen hatte und er wurde gewahr was wirklich im Hause vor sich ging… Das änderte sein Verhältnis zu Pulcheria. Er musste sie rügen, die zur Kommunion überhaupt und zudem an besonderem Platz zugelassen worden war. Doch privilegierte Plätze nahmen nur Personen ein, die nicht übertreten hatten. Unter Übertretung verstand man fast immer das Eine – es sei denn, es handelte sich um Häresie. Häretisch im Sinne Roms zu sein hätte Pulcheria sich niemals erlaubt. Ihr immer gültiger Maßstab befand sich in Rom und an Rom hat sie sich, wissentlich, nie versündigt. Nestorius sah schwerwiegende Gründe die mächtigste, allerdings zu dieser Zeit schon geschwächte, Person des östlichen Imperiums derart schroff zu behandeln. Die herrschgewaltige Dame wollte sich nicht vom dahergelaufenen Herrn Nestorius demütigen lassen. Nestorius wiederum weiß, was er weiß:
„Du hast den Satan in dir!“ oder „Du bist des Satans Mutter“ das zielte das auf das Wort Jesu: „Der Teufel ist der Vater der Lüge.“ (190) Erbost lief Pulcheria zum Kaiser und erzählte ihm vom Vorkommnis. Da sprach der Kaiser: „Bei deinem Leben, Schwester, und bei der Krone auf meinem Haupte, ich werde nicht ruhen, bis ich Rache an ihm genommen habe..." (191) mm
Das klingt nicht echt. Theodosius II. war an Intrigen desinteressiert. Er spielte lieber mit den Pfauen und fütterte seine Lieblingstiere, dachte an seine Jagdvergnügungen. Er kannte doch seine Schwester. Er werde nicht ruhen? Sie würde nicht ruhen. Immerhin, auf ihre Intervention hin:
„verklagten die Mönche Basilius, Thalassius und ihre Genossen in einem Bittschreiben an die Kaiser ihren Bischof Nestorius, er heiße die heilige Jungfrau nicht Theotokos und leugne, ‚dass der Christus wahrer Gott von Natur sei’ So habe er gesprochen… ‚Maria gebar nichts als einen uns wesensgleichen Menschen’ und: ‚Das aus dem Fleische Erzeugte ist Fleisch’.“ (192)
Damit war dieser Teil des „Vergehens“ des Patriarchen Nestorius aktenkundig. Nestorius fand an seiner Seite natürlich auch Freunde. So einfach konnte man
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190 Johannes 8: 44 
191 Pesch „Nestorius als Irrlehrer“ 
192 Leonhard Fendt 358 359

eine Anklage von Gewicht gegen ihn nicht zustande bringen. Fendt verweist zudem darauf, dass sowohl:
„Kleriker wie Laien aus Konstantinopel äußerten: der Bischof lehre nichts anderes, als was in der Apostel und Väter Lehre enthalten sei.“ (193) Dass Pulcheria sich nach mehr Bundesgenossen umsah ist verständlich. Aber wen hat sich die „gottselige“ Frau da auserkoren?
„... um Ostern 429 (hielt es) Cyrill von Alexandrien für geraten, seinen Mönchen durch ein Schreiben theologische Waffen gegen des Nestorius Aufstellungen in die Hand zu geben. Das beleidigte (Nestorius). Ein Briefwechsel, von Cyrill verbindlich, von Nestorius alsbald wegwerfend und überlegen geführt verschärfte die Lage. Von Alexandrien sandte man Darlegungen des allein orthodoxen alexandrinischen Standpunktes an Theodosius II. und seine Damen, welche die Zustimmung der Augusta Pulcheria fanden, den Kaiser aber verstimmten… Nestorius sagt, er habe mit den Ketzern Geduld geübt, die Kaiserin (Pulcheria) habe er zwar gegen sich aufgebracht, aber sie sei ein streitsüchtiges, verdorbenes Weib gewesen, und er habe Mitleid mit ihrer Seele gehabt.“ (194)
Der zeitgenössische Historiker Sokrates, den Novatianern nahestehend, allem Anschein nach ein ehrlicher Berichterstatter, findet dasselbe:
„dass die Zanksucht und wechselseitige Animositäten prägend für die Auseinandersetzungen in (Cyrills) Zeit sind, theologische Gründe sind hingegen nur vorgeschoben.“ (195)
Dass es dem Herrn der Weltstadt Alexandria, Cyrill, immer ums Geld ging liegt auf der Hand. Einträgliche Privilegien wurden bereits während des 1. ökumenischen Konzils zu Nicäa 325 ausgehandelt um den Athanasianern auch jene weltliche Machtpositionen zuzuspielen, die aus kleinen Unglücken große machen sollte. Dabei begann es so harmlos: „Zu den Aufgaben der (Bischöfe) bzw. Patriarchen (Alexandrias) gehörte es, die Getreidelieferungen nach Konstantinopel sicher zu stellen.“ (196)
Nach diesem Start und nach schrittweise erfolgten Änderungen, dann
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193 Leonhard Fendt, Inauguraldissertation 
194 ebenda 
195 Sebastian Schurig, „Die Theologie des Kreuzes beim frühen Cyrill von Alexandria“ 
196 ebenda

Unterdrückungen und schließlich den Verfluchungen fundamentaler Lehren und Praktiken der Urkirche die Irenäus, Hippolyt und Origenes noch hoch gehalten hatten versank die Kirche schließlich völlig im Sumpf der Bosheiten. Denn, was war sie noch im 6., 7., 8., 9., 10., 11., 12., 13., 14. Jahrhundert. WAS? Ein paar Gauner kämpfen gegen eine Handvoll Oberbanditen unter denen echte Christen ebenso litten wie bedauernswerte andere. Der Jesuit und Kirchen-geschichtsschreiber Ludwig Hertling bestätigt die Fülle der höllischen Vorfälle, die sich nicht nur im neunten und zehnten Jahrhundert ereigneten:
„ (Papst) Formosus (891-896) krönte den Herzog von Spoleto, Guido, zum Kaiser. 893 wurde Formosus gezwungen, auch Arnulf zum Kaiser zu krönen. Von da an herrschte in Rom ständiger Bürgerkrieg… Es waren nur mehr Raufhändel der römischen Familien, die ihre Mitglieder ihrer Familien zu Päpsten zu machen und die von anderen Familien aufgestellten Päpste zu stürzen suchten. Die Verwirrung war so groß, dass wir von manchem dieser Päpste, die oft nur Wochen oder Tage im Amt waren, nur die Namen wissen und nicht einmal immer feststellen können, ob sie rechtmäßige Päpste waren…. Von geordneter Aktenführung war keine Rede, Geschichtsschreibung gab es keine… im Jahr 991 besprach ein Bischof die römischen Zustände: „ein Papst der keine Liebe besitzt, … ist - ein Antichrist...“ (197)
Geschichte zwingt uns aus Fehlern zu lernen. Fehler klein zu reden ist ein Vergehen, sie gut zu reden ein Verbrechen. Nach Justinian ging es nur noch ums Überleben auf möglichst hohem Niveau des persönlichen Wohlergehens gewisser römischer Familien. Prinzipien die Christus gab interessierten nur noch wenige Leute. Selbst die Päpste hätten sich für einen Tag des höchsten Glücks dem Teufel selbst verschrieben. Titel, Absichten, Meinungen und Lippenbekenntnisse kann man wechseln wie ein Hemd, den Charakter nicht. Nebenbei gesagt, schockierend ist, wie gerissen gewisse Schönredner und Fälscher vorgingen. Nichts war ihnen heilig. Geschichte und Religion war in ihren Händen Knetmasse. So ist es in Teilbereichen leider heute noch. Theologie ist unter den Händen einiger ständig in Bearbeitung. Gelehrte Dogmatik kommt dabei heraus, wobei geflissentlich ignoriert wird, dass Gott da - in eigener Sache - ein Wörtchen mitzureden hätte, wenn man ihn nur ließe, oder glauben die Betreffenden etwa: Es gibt IHN nicht?
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197 „Geschichte der katholischen Kirche bis 1740“ 


7. Zurück zu Christi Prinzipien und Lehren

Da steht er, wahrscheinlich auf einem Felsvorsprung, etwa dreißigjährig, der, wie wir annehmen, hellhäutige Zimmermannssohn vor einer größeren Menge Hörer, die er durch sein Wesen anzieht. Er bekräftigt seine Prinzipien die ihnen durchaus nicht fremd sind. Es sind Sätze die er, der präexistierende Jesus, der Jehova des Alten Testaments, schon den Vorgängern der alten Ägypter offenbart hatte. Das jedenfalls glauben Mormonen.
Der Papyrus Prisse belegt es. Er stammt aus der Zeit von ungefähr 3500 Jahren vor Christus, verkündet er nicht den Geist und die Texte der ewigen Grundsätze Jesu Christi?
„Lass nicht übermütig werden, deine Seele ob deines Reichtums. (Sei demütig) Es ist dir gewesen der Urheber der Fülle Gott. (Gib Gott die Ehre) Nicht stehe hinten an der andere. (oder: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst) Er sei dir gleich! ... Schön ist es, wenn ein Sohn die Rede seines Vaters wohl aufnimmt. Es wird ihm zuteilwerden ein hohes Alter deshalb (oder: Ehre Vater und Mutter, auf dass du lange lebest in dem Land, das dir der Herr dein Gott gegeben hat)…“ (198)
„In den Pyramidentexten steht geschrieben was sehr viel später auch in den heiligen Büchern der… Christen zu lesen sein wird: ‚Ruhm und Ehre den Gerechten, denn die Gerechten werden im Paradies erglänzen wie Lichter’.“ (199)
In diesem Zusammenhang lohnt es sich auch einen Seitenblick auf einen Vortragsabend der evangelisch-lutherischen Andreas-Kirchengemeinde zu Hildesheim zu richten. Prof. Dr. Regine Schulz Direktorin des Roemer- und Pelizaeus-Museums gab mit ihrer Kanzelrede bei „Andreas um sechs“ (2013?) Einblicke in die altägyptische Religion.
Sie sprach über „Tod, Auferstehung und Ewiges Leben“ im Alten Ägypten
„Den Menschen des Alten Ägypten sei die Frage nach dem Glauben ganz fremd gewesen, erklärte Prof. Dr. Schulz - sie hatten nicht einmal
ein Wort dafür. Ihre Vorstellung von der Götterwelt und der Ordnung des diesseitigen und jenseitigen Lebens sei nach ihren Begriffen überliefertes Wissen gewesen, die Wahrheit. Sie fürchteten 
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198 Maxime des Ptahhotep
199 Champdor, „Das ägyptische Totenbuch“

das Totengericht, denn das Weiterleben nach dem Tod hing vom Wohlverhalten im Diesseits ab. Es gab Hoffnung auf Gerechtigkeit, sagte Regine Schulz, Hoffnung auf Gnade gab es nicht.
Der Maßstab für das richtige Leben sei zusammengefasst im Begriff Ma`at, der sich nicht übersetzen lasse, weil er viele Bedeutungen einschließt: Gerechtigkeit, Ordnung, Weisheit. Die Personifizierung dieses umfassenden Begriffes in der Göttin Ma`at schaffe eine Verbindung zur Person Christi, meinte Superintendent Helmut Aßmann im Gespräch mit der Museumsdirektorin. (200) Das sind Aussagen die auffallend mit den Aussagen des „Mormonenbuches“ Abraham korrespondieren! Die Menschen hingen an den Lippen des Rabbi Jesus wegen der Kombinationen weit reichender Verheißungen, die er ihnen mit seiner Gesamtaussage bot. Sie mochten ihn, weil er nicht wie ein wichtigtuerischer Volksredner auftrat, sondern eher bescheiden. Sie liebten den eigentlich Unauffälligen. Sie haben es einander im Austausch früherer Gespräche mitgeteilt. Dieser Mann hat ein Programm von immerwährender Bedeutung und Gültigkeit. Das ist viel mehr als Schriftgelehrte bislang sagen konnten. Er spricht vom einzig gangbaren Weg zu ewiger Glückseligkeit, die man, wie er stets betont, bereits diesseits selbst unter widrigsten Umständen erlangen kann, vorausgesetzt man vermeidet weitestgehend Mitmenschen unnötig zu belasten. Es ist das bleibende Gefühl von der Gottesnähe, nach dem sie zuerst und unentwegt trachten sollen. Das ist das Neue. Selbst in Knechtschaft und Krankheit würde diese Kraft hilfreich sein. Sie fühlen im Innersten, dass es wahr ist. Er kann sie in ein besseres Land führen, vorausgesetzt sie scheuen sich nicht in scheinbar schwierigstem Gelände mit ihm den schmalen, aber geraden Weg beständiger Wahrhaftigkeit zu gehen. Sinngemäß sagt er: Immer sollten sie daran denken, dass dieses Leben erst eins zum Ausprobieren ist. Er möchte die ganze Welt segnen. Glücklich - selig - machen könne er hier wie später jedoch ausschließlich die, die keine Gewalt anwenden… die nach Gerechtigkeit (Rechtschaffenheit) streben… die diese Rechtschaffenheit zum Grundsatz jedes neuen Tages machen indem sie unbedingt ehrlich und bescheiden, in jeder Lebenssituation handeln. „Klug, wie die Schlangen, aber ohne Falsch wie die Tauben“. Gemäß seiner Philosophie des sinnvollen Verzichtes freut er sich über die Barmherzigen, die dem Bettler nicht die Tür vor der Nase zuschlagen, deren Herz keine listigen Hintergedanken zulässt. Er liebt die Friedensstifter, die ihrer Rechtschaffenheit wegen verfolgt werden.
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200 Pressebericht

Seine Nachfolger (später Christen genannt) sind diejenigen, die bewusst das „Salz der Erde“ sein wollen. Er sagt es unmissverständlich: Salz das keine Würzkraft hat wird verworfen. Das LA-la- Christentum – die laschen Gesinnungen, das indifferente Christsein „taugt zu nichts mehr, als hinausgeworfen und von den Menschen zertreten zu werden“ (201) Damit sagt Jesus auf keinen Fall, dass Menschen zertreten würden, wie es vielerorts den Juden von „Christen“ geschah. Umgekehrt sind diejenigen auf seiner Seite, die in die Welt des Vormachtstrebens und der finsteren Gewalt das Licht der Hoffnung auf Freiheit wie eine Fackel tragen, die gute Werke zustande bringen, den Mitmenschen wirklich dienende. Wer das nicht in Taten umsetzen will, der ist kein Christ und sei er dreimal getauft, denn mit welchem Recht nennt irgendjemand ein gewisses Etwas „Brot“, wenn doch die Hälfte seiner Substanz zwar wie Mehl aussieht, aber nichts anderes als Gips ist? Nicht so sehr die Worte sind es, es ist sein inneres Licht das sie anzieht. Sie sind allesamt gedemütigt worden. Roms Soldateska bewies ihnen, wer in Judäa das Sagen hat. Sie ahnen, dass Schreckliches in der Luft liegt. Sie ahnen, dass ihr Tempel entweiht und zerstört wird, dass ihre Kinder in Gefangenschaft geraten werden. Sie fürchten sich vor den dunklen Tagen, die ihnen drohen. Der großartige Mann da, der von seinem erhöhten Platz zu ihnen spricht, verspricht nicht den schnellen Ausweg aus dem Dilemma, in dem sie sich befinden, denn zudem hasst die halbe Welt die Juden. Er sagt ihnen nur, dass dieses Leben nicht alles ist, wenn er vom ewigen Leben spricht. Ein durchgängiges theologisches Konzept Christi lässt sich aus der Bibel nicht erstellen. Es muss vorhanden gewesen sein, denn der Schöpfer der Gesetze die das Weltall dirigieren, kann nicht da geschwiegen haben, wo die Fragen sich am dringendsten erhoben. Die nach der Ordnung, und nach dem tieferen Sinn des Lebens. Vieles wurde bewusst gelöscht, wie ein Großteil der Werke des Origenes. Deshalb werden Aussagen der Sekundärliteratur benötigt. Aber auch hier gibt es Probleme, denn die Texte sind widersprüchlich. Dennoch gibt es einen roten Faden, der uns aus dem Labyrinth führt. Der Beweis für das Vorhandensein dieses Fadens liegt offen. Sobald der Suchende das Licht der Sonne sieht, ist er dem grauen Chaos entkommen. Die vergleichende Religionswissenschaft hat zum Gewinn der Klarheit Großartiges beigetragen. In den Jahren um 1830 und 1840 waren noch viele der __________ 
201 Matthäus 5: 13

heutigen Ergebnisse unbekannt, aber es gab den damals fünfund-zwanzigjährigen Joseph Smith, der behauptete Gott hätte ihn inspiriert. Diese Eingebungen schrieb er nieder und Missionare verbreiteten es gegen den heftigen Widerstand nahezu der gesamten Geistlichkeit. Joseph Smith griff sogar in die Bibeltexte ein. Er veränderte hunderte. Alles lag und liegt offen zutage. Damit waren und bleiben er und „seine“ Lehren angreifbar. Sie müssen sich decken mit denen, die seitens der Forschung als „urchristlich“ erkannt wurden, sonst wird der Mormonenprophet ad absurdum geführt. Was aber ist, wenn sich erweist, dass Joseph Smith richtig liegt? Hier steht das Kriterium: Deckungsgleichheit. Man sollte erwarten, dass Joseph Smith schnell der Lüge überführt wurde. Aber das Gegenteil ist der Fall. Das soll hier in Kurzfassung belegt werden. Greifen wir ein Beispiel heraus: Joseph Smith sagte: alle heute lebenden Menschen existierten als Geister vorirdisch in der Gegenwart Gottes. Alle entwickelten sich unterschiedlich, da Gott sie förderte aber nie in seine Richtung zwängte. Die Geister wünschten, wie irdische Kinder dem Elternhaus zu entkommen, weshalb der Vatergott die Erde schuf, „als eine Pflanzschule für seine Geistkinder“ – wie auch Goethe formulierte, geleitet von gesuchten Intuitionen. Im Spannungsfeld der Sterblichkeit, zwischen Gut und Böse frei handelnd sammeln wir Erfahrungen, die wir nach dem Tod des Körpers mit uns in die Ewigkeit nehmen in der wir uns weiter entfalten. Gott setzt uns für diese ewige Evolution keine Grenze. ER hat das ewige Glück aller seiner Kinder beschlossen. Familien können für immer sein, aber von einer Reinkarnation ist keine Rede. Das Origenes- Joseph Smith-Konzept ist glasklar und wird erstaunlicherweise grundsätzlich von vielen Menschen mit Nahtoderfahrungen bestätigt! Damals allerdings empfanden die meisten Theologen es als wesensfremd. Bis in die Gegenwart hinein hat großkirchliche Theologie mit dem Thema „Seele“ ihre Probleme. „Seele“ sei ein Gefühl, meinen nicht wenige protestantische Meinungsbildner. Konsequenterweise scheuen vor allem Protestanten Begriffe wie Teufel und Hölle zu betrachten, weil sie deren Existenz anzweifeln. Aber, wenn wir nicht unsterbliche, vor Gott in der Verantwortung stehende, höchst unterschiedliche „Seelen“ sind, dann ist alle Religion Mumpitz. Weil sie unsicher sind klammern moderne Theologen diese Komplexe schlichtweg aus. Frau Prof. Dr. Lucia Scherzberg bestätigt den Trend.
„Bestimmte Schlüsseltermini fallen weg: Richter, Vergeltung, Lohn, Rache, Strafe, Gnade, Seele, Todsünde. Die Prediger distanzieren sich nicht offensiv von solchen Begriffen, sondern sie lassen sie stillschweigend weg.“ (202)
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202 'Tod und Auferstehung'

Die offizielle Lehre der römisch katholischen Kirche lautet, da ist eine Seele. Doch sie hat nur eine (- verglichen mit den Lehren, die uns etwa das syrische Perlenlied bietet -) enorm schwache Erklärung für deren Herkunft:
Die Geistseele kommt nicht von den Eltern, sondern ist unmittelbar von Gott geschaffen; sie ist unsterblich. Sie geht nicht zugrunde, wenn sie sich im Tod vom Leibe trennt, und sie wird sich bei der Auferstehung von neuem mit dem Leib vereinen.“ (203)
Welche Zumutung solchen Unfug zu erwägen: das Bewusstsein des Einzelnen käme, nach derzeitiger katholische Theologie, demnach aus dem Nichts und Gott schaue unentwegt in die Bäuche zukünftiger Mütter, frei nach dem überstrapazierten Motto: bei Gott ist kein Ding unmöglich. Vermag er auch einen Stein so schwer machen, dass er ihn nicht mehr aufheben kann? (Eine uralte rabbinische Frage.) Ein Blick auf das berühmte Lied von der Perle und auf die gegenwärtige Auslegung ist dagegen entschieden glaubwürdiger. Es korrespondiert zudem mit den Botschaften der in der Antike intensiv missionierenden christlich-gnostischen Gruppen, denen es eben darum ging, die Erkenntnis von der Präexistenz aller Menschen, (derer die nach Adam geboren wurden), und der daraus resultierenden Notwendigkeit der Erlösung vom Tod und den Sünden aller Gläubigen, den Heiden zu vermitteln. Vornean stand die Bedeutung der Wissenserlangung durch persönliche Offenbarung. Immer wieder hieß es:
„Daher ist derjenige, der (Gnosis) Erkenntnis durch Offenbarung hat, einer, der von „oben“ stammt. Wenn man ihn ruft, hört er, antwortet er und wendet sich zu dem, der ihn ruft, steigt zu ihm empor und erkennt, wie man ihn ruft. Da er Gnosis (Erkenntnis) hat, vollbringt er den Willen dessen, der ihn gerufen hat... Wer so zur Erkenntnis gelangen wird, erkennt, woher er gekommen ist und wohin er geht. Er erkennt wie einer, der trunken war und von seiner Trunkenheit abließ; er brachte das Seine (wieder) in Ordnung, nachdem er zu sich selbst zurückgekehrt war... Die wahre Gotteserkenntnis beginnt mit der Erkenntnis des Menschen als eines gottverwandten Wesens...” (204)
Verse wie diese klingen Mormonen sehr vertraut. Gegen Ende des 3. Jahrhunderts gab es noch keine Kreuztheologie, - zu dieser Entwicklung sollte 
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203 Katechismus der kath. Kirche Abs. 6 
204 K. Rudolph, “Die Gnosis” Helena

Konstantins abergläubische Mutter, später einen entscheidenden Beitrag leisten, der erheblich anzufragen ist. Sie erzählt der Menschheit ein Märchen nach dem anderen. Und selbst kritisch Denkende schenkten ihr Glauben. Sie hätte nachdem es dreihundert Jahre in der Erde lag das originale Kreuz des Erlösers in Jerusalem gefunden. Es hätte geleuchtet… Bakterien ja, aber das Holz selbst ohne Zertifikat.
Um das Jahr 300 war es seitens der meisten Missionare wichtiger, zu erklären, dass der mit Gott verwandte Mensch tugendhaft leben muss. Er hat, will er Christ sein, sich stets tolerant gegenüber Andersdenkenden zu verhalten.
Nicht auszuschließen ist, dass sowohl Helena wie Konstantin Kenntnis vom Inhalt des syrischen Perlenliedes hatten.
Zu dieser Zeit stand der Inhalt des syrischen Perlenliedes, das um 180 verfasst wurde, allen aus dem Osten stammenden Christen in die Seele geschrieben, denn männlich oder weiblich geboren, sie bezogen es buchstäblich auf sich. Konstantin könnten Aussagen wie die folgenden bestätigt haben, dass zumindest Menschen wie er auf himmlische Ahnen verweisen dürfen:
“Als ich ein kleines Kind war und im Hause meines Vaters wohnte und am Reichtum und der Pracht meiner Erzieher mich ergötzte, sandten mich meine Eltern aus dem Osten, unserer Heimat, mit einer Wegzehrung fort...
Für seine Reise wird der Königssohn bestens ausgestattet... zurücklassen muss er allerdings sein Strahlenkleid. Dann wird ihm sein Auftrag erteilt.
… Wenn du nach Ägypten hinabsteigst und die Perle bringst die im Meer ist das der schnaubende Drache umringt, sollst dein Strahlenkleid wieder anziehen und deine Toga, die darüber liegt, und mit deinem Bruder, unserem Zweiten Erbe in unserem Reiche werden…
In Ägypten angekommen, vergisst der Königssohn seine Herkunft und seinen Auftrag und dient dem fremden König. Davon erhalten die Eltern des Königssohnes Kunde.
… Und sie fassten den Beschluss über mich, dass ich nicht in Ägypten gelassen werde und sie schrieben mir einen Brief, und jeder Große des Reiches setzte seinen Namen darauf:
„Von deinem Vater, dem König des Ostens und deiner Mutter, der Herrscherin des Ostens.
Und von deinem Bruder, unserem Zweiten, Dir, unserem Sohn in Ägypten, Gruß!

Erwach und steh auf von deinem Schlaf und vernimm die Worte unseres Briefes: Sieh die Knechtschaft: wem du dienst erinnere dich, dass Du ein Königssohn bist. Gedenke der Perle, derentwegen Du nach Ägypten gegangen bist. Erinnere Dich Deines Strahlenkleides, gedenke Deiner herrlichen Toga.“
Der Brief erreicht den Königssohn in Gestalt eines Adlers. Er flog und ließ sich nieder neben mir und wurde ganz Rede. Bei seiner Stimme und der Stimme sei erwachte ich und stand auf von meinem Schlaf, nahm ihn und küsste ihn, und ich löste sein Siegel und las.
Und ganz wie es in meinem Herzen stand waren die Worte meines Briefes geschrieben Ich gedachte, dass ich ein Königssohn sei und meine Freiheit nach ihrer Natur verlange.
Ich gedachte der Perle, derentwegen ich nach Ägypten gesandt ward, und ich begann zu bezaubern den schrecklichen und schnaubenden Drachen. Ich brachte ihn in Schlummer und Schlaf, indem ich den Namen meines Vaters über ihm nannte und den Namen unseres Zweiten und den meiner Mutter, der Königin des Ostens und ich erhaschte die Perle und kehrte um, um mich nach meinem Vaterhaus zu wenden.“
Als der Königssohn sein Strahlenkleid zurückerhält, kommt es zu einem eigentümlichen Erkenntnisprozess.
„Wohl erinnerte ich mich nicht mehr seiner Würde, weil ich es in meiner Kindheit in meinem Vaterhaus gelassen hatte, doch plötzlich, als ich es mir gegenüber sah, wurde das Strahlenkleid ähnlich meinem Spiegelbild mir gleich, ich sah es ganz in mir, und in ihm sah ich mich auch mir ganz gegenüber so, dass wir zwei waren in Geschiedenheit und wieder eins in Gestalt... Ich neigte mein Haupt und betete an den Glanz des Vaters, der mir das Kleid gesandt hatte.“ (205)
K. Beyer ein großkirchlicher Exeget kommentiert geradezu "mormonisch":
„Die Botschaft des Liedes lautet: Die unsterbliche menschliche Seele göttlicher Herkunft darf sich erst dann endgültig vereinen mit ihrem unvergänglichen geistigen Leib der gleichfalls von Gott abstammt, aber immer bei ihm bleibt, wenn sie zuvor auf der Erde in einem vergänglichen fleischlichen Leib und in feindlicher Umgebung mit göttlicher Hilfe Selbsterkenntnis erlangt und mutig die ihr von Gott gestellte Aufgabe erfüllt hat...
Das ist eine synkretistische Religion in der Nachfolge Platons, die sich 
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205 Walter Rebell, „Neutestamentliche Apokryphen und Apostolische Väter“,

auch leicht mit der christlichen Ethik verbinden lässt. Ihre Bilder teilt sie mit der Gnosis und den anderen antiken Erlösungsreligionen, ohne dass man sicher sagen kann, wer sie von wem übernommen hat. Das führt schließlich zu der Frage, ob der gnostische Anteil am spätantiken Synkretismus wirklich so hoch ist, wie meist angenommen wird. Denn, dass der Mensch die Erde als Fremde empfindet, ist ein weit verbreitetes Lebensgefühl…” (206)
Selten oder nie entging jemals einem Theologiestudenten die Tatsache, dass in den ersten vierhundert Jahren „Präexistenz“ hochwichtiger Bestandteil urkirchlicher Lehren war, dass der Mensch buchstäblich Kind Gottes ist. Sonderbarerweise wissen alle, die sich je mit diesem Thema befassten, dass die Überlieferung von der vorirdischen Existenz unseres Bewusstseins, keineswegs aus Vernunftgründen aufgegeben wurde, sondern aus politischen Erwägungen!
„Die Bannflüche wurden ... unter dem unnachgiebigen Druck Kaiser Justinians von sämtlichen Patriarchen unterzeichnet, einschließlich Papst Vigilius’, der 544 eigens zu diesem Zwecke fast gewaltsam nach Konstantinopel gebracht wurde. Mit ihrer Unterzeichnung reihte die Kirche den bedeutendsten und herausragendsten Theologen des frühen Christentums, Origenes, aus weltlichen Gründen unter die ketzerischen Irrlehrer...“ (207)
Auch Historiker Diekamp bezeugt diesen Fakt in seinem Werk „Die originistischen Streitigkeiten und das 5. ökumenische Konzil". Anbei ein Auszug der S. 51, der diese Aussage belegt:
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206 Walter Rebell, „Neutestamentliche Apokryphen und Apostolische Väter“ 
207 Hermann Bauer „Der Einfluss Ostroms“

Vigilius Unterschrift hatte zur Folge, dass Rom nicht ohne weiteres zu Origenes zukehren kann! Man möchte gerne, aber es beißt sich. Einige Theologen weichen aus und sagen, Justinian wollte eigentlich die Verbreitung der Idee von der Reinkarnation untersagen, denn diese sei unbiblisch, dass sie nicht biblisch sei ist zwar korrekt, denn im Hebräerbrief z.B. wird es deutlich gesagt:
„es (ist) dem Menschen bestimmt, ein einziges Mal zu sterben, worauf dann das Gericht folgt“ (208) dennoch bleibt die unbewiesene Behauptung im Raum stehen. Das Anathema erfolgte auf Drängen einiger (keineswegs aller) Mönchsrichtungen durch Kaiser Justinian (482-565). In Wahrheit ging es darum, die athanasianisch-nicänische Glaubensänderung im Sinne der Kirchen- und Staatspolitik Kaiser Konstantins und des Ambrosius von Mailand konsequent fortzusetzen. Deshalb musste Origenes (185-254) Lehrgut - das urkirchliche - zum Tode verurteilt werden. __________
208 Hebr. 9: 27; Einheitsübersetzung

543 verdammte die sogenannte Ostsynode, die nichts weiter war als eine winzige Zusammenkunft von 165 Sonderlingen (von mehr als vermutlich 5 000 Unterschriftsberechtigen), die im Rang eines Gemeindevorstehers (Bischofs) standen unter Federführung Justinians, die folgenden Basiselemente des Urchristentums:
"Wenn jemand sagt oder meint, die Seelen der Menschen präexistieren, sie seien nämlich zuvor Geister und heilige Kräfte gewesen, haben dann aber, der göttlichen Anschauung überdrüssig, sich zum Schlimmeren gewendet, und seien, weil dadurch die göttliche Liebe in ihnen erkaltet sei, Seelen genannt und zur Strafe in Leiber herniedergeschickt worden, so sei er Anathema (verflucht). Wenn jemand sagt oder meint, dass die Seele des Herrn präexistiert habe und vor der Menschwerdung und der Geburt aus der Jungfrau mit dem Gott Logos vereinigt gewesen sei, so sei er Anathema. Wenn jemand sagt oder meint, die Strafe der Dämonen und der gottlosen Menschen sei eine zeitliche und werde einmal ein Ende haben, mit anderen Worten, es werde eine Apokatastasis (griech. = Wiederherstellung geben, gemeint ist damit die Rückkehr aller zu Gott) auch der Dämonen oder der gottlosen Menschen, so sei er Anathema. Anathema auch dem Origenes, … der dieses gelehrt hat, samt seinen abscheulichen, verfluchten und lasterhaften Dogmen, und jeder Person, die dieses denkt oder verteidigt oder überhaupt auf irgendeine Art zu irgendwelcher Zeit hierfür einzutreten wagt." (209)
Origenes verschwand mit-samt seiner angeblich „unbeweisbaren“ Lehre vom vorirdischen Gott-zustand des Menschen allerdings nicht sofort in der Versenkung. Zehntausende Christen wie die Anhänger Novatians, die Katharer, Vorläufer der Paulikianer, und Bogomilen, wichen nach und nach aus den nicänischen Ländern der Verfolgung. Sie zogen nordwärts.
Bild Wikipedia
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209 Diekamp „Die originistischen Streitigkeiten und das 5. ökumenische Konzil"

Rom kann nicht, wie es wahrscheinlich möchte. Dennoch wagt der Vatikan nicht länger, zu sagen, die von Origenes und Hippolit und Irenäus bewahrten Elementarlehren seien, wie Justinian unterstellt, Ausdruck des Abfalls vom Original. Kirchenhistoriker wie L. Hertling oder Hans Urs von Balthasar, beide Jesuiten beteuern:
„Origenes hatte niemals die Absicht, von der Lehre der Kirche abzuweichen!“ (210) 199
Solche Aussagen passen selbstverständlich vielen katholischen Theologen nicht. Hier ist nicht der Platz näher auf die Gründe einzugehen. Andererseits liegen sie auf der Hand. Papst Benedikt XVI. wies ebenfalls in Richtung Origenes (185-254), in dem er sagte:mm
mmmmmmmmmmmmmmmmmm „Ich lade euch dazu ein... die Lehre dieses großen Meisters (Origenes) im Glauben in euer Herz aufzunehmen.“ (211)
Und was sind die Lehren dieses großen Meisters? Wie viele Laien, wie viele Geistliche der römisch-katholischen Kirchen werden sich selbst diese Frage ernsthaft vorgelegt haben? Gar nicht zu reden von Protestanten. Es interessiert kaum. Da ist jedoch eine Ahnung vorhanden, dass weitere urkirchliche Schriftsteller in Vergessenheit geratene Informationen hinterlassen haben sollten. Die konkreten Fragen nach der Existenz der Seele und wo diese herkommt treten auf, wenn Menschen die eine Nahtoderfahrung, oder eine Außerkörperlichkeit durchlebten, sich an Geistliche wenden. Dann bemerken die befragten Theologen, dass sie sich bei solchen Nachfragen so gut wie unvorbereitet fühlen. Großkirchliche Theologen sind allerdings häufig geübt solange auf das Eisen einzuschlagen bis es glüht, dann verformen sie es. Die wahnwitzigsten Formen kommen dabei heraus, wie die vom erwähnten Teil des katholischen Kreationismus: Gott eile jedes Mal wenn eine menschliche Eizelle befruchtet wird herbei um ihm eine in diesem Augenblick geschaffene Seele einzuhauchen. Ebenso töricht ist Karl Barths Ganzttodlehre. Gott speichere in sich (?) die Daten aller Menschen, ihr Trachten, ihre Motive, ihre Vergehen und ruft sie dann zur Auferstehung hervor.
Bei den Zeugen Jehovas, die dasselbe glauben, wird hinzu gesetzt, dass ein Großteil Übeltäter danach den zweiten Tod erleiden. „Diese Bösen werden am Gerichtstag zu Tode gebracht werden und für immer tot sein“ J.W.org
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210 Ludwig Hertling SJ „Geschichte der Katholischen Kirche bis 1740“ mit Imprimatur. Romae, vom 27. Nov. 1981 
211 Generalaudienz am 25. April 2007

Welcher Aufwand für nichts. Stattdessen lehrt Joseph Smith in Übereinstimmung mit den Bischöfen der ersten Jahrhunderte, dass der zweite Tod, ein Leben in selbstgewählter (selbstbestimmter) Gottesferne sei. Mit Origenes spricht Joseph Smith zuerst jedoch vom intelligenten vorirdischen Sein aller Heutemenschen beim Vater, aus dessen Gegenwart jeder einzeln eigenverantwortlich herausfiel (Sündenfall). Dieser Geist – bei Origenes "Logika", sonst "nobilitas ingenitus" - sehnte sich danach auf eigene Füße gestellt zu werden um sich hier mit Unterstützung des Lichtes Christi mehr oder weniger zu bewähren. Dieser präexistente Geist kombiniert mit dem ersehnten grobstofflichen Leib bildet die Seele des Menschen. Wenn der Mensch stirbt gibt es keine Seele mehr! Ebenso wenig wie Wasser wenn es wieder in seine beiden Ausgangselemente zurückkehrt. Das ist korrekt. Aber der Mensch selbst ist, seinem Kern nach, Geist - wie das innerste Wesen Gottes Geist ist. Joh. 4:24 Dieser Geist kann nie vernichtet werden, weil er, wie die Energie, ewiger Natur ist. Ziel Gottes ist, alle Geister auf eine höhere Stufe zu heben. Dazu darf er sie, wie wiederholt betont, unter keinen Umständen zwingen, denn Zwang macht Kinder zu Sklaven. Auferstehung ist somit die untrennbare Verbindung von Geist und Urstoff, die später erfolgt. Lehre und Bündnisse 93: 33. Glücklicherweise gab die katholische Kirche die Lehre von der Auferstehung des Leibes nie auf. Wegen der buchstäblichen Kindschaft jedes Menschen (der zur Familie Adams gehört“ Buch Mormon 2. Nephi 9: 21 u Mormon 3: 20) zu Gott, trägt er den Keim zu grenzenloser Entfaltung in sich. Er ist als Sohn oder Tochter Gottes, Gott im Keimzustand. Soweit zur Erläuterung des Urgrundes menschlichen Seins. Eine Überzeugung die bekanntlich vor allem von gnostischen Überlieferungen, auch von jüdischen, altägyptischen, griechischen im Wesentlichen mitgetragen wird.
Indessen besteht in 16 Lehrpunkten, wie im Folgenden gezeigt wird, zwischen Origenes, Hippolyt und Joseph Smith Übereinstimmung. Einzelheiten die teilweise bis in die Gegenwart vehement bestritten werden. Aber dem logisch und systematisch Denkenden erscheinen die Übereinstimmungen als unauslöschbare Markierungen die nicht per Zufall entstanden sind, die so per Zufall nicht zustande kommen konnten, da sie einen geschlossenen Kreis bilden.
Wann wird die offizielle großkirchliche Theologie dies zur Kenntnis nehmen?
Es bietet sich ein Vergleich an. Welche Antworten erteilten die Großkirchen vor 1830 den eher im Dunkeln tastenden Menschen, und andererseits, wie lauteten die Erklärungen der erwähnten Exponenten damals?


8. Vergleiche 
8.1.1 Präexistenz, Mehrheit der Götter

„Im Urzustand waren alle Logika körperlose Geister und als solche Götter, die dem Logos als Trabanten anhingen... Nach dem Vorbild des Logos (Christus), der selbst das „Bild Gottes“ nach Genesis 1:26 ist, hat Gott so viele Logika (Menschenseelen G.Sk.) erschaffen, wie er mit seiner notwendig begrenzten Vorsehung regieren kann.“ (211)
Das lehrte Origenes. Der durch Joseph Smith überlieferte Text lautet:
„Der Herr hatte mir, Abraham, die Intelligenzen gezeigt, die geformt wurden ehe die Welt war...“ (212) „Am Anfang berief der oberste der Götter einen Rat der Götter zusammen. Sie kamen zusammen und arbeiteten einen Plan aus, wie die Erde zu erschaffen und zu bevölkern sei.“ (213)
Da gab es bereits früh ein Missverständnis, das zur Ablehnung der Lehre von mehreren Göttern führte. Doch das erste der zehn Gebote bezieht sich auf Christus, den großen ICH BIN. Neben ihm sollen wir keine anderen Götter haben, aber ICH BIN ist auch der Name des Vaters den er auf seinen Sohn legte.
„Der Sohar, das Grundlagenbuch der jüdischen Mystik, erkannte an, dass die Idee von einer Vielfalt-in-der-Einheit dem jüdischen Denken nicht fremd ist. Tatsächlich gibt es, außer Gott selbst, zwei andere Persönlichkeiten in den Hebräischen Schriften, die dargestellt werden als anders, dennoch irgendwie gleich mit Gott. Diese anderen beiden sind der Engel des Herrn und der Geist Gottes oder der Heilige Geist. Der Engel des Herrn wird mehrmals erwähnt, aber er wird auch mit Gott selbst gleichgesetzt; beispielsweise in 1. Mose 16, 7 und 16, 13 wird Er der Engel des Herrn bzw. dann der Herr genannt. Ein anderes Beispiel findet sich in 1. Mose 22, 11-12. Dieses besondere Individuum ist beides, verschieden von und doch gleichgesetzt mit Gott selbst.“ (214)
Dass wir unter der Leitung des Baumeisters Christus Mitschöpfer, (Götter), im 
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211 Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft, dritte Auflage
212 Köstliche Perle, Abraham 3: 22 
213 Lehren des Propheten Joseph Smith, erste deutsche Auflage Max Zimmer Übersetzung 
214 www.judenfürjesus.de/fragen

Prozess der Entwicklungen des Lebens auf der Erde mitbeteiligt waren sagt Joseph Smith nur indirekt. Wichtig ist der Hinweis, dass unsere Geistpersönlich-keit „geformt“, statt „erschaffen“ wurde, denn an anderer Stelle sagt er - unter Inspiration - Intelligenz (unser Bewusstsein) ist unerschaffbar. (215)
„... Manche schätzen nicht, was wir sagten, indem wir den Vater als den einen wahren Gott hinstellten und zugaben, dass andere Wesen neben dem wahren Gott Götter werden konnten, indem sie an Gott teilhatten.“ (216)
Der ehemalige Sektenbeauftragte Herr Dr. theol. Lothar Gassmann bauscht es gleich zu einem Buhmann auf. Er schreibt:
„… schlimmer konnte es gar nicht kommen. Aber jetzt weiß ich wenigstens, warum ich kein Sektenbeauftragter mehr bin: Weil es keine Sekten mehr gibt! Aber ganz im Ernst: Nachdem sich die Evangelische Allianz in den letzten Jahren schon für Katholiken, Adventisten und alle möglichen charismatischen und "apostolischen" Gruppen geöffnet hat, geht sie jetzt sogar auf die Mormonen zu. Das Wesen der großen babylonischen Vermischung (Offb. 17) tritt immer deutlicher hervor. Dabei geht aus den Schriften der Mormonen ganz eindeutig hervor, dass sie keine Christen, sondern Polytheisten sind (sie glauben an viele Götter; Mormonen werden sich zur Götterstufe höherentwickeln; die Götter seien höherentwickelte Menschen). Dies ist reiner Spiritismus und Gotteslästerung!“ (217)
Dr. Gassmann weiß einiges nicht, aber er redet autoritär und grobschlächtig, wie die Herren Athanasius, Ambrosius usw. im 4. Jahrhundert, wer nicht wie sie glaubt, ist ein Gotteslästerer. In Christengemeinden sollte es jedoch Teil des Allgemeinwissens sein, dass:
„... der Gedanke der Vergottung (des Menschen) der letzte und oberste gewesen ist; nach Theophilius, Irenaeus, Hippolit und Origenes findet er sich bei allen Vätern der alten Kirche, bei Athanasius, bei den Kappadoziern, Appolinares, Ephraim Syrus, Epiphanius u.a“ (218)
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214 Lehre und Bündnisse 93: 33 
215 Origenes Kommentar zu Joh.: 2:3 bei Wikipedia unter Arianismus 
216 Artikel: “Immer unglaublicherer Absturz der Ev. Allianz: Evangelikale und Mormonen bald gemeinsam?” 
217 ebenda 
218 Adolf von Harnack „Dogmengeschichte“, Mohr-Siebeck 

Die Dinge sind sehr miteinander verquickt und hinzukommt, die Lehren der heutigen Großkirchen stehen denen der Kirche der ersten dreihundert Jahre diametral gegenüber, nicht selten schließen sie einander völlig aus. Das zeigt sich an der hier kompakt ausgeführten Darlegung des heiliggesprochenen römischen Bischofs Hippolyt zu den Themenkomplexen „Gottwerdung des Menschen“, „Freiheit des Willens“, „Hölle“. Niedergeschrieben wurde der Text um 225. Die meisten Aspekte sind sehr antikatholisch und kontra Protestantismus, dagegen aber sehr mormonisch. Ist das noch keinem deutschen Theologen von Format aufgefallen? Hippolyt sagt:
„Durch das Sichtbarwerden in der Welt wurde er (Christus) ein …Anderer, als der Vater; ...
Exakt dieser Lehrpunkt wurde in Nicäa, bekanntlich, mit dem Bekenntnis des 1. Ökumenischen Konzils gelöscht. Sich das erneut zu merken ist wichtig. Hippolyt fährt fort: Der Logos (Christus) trug die Ideen des Vaters in sich und brachte auf dessen Geheiß die Schöpfung hervor... Durch den Logos brachte Gott Alles hervor, und anders als es gemacht wurde, konnte es nicht gemacht werden. Den Menschen schuf er als solchen; will der Mensch Gott werden, (Mitschöpfer unter der Hand des allein wahren Gottes) so muss er ihm gehorchen. Der Logos besitzt, weil aus Gott seiend, das Wesen Gottes... Das Böse entsteht aus der geschöpflichen Freiheit, und besaß ursprünglich keine Existenz…
Auch dieser Lehrsatz verschwand im 6. Jahrhundert aus der katholischen Theologie.
„… der Logos (Christus) wurde Mensch, um uns ein Beispiel zu geben und den Beweis zu liefern, dass der Mensch frei sei und sich des Bösen enthalten könne. Zu diesem Zwecke nahm er das Wesen des Menschen an. Er wurde leidens- und todesfähig, um die Menschen von ihren Leiden aufzurichten. Durch die richtige Erkenntnis, ermahnt Hippolytus (c. 34) zum Schlusse, werde man der Höllenstrafe entgehen und die Unverweslichkeit des Leibes nebst dem Himmelreiche empfangen als Genosse Gottes und Miterbe Christi. Denn dann wird der Mensch Gott. Als Mensch war man leidensfähig; was man aber dann erhält, empfängt man als vergöttlicht und unsterblich gemacht. Christus, der Gott ist über Alles, reinigte den Menschen von der Sünde und schuf den alten Menschen zu einem neuen um. Wenn man seine Gebote hält, wird man ihm ähnlich. Gott macht den Menschen zu Gott zu seiner
Ehre... die Subordination des Logos unter den Vater (ist) als notwendig gegeben…
Erneut wird an dieser Stelle klar wie enorm die nachnicänische Kirche von den Prinzipien der Urkirche abwich. Der Artikelverfasser, J. Langen, über Hippolyt fährt fort:
„…Von einer Genugtuung oder stellvertretenden Sühne ist bei ihm noch nicht die Rede. Nur von einer Reinigung und Umschaffung des Menschen durch Christus. Die Menschwerdung hat den Zweck, das
Ideal eines Menschen tatsächlich zu verwirklichen. Geht der Mensch mit seinem des Guten fähigen, freien Willen auf diese Umgestaltung seines Wesens ein, so wird er als Adoptivbruder des Gottmenschen vergottet.“ (219)“
Das ist „Mormonismus“ pur! im Gegensatz zu protestantischer Verkündung. Wusstest du das, lieber Leser? Unser freier Wille entscheidet. Luther irrt wenn er dem Menschen den freien Willen abspricht. Er tut es. Wiederholt und mit Nachdruck behauptet der Hochgescheite, der Mensch werde, von Gott oder vom Teufel geritten. Und wer ritt ihn, als er uns in die Kategorie der Willenslosen abschob?
" Luther … war im Hinblick auf die sittlichen Möglichkeiten des Menschen äußerst pessimistisch. Für ihn hing alles allein von der freien Gnade des allmächtigen Gottes ab, die für ein auch noch so geringes Mitwirken des Menschen am Heil keinen Platz ließ." (220)
Diese Einstellung gilt innerhalb evangelischer Gemeinden immer noch. Joseph Smith sagt exakt das Gegenteil, aber wieder in Übereinstimmung mit Hippolyt und Origenes:
"Wahrlich (der allmächtige Gott, Schöpfers Himmel und der Erde) sagt: Die Menschen sollen sich voll Eifer einer guten Sache widmen und vieles aus ihrem eigenen, freien Willen tun und viel Rechtschaffenheit zustande bringen; denn die Macht ist in ihnen, wodurch sie für sich selbst handeln können." (221)
Hippolyt und Origenes sind Glaubensbrüder. Wir dürfen ihnen vertrauen. Großkirchliche Theologen wissen, dass Origenes (185-254) anerkannter
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219 Joseph Langen „Geschichte der römischen Kirche“ 
220 Thomas Martin Schneider "Freiheit bei Martin Luther" 
221 Lehre und Bündnisse 58:27

Bewahrer des originalen christlichen Lehrgutes war. Wenn einer der ca. 1500 Bischöfe seiner Zeit anders lehrte als die anderen Glaubensbewahrer, dann wurde er als Schiedsrichter angerufen. Das bedeutet: so wie Hippolyt und Origenes und Irenäus, glaubte die Kirche in der vornicänischen Zeit.
Warum verweigert sich die „christlich-ökumenische Christengemeinschaft“ dieser Einsicht? Warum billigt sie nachträglich den Wandel der gegen Christi Lehren vollzogen wurde? Warum stehen zahlreiche Geistliche eher auf der Seite eines Ambrosius von Mailand und sogar hinter Justinians Eskapaden?
Nicht wenige tun so, als wäre Christi Gebot: „Darum sollt ihr vollkommen sein, wie es auch euer himmlischer Vater ist“, nur ein rhetorisches Element seiner Bergpredigt gewesen. Wäre dies nicht so, würden die Mormonismuskritiker Joseph Smiths Wort: „Gott war einst ein Mensch und wir können wie Gott werden“ nicht permanent verspotten. Allerdings gibt es protestantische Geistliche die sich zurück auf die Linie der Altväter ihres Glaubens begeben, wie Pfarrer Felix Gietenbruch, Dürnten Schweiz.
“Präexistenz meint, dass wir als handlungsfähige geistige Wesen schon vor unserer Geburt existierten... in dieser Vorexistenz haben wir uns alle eigenverantwortlich von Gott entfremdet... Ich denke, heute wird uns mehr und mehr bewusst, dass auch das christliche Abendland neu darüber nachdenken muss.“ (222)
Der unbestechliche Hippolyt von Rom stand Origenes nicht nur als Freund zur Seite. Origenes war, mit Hippolyts Unterstützung, fast immer fähig abweichlerische Älteste und Bischöfe, mittel der Argumente der Vernunft zum verlässlich überlieferten genuinen Lehrgebäude der Kirche Jesu Christi zurückzuführen. Das bescheinigen ihm die Dokumente. Origenes sagte: hätten in unserem ersten Stand (als Geistpersönlichkeiten in der Präexistenz) nach Äonen der Bewunderung bei der Betrachtung der Herrlichkeit Gottes Langeweile, „Verdruss an der Gottesschau“ empfunden. Dasselbe ist „mormonischerseits“ eine eher mündliche Überlieferung, die uns Missionare der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in den Jahren um 1939 vermittelten. Ich hatte sie wie nebenbei gehört, damals als Kind von neun, im Strandsand von Zinnowitz liegend. Ich habe diese Sätze nie vergessen.
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222 „Der Sündenfall ein sinnvoller Mythos“ Kirchenbote lokal, 2008 

So war ich wie elektrisiert als ich viele Jahre später eben diese Passage sowohl in der Verfluchung durch Justinians Ostsynode der Kirche, 543, als in erschlossenen Origenestexten wiederfand. “Im Urzustand waren alle Logika - alle Engel, Menschen, Dämonen körperlose Geister und als solche Götter, die dem Logos (- dem Wort - dem Christus -) anhingen. Sie waren mit ihm durch den Heiligen Geist verbunden und gaben sich mit ihm der unmittelbaren Schau des Vaters hin. Erlahmung der geistigen Schwungkraft und Überdruss an der Gottesschau führten zum Sündenfall… deshalb schuf Gott das Weltall….” (223)
Mormonen glauben, dass wir in der Präexistenz, - besser gesagt im vorirdischen Dasein - einen 1. Stand einnahmen, gleichgültig wie viele Entwicklungsstufen wir dort durchliefen. Ursprünglich alle gleich, sehnten wir uns nach mehr. Nun befinden wir uns in der „Seinsvergessenheit“ und damit im 2. Stand. Im 1. Stand waren wir alle Kinder Gottes, hier jedoch muss dieser Status erst wieder erworben werden. Dieses Wissen setzt sowohl der Verfasser des Johannesevangeliums, wie auch Origenes voraus:
„Erst aufgrund der Tugend wird man (erneut, im diesseitigen Stand, nach dem ersten in der Präexistenz G.Sk.) ein Kind Gottes und erst in der Erwerbung der Tugend durch eigenen Eifer erwirbt der Mensch die Ähnlichkeit Gottes. Unentbehrlich für das Erreichen der Gottähnlichkeit ist also die Entscheidungsfreiheit.“ (224)
Werfen wir einen kurzen Blick zurück ins 4. Jahrhundert, indem die Kirche an weltlich-diktatorischer Macht zunahm aber umgekehrt ihr liebevoll-tolerantes Grundwesen verlor. Ambrosius und Augustinus zerstörten die Ordnung Gottes. Der Mensch kann sich in der Tat nur entfalten, wenn ihm nicht diktatorisch vorgeschrieben wird, was er zu glauben, zu tun und zu lassen hat. Origenes, Hippolyt, Laktanz, Meister Eckhardt (1260-1328) uva. betonen es: erst die „Erwerbung der Tugend durch eigenen Eifer“, bringt ihn voran.
Das entspricht dem Glauben der Heiligen der Letzten Tage. Mit Meister Eckhardt wissen sie dasselbe. Das ist ihre Botschaft: die Botschaft ihrer Missionare:
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223 Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft, dritte, Auflage 
224 H.. Benjamins „Eingeordnete Freiheit; Freiheit und Vorsehung bei Origenes.

Die Kirche verlor ihre Schönheit, als deren Träger das Individualrecht attackierten. Statt einander freundlich zu behandeln, rangelten sie um ihr höheres Ansehen, wie die Berserker. Jesus hatte es vor Pilatus beteuert: „Mein Reich ist nicht von dieser Welt.“ Er hatte gemahnt und gewarnt: Jesus sah bedauernd voraus was Superegoistische aus seinem Evangelium machen werden. Er warnte die Vorrangkämpfer, dass ihr Gezänk sie definitiv von seiner Gefolgschaft ausschließen wird.
„Ihr wisset, dass die weltlichen Fürsten herrschen und die Mächtigen unter ihnen haben Gewalt. Aber so soll es unter euch nicht sein.“ (225)
„Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen.“ (226) (2) (
Es scheint so, als hätte Jesus hinzugesetzt: selbst wenn ihr tausend andere Opfer auf den vermeintlichen Altar legt: ICH BIN kein Freund von großen Festlichkeiten. Er wollte nie jene goldenen Kirchen in denen die Menschen sich bekreuzigen, - etwas das erst Jahrhunderte nach ihm, wesensfremd, aufkam. Er sucht das Herz der Ehrlichen und Toleranten. mmmmmmmmmmmmmmm
Nicht nur das Urchristentum, auch der jüdische Glaube enthält die Lehre von der Präexistenz der menschlichen Seele.
„Die Fragen der persönlichen Unsterblichkeit und der Präexistenz und des Fortlebens der Seele werden mit der Ewigkeit des jüdischen Volkes selbst verwoben. Alle Seelen, die je und je in einen jüdischen Körper eingehen werden, so heißt es in einem Midrasch, haben am Sinai gestanden und sind dort in den ewigen Verbund zwischen Gott und Israel eingetreten. „Wir Juden sind also vom Sinai her beim Vater“,... Wenn ein Jude im Gottesdienst zur aktiven Teilnahme an der Vorlesung aus der Thora hinzugezogen wird, wenn er, wie der Ausdruck lautet, „aufgerufen“ wird, um über die zur Vorlesung geöffnete Thora-Rolle einen Segensspruch zu sprechen, so dankt er in diesem Segen Gott dafür, dass er „Leben der Ewigkeit in uns gepflanzt hat“. In jeden von uns und in uns als Israel. „Wir leben ewig“, mit diesem Gesang gingen Juden in die Gaskammern.“ (227)
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225 Markus 10: 42 
226 Matth. 18: 3 
227 Dr. phil. Kurt Wilhelm, Landesrabbiner 1925 – 1929 in Braunschweig, 1933 –1948 Rabbiner in Jerusalem, Oberrabbiner in Schweden „Jüdischer Glaube“ 

Der jedoch auf die Erreichung höchster Ideale Bedachte bedarf der immerwährenden Führung durch den Geist Gottes:
„Der Beistand aber, der Heilige Geist, den der Vater in meinem Namen senden wird, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.“ (228)
Anders wäre die von Jesus geforderte Vervollkommnung durch Gehorsam nicht möglich. Hippolyt (um 220) sagt es unmissverständlich:
„will der Mensch Gott werden, (Mitschöpfer in der nächsten Welt, unter der Hand des allein wahren Gottes) so muss er ihm gehorchen.“ (229)
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228 Johannes 14: 26 
229 J. Langen Geschichte der römischen Kirche“

8.1.2. Ursprüngliche Gleichheit aller Intelligenzen

Origenes lehrte: „Alle Logika (Engel, Menschen und Dämonen) sind von gleicher Natur, ihre Unterschiede sind erst durch den Fall entstanden.“ (230)
Einige Intelligenzen widersprachen Gottes Plan der Erlösung keinen Zwang anzuwenden, sie wurden Dämonen... Moderne Katholiken werfen den „Mormonen“ vor, sie würden fälschlich lehren, Satan und Jesus seien ursprünglich Brüder gewesen. Es ist ein wenig kurios: Franziskus von Assisi hatte in einer Vision den leeren Thron Lucifers gesehen, den dieser verlor obwohl er nächst dem Thron Gottes stand. (231) - Nach Joseph Smith (232) wollte Lucifer die Geister, die über die Erde gehen werden, gewaltsam auf dem ‚richtigen’ Pfad halten, er würde, um die Menschen von den Folgen des vorauszusehenden Sünden-Falles zu erlösen, auf das Individualrecht keine Rücksicht nehmen. Sein Plan hätte zur irreparablen Vernichtung der Gewissensfreiheit aller geführt. Deshalb wurde seine Konzeption mehrheitlich abgelehnt, und der Plan Jesu, sich selber als Sühnopfer anzubieten von einer Mehrheit akzeptiert. Lucifer verlor seinen Rang, weil er von seiner Idee nicht ablassen wollte. Ihm folgten viele nach. Zur Strafe für ihre Rebellion erhalten sie keinen materiellen Körper, den sie uns aber neiden.
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230 Handwörterbuch… 
231 H.C. Lea, „Geschichte der Inquisition“ 
232 Köstliche Perle Mose 4: 1-4

8.1.3 Jesu Präexistenz. Er ist der Rangälteste unter den Geistern

Origenes lehrte: „Rangältester von allen Geschöpfen ist der ewig aus dem Willen des Vaters gezeugte Sohn Gottes. Er ist dem Vater nur „gleich“ im Sinne von ähnlich... der Sohn ist das Abbild (Kolosser 1: 15) geringer als Gott selbst (Joh. 14: 28) an dessen Gottheit er nur Teil hat und dem er als der“ zweite Gott“ in jeder Hinsicht subordiniert ist... der Logos, die „Erlösung“... als Logos das Organ der weiteren Schöpfertätigkeit...“. (233)
Joseph Smith schreibt schlicht, (und ein Gefühl der Erhabenheit sowie mein Licht der Vernunft bestätigen mir persönlich, dass es die Wahrheit ist)
„Als das Licht auf mir ruhte, sah ich zwei Gestalten von unbeschreiblicher Helligkeit und Herrlichkeit über mir in der Luft stehen. Eine von ihnen redete mich beim Namen an und sagte, dabei auf die andere deutend: „Dies ist mein geliebter Sohn, Ihn höre.“ (234)
„Augustinus schreibt an den spanischen Theologen Consentio: ‚Du fragst, ob der Leib des Herrn auch jetzt noch Gebeine und Blut und die übrigen Bestandteile des Körpers besitze? (…) Ich glaube, dass der Leib des Herrn im Himmel sich so befindet, wie er auf Erden war, als er zum Himmel auffuhr.’“ (235)
Ebendas hatten die Christen der Frühzeit immer geglaubt und gepredigt: Jesus war der einzige Gott mit dem sie und wir es, als unseren Erlöser zu tun haben. Aber, nicht er, der Vater ist anzubeten und zwar im Namen Jesu Christi: (236)
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233 Handwörterbuch 
234 Lebensgeschichte Joseph Smith 
235 Christoph Markschies Alta Trinita Beata „Die Frage nach der Leiblichkeit des mitthronenden Christus seiner Zeit“ 
236 Epheser 5: 20

8.1.4 Zwei grundsätzlich verschiedene Schöpfungsbereiche

Origenes überlieferte, dass:
„Es zwei grundsätzlich verschiedene Bereiche der Schöpfung: Zuerst die geistige Welt. Sie ist ursprünglich, von ewiger Dauer und gliedert sich in den Sohn, den heiligen Geist und die übrigen Vernunftwesen. Zweitens: die körperliche Welt ist aus dem Nichts geschaffen und von zeitlich begrenzter Dauer; ihre Entstehung ist durch den Fall der Logika veranlasst.“ (237)
Joseph Smith bestätigt: Alles wurde zuvor geistig geschaffen.
„ Denn ich, der Herr Gott, erschuf alles, wovon ich gesprochen habe, zuerst geistig ehe es im natürlichen Zustand auf der Erde war.“ (238) Zur Erinnerung: „Nach der rabbinischen Tradition gehen sieben Dinge der Erschaffung der Welt voraus, nämlich die Thora, die Buße, das Paradies, die Gehenna, der Thron der Herrlichkeit, der Tempel und der Name des Messias (bT Pes 54a, bT Ned 39b).“ (239)
Eigentlich ist das Problem durch die beiden unterschiedlichen Schöpfungs-berichte, den elohistischen und den jahweistischen, allgemein bekannt. Einige Naturwissenschaftler sagen, vor dem (angenommenen Urknall) muss es noch etwas gegeben haben, nämlich ein Gesetzespaket.
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237 Handwörterbuch…  
238 Köstliche Perle Mose 3: 5 u 7 
239 Arbeitskreis „Kirche und Israel in der Evangelischen Kirche Hessen …“


8.1.5 Schöpfungstage umfassen Weltperioden

Origenes sagt: „Die sechs Schöpfungstage werden als Weltperioden verstanden.“ (240)
Joseph Smith bestätigt: „Die sechs Schöpfungstage sind Zeiten.“ (241)
Der in der ‚mormonischen’ Zusatzschrift „Köstliche Perle“ niedergeschriebene Satz:
„Und die Götter hatten acht über die Dinge, denen sie befohlen hatten, bis sie gehorchten“ (242) scheint ein Hinweis auch auf die biologische Evolution zu sein.
Sehr wahrscheinlich nahmen wir sogar am Schöpfungsprozess aktiv teil. Warum nicht? Kinder werden von guten Eltern immer angemessen in Pläne der Eltern einbezogen. Bemerkenswert sind in diesem Zusammenhang die Arbeiten des Freiherrn von Huene: „Phylogenie der niederen Tetrapoden“ 1956 und von Nobelpreisträger Manfred Eigen. (243) Beide Forscher sprechen, 120 bzw. 140 Jahre nach Joseph Smith, vom Prinzip der „gerichteten Evolution“. Sehr vereinfacht gesagt: das jeweilige Ergebnis der Evolution wurde von Gott zuvor festgesetzt. Das eröffnet uns ungeahnte Perspektiven zur Harmonisierung von Glauben und Vernunft.
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240 Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft ... Mohr - Siebeck, 3. Auflage 
241 Abraham 4: 19
242 Köstliche Perle Abraham 4: 18 Das Zitat lässt den Schluss auf die Evolution als Arbeitsweise Gottes zu. Manfred 
243 Manfred Eigen „Das Urgen“, Festschrift


8.1.6 Sündenfall fand in nichtirdischer Sphäre statt

bei Origenes ist der (Sünden-)Fall das bewusste Fortgehen der Geister aus dem Vaterhaus. Der Fall fand folglich nicht unter irdischen Zuständen statt, sondern die irdischen Zustände sind Folgen des Falles:
„Die körperliche Welt ist durch den Fall der Logika (der Geister) verursacht.“ (244)
Auch laut Joseph Smith fand der Fall in der Geisterwelt statt: „Hades ‚griechisch’, oder Sheol ‚hebräisch’ bedeuten ‚eine Welt von Geistern’. Hades, Shoel, Paradies ... unter allem ist dasselbe zu verstehen: die Welt der Geister.” (245)
(„Der Garten von Eden“, scheint eine Zwischenwelt gewesen zu sein.)
‚Die Welt, in der wir jetzt leben’, besteht aus Gegensätzen, die es im Garten von Eden nicht gab! Der Mensch musste also die Welt der Gegensätze (Leid und Freude) erst kennen lernen. Das Essen der Frucht vom Baum der Erkenntnis war kein sexuelles Vergehen, weil die Menschen noch keinen Körper aus Fleisch und Blut hatten. Um zu wissen, muss man erfahren. Eigentlich stellt diese Aussage keine Denkschwierigkeit dar.
Joseph Smith, bzw. das Buch Mormon erklärt das logisch einleuchtend: Um Glück zu erfahren musst du leidensfähig sein, deshalb war der Fall notwendig – nicht allerdings die Auflehnung!
„Gott gewährt dem Menschen, selbständig zu handeln. Der Mensch könnte aber sein Handeln nicht selbst bestimmen, wenn er nicht von dem einen oder dem anderen angezogen würde.” (246)
Aus gutem Grund haben wir keine Erinnerung an unser früheres Dasein.
„Es ist genau dieser Blick und dieses Leiberleben, das den in die Seinsvergessenheit (Phaidros 250a) gefallenen irdischen Menschen zurückholen soll in die Erinnerung an die überhimmlische Heimat der Seele.“ (247)
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244 Handwörterbuch … 
245 Lehren des Propheten Joseph Smith, erste deutsche Auflage 246 Buch Mormon 2. Nephi 2 
247 Hartmut Böhme “Natur und Subjekt“


8.1.7 Selbst Gott erlaubt sich nicht unseren WILLEN zu brechen

Origenes lehrte ohne Wenn und Aber:
„Der Schöpfer gewährte den Intelligenzen, die er schuf, willensbestimmte, freie Bewegungen, damit in ihnen eigenes Gut entstehe, da sie es mit ihrem eigenen Willen bewahrten… durch die Kunst seiner Pädagogik wird Gott (seine Geschöpfe) doch noch dazu bringen, dass sie dem Guten beständig anhängen.... Gottes Pädagogik und der freie Wille der Logika, den Gott durch Erziehung fördern und nicht durch Zwang vergewaltigen darf, sind die eigentlichen Pole des origenistischen Systems.“ (248)
Da liegt der eigentliche Grund, weshalb orthodoxe Christen „Mormonismus“ ablehnen. Es gäbe gar kein orthodoxes Christentum, wenn Männer wie Ambrosius von Mailand nicht so entschieden auf die Kaiser ihrer Zeit eingewirkt hätten: Sie müssten das allen Menschen von Gott gewährte Menschenrecht auf Entscheidungsfreiheit eliminieren.
Joseph Smith hingegen lehrte, dass Gewaltanwendung zur Durchsetzung selbst guter Absichten teuflisch ist. Jede Person die jemals im Besitz priesterlicher Legitimationen war, verliert ihr Vorrecht, wenn sie „...auch nur im geringsten Maß von Unrecht irgendwelche Gewalt, Herrschaft oder Nötigung auf die Seele der Menschenkinder ausüb(t) – siehe dann ziehen sich die Himmel zurück, der Geist des Herrn ist betrübt, und wenn er weggenommen wird, dann ist es mit dem Priestertum oder der Vollmacht des Betreffenden zu Ende.” (249)
Niemals wird Christus Zwangschristianisierungen legitimieren, eben deshalb auch keine Säuglingstaufen. Niemals wird er Resultate anerkennen, die durch Lug, Betrug oder Zwang der Umstände zustande kamen.
Wir werden immer mit den Unterlegenen fühlen, weil wir das göttliche Erbe der Freiheitsliebe in uns tragen. Es lässt sich auf die Dauer nicht unterdrücken.
Im Buch Mormon wird die Freiheitsliebe auch als Ausdruck des Geistes Gottes verstanden. (250)
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248 Handwörterbuch ... 
249 Lehre und Bündnisse Abschn. 121: 35-40 
250 Alma 61: 15


8.1.8 Gnade folgt der aufrichtigen Reue – Gott erwartet unser Guttun

Origenes „Gnadenlehre ist synergistisch. Zwar sind alle Geschöpfe ganz auf Gott angewiesen, eigene Anstrengungen werden durch seine Gnade weit überwogen. Aber die Vorsehung hat alle Regungen des freien Willens von Ewigkeit her vorausgesehen und eingeplant, und sie werden gerecht vergolten.“ (251)
Joseph Smith lehrt:
„Wir wissen, dass Rechtfertigung durch die Gnade unseres Herrn und Erretters Jesus Christus gerecht und wahr ist, und wir wissen auch, dass Heiligung durch die Gnade unseres Herrn und Erretters wahr und gerecht ist - für alle diejenigen, die Gott lieben und ihm dienen mit aller Macht, ganzem Sinn und aller Kraft.“ (252) „Wenn die Menschen Gutes tun, werden sie ihres Lohnes keineswegs verlustig gehen.“ (253)
Völlig anders klingen für die Ohren eines Mormonen lutherische Formulierungen. Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage weist die Gnadenlehre der EKD indirekt als grundfalsch zurück. Evangelische Lehre widerspricht den Forderungen die Christus, nicht nur in der Bergpredigt, erhob. Der Satz
"Wir werden umsonst erlöst... Rechtfertigung geschieht allein aus Gnade... sola gratia"
ist unchristlich, sogar unpaulinisch. Er schwächt den freien Willen, den Jesus permanent ansprach. Die „Gnade Christi“ wird hier zur Billigware deklassiert.
Nicht umsonst unterschlägt die sogenannte „Gemeinsame Erklärung“ von 1999 - die sich auf einige missverständliche Paulusaussagen konzentriert - den Hauptsatz des Apostel Paulus:
„Irret euch nicht, was der Mensch sät, das wird er ernten.“ (254)
Diesem Prinzip muss mehr Aufmerksamkeit, der „Erklärung“ dagegen, deren gute Absicht niemand bestreitet, mehr Kritik gewidmet werden.
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251 Handwörterbuch… 
253 Lehre und Bündnisse 58: 28 1
254 Galaterbrief 6: 17.


8.1.9 Das Gefängnis Hölle ist ewig, der Aufenthalt darin aber endlich

Besonders mit seiner Lehre vom Zweck der Hölle steht - oder stand (?) -Origenes in der Kritik großkirchlicher Theologie: Origenes sagt:
„Gottes Pädagogik hilft (im Prozess der vorgesehenen Vervollkommnung seiner Kinder) „durch das Läuterungsfeuer im Hades nach. Es erscheint in der Bibel als ewige Verdammung, es besteht jedoch in einer zeitlich begrenzten, qualvollen Gewissenspein.“ (255)
Joseph Smith zitiert Gott:
„Gewiss muss jeder Mensch Umkehr üben oder leiden, denn ich, Gott, bin endlos, darum nehme ich die Urteile, die ich sprechen werde, nicht zurück... doch steht nicht geschrieben, dass diese Qual kein Ende haben wird, sondern es steht geschrieben endlose Qual...., ewige Strafe ist Gottes Strafe.“ (256)
Es ist sonderbar widersprüchlich dieses oben erwähnte lutherische Gnadenverständnis und seine gleichzeitige Gnadenlosigkeit mit den „Verworfenen“, die angeblich den ewig dauernden Höllenqualen nicht entrinnen können, so das protestantische Augsburger Bekenntnis.
„Auch wird gelehrt, dass unser Herr Jesus Christus am Jüngsten Tag kommen wird, um zu richten und alle Toten aufzuerwecken, den Gläubigen und Auserwählten ewiges Leben und ewige Freude zu geben, die gottlosen Menschen aber und die Teufel in die Hölle und zur ewigen Strafe verdammen wird. Deshalb werden die verworfen, die lehren, dass die Teufel und die verdammten Menschen nicht ewige Pein und Qual haben werden.“ (257)
Wir wissen aus Berichten unserer Missionare, dass evangelische Geistliche noch im 21. Jahrhundert ihre Mitglieder vor den „Mormonen“ warnen. Wer sich dieser Sekte anschließe, der falle von der Gnade Christi d.h. der sei, Ewigkeiten hindurch, verdammt. Wer hingegen Gebote Christi missachte, (Pecca fortiter) aber Kirchensteuer zahle der wird in Gnaden angenommen. Seit Athanasius Zeiten predigten gewisse Geistliche die Verurteilung derjenig
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255 Handwörterbuch… 
256 Lehre und Bündnisse 19: 6 + 11, Buch Mormon, Alma 36: 13-21
257 XVII. Artikel des Augsburgischen Bekenntnisses

Sie hätten ewige Höllenqualen im ewig brennenden Feuer zu erleiden. Weil sie allmählich die Unvereinbarkeit ihrer eigenen Glaubensätze erkannten mieden protestantische Gruppen die „Idee“ von der Hölle nach und nach, dann ganz und gar. Sie schütteten sozusagen das Kind mit dem Bade aus, fielen von einem Extrem ins andere.
Das Konzil zu Florenz formulierte noch 1440: „Die Seele derjenigen, welche in der Erbsünde aus dem Leben scheiden, fahren zur Hölle herab, auch die kleinen ungetauften Kinder.“ Erst im 21. Jahrhundert milderten Päpste solche Sätze absoluter Grausamkeit. Aber man bedenke die Seelenqualen liebender Eltern deren Kind auf dem Weg zur Taufe verstarb – Jahrhunderte hindurch. Aus der Erinnerung zitiere ich die Summe verschiedener Aussagen von Christen:
Hölle sei die „unendliche und ewige Ferne von Gott ... jeder der nicht an Christus glaubt, wird ewig leiden müssen. Das ist auch dann der Fall wenn der Mensch diesen Glauben nicht annehmen konnte, weil er vor Christus lebte oder nichts von ihm gehört hatte.“
Ähnliches für bare Münze nehmen zu können, setzt einen gewissen psychischen Defekt voraus. Ersannen Männer wie Augustinus die Lehre von der Erbsünde, die bekanntlich schlimme Resultate zeitigte, um die Eltern moralisch unter Druck zu setzen? „Was für ein Gott ist das?“, fragten sich nicht nur die Humanisten. Demgegenüber steht im Buch Mormon geschrieben:
„Höre das Wort Christi, deines Erlösers, deines Herrn und Gottes: siehe, ich kam in die Welt, nicht um die Rechtschaffenen zur Umkehr zu rufen, sondern die Sünder; die Gesunden brauchen keinen Arzt, sondern die, die krank sind; kleine Kinder aber sind gesund, denn sie sind nicht fähig, Sünde zu begehen; darum ist in mir der Fluch auf Adam von ihnen genommen, so dass er keine Macht über sie hat; und das Gesetz der Beschneidung ist in mir abgeschafft...es ist ein feierliches Gespött vor Gott, wenn ihr kleine Kinder tauft... wenn man die Barmherzigkeit Christi und die Macht seines Heiligen Geistes leugnet und Vertrauen in tote Werke setzt.“ (258)
Nicht die des Christus, sondern die Sol Invictus-Theologie setzt allerdings die Grausamkeit Gottes voraus.
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258 Moroni 8

8.1.10 Alle Menschen werden einmal – unterschiedlich – selig

Origenes Lehre von der Allversöhnung (apokatastasis) hat ihre Entsprechung in der Offenbarung, die Joseph Smith und Sidney Rigdon am 14. Februar 1832 empfangen haben. Sie sahen, dass es drei große Grade der Herrlichkeit gibt.
„Der Glanz der Sonne ist anders als der Glanz des Mondes, anders als der Glanz der Sterne“, sagte bereits Paulus, mit Blick auf die Vollendung des Heils bei der Auferstehung.
Joseph Smith empfing eine Offenbarung die das bestätigt:
„Und so sahen wir die Herrlichkeit der Celestialen, die alles übersteigt - wo Gott, nämlich der Vater, auf seinem Thron für immer und immer regiert, vor dessen Thron sich alles in demütiger Ehrfurcht neigt und seine Herrlichkeit anerkennt für immer und immer. Diejenigen, die in seiner Gegenwart wohnen, sind die Kirche des Erstgeborenen... denn sie haben von seiner Fülle und seiner Gnade empfangen; und er macht sie an Macht und Kraft und Herrschaft gleich. Und die Herrlichkeit der Celestialen ist eine eigene, ja, wie die Herrlichkeit der Sonne eine eigene ist. Und die Herrlichkeit der Terrestrialen ist eine eigene, ja, wie die Herrlichkeit des Mondes eine eigene ist. Und die Herrlichkeit der Telestialen (der Gottfernen) ist eine eigene, ja wie die Herrlichkeit der Sterne eine eigene ist... so verschieden wie ein Stern vom anderen an Herrlichkeit ist, so ist auch der eine vom anderen in der telestialen Welt verschieden... es sind die Lügner und Ehebrecher... das sind diejenigen die die Vergeltung durch ewiges Feuer erleiden. Das sind diejenigen, die in die Hölle hinabgestoßen werden, und den Grimm Gottes, des Allmächtigen, erleiden bis hin zu der Zeiten Fülle, nämlich, wenn Christus sich alle Feinde unter die Füße getan und sein Werk vollendet hat.“ (259)
Selbst die Höllischen werden einmal ein Reich für uns nicht vorstellbarer Herrlichkeit erben! Was nicht ausschließt, dass es einige gibt die sich allem Guten widersetzen und dem zufolge bar aller Herrlichkeit sein könnten.
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259 Lehre und Bündnisse 76

8.1.11 Am Ende einer von Gott gesetzten Periode muss jeder Rechenschaft ablegen

Origenes:
„Alle Logika werden am Ende jeder Weltperiode einem ... Weltgerichtstag unterworfen, wobei einem jeden alle begangenen Sünden schlagartig ins Bewusstsein gerufen werden.“ (260)
Joseph Smith:
„…wir werden eine vollkommene Kenntnis all unserer Schuld und unserer Unreinheit und Nacktheit haben, und die Rechtschaffenen werden eine vollkommene Kenntnis ihrer Freude und ihrer Rechtschaffenheit haben, denn sie sind mit Reinheit bekleidet, ja mit dem Mantel der Rechtschaffenheit.“ (261)
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260 Handwörterbuch… 
261 Buch Mormon 2. Nephi 9: 14


8.1.12 Gebete nur an den Vater gerichtet

Origenes:
„Eigentlicher Gegenstand der Anbetung soll nur der Vater sein, alle Gebete sind aber „durch den Sohn“ als Hohenpriester an ihn zu richten.“ (262)
- Joseph Smith:
„Alle Gebete sind an Gott den ewigen Vater im Namen Jesu Christi zu richten.“ (263)
Diese Praxis wird in Großkirchen selten, in der Kirche Jesu Christi ständig geübt.
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262 Handwörterbuch… 
263 Epheserbrief 5: 20


8.1.13 Der Heilige Geist ist eine Gottheit aus purem Geist, der heilige Geist (kleingeschrieben) ist der Geist oder das Licht Christi

Origenes:
„Der heilige Geist geht offenbar ewig aus dem Sohn hervor... seine Funktionen erstrecken sich nur auf die Heiligung und Erleuchtung...“ (264)
Joseph Smith beruft sich auch hier auf den Text des Buches Mormon:
„Denn siehe, jedem Menschen ist der Geist Christi gegeben, damit er Gut von Böse unterscheiden könne... alles was einlädt Gutes zu tun und dazu bewegt, dass man an Christus glaubt, geht von der Macht und Gabe Christi aus...“ (265)
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264 Handwörterbuch… 
265 Moroni 7: 16 und Lehre und Bündnisse 88: 67: „... wenn euer Auge nur auf (Gottes) Herrlichkeit gerichtet ist, so wird euer ganzer Körper mit Licht erfüllt werden, und es wird keine Finsternis in euch sein; und wer ganz mit Licht erfüllt ist, erfasst alles.“

8.1.14 Der Heilige Geist

Origenes:
„Nur „die Heiligen“ im Himmel und der Erde haben am Heiligen Geist Anteil.“ (266)
- Joseph Smith erhielt im Dezember 1830 die Offenbarung 35; im 6. Vers heißt es:
„Ich (Gott) gebe dir das Gebot mit Wasser zu taufen und sie (die Getauften G.Sk.) sollen den Heiligen Geist durch das Händeauflegen empfangen, wie es vorzeiten bei den Aposteln war…“
Die Gabe des Heiligen Geistes wird nach der Taufe durch Untertauchung denen gespendet, die Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage werden. ((
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266 Handwörterbuch

8.1.15 Es gab zwar ein Vorherdasein – doch Reinkarnation wird urkirchlich ausgeschlossen
Origenes:
„Von der Seelenwanderungslehre grenzt Origenes sich einmal dadurch ab, das er nur eine Inkorporation nach dem Fall und bloße Verwandlung eines wenigstens im Grunde gleichbleibenden Leibes lehrt... ferner bestreitet Origenes dass Vernunftseelen sich in Tier- und Pflanzenseelen verwandeln. Mit Hilfe seiner Seelenwanderungslehre kann Origenes die scheinbaren Ungerechtigkeiten der Vorsehung als Vergeltung für das frühere Verhalten der Seelen erklären...“ (267)
Origenes und Joseph Smith wissen anscheinend, dass die Seelen vor ihrer Erschaffung als (Intelligenz-keime?) vorhanden sind. Dann – als nächste Stufe der Entwicklung - haben sie ein Leben als Logika oder Geister, dort gab es Bewegungen und Entwicklungen, ‚Wanderungen’, die nicht näher beschrieben werden, die aber Einfluss darauf haben, in welche Verhältnisse wir in sterbliche Körper geboren werden, Dann ‚wandern’ wir nach dem Tod in die Geisterwelt, ‚wandern’ dann in höhere Bereiche usw., je nach unserem Bemühen, aber wir gehen nicht zurück.
Joseph Smith lehrte unmissverständlich:
„Nur eine Inkorporation!“ (268)
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267 Handwörterbuch… 
268 Bruce R. McConkie „Mormon Doctrine“: „It is appointed unto man to be borne, ‚once to die’ Hebrew 9: 27, ‚once to be resurrected’ Book of Mormon: Alma 11: 45; 12:18; Doctrine and Covenant 63:49

8.1. 16 Das Werk für die Verstorbenen

Origenes führt in Homilie zu I Reg 28 aus:
„dass Mose, Samuel und alle Propheten in den Hades hinabgestiegen sind und dort gepredigt haben.“ (269)
Das erinnert uns an jene Passage in der Bibel:
„Christus... wurde dem Fleisch nach getötet, dem Geist nach lebendig gemacht. So ist er auch zu den Geistern gegangen, die im Gefängnis waren, und hat ihnen gepredigt. Diese waren einst ungehorsam, als Gott in den Tagen Noahs geduldig wartete...“ (270)
Joseph Smith:
„ ...was vernehmen wir in dem Evangelium, das wir empfangen haben? Eine Stimme der Freude! Eine Stimme der Barmherzigkeit vom Himmel... frohe Nachricht für die Toten.“ (271)
„Ich nahm wahr“, sagt Joseph Fielding Smith, Präsident der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage von 1901-1918, über seine Vision sprechend, die er am 3. Oktober 1918 erhielt
„dass der Herr nicht in eigener Person zu den Schlechten und Ungehorsamen, die die Wahrheit verworfen hatten, hinging, um sie zu belehren, sondern siehe, aus den Reihen der Rechtschaffenen stellte er seine Kräfte zusammen, und er bestimmte Boten, ausgestattet mit Kraft und Vollmacht, und gab ihnen den Auftrag, hinzugehen und das Licht des Evangeliums denen zu bringen, die in der Finsternis waren, ja zu allen Menschengeistern; und so wurde den Toten das Evangelium (die frohmachende Botschaft) gepredigt...“ (272)mmmmm Nun erhält die Aussage Jesu einen neuen Sinn, „Er hat mich gesandt ... damit ich den Gefangenen die Entlassung verkünde.“ (273)
Es ist keineswegs „mormonenspezifisch“, ein „Werk für Verstorbene“ zu tun. Katholische Seelenmessen u.a. Elemente der Lehre und Liturgie weisen 
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269 A. von Harnack, Lehrbuch der Dogmengeschichte 1. Bd. 
270 1. Petrusbrief 3, 18-20 
271 Lehre und Bündnisse Abschnitt 128: 19 194 
272 Lehre und Bündnisse 138: 29-30 
273 Lukas 4: 14-22


deutlich auf eine ursprüngliche Gemeinsamkeit hin. In Gedanken können wir sehen, wie Martin Luther, als er 1510 in Rom weilt, auf jeder Stufe der Pilatustreppe stehen bleibt, um ein ‚Vater-unser’ für seine verstorbenen Vorfahren zu sprechen, „denn es war die Meinung, wer so bete, würde eine Seele erlösen.“ (274) 
Marcus von Wellnitz bespricht in seinem Werk: „The Catholic Liturgy and the Mormon Temple“ zumindest auf den ersten Blick weitere nicht zu erkennende Gemeinsamkeiten, die rudimentär in allen Großkirchen vorhanden sind.
Jesus kam eben trotz seiner revolutionären Aussagen keineswegs als politischer Revolutionär; die Freiheit, die er brachte, müssen wir uns in gewisser Weise verdienen, indem wir sie würdigen.
Mit Gott können wir ein Bündnis eingehen. Der Weg dahin ist die Taufe auf seinen Namen. Aber es kann sich nur um ein Bündnis bewusst handelnder Personen handeln, das zudem auf die von Gott bestimmte Weise vollzogen werden muss. Sonderbar! Jeder weiß, dass „Taufe“ das unrichtige Wort für das im griechischen Grundtext stehende baptezein = untertauchen ist. Lediglich das nebulöse Wort „Taufe“ lässt die Sinnwidrigkeit der „Beträufelung“ zu. In den griechisch-russisch orthodoxen Kirchen werden zwar Kleinstkinder getauft, aber untergetaucht.
Im berühmten Berliner Dom sieht der Besucher in der Taufkapelle ein ähnliches Gemälde. Jesus steht knöcheltief im Fluss und wird beträufelt... Jeder weiß, so war es nicht! Jesus stieg nicht in den Jordan, um sich ein Schälchen Wasser über das Haupt gießen zu lassen, als Symbol und Aufforderung für uns, einen neuen Anfang zu wagen, ein Begraben des Alten und ein Hervorkommen in Reinheit.
Es ist zudem zweierlei, ob man als Kleinstkind, also im Zustand der Ohnmacht und der Unschuld, besprengt oder als schon bewusst handelnder und somit schuldfähiger Mensch buchstäblich untergetaucht wird, um frühere, jedoch bereute Sünden ganz und gar abzuwaschen. Jakobus definiert „Sünde“ als bewusstes Nichttun des Guten!
„Dem der weiß Gutes zu tun und tut es nicht dem ist es Sünde.“ (275)
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274 Fliedner-Caspar-Muetzelfeld, Evangel. Religionsbuch III, für Knabenschulen
275 Jakobus 4: 17


Kindern unter acht Jahren rechnet Gott ihre Sünden nicht zu. Sie zu taufen hat nur eine statistische Funktion, allerdings eine bedeutende.
Wir sind Gottes Kinder - Intelligenzen -, die er trotz ihrer Mängel liebt. Wir sind allesamt in Gottes Augen kostbare Seelen. Er kann uns jedoch nicht helfen, es sei denn, wir bitten ihn darum. Dem haben wir in unserem Vorherdasein zugestimmt. Wir sind wirklich frei! Doch, wir müssen diese Freiheit von Herzen verteidigen, indem wir tun, was Gott uns zu tun rät und wir müssen die Taufe als Gleichnis der Reinwaschung wählen. Das ist nach unserem Ableben unsererseits nicht mehr möglich. Deshalb vollziehen Mormonen in ihren Tempeln stellvertretende Taufen (zugunsten der Verstorbenen) die solange keine Bedeutung erlangen wie der Empfänger sie ablehnt. Es ist eine üble Behauptung gewisser Kritiker, die das Gerücht in die Welt gesetzt haben, die Kirche Jesu Christi der HLT vereinnahme auf diese Weise Seelen, bzw. sie versuche das. Die Namen der Verstorbenen zu deren Gunsten, wie wir glauben, die Verordnungen stellvertretend vollzogen wurden erscheinen lediglich im Internationalen Genealogischen Index (IGI) um eventuellen Doppelaufwand zu vermeiden.
Die meisten dieser hier erwähnten sechszehn wunderbaren Lehren wurden mit und nach dem 1. ökumenischen Konzil zerstört. Niemand jedoch hatte jemals das Recht am Lehrgebäude der originalen Kirche herumzupfuschen.
Nun wird jeder Nachdenkliche einwenden, aber wie sieht es aus mit Joseph Smith der sich herausnahm Bibeltexte zu ändern?
Rufen wir einen kompetenten Fachmann als Zeugen auf, den evangelischen Exegeten Prof. Dr. Heikki Räisänen. Er gehört zu den wenigen die es unternahmen die Eingriffe Joseph Smiths näher und mit den zur Verfügung stehenden Mitteln, unter die Lupe zu nehmen.

9. Joseph Smith wagte es Bibeltexte zu korrigieren

Dr. theol. Heikki Räisänen, Spezialgebiet Exegese des Neuen Testaments und Forschungsprofessor der Akademie von Helsinki, Finnland verfasste den entschieden zu wenig beachteten Artikel der im Februar 1984 in der "Theologischen Literaturzeitschrift" 109. Jahrgang erschien:
Heikki Räisänen
Prof Raisänen beschäftigte sich mit der Frage, wie - aus theologisch-großkirchlicher Sicht - die Korrekturen zu werten sind, die Joseph Smith an Bibeltexten vornahm. Die Einschübe oder Textänderungen sind als Inspirierte Version bekannt. (Inspired Version)
Immer wieder attackieren uns außenstehende Christen, Geistliche oder auch einfache Gläubige, Joseph Smith hätte die Bibel geändert. Das ist zwar zutreffend, aber bevor sich jemand negativ äußert, möge er bedenken wovon die Rede ist. Räisänen sagt nach einer kurzen Einleitung:
„Das Wort Gottes kann keine Widersprüche enthalten. Wo Joseph Smith Widersprüche entdeckt, gleicht er sie aus. Viele seiner Harmonisierungsmaßnahmen sind heute noch aus Werken großkirchlicher Fundamentalisten bekannt. Der Unterschied ist nur, dass Smith sich nicht mit einer harmonisierenden Auslegung begnügt, sondern den Bibeltext selbst verbessert.“
Räisänen benutzt tatsächlich den Begriff: "verbessert". Das ist zunächst verblüffend, denn, die Frage ob man die Bibel verbessern kann oder nicht, ist eigentlich mit einem klaren Nein zu beantworten. Hier wäre der Ansatz zu destruktiver Kritik gegeben, doch das Gegenteil ist der Fall.
Um das zu belegen, greifen wir aus der Fülle der Fallbeispiele, die der finnische, evangelische Theologe bringt, einige heraus. Räisänen verweist beispielsweise
auf den: „theologisch wichtigen Widerspruch, der zwischen den Angaben des Exodus über den Umgang Moses (und anderer) mit Gott und der kühnen Behauptung von Joh: 1:18 besteht, niemand habe je Gott gesehen. Während großkirchliche Auslegung geneigt ist, die alttestamentlichen Aussagen abzuschwächen, geht Smith, dem die Diskrepanz nicht entgangen ist, den umgekehrten Weg und korrigiert den johanneischen Text. Joh 1: 19 lautet (in der Inspired Version von J. Smith) also: „Niemand hat Gott je gesehen, außer demjenigen, der über den Sohn Zeugnis abgelegt hat.... auch das klassische Problem des Gottesnamens, der lt. Exodus 6: 3 erst dem Mose offenbart wird, während er doch bereits in der Genesis gebräuchlich ist, löst Joseph Smith... indem er aus dem Satzende eine rhetorische Frage macht: „and was not my name Jehova known unto them?“...
Einer der schwierigsten Anstöße für konservative Bibelauslegung ist die unerfüllte Naherwartung. Auch in diesem Fall vertritt Smith eine Deutung, die heute noch in großkirchlichen Konservativismus gang und gäbe ist; der Unterschied ist wieder einmal der, dass er den Text selbst im Sinne der Auslegung ändert. Die Aussage, dieses Geschlecht werde nicht vergehen, bevor alles geschehen sein wird. Matth: 24: 34 wird verbessert: „This Generation, in which these things shall be shown forth, shall not pass away, until all I have told you shall be fulfilled“ dem entsprechend sagt Jesus (bei Joseph Smith) in Matth: 24: 42 nicht „ihr seht dies:“ sondern „meine Erwählten... werden sehen."
Der Rat, dass der Ehemann sein soll als hätte er keine Frau, wird auf die Missionslage durch den Zusatz bezogen: „for ye are called und chosen to do the Lords work“ Konsequenterweise wird festgehalten, dass Jesus nicht am Ende der Tage auf Erden erschienen ist, sondern in der Mitte der Zeit“ z.B. Genesis 6: 60 in der Inspired Version....
Die vielleicht auffälligste Neuerung von allen ist die, dass Smith die Menschheit vom Uranfang an über die Ankunft des Messias Jesus am genauesten unterrichtet sein lässt. Die künftige Heilsgeschichte ist ihr von den frühesten Tagen bekannt... Der mormonische Kommentator Matthews bemerkt dazu: Da die frühen Patriarchen das Evangelium hatten und seinen Vorschriften gehorchten, ist es offenbar, dass der Plan der Erlösung konstant ist und durch die Geschichte der Welt hindurch derselbe gewesen ist. „Dies ist nicht so offenbar in der King James Version! „In der Tat nicht! Bei aller Naivität der Lösung sollte zugestanden werden, dass Joseph Smith hier seinen Finger auf ein wirkliches Problem, auf einen heiklen Punkt in der Heilsgeschichte gelegt hat. Wie steht es eigentlich mit Gottes Plan, wenn mit Christus ein neuer Heilsweg eröffnet worden ist, von dem die Alten noch nichts wussten? War den früheren Generationen ein echter Heilsweg offen, etwa in der Form der Buße und der freudigen Annahme des göttlichen Gesetzes? Wenn nicht, hat dann Gott nicht die alttestamentlichen
Frommen irregeführt, indem er ihnen ein Gesetz gab, das das Leben verheißt (z.B. Lev 18: 5) und keinen Hinweis auf seine eigene Vorläufigkeit erhält? Räisänen verweist dann auf den 1. Clemensbrief indem auch von dort her Joseph Smiths Linie bestätigt wird: „Clemens versichert, Gott habe von Ewigkeit her alle Menschen auf dieselbe Weise gerechtfertigt, und zwar durch den Glauben... er habe von Geschlecht zu Geschlecht denjenigen Gelegenheit zur Buße gegeben, die sich ihm zuwenden wollten“ … Mit der Kontinuität der Heilsgeschichte hängt es ferner zusammen, dass Smith die paulinische Rede vom Gesetz als Ursache der Sünde oder von seiner sündenvermehrenden Funktion abschwächen muss... auch diesmal befindet Joseph Smith sich in guter Gesellschaft.... Bei der Umgestaltung (einiger Passagen bei Paulus) bringt (Joseph) Smith ein erstaunliches Maß an Scharfsinn auf, mehrfach entsprechen seine Beobachtungen im Großen denen moderner Exegeten... Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass Joseph Smith durchgehend echte Probleme erkannt und sich darüber Gedanken gemacht hat... Wie durch ein Vergrößerungsglas lassen sich (bei Joseph Smith) die Mechanismen studieren, die in aller apologetischer Schriftauslegung am Werke sind; die zahlreichen Parallelen zum heutigen Fundamentalismus aber auch zur raffinierten Apologetik etwa der Kirchenväter sind hochinteressant...“
Räisänen fasst schließlich zusammen:
„Mit diesen Beispielen aus den Werken Joseph Smiths, sowie aus der neueren Literatur über den Mormonismus hoffe ich hinreichend angedeutet zu haben, dass eine ernsthafte Beschäftigung mit den Werken des Mormonismus eine lohnende Aufgabe nicht nur für den Symboliker und den Religionswissenschaftler ist , sondern auch für den Exegeten und den Systematiker. Der um Fairnis bemühte Forscher kann ihnen den Wert als in ihrer Zeit und Umgebung als sinnvolle Neuinterpretation der religiösen Tradition gar nicht so leicht absprechen…“ (276)
Um Ratschläge wie diese klar als wertvoll zu belegen entstand diese Studie.
Unwiderleglich wird hier aus den Resultaten internationaler Geschichtsforschung vielerseits, meist indirekt erklärt, dass der verfemte "Mormonismus" nicht mehr und nicht weniger ist, als das Spiegelbild der Frühkirche, in all ihren Facetten und Details. Wer „Mormonismus“ ablehnt, lehnt weithin die Urkirche ab.
„Aber, wird der Sektenkundler einwenden, Mormonismus“ mag zwar zufällig gewisse Ähnlichkeiten mit dem Original aufweisen, seine Erlaubnis der Vielweiberei entlarvt ihn, stempelt ihn als inakzeptabel ab. Wirklich?
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276 Heikki Räisänen, „Joseph Smith und die Bibel“


10. Sonderlehren
10.1 Erlaubte Christus Polygamie?

In der Polygamie geht es vorrangig um Kinder, Vielweiberei dagegen bedeutet, dass Sex im Vordergrund steht. Vielweiberei (und Vielmännerei) ohne Trauschein war in der Umwelt damaliger „Christen“ recht häufig. Das gab es zu allen Zeiten auch unter den Christen in den eigenen Reihen, nicht so bei den Mormonen. Dort wird sie mit Exkommunikation geahndet. Es gab vor allem jüdische Polygamie, zumindest im aschkenasischen Raum, bis ins Jahr 1000 n. Chr. Wurde irgendwann davor eine polygam lebende jüdische Familie zum Christentum bekehrt, erwartete niemand, dass der Ehemann eine seiner Frauen verstieß. Paulus, ohnehin kein großer Befürworter der Ehe überhaupt, forderte nur, dass ein Bischof – einer der einer Gemeinde vorstand – in monogamer Beziehung steht:
„Es soll aber ein Bischof unsträflich sein, eines Weibes Mann…“ (277) … „Tertullian hebt hervor, dass die Katholiken das Gesetz der Monogamie nicht auf alle Christen ausdehnten, sondern nach dem Wortlaut der Pastoralbriefe auf die Hierarchie beschränkten... dass man Bigamie in den Ämtern duldete, obwohl ... dies nach der Ordination an den Tag gekommen war… Hippolyt (Bischof in Rom um 220) berichtet ausdrücklich, zu seiner Zeit, also wohl mit seiner Billigung seien Bischöfe, Priester und Diakonen, auch wenn sie mehre Male (polygam) geheiratet hätten, in ihre betreffenden Ämter eingesetzt wurden.“ (278) Der katholische Lehrbeauftragte am Institut für Philosophie der Universität Augsburg Dr. Ludwig Neidhardt verweist auf

1. 1. Kor 7: 29 („die Zeit ist knapp bemessen, künftig sollen diejenigen, die Frauen haben, so sein wie diejenigen, die keine haben“) der Ausdruck „Frauen haben“ (statt „eine Frau haben“) dürfte andeuten, dass damals Polygamie noch im Rahmen des Denkbaren lag.“ (279)

In Sachen Politik und Theologie meint nahezu jeder an diesen Themen Interessierte, er sei gescheiter als die meisten anderen. Die normale Forderung der Vernunft, niemand möge die Prinzipien der Logik, der
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277 1. Tim. 3:2 94 94 94 278 Dr. Langen “Die römische Kirche” 1881, im Internet vollständig abrufbar
279 „Ehescheidung in der Schrift und in der katholischen Theologie“

Wahrhaftigkeit und des Humanen verletzen, wird dabei zu oft ignoriert. Im Klartext oder umschrieben heißt es immer noch Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage hätten sich zu schämen, weil es in der Frühzeit der Geschichte ihrer Kirche polygame Ehen gab. Selbst höherrangige Journalisten prangern das Verständnis der damaligen Mormonen an und die angebliche „Schande“ ruhe immer noch auf den Schultern heutiger Mitglieder dieser Gemeinschaft. Als der Mormone Mit Romney 2012 ins Rennen um die Präsidentschaft in den USA gegen Barack Obama antrat, konnte man auch in seriösen deutschen Presseartikeln lesen: „Gegen Romney spricht, dass sein Urgroßvater ! Vielweiberei praktizierte“ schrieb damals „Welt-online unter dem Titel: „US - Wahlkampf „Vielweiberei könnte Romney gefährlich werden.“
Törichter geht es kaum! Niemand, außer aktiven Mormonen, empfindet Schlagzeilen wie diese, leider als diskriminierend. Man schmunzelt. Unter den zahlreichen Anklägern sind solche die es in stillen Kämmerchen ihrer Hirnwindungen für selbstverständlich halten oder hielten „gute Gelegenheiten“ für eine Affäre zu nutzen um zugleich auf mormonische Polygamie erhaben herabzublicken. Dass bei Wahrnehmung „guter Gelegenheiten“ allzu oft Versprechen gebrochen werden scheint nur eine Nebenrolle zu spielen, obwohl jeder das geradezu geflügelte Wort wenigstens sinngemäß kennt: Ein gebrochenes Versprechen ist ein gesprochenes Verbrechen.
Es mag Ausnahmen gegeben haben, aber wenn polygame Beziehungen geknüpft wurden, waren es vorerst die Beteiligten die da mitzureden hatten. Es handelte sich immer um mündige Bürger, auch wenn das geflissentlich übersehen wird. „JA, aber…“ erwidern nicht wenige selbsternannte Richter, insbesondere katholische und evangelische Pfarrer: „Polygamie und Christentum schließen einander aus.“
Ist das so? Man kann nur hoffen, dass es sich um begründete Ausnahmen handelt, wenn großkirchliche Pfarrer lediglich in eine andere Pfarre versetzt werden, nachdem sie das biblische Keuschheitsgebot wiederholt gebrochen hatten. Nach schwerem Kindsmissbrauch, auch wenn der nicht öffentlich wurde, dem zuständigen Vorgesetzten jedoch zu Ohren kam, müssten diese Verbrecher ihres Amtes enthoben werden, sogar exkommuniziert, wie das in solchen Fällen innerhalb der Kirche Jesu Christi der HLT geschieht. Zu oft wurden auf diese Weise arglose Menschen seelisch ruiniert. Sollte es auch nur annähernd wahr sein, dass die wissenden Verantwortlichen der Großkirchen grundsätzlich eine laxe Behandlung von Übertretern praktizieren, wäre es angebracht ihnen deutlich zu sagen, dass Jesus von seinen Anhängern verlangte die Heuchelei zu meiden: Schafft den Übeltäter aus eurer Mitte, entschied Paulus.
Eine evangelische Stimme sagt:
„Historisch gesehen - so behaupteten die Ethnologen des 19. Jahrhunderts - hätte es die Polygamie bis ins frühe Mittelalter hinein auch in Europa gegeben. Erst in der weiteren Kulturentwicklung monopolisierte sich die Einehe als Ideal und dann seit der Romantik auch als soziale Wirklichkeit heraus. Auch mit der "ehelichen Treue" ist es, zumindest historisch gesehen, nicht allzu weit her. Außereheliche Beziehungen galten bis weit in die Neuzeit hinein auch in der öffentlichen Meinung durchaus als normal und sie waren zumindest bis zum 17. Jahrhundert im Adel ein allgemeines Ideal; Mätressen waren teilweise hoch angesehen und einflussreich.“ (280)
„So wenig wie Liebe und Sexualität gehörten für Luther weder Treue noch Monogamie zur Ehe. Was die Treue betrifft so finden wir bei Luther z. B. den Hinweis, dass wenn die ehelichen Pflichten durch “ein halsstarrig Weib” verweigert werden, der Seitensprung legitim sei. Gleiches gilt für die Frauen, die zu ihrem Mann sagen können: “Lieber Mann, du hast mich um meinen jungen Leib betrogen, vergönne mir, dass ich mit deinem Bruder oder besten Freund eine heimliche Ehe habe.”(Zit. nach Beuys, a.a.O., S. 227) Und hinsichtlich der Forderung nach absoluter Monogamie konstatierte Luther, dass es besser sei, eine Bigamie oder Polygamie einzugehen als sich scheiden zu lassen; hier beruft sich Luther auf das Alte Testament“ (Vgl. W. Molinski, Theologie der Ehe in der Geschichte, S. 150f) (281)
Billy Graham, dem berühmten Gospelprediger der USA unserer Zeit, wird eine Stellungnahme zugeschrieben die erstaunlich wäre, wenn sie wie folgt lautete:
"Das Christentum kann sich der Frage nach der Polygamie nicht entziehen. Wenn das heutige Christentum dies dennoch tut, so ist dies zu seinem eigenen Nachteil und Schaden. Der Islam hat die Mehrehe als Lösung sozialer Missstände erlaubt und der menschlichen Natur Raum zur Entfaltung zu gestanden, allerdings nur streng innerhalb der 
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280 „Eine kurze Kulturgeschichte der Ehe.“ Gemeinschaftswerk der evangelischen Publizistik 2016 
281 G. Lämmermann „Hochzeitsnacht und Traualtar - Die Ehe im Wandel ihrer Geschichte“ Uni Augsburg

gesetzlich bestimmten Rahmenbedingungen. Christliche Länder sind mächtig stolz auf ihre Monogamie, aber praktisch sind sie Polygamisten. Niemand ist sich der Rolle nicht bewusst, welcher diese Abirrung in den westlichen Gesellschaften spielt. In dieser Beziehung ist der Islam eine grundehrliche Religion, und erlaubt einem Muslim eine zweite Frau zu heiraten, wenn er muss, doch verbietet strikt alle geheimen amourösen Liebesbeziehungen, um die moralische Verlässlichkeit innerhalb der Gemeinschaft zu gewährleisten." (282)
Arthur Schopenhauer formulierte es auf seine Weise:
„In Völkern, wo die Mehr-Ehe legal ist, wird es praktisch allen Frauen ermöglicht, zu einem Mann, Kindern und einem richtigen Familienleben zu kommen, was ihren seelischen Bedürfnissen entgegenkommt und ihre fraulichen Instinkte befriedigt. Unglücklicherweise haben die Kirchengesetze die Mehr-Ehe in Europa nicht gestattet und viele Frauen einem einsamen Altjungfernleben überlassen. Manche starben unbefriedigt; manche wurden von ihren heiligen Wünschen oder durch die Not, ihren Unterhalt zu verdienen, in die Unmoral getrieben; manche gingen mit schweren Skrupeln und gebrochenen Herzen zugrunde. Auch kann ich nicht verstehen, nachdem ich viel Nachdenken darauf verwendet habe, warum ein Mann, dessen Frau chronisch und unheilbar erkrankt ist, sich als unfruchtbar erweist oder kein lebendes Kind zur Welt bringen kann, nicht eine zweite Frau neben der ersten nehmen sollte. Die Antwort darauf liegt bei der Kirche. Leider hat sie keine. Gute Gesetze sind solche, die ein glückliches Leben gewährleisten, wenn man sie befolgt; nicht solche, die die Menschen unglücklich machen oder ihnen an Händen und Füßen Fesseln unnötiger Sklaverei anlegen oder die Menschen anstacheln, sie zu missachten und sich so in das entgegengesetzte Extrem der Verwahrlosung, Prostitution oder anderer Laster zu Stützen.“ (283)
Solche Betrachtungsweise gibt Joseph Smith Recht. Bereits wo der Begriff „Mormone“ auftaucht, da ist das Gespenst „Vielweiberei“ immer dabei, dass jedoch ausgerechnet das Buch Mormon Vielweiberei ein für alle Mal kategorisch verbietet, ist allgemein unbekannt. 
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282 Abdul Rahman Doi, Woman in Shari'ah, London: Ta-Ha Publishers, 1994 
283 Schopenhauer, „Einige Worte über die Frauen“

Jakob, einer der Söhne Lehis und Bruder Nephis erklärt, warum er inspiriert wurde zu sagen:
„David und Salomo hatten wahrhaftig viele Frauen und Nebenfrauen, und das war ein Gräuel vor mir spricht der Herr. Darum, so spricht der Herr, habe ich dieses Volk aus dem Land Jerusalem weggeführt, durch die Macht meines Armes, dass ich mir aus der Frucht der Lenden Josephs einen rechtschaffenen Zweig erwecke. Darum werde ich, der Herr Gott, nicht zulassen, dass dieses Volk es denen in alter Zeit gleichtut... kein Mann unter euch, soll mehr als nur eine Frau haben, und Nebenfrauen soll er keine haben, denn ich der Herr erfreue mich an der Keuschheit der Frauen. Hurerei ist ein Gräuel vor mir...“ (284)
Die naheliegende Frage lautet: und warum hielten sich die Mitglieder, insbesondere die leitenden Männer und Frauen der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage nicht an dieses Gebot? Wahrscheinlich lebten um 1858 mehr als 15 % der erwachsenen Mitglieder polygam, allen voran Brigham Young mit 26 Frauen, denen er damit auch Schutz gab.
Die überaus einleuchtende Erklärung für diese Paradoxie, ist dem folgenden, dem 30. Vers aus Jakob geschuldet:
„Denn wenn ich, der Herr der Heerscharen, mir Nachkommen erwecken will, so werde ich es meinem Volk gebieten, sonst aber soll es auf diese Worte hören.“
„Wenn der Herr der Heerscharen, sich Nachkommen erwecken will, so wird er es seinem Volk gebieten“ - und eben das geschah, sagen wir „Mormonen“. Doch von dieser Ausnahme abgesehen, lautet die Regel innerhalb der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzte Tage ungebrochen: „ein Mann eine Frau“.
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284 Buch Mormon, Jakob 2: 24-28


10.2 Gebotene Mehrehen

In der Frühzeit der restaurierten Kirche Christi, - um 1840 - trat unserer Überzeugung nach, die Ausnahmeregel in Kraft, weil es Sinn machte, dass alle aktiven Mitgliederfrauen Kinder zur Welt bringen, um der Gemeinschaft auf natürlichem Weg zu vermehrtem Wachstum zu verhelfen. Deshalb akzeptierten vor allem die starken Persönlichkeiten innerhalb dieser damals zahlenmäßig noch sehr kleinen Gemeinschaft, die Aussage ihres Propheten Joseph Smiths: Gott habe ihm den Grundsatz der „Patriarchialischen“ Ehe geboten. Das ist vor allem eine Glaubensfrage. Es ging auch um die soziale Sicherstellung verwitweter Mütter und Frauen. Es ging und geht um Kinder und um stabile Familienverhältnisse. Es ging und geht jedem überzeugten „Mormonen“ um den Aufbau Zions. Der Begriff „Zion“ wird in der Kirche Jesu Christi der HLT als Synonym für „Kirche“ verstanden, oder besser gesagt: Zion steht für „Neue und immerwährende Ordnung“. In dieser Ordnung soll es keine Ungleichen geben, weder Arme noch Unreine. Alles zielt darauf ab eine Basis zu bilden auf der das Haus bzw. die Kirche (griech. kyriake oikia) Gottes gebaut werden kann, in dem die Neue Gesellschaftsordnung gilt, in der die „Rechtschaffenen“ leben. In „Köstliche Perle“, einer Zusatzschrift der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage heißt es in Bezug auf die als Vorbild betrachtete Kirche des Enoch
„Und der Herr nannte sein Volk Zion weil sie eines Herzens waren und in Rechtschaffenheit lebten, weshalb es unter ihnen keine Armen gab.“ (285)
Zion und Unrecht sind Gegensätze. Kriege sind das Ergebnis von Ungerechtig-keiten, die wir im Rahmen unserer Möglichkeiten verhüten müssen. Das sagte bereits der alttestamentliche Prophet Jesaja sehr einprägsam. Wir haben das zu bedenken und diese unsere Erkenntnis als Politikum in die Praxis umzusetzen, andernfalls setzten wir unseren Status Christ zu sein aufs Spiel.
„Der Gerechtigkeit Frucht wird Friede sein.“ (286)
Menschenkinder müssen diesen Sinn verinnerlichen, und zwar vom ersten Lebensjahr an. Dieser Grundgedanke liegt dem Prinzip der puritanischen Polygamie zugrunde. Anders kann es, wie wir meinen, nicht verstanden werden.
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285 K.P. Moses 7: 18 
286 Jesaja 32: 17

Wir „Menschen die zur Familie Adams gehören“ wie das Buch Mormon sagt, (287) sind allesamt unsterbliche Geister (nobilitas ingenita, unerschaffene aber von Gott geformte Intelligenzen) die aus dem Himmel unseres vorirdischen Daseins in die Sterblichkeit und in die Natürlichkeit der Ichsucht fielen, um durch eigenes Erleben zu lernen glücklich und gut zu sein. Wenn vermeidbar, sollten es nicht gerade die schlimmstdenkbaren Erfahrungen sein, die Menschen sammeln. Alle Geistkinder Gottes haben das Recht in möglichst perfekte Verhältnisse hineingeboren zu werden, nämlich in Umstände in denen die Eltern sich auf Zuwachs freuen, die ihre größte Freude darin empfinden ihre Kinder gut auszubilden. Es sollten Eltern sein, die sich mit großer Liebe ihren Kindern zuwenden um ihnen lebendigen Glauben zu vermitteln, um sie glücklich zu sehen. Aber Eltern, die ihren Kindern solche Ideale täglich neu vorleben wollen und können, müssen erst einmal vorhanden sein. Kritiker bezweifeln natürlich, dass Leute wie Brigham Young solche beispielhafte Familie je hätten führen können. Viele US-amerikanische Politiker des 19. Jahrhunderts dachten, die „Mormonen“ wären Ausgeburten des Bösen, die man ausrotten muss. Die leitenden Männer dieser furchtbaren Sekte würden selbst nur nach einem Leben auf Kosten anderer trachten, sowie unersättlich nach Beischlaf. Deshalb würden
Brigham Young ca. 50 Jahre alt und seine Tochter Susa Young Gates
Susa Young Gates, schrieb “The Life Story of Brigham Young” New York, neu verlegt 1951
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287 2. Nephi 9:21 und Mormon 3:20, dass unsere Zugehörigkeit zur Familie Adams zweimal Erwähnung fand, ist – vor Charles Darwin „Entstehung der Arten“ – beachtlich. Es gibt zwei weitere Hinweise auf Evolution als „Werkzeug Gottes“ in der mormonischen Zusatzschrift „Köstliche Perle“ Moses 3: 5 „jede Pflanze des Feldes, … bevor es wuchs…, alles erschuf (Ich Gott) …, geistig, ehe es natürlich auf dem Antlitz der Erde war.“ Ebenfalls KP Abraham 4: 18 „Und die Götter hatten acht auf die Dinge, denen sie befohlen hatten, bis sie gehorchten.“

sie Missionare ausschicken, junge Mädchen zu „bekehren“, um so ihren „Bossen“ stetigen Nachschub zu sichern. Sonderbar, wie verräterisch gewisse Verdächtigungen sind, nämlich Kurzschlüsse, wie das deutsche Sprichwort sagt:
„was ich selber denk und tu, das trau ich meinem Nächsten zu.“
In Großbritannien nicht nur dort gab es zwischen 1840 und 1930 regelrechte Pressekampagnen die das behaupteten. Unseren Missionaren wurde auf diese Weise das Arbeiten dort zur Hölle gemacht. Aber gerade die nächsten Angehörigen mehrerer polygamer Familien bestätigten: die erwähnten leitenden Mormonen waren überwiegend wirkliche Vorbilder, die höchsten Ansprüchen gerecht wurden. Entsprechend dem Bild, das evangelikale Prediger und sich fromm aufspielende Journalisten, vom „Mormonentum“ zeichneten, kursierten im 19. Jahrhundert im Westen der USA natürlich zahlreiche Witze, die den allgemeinen Kinderreichtum der „Mormonen“ bespöttelten. Ein Reisender erfand eine typische Humoreske:
„Da begegnet Brigham Young eines Tages einem in Lumpen gekleideten Bengel, den er fragt: Wessen Kind bist du, sonny?“
„Ich bin Brigham Youngs kleiner Junge! Bitte mein Herr, können sie mir sagen wo ich ihn finden kann?“
Susa Young Gates verneint ganz entschieden die Ansicht, ihr Vater Brigham hätte sich zu wenig um seine vielen Kinder gekümmert. Sohn Williard urteilte:
„Er pflegte zu jedem einzelnen Mädchen und Jungen eine vertrauliche und liebevolle Beziehung.“ (288)
Williard Young (1852-1936) Professor in West Point
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288 Leonard Arrington „Williard Young, The Prophets Son At West Point“, Brigham Young Studies.

Auch um das zu untersetzen, schrieb Susas Tochter, Leah D. Widtsoe, u.a. das Buch „Brigham Young – Der Mann der Stunde“, (289)
Liebevoll zitiert sie darin ihren Großvater Brigham im Stile ihrer glaubensstarken Mutter Susa Young Gates, die lebenslängliche Treue zu ihrem Vater und zu „Mormonismus“ bewies, sowohl als Missionarin, wie auch als Schriftstellerin und Tempelarbeiterin:
„Ich möchte ein wenig aus dem Leben meiner Familie plaudern. Ich besitze eine große Familie, habe viele Kinder. Viele von ihnen sind klein. Dennoch glaube ich nicht, dass sie jemals Kinder in einer Familie haben zusammenleben sehen, die sich so wenig zanken. Beobachten sie die Kinder. Sie werden feststellen, wie sie ein guter Geist beeinflusst. Ich weiß von keinem Fall, wo man einem Kind, dem man Leid zufügte, nicht auch mehr Liebe erzeigte, als den anderen zusammengenommen. Sie fragen, wie ich das alles zuwege bringe. Ich schelte nie ein Kind, ich streite selten mit einer meiner Frauen. Ich sage meinen Frauen, niemals einem Kind Ursache zu geben, an ihren Worten zu zweifeln.“ (290)
Leah Widtsoe beurteilt ihren Großvater mit den Worten: „Dieser fähige Pionier hatte klar die Notwendigkeit der sittlichen und religiösen Ausbildung erkannt. Er glaubte an die Trennung von Staat und Kirche. Er war dagegen, dass die religiöse Erziehung ein Teil des Unterrichtsplanes der Staatsschulen bildet... deshalb gründete er neben den öffentlichen Schulen, Kirchenschulen. 1875 wurde von ihm, (in dieser Absicht, G.Sk.) die Brigham-Young-Universität ins Leben gerufen...“ (291)
Brighams Enkelin (Leah D. Widtsoe) betont wiederholt, wie viel Wert Brigham auf Bildung legte, etwas das wichtiger sei als Reichtum, weshalb er:
„in seinen Ansprachen (die umfangreich aufgezeichnet wurden) wieder und immer wieder über die Würde der Arbeit sprach, und über den unsicheren Wert des Anhäufens persönlichen Reichtums und die drohende Gefahr für die menschliche Gesellschaft, wenn einzelne
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289 deutsch 1936, herausg. von der Kirche Jesu Christi der HLT. 290 Journal Disc. 8: 74 108 291 Leah E. Dumford Widtsoe „Brigham Young – Der Mann der Stunde“

durch ihr Geld die Hilfsquellen des Gemeinwesens überwachen. Er kannte besser als irgendein Mann die Neigung des Menschen, für sich selbst, und nur für sich alleine zu sorgen. Er wusste, dass Menschen nur wenn sie wahre Liebe zu Gott fühlten, ihren Mitmenschen aufrichtige Liebe geben und versuchen werden einander in Rechtschaffenheit zu helfen, so wie Gott willig ist, allen seinen Kindern beizustehen… Brigham Youngs Einstellung zu Frauen und ihrer Arbeit war gerecht und erhebend. In dieser Kirche ist für Frauen kein Minderwertigkeitsgefühl möglich, es sei denn, dass sie sich selbst als minderwertig erweisen. Ihr freier Wille, für sich selbst zu handeln wurde von der Zeit der Gründung der Kirche an beachtet, dass Brigham Young ihre Kraft erkannte, kann man aus vielen seiner Worte und Taten entnehmen.“ (292)
Das Abraham O. Smoot –Verwaltungsgebäude der Brigham-Young-Universität, Provo Utah
Brigham war ein Anwalt für das Wahlrecht der Frauen (Utah gab den Frauen dieses Recht 1870) Dann zitiert ihn Enkelin Leah D. Widtsoe erneut:
„Mütter, ihr seid das lebendige Werkzeug in den Händen der göttlichen Vorsehung, das Schicksal der Völker zu bestimmen. Lehrt eure Kinder keinen Krieg gegen irgendjemand zu führen, sondern beständig Frieden zu halten.“ (293)
Es ist inakzeptables Nasenrümpfen gewisser großkirchlicher Theologen und anderer Intellektueller, „Mormonen-Polygamie“ als eine Spielart sexueller
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292 Leah E. Dumford Widtsoe „Brigham Young – Der Mann der Stunde“ 
293 ebenda

Lustbarkeit verrückter Männer darzustellen. Wir leben jedoch nicht mehr im Zeitalter ungerügter Diffamie, die der vermeintlich Bessere und Stärkere gegenüber den Wehrlosen, ausüben darf, wie das seit dem 1. Ökumenischen Konzil zu Nicäa, 325, bedauerlicherweise übliche Kirchenpraxis wurde. Auch wenn sich die offizielle Kirche Jesu Christi der HLT nicht gegen Übel-darstellungen wehrt, ist dies doch kein Grund dafür, dass ihre Mitglieder schweigend zusehen, wenn Desinformationen verbreitet werden, denn es ist und bleibt unchristlich, „falsches Zeugnis“ zu geben. Überheblichkeit ist ohnehin nicht angebracht. Angesichts des tatsächlichen Zustandes der Familien, innerhalb vieler christlicher Gemeinden, denen nicht wenige unserer Verleumder vorstehen, ist Nachdenklichkeit angesagt. Brigham Youngs Rechts- und Freiheitsverständnis mag vielen aufgesetzt erscheinen, aber es hat den Vorzug tatsächlich echt zu sein, wie die bewegende Geschichte der Verfolgung der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage bewies. Quer über den amerikanischen Kontinent wurden ihre Mitglieder getrieben – wegen ihrer Einstellung zur Mehrehe - ohne sich zu wehren, obwohl sie wehrhaft waren. Da wirkte sich das Buch-Mormonwort aus:
„Das Volk Jesu wurde geschlagen, aber es schlug nicht zurück“ (294)
Im Sommer 1859, als die Spannungen von den in den Felsengebirgen Utahs lebenden Mormonen, wegen des Einmarsches der Johnston-Armee, als fast unerträglich empfunden wurden, reiste der 48jährige Herausgeber der New Yorker „Daily Tribune“ Horac Greely, nach Salt Lake City, Utah. Er war schon, obwohl erst ein Mann in den Vierzigern, bereits berühmt. Er wollte unbedingt Brigham Young sehen, den Mann des Westens, den Nachfolger Joseph Smiths, Brigham Young den Polygamisten. Allein deshalb hatte er sich auf den weiten, nicht ungefährlichen Weg gemacht. Die Begegnung kam zustande. Ihm wurde mitgeteilt, er dürfte fragen was immer er wünschte. Da damals die Sklavenfrage in den USA viele Gemüter beschäftigte wollte Greely wissen, wie Brigham und
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294 4. Nephi 34
Bild Horac Greely (1811-1872)

seine Kirche dazu stünde: „Darf man schlussfolgern, dass Utah wenn es Mitglied der Föderation würde, den Status eines Sklavenhalterstaates erhielte?“
„Nein!“ erwiderte Präsident Young, wir wären dann ein freier Staat... ich betrachte Sklaverei als einen großen Fluch.“
„Wovon wollen dann ihre Priester leben?“
„Durch die Arbeit ihrer eigenen Hände, gleich den ersten Aposteln... wir denken, dass ein Mann sein Leben nicht abseits vom Dienst an Christus (Dienst an den Mitmenschen) führen kann, das würde ihn unfähig zum Amt machen... Man sagt, ich sei reich. Gewiss, ich selber betrachte mich als einen Mann der seine viertel Million Dollar wert ist, aber von der Kirche erhielt ich bisher keinen Dollar.“
Horac Greely zeigte sich wiederholt erstaunt. Manches was er nun sah, erwies sich als Gegenteil dessen was allgemein über „Mormonen“ verbreitet wurde. Wieder und wieder ist es das von Gott ausdrücklich verurteilte Falsch-Zeugnis-geben das zur Verdummung breiter Gruppen der Bevölkerung beiträgt. Insbesondere die Hochgescheiten sind sonderbarerweise daran beteiligt. So auch der gegenwärtig schreibende, viel gerühmte Religionskritiker Christopher Hitchens. Er erzählt seiner zahlreichen Anhängerschaft gerade eben das absolute Gegenstück der historischen Wirklichkeit – und seine Leserschaft nimmt es ihm unbesehen ab:
„Als sich (1844) der Streit über die amerikanische Sklaverei zuspitzte, predigten (J.) Smith (gemeint ist der Prophet der Kirche Jesu Christi der HLT) und seine noch dubioseren Schüler vor Kriegsausbruch in Missouri gegen die Abolitionisten.“ (295)
Bekanntlich sind Abolitionisten Gegner der Sklaverei.
Warum bindet Hitchens seiner Leserschaft diesen und andere Bären auf? Angeblich ist er doch ein Vorreiter wahrhafter, moderner Aufklärung.
Sieht er nicht, dass er sich mit seinen nachweislichen Falschaussagen selbst um seine Reputation bringt? Was sind seine Publikationen noch wert, wenn er, dazu in einem Atemzug, fünf Mal lügt? Hier S. 203 seines erwähnten Buches.
Falls ich selbst unter den hunderten von mir verwendeten Originalzitaten ein 
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295 Christopher Hitchens „Der Herr ist kein Hirte“ 2007

einziges sinnenstellt wiedergegeben hätte, würde ich mich entschuldigen. Nicht so die Feinde des sogenannten Mormonentums. Ihre Maxime lautet ziemlich verwegen „die Würde des Menschen ist unantastbar, außer wenn es sich um Mormonen handelt.“ Prof. John Henry Evans verweist in seiner Broschüre auf folgende Fakten: Als er (J. Smith) sich im Jahre 1844 um die Präsidentschaft der Vereinigten Staaten bewarb gab er eine Flugschrift heraus, die sich mit der Politik der Bundesregierung befasste. In diesem außergewöhnlichen Dokument sprach Joseph Smith auch seine Ansichten über die Sklavenfrage aus, die damals schon zu einer brennenden geworden war. Er sagte:
„Verlangt von euren gesetzgebenden Versammlungen ihr guten Leute in den Sklavenstaaten, dass sie die Sklaverei spätestens vom Jahre 1850 aufheben, und rettet so die Anhänger der Sklaverei von Schuld und Schande, Ruchlosigkeit und Verderben. Verlangt vom Kongress, dass ihr jeden Sklaven zu einem angemessenen Preis loskauft aus Mitteln, die durch den Verkauf von öffentlichen Land aufzubringen sind, sowie aus Ersparnis an Tagegelder der Kongress-mitglieder. Zerbrecht die Ketten des armen schwarzen Mannes und dingt ihn zu bezahlter Arbeit wie alle anderen menschlichen Wesen!“ (296)
Greely schrieb in seinem Blatt, er sei überrascht gewesen in Brigham einen Mann zu sehen, der
„freimütig und gut verlangt“ schien, „dem Scheinheiligkeit und Großspurigkeit völlig fremd war, der, getrieben von dem Wunsch nichts zu verbergen, offen antwortete.“ (297)
Greely fragte Brigham natürlich auch nach der Anzahl seiner Frauen. Präsident Young bestätigte, was alle wussten. Greely fuhr mit der Hand über seinen kahlen Schädel und stellte dann die Frage nach den „Daniten“, jener Selbstschutztruppe die Dr. Avard, ein aus der Kirche ausgeschlossener Missourer ins Leben gerufen hatte, deren Konto eine Anzahl Morde zugerechnet wurden. Brigham zuckte die Achseln: „Ich höre davon, allerdings nur in den Verleumdungen unserer Feinde.“ Was soll und kann man gegen Verleumdungen tun? Sie sind zählebig. Brigham erwiderte, als man ihn fragte, ob er sich nicht wegen seines Rufes sorge: „Es kümmert mich nicht, was die Leute über mich reden, mein Wunsch ist, in den
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296 „Das Führertum Joseph Smiths“ 1936 
297 Greely, „Zwei Stunden mit Brigham Young“

Augen des himmlischen Vaters gut dazustehen.“ Niemand kann Brigham Young bestreiten, dass er intensiv bemüht war, die Freiheit und das dauernde Glück aller, die ihm anvertraut waren, zu sichern. Sein Ziel war, Zion aufzubauen, eine Kirche, in der es möglichst keine Klassenunterschiede gibt, die dem Schutzbedürftigen ein Dach bietet. Brigham sah jedoch, wie schwierig es ist, jedem vor Augen zu führen, dass es seine Menschenpflicht ist, sich um seinen Nächsten zu kümmern. Brigham war schließlich erfolgreich. Allmählich mehren sich die Stimmen derer, denen eher an Objektivität gelegen ist. Sie bestätigen indirekt den erzieherischen Erfolg mormonischer Kirchenführer. Die Antwort des Referenten an der Evangelischen Zentralstelle für Welt-anschauungsfragen, Berlin, Prof. Dr. Michael Utsch, auf die Anfrage eines Journalisten: "Was haben wir evangelischen Protestanten mit den Mormonen gemeinsam?" lautete erstaunlich, und dankenswerterweise, ehrlich:
„Es gibt zahlreiche Gemeinsamkeiten in der Ethik und Moral. Der persönliche Einsatz und das ehrenamtliche Engagement sind bewundernswert. Auch die hohe Wertschätzung von Ehe und Familie bei den Mormonen und die aufmerksame Sorge für verlässliche zwischenmenschliche Bindungen sind vorbildlich.“ (298)
Brigham Young sagte, er habe ständig danach getrachtet erleuchtet zu sein. Ohne jede Übertreibung betete er ernsthaft um Führung. Hunderte Ansiedlungen wurden in den Tälern der Felsengebirge nach seinen Weisungen und Ratschlägen errichtet. Geselligkeit und hochrangige Gemeinsamkeit standen für ihn obenan. Auf seinen Rat hin wurde vor dem Tempelbau in Salt Lake City das dortige Theater errichtet. Diejenigen die seine Geschichte kennen, - selbst Nichtmormonen - lieben ihn. Tief beeindruckt vom Negativbericht im Buch Mormon, im 4. Buch Nephi, dass die Menschen die sich vom Standard der Kirche Christi entfernt hatten, wieder in Klassen teilten, strebte er danach das zu vermeiden, wenn er konnte. Das ideale Miteinander war sein Hauptziel. Brigham trachtete danach, die Mitglieder der einzelnen Gemeinden zu ermutigen in Genossenschaften miteinander zu arbeiten, - leider in dieser Hinsicht nicht sehr erfolgreich. Immerhin, es gab diese Gruppen, die jahrzehntelang, wie später die jüdischen Kibbuzim in Israel, in Gütergemeinschaft zusammen lebten. Die Juden waren konsequenter und
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298 „Zeitzeichen“, evangelische Kommentare zu Religion und Gesellschaft 2012

deshalb erfolgreicher. Bemerkenswert ist, dass „Mormonen“ und die Kibbuzim-Juden denselben biblischen Idealen folgten. Korrekt ist und bleibt, zu sagen, dass die Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage nicht in Klassen geschieden sein sollten. Die jeweiligen Ausgangssituationen bringen es leider mit sich, dass jemand zum erfolgreichen Unternehmer wird und, dass der andere sein Arbeiter ist, der seines Bruders Reichtum mehrt. Es ist eben so. Nicht jeder ist vom Typ und Können her ein Unternehmer auf eigenes Risiko. Und doch: In der Kirche selbst sind sie unterschiedslos. Beide spenden, wenn sie wollen, 10 Prozent ihres Einkommens der Kirche. Das macht sie zu Gleichen. Soweit der Einfluss der Kirche reicht, spielen die, außerhalb dieses Bereiches tatsächlich vorhandenen Klassenunterschiede, keine Rolle. Allein der Wunsch zu dienen sowie die persönliche Würdigkeit einer Person entscheidet darüber wer eine Gemeinde leitet. Es kann ein schlichter Maurer sein, der diese Berufung erhält und sein Berater (Ratgeber) ein Multimillionär. Die Entscheidung, wer über eine Gemeinde präsidiert, trifft ein Gremium von drei ehrenamtlich arbeitenden Hohepriestern, dessen Präsident wiederum ein kleiner Angestellter sein kann, während seine beiden Ratgeber ihm im Alltag vorstehen könnten. So ist die sogenannte „Pfahlpräsidentschaft“ aufgebaut, deren Aufgabe darin besteht sechs bis zehn Gemeinden vorzustehen und ihre Aktiven zu unterstützen, (durchschnittlich begrenzt auf 8-10 Jahre Amtszeit). Von Beginn dieser Kirche an richtete sich ihr Augenmerk darauf, an die Stelle von traditioneller Frömmigkeit, die Grundsätze der Rechtschaffenheit, also der Toleranz und der Bildung aller obenan zu stellen. Das belegen die Schicksale ihrer Mitglieder. Obwohl wegen seines Lebens als „Polygamist“ von vielen verachtet, liebte Brigham Young Geradlinigkeit und Vernunft.
Brighams Religion lässt sich wie folgt beschreiben:
Gott, unser aller Vater will uns unendlich fördern. Es gibt keine Grenze für geistiges Wachstum. Sexualität innerhalb der Ehe ist keine Sünde. Die ewige Geschlechtlichkeit des unsterblichen Geistes gestattet ‚Mormonen’ zu glauben, dass es im Bereich des Möglichen liegt, eine buchstäblich ewige Ehe zu führen, mit eigenen Geistkindern (womit ein neuer Ewigkeitskreis beginnen würde).
So macht die schon erwähnte ebenfalls urchristliche Vergottungslehre erst Sinn. Sogar Martin Luther sprach von der Deifikation des Menschen. (299) Schon in
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299 T. Mannermaa “Luther und Theosis”, Band 16 Veröffentlichungen der Luther-Akademie Ratzeburg, Helsinki/Erlangen 1990, “Theosis als Thema der finnischen Lutherforschung

der Anfangszeit bevor gelebte Mehrehe zunehmend Lebensgefahr über die Betreffenden brachte, hassten die Gospelprediger diese ganz andere Kirche, in der man dienen sollte, ohne dafür entlohnt zu werden.
Wenn es wahr ist - und eben dies glauben die Mitglieder der Kirche - dass Gott wirklich für eine gewisse Dauer die Mehrehe wünschte und anordnete, dann wird er den Frauen, die das Opfer, den Ehemann mit einer anderen Frau zu teilen, auf sich nahmen oder nehmen sollten, aller natürlichen Neigung zum Trotz, von Zeit zu Zeit, den Verlust ausgleichende Glücksgefühle gegeben haben.
Anders ist nicht zu erklären, dass nach dem Einmarsch der Johnston-Armee, 1858, in Utah, keine Frau aus irgendeinem Großfamilienverband ausstieg und den angebotenen militärischen Schutz beanspruchte.
Zur Erklärung: Die amerikanische Regierung unter Präsident Buchanan hatte 1857 beschlossen jede Form und Praxis von Polygamie zu beenden und den „zivilen Ungehorsam“ der, in den Felsengebirge siedelnden „Mormonen“ zu brechen. Der Senat stimmte seinem militärischen Plan zu.
Eine 3 000 Männer umfassende Truppe, die Johnston-Armee, wurde in Marsch gesetzt.
Brigham Young stellte, als von dieser Aktion hörte, die Selbstschutzgruppe „Nauvoo-Legion“ wieder her. Nachdem die Mormonen, 1839, aus Missouri vertrieben worden waren, empfahl ihnen die Regierung von Illinois eine Truppe zur Selbstverteidigung aufzustellen. Als allerdings die Zeit gekommen zu sein schien, sich gegen die Vertreibung aus ihrer (Haupt-) stadt Nauvoo zu stemmen, geschah nichts. Sie ließen sich jagen, und zwar mitten im Winter ins Niemandsland hinein. Die Nauvoo - Legion wurde nie zum Kampf eingesetzt, sondern sie trat in Erscheinung um zu bluffen.
Demgemäß lautete Brighams Weisung: „Tötet keine Menschen“. Wiederholt wurden Truppenteile der als Feinde einmarschierenden Johnston-Armee inmitten der Bergregionen eingeschlossen. Doch niemand wurde verletzt, sondern die Armeeteile wurden, als äußerste Maßnahme, ununterbrochen durch Lärm und Scheingefechte beunruhigt.
Immerhin spielte die unbedingt auf Frieden und Wahrhaftigkeit ausgerichtete Religion der „Mormonen“ die entscheidende Rolle. Lieber wollten die Mitgliederder Kirche ihre eigenen Heime niederbrennen, als Blutschuld auf sich laden. Jedenfalls verließen die Menschen in SL-City ihre Häuser nachdem sie genügend leicht entflammbares Holz vor ihren Türen aufgeschichtet hatten.
Als die Johnston-Armee ihre Übermacht unter Beweis stellte, blieb die erwartete „Massenflucht“ von angeblich erniedrigten und beleidigten Opfern polygamer Ehen aus. Danach setzte ein Kampf auf der Ebene von neuen Gesetzen ein. Die Kirche wurde praktisch entrechtet. Ihr Ziel im Westen Amerikas einen eigenen Staat - Deseret - aufzubauen konnte nur zum Teil verwirklicht werden.
Den hetzenden Geistlichen war durchaus nicht bewusst, dass es auch in der Urkirche Christi ungerügte Mehrehen gegeben hatte.
In erster Linie sind es Missverständnisse, die zur brüsken Ablehnung der Lehren der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage führten. Außer Christus selbst ist Mormonen nichts so wichtig, wie die heile Familie. Tatsächlich ehrt diese Kirche die Frauen, sie sorgt sich um das Glück ihrer Mitglieder.
Handwagenkarren, Skulptur auf dem Tempelplatz in Salt-Lake-City

Bild: Eine von tausenden Großfamilien um 1890:
Mitglieder der Familie Joseph F. Smith's sowie die Familien seiner Söhne und Töchter um 1900
Noch einmal gesagt, im alten Israel und in der originalen Kirche galt Polygamie nicht als grundsätzlich verboten. In der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage gilt jedoch Ehebruch als Kapitalverbrechen. Sei sie polygam gewesen oder monogam ausgerichtet, in der Ehe eines Mormonen steht die Frau im Zentrum und erhöht. Der Ehemann ist ihr Beschützer.
Bildhauer Avard Fairbanks, damals Präsident einer Mormonengemeinde, gab diesem Ideal Ausdruck, mit dieser künstlerischen Gestaltung.



11. Meinungsverschiedenheiten in der Urkirche
11.1. Petrus und Paulus

Einige Bemerkungen im Vorab: Wegen der Frage ob getaufte Juden Tischgemeinschaft mit getauften Nichtjuden haben dürften, entstanden bereits vor dem Jahr 55 Lehrdifferenzen. „Heidenapostel“ Paulus verschärfte die Situation, indem er die Botschaft von Christus allem Anschein nach auf „die alleinseligmachende Gnade Gottes“ reduzierte. Das konnte Petrus nicht unkommentiert stehen lassen. Auch für ihn galt, dass der Mensch von der Gnade Gottes abhängig ist. Doch was Paulus lehrte war übertrieben. Christi Lehre forderte das Tun des Guten. Darum ging es. Im Gegensatz zu Paulus der etwa im Galaterbrief grob werden konnte, verlor Petrus nie den Geduldsfaden. Er tadelt Paulus sehr behutsam, wie im Folgenden gezeigt wird. Moderne Theologie geht nun davon aus, dass es nicht Petrus war, sondern ein anderer, der sich gegen die Erlösungslehre des Konvertiten Paulus richtete. Die beiden Petrusbriefe in der Bibel müsste jemand anders geschrieben haben. So gelehrt könne der schlichte galiläische Fischer Petrus nicht gewesen sein. Aber: diese Schlussfolgerung ist unhaltbar. Werfen wir einen Blick auf die entsprechenden Argumente der Kritiker und auf die Situation. Die Zweifler sagen:
„In 1. Petr. 1:1 stellt sich Petrus zwar als Verfasser vor, ganz ähnlich wie im 2. Petrusbrief, wo er sich als Simon Petrus einführt 2. Petr. 1: 1. Aber der Brief ist in einem vorzüglichen Griechisch geschrieben. Hier ist sicher die Frage erlaubt, ob man so etwas vom historischen Petrus wirklich erwarten darf.
Auch zitiert der Verfasser durchgängig die Septuaginta, also die griechische Bibelübersetzung. Petrus hat aber mit großer Wahrscheinlichkeit die hebräische Bibel gelesen. Er hätte Bibelzitate dann doch wohl auch vermutlich in einer eigenen und deshalb freieren griechischen Übersetzung gebracht. Und dann stellt sich der Verfasser in 1 Petr. 5: 1 überraschenderweise als Presbyter vor.“ (300) Diese drei Einwände sind logisch schwach: Erstens: Petrus hielt sich als Haupt der Kirche, in Antiochia (Antioch) auf, - der orthodoxen Überlieferung nach seit dem Jahr 42 – also im griechischsprachigen Raum. Dort, und nicht in Rom, amtierte er mindestens noch in den 50er Jahren. Petrus leitete die Kirche vom Zentrum des Geschehens aus. Er war Haupt, aber nie der Papst der missionierenden, sich rasch ausdehnenden Gesamtkirche. 
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300 Dr.Joerg Sieger – Einleitung in das Neue Testament.

Ein Leiter solcher Organisation empfängt täglich Informationen. Er muss letztlich im Fall wichtiger Lehrdifferenzen eingreifen und Entscheidungen bei strittigen Amtsbesetzungen treffen, ungerechtfertigte Exkommunikationen korrigieren, neue und fragliche Bischofsordinationen in Betracht ziehen. Viele Anfragen wurden in Griechisch gestellt. Notwendigerweise verfügte er über mindestens einen sprachkundigen Sekretär. Es ist eher unwahrscheinlich, dass er einer zunehmend griechisch-sprachigen Mitgliederschaft Antworten, Hinweise und Belehrungen in Hebräisch gegeben hätte, zumal alle gebildeten Juden auch Griechisch verstanden. Auch Paulus war griechisch gebildet. Warum jemand als dumm betrachtet werden muss, nur weil er ein Fischer war, frage ich mich gelegentlich.
Zweitens: nutzten viele Christen des Gebietes, in dem Petrus wohnte und amtierte, die griechische Septuaginta.
Drittens: alle würdigen Männer trugen das höhere Priestertum und waren damit Älteste. (vom griechischen πρεσβύτερος, presbýteros, „Ältester“)
Selbst die Mitglieder der Ersten Präsidentschaft der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage sind „nur“ Älteste. Joseph Smith, der damalige Präsident wurde bekanntlich „der erste Älteste“ genannt.
Damit stehen die erwähnten Argumente in Frage.
Hier ist ein weiterer Einschub unerlässlich: Nachdem Konstantin die Kirche in den Rang einer staatlichen Institution „erhob“ erschwerte er den Zugang zum Priestertum durch jedermann (schon wegen der Steuerbefreiung die christlichen Priestern zugesprochen wurde) Allem Anschein nach trugen, wegen des urchristlichen Gleichheitsgrundsatzes, bis 325, alle als würdig betrachteten Männer über 13 das Priestertum, wenn auch in unterschiedlichen Graden. Das belegen einige Studien. Erstaunlich ist die Übereinstimmung auch einiger Organisationsformen der Urchristen sowie der Mormonen:
„Der Bischof bestimmt den in der Gemeinde zum Presbyter, (Ältesten oder Priester G.Sk.) der sich nach seiner Ansicht für dies Amt eignete, und der ihm gefiel oder dem sein Märtyrertum von vornherein diese Würde verlieh... Bei der Ordination von Diakonen durch den Bischof verspricht dieser, wenn der Diakon tadellos gedient hat, kann er später „das erhöhte Priestertum" empfangen... Noch „waren die Bischöfe einfach die Vorsteher im Kreis der Ältesten und hatten keine besonderen Rechte...“ (301) 
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301 Jungklaus, „Die Gemeinde Hippolyts dargestellt nach seiner Kirchenordnung“

Petrus kann nicht in den 40er, 50er Jahren oder irgendwann später Bischof von Rom gewesen sein, wie die auf jeden Fall mit zahlreichen Phantomgestalten aufgefüllte römisch-kath. Papstliste behauptet. Die Transportwege für Nachrichten und Weisungen vom östlichen Rand der Kirche zur Peripherie im Westen hätten sich ums Doppelte verlängert. Ein Mann der solche Bürde trägt geht nicht aus dem Zentrum weg, nach „Babylon“, um dort obendrein als Bischof die Lasten zu tragen die eine der dortigen Gemeinden zu meistern hat. Es könnte aber durchaus sein, dass er die Mitglieder Roms besucht hat und vielleicht, vielleicht dort sogar starb, obwohl dies sehr unwahrscheinlich erscheint. Ein Blick auf die Karte zeigt wo die westlichen! Zentren des damaligen Christentums lagen. Die Kirche existierte nämlich mindestens bis Indien.
Der westliche Wirkungsbereich der ersten Apostel um 70 n. Chr.
Petrus musste sich gegen einige seitens Paulus eigenartig formulierte Thesen der Erlösung wenden. Sie werden bis in die Gegenwart hinein missbraucht. Das sah Petrus voraus. Deshalb antworte er entschieden.
Betrachten wir die Auswirkungen paulinischer Übertreibungen anhand der „Gemeinsamen Erklärung“ von 1999.

11.2 „Gemeinsame Erklärung der Evangelischen und Katholischen Kirche von 1999

Die Väter und Mütter der "Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre vom 31. Oktober 1999" schoben - ungesagt - die Einwände Petri mit dem lauen Argument beiseite, die Petrusbriefe seien nicht autorisierte Verweise des Apostels, sondern ein irgendwer habe sich später erdreistet im Namen des ersten Kirchenführers zu reden. Das wäre Betrug, und dieser würde die beiden Briefe entwerten.
Unglaublich, aber wahr ist, der Tenor der „Gemeinsamen Erklärung“ lautet gegen den Trend der Urkirche: Du musst dich nicht anstrengen deine Religion zu leben. Du hast vor Gott nur die Pflicht auf ihn zu vertrauen.
Da, im erwähnten Papier, heißt es wörtlich:
"Wir werden umsonst erlöst... Rechtfertigung geschieht allein aus Gnade... sola gratia."
Solche Schlussfolgerung kann man aus Paulus Briefen nur dann heraus pressen wenn man zuvor einzelne Sätze aus dem Kontext löst. Petrus wird damals sehr an sich gehalten haben, als er die fraglichen Textteile des Römerbriefes zur Kenntnis nehmen musste, weil er eben Fehldeutungen befürchtete. Denn, dass ein Mensch allein aus Gnade „gerechtfertigt“ vor Gott und Mitmenschen dasteht, das hat Christus nie gelehrt. Ihm Ähnliches zu unterstellen ist grober Unfug. Selbst wenn Paulus es so gemeint haben sollte, wie Luther glaubt, bedeutet dies nicht dies sei die allgemeine Lehre der Kirche gewesen. Nicht irgendwer, sondern Christus alleine setzte die Kriterien der Erlösung.
Christi Darlegungen finden aus naheliegenden Gründen in der „Erklärung“ jedoch keine Erwähnung, obwohl kein Verantwortungsbewusster solche Unterschlagung - etwa des Inhalts von Matth. 25 - gutheißen darf.
Angesichts der wachsenden Bedrohung unserer angeblich christlich orientierten Welt auch durch rabiate Islamisten stehen wir allesamt in der Pflicht, mit den uns von Gott verliehenen Talenten zu "wuchern", "unser Licht leuchten zu lassen"... wir haben "das Salz der Erde" zu sein. Wir haben zu verinnerlichen, dass wir "alles was wir einem Geringen getan haben, ihm antun"... Wir haben die Verlorenen zu besuchen und sie herauszuholen aus ihrem Elend. Wir haben Friedensstifter zu sein. Wir müssen auf Felsen bauen, und nicht auf Sand.
Das wir dies wirklich tun müssen, um letztlich vor Gott gerechtfertigt dazustehen unterdrückt die sogenannte Rechtfertigungslehre.

In den vielen Sätzen dieser "Erklärung" kommt Jesus nicht zu Wort, außer in einem völlig aus dem Zusammenhang gerissenen Zuspruch. Nämlich, Christus verleiht Petrus und seinen rechtmäßigen Nachfolgern die Vollmacht Sünden zu vergeben. Daraus abzuleiten, lustige Theologiestudenten wären nach Abschluss ihres Studiums als Pfarrer berechtigt Sünden zu vergeben, ist naiver Aberglauben… Die "Gemeinsame Erklärung" beruft sich wieder und wieder auf Paulusbekenntnisse, statt auf Christus. Aber es ist nicht einmal lupenreiner Paulinismus der da verkündet wird, denn den Paulussatz:
"Irret euch nicht, was der Mensch sät, das wird er ernten!" (302) verschweigt die Erklärung bezeichnenderweise. Das nennt man „Sand in die Augen streuen“. Dieses Zitat jedoch relativiert sämtliches Schrifttum Pauli! Weil das der Fall ist, wurde Paulis wichtigstes Statement ausgeklammert. Die Aussage, dass der Mensch ernten wird was er sät, ist auch logisch unanfechtbar. Man muss, manchmal sehr mühsam, Gutes säen. Die Konsequenz der "Erklärung" lädt dagegen geradezu zur Faulheit ein, zum Nichtstun, während die Gebote Christi generell lauten: Bemüht euch! z.B. um eure Vervollkommnung. Wörtlich und im Zentrum der Bergpredigt steht darum jene große Aufgabe festgeschrieben, die ganz und gar nicht ins Konzept des Protestantismus passt:
"Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel, vollkommen ist!" (303)
Hier handelt es sich keineswegs um ein rhetorisches Element einer Predigt, sondern um ein Gebot Christi!
Fest steht: ein um Perfektion bemühter Artist muss täglich sechs bis zehn Stunden harte Arbeit leisten. Das ist es, was Gott von uns entsprechend der in uns gelegten Fähigkeiten erwartet. So steht es geschrieben. Der Heidenapostel Paulus wurde, allerdings ohne sich darum bemüht zu haben, Christ, Gott selbst rief ihn an. Paulus hat ausnahmsweise auf diesem Weg erfahren, dass er in die falsche Richtung gelaufen war. Dieser Fall kann und darf aber nicht verallgemeinert werden.
Das hätte Paulus sich sagen müssen. Er stellt aber nur stellenweise die damalige Kirchenlehre in Frage die jeden ermutigte: "bemühe dich Licht zu erlangen", indem er wiederholt verkündet: er selbst sei aus reiner Gnade von Gott aus dem Irrtum und Dunkel feindseliger Ablehnung herausgerissen worden... und so überhöht er den Begriff Gnade. Das „Sola gratia“ dröhnt
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302 Galater 6:7
303Matth.5:48 120

gegen die anderen Apostel der Kirche! Jakobus zeigt sich verärgert. Petrus der Präsident der noch jungen Kirche ist empört, dass Paulus - "unser geliebter Bruder Paulus" mit bedeutenden Begriffen, wie diesem, recht missverständlich umgeht. Weitsichtig ist er besorgt darüber, dass Paulus nicht ganz unschuldig daran ist, wenn Spätere folgenden Widersinn, entgegen den Forderungen und gegen die Bergpredigt Christi, zu Papier bringen:
"Der Mensch... ist unfähig, sich von sich aus Gott um Rettung zuzuwenden ... Wenn der Mensch an Christus im Glauben teilhat, rechnet ihm Gott seine Sünde nicht an...“ (304)
Petrus Gnadenverständnis unterscheidet sich von dem seines Juniorpartners erheblich. Das muss er korrigierend und sehr deutlich aussprechen. Er, Petrus ist die, von Jesus eingesetzte "Säule" der Kirche, nicht Paulus. Petrus hat in Sachen Theologie das letzte Wort. Er weist den übereifrigen Mann, wenn auch sehr behutsam, zurecht. Um zu definieren was die Kirche unter dem Begriff "Gnade" verstehen soll erläutert Petrus:
"... wenn ihr um guter Taten willen leidet und es ertragt, das ist Gnade bei Gott. Denn dazu seid ihr berufen, da auch Christus gelitten hat für euch und euch ein Vorbild hinterlassen, dass ihr sollt nachfolgen seinen Fußtapfen; er, der keine Sünde getan hat und in dessen Mund sich kein Betrug fand;..." (305)
In Christi Fußtapfen gehen ist Gnade... Petrus wird sich sehr zusammen genommen haben, nicht aus der Haut zu fahren, eben weil Paulus doch verallgemeinert, was nicht verallgemeinert werden darf. Denn wie der Trend des Judentums, war seines Herrn Lehre, die des Tuns des Guten. Empört über die schon damals auftretenden Verfälscher seiner Botschaft sagte Jesus:
„Was nennt ihr mich Herr. Herr aber tut nicht was ich euch sage?“ (306)
Allerdings bestand das jüdische Verstehen vom Tun des Guten nicht, wie bei
den Christen darin angebliche „Ketzer“ zu köpfen, wie an Bischof Priscillian im Jahr 385 geschehen, oder etwa darin eine ganze Gemeinde auszurotten weil sie urchristlich glaubte, wie 366, unter aktiver Teilnahme des Papstes Damasus 
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304 Gemeinsame Erklärung
305 1. Petrusbrief 2: 2-25 
306 Matth. 7: 21

zu Rom. Jahrelang begleitete Petrus seinen Christus. Er hatte jedes Wort und seinen Geist in sich aufgesogen. Kaum jemand kannte, wie er, die ewig gültigen Prinzipien des Erlösers. Er schreibt entschieden und zugleich sehr um Versöhnung bemüht. Natürlich kennt Petrus den Begriff Gnade sehr wohl, verwendet ihn hier aus guten Gründen nicht. Er geht sehr weit, warnt scharf. Paulus Formulierungen könnten zu erheblich Trugschlüssen führen.
“Seid überzeugt, dass die Geduld (griech. ypomoni) unseres Herrn eure Rettung ist. Das hat euch auch unser geliebter Bruder Paulus mit der ihm geschenkten Weisheit geschrieben; es steht in allen seinen Briefen, in denen er davon spricht. In ihnen ist manches schwer zu verstehen und die Unwissenden, die noch nicht gefestigt sind, verdrehen diese Stellen ebenso wie die übrigen Schriften zu ihrem eigenen Verderben.” (307)
Wegweisend fand er für den ersten Satz einen Begriff der die Erwartungs-haltung Gottes einschließt: wir könnten und sollten mehr tun. Der Herr warte auf unser Guttun mit schier unglaublicher "Geduld". Jakobus, dagegen, des "Herren Bruder" konnte Paulus ständige Überbetonung einer durchaus wichtigen Lehre - wenn sie im Licht der Bergpredigt betrachtet wird - nicht mehr hören. Verärgert fragt er zurück: Soll daraus folgen, gute Taten wären zur Erlösung nicht nötig? Jakobus schreit die Antwort: "NEIN!" , geradezu heraus:
"Willst du aber erkennen, du eitler Mensch, dass der Glaube ohne Werke tot sei?" (308)
In seinem Brief an die Galater reagiert Paulus, sei es auf schriftliche oder mündliche Hinweise schließlich. Er korrigiert sich, sieht sich plötzlich in der Pflicht Missverständnissen vorzubeugen, und schreibt den bereits mehrfach erwähnten Satz:
„Irret euch nicht, was der Mensch sät, das wird er ernten, und er setzt sogar hinzu „lasst uns nicht müde werden, das Gute zu tun“ (309)
Denn das Nichttun, - die Kontemplation, das Nichtsdazutun - sowie jede Art Idee vom "Nichtsdazubeitragenkönnen" betrachtete Petrus zu Recht als eine ins Verderben führende Lebenseinstellung. Paulus musste reagieren.
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307 2. Petrus 3: 15-16
308 Jakobus 2: 20 309 Galater 6: 7 und Vers 9

Wie Paulus geht es Petrus um die Frage der persönlichen Erlösung. Für Petrus allerdings ist es massive Irrlehre etwas zu verkünden, dass zur Annahme führen könnte, der bloße Glaube an Christus genüge um den schuldig gewordenen Menschen freizusprechen. Eben diese von Petrus verworfene Geisteshaltung und Philosophie wird fast anderthalbtausend Jahre später Martin Luther aus seinen persönlichen, durchaus nachvollziehbaren Gründen leider zur Basislehre seiner Theologie erklären.
Sie wird zwar den Protestantismus hervorbringen aber ihn zugleich in die offensichtliche Bedeutungslosigkeit treiben. Darum stehen die Pastoren oft vor leeren Bänken ihrer Kirchen. Da ist weder Saft noch Kraft vorhanden.
Natürlich kann man Martin Luther verstehen: er hatte vom Tun her geleistet was er konnte... und fühlte sich dennoch verdammt. In den vielen Jahren seiner Zeit als Augustinermönch war er überstreng mit sich selbst umgegangen und war bemüht alles zu halten was die Ordensregeln - aber nicht Christus - von ihm verlangten:
"Wahr ist's, ein frommer Mönch bin ich gewesen und habe so gestrenge meinen Orden gehalten, dass ich's sagen darf: Ist je ein Mönch gen Himmel kommen durch Möncherei, so wollt' ich auch hinein kommen sein. Das werden mir bezeugen alle meine Klostergesellen, die mich gekannt haben. Denn ich hätte mich, wo es länger gewähret hätte, zu Tode gemartert mit Wachen, Beten, Lesen und anderer Arbeit." (310)
Da fühlen wir alle in liebevoller Weise mit ihm und stehen an seiner Seite, denn vor und zu seinen Zeiten wollten die Christen durch ‚besonders gute Taten’ Erlösung finden, nämlich in Pilgerreisen, im Reliquienerwerb (die ohnehin überwiegend Falsifikate darstellten), in der Teilnahme an endlosen Kreuz- und Kriegszügen gegen Islam, Heiden-, Ketzer- und Judentum. Das Gutsein bestand aus Kasteiungen, langanhaltenden Wiederholungen gewisser Floskeln, im fast pausenlosen "Vater-unser" Geplapper und im geradezu blinden Gehorsam gegenüber jeweiligen kirchlichen Vorgesetzten. Das waren weder Guttaten noch waren sie wünschenswert.
Aber dann fiel Bruder Martin ins andere Extrem mit Verneinung der Fähigkeit des Menschen zu seiner Erlösung beizutragen. Was dabei praktisch an Gleichgültigkeit vieler Gläubigen herauskam ist unübersehbar.
Diese Einstellung ist der Linie der offiziellen evangelischen Kirche Deutschlands geschuldet. Die „Gemeinsame Erklärung“ kommt mit vielen Zusatzerklärungen 
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310 Christian Franz G. Stang „Martin Luther“

daher, die recht kompliziert klingen. An der Substanz der eigentlichen Aussage ändern sie nichts. Verblüffend ist, wie gleichgültig die Gemeinde Luthers solche Torheit hinnimmt, die ganz und gar der Bergpredigt widerspricht.
Auch weil die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage dem klar entgegensteht, indem sie jedem einzelnen Mitglied ihrer Gemeinden konkrete Aufgaben überträgt, die zu Gunsten aller zu leisten sind, verurteilen Exponenten des Protestantismus die „mormonischen“ Lehren – ziemlich leichtfertig. Evangelische Theologen können an dieser Stelle nicht objektiv werten, obwohl es seltene Ausnahmen gibt. Es wurde ihnen durch hoch gescheite Professoren aberzogen.
Origenes (185-265) beteuerte jedenfalls wie Joseph Smith und damit völlig anders als Luther, - der immer von der eigenen Erfahrung ausgeht, - dass Gnade nicht alles ist. Luther berücksichtigt eben nicht hinlänglich, dass die Forderungen seines Ordens andere waren, als die des Christus. Durch dessen Gleichnisse, wie dem vom „Wuchern mit den Talenten“, belehrt er uns, das Gott mit unserem Mitwirken rechnet. „Wem viel gegeben wurde, von dem wird viel verlangt werden.“ Der große Alexandriner (Origenes) würdigte die Größe der Rolle der Gnade Christi, doch er lehnte die Übertreibung ab:
„Zwar sind alle Geschöpfe ganz auf Gott angewiesen, eigene Anstrengungen werden durch seine Gnade weit überwogen. Aber die Vorsehung hat alle Regungen des freien Willens von Ewigkeit vorausgesehen und eingeplant, sie werden gerecht vergolten.“ (311)
Das ist ausgewogener, verständlicher Klartext. Gott plante unser Können ein. Das macht Sinn. Die Origenes-Aussage erregt keinen Widerspruch. Wären die Großkirchen bei Origenes geblieben, hätten sie nicht so viele unhaltbare Schlüsse gezogen
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311 Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft ... Mohr - Siebeck, 3. Aufl.

12. Illegitime Vollmachtsansprüche

Die päpstliche Vorherrschaft war und ist auf Illusionen, Anmaßungen und Fälschungen gegründet. Das kann nicht ernsthaft bestritten werden, bedeutet aber nicht, dass ihre Geistlichen vor Gott und Menschen vergeblich wirkten. Jede Guttat zählt zu den Schätzen dieser Welt zur Ehre Gottes.
Gleich mit der staatlichen Anerkennung des Katholizismus, im 4. Jahrhundert beginnend, haben „christliche“ Autoritäten alles Menschenmögliche unternommen - und zwar jahrhundertelang -, die Fähigkeiten der Kinder Gottes zu beschneiden um dann die Nachdenklichen, die Widerständler, oft auf grausamste Weise auszuschalten!
Weil sie das taten – und die Verkündigung von Gesetzen zum Glaubenszwang für wichtiger hielten, als Toleranz zu üben - rief der allmächtige Gott die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, 1830, erneut ins Leben. Das geschah gleich nach der Wiederherstellung der Freiheitsrechte jedes Einzelnen durch die amerikanische Unabhängigkeitserklärung, wenigsten für die USA.
„Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, dass alle Menschen gleich erschaffen worden, dass sie von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt worden, worunter sind Leben, Freiheit und das Bestreben nach Glückseligkeit.“ (312)
In der darauffolgenden Generation, 1805, wurde der, wie Mormonen glauben, bereits im vorirdischen Leben für die Erfüllung dieser Aufgabe berufene, erste Präsident ihrer Kirche, Joseph Smith geboren.
Er war 24 Jahre alt, als ihm und dem späteren Rechtsanwalt Oliver Cowdery durch Boten des Himmels zuerst das niedere, dann das höhere, das Melchizedekische Priestertum übertragen wurden.
Von seinen Feinden wird gern ein Bild von Joseph Smith aufgetischt, wie dieses im „Nordkurier“ Neubrandenburg.


Nordkurier“ Neubrandenburg vom 20.9.97.

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312 Kernsatz der Erklärung vom 4. Juli 1776

Es entstammt sehr wahrscheinlich dem Deutschen Pressearchiv. Aber, das ist nicht Joseph Smith. Wir ahnen, vermuten, glauben zu wissen, dass es sich nicht um ein kleines Versehen handelt. Gemäß diverser Skizzen, Beschreibungen und seiner Totenmaske sah Joseph Smith aber so aus!

  

Joseph Smith (1805-1844)
So, wie einige unserer Kritiker die Porträts verfälschen, gehen sie mit unserer Religion um. Natürlich muss grundsätzlich jeder Bericht hinterfragt werden, vor allem wenn er aus kirchlichen Kreisen kommt. Ob es aber angebracht ist, selbst eine unwahrscheinlich klingende Geschichte gleich abzuweisen oder zu verurteilen?
Oliver Cowdery (1806-1850)
Er schildert ein Großereignis, dass der Menschheit noch viel bedeuten wird, dem die Mitglieder der Kirche Jesu Christi der HLT Glauben schenken.

„Das waren unvergessliche Tage - dazusitzen und einer Stimme lauschen zu dürfen, die unter der Eingebung des Himmels sprach, das erweckte in meinem Herzen tiefste Dankbarkeit! Tag für Tag, ohne Unterbrechung, schrieb ich immerfort nieder, was aus seinem Mund kam, als er mit dem Urim und Tummim oder, wie die Nephiten gesagt hätten, den ,Übersetzern‘ die Geschichte oder die Aufzeichnungen, nämlich das Buch Mormon, übersetzte… Auf den interessanten Bericht, den Mormon und sein glaubenstreuer Sohn Moroni von einem Volk geben, das einst vom Himmel geliebt und begünstigt wurde, auch nur mit wenigen Worten einzugehen, würde meine gegenwärtigen Absichten übersteigen; daher werde ich das auf eine spätere Zeit verschieben und, wie schon in der Einleitung erwähnt, ohne Umschweife auf einige wenige Ereignisse zu sprechen kommen, die mit der Entstehung dieser Kirche unmittelbar zusammen-hängen, was jenen Tausenden zur Freude dienen möge, die unter den finsteren Blicken von Frömmlern und der bösen Nachrede von Heuchlern vorgetreten sind und das Evangelium Christi angenommen haben. Niemand könnte mit nüchternen Sinnen die Weisungen übersetzen und niederschreiben, die der Erretter mit eigenem Mund den Nephiten gegeben hat, die genau darlegen, auf welche Weise die Menschen seine Kirche aufrichten sollen—und besonders zu einer Zeit, wo die Verderbtheit über sämtliche von Menschen praktizierten Formen und Systeme Unsicherheit gebracht hat—ohne zugleich den Wunsch zu haben, die Bereitschaft seines Herzens dadurch zu beweisen, dass er sich ins Wassergrab legen lässt, um ,ein gutes Gewissen durch die Auferstehung Jesu Christi‘ zu erbitten. Nachdem der Bericht vom Wirken des Erretters unter dem Überrest der Nachkommen Jakobs auf diesem Kontinent niedergeschrieben war, konnte man, wie der Prophet es schon zum Ausdruck gebracht hatte, leicht erkennen, dass Finsternis die Erde bedeckte und tiefe Finsternis den Sinn der Völker. Bei weiterem Nachsinnen konnte man leicht erkennen, dass in dem großen Streit und Lärm um die Religion niemand von Gott bevollmächtigt war, die heiligen Handlungen des Evangeliums zu vollziehen. Denn man darf wohl fragen: Haben Menschen, welche Offenbarungen leugnen, die Vollmacht, im Namen Christi zu handeln, wo doch sein Zeugnis nichts weniger ist als der Geist der Prophezeiung und seine Religion sich zu allen Zeitaltern der Welt, wo es das Gottesvolk auf Erden gegeben hat, auf unmittelbare Offenbarungen gegründet hat und durch diese aufgebaut und genährt wird? Wenn diese Tatsachen vergraben und sorgfältig versteckt waren, und zwar von Männern, deren Machenschaften in Gefahr geraten wären, wenn man die Wahrheit auch nur einmal den Menschen ins Gesicht hätte leuchten lassen, so war das doch für uns nicht mehr der Fall, und wir warteten nur darauf, dass das Gebot ergehe: ,Steht auf und lasst euch taufen!‘ Dieser Wunsch ging bald in Erfüllung. Der Herr, reich an Gnade und immer willens, das beständige Gebet der Demütigen zu erhören, ließ sich herab, uns seinen Willen kundzutun, nachdem wir ihn, fern von den Wohnstätten der Menschen, inbrünstig angerufen
hatten. Ganz plötzlich, wie mitten aus der Ewigkeit, sprach uns die Stimme des Erlösers Frieden zu, während der Schleier geteilt ward und der Engel Gottes herabkam, angetan mit Herrlichkeit, und uns die sehnlich erwartete Botschaft überbrachte sowie die Schlüssel des Evangeliums der Umkehr. Welche Freude! Welches Erstaunen! Welche Verwunderung! Während die Welt sich quälte und in Unruhe war, während Millionen umhertappten wie ein Blinder nach der Mauer und während alle Menschen insgesamt der Unsicherheit ausgeliefert waren, sahen unsere Augen, hörten unsere Ohren wie am hellsten Tag, ja, mehr noch, heller als der Glanz der Maiensonne, die damals ihre Strahlen über das Antlitz der Natur ergoss! Dann drang uns seine Stimme, sanft zwar, bis ins Innerste, und seine Worte, Ich bin euer Mitknecht‘ zerstreuten alle Furcht. Wir horchten, wir staunten, wir bewunderten! Es war die Stimme eines Engels aus der Herrlichkeit, es war eine Botschaft des Allerhöchsten! Und im Hören frohlockten wir, während seine Liebe in unserer Seele entbrannte und wir von der Vision des Allmächtigen umfangen waren! Wo war da noch Platz für Zweifel? Nirgends; die Unsicherheit war entflohen, der Zweifel war dahingesunken und konnte sich nie mehr erheben, während Trug und Schein für immer geflohen waren! Aber, lieber Bruder, überlege, überlege noch einen Augenblick lang, welche Freude unser Herz erfüllte und mit welcher Überraschung wir uns wohl niederbeugten (denn wer hätte nicht das Knie gebeugt für solch eine Segnung?), als wir unter seiner Hand das heilige Priestertum empfingen und er sagte: ,Euch, meinen Mitknechten, übertrage ich im Namen des Messias dieses Priestertum und diese Vollmacht, die auf Erden verbleiben sollen, damit die Söhne Levi dem Herrn doch wieder ein Opfer opfern können in Rechtschaffenheit!‘
Ich will nicht versuchen, dir die Gefühle meines Herzens auszumalen, auch nicht die majestätische Schönheit und Herrlichkeit, wovon wir damals umgeben waren; aber du wirst mir glauben, wenn ich sage, dass weder die Erde noch der Mensch mit der Beredsamkeit aller Zeiten auch nur beginnen kann, etwas so aufschlussreich und erhebend in Worte zu kleiden, wie dieses heilige Wesen. Nein, und die Erde vermag auch nicht, die Freude zu geben und den Frieden zu schenken oder die Weisheit zu erfassen, die in jedem Satz enthalten waren, der mit der Macht des Heiligen Geistes ausgesprochen wurde! Der Mensch mag seine Mitmenschen täuschen, und eine
Täuschung mag auf die andere Täuschung folgen, und die Kinder des Bösen mögen die Macht haben, die Törichten und Unbelehrten zu verführen, bis nichts als Schein die Menge speist und die Frucht der Unwahrheit wie ein Strom die Schwankenden ins Grab trägt—aber eine einzige Berührung mit dem Finger seiner Liebe, ja, ein einziger Strahl der Herrlichkeit aus der höheren Welt oder nur ein Wort aus dem Mund des Erretters, aus dem Schoß der Ewigkeit, lässt alles zur Bedeutungslosigkeit schrumpfen und löscht es für immer aus unserem Sinn. Die Gewissheit, dass wir in der Gegenwart eines Engels waren, das sichere Bewusstsein, dass wir die Stimme Jesu gehört hatten und die ungetrübte Wahrheit, wie sie nach Gottes Weisung von einem reinen Wesen strömte—das zu beschreiben, fehlen mir die Worte, und ich werde immer voll Verwunderung und Dankbarkeit auf diese Kundgebung der Güte unseres Erretters blicken, solange es mir vergönnt ist, zu verweilen; und in jenen Wohnungen, wo die Vollkommenheit weilt und die Sünde niemals Einlass findet, hoffe ich an dem nie endenden Tag anbeten zu dürfen.“ (313)
Erst nachdem Menschen ihren Teil taten, indem sie die Voraussetzungen schufen für das Gedeihen einer auf Freiheit basierenden Kirche, restaurierte Gott auf seine Weise was Menschen nicht zuwege bringen können. Die „verlorenen Ringe“ (Lessing), die ihnen entfallenen Priestertumsvollmachten, konnten nur durch direkten Eingriff Gottes wiederhergestellt werden. Genau das bestreitet die gesamte nichtmormonische Christenheit mit aller Entschiedenheit. Es wird sich zeigen, ob sie auch in diesem Fall, besonders in diesem Fall, irrt. Die Frühe Kirche hatte Legitimationen. In Nicäa und später anderswo wurden sie jedoch übel missbraucht. Seit deren offensichtlichen Verlust – der sich in den Wirrungen der Kirchen- und Dogmengeschichte zeigt - reden die Großkirchen dennoch so, als wären sie die legitimen Erben Petri. „Bücher anerkannter römisch-katholischer Gelehrter „Saints and Sinners“ von Dr. Eamon Duffy von der Cambridge Universität und „The Catholic Church“ von Dr. Hans Küng von der Universität Tübingen liefern uns gleichlautende Berichte über das Aufkommen der Vorstellung von einer päpstlichen Vorherrschaft und über das Dogma der apostolischen Sukzession seit Petrus. Beide erkennen an, dass nichts im Neuen Testament Petrus mit Rom in Verbindung bringt. 
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313 Messenger and Advocate, Band 1 (Oktober 1834)

Die Bibel offenbart, dass der Apostel Paulus den Römerbrief geschrieben hat, und Paulus erwähnt Petrus noch nicht einmal bei all den Grüßen, die er über 20 Geschwistern in Rom sendet (Römer 16). Als Paulus ca. 60 n.Chr. nach Rom kam, erfuhr er, dass die Obersten der Juden dort noch nicht einmal vom Evangelium Jesu Christi und dem Reich Gottes gehört hatten (Apostelgeschichte 28, 17-24). Wäre Petrus zu jener Zeit bereits seit Jahrzehnten der Bischof von Rom gewesen, wäre ihnen dann wirklich die Botschaft Christi unbekannt gewesen? Die Idee, dass Petrus in Rom war, ist eine aus dem zweiten Jahrhundert stammende Vorstellung, die im vierten Jahrhundert populär wurde, nachdem Konstantin das Christentum zur offiziellen Staatsreligion des Römischen Reichs erklärt hatte. Die Gelehrten Duffy und Küng zeigen auf, wie die Bischöfe von Rom eine gemeinsame Anstrengung unternommen haben, um die Vorherrschaft über andere Kirchen zu erringen, indem sie eine Reihe von Behauptungen aufstellten. Irenäus von Lyon stellte eine Liste zusammen, die angeblich die Leiter der römischen Kirche bis zurück zu Petrus und Paulus zurückverfolgte. Dr. Küng erklärt: "Bischöfe der Katholischen Kirche sind (wie die der Anglikanischen und der Orthodoxen Kirchen) daran interessiert, sich selbst als ‚Nachfolger der Apostel' zu bezeichnen… [doch]… es kann nicht bestätigt werden, dass die Bischöfe im direkten und ausschließlichen Sinn ‚Nachfolger der Apostel' sind… die früheste Liste von Bischöfen [von Irenäus zusammengestellt]… ist eine Fälschung aus dem zweiten Jahrhundert" (314) Indirekt bestätigen andere katholische Quellen den Trend dieser Feststellungen: „Das Fest der Kathedra Petri, also des Bischofsstuhls des Papstes als Stellvertreter Christi auf Erden, dient dem Gedenken des besonderen Hirtenamtes des Papstes, das Christus dem Petrus übertragen hat. Es ist in Rom schon (??) Mitte des 4. Jahrhunderts bezeugt. Seit dieser Zeit wurde nachweislich ein aus Antiochia stammender Stuhl gezeigt, auf dem Petrus sein Hirtenamt ausgeübt haben soll.“ (315)
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314 (Küng, Seiten 30-31). Douglas S. Winnail „PÄPSTLICHE VORHERRSCHAFT“, 2009 
315 Martyrologium Sancrucense

Korrekt, vor dem Aggressor Damasus, 366, war noch keine Rede vom Papstamt. Und, dann, seit wann reicht ein Stuhl als Basis aus, auf dem etwa Christus gesessen hat, eine Kirche aufzurichten die ihre Legitimationen u.a. aus diesem Möbelstück ableitet? Dagegen führt die Syrisch-orthodoxe Kirche, mit Berufung auf Urkunden und mit biblischer Rechtfertigung, in „ihrer Liste der Patriarchen Antiochias“ Petrus obenan. Vollmachten können natürlich von Person zu Person übertragen werden, allerdings unter festgelegten Bedingungen. Ein Blick auf die ersten drei angeblichen Bischöfe der Sukzessionskette zeigt bereits die ganze Schwäche des gesamten römischen Systems: Erst mit Nummer 14, Zephyrinus um 200, taucht die erste reale Person auf, die andern entstammen einer gefälschten Liste die angeblich Irenäus erstellt haben soll. Aber zu sagen, von Rom käme nichts Gutes wäre eine Lüge.
Annahmen reichen nicht aus. Roms Anspruch die ursprüngliche Kirche Christi hätte ihren Sitz mit Petrus schließlich im Vatikanbereich genommen, kann niemand wirklich glaubhaft machen. Denn was ist eine Kette zwischen Anker und Schiff wert, wenn auch nur ein Glied fehlt? Überhaupt sind alle Daten bis Hippolyt (etwa 220) nicht belegt, wie die offizielle Papstliste zugibt.

Petrus hl.
Römisches Reich, Galiläa 33(?)–67(?)
erster Bischof von Rom? 
2.
Linus hl.
Römisches Reich 67(?)–79(?)
Historizität ist nicht gesichert. 
3.
Anaklet hl.
Römisches Reich, Rom 79(?)–88(?)
Historizität ist nicht gesichert.
usw. 


13. Organisationsformen der Frühen Kirche sowie die der „Mormonen“ - der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage

Auf keinen Fall ähnelt irgendeine Großkirche der ursprünglichen auch nur annähernd. Die Unterschiede, soweit sie die Lehren betreffen, oder das Legitimationsverständnis oder die Strukturen, das Verständnis vom Priestertum und mehr, sind gravierend. Als geradezu katastrophal Gleichgültigkeit erzeugend, stellt sich Dr. Martin Luthers Vorstellung vom Priestertum aller Gläubigen dar, wobei die katholische Kirche wenigstens die Bedeutung des hierarchischen Priestertums hervorhebt. Es muss jedoch Stufen der Legitimation geben. Das lehrt nicht nur der Hebräerbrief. Käme ein Gast aus einer Christengemeinde des dritten Jahrhunderts in eine der typischen Kirchen unserer Zeit, er käme aus dem Staunen nicht heraus. Er würde sich fragen warum ein Amtierender von Jesus gut redet und zugleich im bunten Gewand dasteht. Er müsste sich sogar erklären lassen, was das Kreuz bedeutet, das er nur als Mordinstrument kennt, und was die gesamte Innenausstattung und die kostspielige Monumentalität der Kirchengebäude bezwecken soll, denn Gemeinderäume sind keine Tempel. Wenn man ihm auf Nachfrage antwortete welchem Broterwerb der Prediger nachgeht, würde er die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Geriete derselbe Besucher in eine Gemeinde der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage fände er auffallend Vergleichbares: den Abendmahlstisch, den bilderlosen, schlichten Versammlungsraum, die dreiköpfige Bischofschaft, die zivil gekleideten Amtierenden. Er würde Zustimmung nicken wenn er hörte alle Anwesenden verdienten ihr Brot indem sie ihrem Beruf nachgehen. Er würde die Ältestenkollegien wiedererkennen sowie das worüber in ihren Klassen gesprochen wird. Da ist manches faul im Staate Dänemark, würde Shakespeare sagen. Die Veränderungen kamen gleich nach Nicäa auf, die Ansprüche auf ein Papsttum folgten auf dem Fuße. Und wenn man weiter zurückgeht wird sogleich klar, schon vor der Ära Konstantin gab es römische Wichtigtuer mit kirchlichem Rang, die alles besser wissen wollten als alle andern Bischöfe. Gehen wir noch einen Schritt zurück: Es gab zwölf von Christus ordinierte Apostel. Drei von ihnen wurden, nach dem Tod des Erlösers laut Galaterbrief als „Säulen“ oder Träger der höchsten Verantwortung von allen Christengemeinden anerkannt. Petrus, Jakobus und Johannes. Das erneut in Erinnerung zu rufen ist nicht unwichtig, denn das kirchenoffizielle Rom hat übersehen, dass zu Zeiten der angeblichen ersten „Päpste“ Linus, Anaklet und Clemens noch die „Säule“ der Kirche, Johannes, in Ephesus lebte. Johannes war nach dem Tod des Petrus und des Jakobus der ranghöchste Christ. Nach dem Tod der beiden stand ihm die Präsidentschaft zu. Er blieb Erster über
sämtliche Bischöfe. Niemand war berechtigt ihm diese Führungsrolle abzusprechen, schon gar nicht ein Bruder Linus, von dem man bekanntlich nichts, überhaupt nichts weiß. Solche Feststellung besagt nicht, dass es in Rom damals keine ehrenwerten Bischöfe gab, die im Besitz echter Priestertumsvollmachten waren. Aber die gab es auch in Jerusalem, Korinth, Thessalonich, Phillipi usw. Damit wird keineswegs die biblische Geschichtsschreibung in Frage gestellt, die vatikanische sehr wohl. Alles war damals anders als der Liber pontificalis behauptet. Es gab in der Urkirche Siebziger, und diese jeweils dreiköpfigen! ehrenamtlich arbeitenden Bischofschaften, sowie Älteste die in Kollegien innerhalb ihrer Gemeinden wirkten. Diese Strukturen wurden bald, durch zuvor unbekannte, ersetzt. Die Ämter Priester, Diakone und Missionare blieben bewahrt, allerdings änderten sich deren Funktionen, als die kleine Frühkirche zur Staatskirche mutierte. Sonderbarerweise gibt es Theologen die behaupten, Jesus habe keine hochorganisierte Kirche hinterlassen. Sonderbar, denn Christus der Schöpfer des Lebens dieser Erde schuf die kompliziertesten Gebilde im All und Organismen mit unwahrscheinlichsten Fähigkeiten, doch den Gruppen seiner Anhängern gab er keine Strukturen? Das ist unglaubwürdig. Doch mit welchem Recht wurden Veränderungen eingeführt? Ein Kreis kann nicht vervollkommnet werden. Der Bischof, unbedingt zivil gekleidet, leitete die Gemeinde, vorausgesetzt, da sind mehr als zwei Familien vorhanden. In den ersten drei-hundert Jahren sind, wie Grabungen erwiesen, diese Gemeinden klein wie die Räume in denen sie sich versammelten. Kreuze kamen in den ersten 400 Jahren nicht vor. Die Abendmahlsgeräte waren schlicht. Zeremonien gab es nicht.
„Wie primitiv noch die Gotteshäuser im Anfang des III. Jahrhunderts waren, können wir am besten aus dem Bericht des Lampridius, vita Alex. 49, g entnehmen. Danach bewarben sich unter Alexander Severus (im Jahr 230) die Christen um einen öffentlichen Raum, auf den nur noch die Garköche Anspruch erhoben.“ (316) „Selbst in Rom ... mit dem absolut größten Anteil von Christen an der Bevölkerung lässt sich bis heute kein einziger christlicher Versammlungsort für die Zeit vor der konstantinischen Wende (um 325) nachweisen ...“ (317)
Damals verschönerte der Geist echter Herzlichkeit die Zusammenkünfte 
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316 Jungklaus, Full Text of: „Die Gemeinde Hippolyts ...nach seiner Kirchenordnung 
317 Christoph Müller, Inaugural Dissertation 2003 

von Christen die es liebten frei über den Sinn des Lebens zu reden. Mit der Zunahme äußeren Glanzes, schwand das. Erst später ging es um handfeste Interessen, dann, ab dem 4. Jahrhundert, vor allem um finanziellen Gewinn. Keine Kirche kann auf Geld verzichten. Aber: der Unterschied, zwischen der eigentlichen, der Frühkirche, und der konstantinischen Staatskirche (sowie den in ihrem Fahrwasser sich bewegenden heutigen Großkirchen) kann größer nicht sein:
- die Christen gaben, - die Konstantinianer nahmen es. Sie nehmen es bis heute, das ist ja eins ihrer Kennzeichen.
Wir müssen vergleichen, sobald wir uns auf die Wahrheitssuche begeben. Wenn uns das Leben wert ist haben wir zwischen dem grünen Knollenblätterpilz und dem echten Champignon zu unterscheiden. Den Israeliten aller Zeiten mutete Gott jedenfalls zu die echten unter den vielen falschen Propheten zu erkennen. Bibelleser wissen das. Joseph Smith sagte: die Welt hat schon immer die falschen Propheten für die echten gehalten. Also müssen wir die Augen aufmachen und hinschauen. Reden wir zunächst vom Priestertum dem ursprünglich unbesoldeten und den Verordnungen - den Kirchendisziplinen… Zumindest für Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) ist es interessant zu hören, dass in Rom um 220, wie in ihren eigenen Gemeinden
„…an der Seite des Bischofs zwei Ratgeber stehen. sowie das Ältestenkollegium... (Wenn es sich) um eine auszuübende Kirchendisziplin handelte... so bildete der Bischof mit dem Presbyterkollegium (Ältestenkollegium) das Richterkollegium... Der Bischof ist bei jeder Taufe, bei jedem Abendmahl und bei Ordinationen anwesend... die Diakone besuchen jene Kranken und Alten die der Bischof nicht erreichen kann, aber sie erstatten ihm einen Bericht.“ (318) „(nach Tertullian „(vgl. de bapt.18) ist (die Taufe) bis dahin keine Taufe von Säuglingen, sondern von reiferen Kindern oder Erwachsenen durch Untertauchung). In der Frühzeit wurden nur Erwachsene getauft“ (319)
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318 Jungklaus, Kirchenordnung „Die Gemeinde Hippolyts…“ 
319 Anton Grabner-Haider-Maier „Kulturgeschichte des frühen Christentums“

Wieder ist es spiegelbildlich: Mormonen taufen nur reifere Kinder und auch bei ihnen ist der Bischof ein Richter (in innerkirchlichen Belangen). Wörtlich:
„Der Bischof (einer „Mormonengemeinde) ist ein Richter.“ (320)
Gemeinsam mit seinen beiden Ratgebern und Mitgliedern des Ältesten-kollegiums bilden sie da wie hier das Richterkollegium, das allerdings (von gewissen Fällen abgesehen) weder Übertretungen vergeben darf, - das kann nur Gott im Verhältnis zu echter Reue - noch andere als die Strafen des Gemeinschaftsentzugs oder in schweren Fällen die Exkommunikation verhängen darf. Ausnahmen werden durch Inspiration entschieden. Die bürgerliche Rechtsprechung wurde und ist davon nicht berührt, obwohl diese der Thora entstammt. Sehr unwahrscheinlich ist, dass in den ersten beiden Jahrhunderten würdigen Männern das Priestertum vorenthalten wurde, denn in Christus waren sie Gleiche, potentielle Miterben. Die frühe Kirche kannte und respektierte, wie die Mormonen – und das ist wahrlich kein Zufall - ein niederes Priestertum, das aaronische, oder levitische, sowie die höhere Stufe, das Priestertum nach der Ordnung Melchizedeks. (321) Es gibt zahlreiche Belege für das Verständnis von zwei graduell unterschiedlichen Priestertümern in der Frühen Kirche. Joseph Smith wurde es gezeigt:
Melchisedekische und das Aaronische, welches das Levitische Priestertum einschließt. Das erste wird deshalb das Melchisedekische Priestertum genannt, weil Melchisedek ein so großer Hoherpriester war. Vor seinen Tagen hieß es das Heilige Priestertum nach der Ordnung des Sohnes Gottes. Aber aus Achtung oder Ehrfurcht vor dem Namen des Allerhöchsten Wesens und um die allzu häufige Wiederholung seines Namens zu vermeiden, nannten sie, die Kirche, in alten Tagen dieses Priestertum nach Melchisedek, oder das Melchisedekische Priestertum. Alle anderen Vollmachten oder Ämter in der Kirche sind Beigaben zu diesem Priestertum.“ (322)
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320 Lehre und Bündnisse 64: 40 
321 Hebräer 5: 5-6 „…niemand nimmt sich selbst die Ehre, sondern er wird berufen von Gott gleichwie Aaron. Also auch Christus hat sich nicht selbst in die Ehre gesetzt, dass er Hoherpriester würde, sondern der zu ihm gesagt hat: "Du bist mein lieber Sohn, heute habe ich dich gezeuget." Wie er auch am andern Ort spricht: "Du bist ein Priester in Ewigkeit nach der Ordnung Melchisedeks." 
322 Lehre und Bündnisse 107: 1-5

Die Forschung bestätigt dies: „Petronius´ letztem Willen zufolge sollte ihm sein Bruder Marcellus, Mitglied des dortigen Klerus und bereits mit den Weihen eines Leviten versehen, nachfolgen.“ (323)
Immer wieder verblüffend ist, wie sich an speziellen Vokabeln wie „Weihen eines Leviten“, „Gottähnlichkeit“ „Intelligenzen“ „Entscheidungsfreiheit“ usw. erweist, dass der Mormonenprophet Joseph zu oft ins „Schwarze“ traf, um es als Zufall abzuwerten.
„Nachdem ein Bewerber in den Klerus aufgenommen worden war, hatte er, sofern er höhere Weihegrade anstrebte, weitere Eignungskriterien zu erfüllen“ (324)
Interessant ist natürlich, dass in den Papstwappen die Symbole unterschiedlicher Priestertümer gezeigt werden. Da sind sowohl der silberne wie der goldene Schlüssel des Priestertums: hier im Wappen des Papstes Franziskus. Der noch unbekannte Verfasser des Hebräerbriefes erklärt deshalb: „Denn wo das Priestertum verändert wird, da muss auch das Gesetz verändert werden.“ (321)
Das bedeutet in der Praxis der römisch-katholischen Kirche kann z.B. ein Gemeindepriester ein Kind oder Erwachsenen taufen, nicht aber die Gabe des Geistes spenden, er darf nur dann eine Firmung vornehmen, wenn ihm zuvor die dazu gehörende Vollmachtsstufe vom Diözesanbischof verliehen wird. Gäbe es dort plötzlich nur noch Priester, fänden keine Firmungen mehr statt. Weil „das Priestertum (der Grad der Legitimationen unzureichend ist oder) geändert wurde“. Niemand der einer urkirchlichen Gemeinde diente, erhielt vor 220 Lohn für seine Arbeit, ausgenommen jemand beanspruchte die Rückzahlung einer persönlichen Auslage. So ist es bei den Mormonen! Noch im Jahr 220 tadelte der römische Bischof Hippolyt Rom die ebenfalls römische Gemeinde der Theodotianer die ihrem Bischof ein Gehalt zahlte, dies sei eine „gräuliche Neuerung“ (326) Erst mit der Inkraftsetzung konstantinischer Regelwerke änderte sich das. Mit Konstantin kam der privilegierte Klerikerstand hervor. Er
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323 Chr. Müller „Kurialen und Bischof, Bürger und Gemeinde in der gallischen Stadt des 4. bis 6. Jahrhunderts“ 
324 Jörg Köpke „Die italischen Bischöfe unter ostgotischer Herrschaft“ 
325 Hebr. 7:12 
326 Jungklaus, Full Text of: „Die Gemeinde Hippolyts“

„ (hatte 325) die Verfügung getroffen, Angehörige des Klerikerstandes generell von curialen Lasten zu befreien, das dürfte einige der Curiales (den Stadtadel) dazu verführt haben, die städtischen Verpflichtungen abzustreifen und eine Position im Klerikerstand anzustreben… Kleriker dürfen zudem staatliche Unterstützung, wie Getreidezuwendungen in Anspruch nehmen.“ (327)
Solcher Sittenwechsel musste dem Geist der Kirche schaden. Wäre es nicht so traurig, man könnte darüber lachen, sich vorzustellen wie ein paganer Großreeder eines Morgens erwacht und nach schlimmen Albträumen ausruft: „Heureka! Ich lasse mich auf den Juden Christus taufen.“ Seine Frau wird ihn gefragt haben ob er verrückt geworden sei. „Deine Senatoren werden dich schneiden. Christen werden Leute die nicht alle Tassen im Schrank haben!“ „Nein, mein liebster Schatz! Sie werden sich grün ärgern, dass nicht sie sondern ich zuerst auf die Idee kam. Von den gesparten Steuern werde ich dir einen Palast bauen, mit einer goldenen Kutsche wirst du durch die Stadt reisen. Gaffen werden sie und deine Gunst suchen!“
Zuvor war es lebensgefährlich Christ oder gar Bischof zu sein. Todesmutig standen sie da und erfreuten sich des Lichtes ihrer Erkenntnis. Nach Nicäa wandte sich das Blatt. Die Eigensüchtigen schossen wie Unkraut nach warmem Frühlingsregen auf. Charaktere die der Geld- und Geltungssucht nicht widerstehen konnten rissen das Priestertum an sich. Sie genossen zwar nicht die Privilegien Gottes der inneren Ruhe und Geborgenheit, stattdessen jedoch die handfesten ihres Kaisers. Darin bestand sein Trick: Konstantin kaufte fortan die Priester seiner Kirche.
„Ein Posten im höheren Klerikat, speziell die Bischofswürde, offerierte dem Amtsinhaber die Kontrolle über nicht unerhebliche Geldmengen, auch wenn sich diese offiziell nicht im persönlichen Besitz des Bischofs befanden. Natürlich konnte sich der Staat auf Dauer nicht leisten, die für das Eintreiben der munizipalen Steuern verantwortlichen Curialen und deren Güter an die Kirche zu verlieren. So verwundert es nicht, dass im Westen der unter den Kaisern Valentinian III. und Maiorian 439, 452 und 458 Versuche unternommen wurden, das absolute Ordinationsverbot für Decurionen zu reaktivieren“ (328)
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327 Alexander Demandt „Diokletian und die Tetrarchie – Aspekte einer Zeitenwende“ 
328 Jörg Köpke „Die italienischen Bischöfe unter ostgotischer Herrschaft 490-552“

Dass es diese Ausmaße annehmen sollte hatte wohl auch Konstantin nicht erwartet. Kaufen allerdings wollte er die Gesinnungen schon. Als jemand der das Aufkommen des „real existierenden Sozialismus“ in Ostdeutschland hautnah miterlebte, weiß ich, wie das in der Praxis funktioniert, Gewissen zu kaufen. Wer in der sowjetisch besetzten Zone „etwas werden wollte“ glaubte sich bald inmitten des Elends der Nachkriegszeit genötigt den Kommunismus zu loben, obwohl er selbst das „System“ lieber laut getadelt, wenn nicht verflucht hätte, denn es war zum Zweck der totalen Reglementierung aller Privatinitiativen geschaffen worden. Der in Ostdeutschland meistgehasste Stalinist, namens Walter Ulbricht gab schon vor Gründung der DDR (vor Oktober 1949) Weisungen mittels Geld und Privilegien, leichtfertige Leute zu locken bei der Errichtung eines unnatürlichen Staatsgefüges mitzuwirken, dem er, sowie nur eine Handvoll Gleichgesinnter sich verschrieben hatten. Sie vermochten sich auch deshalb durchzusetzen, weil es im Land die sowjetischen Panzerkolonnen gab, meist wohl versteckt, aber dennoch immer präsent, so in unserem Unterbewusstsein. Ein einigermaßen gebildeter arbeitsscheuer junger Mann konnte sich auf kurzem Weg bewerben Offizier der Volkspolizei zu werden. Binnen Wochen stieg sein Gehalt, als vorheriger Facharbeiter etwa im Juni 1949, von 200 auf 600 Mark Nettoverdienst. Im Straßenbild erschienen damals umgehend mehr Offiziere als Mannschaften. Sie ließen sich aushalten und dienten einem Staat der offen unpopuläre Entscheidungen diktierte, wie Zwangsenteignungen und Überwachung. Die werteschaffende Bevölkerung zahlte den Gesamtpreis. Recht bald erkannte Konstantin, dass ihm ein zusätzliches Defizit im Staatssäckel drohte. Nur wenige Monate – schon 326 – nur wenige Wochen nach der quasi-Anerkennung der Kirche, musste Konstantin wegen den nun sichtbaren Folgen, eine zusätzliche, die Silbersteuer ausschreiben, die auri lustralis collatio. Sie wurde auch als „chrysargyrion“ bekannt und berüchtigt. Jeder der ein Gewerbe betrieb musste sie zahlen. (Die Summen kamen allerdings auch anderen Institutionen zugute, wie der Armee.) So, mittels klingender Münze, hoben der Kaiser und seine Mit-Macher der konstantinischen Kirche das Beste auf, was die eigentliche Kirche zu bieten hatte, - die innere Verpflichtung ihrer Mitglieder zur Wahrhaftigkeit -. Das Neue trug eben den Schimmer von Gold. Das Buch Mormon lehrt dagegen:
„Der Arbeiter in Zion (Kirche) soll für Zion arbeiten, denn wenn sie für Geld arbeiten werden sie zugrunde gehen.“ (329)
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 329 2. Nephi 26: 31

Konstantins scheinbar christengünstige Gesetzgebung, lockte nicht nur ehrenwerte Männer unter das Dach der Kirche. Auch die notleidenden aber vom Christenglauben noch nicht überzeugten Witwen und die gleichgültigen Waisen, so, wie gesagt, gewisse Parasitentypen. Sie fühlten sich zudem von der sich ihnen darbietenden Freundlichkeit und Aufmerksamkeit der noch ideal eingestellten alten Mitgliederschaft angezogen. Damit verhalfen sie der Kirche zu einem bald rasanten Wachstum, was wiederum zu einem vermehrten Bedarf an Klerikern führte. Unversehens wurden die Einsamen und die Bösen Mitglieder einer Familie. Das hatte seine Folgen.
Des Kaisers Erlaubnis, Bischöfe dürften sich der Armenkasse seines Imperiums bedienen, führte zur fast kostenlosen Brotversorgung eben nicht nur der Bedürftigen. Konstantin wollte zwar, dass die Kirche wächst, um ihm zu helfen, Ordnung ins Chaos zu bringen. Aber all die Wohltaten einschließlich der finanziellen Sonderstellung anderer ‚Kleriker’, wollten jetzt allzu viele Leute genießen und ausbeuten.
„(Diese) Gold- und Silbersteuer … wurde zunächst alle fünf, im 5. Jh. alle vier Jahre veranschlagt. Libanios beklagte kurz nach 387 n.Chr. die Ungerechtigkeit dieser Gewerbesteuer, die zu großem Leid und Schrecken führte…“ (330)
Man bedenke, zu diesem Zeitpunkt galt ausschließlich die katholische Kirche – die Kirche Konstantins – reichsweit! als erwünschte und geförderte .
„…Handwerker, ... Gärtner, Fischer, zur See reisende Händler, Kaufleute sowohl in der Stadt als auch auf dem Land (vgl. CTh 13, 1, 10) und auch Prostituierte. ...Die Höhe der Steuer berechnete sich nach dem im Gewerbe tätigen Kapital des Betroffenen. Dazu zählten Werkzeuge, Vieh, Sklaven, sie selbst und ihre Familienangehörigen... Zunächst sorgten die Kurialen und hafteten wohl auch für die Eintreibung dieser Steuer bei den Händlern und Handwerkern ihrer Stadt (Gr. Naz., ep. 98), ab 399 sollten sich die Händler dann jedoch geeignete mancipes aus ihrer Mitte zur Steuereinsammlung wählen, damit nicht länger den Kurialen diese Last aufgebürdet würde… Reiche Fernhändler, die diese Steuer zahlen könnten und sollten, setzten sich über See ab, zurück blieb nur der arme Handwerker mit seinem Werkzeug, mit dem er sich
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330 Sabine Hübner “Der Klerus in der Gesellschaft des spätantiken Kleinasiens” 2005

kaum ernähren könne... Hunde setzten die Steuereintreiber den fliehenden Händlern und Handwerkern nach, so dass es sogar vorkam, dass Eltern ihre Kinder in die Sklaverei verkaufen mussten, um die Steuer aufzubringen. Auch Zosimus zeichnete das gleiche Schreckensbild wie Libanios. Immer wenn die Zeit der Steuererhebung näher rückte, so Zosimos, erhob sich Jammer und Wehklagen in jeder Stadt. Die, die aufgrund ihrer Armut nicht konnten, wurden mit Peitschen und Martergerät gefoltert. So kam es, dass Mütter ihre Kinder verkauften und Väter ihre Töchter an Männer feilboten, um den Steuereintreiber das chrysargyrion liefern zu können... Wie eine Stelle aus der Vita des Johannes Eleemon schildert, war in Alexandria neben den öffentlichen Steuern und der Miete für den Laden zudem noch ein Handgeld für den Marktaufseher, der diese Gelder eintrieb, üblich. Hinzu kam für die in Kollegien organisierten Handwerker und Händler, zu denen ein Großteil der städtischen Gewerbetreibenden gehörte, die Verpflichtung zur Leistung von munera, deren Durchführung von den Kurialen der Heimatstadt organisiert wurde... Schuhmacher galten offenbar als besonders arme Männer, doch selbst auf ihr Schustermesser als ihr einziges Kapital würde, so Libanius, die Steuer von unerbittlichen Steuereintreibern erhoben (Lib., or. 46, 22).“ (331)
„Durch ein Edikt von 346 wurde wiederum bekräftigt, dass Kleriker keine munera sordida leisten und nicht für die Instandhaltung der Wege und Brücken aufkommen müssten. Allen im Handel tätigen Klerikern wurde wiederum auch die Befreiung von der Gewerbesteuer zugesichert, nun aber mit der hinzugefügten Einschränkung, dass sie mit ihren erwirtschafteten Gewinnen die Armen unterstützen sollten. Dieses Gesetz ist ein erster Hinweis darauf, dass offenbar viele Gewerbetreibende in den Klerus strömten und man einen Missbrauch verhindern wollte. Es ging den Kaisern jedoch nicht darum, mögliche Steuerverluste durch reiche Händler im Klerus zu vermeiden, denn deren erwirtschaftete Überschüsse sollten ja den Bedürftigen und nicht dem Fiskus zukommen. Es sollte aber augenscheinlich verhindert werden, dass sich erfolgreiche und wohlhabende negotiatores allein wegen der Steuervorteile zu Klerikern ordinieren ließen, um fortan abgabenfrei ihre Geschäfte betreiben und noch 
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331 Sabine Hübner “Der Klerus in der Gesellschaft des spätantiken Kleinasiens”

höhere Gewinne erzielen zu können. … Viele gingen nach ihrer Weihe ihrem Gewerbe auch weiter nach, Diakone und Presbyter ebenso wie Lektoren. Sie dachten vermutlich auch nicht daran, (ihr Gewerbe) aufzugeben.“ (332)
Jesus dagegen hatte sein Prinzip der Selbstlosigkeit proklamiert:
"Niemand kann zwei Herren dienen: entweder er wird den einen hassen und den andern lieben, oder er wird dem einen anhangen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon." (333)
Vor 325 hatte niemand den Bischofsstuhl ‚bestiegen’. Der erwählte Mann wurde auf Weisung eines „Primus“ (Mormonen nennen ihn „Pfahlpräsident“) durch andere Bischöfe eingesetzt, nachdem die betreffende Gemeinde ihre Zustimmung zu dieser Berufung – wahrscheinlich durch „Erheben der rechten Hand“ – gegeben hatte. „Inthronisierungen“ gab es erst nach Nicäa. Danach kam es zu regelrechten Wettrennen um einen lukrativen Bischofssitz. So sah sie denn auch aus, die Kirche Konstantins. Vieles ist nun besser, aber das „Nehmen“ haben sich zumindest in Deutschland die Großkirchen noch nicht abgewöhnt. Sie nehmen sowohl die als Kirchensteuer einkommenden Gelder, die der Staatsapparat einzieht, wie auch die durch Inanspruchnahme fragwürdiger „Entschädigungen“ durch den Staat. (Dessen Einnahmen stammen bekanntlich zu 90 Prozent aus den von jedermann zu zahlenden Steuern.) Es heißt: dies sei ein Ausgleich für Enteignungen in napoleonischen Tagen. Immerhin ist und bleibt fragwürdig, auf welchem Weg die Kirche „ihre“ Ländereien und Vermögen zuvor erwarb. Expertenschätzungen ergaben, dass die Steuerzahler seit Gründung der Bundesrepublik etwa 15 Milliarden Euro gezahlt haben. (334)
Tertullian (160-220) beschreibt dagegen das ursprüngliche Muster:
„… jeder (Christ) gibt einmal im Monat, oder wann er will, wenn er überhaupt will, und wenn er kann; denn es wird niemand gezwungen“ (335)
In der Kirche Jesu Christi der HLT wird jedes Mitglied zwar ermahnt seinen „Zehnten“ zu zahlen, - um eine Art Vereinigte Ordnung herzustellen - aber niemand wird dazu genötigt oder gezwungen. Diejenigen die nach Nicäa, 325, 
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332 Sabine Hübner, ebenda… 
333 Matth. 6: 24… 
334 Statistik, Bundeshaushalt 2015 
335 Ludwig Hertling SJ, „Geschichte der Katholischen Kirche bis 1740“

Sterbende überzeugten, sie müssten ihre Ländereien und ihr Vermögen wenigstens teilweise dem „lieben Gott“ schenken, operierten mit „himmlischen“ Verheißungen recht erfolgreich, wie man nicht nur in Italien sehen kann. Der wegen seiner ‚Verdienste’ bei der Bekämpfung der Arianer in der römischen Kirche angesehene Damasus von Rom war darin ein ganz Großer! Nachdem er Ursinus Gemeinde zerschmettert hatte, reiste er später in kostspieligen Kutschen durch die Stadt und lebte in Saus und Braus. Zeitgenosse Hieronymus, Damasus späterer Sekretär, als Bibelübersetzer berühmt geworden, berichtet nur, dass „jener Heide Prätextat“, der im Jahre 367 so energisch wider die arianischen Ursinianer einschritt, scherzend zu Damasus zu sagen pflegte:
„Macht mich zum Bischof der Stadt Rom und ich will sofort Christ werden! (Noch war ja das Gesetz zum Glaubenszwang nicht verabschiedet worden, noch durfte ein römischheidnischer Präfekt so reden und spötteln ohne Gefahr für sein Leben befürchten zu müssen. Zwanzig Jahre später hätte er das nicht mehr gewagt. G.Sk.) ...Im Munde des Prätextatus war das ein sehr bezeichnendes Wort, denn er war der erste und reichste Senator und seine Jahreseinkünfte betrugen mindestens eine Million und 152 000 Thaler unseres Geldes ... Und ich leugne nicht, wenn ich den Pomp der städtischen Verhältnisse ins Auge fasse, dass hiernach (d. i. nach der römischen Bischofswürde) gierige Männer mit aller Anspannung ihrer Kräfte um die Erlangung des Ersehnten ringen müssen. Denn wenn sie ans Ziel gelangt sind, kann es ihnen gar nicht fehlen, dass sie durch die Geschenke der Frauen zu reichen Leuten werden, mit prächtigen Kleidern angetan in Kutschen fahren und so verschwenderische Gastmähler anrichten, dass ihre Diners es selbst der königlichen Tafel zuvortun." (336)
Auch die Urkundenfälscher, Steuereintreiber, Bettelmönche, Ablasshändler vieler Jahrhunderte „leisteten“ ihre Beiträge zur Ausbeutung der werteschaffenden Bevölkerung. Sie raubten unter frommem Vorwand die letzten Pfennige der Witwen und Waisen. Auch das kennzeichnete den Abfall vom Ideal. Mehr, es war Abfall von Gott, die Ablehnung seiner Grundsätze der Nächstenliebe in der Realität. Jesus sah es voraus und verurteilte den Gruppenegoismus mit Blick auf die Praktiken einiger Pharisäer:
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336 M. Rade lic. Theol. „Damasus, Bischof von Rom“

„…sie fressen der Witwen Häuser und wenden langes Gebet vor. Diese werden desto mehr Verdammnis empfangen.“ (337)
Christus konnte sein Reich nicht gemeinsam mit jenen Geistlichen des pharisäischen Judaismus aufbauen, die daraus persönliche Vorteile zogen obwohl es fraglos positiv herausragende Leute unter den jüdischen Geistlichen gab, wie Nikodemus, Gamaliel u.a. ungenannte. Wer ausbeuterisch handelte, den mochte er nicht. Deshalb gab er die strikte Weisung, den „Sauerteig der Pharisäer zu meiden, die da ist die Heuchelei.“ (338) Dies war kein gutgemeinter Ratschlag, sondern ein Gebot. Erschütternd für Nachdenkliche ist, in welchem Ausmaß das konstantinische Denken noch das 21. Jahrhundert dominiert. Zusätzlich zu Entschädigungszahlungen nehmen die Großkirchen, was sie bekommen können. Die Lage am Beispiel von Bayern empört nicht wenige:
„Die sieben Bistümer des Freistaats haben jährliche Kircheneinnahmen von rund 1,2 Milliarden Euro, trotzdem zahlt das Land (der Staat) die Gehälter von beispielsweise fünf Bischöfen und zwei Erzbischöfen, zwölf Weihbischöfen, 60 Kanonikern sowie 33 Erziehern an bischöflichen Priester- und Knabenseminaren. In Bayern flossen dafür allein im vergangenen Jahr 65 Millionen Euro vom Freistaat an die katholische Kirche, hinzu kamen 21 Millionen für die evangelischen Kollegen. Auch Baden-Württemberg zeigte sich gegenüber den Geistlichen großzügig: Je 49 Millionen zahlte das Land 2009 an die katholische und die evangelische Kirche. Im protestantischen Norden fallen die Zahlungen etwas geringer aus, sind aber trotzdem beeindruckend: Die evangelische Kirche erhielt vom Land Niedersachsen 30 Millionen Euro, die Katholiken 7,6 Millionen Euro. Insgesamt zahlte Deutschland im Jahr 2009 mehr als 442 Millionen Euro für kirchliche Personalkosten. Die Empfänger der Gehälter finden das nicht unangebracht, sondern selbstverständlich" (339) „Allein der Religionsunterricht kostete den Staat im vergangenen Jahr 1,7 Milliarden, theologische Fakultäten und kirchliche Hochschulen weitere 509 Millionen Euro.“ (340)
Hier wird die Stärke der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage
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337 Markus 12: 40 
338 Lukas 12: 35 
339 Kirchenexperte Carsten Frerk auf Nachfrage des "Spiegel" 340 Spiegel 6. Nov. 2010

deutlich, die Weitsicht eines inspirierten Brigham Young: die Notwendigkeit einer konsequenten Trennung von Staat und Kirche, die er damals im mormonendominierten Utah durchsetzte!
Religion darf nie Unterrichtsfach in staatlichen oder Konfessionsschulen sein. Religion muss im Elternhaus gelebt sowie dort und in den Gemeinden der Kirchen vorgelebt und gelehrt werden. Ihre Hochschulen haben die Kirchen selbst zu finanzieren.
Wenn verantwortliche Kirchenleute sich weiterhin bemühen am Tropf des Staates hängen zu bleiben, schadet das ihrer Glaubwürdigkeit. Aus Reihen der staatlich geförderten Großkirchen kommen zeitgleich die seltsamsten Zerrbildzeichner der Lehren der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, die sowohl in Publikationen offen oder verdeckt im Beichtstuhl agieren. Und die treuesten Gläubigen glauben eben auch der Lüge. Sie meinen, Pfarrer würden immer sauber urteilen. Es geht nicht darum was du und ich meinen, sondern ob Gott unser Tun und Lassen billigt. Es erwies sich, wenn es um die Bewertung des Wahrheitsgehaltes der Lehren etwa der Mormonen geht, dass zahlreichen Geistlichen ihr eigenes Wohlergehen, die Sicherung ihrer momentanen Vorrechte, wichtiger ist als die Verteidigung jener Ideale für die sie einstehen sollten und diese heißen: Wahrhaftigkeit und Toleranz. „Sie wenden lange Gebete vor“, klagte schon Jesus. Zugleich sind sie es die den Mormonenmissionaren als eiserne Wand entgegenstehen: „Mormonen sind die mit den vielen Weibern!“ Ratsch! Out!
Aber, das steht fest, diese jungen Leute der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage erhalten außer von ihren Familien keinen Pfennig für ihren Dienst. Sie sind Vorbilder an Idealismus – und, die Behauptung sie verkündeten religiösen UNSINN ist eine Unwahrheit, gegen deren Verbreitung sich nur selten großkirchliche Geistliche wenden. Aber es gibt sie!
Übrigens gerade jetzt (Jan 2017) wurde durch sogenannte „MormonLeaks“ bekannt wie viel die gegenwärtig 69 Generalautoritäten der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage verdienen (zuständig für 15 Millionen Mitglieder):
“Nämlich alle gleich, jeder 10 000 Dollar pro Monat. Davon bezahlen sie ihren Zehnten und andere Zuwendungen an ihre Gemeinden. Es bleiben ihnen ungefähr 8 800 Dollar übrig.“ Es handelt sich hierbei um Summen, die nicht aus Mitgliederzuwendungen irgendwelcher Art fließen, sondern aus kircheneigenen Farmen und Unternehmungen:

“A second newly leaked document, from a more recent year, is a 2014 memo from the church's Presiding Bishopric (which handles all financial issues for the faith), noting that the "base living allowance" for all Mormon general authorities was being raised from $116,400 to $120,000. …LDS Church spokesman Eric Hawkins declined to confirm the salary numbers Monday, while defending the payment of full-time ecclesiastical leaders. "General authorities leave their careers when they are called into full-time church service," Hawkins said in a statement. "When they do so, they focus all of their time on serving the church and are given a living allowance. The living allowance is uniform for all general authorities [including First Presidency, Quorum of the Twelve Apostles, First and Second Quorums of the Seventy and Presiding Bishopric]." No funds for this "living allowance," the spokesman said, "come from the tithing of church members but instead from proceeds of the church's financial investments." Many of those 89 men in the top tiers of The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints - including Eyring - attended elite schools such as Harvard, Stanford, Yale and the University of Chicago and built successful careers as college presidents, lawyers, surgeons and CEOs. Religious historian Jan Shipps, who is not a Latter-day Saint but has studied Mormonism extensively, was astonished at how relatively low Eyring's living allowance was - even for one more than 15 years ago. Many university presidents and even some faculty make much more, said Shipps, who taught American religious history in Indiana for years. "Compared to their pay, this is small potatoes." A Methodist pastor of a middle-class congregation in the Midwest, she said, "is paid a $138,000 base salary plus a parsonage allowance." Clergy at the local level in Mormonism serve as volunteers at no pay.” (341)
In der Tat, es gibt vorurteilsfreie Souveräne unter unseren Kritikern. Sie schauten erst hin ehe sie sich erlaubten zur Feder zu greifen. Männer wie Pfarrer Fritz Rabe, Neubrandenburg, Prof. Dr. Heikki Räisänen, Helsinki Finnland, oder wie der Sektenkundler Kurt Hutten, der Verfasser des Werkes „Grübler, Seher, Enthusiasten“, der letztlich nicht anders konnte, als zu formulieren: „Mormonismus ist strahlender Optimismus“. Sogar die gröbsten unter unseren Ablehnern, erbitterte Mormonenfeinde wie Pietro Arnese, kommen gelegentlich nicht herum zu bekennen:
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341 Salt Lake Tribune - Utah Jan. 11. 2017

"Mormonen sind gute Menschen. Es hat keinen Sinn, die Fakten und Statistiken zu leugnen, die sie für ihren Patriotismus, ihren staatsbürgerlichen Sinn, ihren Fleiß und ihre moralische Güte auszeichnen. Sie unterstützen sich gegenseitig mit einem Hilfsprogramm, das nur selten mit anderen religiösen Gruppen verglichen werden kann. In den Vereinigten Staaten finden wir einige illustre Namen auf dem Gebiet der Politik, Wirtschaft und Sport. Als soziale Gruppe sind die Mormonen außergewöhnlich." (342)
Andererseits grenzt Arnese sich ab: Der grundlegende Irrtum der Mormonen ist, dass sie eine Offenbarung außerhalb der Bibel akzeptieren. Die „Enthüllungen“ der Lehre und Bündnisse werden jeden Leser der Bibel um ihre Bedeutungslosigkeit und Trivialität treffen, weil es sich um Kleinigkeiten, weit weg von den hohen Themen der Bibel handelt. Das Buch Mormon muss durch eine Art von „blindem Glauben" akzeptiert werden, weil weder die behauptete Originalsprache noch ihr Inhalt durch Gelehrte als seriös und verantwortungsvoll erkannt wurde.“
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342 http://www.apocalypsesoon.org/D/7-mormonen.html

14. Dominierende Interessen und positive Aspekte

Um jedem Missverständnis vorzubeugen: Niemand darf schön reden was hässlich ist. Es gilt das wohl bekannte Wort des Propheten Jesaja: „Wehe denen, die Böses gut und Gutes böse heißen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen…“
Wir urteilen unentwegt, ob es uns bewusst ist oder nicht, aber unser Urteil muss gerecht sein, sonst wendet es sich irgendwann gegen uns, weil anscheinend bestimmt wurde, dass alles herauskommt. Das weiß sogar der deutsche Volksmund mit dem lapidaren Satz:
„Nichts ist so fein gesonnen, dass es nicht käme ans Licht der Sonnen“
Wir stehen damit allesamt in der Pflicht die Dinge so lebensnah und zutreffend wie uns möglich ist zu beschreiben. Sich in die Neutralität oder Gleichgültigkeit zurückzuziehen, könnte darauf hinauslaufen uns selbst bedeutungslos zu machen.
„Ich weiß deine Werke, dass du weder kalt noch warm bist. Ach, dass du kalt oder warm wärest! Weil du aber lau bist und weder kalt noch warm, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde.“ (343)
Das sagte der Herr. Da lege wer kann die Hand auf sein Herz und sage seinem hitzigen Glaubensgegner ins Gesicht: ich stehe für meine Überzeugungen ein, weil ich sie im Verlaufe meines Lebenskampfes in jedem Detail verinnerlichte, weil ich gemäß Christi Wort „innewurde“. dass sie wahr sind.
Zudem rät das eigene Gewissen, nie einen Menschen zu beleidigen, selbst wenn er als anzunehmender Schwerstverbrecher im Kleid eines KZ-Aufsehers daher käme, denn wir kennen sein Tun nicht, bevor es offensichtlich wurde und wir kennen sein Herz nicht.
Ich werde ihn nie vergessen, diesen etwa dreißigjährigen, hünenhaften Goten im liturgischen Kleid eines russisch-orthodoxen Priesters, 1972, in Leningrad (St. Peterburg). Sein junges, weißes Gesicht, der ganze wunderbare Ausdruck seiner Persönlichkeit nahm mich für ihn ein. An diesem Herbstmorgen wollte ich ihn ein zweites Mal sehen und bin früh aufgestanden um ihn, vor dem Morgenausflug unserer Reisegruppe, in seiner Kirche sprechen zu hören. Aber, das gibt es ja nicht bei den Orthodoxen, dort wird herrlich gesungen und
innig gebetet. Ein hakennasiger Sechziger, mit langem, schmalen Gesicht und gewisser Hoheit, der ein Intellektueller sein musste, kam nach der Liturgie mit
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343 Offb. 3: 15

anderen Besuchern nach vorne. Der junge Geistliche nahm ihn unter die Stola und gab ihm, wie ich vermute, einen Segen. Beider Männer Mienenspiel bewies mir ihre ganze Ergebenheit gegenüber Christus. Diese beiden waren nicht lau.
In Moskau bewunderte ich, ein Jahr später, die schlichte, einfarbige, aber ergreifende Deckenmalerei eines Künstlers der in der Epiphanien-Kathedrale eine Geschichte aus dem Johannesevangelium, in einem Zyklus darstellte. Es war die Atmosphäre die mich ansprach, es war die Jahreszahl 1922, die mir sagte, dass in der bittersten Zeit der Nachrevolution einem Mann, dies zu malen wichtiger war als alles andere. Hingebungsvoll erzählt der Maler, wie Jesus zum Jakobsbrunnen geht und eine Frau anspricht, die fünf Männer gehabt hatte und die nun unverheiratet mit dem sechsten zusammenlebte, was Jesus wusste. Ihr Erstaunen: “wie kannst du als ein Jude mich eine Samariterin um Wasser bitten”, beschwichtigte er beeindruckend. All das fand hier seinen schönen Ausdruck.
Wikipedia: die Epiphanien-Kathedrale
Wegen der niedrigen Decken orthodoxer Kirchen war uns das Kunstwerk besonders nahe. Ich fühlte das Wahre und Echte der Glaubenswelt dieses Menschen voller Dankbarkeit, auch wenn uns Besuchern, - (meiner Frau Erika sowie einem ehemaligen Kriegsgefangenen der Sowjetunion der ebenfalls religiös eingestellt war und mir,) - seitens der in schwarz gekleideten Nonnen sozusagen das Gotteshaus verboten wurde. Die Begründung: wir wären Ungläubige.
Das war eine Kanonade wüster Ausdrücke, die auf uns herunter prasselte, die mein Freund Alfred Voß schon im Gefangenenlager gehört hatte.
Die frommen Damen müssen uns beobachtet haben. Dass wir uns nicht bekreuzigten konnte ihnen nicht gefallen. Und da war er wieder, dieser Mix aus Christentum und Heidentum, denn die Christen der ersten 4 oder sogar 8 Jahrhunderte haben sich niemals bekreuzigt, obwohl sie sehr an den Gekreuzigten glaubten. Umgehend erhoben sich viele Fragen in mir. Was sagen die Kenner des Themas generell zur Geschichte der „Christianisierung Russlands“? Schallen die Worte des Großfürsten Wladimir (960-101.) nicht in grauenvollen Dissonanzen weiterhin, als Echo, bis zu uns: „Entweder lasst ihr Russen euch taufen oder ich lasse euch ersäufen. Ein Insider berichtet:
kaum habe Großfürst Wladimir sich taufen lassen „schritt er zur Zerstörung der Götzenbilder. Einige wurden verbrannt, andere in Stücken gehauen, Perun, den Hauptgötzen, ließ Wladimir an den Schweif eines Pferdes binden, ihn vom Berge herabschleifen und in den Dnjepr stürzen. Das abergläubische Volk vergoss Tränen aus Mitgefühl für sein Altertum und folgte lange dem dahin schwimmenden Götzenbilde, welches die Kriegsknechte vom Ufer zurückstießen, aber in seiner Gutmütigkeit wagte es nicht zu murren. Mittlerweile ließ Wladimir in der Stadt bekanntmachen, dass anderen Tages alle Einwohner, ohne Unterschied des Alters und Standes, sich an den Ufern des Dnjepr zur Annahme der Taufe zu versammeln haben, unter Androhung der Ungnade des Fürsten für die Ungehorsamen. Das Volk eilte, den Willen des geachteten Fürsten zu erfüllen. Eine ungeheure Masse Volks, Greise und Jünglinge, sowie Mütter mit ihren Säuglingen erschienen am Ufer des Dnjepr“ (344) Aus dem Mund eines anderen Historikers hören wir:
„Die Massentaufe der Kiewer wurde am 1. August 990 durchgeführt. Sie wurden alle in den Fluss Pochayna gejagt und danach als Christen proklamiert. Obwohl es heute offiziell heißt, dass die Taufe von Kiew in 988 stattfand. Aber in der frühen russischen Chronologie gibt es viele Ungenauigkeiten und umstrittene Daten. Den größten Eindruck beim Volk machte der Sturz der alten Götter. Die Statuen wurden zum Dnepr geschleppt und hinein geworfen. Einige unbewanderte Kiewer liefen zum Ufer und baten ihre alten Götter, dass sie wieder hochschwammen. Die Statue des Perun ist aufgetaucht und ans Ufer geschwemmt worden, an der Stelle wo jetzt die Metrohaltestelle „Vydubychi ist. Die heldenhaften fürstlichen Anhänger aber beseitigten diese Unzucht und brachten den hölzernen Gott bis zu den Felsen im Fluss. Wenn bei der Taufe von Kiew in den Schriften keine blutigen Exzesse erwähnt werden, musste in Nowgorod ein Teil der Häuser verbrannt werden, um die Bürger dazu zu zwingen sich taufen zu lassen. Es gab auch andere Opfer. Eine lange Zeit florierte in der 
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344 Philaret, Bischof von Tschernigow „Die Geschichte der Kirche Russlands“

Rus ein Doppelglaube. Offiziell waren alle Christen. Aber das war nur die äußere Religiosität. Jedenfalls werden heidnische Feste bis heute gefeiert. Auch wenn unter anderen Namen.“ (345)
Wladimir von Kiew hatte, wie siebenhundert Jahre zuvor Konstantin, für sein Imperium, nach einer den Russen angemessenen Religion gesucht. Er ließ katholische Gelehrte kommen, er untersuchte die Lehren des pharisäischen Judaismus der in seinem Hoheitsgebiet stark vertreten war. Sogar eine Hinwendung „seiner“ Menschen zum Islam zog er in Betracht. Ihm wird diesbezüglich der Satz zugeschrieben: Der Rus ist des Trunkes Freund, wir können ohne das nicht sein, dieses Bekenntnis hätte beispielsweise die Ablehnung des Koran zur Folge gehabt.
Konstantins Brutalität war Vorbild für Wladimir.
Nicht auf die leichte Schulter zu nehmen ist, dass die Patriarchen Moskaus und damit ihre Kirche Großfürst Wladimir als zweiten Konstantin verehren - der mindestens sechs Mitglieder seiner Familie ermorden ließ. Beide gelten ihnen immer noch als Heilige. Nachdem Großfürst Wladimirs Legaten in Konstantinopel einen
Bild: Die Inthronisierung des Patriarchen von Moskau und ganz Russland
orthodoxen Gottesdienst besuchte, waren sie von der Prachtentfaltung und den Zeremonien begeistert, denn die Kleriker gingen, seit den Zeiten Kaiser Justinians im sechsten Jahrhundert, gekleidet wie die byzantinischen Kaiser. Sofort, als er das hörte, und auch die politischen Vorteile erkannte, die sich ihm mit seiner Taufe bieten würden, beschloss er seine Völker hätten diese Religion zu übernehmen. Wladimir gefielen diese goldleuchtenden Gottesdienste. Eben das typisch nichtchristliche zog ihn an.
Eine völlig unglaubwürdige Legende die das Gegenteil dessen behauptet, sagt:
„Im Jahr 314 bekleidet Kaiser Konstantin den greisen Papst Silvester I. der die weiße apostolische Tunika trug, mit der roten Chlamyx der Kaiser und Senatoren Roms und erhob den obersten Hirten der Christen aus dem Katakomben-Dasein zur höchsten öffentlichen Würde.“ (346)
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345 Sergej Aleksandrow „Taufe der Rus“ 
346 Kleidung Kardinalspurpur - www.kath.de

Von der eigentlichen Christuslehre hielt Wladimir ohnehin nicht viel, zumal er nur bruchstückhafte Einweisungen verlangte und erhielt.
Das "Ökumenische Heiligenlexikon" schreibt:
"Mit seiner Taufe ... am 28. Juli 988, ... erhielt (Wladimir) den Taufnamen Basil. Nun wurde das christlich-orthodoxe Bekenntnis zur Staats-religion. Große Teile des Volkes wurden - gegen (ihren) Widerstand, der massiv unterdrückt wurde - noch im selben Jahr... - getauft, die Heidenbilder in den Fluss Dnjepr geworfen."
Darf man das, was da im Sommer 988 oder 900 in Russland passierte, einfach so hinnehmen und es obendrein wie einen Sieg der Freiheit, der Wahrhaftigkeit und des Guten feiern? War das christlich gehandelt? Was musste die Folge dieses massiven Verstoßes gegen das Gesetz Christi sein? Hatte Jesus es nicht ganz und gar entgegengesetzt gemeint?
"Kommt her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken… mein Joch ist sanft und leicht ist meine Last.“ (347)
Sein Ziel sei die Menschen zu lehren Friedensstifter zu sein, reines Herzens zu sein, Gerechtigkeit und Freiheit des Denkens und Handelns den andern zu bringen, das sei die „leichte Bürde“ die er seinen Gläubigen auferlegt. Wer jedoch erlaubte Wladimir den Menschen die Freiheit zu rauben? Den Vorgang Menschen gegen ihren Willen eine Gesinnung über den Kopf zu stülpen, kennen wir zur Genüge. Dieselbe Intoleranz zeigte Schwedenkönig Gustav Wasa, der seinen Untertanen 1536 in Helsingland drohte:
„Ihr habt euch zum Luthertum zu bekehren! Wenn nicht, lasse ich ein Loch in den Delensee schlagen und euch darin ersäufen.“ (348)
Die Forschung sagt, Wladimir suchte vor allem ein Militärbündnis gegen Bulgarien. Er ging dann zur Bekräftigung der neuen Freundschaft eine Ehe mit der Schwester des byzantinischen Kaisers Basileios II., Anna ein. Sie wurde seine vierte oder sechste Frau. Die erste, namens Rogned, die schöne Tochter des von ihm überfallenen Fürsten Rogwolod, die er, nach der Ermordung ihres Vaters
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347 Matth. 11: 25 -30
348 Johann I. von Döllinger „Papsttum“

und ihrer Brüder, gezwungen hatte ihn zu heiraten, wurde in eine alte Burg gesteckt. Sogar das „Ökumenische Heiligenlexikon“ bewertet die eigentliche Zielsetzung Wladimirs eher als konstantinisch, statt „christlich“. Sein
“Hauptinteresse galt zunächst der Konsolidierung seiner Gebiete, die er zu einem einzigen Land verband.“
Petrus, Jakobus und Johannes, die Säulen der Kirche, wären aus dem Staunen nicht herausgekommen, wenn sie diese Entartung ihrer Religion miterlebt hätten, die eine Aufwertung sein wollte und doch nichts weiter war als Augentäuschung und Raub jener Menschenrechte die Gott allen gewährt. Ein Rückblick auf das Russische Reich, des 19. Jahrhunderts, in dem (außer den Muslimen und anderen religiösen Minderheiten) - alle Menschen angeblich orthodoxe Christen waren, zeigt in krasser Weise die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Charles F. Ph. Masson, ein Mann mit Augenmaß, der um 1780 die russischen Verhältnisse vor Ort studierte war erstaunt was er nach achthundert Jahren des Wirkens des „Christentums“ in Russland vorfand:
"Der Russe hat an nichts Interesse, weil er nichts besitzt... er lebt ohne Vaterland, ohne Gesetze, ohne Religion... er hat noch gar keinen Begriff davon was es bedeutet frei zu sein, die Erdscholle auf die er gefesselt ist zu verlassen (kann er sich nicht vorstellen....) Er hasst alle Arbeit, weil er niemals für sich gearbeitet hat, er hat sogar noch keinen Begriff von Eigentum. Seine Felder, seine Habseligkeiten, sein Weib, seine Kinder, er selbst gehören einem Herrn, (- einem christlichen Herrn, G. Sk.-) der in Willkür darüber schalten kann, und es auch wirklich tut...
Und dann formuliert Masson den hochkritischen Satz: "Die Philosophie, die seit langen Zeiten der Religion den Vorwurf macht, dass ihre eifrigsten Anhänger gemeinhin die schlechtesten Menschen sind, findet vorzüglich in Russland unzählige Gründe zu dieser schrecklichen Behauptung..."
Masson findet allerdings höchstes Lob für Ausnahmemenschen, wie den Moskauer Erzbischof Platon, Direktor der Akademie, der ein Mann voller Verstand und Beredsamkeit sei, der alles versuchte was in seiner Macht stand um sein Volk zu erheben... allerdings fast vergeblich, weil vor allem die Popen auf dem Land mangels Bildung nicht ausführen konnten, was er wünschte...Viele Jahrhunderte hindurch bedeutete das Christentum in Russland selbst in Kreisen der Gebildeten nichts als eine Art Götzendienst. Masson berichtet weiter:
251
"Außer einem geweihten Amulett, das jeder Russe von der Taufe an, wo er es bekommt, am Halse trägt und nie ablegt, hat er gewöhnlich
noch ein Bild von Kupfer in der Tasche, das den Heiligen Nikolaus oder einen anderen Heiligen, der sein Patron ist, vorstellt. Er nimmt es mit auf Reisen. Nichts ist sonderbarer, als wenn man einem Bauern oder Soldaten zusieht, wie er seinen kleinen Gott aus der Tasche zieht, darauf spuckt, ihn mit der Hand reibt, und sich plötzlich vor ihm auf die Erde wirft, hundertmal das Zeichen des Kreuzes macht, die tiefsten Seufzer ausstößt und seine 40 "Gospodi pomiloi" (Gott sei mir gnädig) hersagt. Ist das Gebet zu Ende so tut er den Gott wieder in die Büchse und steckt sie in die Tasche...
Ich habe eine russische Fürstin gekannt, deren Hausgott ein großes silbernes Kruzifix war, das beständig in einem besonderen Wagen hinter ihr herfuhr, und am Abend in ihrem Schlafzimmer aufgestellt wurde. War ihr der Tag über ein Glück widerfahren, und war sie mit ihren Liebhabern zufrieden, so ließ sie eine Menge Wachkerzen um dasselbe herum anzünden, und sagte dann in einem vertraulichen Ton zu ihm: Nun siehst du? weil du dich heute gut aufgeführt hast, so sollst du auch gut behandelt werden. Die ganze Nacht hindurch sollst du brennende Wachslichter haben, ich will dich lieben, zu dir beten, du sollst mein lieber kleiner Herr Gott sein.
War ihr hingegen irgendetwas Unangenehmes zugestoßen, so durften die Kerzen nicht angezündet werden. Sie verbot ihren Bediensteten dem armen Kruzifix irgendeine Art von Verehrung zu erweisen und überhäufte es mit Vorwürfen, Scheltworten und Grobheiten." (349)
Wahr ist natürlich, dass es zu allen Zeiten und in allen Religionen der Welt Priester und Gläubige gab die den tieferen Sinn ihres Glaubens suchten und ihm nahe kamen, nämlich, dass da ein guter Gott ist, der uns, gemäß unserem Wunsch, zur Welt niedergeschickt hat, damit wir aus eigener Erfahrung lernen Gut von Bose zu unterscheiden, der uns aus der Misere erretten will, indem wir seinen Geboten zur Toleranz, der Grundsatztreue und der Redlichkeit folgen. Immer wieder, in allen Zeiten der Christenherrschaft, gab es neben dem überwiegend negativen Teil der Kirchengeschichte auch Positives. Nochmals gesagt: selbst unter den schärfsten Kritikern des Mormonentums gibt es auch einige die guten Willens sind. Die meisten jedoch leben so gut wie ohne Hintergrundwissen, weshalb sie sich künstlich aufregen. Sie diffamieren was sie nicht kennen. Ob man das christliches Betragen nennen darf?
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349 "Geheime Nachrichten über Russland unter der Regierung Katharinas..." Paris, 1800

Es ist wahr: da sind in der Welt des Traditionschristentums zu viele Äußerlichkeiten auf die zu viele Christen höchsten Wert legen. Nicht wenige denken Kirche habe etwas mit großen schönen Gebäuden zu tun. Doch Christus betonte ausdrücklich: „Das Reich Gottes kommt nicht zu euch mit äußerlichen Gebärden“. In der Version der Lutherbibel von 1912 lautet der Text:
„man wird auch nicht sagen: Siehe hier! oder: da ist es! Denn sehet, das Reich Gottes ist inwendig in euch.“ (350)
Kirche oder wie die Alten sagten: das Reich Gottes, existiert nur im Innersten deiner Selbst.
Es ist wahr, die Russisch orthodoxe Kirche hat sich seitdem sie, um 988, die byzantinische Variante des Konstantinismus übernahm, kaum geändert, aber zu diesem Zeitpunkt war das ursprünglich bescheidene und sanftmütige Christentum bereits gänzlich zugunsten einer rabiaten und zugleich goldglänzenden Religion gewichen. Diese Großmacht verkündete kess, sogar gegen Rom, sie sei die einzig richtige, die allein selig machende. Das aufwendige Zeremoniell der angeblichen „Gottesdienste“ hatte ganz und gar nichts mehr mit dem zu tun, was die Christen der ersten 300 Jahre in ihren Zusammenkünften taten. Diese hörten Ansprachen, teilten das Abendmahl und hielten es für selbstverständlich, dass "Kirche" eine Schule der Tugend und der Menschenfreundlichkeit ist. Ihrem Verständnis nach gab es kein menschenunfreundliches, liebloses, intolerantes Christentum, sondern nur ein Antichristliches. Die Kraft die vom ursprünglichen Christentum ausging sollte das ethische Bewusstsein der Menschen der Kirche stärken, nicht die machtpolitischen Interessen des Staates. Noch viele Jahrhunderte galt als üblich, dass die Priester Angstpredigten, Leibeigenschaft und selbst Sklaverei rechtfertigten, (wie noch 1860 die südlichen Baptisten der USA) Seit irgendwann galt unter Konstantinianern derjenige als Christ der seine Kirchensteuer zahlte und mit den Lippen bekannte was er sollte. Was die betreffende Person wirklich dachte und plante interessierte wenig. Wahr ist, dass kaum eine christliche Priesterschaft protestierte, als etwa den Chinesen des 19. Jahrhunderts im Namen des Friedefürsten zugleich Morphium und ein vorgeblich christliches Kirchensystem gewaltsam aufgezwängt wurde. Nicht im finstersten Mittelalter, sondern noch im Juni 1858, wurde mit dem Vertrag von Tinjan das besiegte China von den christlichen Großmächten, England, USA, Russland und
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350 Lukas 17: 21

Frankreich genötigt, den Opiumhandel zuzulassen um positive Handelsbilanzen zu erzielen. Gleichzeitig erzwangen diese, das Geschehen diktierenden frommen Leute, das „Recht“, die chinesische Bevölkerung auf ihre Weise zu missionieren. Bitter ist die Erkenntnis, dass der vom Opium betäubte Chinese alles akzeptierte, sogar den europäischen Konstantinismus der ihnen als Christentum verkauft wurde. Diese Verrücktheiten, sollten nur noch von denen überboten werden, die beispielsweise in China im Namen von Marx und Mao Vernunft predigten, während ihre Agitatoren, nach „christlichem“ Vorbild selbst eine flächendeckende Politik des Wahnsinns und der Hirnwäsche betrieben.
Das „goldene“ Zeitalter des überfrommen Spanien, zwischen 1500 und 1600 bezahlten die „bekehrten“ Indianer Mittel- und Südamerikas. Silberflotten segelten das erpresste Inka- und Aztekengold herbei. Dieser Reichtum zauberte allerdings keine Supergetreideernten hervor und auch keine Konsumgüter. Spanien stürzte bis 1600 mitsamt dem Raubgold dreimal in den Staatsbankrott. Wie all das passieren konnte? Schritt für Schritt! Paso a paso. Alle haben hinzugelernt, und doch weht immer noch von der größten Kathedrale der Christenheit, der Hauptkirche zu Sevilla, das Banner Konstantins als Wetterfahne.
Diese Wetterfahne, die Giralda, ist seit 1586, das Wahrzeichen der Stadt...


„Giraldillo ist die den (christlichen) Glauben darstellende weibliche Figur mit der Fahne Konstantins.“
Baedekers Reiseführer, Spanien, 5. Auflage, 1992. S. 584

Unter dieser Fahne gedieh die ambrosianische Zwangsgesetzgebung, wie die Vernichtung des arianischen Zweiges der Kirche, so die spanische Inquisition. Unter dieser Fahne marschierten in den ersten Reihen der Autodafe-Prozessionen die Kohlehändler die den Stoff lieferten der die tödliche Hitze für die Häretiker erzeugte.
Bis 1402 stand in Sevilla die maurische Hauptmoschee. Die Giralda ist somit auch das Symbol der Geschichte des königlichen Wortbruches und der Vertreibung von 800 000 Mauren aus Spanien, so wie der Eliminierung der Juden. Sie entspricht dem konstantinischen Ungeist und Willen zur „Macht“. Auf den Mauern ihrer großen ehrfurchtgebietenden Moschee, die muslimische Mauren legten, wuchs Sevillas Kathedrale.
Beide Aktionen, zwischen 1492 und 1609 unter dem Kreuz ausgeführt, gehören zu den schändlichsten in der Historie der „Christen“heit.
Bezeichnend ist, dass der Hauptschuldige an der gewaltsamen Austreibung der Juden und Mauren Spaniens, Erzbischof Don Juan de Ribera, Valencia, durch Papst Pius VI., am 18. September 1796, für dieses Verbrechen und seine Intoleranz „selig” gesprochen wurde. Das ist umso ärgerlicher, als die Christen Toledos nach fast 400jähriger Okkupation durch die Mauren (713-1085) und nach ihrer „Befreiung“ nur das Beste von den Siegern sagen konnten.
Alle Zeugen beteuerten übereinstimmend, nicht ein Maurenherrscher habe sie je genötigt Muslime zu werden. Ausdrücklich gesagt: wo immer die Würde irgendeines Menschen zu kurz kam, da war und ist weder das Gute noch Christus. Alle haben zum Glück hinzu gelernt und hoffentlich auch mit Blick darauf, dass diejenigen schrecklich büßen mussten, die es wagten die Allmacht der Kirche Konstantins auch nur im Geringsten in Frage zu stellen. Leider verschaffte sich diese Einsicht erst im Verlaufe des 2. Weltkrieges mehr und mehr Raum.
Ist es nicht wahr, dass die Soldaten der Christenvölker, noch im aufgeklärten 20. Jahrhundert, trunken vom Geist Konstantins bereit waren einander mit Giftgas auszurotten? Ist es nicht wahr, dass noch 1914, nicht wenige Prediger des intoleranten Christentums fast europaweit den 1. Weltkrieg herbeigebetet haben? Pfarrer und Hochschullehrer Weber verweist mit diesem Eintrag in sein „Jugendlexikon Religion“ auf diesen bedauerlichen Fakt: „jubelnd begrüßten katholische und protestantische Geistliche den Ausbruch des Ersten Weltkrieges … Hei wie es saust aus der Scheide! Wie es funkelt im Maienmorgensonnenschein! Das gute deutsche Schwert, nie entweiht, siegbewährt, segensmächtig. Gott hat dich uns in die Hand gedrückt, wir halten dich umfangen wie eine Braut...komm

Schwert, du bist mir Offenbarung des Geistes... im Namen des Herrn darfst du sie zerhauen.“
Der Name dieses Herrn, der will, dass Christen Christen „zerhauen“ ist dechiffriert. Anteil an dieser Entlarvung haben Menschen wie die Mitglieder der Münchener studentischen Widerstandsgruppe "Weiße Rose" um die Geschwister Scholl, deren Mitglieder 1943 zum Tode verurteilt wurden. Sie wollten damals, im Juni 1942, den verblendeten Zeitgenossen nur die Augen öffnen:
„Jedes Wort, das aus Hitlers Munde kommt, ist Lüge. Wenn er Frieden sagt, meint er Krieg, und wenn er in frevelhaftester Weise den Namen des Allmächtigen nennt, meint er die Macht des Bösen, den gefallenen Engel, den Satan.“ (351)
Männer wie Konstantin, Ambrosius, Justinian zertraten, wie später die Nazis und die Stalinisten, mit groben Füßen des „allein wahren Gottes“ Freiheits-Geschenk. Kehren wir dem Gott der Intoleranz, der 325, zu Nicäa ins Leben vieler Millionen gewaltsam eindrang. den Rücken zu.
Unserer Überzeugung nach wurde die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage wiederhergestellt, in der Absicht eine Brücke für alle zu errichten. Sie soll alles Missverstehen und die unguten Seiten der Geschichte überspannen, eine Brücke des Glaubens an den lebendigen Gott der Liebe, der unser aller Vater ist.
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351 Rainer Bucher „Vorsehung und Religiosität“ 

15. Schaut selbst hin!

An einem warmen, sonnigen Spätsommertag, 1986, also einige Monate nach der Zeit des “Offenen Hauses”, sah ich einen sehr gut angezogenen, nachdenklich vor sich hinsinnenden Mann auf dem Freiberger Tempelplatz. Er saß auf einer der verstreut aufgestellten, weißen Bänke im Grünen, umringt von Blumen-rabatten. Ich ging auf ihn zu, grüßte ihn. Er mochte um die Fünfzig gewesen sein. Er schaute mich sonder-bar an, als wollte er sagen: ich bin nicht gewillt, mich von ihnen belehren zu lassen!
Bild Wikipedia: Hier der Tempel in Zollikofen, Schweiz, der erste den ich je besuchte, 1957.
Ich spürte diese Ablehnung wie selten zuvor, hatte aber das Gefühl, dass ich ihn dennoch ansprechen sollte, ob er eine Frage hätte. Kühl und entschieden erwiderte der Fremde: “Nein!” Er schaute mich nochmals an: “Alles, was ich zu Ihrem Thema zu fragen hatte, wurde schon beantwortet.” Ich sah sofort, dass etwas von Bedeutung nicht stimmte.
Was sollte ich machen? Er wünschte, nicht behelligt zu werden. Es störte mich nur, dass da ein nachdenklicher Mensch saß, der unbefriedigt und mit den von mir vermuteten Vorurteilen weggehen würde.
Doch ich hatte kein Mittel an der Hand, daran etwas zu ändern. Nach knapp einer halben Stunde, als ich zurückkam, befand er sich immer noch an derselben Stelle. Ich nahm allen Mut zusammen, entschuldigte mich und bat ihn, mir nicht übel zu nehmen, dass ich ihn nochmals anzusprechen wage.
Er knurrte: “Ich habe ihnen doch gesagt, dass ich bestens informiert bin.”
Ich fühlte, - oder sollte ich zutreffender sagen: ich wusste, - dass er nicht aus der eigentlichen Quelle getrunken haben konnte.

Was er denn erfahren habe. Er ließ sich auf meine zugegebenermaßen unverschämt nachdrängende Rückfrage tatsächlich ein und begann zu erzählen.
Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte. Nahezu alles was dieser kluge Mann über meine Kirche sagte, war grundfalsch. Es war noch unzutreffender als das von den europaweit bekannten und beliebten Brüdern Schreiber in ihrem Buch “Mysten, Maurer und Mormonen” zusammengestotterte Nichts auf ganzen zwei von vierhundert Seiten. Nahezu jeder Satz strotzte vor Lügen. War beides das Ergebnis bewusster Fehlinformation?
Als mein allmählich auftauender Gesprächspartner sagte, er sei ein Universitätslehrer aus Köln, ein Naturwissenschaftler, bat ich ihn mir zu erlauben, ihm drei Sätze aus dem Offenbarungsbuch des Propheten Joseph Smith vorzulesen.
Etwas gequält erwiderte er: “Aber bitte nur drei Sätze.”
Ich schlug Lehre und Bündnisse auf, Abschnitt 88, Vers 67: “Wenn euer Auge nur auf die Herrlichkeit Gottes ausgerichtet ist, so wird euer ganzer Körper mit Licht erfüllt werden und es wird in euch keine Finsternis sein; und wer ganz mit Licht erfüllt ist, begreift alle Dinge. Darum heiligt euch, damit euer Sinn nur auf Gott gerichtet ist, dann werden die Tage kommen da ihr ihn sehen werdet ...”
“Noch einmal bitte!” sagte der Mann. Er schaute weit an mir vorbei.
Ich las es noch einmal vor.
“Noch einen anderen Vers, bitte.”
“Lasst niemanden euer Lehrer oder geistlicher Diener sein, außer es sei ein Mann Gottes, der auf seinen Pfaden wandelt und seine Gebote hält.”
“Aus welchem Buch haben Sie nun vorgelesen?”
“Aus dem Buch Mormon Mosia, 23,14.”
Er erhob sich, schaute mir eine Weile ins Gesicht. Er forschte mich ungeniert aus, aber es war mir nicht unangenehm. Wahrscheinlich fragte er sich, wer ich sein mochte. Ich bemerkte, dass sein Blick sich wieder meinem schwarzen Ledereinband zuwandte, den ich gewohnheitsgemäß auf dem Tempelplatz bei mir trug.
“Lesen sie selbst!” forderte ich ihn auf: “hier sind zwei Sätze aus den Briefen, die der Gefangene Joseph Smith, 1839, aus dem Libertygefängnis zu Missouri geschrieben hat.” Er las es tatsächlich. Es handelte sich um die Worte: “Die Rechte des Priestertums sind untrennbar mit den Himmelskräften verbunden und können nur nach den Grundsätzen der Rechtschaffenheit beherrscht und gebraucht werden….doch wenn wir versuchen unsere Sünden zu verdecken oder unseren Stolz und eitlen Ehrgeiz zu befriedigen, oder wenn wir auch nur im geringsten Maß von Unrecht irgendwelche Gewalt, Herrschaft oder Nötigung auf die Seele der Menschenkinder ausüben – siehe dann ziehen sich die Himmel zurück, der Geist des Herrn ist betrübt, und wenn er weggenommen wird, dann ist es mit dem Priestertum oder der Vollmacht des Betreffenden zu Ende.”
Sein Kopf kam wieder hoch.
Er dachte eine Weile nach. Tief durchatmend schloss er mit der Bemerkung: “Ich werde mich von meiner Informationsquelle abwenden!” Es klang wie das Zerreißen von festem Papier.
“Tun Sie das, mein Herr. Ich danke ihnen, dass Sie mir zugehört haben.”
“Ich danke Ihnen!” Leider habe ich nie wieder von ihm gehört. Aber vielleicht kommt dieser Tag noch…und sei es in der Ewigkeit.

Anhang:
Ein Brief  - mein Brief - im Internet 12. April 2014 veröffentlicht, aber nie direkt gesendet:
Sehr geehrter Herr Präsident Putin,
gelegentlich lese ich, dass Sie bezüglich der Mormonenmissionare in ihrer Föderation beunruhigt sind, dass diese Menschen im Auftrag amerikanischer Politik agierten.
Gestatten Sie, dass ich als buchstäblich altes Mitglied der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage darauf verweise, dass die Repräsentanten der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik damals ähnlich besorgt waren.
Der damalige Staatsratsvorsitzende und Generalsekretär der SED Erich Honecker, gab aus diesem Grund 1975, um sich ein gerechtes Urteil zu bilden, der in Potsdam ansässigen "Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft" den Auftrag eine Expertise über das Mormonentum zu erarbeiten.
Trotz bestehender internationaler Spannungen zwischen Ost und West fiel die Bewertung wahrhaft aus. Das Expertenpapier bestätigte, dass die Ziele der "Mormonen" progressiv sind, auf Völkerfreundschaft ausgerichtet, bar jeden politischen Machtstrebens. Entsprechend dieser Einsicht gestattete die damalige Regierung den Tempelbau in Freiberg, Sachsen, 1982, (Fertigstellung 1985), drei Jahre später hieß die SED-Führung amerikanische "Mormonen"-Missionare willkommen, die sich in der DDR ungehindert bewegen durften. Es wurde ihnen erlaubt ihr Namensschild offen zu tragen.
Das war eine Sensation und ist ein historisches Zeugnis, dass selbst sozialistische und mormonische Absichten einander durchaus ergänzen können, nicht gegeneinander gerichtet sind, ausgenommen die Tatsache, dass Mormonen jede Art von Diktatur ablehnen.
Ich wünsche Ihnen in jeder Hinsicht Gottes Segen.
Hochachtungsvoll
Gerd Skibbe


"Washington Post" vom 06.August 2012:
Harvardprofessor Clayton Christensen, ein bekennender Mormone, schlug einer Anzahl prominenter Journalisten, auf Anfrage, vor: “Wenn ihr begreifen wollt was “Mormonismus” ist, dann müsst ihr eine Ward (Gemeinde) kennenlernen.” Sinngemäß sagte Clayton Christensen: “nehmt euch die Zeit und besucht die Versammlungen einer unserer Gemeinden. Es gibt genügend in eurer Nähe”, wobei er sich an die Zeit erinnerte, als er selbst in Boston einer solchen Ward vorstand, und welche Sorgen er damals empfand, wenn Menschen seiner Gruppe sich in Nöten befanden.
Es ginge immer um das Bemühen, dem anderen praktisch und mit Rat zu helfen. Vergesst für einen Augenblick die Informationen die euch per Internet oder in Büchern zum Thema "Mormonenreligion" zur Verfügung stehen, bildet euch selbst ein Urteil. Man müsse den Puls fühlen können.“
Als unsere diskreditierte Kirche um das Jahr 1892 noch im tiefsten finanziellen Elend steckte und im öffentlichen Bewusstsein so gut wie nicht wahrgenommen wurde, machte der berühmte russischen Schriftstellers Graf Leo N. Tolstoi, in Bezug auf das Mormonentum eine quasi-Prophezeiung.
Siehe Bild Wikipedia: Graf Leo N. Tolstoi, nach einem Gemälde von Kramskoi, 1873
Er sprach sie gegenüber dem Gesandten der USA aus, Dr. Andrew D. White (1832-1918), dem Gründer der berühmten Cornell Universität. Tolstoi sagte es also zu einer Zeit, als er noch nicht von seiner, der russisch-orthodoxen Kirche exkommuniziert worden war. (Der Kirchenausschluss Tolstois erfolgte 1901 wegen seiner Vorstellung von einem freien Christentum und weil Tolstoi Grundelemente der Orthodoxie ablehnte, jene nämlich die auch Mormonen als unrichtig betrachten.
Der Höhepunkt der Tolstoi-Aussage lautet:
“If Mormonism is able to endure, unmodified, until it reaches the third and fourth generation, it is destined to become the greatest power the world has ever known.”

Wenn der Mormonismus fähig ist unverändert bis zur dritten oder vierten Generation zu bestehen, dann ist ihm bestimmt zur größten Kraft, die die Welt seit je sah, heranzuwachsen.” "Your American Religion" Count Leo Tolstoy, on Mormonism
Count Leo Tolstoy, Russian author and statesman, in conversation with Andrew D. White, United States foreign minister to Russia, in 1892 said, “I wish you would tell me about your American religion.”
“We have no state church in America,” replied Dr. White.
“I know that, but what about your American religion?”
Dr. White explained to Tolstoy that in America each person is free to belong to the particular church in which he is interested.
Tolstoy impatiently replied: “I know all of this, but I want to know about the American religion. … The church to which I refer originated in America and is commonly known as the Mormon Church. What can you tell me of the teachings of the Mormons?”
Doctor White said, “I know very little concerning them.”
Then Count Leo Tolstoy rebuked the ambassador. “Dr. White, I am greatly surprised and disappointed that a man of your great learning and position should be so ignorant on this important subject. Their principles teach the people not only of heaven and its attendant glories, but how to live so that their social and economic relations with each other are placed on a sound basis. If the people follow the teachings of this church, nothing can stop their progress-it will be limitless.”
Tolstoy continued, “There have been great movements started in the past but they have died or been modified before they reached maturity. If Mormonism is able to endure, unmodified, until it reaches the third and fourth generation, it is destined to become the greatest power the world has ever known.”
--Shared by Elder David B. Haight in the May 1980 Ensign

Siehe Bild Wikipedia: Dr. Andrew D. White (1832-1918)
Natürlich schimmert aus dem Hintergrund gegenwärtiger Befürchtungen solches Überlieferungsgut und erregt weiteren Verdacht.
Aber! Welches Missverständnis!
Das Nichttrachten nach weltlicher Macht zeigt sich in jeder These und allem Tun der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, obwohl ihr Programm hochpolitisch ist.
Es ist handgreiflich wahr: zu den Hauptgrundsätzen der “Mormonen” gehört die Pflicht aller Mitglieder das Bemühen um Freundschaft und Vertrauen gegenüber allen.
“Mormonen” waren, selbst im kritischen Jahr 1937, darum bemüht gute Beziehungen zur Sowjetunion aufzubauen. Prof. Harris und zwei weitere Mitglieder der kircheneigenen Brigham-Young Universität, reisten damals, auf Einladung, als Wüstenexperten nach Kasachstan. In ihrem Bericht an den Generalsekretär der Kommunistischen Partei, Josef Stalin, rieten sie zu weiträumiger Aufforstung des Landes, ehe dort Getreide angebaut wird, die Steppenwinde könnten sich andernfalls verheerend auswirken.
Ob Stalin dem Rat folgte oder nicht, sei dahin gestellt. Das Bemühen und Händeausstrecken seitens meiner Kirche war und ist unübersehbar.
Manche halten uns für “Gottes Trottel” wie Jörg Häntzschel am 29. März 2011 in der „Süddeutschen Zeitung“ schrieb. Zu den Trotteln gehören Männer wie Reed Smoot (1862-1941) Senator der USA von 1903-1933, Apostel der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, zugleich enger Vertrauter des US- Präsidenten Harding. Dieser berief ihn im 1. Weltkrieg in die Auslands-verschuldungs-Kommission, und er diente als Vorsitzender des Finanzausschusses des Senats. Jörg Häntzschel wäre wohl etwas behutsamer in der Wahl seiner Worte gewesen, wenn er geahnt hätte wovon er in seiner Kulturkolummne über das Broadway Musical „The Book Of Mormon“ redet. Smoot - der seine Mission für die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in England erfüllt hatte, galt als enorm einflussreicher Experte für nationale Verschuldungsprobleme. Er wollte, - entgegen dem Streben einiger Finanzhaie - das Deutschland sich von den, freilich selbstverursachten Wunden des ersten Weltkrieges wieder erholt. 1920, bürdeten die Siegermächte Deutschland mit der Konferenz von Boulogne die Last von 269 Milliarden Goldmark (umgerechnet etwa 1 400 Milliarden Euro) Reparationszahlungen auf, die binnen 40 Jahren zu leisten sind. Zudem sollten die Deutschen ein gutes Zehntel ihrer Einnahmen aus internationalem Handel an die Alliierten zahlen. Das wies der Reichstag ab und umgehend marschierten englische und französische Truppen ins Rheinland ein. Sofort brach die deutsche Wirtschaft zusammen. Es wurde produziert, aber die Arbeiter produzierten keine echten Gegenwerte und mussten dennoch bezahlt werden. Geld war immer weniger, bis nichts mehr wert.
Smoot warnte energisch, dass Revanchisten aufkommen könnten.
Man bedenke: Das Jahr 1923 hing wie eine schwarze Gewitterwolke über dem Verliererland. Die psychologischen Folgen der Angst vor einer galoppierenden Inflation wirkten sich schließlich als Katastrophe aus. Das plötzliche Misstrauen des Mittelstandes, die staatliche Finanzpolitik sei auf Täuschung der Öffentlichkeit aufgebaut, reizte und peitschte die Nerven aller. Vorsicht trieb die Händler zu überzogenen Reaktionen. Das künstliche Finanzgefüge brach zusammen. Eine Schachtel Streichhölzer, 1910 für einen einzigen Pfennig zu erwerben, kostete im November 1923 schließlich fünfundfünfzig Milliarden Mark. Selbst kleinere Fabriken mussten, um das Geld zur Löhnung ihrer Arbeiter transportieren zu können, Pferdefuhrwerke zu den Banken schicken. In sechzig deutschen Notendruckereien spuckten die insgesamt 1723 Druckmaschinen pausenlos Geldscheine mit astronomischen Zahlen aus. Tag und Nacht liefen die Aggregate der Papierfabriken. In dieser Zeit der Verschärfung der Konflikte stellte sich der Utah-Senator Reed Smoot gegen den amerikanischen Kongress. Sie Senator und Apostel der Kirche Jesu Christi Reed Smoot überspannten den Bogen.
Hätten die Alliierten, 1922 und später, auf Smoots Vorschläge positiv reagiert, wäre sehr wahrscheinlich Herr Hitler nicht zur Allmacht gelangt, nicht mehr und nicht weniger!

Das Elend hätte das (internationale) Judentum verursacht, behauptete der Obernazi nicht folgenlos.
Auf der Gegenseite standen die Kommunisten und boten eine Alternative, die kaum weniger gefährlicher war.
Das Selbstbewusstsein konnte sich nicht erholen,
Smoot warnte immer wieder davor, die deutsche Bevölkerung in die Arme derer zu treiben, die einen Vergeltungskrieg (oder die Sowjetisierung) anstrebten: In einer seiner Reden sagte er wörtlich:
Deutschland gleiche dem Kaufmann von Venedig, Antonio, der seine Schulden an den Geldverleiher Shylock nicht zurückzahlen kann und dieser wetze schon sein Messer um das eine Pfund Fleisch aus dem Leib des Kaufmanns zu schneiden...
Hier ein anderer “Trottel”, der berühmte Candybomber
Man darf nicht vergessen, dass die air force zuvor andere Bomben abwarf. Seinem Beispiel folgten viele Piloten. Diese Kleinigkeit hatte großen Einfluss auf den Stimmungsumschwung. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Alta erfüllte Gail Halvorsen zwei Missionen für die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. In den 60ern in London, 1995 in Sankt Petersburg Russland.
Siehe Bild Wikipedia: Gail, 1972, ausgezeichnet mit dem Großen Bundesverdienstkreuz
bereitet die kleinen Fallschirme vor an denen die Schokopäckchen hingen
Ron Dittemore, der frühere Manager des Shuttle Programms der Nasa
bekennt sich zu einer Kirche, die lt. Jörg Häntzschel eine Märchenreligion ist, mit den Worten:
“I am a convert to the church, having received a wonderful witness of truth about the gospel of Jesus Christ after graduating from college ...
I was baptized when I was 23 years old after reading the Book of Mormon and being taught by wonderful Mormon missionaries. It was a defining moment in my life, a gateway to a new beginning following the example and teachings of Jesus Christ. After 35 years I still remember the excitement of being baptized and the peaceful feelings that accompanied that experience. I have been richly blessed since that day, developing many talents and experiencing personal growth through service to our friends and neighbours. It has been and continues to be a great journey. “
Dr. Daniel Martinez, Elitestudent der Mayaistik auf Kosten der mexikanischen Regierung sagte mir vor wenigen Wochen, dass es eine Fülle von Übereinstimmungen moderner Forschung mit Aussagen des Buches Mormon gibt. Das trifft insbesondere auf den Jareditischen Bericht zu.
Lieutenant Colonel Larry Chesly
Sein Statement lautet wörtlich:
“I am a Mormon and I believe deeply in my religion. It was one of the strengths I clung to during those dark days. I believe in a God who is like a Father, One who cares about His children. I had a patriarchal blessing when I was young (about 14) and it said that if I were ever called into war that no matter what would come or what would go, I would be returned to my loved ones. So I never doubted for a moment. I knew that I would come home someday.”
Henry Eyring (1901-1981) stellte die molekulare Reaktionstheorie auf. Er war lebenslänglich bekennendes Mitglied der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, diente als Gemeinde- und Distriktpräsident, erhielt 1980 den Wolfpreis für Chemie und 1966 die National Medal of Science für die Entwicklung der Transition state theory. Er fragte:
Bild Wikipedia:
"Is there any conflict between science and religion? There is no conflict in the mind of God, but often there is conflict in the minds of men.”

Sein Sohn Henry B. Eyring
jetzt Mitglied der Ersten Präsidentschaft der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, war "associate Professor of business at the Stanford Graduate School of Business von 1962 bis 71.
Weitere "Trottel Gottes" sind:
Dr. John S. Lewis (1941-) Astrophysiker, 150 wissenschaftliche Publikationen, 1976 mit der James Macelwane Medaille ausgezeichnet, schloss sich 1980 der Kirche Jesu Christi der HLT an
Er bekennt sich zu einer Kirche, die lt. Jörg Häntzschel eine albere Religion ist, mit den Worten:
"...The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints, with its long tradition of free inquiry and of individuals prayerfully testing every point of doctrine for themselves, is fully compatible with the scientific method. The priesthood is held by every worthy male, and any may be called to positions of authority and responsibility in the Church. There is no paid clergy. The Church is led by Jesus Christ, as its name clearly attests. There is not and has never been a “Mormon Church,” a phrase originally invented by enemies of the Church to avoid acknowledging what it really is. We have the priesthoods held anciently by Aaron, by Abraham, and by Jesus Christ himself, restored in our time. We have temples, restored by divine direction, in which the ancient ordinances of salvation, including baptism for the dead, are carried out. We believe in the reality of the Father, Son, and Holy Spirit, one in purpose and three in number. They are no more one person than Paul and Apollos (I Cor. 3:6-8) were the same person.
I testify that Jesus is the Christ, the Saviour and Redeemer of mankind, which I can say only by the witness of the Spirit. I further testify that the Book of Mormon is another witness of Jesus Christ. I believe in the words of Christ, when he said “be ye therefore perfect, even as your Father which is in heaven is perfect” (Matthew 5:48). This is our challenge and commandment. I know of no other church that believes that these words of Christ are literally true." Mormon Scholars Testify, Blog Arch, Internet
Von mehr als 24 000 hochgradigen und entschieden bekennenden "Trotteln Gottes" noch einige wenige:
Jed A. Adams agricultural Economics, California state Government
“Like many others who wanted verification from Heavenly Father, I began to put this to the test. I studied the Book of Mormon, fasted, and knelt down and prayed many times with a sincere heart to know if it was true. I also prayed to know if Joseph Smith truly saw God, the Father, and Jesus Christ. I also prayed to know if the Church of Jesus Christ of Latter-day Saints was the true church on the earth. These efforts continued after I began attending the University of California at Berkeley. In due time, Heavenly Father did answer my prayers by the gift of the Holy Ghost. Since that time, I have had other personal experiences that could easily be called miracles. These will not be discussed, as they are most sacred to me. I have also witnessed positive changes in the lives of others who have sincerely put this to the test. These experiences have further strengthened my testimony about the truthfulness of the Church.
For many years it has been my testimony that I know the Church of Jesus Christ of Latter-day Saints is Christ’s true church on the earth. I know that Joseph Smith did see God, the Father, and Jesus Christ, and conversed with them. I know Joseph Smith was chosen by Heavenly Father and Jesus Christ to be the prophet to restore His Church to the earth with the same organization and doctrine as the church Christ established when He was on the earth. I know the prophet Joseph Smith was given the holy priesthood as part of this restoration, and it continues in the Church today. I know the prophet Joseph Smith translated the Book of Mormon from the golden plates by the gift and power of God, and that it is a second witness of Heavenly Father’s plan for us to return to Him, and that Jesus Christ is the Saviour of the world.
This same process is available to anyone who sincerely desires to know the truthfulness of these things. I encourage you to put it to the test."

Astronom Dr. Ellis Miner
"As a member of the Church of Jesus Christ of Latter Day Saints, he has served in leadership roles and taught high school students at early morning seminary. Miner has also penned books on Uranus and Neptune. He served as the science manager for the Saturn-bound Cassini mission for nearly a decade and is currently a member of the Earth and Planetary Sciences Division Staff and co-director of the NASA Solar System Exploration Education and Public Outreach Forum."
Richard A. Searfoss space Shuttle Commander 1998, Mormone.
Dr. Garry and Kathy Hadfield, Dr. M. Gary Hadfield received academic degrees from Weber College (Ogden, AA ‘55), BYU (Provo, BA—French and Pre med ‘60) and the University of Utah School of Medicine (SLC, MD ‘64). He pursued an internship and residency in general pathology at Cornell University—New York Hospital (Manhattan ’64—‘66), then Neuropathology at Montefiore Hospital/Einstein School of Medicine (The Bronx ‘66—‘68) and finally post-doctoral training in neurochemistry at NYU—Bellevue Hospital (Manhattan’68—’70). He is an emeritus professor of pathology (neuropathology) at Virginia Commonwealth University Health Sciences School of Medicine/ Medical College of Virginia, Richmond, VA, where he taught and practiced from 1970—2003. His major research interests included the effect of neuroactive drugs of abuse on catecholamine neurotransmitter systems in the rodent brain and electron microscopy of human brain diseases, resulting in over sixty peer-reviewed publications and numerous abstracts. He has been active in leadership and teaching positions in the Church of Jesus Christ of Latter-day Saints throughout his adult life and formerly served as an LDS representative to the Virginia Council of Churches.
Garry said: "I wish to leave you with my firm testimony that God lives and that the Church of Jesus Christ of Latter-day Saints represents his authorized church, fully restored as it existed perfectly in New Testament times, with the same Priesthood power to administer the church and heal the sick. To me, “The New World Testament,” the Book of Mormon, provides unquestionable evidence of that restoration. But it is the Holy Ghost bearing witness of the tome’s truth, when I read it, that seals my testimony."
Bild Wikipedia, Robert Oaks, Generalautorität der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, zuletzt Vier-Sterne-General
In einer Konferenzansprache (April 2005) sagte er:
"Jetzt ist es wahrhaftig an der Zeit zu zeigen, dass wir zum Herrn stehen...
Heute gibt es in der Kirche etwa drei Millionen Priestertumsträger, zu gleichen Teilen Träger des Aaronischen und des Melchisedekischen Priestertums.
Leider fehlen viel zu viele dieser Männer, junge und weniger junge; sie fehlen unentschuldigt. Einst saß jeder von ihnen demütig da, als ihm Männer mit Vollmacht die Hände auflegten und ihm das Priestertum übertrugen. Damals sind sie mit dem Herrn den Bund eingegangen, ihm zu gehorchen und zu dienen.
Brüder, dies ist sein Werk. Das Evangelium Jesu Christi in seiner Fülle wurde in diesen Letzten Tagen durch den Propheten Joseph Smith wiederhergestellt. Christus steht an der Spitze dieser Kirche und führt sie durch seinen lebenden Propheten, Gordon B. Hinckley, vorwärts. Christus wird auf die Erde zurückkehren, um zu herrschen und zu regieren, und jeder von uns wird eines
Tages vor ihm stehen, um gemäß seinen Gedanken, Taten und den Wünschen seines Herzens gerichtet zu werden. Er ist unser Erretter und unser Erlöser. Davon gebe ich Zeugnis in seinem heiligen Namen. Amen.
Abschließend möge die Autorin Daniella Tumminio zu Wort kommen, ein Nichtmitglied, mit ihrem Artikel:
"Don` t Judge a Book of Mormon By Its Cover: How Mormons Are Discovering the Musical as a Conversion Tool"
Veröffentlicht in Huff Post Religion, vom 13. May 2013:
I met two Mormon missionaries, Elders Skyler Fenn and Jacob Chapman, on a chilly spring evening when my husband and I attended the musical "The Book of Mormon." They were handing out copies of the LDS Scriptures -- aka the original Book of Mormon -- near the theatre entrance, and I couldn't resist talking with them. I was curious about why they chose this place to market their religion, given that the folks who purchased tickets were walking into a show written by "South Park" creators that involves a liberal dose of cursing and reference to sexual body parts. At one point, a copy of the Book of Mormon gets thrust up the main character's bum, and overall, the missionaries depicted in the musical come off as well-intentioned but naïve.
None of that stopped Elders Fenn and Chapman, though, even though they admitted to me over lunch several days later that they were initially hesitant to proselytize outside of the theatre.
"We were actually really reticent about it. We were really scared." That was Elder Chapman's first response when a member of his local church, called a ward, suggested the idea. "When I heard about some of the songs that were in it, it did make me a little uncomfortable ... It says foul language, and it seems like it has some stuff that makes pretty blatant fun of what we believe, and so that hurts a little bit."
That the Church of Jesus Christ doesn't formally embrace the musical only further heightened their concern. While the Church does not boycott entertainment events, it encourages members to exercise dignity and decorum. (Perhaps it goes without saying that a musical filled with lewd language and mockery of Mormons violates that dignity and decorum in a number of ways.)
And yet, the missionaries came to the theatre anyway, ready to accept any discrimination or harsh words that came their way. What came their way, however, wasn't what they expected.
A New Way of Proselytizing
Elders Fenn and Chapman told me that they're used to standing outside, handing out copies of the Book of Mormon to strangers. The Church of Jesus Christ of
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Latter Day Saints calls the practice street contacting, and it's one of the traditional ways for missionaries to reach potential converts. Street contacting is challenging, and the Elders experienced that firsthand during the months they've served as missionaries: People ignore them or cross the street. In a couple of hours, they might hand out only a few copies of their Scriptures.
So that's what they expected to happen at the musical.
Instead, they handed out 40 copies -- an entire box -- of the Book of Mormon in under an hour. One girl ran up to them to get her picture taken once she realized that the missionaries were real Mormons and not actors. Later, a member of the cast named Kevin Mambo tweeted a photo of the three of them taken by a security guard. The missionaries forwarded it to their families.
"The response was great," said Elder Chapman, who noted that even those from outside the religion embraced what he and his partner were trying to do. He recounted that one Jewish woman even went to far as to suggest improvements, like sponsoring a forum after the show or a question and answer section in a nearby bar.
I wondered if one reason why the audience warmed to Elders Fenn and Chapman was because of the context: Their presence might seem threatening on a rush hour street corner where briefcased men and suited women in sneakers race home to boil mac and cheese for over-exhausted children. In that setting, their holy book might appear to be one more set of dogmatic rules that oppresses people who only desire freedom and space.
Standing outside the musical, though, the setting was very different: Their dark suits and combed hair hearkened to beloved characters. Theatregoers like myself discussed Mormon beliefs during intermission casually, lightly, like sports fans chat about who won the latest Red Sox game.
Elder Chapman and Fenn's presence at the musical seemed to humanize concepts like "missionary" and "Mormon" for the audience, maybe even dispelling the reputation the religion has for being sober and straight-laced. As Elder Fenn told me, "That was kind of my intent, just to go there and be like, 'Hey, we can take a joke."'
If Elders Chapman and Fenn approached the musical as a teachable moment that might allow potential newcomers to get to know them and their faith better, the institutional Church seems to be taking similar steps. Initially, the Church's only response to the musical was this: "The production may attempt to entertain audiences for an evening, but the Book of Mormon as a volume of scripture will change people's lives forever by bringing them closer to Christ."
Two years later, though, the Church may be seeing the musical as an opportunity, just as Elders Chapman and Fenn did. My Boston Playbill featured several advertisements by the Church, each with a photo of a practitioner that violated the religion's blonde-haired, blue-eyed stereotype -- a goateed Caucasian, an Asian woman, an African-American man. The denomination also took out billboard space on Times Square, and when the musical began playing in London's West End, they placed advertisements on the city's tube stations, train stations and buses. Elder Clifford Herbertson, an LDS Church leader, explained these choices, saying, "When people get to know a member of our faith, misperceptions and misunderstanding quickly disappear and are replaced by mutual respect and friendship; these adverts are in no way a tacit endorsement of the play but we want those who have questions to know where they can find real answers."
The emphasis on showing the diversity and humanity of followers of a faith with a reputation for having adherents who are well-behaved, well-groomed, white, and well-off seems to be something the LDS Church is striving for even outside of its relationship to the musical. Recently, it launched a new publicity campaign called "I'm a Mormon" composed of personal vignettes that can be watched on the Church's official website or on YouTube. Each video emphasizes diversity and inclusiveness -- there's one from an Irish gold-medal winning paraplegic and another from an African woman from Cameroon who now lives in Germany.
The gist: The Church wants to cultivate relationships with everyone, and all are welcome.
What the LDS Church seems to be doing in trying to reach newcomers in many ways reverses traditional conversion methods, where the emphasis is on teaching doctrine first. The idea is that if you know what a religion believes, you'll come to believe it yourself, and then become part of a community of believers. Instead, the LDS Church now seems to be embracing a different approach -- meet us, become part of our community of believers, and you'll come to believe in the faith yourself and become more familiar with the religion's dogma as a result. (For more on this shift, it's worth comparing missionaries' old handbook, called "The Uniform System for Teaching the Gospel," with the one they began using in 2004 called "Preach My Gospel." A similar shift emerges from dogma first to relationships presents itself there.)
As an Episcopal Church leader, what intrigues me about the choices the LDS Church is making is that this relational emphasis is a shift I see in my own and other Protestant denominations. Case in point: your average Protestant church stewardship campaign. If one had stepped into said average Protestant church in the 1980s during stewardship season, he or she might been point blank asked for money or handed a note that suggested a tithing percentage. Today, that same church probably runs its campaign by asking a few committed members to explain how the church enriches their lives on the assumption that parishioners will be more likely to give generously when the mission of the church is made personal and tangible for them. In other words, for a religion to be vital, it needs to show it's relevant to people. And the LDS Church seems well aware of that.
As were Elder Chapman and Elder Fenn. When I asked them to recollect on how the experience of proselytizing outside the musical affected them, Elder Chapman told me that, "It was really cool to me to see that it overcame the stigma; it made it possible for us to say, 'We're real missionaries. This is what we do. This is the real thing, and we're offering you something that may be memorabilia for you to put on your shelf, but it will change your life if you actually read it."
And yet, when I thought about how the audience responded to these missionaries, I realized that their welcome and their enthusiasm was pretty ironic, given that the musical is intent on poking fun at Mormons, not on garnering potential converts.
So I wondered: Does it actually work? Can a musical that mocks a religion humanize and even bring people toward it?
Do people ever go to see this musical and have their life changed?
'The Book of Mormon' as a Musical Conversion Tool
Before my conversation with Elders Fenn and Chapman ended, they told me about a member of their church named Liza Morong, a musical theatre major in Boston who converted in 2011 after seeing the musical on Broadway. They gave me her phone number and two hours later, we met up and she told me her story.
Intrigued by the musical back in 2011, she found herself Googling the LDS Church. When she landed on the Church's website and clicked the link to chat online with a missionary, her initial thought was, "Yes! I can rip the missionaries to shreds." (In retrospect, she added, "I was such a little entitled brat then.")
Liza clicked on the chat function, but before she was able to bombard the missionaries on the other end with a political diatribe, she told me that something within her felt that she didn't want to hurt these strangers. So they began a conversation about faith together, and at the end, when the missionaries asked her if she wanted to learn more, she figured there'd be no harm. They continued their conversations on Facebook and Skype, and later, the missionaries sent her a Book of Mormon. Soon, she found herself dressing for church on Sunday mornings, even though the missionaries never pressured her to convert. They wanted to let her find the truth of the faith for herself.
And one day, she did. Riding her bike to class on a weekday morning, Liza said she felt overtaken by a feeling of calm as she watched the sun sparkle through the trees. "I knew it was coming from God," she said. "My heart feels full when I talk about it."
The missionaries she met online baptized her on Dec. 31, 2011.

Liza told me that the irony is not lost on her as she looks back. "I went on to mock them [the missionaries]," she said, "and now I realize, they've become like my family."
She also said that she's seen the musical after her conversion, and it still gives her goose bumps. "I start to feel the Spirit because this is where it all started," she said. "Who would have ever guessed?"
One of the things that occurred to me as Liza was talking was that maybe she wasn't exactly a traditional Mormon convert -- as a musical theatre major, the show might have been able to speak to her in a way that it wouldn't have if she was passionate about synchronized swimming or circus fleas instead.
So I asked Liza if she thought she would have become a Mormon if she'd never set foot inside that Broadway theatre. I thought it would take her awhile to answer, but she responded quickly, confidently, saying, "I believe that if the Lord wanted me to find the Gospel, I would have found it eventually. I'm really happy that it happened the way it did, because it goes to show you how well He knows me as a musical theatre major. He'd be like, 'I got her!'"
It occurred to me then that maybe the Mormon Church was doing something really smart in cultivating relationships with people who saw the musical. Yes, the musical might make fun of Mormons. Yes, the musical has a message that Mormons probably shouldn't embrace if they want to remain true to their tradition. But that doesn't preclude it from being a vehicle that God uses to speak into people's lives. After all, many people find faith after experiencing a trauma, after making bad choices or struggling with addictions to drugs or alcohol. None of these things are or should be embraced by any religion. But most religious leaders would still agree that those experiences can teach us something valuable, and that God can teach through them.
As I reflect on my conversations with Elder Fenn, Elder Chapman and Liza Morong, what I see as the thread that weaves their stories together is a desire to seek and find God in the world. They still believe that God speaks through the Bible, and they certainly believe that God speaks through the Book of Mormon. But what they seem to have discovered is that God doesn't only speak through those ancient revelations. Instead, revelation continues today, in the lives of musical theatre majors and curious "South Park" fans and young missionaries and gold-medal winning paraplegics and women rushing home in suits and sneakers to feed their children. It continues within the walls where religions are practiced and outside of them, and if God wants to find you, not even the act of pressing a holy book up a character's bum will prevent it from happening.
At the end of our interview, I asked Liza if there was a song or lyric from the musical that continues to impress her. She told me about a song called, "I Believe," that's sung by a headstrong missionary whose passion for converting
Ugandans leads him to gleefully proselytize to a warlord, somewhat mindless of the gun pointed in his direction. The character says, "I believe the Lord will reveal it, and you'll know it's all true, you'll just feel it."
In the context of the musical, the song is funny, highlighting this missionary's idealism and his cluelessness. But for Liza, it has a deeper meaning. As she recounted those words, she looked straight toward me, her eyes sparkling and energized. "It's true. You do just feel it, and it's beautiful. So now whenever I hear that, I think, 'Ugh, they're right about that! Well done, 'South Park.' Well done!'

Wahr ist, was Jesus lehrte: „Meine Lehre ist nicht mein, sondern des, der mich gesandt hat. So jemand will des Willen tun, der wird innewerden, ob diese Lehre von Gott sei, oder ob ich von mir selbst rede.“ Johannes 7: 16-17
Wir wurden es inne, diese Lehren kommen von unserem Vater „überm Sternenzelt“, sie sind zu schön um von Menschen erdacht zu werden.
Gerd Skibbe
Melbourne, März 2017

Montag, 10. Dezember 2018

Ingrids Auswahl - Ingrids Poetry (58)





Then that which you have decided to DO -DO
Patience in life’s battles will see you through.
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Ingrids Auswahl - Ingrids Poetry (57)


Beyond the dark clouds of trouble and strife
Hide glorious visions of splendour and light
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Gifts

There is a little Someone not even five feet tall.
Still when I see her my soul swells-
Beyond our Garden Wall.
For in her Hand she holds a Key,
A Key to Heart and Soul,
And with her Pen she writes the Words
That make the Wounded whole.
It is a Gift –a Gift from Heav’n.
Given to those who Love.
It is a Treasure to be shared
From our Dear God above.
Our Lives are filled with Miracles.
If we could only see-
Beyond the frail-the old-the sick-
Beyond the four feet three.

Written for Laurel,
A wonderful example of grace and compassion.

By Ingrid S. 7/4/2002




Ingrids Auswahl - Ingrids Poetry (56)


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Questions
What would man be without god’s word?
A cloud without a sky,
A fish without the deep blue sea,
A bird that cannot fly.
What would man be without god’s love?
The earth without the sun,
A flower without water,
A deer that cannot run.

What would man be without god’s grace?
An arrow without goal,
A child without a mother,
A wheel, that cannot roll.

What would man be without God’s plan?
A journey soon to end
A life devoid of faith and hope,
A soul without a friend.