Samstag, 30. September 2017

Mache dich klug!

Viele Leute, auch sehr gebildete, sind nicht frei von Vorurteilen. Sogar Journalisten plappern gelegentlich nach was ihnen andere geflüstert haben. Jesus gab den guten Rat: Suchet! Sucht die Wahrheit. Einer der Gelehrtesten die ich je kennen lernte bestand unbedingt darauf, dass es die Wahrheit nicht gibt, man käme ihr nur nahe. Das mag in Einzelfällen so sein. Aber wahr ist, dass Gerd Skibbe am 18. Juli 1930 in Deutschland geboren wurde. Es geht nicht um Minuten, sondern den Fakt.
Fakt ist, dass die Herren der Großkirchen bewusst und nicht gerechtfertigt einen eisernen Zaun gegen meine errichtet haben. Das bekommen unsere Missionare sehr zu spüren. Bis der Tag kommt, an dem diejenigen, die dieses Werk ablehnen, erkennen, wie sehr sie irrten.
Fragt die Vielen die dem Tod schon nahe genug waren. Berichten sie nicht einander ergänzend, dass sie, ihren Körper eine Weile verlassend, heim kamen, an den Platz von dem sie kamen?
Welche Kirche außer unserer, hat das je gelehrt?
Nur die als bekloppt eingestuften "Mormonen" und nachweislich die bedeutenden Lehrer der Urkirche sagten und sagen allen: Ihr seid nicht nur von dieser Welt. Wir kamen aus der Welt Gottes hierher um zu lernen, auch um innezuwerden, das wir klug urteilen müssen um glücklich zu werden. Mormonismus verkündete nie Reinkarnation. Reinkarnationsideen fußen auf ein im voriridischen Leben erworbenes Wissen über Familien sowie deren Umstände in die wir hineingeboren werden. Vermutlich können sich Kinder unter drei oder vier Lebensjahren noch erinnern, dann fallen alle, wie wir, in die gewollte Seinsvergessenheit aus gutem Grund. Niemand wird je seine Identität verlieren, auch das steht ebenso im Buch Mormon geschrieben wie die vier Berichte von ranghohen Personen, die ihre bedeutenden out-of-body Erfahrungen niederschrieben.
Angesichts der Tatsache, dass protestantische Theologie den Schluß zuließ: wenn der Mensch stirbt, dann ist er ganz tot (Karl Barth u.a.), ist es gut zu wissen, dass Mormonismus seit eh und je das Gegenteil vertrat. Da ist viel mehr. Suche es!
Vorurteile zu überwinden kann gelegentlich Anstrengung fordern, doch es lohnt sich. Auch das ist eine Wahrheit, wenn auch nur eine Binsenwahrheit.

Sonntag, 20. August 2017

"Mormonen exkommunizieren Generalautorität" by Gerd Skibbe


Mosia 23: 14 
 „Betraut niemanden damit, euer Lehrer oder euer geistlicher Diener zu sein, außer es sei ein Mann Gottes, der auf seinen Pfaden wandelt und seine Gebote hält.“

An diese Weisung hält sich die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage strikt.
Das ist in den Großkirchen anders.

"The Washington Post" berichtete am 08. August 2017 :
The Mormon Church has excommunicated one of its top leaders, church officials confirmed Tuesday. It was not immediately clear why.
“This morning, James J. Hamula was released as a General Authority Seventy of The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints, following Church disciplinary action by the First Presidency and Quorum of the Twelve Apostles,” read a statement from Eric Hawkins, a spokesman.
Hawkins declined to give details on the reason, but the Salt Lake Tribune and the Deseret News in Utah cited church sources as saying it was not for “apostasy or disillusionment.” Among the reasons the church handbook gives for excommunicating leaders are: adultery, burglary, embezzlement, spousal abuse and “homosexual relations.”
The Tribune and the News reported that Hamula was the first top authority of the church to be excommunicated in 28 years.”
Übersetzt:
Zuständige Kirchenbeamte der mormonischen Kirche bestätigten am Dienstag die Exkommunikation eines ihrer höchsten Führers. Es war nicht sofort klar, warum. "An diesem Morgen nach dem kirchlichen Disziplinarrat der Ersten Präsidentschaft und des Kollegiums der Zwölf Apostel" wurde James J. Hamula als Siebziger- General Autorität der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage entlassen. So lautet die Erklärung von Eric Hawkins, dem Sprecher des Gremiums. Hawkins lehnte es ab, Details über die Gründe zu geben, aber die Salt Lake Tribune und die Deseret News in Utah zitierten die Kirchenquellen. Diese besagen, der Kirchenausschluss sei nicht erfolgt wegen "Abfall oder Enttäuschung". Unter den Gründen, die das Kirchenhandbuch für exkommunizierende Führer gibt, sind: Ehebruch, Einbruch, Unterschlagung, Ehegattenmissbrauch und "homosexuelle Beziehungen". Dies sei seit 28 Jahren der zweite Fall soweit es eine Generalautorität betrifft. Exkommuniziert zu sein bedeutet, dass man nicht mehr als Teil der Mormonenkirche angesehen wird. Hamulas Ausschluss hätte sein Äquivalent mit der Exkommunikation eines katholischen Erzbischofs, sagte der Kirchenhistoriker Greg Prince. Prince fügte hinzu, dass Exkommunikationen in der Mormonenkirche häufiger vorkommen.
“Being excommunicated means you are no longer considered part of the Mormon Church. Hamula being removed is the equivalent of a Catholic archbishop being removed from the Catholic Church, said church historian Greg Prince. Prince added that excommunications are more common in the Mormon Church.”
Das Handbuch für Beamte der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ermutigt die infolge eines Disziplinarverfahrens Ausgeschlossenen ihr Problem zu bereinigen und sich nach entsprechender Zeit  erneut taufen zu lassen.
Bekanntestes Beispiel für einen der frühesten Kirchenausschlüsse einer Generalautorität  der Kirche Jesu Christi der HLT ist  Oliver Cowdery:
Wikipedia schreibt:
Im Zusammenhang mit der schweren Finanzkrise 1837/38 um den Zusammenbruch der kircheneigenen Kirtland Safety Society, die auch eine Vertrauenskrise gegenüber Smith darstellte, stellte sich Cowdery gegen Smith und brachte wieder dessen seiner Ansicht nach ehebrecherisches Verhalten in die Diskussion. Ganz wesentlich jedoch war Cowderys Ansicht, dass sich Smith als religiöser Führer zu sehr in die weltlichen Angelegenheiten seiner Gefolgsleute mische. Dies alles führte am 12. April 1838 zum Ausschluss Cowderys aus der Kirche. Begründet wurde der Ausschluss damit, dass er Smith des Ehebruchs beschuldigte, dass er in der Kirche inaktiv geworden sei und dass er als Rechtsanwalt gegen die Kirche vorgehe, um für seine Mandanten Schadenersatz für Verluste im Zusammenbruch der Kirtland Safety Society zu erstreiten.
Sein Amt als zweiter Mann in der Kirche wurde später offiziell auf Hyrum Smith, einen Bruder des Propheten übertragen.
1838–1848 kehrte Cowdery der Kirche den Rücken. Er fühlte sich ungerecht behandelt und war sehr verletzt darüber, dass ihn die Kirche ausgestoßen hatte.
Er setzte sein Jurastudium fort und praktizierte als Anwalt zunächst in Kirtland, Ohio, zog 1840 nach Tiffin, Ohio und übersiedelte schließlich 1847 nach Wisconsin. Er galt als fähiger Anwalt mit brillanter Redefähigkeit, dabei bescheiden und reserviert. 1840 wurde er Redakteur einer Lokalzeitung in Tiffin. Als jedoch bekannt wurde, dass er einer der drei Zeugen für das Buch Mormon war und er nicht bereit war, sich von seiner damaligen Aussage zu distanzieren, wurde er zum Hilfsredakteur zurückgestuft.
Politisch betätigte er sich sehr engagiert in der Demokratischen Partei, in der er sogar für den Kongress kandidierte. Als bekannt wurde, dass er einer der drei Zeugen des Buches Mormon war, wurde er in den Zeitungen lächerlich gemacht und verlor die Wahl.
Cowdery hielt auch nach seinem Ausschluss brieflichen Kontakt mit befreundeten Kirchenmitgliedern. Darin beklagte er vor allem Intoleranz in der Kirche und die Praxis der Polygamie. 1848 wurde sein Wunsch in die Kirche zurückzukehren stärker, und er reiste nach Winter Quartes im heutigen Nebraska, einer Zwischenstation auf dem Exodus der Kirche nach Utah, um Brigham Young zu treffen. Nach einer tiefschürfenden Befragung wurde Cowdery am 12. November 1848 von Apostel Orson Hyde wieder getauft. Seine früheren Funktionen erhielt er aber nicht zurück. Er äußerte den Wunsch, mit in die Rocky Mountains zu ziehen, doch er starb am 3. März 1850 im Hause seines Schwagers David Whitmer in Richmond, Missouri, an einer Atemwegserkrankung.
Anhänger der Mormonen vertreten die Ansicht, da Cowdery ein wesentlicher Zeuge für die Entstehung der Mormonenbewegung war, hätten Gegner der Kirche schon sehr früh versucht, ihn und vor allem seine Exkommunikation dafür zu instrumentalisieren, die Entstehung der Kirche in ein schlechtes Licht zu rücken. Zudem sind die Befürworter der Meinung, dass Gegner der Kirche anscheinend zum einen darauf hinweisen, dass Cowdery in derselben Kirchengemeinde in Poultney, Vermont gewesen sei wie Ethan Smith, der Autor des Buches View of the Hebrews, welches die Abstammung der Indianer von verschleppten Israeliten postulierte.
Dieses Werk wurde von einigen für eine mögliche Quelle für das Buch Mormon gehalten und sein Inhalt könne über Cowdery von Ethan Smith zu dem mit ihm nicht verwandten Joseph Smith gelangt sein. Anhänger der Mormonen sind jedoch der Überzeugung, dass in neuerer Zeit Untersuchungen gezeigt hätten, dass die Ähnlichkeiten zwischen dem Buch Mormon und View of the Hebrews nur sehr oberflächlich seien.
Es wurde auch behauptet, Cowdery habe sein Zeugnis von der Göttlichkeit des Buches Mormon und der Echtheit des Priestertums, das er durch die Hand von Auferstandenen erhalten hat, widerrufen. Zeugnisse von Familienmitgliedern, die an seinem Totenbett waren, sagen jedenfalls das Gegenteil davon aus.
Gerüchte, Cowdery habe nach einer neuerlichen Taufe die Kirche reformieren und die Polygamie abschaffen wollen, werden nach Ansicht von Mormonen durch die Dokumentenlage nicht gestützt. Cowdery hat in mehreren Briefen betont, er wolle nur ein einfaches Mitglied sein.
Mormonen leiden mit den Exkommunizierten und hoffen für sie das Beste, die ehrenvolle Rückkehr. Zugleich sehen Langzeitmitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage mit einiger Bestürzung, dass sowohl die römisch-katholische, wie die Evangelische Kirche Deutschlands (EKD) unzureichend konsequent mit Übertretern umgehen.
Gelegentlich decken die Kirchen die Täter, weil sie sich auf Interpretationen von bedeutenden Persönlichkeiten des athanasianischen Zweiges der Frühkirche berufen, wie diese:
Callist I oder auch Callixt I (-223)  und Ambrosius von Mailand (339-397) schufen die Voraussetzungen für das heutige Fehlverhalten einiger Großkirchen.
Hippolyt (Bischof in Rom um 170-235) erhob schwere Beschuldigungen gegen Callixt der in die ‚Kirchendisziplin’ Änderungen einführte. „Vor allem die, dass er, den Lüsten der Menschen entgegenkommend, allen ihre Sünden nachlasse. Wenn Jemand, der bis dahin einer andern Kirchengemeinschaft angehört, gesündigt habe, werde ihm die Sünde nicht angerechnet, wofern er nur zu des Kallistus „Schule'', d. i. zu seiner Kirchengemeinschaft sich bekannte. Viele mit beflecktem Gewissen und von vielen Sekten ausgestoßen sowie einige auch von ihm, Hippolyt, aus der Kirche verwiesen, füllten seine „Schule". Joseph Langen „Geschichte der römischen Kirche“ Uni Bonn Hippolyt lehnte vor allem Callixt Auffassung ab, dass ein Bischof selbst wenn er „bis zum Tode' sündige“, doch nicht abgesetzt werden soll.“
Ambrosius trieb es auf die Spitze:
„Es kann keine noch so verruchte Schandtat begangen oder gedacht werden, welche die heilige Kirche nicht nachlassen könnte. Aufgrund der von Gott verliehenen Gewalt wird die von Gott geliebte Kirche einmal gleichsam in einem Atemzug, mit Gott genannt.“ Gerhard J. Bellinger „Der Catechismus Romanus und die Reformation“
Im “Schlussbericht der unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung von Missbrauchsfällen  im Gebiet der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen  Kirche“ wird gesagt:
„ Der Disziplinarhof der Evangelischen Kirche Deutschlands geht in einem Urteil zu einem Fall innerkirchlichen sexuellen Missbrauchs und sexuellem Fehlverhalten davon aus, dass trotz Feststellung der ausreichenden Schwere der Amtsaufsichtspflicht eine Entfernung aus dem Amt nicht verhältnismäßig wäre, weil die Taten lange zurückliegen und der Beschuldigte nicht mehr im Dienst ist.“
Dr. Peter von Tiling, Oberlandeskirchenrat i.R. erläutert:

Die Versetzung von Pfarrern, insbesondere "mangels gedeihlichen Wirkens"

Nach den geltenden Pfarrergesetzen haben die evangelischen Landeskirchen die Möglichkeit, Pastoren "mangels gedeihlichen Wirkens" oder "im Interesse des Dienstes" zu versetzen oder gar in den Wartestand oder Ruhestand zu bringen.
 Von der Versetzung wegen Ehescheidung zu unterscheiden ist die disziplinarische Versetzung wegen einer im Zusammenhang mit der Ehescheidung begangenen Amtspflichtverletzung, z. B. eines Ehebruchs.“ 
Exkommunikationen - im Sinne eines Ausschlusses aus der Kirche - wegen Ehebruch, kommen in den Großkirchen praktisch nicht vor. (In der katholischen Kirche bedeutet Exkommunikation ohnehin nur den Ausschluss vom Spenden oder dem Empfang von Sakramenten, obwohl 1. Kor 5:7 fordert:  „Schafft den Übeltäter weg aus eurer Mitte“)
Die Mitteldeutsche Zeitung schreibt:

Odenwaldschule Die Schutzmauer
12.03.10, 20:09 Uhr
– Quelle: http://www.mz-web.de/7610682 ©2017

Am 17. November 1999 hatte die Frankfurter Rundschau erstmals darüber berichtet, dass Gerold Becker in den 70er und 80er Jahren regelmäßig Odenwaldschüler missbrauchte…
(er war Vorstandschef der Vereinigung Deutscher Landerziehungsheime, leitender Mitarbeiter am Institut für Bildungsplanung und Schulentwicklung des Hessischen Kultusministeriums, vertrat als Theologe bei schulischen Fachgesprächen mit dem Land die Evangelische Kirche (EKD).

Noch 1998, als eins seiner Opfer ihn erfolglos konfrontiert und bereits die OSO um Hilfe gebeten hatte, trat Becker als Mitglied der EKD-Kammer für Bildung und Erziehung auf.  Die Schule selbst, die schon seit Mitte 1998 von den Vorwürfen wusste, schien keinen Zweifel zu haben. „Vorstand und Schulleitung müssen ... davon ausgehen, dass die Vorwürfe berechtigt sind“, ließ sie am 18. November 1999 wissen. In ihrer Erklärung hieß es zudem: „Gerold Becker hat auf Rückfragen den Vorwürfen nicht widersprochen und seine Funktionen und Aufgaben im Trägerverein, im Förderkreis der Odenwaldschule und in der Vereinigung der deutschen Landerziehungsheime niedergelegt.“
Die Sache schien also eindeutig. Ein Elite-Pädagoge hatte sich an Kindern vergriffen und war nun abgetaucht. Vermutlich würde man nie wieder von ihm hören. Die Odenwaldschule zeigte sich geschockt und versprach Aufklärung. Dann passierte: fast nichts. Das ganze Ausmaß des Skandals, in den mutmaßlich etliche weitere Lehrer verstrickt sind, wird erst jetzt – zehn Jahre später – allmählich bekannt. Wieso? Wer wusste etwas und sagte nichts? Warum blieben Taten unbeachtet, die 1998 womöglich noch nicht verjährt gewesen wären? Und wie konnte es Gerold Becker – dem charmanten und eloquenten Theologen mit den fragwürdigen Neigungen – gelingen, nach einer kurzen Schamfrist wieder in die angesehensten Pädagogikkreise Deutschlands zurückzukehren? Wer half ihm dabei?
Nachdem die FR 1999 berichtet hatte, drang eine Welle der Empörung aus dem Odenwald. Sie galt allerdings weniger dem Pädagogen als der Zeitung, die ihn als Sexualtäter entlarvt hatte. „Sensationsjournalismus“, geißelte das Parlament der Odenwaldschule und forderte von der FR „im Namen der Schülerschaft“, auf weitere Artikel zu verzichten. OSO-Lehrer –auch solche, die derzeit von Altschülern belastet werden – sprachen von „Rufmord“. Der Altschülerverein, der heute schonungslose Aufklärung verlangt, hielt sich auffällig bedeckt. Bis auf sein damaliges Vorstandsmitglied Florian Lindemann.
Lindemann, seinerzeit auch tätig für das Altschülerheft „Goetheplatz“, schrieb ebenfalls einen Brief. Er sprach vom „Missbrauch des Missbrauchs“ und „profilbedürftigen“ Journalisten. Den „pädophilen Schulleiter“ setzte er in Anführungszeichen – über die eigentlichen Vorwürfe und darüber, wie man sie aufklären wolle, schrieb er nichts. Mit der Aufklärung war es überhaupt so eine Sache. Denn Becker hatte es seit seinem Abschied von der OSO 1985 zu allerlei prestigeträchtigen Posten gebracht: Er war Vorstandschef der Vereinigung Deutscher Landerziehungsheime, leitender Mitarbeiter am Institut für Bildungsplanung und Schulentwicklung des Hessischen Kultusministeriums, vertrat als Theologe bei schulischen Fachgesprächen mit dem Land die Evangelische Kirche (EKD). Noch 1998, als eins seiner Opfer ihn erfolglos konfrontiert und bereits die OSO um Hilfe gebeten hatte, trat Becker als Mitglied der EKD-Kammer für Bildung und Erziehung auf. Diejenigen, die von den Vorwürfen wussten, schwiegen derweil.

Zeit online:

Gerold Becker: Wer war dieser Mann?

Gerold Becker leitete die Odenwaldschule, ließ sich als Pädagoge feiern, missbrauchte zahllose Schüler. Diese zweifelhafte Karriere hat jetzt der Erziehungswissenschaftler Jürgen Oelkers beschrieben. Ein Gespräch über Beckers Leben und seine Helfer
Interview: Jeannette Otto
3. März 2016, 4:40 Uhr

Oelkers: … es muss der einflussreiche "Bildungs-Becker" gewesen sein, dem die Sache zu heiß wurde, der Gerold Becker aus dem Verkehr ziehen wollte, bevor der Missbrauch zum echten Problem für den Ruf der Schule geworden wäre. Hellmut Becker hat verschiedentlich Kinder an die Odenwaldschule geschickt, die Opfer von Gerold Becker wurden. Er wusste also von Beckers Abgründen und hat ihm sogar eine Therapie angeraten. Das ist ein unfassbarer Skandal. Und kein einziger Täter wurde jemals zur Verantwortung gezogen. 
N24:
Abschlussbericht über sexuellen Missbrauch an der Schule nennt 132 Opfer in den Jahren von 1965 bis 2004. „Doch das sind nicht alle, die Dokumentation bleibt unvollständig“, sagte die Frankfurter Juristin Brigitte Tilmann bei der Vorstellung des Berichts. Bislang hatte die offizielle Zahl der Opfer bei 70 gelegen.

Am 06. 02. 2017 veröffentlichte die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" diesen Artikel
Fast 2000 katholische Geistliche in Australien belastet
Die Rede ist von einem „massiven Scheitern“ der katholischen Kirche in Australien: Gegen sieben Prozent der Priester wurden zwischen 1950 und 2010 Vorwürfe wegen sexuellen Missbrauchs erhoben – in einem Orden ist der Anteil noch viel höher.
Eine Regierungskommission hat zum ersten Mal umfangreiche Daten über das Ausmaß des sexuellen Missbrauchs von Kindern in der katholischen Kirche in Australien veröffentlicht. Nach Angaben der Kommission vom Montag wurden in den Jahren von 1950 bis 2010 Missbrauchsvorwürfe gegen sieben Prozent der katholischen Priester in Australien erhoben. Insgesamt seien gegen 1880 mutmaßliche Täter Anschuldigungen vorgebracht worden. In einigen Orden sei der Anteil der Beschuldigten besonders hoch, darunter die „Christian Brothers“ mit 22 Prozent der Ordensmitglieder und die „St. John of God Brothers“ mit 40,4 Prozent.
Auch über die mutmaßlichen Opfer veröffentlichte die Kommission nun detaillierte Zahlen. Demnach sind in den Jahren 1980 bis 2015 4444 Personen mit Anschuldigungen des Kindesmissbrauchs an katholische Institutionen in Australien herangetreten. 78 Prozent dieser Personen waren männlich. Das Durchschnittsalter zur Zeit des mutmaßlichen Missbrauchs betrug 10,5 bei Mädchen und 11,6 bei Jungen. Bis der Missbrauch gemeldet wurde, vergingen im Durchschnitt 33 Jahre. 2400 Personen haben in Einzelgesprächen mit der Kommission Anschuldigungen des Missbrauchs in katholischen Institutionen erhoben. 309 Fälle wurden laut des Berichts an die Polizei weitergegeben. Nach Angaben der Kommission umfassen die nun veröffentlichten Zahlen nicht alle bekannten mutmaßlichen Missbrauchsfälle, sondern nur diejenigen, die direkt den kirchlichen Institutionen gemeldet worden waren. Nur ein Teil der Fälle ist vor Gericht gekommen. Die Zahlen seien „erschütternd, tragisch und nicht zu entschuldigen“, sagte Francis Sullivan, der Geschäftsführer einer Organisation, die im Auftrag der katholischen Kirche in Australien mit der Kommission zusammenarbeitet. Er sprach von einem „massiven Scheitern“ der katholischen Kirche, Kinder vor Missbrauch zu schützen. Am Montag wurden in der Kommission Anschuldigungen wiederholt, wonach Kinder, die Missbrauch meldeten, ignoriert oder bestraft wurden. Die des Missbrauchs beschuldigten Personen sollen nur auf neue Posten versetzt worden sein. „Es herrschten Geheimniskrämerei und Vertuschung vor“, sagte Gail Furness, eine Anwältin der Kommission. Viele der Opfer hätten bis heute unter dem Missbrauch zu leiden.“
Der katholische Priester spricht zwar, nachdem der Bekennende gebeichtet hat:

 „Gott, der barmherzige Vater, hat durch den Tod und die Auferstehung seines Sohnes die Welt mit sich versöhnt und den Heiligen Geist gesandt zur Vergebung der Sünden. Durch den Dienst der Kirche schenke er dir Verzeihung und Frieden. So spreche ich dich los von deinen Sünden im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“  

Das sind Floskeln. 
Damit ist ein mögliches Verbrechen nicht gesühnt. Soll Christi Verheißung  nun entleert im Raum stehen bleiben, dass diejenigen die nach Gerechtigkeit hungern satt werden sollen? Jedenfalls  widerfuhr dem Opfer auf diese Weise keineswegs Gerechtigkeit. Manchmal wurden Menschenleben ganz und gar zerstört.Es ging Christus nie um mehr, als Menschen glücklich zu machen, vor allem die Opfer. Er will auch die Täter heilen, aber erst nachdem die von ihnen geschagenen geheilt wurden. 


Samstag, 19. August 2017

Nachtrag zu meiner Broschüre „Die Zukunft gehört dem Christentum mormonischer Prägung“



Wie einige Resonanzen zeigen gibt es Missverständnisse. Grundsätzlich muss jedoch gelten:

Es gibt nur ein Christentum, und zwar das Originale. 

Vergleichsweise gesagt: wenn an einer Bachkomposition Änderungen vorgenommen werden, verfälschen diese das Original. Auch eine Komposition unter dem Namen Bach die nur einige Elemente echter Werke Johann Sebastian Bachs enthält ist eine Fälschung.

Sämtliche jetzt existierenden christlichen Kirchen sind, sowohl was ihre Struktur betrifft als inhaltlich, unübersehbar Varianten des Originals, sie sind Abweichungen. Diese sind durchweg schwerwiegender Art. Mormonismus behauptet nun, es repräsentiere das "durch Gottesoffenbarung" wiederhergestellte Original. Dies erzwingt direkte Vergleiche.

Mein Buch wagt diesen Vergleich, auch wenn es das - selbstverständlich - nicht hinreichend leisten kann. Aber, hoffentlich gibt es einige Hinweise.

Die wesentlichen Unterschiede werden besonders  in folgenden Punkten deutlich:

- im traditionellen Christentum dominiert die Zweiklassengesellschaft, hier die Laien und da die Geistlichen. Mormonismus hebt diesen und die folgend genannten Unterschiede auf.

- Grundsätzlich muss  jeder Mann älter 12 bzw. 13 angemessene Stufen im Priestertum erlangen können. 
- Leiter einer Gemeinde ist der Bischof.
- Jede Tätigkeit in der Gemeinde, einschließlich die des Leiters einer Gemeinde, ist unentgeltlich zu erbringen. Daraus folgt: kein Berufspriestertum

Exakt diese, sowie viele andere, strukturellen und inhaltlichen Übereinstimmungen von Hauptelementen der Urkirche und der Kirche Jesu Christi der HLT (Mormonen) bestätigen z.B. die Dokumente zur "Gemeindeordnung des Hippolytus von Rom", die um 220 n. Chr. als typisch galt.

Hinzufügungen verfälschten ebenfalls. Zu diesen gehören beispielsweise die folgenden:

- Liturgische Gewandung darf in Gemeinderäumen nicht vorkommen.
- Kreuze jeder Art, haben, wie in den ersten vierhundert Jahren, keinen Platz im Leben der Kirche
- Altäre jeder Art sind in christlichen Kirchen unangebracht.
- Keine Amtshandlung erlangt Gültigkeit wenn sie erzwungen oder nicht im selbstbekundeten Einverständnis des Betreffenden erfolgt.

Die beglaubigten Dokumente verlangen mehr Beachtung. Sie bestätigen auffallend, dass auch die Lehren vom vorirdischen Dasein des Menschen, die absolute Unabdingbarkeit des Individualrechtes, die Notwendigkeit des Tempelwerkes usw. Bestandteile des originalen Christentums waren. 

Wir sagen, das Christentum mormonischer Prägung bedeutet, es sei das Original, das durch Restaurierung verlorener Grundbausteine wiedergegeben wurde. Eine Beseitigung aller Hinzufügungen wäre unmöglich gewesen. Deshalb wurde die Originalkirche 1830 neu gegründet. Auch hier gilt: "Kein neuer Most in alte Schläuche!"
Uns ist bewusst, dass dies eine Provokation ist. Sie hat fast die Dimension der Behauptung Christi er sei der große ICH BIN des Alten Testamentes. Man bedenke, welchen Aufruhr dies gerade unter den Schriftgelehrten erzeugen musste: du eines Zimmermanns Sohn willst der Messias sein?

Donnerstag, 3. August 2017

Ein Kritiker in der Kritik




Ein Mann, 24 FrauenFrühere Mormonen-Bischöfe wegen Polygamie verurteilt

"Wann, ihr lieben Dummköpfe, werdet ihr Fairness lernen und wann begreifen, dass es Pflicht jedes Schreibers ist, stets zu unterscheiden? Eben so wenig wie Protestanten Katholiken sind, gehören "mormonische" Splittergruppen der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage an, die man gewöhnlich ebenfalls als Mormonen bezeichnet. Aber, obwohl man Katholiken und Protestanten unter den Oberbegriff "Christen" zusammenzieht, wird selbstverständlich dennoch zwischen beiden Religionen unterschieden.  Da würde der Jockel den auslachen, dem die Torheit unterliefe, sie glatt in einen Topf zu werfen. Die Unterschiede sind da wie hier beträchtlich, auch wenn sie sich allesamt gemeinsam auf die Bibel und mehr berufen.
Schlichtweg gesagt: hier ist Diffamie im Spiel. Gewollte Falschdarstellung, unwürdig der mxw/Reuters/AP/dpa
Der Tag wird kommen, da solche Informanten der böswilligen Lüge überführt werden. Guter Journalismus ist es jedenfalls nicht, das "Draufhauen" für salonfähig zu halten. Als Historiker, mehrfacher Buchautor, Blogger und CDU - orientierter Zeitgenosse des Jahrgangs 1930 schäme ich mich für so viel schlechtes Benehmen.

Anonymus anwortete  (könnte es sein, dass der Verfasser selbst sich wehrte? Jedenfalls legte der Kritiker sein krudes Rechtsverständnis ziemlich salopp offen.) 


"...hier ist Diffamie im Spiel. Gewollte Falschdarstellung..." das ist eher fraglich. Was kümmert es Hinz und Kunz, ob es Mormonen oder FLDS-ler sind, der Unterschied ist für die Masse zu gering und unvermittelbar. Das Wort Mormone ist bekannt und damit ausreichend von anderen Religionen / Sekten abgegrenzt. Ihr panischen und hysterischen Mormonen solltet Euch mal entspannen und aufhören Euch so wichtig zu nehmen. Es interessiert doch nur die kurze Info, ein kleiner Aufreger und schon ist es vorbei. Wahrscheinlich gibt es Euch noch Aufmerksamkeit in einer Breite, die ihr sonst kostenlos nie bekommen hättet. Also: Entspannung ist angesagt.


Ich schrieb zurück:

Lieber Anonymus, ob es gut ist Kunz zu schlagen, wenn es der Hinz verdient hat halte ich für sehr fragwürdig. Ich bin zudem jedenfalls einer der sein Gesicht immer offen zeigte. Per E-mail bin ich allemal erreichbar, auch vor Ort, denn ich habe nichts zu verbergen, ein Anonymus sucht etwas zu verstecken. Aus dem Hinterhalt schießen ist heimtückisch. Das kann ich als relaxter Mensch wohl behaupten, ich stelle mich gerne. 

zu Eine verlogene Überschrift im "Spiegel" 25.7.17

Jetzt setze ich hinzu:
es ist schon bedenklich, dass ein offensichtlich Gebildeter meint, es sei unerheblich ob der Schuldige schuldig gesprochen wird oder der Unschuldige,  denn die Masse kann beide nicht voneinander unterscheiden. Hallo!
Rechtsverdreher.



Gerd Skibbe schrieb einem sonderbaren Zeitgenossen etwas ins Stammbuch, nachdem dieser den folgenden Spiegelartikel verteidigte. 

Dienstag, 25. Juli 2017

Eine verlogene Überschrift im "Spiegel" 25.7.17




Ein Mann, 24 FrauenFrühere Mormonen-Bischöfe wegen Polygamie verurteilt

"Wann, ihr lieben Dummköpfe, werdet ihr Fairness lernen und wann begreifen, dass es Pflicht jedes Schreibers ist, stets zu unterscheiden? Eben so wenig wie Protestanten Katholiken sind, gehören "mormonische" Splittergruppen der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage an, die man gewöhnlich ebenfalls als Mormonen bezeichnet. Aber, obwohl man Katholiken und Protestanten unter den Oberbegriff "Christen" zusammenzieht, wird selbstverständlich dennoch zwischen beiden Religionen unterschieden.  Da würde der Jockel den auslachen, dem die Torheit unterliefe, sie glatt in einen Topf zu werfen. Die Unterschiede sind da wie hier beträchtlich, auch wenn sie sich allesamt gemeinsam auf die Bibel und mehr berufen.
Schlichtweg gesagt: hier ist Diffamie im Spiel. Gewollte Falschdarstellung, unwürdig der mxw/Reuters/AP/dpa
Der Tag wird kommen, da solche Informanten der böswilligen Lüge überführt werden. Guter Journalismus ist es jedenfalls nicht, das "Draufhauen" für salonfähig zu halten. Als Historiker, mehrfacher Buchautor, Blogger und CDU - orientierter Zeitgenosse des Jahrgangs 1930 schäme ich mich für so viel schlechtes Benehmen.

Montag, 24. Juli 2017

Wie es in der DDR war. (1) von Gerd Skibbe


Trotz erzwungener Beteiligung an Fischveredlungsprojekten des Kooperationsverbandes “Qualitätsfisch der Mecklenburger Seenplatte” dem wir Neubrandenburger Binnenfischer pflichtgemäß anzugehören hatten, war uns gelungen trotz Überweisung von sechshunderttausend Mark, bis 1975 weitere achthunderttausend Mark anzusparen.
Diese Summe hätte ausgereicht, um ein mittleres Wirtschaftsgebäude hinzustellen, sowie zusätzlich eine neue Spundwand rammen zu lassen, die wir ebenfalls dringend benötigten.
Aber Geld ist nicht alles. Es floss nach der zweiten Agrarpreisreform reichlich. Nur wir konnten dafür nicht kaufen, was wir wünschten oder benötigten. Wir mussten unsere finanziellen Mittel in zwei Kategorien teilen.
Es gab dem Grunde nach verfügbares und nicht verfügbares Eigenkapital.
Wir hätten zehn Millionen auf dem Betriebskonto haben können, solange sie nicht in den Bilanzen der zuständigen Kreis- oder Bezirksverwaltungen vorkamen, entsprach ihr effektiver Wert Null. Das war seitens der Obrigkeit so gewollt.
Sämtliche auf dem Akkumulationsfonds geparkten betrieblichen Finanzen konnten erst nach und durch einen vor dem Finanzministerium der DDR zu verteidigenden Gesamtplan zum Zahlungsmittel befördert werden. Aus gutem Grund. Es handelte sich um Spielgeld mit Nullwert.
Statt wie früher für eine Tonne Kleine Maränen 1700,-Mark einzunehmen, erhielten wir nun über 9100,-Mark. Das war mehr als das Fünffache.
Anstelle von früher 3,50 Mark je Kilogramm Karpfen, bekamen wir 14,00 Mark und das unter Beibehaltung der Endverbraucherpreise (EVP), für den Kunden.
Selbstverständlich konnte das nicht gut gehen. Niemand dreht an der Preisschraube willkürlich und zugleich ungestraft.
Die DDR-Finanzwissenschaftler, die gehofft hatten ihre Agrar- und Industriepreisreform sei die rettende Idee, forcierten damit lediglich die bereits angelaufene, sich verselbständigende, sozialistische Inflation.
Wir erhielten jedenfalls, trotz unserer guten Finanzlage keine Baukapazitäten vom Rat des Bezirkes. Es gab zwar Versprechungen, weil wir so nicht weiterhausen konnten, aber eben keine Planziffer dafür.
Wir fertigten unsere Reusen und Fanggeschirre immer noch in derselben alten Bretterbude an, durch die der Wind pfiff.


Der Dachdecker und Bauingenieur Jürgen Krüger gab mir, als wir wieder einmal gemeinsam zur Nacht fischten, den guten Rat: „Baut doch nach §5, Landbauordnung.”
„Und das wäre?”
„Ihr baut in Eigeninitiative!” Beim Rat des Bezirkes wurde unser Antrag positiv gewertet. Sie gaben uns grünes Licht. Die Ratsleute freuten sich über jede Eigeninitiative.
Das war ja bekannt, einer der will, kann zehnmal mehr erreichen als der, den sie antreiben müssen.
Zunächst musste einem von uns der Hut aufgesetzt werden. Ich wollte ihn unbedingt haben und bekam ihn auch.
Dann berieten wir im Vorstand, wie viel Aale ich zur Beschleunigung des Vorhabens, Bau einer Betriebsstätte, zur freien Verfügung hätte.
Falls es partout nicht weiterginge, beabsichtigte ich mit Räucheraalen nachzuhelfen. Natürlich war das nicht ganz sauber. Andererseits wurde niemand betrogen, denn den Aalplan hatten wir erfüllt.
Rigoros wollte ich das kuriose Geschäft betreiben, allerdings in keinem Falle anders, als ausschließlich zugunsten des Betriebes. Ich wollte vom Sozialismus nicht betrogen werden, also betrog ich ihn auch nicht. „Hundert Kilo höchstens.“, sagte Reiner, der Vorsitzende. Mir schien ich käme mit fünfzig hin.
Schließlich sollten es zweihundert werden.
Das erste Problem bestand darin, dass ich niemanden fand, der umgehend die zum Zweck der Baugrunduntersuchung erforderlichen Bohrungen auf unserem Torfgelände ausführen würde. Wir vermuteten, wir stünden über ungefähr fünf Meter Torf, doch ob sich darunter eine tragfähige Sandlinse befand konnte niemand sagen.
Hier und da gab es Achselzucken. Keiner machte mir Hoffnung, dass er für uns bohren könnte. 
Dann ging ich zu einer Firma in der Katharinenstraße, Neubrandenburg. Wieder hing das Kinn des Zuständigen tief herunter. Das kannte ich schon. Sie waren allesamt ausgebucht.
Deshalb lamentierte ich nach Kräften: „Wir haben es satt in der Hütte am See zu sitzen und Wintertags zu frieren.”
„Andere Leute frieren mitunter auch!”
Mutig schoss ich hinterher: „Aber ich habe Räucheraale zu bieten!”
Kopfrucken. 
„Wie bitte?”
„Na, ja, wir fangen welche, wenigstens die Grünen...”

Der betreffende Brunnenbauchef schaute mich noch einmal an, und ich hielt dem argwöhnisch prüfenden Blick stand.
Kess lachte ich ihm ins runde Gesicht: „Für jeden Mann ein Kilo Räucheraale gratis.”
„Moment mal!”, lautete die nicht unfreundliche Erwiderung. „Ich muss mal in den Kalender sehen... tja da haben wir,... da hätten wir,... sagen wir nächste Woche...”
Sie bohrten von Hand, primitiv wie vor hundert Jahren und stellten fest, dass wir sogar über sechs Meter Torf bauen mussten. Die Bohrkerne mussten analysiert werden.
In einem Labor im Industrieviertel gab es ebenfalls freie Kapazitäten, weil ich Gutes bieten konnte.
Kein Problem die fünfundvierzig Stück, zehn Meter langen Stahlbeton-Rammpfähle zu kaufen. Rammkapazitäten standen uns desgleichen zur Verfügung, wenn auch nicht sofort.
Aber Steine ließen sich nicht auftreiben, jedenfalls nicht genug. 
In fünfzig Kilomter Entfernung in Eggesin durften wir sie selbst herstellen. Mit Hilfe einiger duftender Räucheraale erhielten wir fachliche Unterstützung. So ging es Schritt für Schritt voran. 

Auch die Eisenbieger mussten nicht überredet werden, da wir zur Ausführung der Flechtarbeit die Genehmigung erhielten, Fachleute für die Feierabendtätigkeit zu werben und sie leistungsgemäß zu entlohnen, wobei die Seitenblicke der Mitglieder der Feierabendbrigade schon im voraus in eine gewisse Richtung gingen, weil dort die Boote mit den Fächern für lebende Aale standen, verbunden mit einem gewissen Versprechen unsererseits. So weit so gut.
Niemand konnte uns jedoch für das Gießen des Fundamentes dreihundert Kubikmeter Beton am Stück liefern. Bis eine bundesdeutsche Firma fünf Monate später in unsere Stadt einen Großmischer lieferte. Die Probemischung gehörte uns.

Und nun ein Denkmal:
Wir fanden zu guter Letzt niemanden der uns die Dachbinder verkaufen konnte. Dreißig Festmeter Holz mussten her. Ich glaubte mit meiner Methode auch diese Hürde nehmen zu können.
„Glaube macht selig, backen macht mehlig!” den Kinderreim hörte ich bis zum Verdruss. An jenem Nachmittag im Spätherbst ’78 verließ ich das weiße Gebäude der Bezirksverwaltung am Friedrich-Engels-Ring mutlos. Weder wortreiche Überredung noch Betteln, noch meine massiven Bestechungsversuche hatten mir den ersehnten Erfolg beschert. Da trollte ich mich nun niedergeschlagen davon, besaß zwar die Nagelpläne und die Zeichnung für das planmäßig mit Eternitplatten zu deckende Dach, hatte Räucherdelikatessen und konnte mit alledem nichts anfangen.
Ärgerlich rollte ich meine Papiere zusammen und fluchte, weil ich mit leeren Händen dastand.
Vor Wut hätte ich explodieren können.
In diesem Augenblick sah ich einen stattlichen, mit geflochtenen Achselstücken geschmückten Forstmann auf mich zukommen.
Der kam mir gerade recht. Wie durch ein Zielfernrohr visierte ich ihn durch meine dreiviertelmeterlange Rolle an. Als er bis auf zwei Meter herangekommen war, fuhr ich ihn an: „Euch Förster müsste man samt und sonders erschießen!” 
Er stutzte. Er musterte mich. „Genosse, was hast du denn für Probleme?”
Und wie mitfühlend er das sagte! „Genosse!”
Zum ersten Mal, wie mir schien, verstand mich einer und litt mit mir.
„Ich muss spätestens im November das Dach auf unser neues Wirtschaftsgebäude setzen. Wir haben nach § 5 gebaut. Niemand in deinem Haus gibt mir ein Holzkontingent. Uns wird der Winter dazwischenkommen.”
„Wo kommst du her?”
So und so!
„Komm mal mit!”
Es war mir zumute, als wäre ich in die Kindertage zurückversetzt worden und Mutter hebt mich hilfeschreienden Knirps liebevoll vom kalten, nassen Fußboden auf.
Genosse Skibbe!
Wären alle Menschen der Welt so wie der da, mit seinen dicken Achselklappen...
Ich las das Schild an seiner Tür. Nur wenige Sekunden telefonierte er, der Oberlandforstmeister Siegfried Schreib, mit irgendjemand.
„Also dreißig Festmeter Lärche oder Fichte! Die kriegst du! Für deinen Betrieb allemal.”
Das war es, was die Besten unter den ‘Kommunisten’ wollten, Solidarität. „Wann bekomme ich das Holz?”
„Eingeschlagen ist es schon... muss nur noch gerückt werden.” Es läge da und da in den Tiefen der Neustrelitzer Forsten. „Du kannst die Stämme ab übermorgen abfahren lassen!”
„Wir fahren übermorgen nach Leningrad, Betriebsausflug.”
Er schmunzelte, statt mich auszuschimpfen.
Ich lachte innerlich, das war die Sorte Leute, die ich mochte.
„Wird dir die Zeit knapp, was? Muss ja noch geschnitten werden und noch genagelt, nich?”
Ich nickte ein bisschen hilflos, vielleicht tauschen sie. Er winkte ab. „Keine Experimente! Ich lasse dir die Stämme nach Zwiedorf ins Sägewerk schaffen!” Er setzte sich an einen anderen, mit Papieren übersäten Schreibtisch, schob den Aschenbecher beiseite, nahm einen Kalender zur Hand und schrieb etwas auf. „Hier hast du den Termin für den Schnitt.”
Mit Schrecken sah ich, das war die hohe Zeit für die Nachtfischerei auf Maränen.
Meine Reaktion fiel ihm auf.
Er fragte nicht lange. Nur ein kurzer Blick.
„Ich sehe schon. Diesmal fahrt ihr in den Kaukasus. Hier hast du einen neuen Termin fürs Sägewerk.”
„Dafür gebe ich dir fünf Kilogramm Räucheraale!”
Er schüttelte den geröteten, breiten Kopf. „Deinen Aal will ich nicht. Es war mir eine Freude, dir helfen zu können.”
„Ach was.”, wehrte er bescheiden ab, als ich ihn lobte und mich bedankte: „Sieh zu, dass du das Dach draufbekommst!”
Mitte Januar, einen Tag bevor der Winter richtig zuschlug, zogen wir in unseren durch Nachtspeicheröfen herrlich beheizten Neubau ein. Es gab im Sozialismus tatsächlich noch Freude.

Aber,  hätte niemand für uns gebohrt, wären wir immer noch aussichtslose Leute mit unerfüllbaren Wünschen geblieben, ja, wenn da nicht die Räucheraale gewesen wären.
Ein Hoch auf  die DDR, die mich nie wegen Bestechung belangte, obwohl es einige Spatzen gab, die das von den Dächern pfiffen.