1
Gerd Skibbe
Der Verfall und die Auferstehung des
Christentums
„Da unser Herr und Meister Jesus Christus spricht „Tut Buße“ (metanoia
innere Umkehr, Besserung) ... hat er gewollt, dass das ganze Leben der
Gläubigen Buße sein soll.“
Martin Luther 1. These
„Was heißet ihr mich aber HERR, HERR, und tut nicht, was ich euch
sage?“ Lukas 6: 46 Lutherbibel 19124
Prolog
Das kühn und immer neu verkündete Pauschalurteil: „Mormonen sind
keine Christen“, trieb mich schon früh an.
„Überprüfe diese Aussage!“, sagte ich mir, als ich fünfzehn wurde,
1945.
Ich las damals, im Juni dieses Jahres, - während auf den Straßen
meiner Heimatstadt Wolgast, sowjetische Offiziere bemüht waren ihr
gewalttätiges Fußvolk zu disziplinieren, - die Bücher von G.A. Zimmer
„Unter den Mormonen in Utah“, J. Rößle „Aus der Welt des
Mormonentums“ u.a. Publikationen.
Meine Eltern hatten die „Negativliteratur“ vergeblich vor mir
versteckt.
Ich war immer noch ein bisschen Nazibengel, zwar auf Wunsch meines
Vaters „mormonisch“ getauft, wodurch ich 1939 unmittelbar vor
Ausbruch des 2. Weltkrieges ein Mitglied der Kirche Jesu Christi der
Heiligen der Letzten Tage wurde. Doch was das war und bedeutete,
wusste ich lange Zeit nicht. Vater, ein Feind Hitlers und Freund der
Juden, befand sich im Krieg, und was Mutter sagte ließ mich kalt.
Größere Versammlungen mit mehr als sechs, sieben Leuten, die sich
für diese Religion interessierten, erlebte ich in meiner Kindheit nur
eine einzige: Eine Konferenz mit dem damaligen Präsidenten meiner
Kirche, Heber J. Grant, 1937 in Berlin.
Ich fühlte das Großartige dieser Zusammenkunft der Tausende.
Spätere Erfahrungen bewiesen mir, dass mein Gefühl von damals mich
nicht getäuscht hatte.
In den letzten 30 Jahren vertiefte ich mein Studium der Geschichte
und kam zum Ergebnis, dass zahlreiche Nebenflüsse dem christlichen
Hauptstrom seit Jahrhunderten Gift zuführen. Als absolut toxisch
erwies sich ein kurioser Satz im sogenannten Athanasianum. Er
entfremdete den „Vater im Himmel“ von jedem:
„Wie uns die christliche Wahrheit zwingt, jede Person einzeln
für sich als Gott und als Herrn zu bekennen, so verbietet uns der
katholische Glaube, von drei Göttern oder Herren zu sprechen.“ 5
Heute spielt dieses Bekenntnis kaum noch eine Rolle, selbst Geistliche
sagen: Es interessiert mich nicht! Tatsache ist dennoch, dass sein Kern
zahllose Menschen getötet hat. Schlimmer: Der Sinn dieses Satzes
wurde 325 in Nicäa von einem heidnischen Diktator erzwungen. Er
zerriss und vernichtete die Urkirche. Ich finde, dass das nicht in
Vergessenheit geraten darf.
Gerd Skibbe, Melbourne, April 20206
Wer ist es?
Paulus: Es wird ein Widersacher vor dem Kommen Christi auftreten.
„Lasset euch von niemand verführen, in keinerlei Weise; denn er
kommt nicht, es sei denn, dass zuvor der Abfall komme und
offenbart werde der Mensch der Sünde, das Kind des
Verderbens, der da ist der Widersacher und sich überhebt über
alles, was Gott oder Gottesdienst heißt, also dass er sich setzt in
den Tempel Gottes als ein Gott und gibt sich aus, er sei Gott.“
2. Thessalonicher - Kapitel 2: 3-4
Der Bibelkommentar zu diesem Text lautet:
„Die Wendung, sich in den Tempel Gottes setzen, ist wohl
bildhafter Ausdruck dafür, dass der Antichrist Gott verdrängen
und sich an seine Stelle setzen will.“
„Der Verfasser rechnet damit, dass der Zwang zur göttlichen
Verehrung des Kaisers, in nächsten Zukunft zu einer schweren
Verfolgung der Kirche führen wird.“ Präambel zur „Offenbarung des
Johannes“, Einheitsübersetzung 1980
Im überschaubaren Raum der ersten eintausend Jahre Kirchengeschichte gibt es nur einen Mann, der die dazu erforderlichen
Voraussetzungen und den Willen aufbrachte, die prophezeite Rolle zu
spielen: Kaiser Konstantin (285? – 337).
Er sollte und wollte die Kirche Christi nicht direkt verfolgen, sondern
nur um- und zurechtbiegen, um sie den Bedürfnissen seines
räuberischen Imperiums anzupassen.
1700 Jahre später bestätigte die Geschichtsforschung, dass es so kam.
Bis zur Unkenntlichkeit verstümmelte der „groß“ genannte Usurpator
das Ideal zugunsten der Vergöttlichung seiner Person.
„…die Kirche befolgte in Nicäa (325) die Wünsche Konstantins,
obwohl sie sie nicht billigte... Eben so wenig, wie Konstantin
Christus erwähnt, ist die Kirche auf Christus bezogen...
Konstantin hatte eine neue Idee von der Kirche, die er
verwirklichen wollte: ... nach dem i h m vorschwebenden Bild
formt er… sein Reich, s e i n e Kirche…. Die Diener Gottes, die 7
Kleriker unterstützen den Kaiser, den Knecht Gottes, dabei, das
gottgewollte Friedensreich herbeizuführen. Das Konzil ist ein
repräsentativer Staatsakt, aber der S t a a t, der sich ihm
darstellt, ist die von Konstantin geführte Kirche, das Reich der
Zukunft ...“
Heinz Kraft, Habilitationsschrift „Konstantins religiöse Entwicklung“ Heidelberg - Uni
Greifswald
306 unternahm Konstantin die ersten Schritte in diese Richtung.
Als er seinen soeben verstorbenen Vater Kaiser Constantin Chlorus zu
York, England „konsekrierte und divinisierte“ (Clauss) und sich von den
Befehlshabern der Westarmee zum Kaiser erheben ließ, beschloss
Konstantin gleichzeitig, - wenn nicht schon früher, - die Religion seines
Sonnengottes ü b e r a l l im Reich durchzusetzen.
Da er die Christen hoch schätzte,
nachdem er jahrelang, zu
Nikomedia, mit ihnen Schulter
an Schulter zusammen lebte und
ihr Benehmen, ihre Intelligenz,
Selbstbeherrschung und Gutwilligkeit bewunderte, wollte er
- für die von ihm umworbenen -
ein Gleichheitszeichen zwischen
dem obersten Gott Roms und
Jesus Christus setzen.
Dieser Mix erschien ihm
geeignet sein Imperium zu
festigen.
Das sollte ihm 325 gelingen.
Der Theologe Adolf von Harnack
Wikemedia Commons:
Mosaik der Vatikanischen Grotten unter dem Petersdom an der Decke, des Grabes der Julii.
Darstellung Christi als Sonnengott Helios oder Sol Invictus auf seinem Streitwagen.
resümierte: „Der Wille des Kaisers entschied.“ Lehrbuch der
Dogmengeschichte8
Dass man Gold nur verunreinigen kann, kümmerte ihn nicht. Schon
vor dem von ihm einberufenen Konzil zu Nicäa 325 schwor der
energische, geniale römische Imperator - der eigentlich ein Henotheist
war - (einer der einen Stammgott verehrt, und untergeordnete Götter
nicht ablehnt) – auf die W e s e n s g l e i c h h e i t von Sol Invictus und
ihm selbst. Mit Christus, der ihn selbst so gut wie nicht interessierte,
könnten sie gemeinsam - seiner politischen Ziele wegen, - eine
göttlichen Trinität bilden.
Lebenslänglich vermochte Konstantin mit dem Namen und dem Geist
des Gottes „Christus“ nicht viel anzufangen:
Er hat „von Christus – mit Ausnahme eines andeutenden
Sätzchens – nicht gesprochen. Im Großen ganzen ändert sich das
auch in den späteren Briefen nicht, nur ein Brief macht eine
Ausnahme der 325 geschrieben wurde... Christus, sagt
Konstantin, ist Vater und Sohn... Konstantin war im Grunde der
Meinung, dass Gott keinen Namen habe... an die Stelle des
christlich gebrauchten Christusnamen tritt der Äon. Der Aion ist
ein griechischer Gott, der sehr viel bedeuten kann.“ Heinz Kraft,
Habilitationsschrift „Konstantins religiöse Entwicklung“ Heidelberg - Uni Greifswald
Zunächst wollte er diese Welt erobern, dann die Himmel. Papst Julius
II. übernahm später diese Idee eins zu eins. Natürlich ein wenig mit
Augenzwinkern.
„Am 20. Januar 1507, bevor Julius Bologna verließ, besuchte er
noch Michelangelo, um dort jene Statue zu besichtigen, die er
beim Künstler in Auftrag gegeben hatte. Bei dieser Gelegenheit
fragte der Bildhauer den Papst, ob er in seiner Rechten das
Evangelium oder ein Schwert haben wolle. Julius antwortete:
„Ein Schwert will ich haben!“ ...
„Einer nach seinem Tod veröffentlichten Anekdote zufolge
erschien Papst Julius II. an der Himmeltür. Da rief ihm Petrus zu,
er solle sich ein eigenes Paradies bauen... denn er hätte ja viel
Geld, viele tapfere Männer...
Da Petrus anschließend die Himmeltür zuschlug, stellte Julius ein
Ultimatum: Wenn Petrus nicht innerhalb von drei Wochen 9
gütlich übergebe, würde er mit 60 000 Mann anrücken und den
Himmel stürmen.“ Josef Gelmi, „Die schönsten Papstanekdoten“
Wikipedia Commons:
Konstantin der Große
(306–337) als Sol Invictus.
Geprägt ca. 309–310. Sol
stehend mit dem Gesicht
nach rechts, rechte Hand
erhoben, den Globus in der
Linken.
Wikipedia Commons
Sol Invictus und das Genie der
Militäreinheit
Da endet der Scherz,
denn Sol war Kriegsgott und Jesus der
Friedefürst.
Bitter sollten die
Christen des beginnenden 4. Jahrhunderts erfahren, was ihnen
widerfuhr. Aber es war nicht aufzuhalten, dieses Ungeheuer.
Wikimedia Commons: Foto Markus Bernet
Kopf Konstantins, kapitolinische Museen
Mit dem 1. Ökumenischen Konzil der
Christenheit entmachtete Konstantin die
Bischöfe umgehend, indem er sich zum
Oberbischof erklärte - zum „Bischof der
Bischöfe“ - , um sich, fünf Jahre später, als
trinitarischer Gott sowohl von Heiden wie von
Christen feiern zu lassen.
Damit tat er, was verdorbene Zuströme für Millionen Menschen
bewirken, die auf das Wasser ihrer Flüsse angewiesen sind.10
Das Schlimmste: Er verbot dem Auferstandenen den Mund.
„In den Spekulationen Konstantins, nach denen Gottes
natürliche Offenbarung vollkommene Erkenntnis vermittelt,
besteht eigentlich kein Bedürfnis nach der übernatürlichen
Offenbarung …“ Heinz Kraft, Habilitationsschrift „Konstantins religiöse
Entwicklung“ Heidelberg - Uni Greifswald
Konstantin ist seit Nicäa der „dominus et Deus“, - der Herrgott – aller
und somit überzeugt, er sei der Offenbarer.
Ihn kümmerte nicht, das Christus sowie seine Apostel auf
verschiedene Weise (u.a. nach Matth. 7:7-11, Matth. 16:17, Jakobus 1: 5) lehrten:
Die stete Verbindung zwischen Seiner Kirche und Ihm selbst, - der lebt,
- sei die einzige Garantie für die Kirche, heil durch die ungestümen
Wogen eigensinniger Geschichte zu reisen. Für eine sensible
Gemeinschaft wie die von ihm ins Leben gerufene, die Menschen
vervollkommnen will, bestünde allemal die Gefahr der Verflachung. Es
gelte jedoch, sie im rasanten Wechsel der Ereignisse konstant zu
halten.
Das setzt mehr als gute Absichten und menschliche Weisheit voraus.
Konstantin hätte wohl, - wäre er gut gelaunt gewesen, - überlegen
geschmunzelt, wenn ihn einer der führenden Kirchenmänner darauf
hingewiesen hätte, dass die Kirche früher oder später sterben muss,
schnitte eine verwegene Hand sie von der direkten Verbindung zum
Himmel ab: Der Himmel sei doch in ihm.
In ihm lebten die Götter.
Um Konstantins Seele zu verstehen muss man in seine Vergangenheit
blicken. Als Sohn des römischen Mitkaisers Constantin Chlorus, der
306 verstarb, wuchs er als Geisel für die Loyalität des Vaters in
Nikomedia (im Nordwesten der heutigen Türkei) auf. Dort, am
Kaiserhof Diokletians, erhielt er seine Prägung.
Da, in den paganen Gottesdiensten, die er besuchen musste, wurde
es ihm in die Seele gelegt:
„Der Kaiser gleiche dem Gebieter des Weltalls ...
Diokletian (244-311) war der „dominus et Deus“, der Herr und
Gott, der Herrgott. Ein Lobredner schwärmte: „der Du denen
gleichst, die Dich zeugten, durch sie regierst Du die Welt 11
unvergleichlich, Du, der diis geniti et deorum creatores (der von
den Göttern gezeugte und Erzeuger von Göttern)…, in Dir leben
die numina (die Geister) von Jupiter und Hercules - wir rufen Dich
an, wir rufen Dir zu, jeden Sieg zu erringen ist uns heilig und mit
uns bist Du der Diokletian praesens deus - weshalb wir uns nicht
fürchten, weshalb es uns eine Ehre ist, Dir unser Leben zu Füßen
zu legen – Heil dir! Deine Herrschaft ist nicht nur durch die
Erdgegenden begrenzt sondern sie reicht darüber hinaus in die
Regionen ewiger Himmel. Wie wir auf Erden durch Dich
glücklich werden, so, als gelangten wir in Deine Gegenwart,
stehen wir heute im Adyton - dem Allerheiligsten - und spenden
Dir unsere Treue. Wie der Weihrauch Deiner heiligen Priester
umweben wir Dich...“
Kaiser Diokletian war während vieler Reden gar nicht anwesend, aber
"…in solchem Fall hielt ein Priester das Bild des Imperators in die
Höhe, denn es wurde spätestens seit dieser Zeit geglaubt, dass
der Kaiser und sein Bild eins seien." Alexander Demandt „Diokletian und
die Tetrarchie“ – „Aspekte einer Zeitenwende
306 reißt Konstantin sofort nach dem Tod seines Vaters die Macht an
sich. Man hatte ihm gerade noch rechtzeitig die Nachricht überbracht,
dem Vater ginge es schlecht. Augenblicklich brach er auf, raste vom
Balkan aus quer durch Mitteleuropa nach York in Britannien. So
stattlich, wie er vor sie hin trat, imponierte er den Militärs. Umgehend
nach den Bestattungsfeierlichkeiten hoben sie ihn auf den Schild.
Er begründete „seinen Herrschaftsanspruch mit seiner
Abstammung vom Staatsgott Constantius Chlorus, den er
divinisieren und konsekrieren ließ... Konstantins Vater war
Herrscher auf Erden und ist Gott im Himmel." Manfred Clauss „Kaiser
und Gott“, - Herrscherkult im römischen Reich“
Hier oder schon etwas früher beginnt die spätere Überfremdung des
Christentums. Rücksichtslos will er - aus purem Ehrgeiz - die
funktionierende Tetrarchie zugunsten der Universalmonarchie
aufheben. Da er wünschte der Alleingott ausnahmslos aller zu werden,
musste er konkurrierende „Götter“ beseitigen.
310 nötigte er seinen kaiserlichen Schwiegervater Maximian, sich
selbst umzubringen. 12
312 ist Konstantin bestrebt, den nächsten Nebenbuhler zu vernichten,
Maxentius, den Bruder seiner Frau Fausta. Jetzt, 13 Jahre vor seiner
Einmischung in Christenbelange zu Nicäa, geht es dem harmlosen
Mitkaiser an den Kragen. Prokonstantinische Propaganda nannte
Maxentius „den Tyrannen von Rom“. Doch
„Maxentius hatte die Christenverfolgungen eingestellt und der
römischen Kirche ihren Grundbesitz zurückerstattet. Allerdings
sah sich Maxentius beträchtlichen Wirren und zum Teil blutigen
Kämpfen innerhalb der Christengemeinden Roms konfrontiert
und deshalb gezwungen, die Bischöfe Marcellus (307 - 309)
sowie Eusebius (309) in die Verbannung zu schicken.“ Karl Christ
„Geschichte der römischen Kaiserzeit“
Konstantin interessierte nicht, was seine Ehefrau empfand.
Ihr Erbe, der Lateranpalast, sollte später der Kirche zufallen.
Er war ein Meister der Täuschung. Mitkaiser Maxentius hätte dem
Usurpator nicht entgegen ziehen sollen.
Das war sein Fehler. In Rom wäre er sicher gewesen.
Doch Sol hatte sich, wie es scheint, für Konstantin entschieden.
Der Tag vor der „Schlacht an der Milvischen Brücke“ sollte für die
Christenheit von großer Bedeutung werden.
Christus habe dem Usurpator Konstantin eine Kreuzesvision
geschickt! So steht es in vielen Geschichtsbüchern geschrieben.
Aber dieser Mann ist nicht nur ein Erzheide, sondern auch ein
Unhold:
„Gefangene Offiziere und der Unfreiheit widerstrebende
Germanenfürsten ließ er im Amphitheater von wilden Tieren
zerreißen, etwa in einer Arena in Trier… . Auch mit der
Zivilbevölkerung kannte er keine Gnade und hinterließ in den
unterworfenen Gebieten Tod und verbrannte Erde.“ Bettina von
Engel „Konstantin und seine Familie in Trier“ Vortrag bei der Ascoli Piceno-Trier
Gesellschaft, 2007
Unmittelbar vor der mörderischen Schlacht, 312, soll er vom
Himmel her gehört oder in den Wolken gelesen haben:
„In diesem Zeichen - dem Kreuz - sollst du siegen!“
Du, Konstantin, sollst siegen – nicht das Christentum.13
Er soll seinen Soldaten befohlen haben, das Christogramm auf ihre
Schilde zu malen.
Das ist ein Märchen.
Übrigens, Kreuze befanden sich längst auf den römischen Standarten
der Legionen. Da gab es sie schon mindestens 100 Jahre vor ihm. Das
geht u.a. aus einem Aufsatz des Christen Felix Minucius hervor. Etwa
im Jahr 200 schrieb Minucius, was er davon hielt, das Kreuz, an dem
Jesus starb, und das Kreuz der Kaiser und ihrer Legionen miteinander
in Verbindung zu bringen:
„Kreuze beten wir nicht an und wünschen sie nicht. Ihr
allerdings, die ihr hölzerne Götter weiht, betet vielleicht hölzerne
Kreuze an als Bestandteil eurer Götter. Was sind sie denn
anderes, die militärischen Feldzeichen und Fahnen, als
vergoldete und gezierte Kreuze? Eure (!) Siegeszeichen haben
nicht bloß die Gestalt eines einfachen Kreuzes, sondern sie
erinnern auch an einen Gekreuzigten... bei euren religiösen
Gebräuchen kommt (das Kreuz) zur Verwendung.“ Stemberger
„2000 Jahre Christentum“ "Dialog Octavius"
„Dieses Zeichen wurde seit Generationen von Kaisern im
Feldlager beim Altar aufbewahrt. Frühestens 324, im Feldzug
gegen Licinius, könnte es vielleicht, verändert durch
Hinzufügung des griechischen P (Rho) als „Christusmonogramm” gedeutet worden sein. Ob es damals überhaupt
irgendeinen Bezug zum Christentum hatte, ist unsicher, denn
zahlreiche Untersuchungen belegen, dass das Chi Rho schon in
jüdischen Schriften auftaucht und die Bedeutung von ‚fertig’
oder ‚brauchbar’ hatte.“ Seeliger „Die Verwendung des Christogramms durch
Konstantin im Jahr 312“ - Untersuchungen kath. theol. Universität Tübingen
Übereinstimmend sagt Bruno Blackmann:
„Konstantin ... ließ lediglich eine Schlaufe an der vorhandenen
Senkrechten anbringen. Doch trotz Hinzufügung der Schlaufe
bleibt dieses X, das Zeichen des Sol Apollo, das Konstantin im
Apollotempel gesehen hat. Ihm, dem Gott Sol Apollo, schrieb er
seinen militärischen Erfolg (an der Milvischen Brücke) zu, wie der
Triumphbogen zu Rom beweist.“ "Konstantin der Große”14
Unbestritten ist, Konstantin betete vor der Schlacht an der Milvischen
Brücke.
Aber welchen Gott rief er an?
Eusebius sagt: Konstantin rief den Gott seines Vaters an. Nur,
„Constantius Chlorus war bekanntlich ein eifriger Verehrer des
Sonnendienstes“ Ed.Rapp „Das Labarum und der Sonnenkultus“ Er betete
Herculus Invictus an oder Sol-Herculus.
„Wer bin ich?“ (Was hast du mir bestimmt? Bist du in mir? Sol: ich bitte dich G.
Sk.) „Offenbare mir, wer ich bin! Reichst du mir deine Rechte zum
bevorstehenden Kampf?“ Schlange-Schöningen, „Konstantin der Große und
der Kulturkampf“
Der Grundwiderspruch liegt offen zutage: Spätestens nach dieser Bitte
wollte er der Sol Invictus sein, oder der Sonnengott war in ihm, und
dennoch betete er zur gleichen Zeit: „Offenbare du mir die Wahrheit.“
Keinem Christen wäre, solange er an den Jesus der „Frohbotschaft“
glaubte, je in den Sinn gekommen, den altrömischen Sol Invictus
anzurufen, den Kriegsgott, wenn er Christus meinte.
Sonderbar, Konstantin selbst erwähnt kein Wort von dem angeblich
am Himmel erscheinenden Kreuz im Beisein seiner 40 000 Soldaten:
Konstantin hat sich, ... in den vielen Selbstzeugnissen, die seinen
unmittelbaren Umgang mit Gott und seine göttliche
Auserwähltheit betonen, nie auf das gallische Lichtwunder
berufen.“ Vittinghof, „Konstantin der Große“
Der Konstantin-Historiker Ramsey MacMullen, schrieb denn auch:
"Das eigentliche Wunder von der allen sichtbaren
Himmelsschrift (In diesem Zeichen siege!) ist das anhaltende
Schweigen der zigtausende Männer.“
Erst drei Jahre später marschiert er (noch einmal) in Rom ein.
„Am 21. Juli 315 hielt Konstantin seinen feierlichen Einzug nach
Rom zur Feier der Dezennalien. Das Fest wurde mit der üblichen
Pracht begangen, das Volk beschenkt und große Spiele
abgehalten. Zu dieser Feier war der die Schlacht an der Ponte
molle (Milvische Brücke) verherrlichende Triumphbogen vom
Senat errichtet worden. Sein Bilderschmuck nimmt vom
Christentum Konstantins keine Notiz. Konstantin feiert den
Sonnengott als seinen Beschützer... L‘Orange (ein Historiker) hat 15
bewiesen, dass es der Sonnengott Sol Invictus ist, der hier als
Gott des Kaisers gezeigt wird.“ Heinz Kraft Habilitationsschrift „Konstantins
Entwicklung“, Heidelberg – Uni Greifswald
Man bedenke die Nähe des Sol zu Baal.
www. Uni- Protokolle schreibt:
"Ursprünglich vereint Sol Invictus mehr oder weniger die
orientalischen Religionen wie den persischen Mithras und den
syrischen Baal. Die Wurzel dieses nach Rom exportierten Baal
lässt sich zurückverfolgen nach Emesa, mit dem Stadtgott Sol
Elagabal. Sol Invictus ist bereits unter Vespasian geläufig. Er
stellte ihm zu Ehren schon im Jahre 75 eine Kolossalstatue auf,
seit Commodus trägt jeder Kaiser den Titel Invictus."
Konstantins Charakter war dementsprechend:
„.. des Maxentius Kinder ließ er sogleich töten, ebenso dessen
politischen Anhang.“ Theodor Birt: Charakterbilder
Das waren seine Verwandten, seine Neffen und Nichten, sowie die
seiner blutjungen Frau Fausta.
Zwölf Jahre später zieht Konstantin gegen den letztverbleibenden
Feind seiner Begierden, Schwager Licinius, den Ehemann seiner
Schwester.
Nun da der letzte „Widersacher“ seiner Alleinherrschaft geschlagen
wurde, muss Konstantin daran gehen seinem Einheitsreich die
erwünschte, i h m vor Augen schwebenden Einheitsreligion zu geben.
Fast zeitgleich im Vorfrühling 325 schickte er Einladungen an die
Bischöfe, auf Staatskosten, nach Nicäa zu kommen und den Befehl,
den inhaftierten 62-jährigen Licinius vom Diesseits ins Jenseits zu
befördern. Monate zuvor versprach er seiner Halbschwester
Constantia noch, er werde ihren Ehemann verschonen.
Natürlich kann jeder Herr der Armeen behaupten, er habe jemanden
umbringen müssen, weil der eine Verschwörung plane.
Was seine nächsten Ziele betraf, dachte er vor allem an die Christen,
als künftig verlässlichste Stützen seines Imperiums.
Er kannte sie seit zwei Jahrzehnten. Der Elitechrist und Rhetoriklehrer
Laktanz gefiel ihm längst, sowohl wegen seines noblen Charakters, als 16
von seiner Bereitschaft her, ein vorbildlicher Staatsbürger zu sein.
Gemeinsam lebten sie zu Nikomedien, (heutige Nordwesttürkei)
mehrere Jahre, Laktanz als freier Mann, er als Geisel am Hof Kaiser
Diokletians für die Loyalität seines Vater Constantin Chlorus, Mitkaiser
in der Tetrarchie.
Um 316/17 beruft er den großen Idealisten als Lehrer seines Sohnes
Crispus an den Hof in Trier.
Laktanz, der Elitechrist, könnte ihm dort zu Nikomedien vor Ort zu
Beginn des 4. Jahrhunderts bereits erklärt haben, dass der Mensch ein
Geist ist, der von Fleisch ummantelt wurde und, dass der Allmächtige
die Auserwählten zu Göttern erhöhen wird, vorausgesetzt sie
befolgten seine Gebote.
Das verstand Konstantin auf seine eigene Weise. Allerdings erlebte er
am Hof Diokletians auch den Umschwung mit. Zunächst galten die
Christen, selbst vor Kaiser Diokletian als geachtete Persönlichkeiten.
Doch als sie an Zahl und wegen ihrer Grundsatztreue an natürlicher
Macht zunahmen, riefen sie die Eifersucht der Paganen herauf. Diese
Wirkkraft der Christen einerseits und andererseits der geifernde Neid
der paganen Priesterschaft bildeten einen scharfen Kontrast, was zu
einem schweren Konflikt führen musste.
Man hätte es zu Beginn des 4. Jahrhunderts voraussehen können,
obwohl sich die Christen mäßig zurückhaltend verhielten.
Es gärte.
Immer mehr Leute glaubten den damals noch ehrenamtlich
wirkenden christlichen Priestern und ließen sich taufen.
Zu einer Zeit, als sich die Christen Roms noch in Privatzimmern oder
Bretterbuden versammelten, verfügten die Jesus-gläubigen
Nikomediens, zudem in Hofnähe, über ein ansehnliches
Gemeindehaus. Obwohl noch weit davon entfernt liturgische Kleidung
zu tragen, gingen sie bis 303 am Kaiserhof selbstbewusst wie die
Nobilissimi ein und aus. Das konnte den Berufspaganen nicht gefallen.
Ihre Gelegenheit kam, als Diokletian, dieser auch in Konstantins Augen
abergläubische alte Mann, vor einer ihm bevorstehenden Schlacht
eine Eingeweide-Schau befohlen hatte: 17
„Die Schau der Haruspices vor Diokletian misslang. Der Priester
sagte, die Götter zürnten ihm wegen der Anwesenheit unheiliger
Personen. Damit waren die Christen gemeint. Daraufhin
mussten alle Beamten des kaiserliche Palastes den römischen
Göttern opfern, oder sie wurden ausgepeitscht... Auch bei einer
Befragung des Apollo-Orakels in Milet antwortete der Gott
seinen Priestern, dass die Christen die Beziehung zu den Göttern
störten. Daraufhin ließ der Kaiser in Nikomedia eine christliche
Kirche niederreißen und deren heilige Bücher verbrennen. In
einem Dekret von 303 ordnete er an, in der ganzen Provinz
sollten die Gebetshäuser und Bücher der Christen zerstört
werden; die Christen sollten aus allen Ämtern entlassen werden
und ihre Privilegien verlieren. Als nun noch im Palast ein Brand
ausbrach, wurden die Christen dafür verantwortlich gemacht.“
Anton Grabner, Haider, Johann Maier, „Kulturgeschichte des frühen Christentums“
Eine heftige Welle der Verfolgung lichtete die Reihen der Treuen.
Laktanz und viele andere bedeutende Christen mussten vor dem
plötzlich wieder religiös aktiven Diokletian flüchten.
Wie sie dastanden, die Christen, und gelassen zuschauten, als ihre
kleine Kapelle eingerissen wurde, nötigte dem noch-nicht Kaiser
Konstantin Respekt ab.
Nun, zwanzig Jahre danach, 324, nach der Entmachtung des Licinius,
sah Konstantin noch deutlicher: Die Infrastrukturen seines Imperiums
waren mangelhaft. Seine Verwaltungsbeamten könnten und würden
von der Christen-Organisation das Beste übernehmen.
Als man Konstantin sanft darauf hinwies, wie zerstritten die Christen
seien, winkte er ab: Er würde sie unter Auflagen einen!
Diese Auflagen sollten ungeheure Sprengkraft in sich tragen.
Er habe bereits das Treffen aller Bischöfe in Nicäa vorbereitet.18
Das Vorspiel
Man kann ungefähr rekonstruieren, was sich vor dem nicänischen
Konzil bereits 318 zu Alexandria ereignete:
Die Umstände brachten es mit sich, dass damals die beiden
potentiellen Kontrahenten, Athanasius, zu dieser Zeit 22-jährig, und
Arius, um die 60, im Priesterschaftskollegium einer nicht näher
bekannten Gemeinde der großen Hafenstadt Alexandria beieinander
saßen und heftig aneinander gerieten.
Zu Tisch präsidierte Bischof Alexander. Arius, einer der Gäste, hatte
schon gehört, dass der hitzköpfige kleingewachsene, dunkelhäutige
Diakon Athanasius hoch hinaus wollte. Bis der sich einmischte,
herrschte überwiegend ein Geist der Offenherzigkeit, der auch
querschlagende Reden und Ideen zuließ. Dann allerdings brachte
jemand in dieser Runde, wahrscheinlich ein Katechet, die Frage auf:
Wie ist Gott?
Hat er ein Antlitz und menschliche Gestalt?
Oder ist er ein unfassliches Lichtwesen, ein gestaltloser, allgegenwärtiger Geist?
Bischof Alexander, vom Gemüt her eher ein Grobian und schon
kränklich, der sich im Fall von Meinungsverschiedenheiten nur schwer
beherrschen konnte, hielt das Letzte für eine ausgemachte
Grundwahrheit. Es stünde doch geschrieben: „Gott ist Geist“. So hieß
es im Johannes Evangelium. Damit war für ihn das letzte Wort
gesprochen.
Doch Arius konnte und wollte solchen Kurzschluss nicht akzeptieren.
Wahrscheinlich dachte er „mormonisch“: Auch
„...der Mensch ist Geist...“ Kanon der Kirche Jesu Christi der HLT: „Lehre und
Bündnisse“ Abschnitt 93: 28-34
Er ist ewiger Geist und befindet sich in einem sterblichen Leib. Diese
Definition, die Joseph Smith, der erste Prophet und Präsident der
Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, hier verwendet, trifft
das Wesentliche. 19
Die Mehrheit der an jenem Tag versammelten Ältesten, Priester und
Diakone die fast ausschließlich im Berufsleben ihren Mann standen,-
stimmten Arius zu, der sagte: Ich glaube, dass der allein wahre Gott,
wie wir aussieht, wurden wir doch nach seinem Ebenbild erschaffen.
Er ist ein anderer als sein Sohn.
Athanasius vertrat indessen vehement die Auffassung seines Bischofs
Alexander:
„Jesus und der Vater sind e i n Gott, sie sind völlig Geist,
gestaltlos, allgegenwärtig“
Während Arius erwiderte:
„Vater, Sohn und Heiliger Geist sind drei verschiedene Götter, sie
bilden eine Gottheit, eins im Willen, jeder mit eigenem Gesicht,
der Sohn dem Vater nachgeordnet.“
Dabei berief er sich auf Origenes.
Arius solle sich schuldig fühlen, weil er sich herausnahm den Sohn als
„nachgeordnet“ - untergeordnet - zu betrachten. Das sei ein Skandal!
An dieser Stelle irre Origenes sich!
Bemerkenswert: Athanasius weist Origenes nicht ab, im Gegenteil!
Er zitiert ihn, er argumentiert mit seinen Aussagen, doch er zielt
daneben, weiß anscheinend nicht um die Hauptlinie des großen
Bewahrers, die klar gezeichnet vorliegt:
„Rangältester von allen Geschöpfen ist der ewig aus dem Willen
des Vaters gezeugte Sohn Gottes. Er ist dem Vater nur „gleich“
im Sinne von ähnlich... der Sohn ist das Abbild (Kolosser 1: 15)
geringer als Gott selbst (Joh. 14: 28) an dessen Gottheit er nur
Teil hat und dem er als der“ zweite Gott“ in jeder Hinsicht
subordiniert ist... der Logos, die „Erlösung“... als Logos das
Organ der weiteren Schöpfertätigkeit ...d.h. „Der Sohn ist dem
Vater nachgeordnet, er ist dem Vater nur ähnlich, er ist eine
andere Person.“ „Die Religion in Geschichte und Gegenwart“ Handwörterbuch für
Theologie und Religionswissenschaft 3. völlig neu bearbeitete Auflage Vierter Band Kop-O
Später, nach Nicäa stellten sich immer mehr willfährige Theologen auf
die Sichtweise Konstantins ein. Sie setzten a priori: Ein feierlich
abgehaltenes Konzil könne nicht irren: Folglich liege Origenes schief.20
Arius lehnte es ab sich der Meinung des jungen Mannes
anzuschließen. Ob er wohl schon ahnte, dass es, wegen dieser
unterschiedlichen Glaubensweise, zu einer Spaltung der Kirche
kommen würde? Dennoch durfte er seine Überzeugung nicht
preisgeben, dass da zwei, sogar drei ewigheilige Götter existierten,
denn dieses Glaubens waren nahezu alle Christen seiner Zeit.
Der Märtyrer Stephanus habe doch in der Minute seines Todes
bekanntlich eine Vision erlebt und danach ausgerufen, er sähe Jesus
sitzend zur Rechten des Vaters, mitthronend, während die Pharisäer
ihn gerade dieses Bildes und Glaubens wegen steinigten.
Dieser Zeitpunkt war es.
Worte flogen hin und her.
Irgendwann fallen von den Lippen Bischof Alexanders die welthistorisch bedeutenden Worte:
„Dem Arius muss man Widerstand leisten bis aufs Blut“ Pfarrer
Ernst Ferdinand Klein, „Zeitbilder aus der Kirchengeschichte“
Verwickelt in den Streit waren Gemeinden Palästinas, Ägyptens und
stadtrömische Bischöfe! Konstantin sah seine Chance.
Nicäa
Konstantin wollte schlichten, sagte er, und hielt großen Reden. Aber
sehr bald wird klar, was er wirklich beabsichtigte.
Er erwartete 1.800 Bischöfe, zumindest jeden Zweiten.
In Nicäa, seinem Sommerlager, sollte angeblich die Einheit der Kirche
wiederhergestellt werden.
Aber nur 220 Unterschriftsberechtigte kamen. Einige waren nur
Beauftragte ihrer Bischöfe oder deren „Ratgeber“.
Jungklaus, Full Text of: „Die Gemeinde Hippolyts dargestellt nach seiner
Kirchenordnung“ ... der Bischof leitet die Gemeinde. An seiner Seite stehen zwei
Ratgeber sowie das Ältestenkollegium...“
Soweit bekannt gab es zur Zeit der Wiederherstellung der Kirche Jesu Christi der
HLT,1830, keine andere Denomination derselben Struktur – außer bei den
„Mormonen“ selbst. Diese Übereinstimmung ist ein weiteres Glied der Indizienkette
zugunsten ihres Anspruchs das wiederhergestellte Original zu sein.21
„Die Kirche der Ignatiusbriefe ist (um das Jahr 100 n.Chr. G.Sk.) erstaunlich gut
organisiert. Und hier liegt auch eine der wichtigsten Ursachen, weshalb man die
Echtheit der Ignatiusbriefen bezweifelte. Man wollte einfach nicht glauben, daß die
Kirche schon am Anfang des 2 Jahrhunderts so gut ausgebildete, organisatorische
Strukturen gehabt hatte. Es gibt in der ignatianischen Kirche eine Hierarchie von drei
Graden, die vom Volk der einfachen Gläubigen klar unterschieden wird: Bischöfe,
Presbyter und Diakone. Sie sind der Kern der Kirche, ohne sie kann von der Kirche keine
Rede sein: Alle sollen die Diakone achten wie Jesus Christus, ebenso den Bischof als
Abbild des Vaters... Aus dem angeführten Zitat geht klar hervor, daß die sichtbaren
Strukturen der Kirche ein Abbild der unsichtbaren Verhältnisse im Himmel sind. Gott,
dem Vater entspricht in der Ortskirche der Bischof. Er besitzt die ganze Autorität und
die mit ihr verbundenen Vollmachten...“
Stanisław Łucarz, „Die Kirche als Gemeinschaft bei Ignatius von Antiochien“
Der Rest, etwa 1.600 Unterschriftsberechtigte, - weit mehr als 80
Prozent - ahnten sehr wahrscheinlich, dass dabei nichts Gutes
herauskommen konnte. Vorzustellen ist, wie jeder Einzelne dieser
riesigen Mehrheit, mit sich gerungen haben wird: Welche Aufwertung
wäre es für sie persönlich, die oft Verspotteten, einen Kaiserbrief
vorzuweisen. Sie könnten prahlen: Ich erhielt vom Imperator eine
persönliche Einladung, sein Hauptquartier zu besuchen.
Selbst deren ärgste Feinde würden in sich gehen, wenn sie zusehen
müssten, dass die kaiserliche Postkutsche ausgerechnet vor dem Haus
eines Bäckergesellen hält, während die berittene Wache den kleinen
Mann, der da einsteigt, militärisch grüßt.
Die Vorstellung, Bischöfe damaliger Zeit wären hoch gebildete, große
Herren über zehntausende Mitglieder gewesen, ist falsch.
Sie waren lediglich die Vorsteher von Gemeinden zwischen 20 und 60
Mitgliedern, und allesamt berufstätig.
Spiridon, ein Bischof von Zypern, war Schafhirte. Einige konnten
wahrscheinlich weder lesen noch schreiben.
Vermutlich gab es damals 40 Gemeinden und somit allein 40 Bischöfe
zu Rom, denn bereits
für das Jahr 250 ... wird die Anzahl 100 italienische Bischöfe
angegeben.“ Henry Chadwick „Die Kirche in der antiken Welt“
Es kann nicht nur einen einzigen Bischof für die Stadt Rom (Silvester)
gegeben haben, in der die absolut höchste Mitgliederkonzentration
Europas zu verzeichnen war. „Bischof von Rom“ ist zwar Papsttitel, 22
doch auf einem Gelände von eintausend Quadratkilometern muss es
mehr als nur e i n e n Gemeindeleiter gegeben haben. Zudem
„wissen wir aus Optatus, dass um das Jahr 311 einige 40
Basiliken in Rom waren.“ Johann J. Ignaz von Döllinger „Hippolytus und
Kallistus“ 1853
Gemeint sind 40 Gemeinderäume, und zwar sehr schlichte.
Das Aufwendige musste auch nicht sein.
Die Christen der ersten drei Jahrhunderte, - gleichgültig, wo sie sich
trafen, in einer Hütte oder einem Nobelsaal -
„...gingen nach den Versammlungen auseinander, als ob sie aus
einer Schule der Tugend kämen... Sie strebten nach
Selbstbeherrschung und Gerechtigkeit“. Anton Grabner-Haider-Maier
„Kulturgeschichte des frühen Christentums“
Um sich zu bilden, bedurfte es keiner Paläste.
Denn, „nach Laktanz ist Jesus der Lehrer der Tugend und
Gerechtigkeit.“ Hans Lietzmann „Geschichte der alten Kirche“
Sie waren wie E. Kant eingestellt: „Niemand kann Gott mehr ehren, als
durch Achtung für sein Gebot!“
Für die frühen Christen stand fest: Soll die Welt glücklicher werden,
dann nur, wenn sich zuvor ihre großen und kleinen Kinder im Sinne
der Bergpredigt Christi besserten. Kirche, wenn sie christlich sein will,
muss Christi Grundwerte - und nicht die Feierlichkeiten zu seinen
Ehren - obenan stellen.
Die späteren Prachtbauten und die aufwendigen Weihen überdeckten
dieses Verständnis. Je höher und gewaltiger die späteren Kathedralen
sich nach dem Jahr 1100 in Mitteleuropa reckten, umso geringer
sollten sich ihre Besucher fühlen. Umgekehrt war es zuvor.
Es kamen auch nicht Massen zusammen, wie zu Pfingsten zu
Jerusalem in einer Ausnahmesituation, das geht aus Christi Wort
hervor: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, will
ich mitten unter ihnen sein.“ Matth. 18:20
Es gibt für die Zeit vor dem 1. Konzil keinen Hinweis für das
Vorhandensein auch nur eines kircheneigenen Hauses in Rom:
„Wie primitiv noch die Gotteshäuser im Anfang des III.
Jahrhunderts waren, können wir am besten aus dem Bericht des
Lampridius, vita Alex. 49, g entnehmen. Danach bewarben sich 23
unter Alexander Severus (im Jahr 230) die Christen um einen
öffentlichen Raum, auf den nur noch die Garköche Anspruch
erhoben.“ Jungklaus, Full Text of: „Die Gemeinde Hippolyts ...“
Für diese Feststellung haben wir noch eine weitere Bestätigung:
„Selbst in Rom ... mit
dem absolut größten
Anteil von Christen an
der Bevölkerung lässt
sich bis heute kein
einziger christlicher
Versammlungsort für
die Zeit vor der konstantinischen Wende
(um 325) nachweisen
....“ Christoph Müller,
Inaugural Dissertation,
Albert-Ludwig - Universität
in Freiburg „Kurialen und
Bischof...“
Wiki Commons: Konstantin im Vordergund mit der Strahlenkrone des Sol
Der von seiner Leibgarde beschützte Imperator erschien, bereits in der
ersten Sitzung zu Nicäa gekleidet wie Sol Invictus.
Das geht aus Beschreibungen z. B. des Eusebius von Cäsaräa, hervor.
Allerdings trugen die Bischöfe damals noch keine Amtskleidung.
Auch Kreuze kamen damals nicht vor. Sie erscheinen im Kirchenbild
erst nach 430. Die Angaben variieren etwas:
„... im Jahr 431 (wurde) das Kreuz als zentrales christliches Symbol beim Konzil von
Ephesus eingeführt.“ Der "Evangelische Kirchenbote..."
„Auf Inschriften begegnet das Kreuz in Rom, seit dem Ende des 4. Jahrhunderts, in
Gallien fast ein halbes Jahrhundert später.“ Victor Schultze „Die Katakomben“
„Als allgemein verbreitetes und verwendetes Symbol der Christen lässt sich das
Kreuzzeichen erst in der Zeit der Völkerwanderung nach 375 n. Chr. nachweisen.“
Bischöfliches Ordinariat Regensburg, 2010
Christen sollten sich fragen und bedenken warum die Gemeinden
vierhundert Jahre hindurch auffallend das Kreuzzeichen mieden.24
Konstantin schwor auf seine Kreuze, und für ihn stand auch von vorn
herein fest: Wer seinen Ideen widerstrebte, müsste leiden.
Konstantins Ansprüchen und Wünschen mussten sich alle beugen
oder in berüchtigte Bleibergwerke abwandern – wie es dann zu
Hitlers, Stalins und Maos Zeiten den Oppositionellen ähnlich erging.
Die Bischöfe zu Nicäa wurden zudem bewusst in die Irre geleitet.
Die Weitsichtigen unter den Bischöfen erkannten sehr bald: Ob sie
lamentierten oder nicht Sol, Christus und Konstantin sollten m i t
ihrem Einverständnis, als „Wesensgleiche“ der Trinität gelten.
Es gab kein Pardon!
Die Mehrheit sah sodann hilflos zu, als nach wochenlangen
Diskussionen
„Konstantin ... das nachher so sehr umstrittene unbiblische
Wort w e s e n s g l e i c h griech. Homousios lat. ‚consubstantialis
einfügen...(läßt). Die Unterordnung des Sohnes unter den einen
Gott und Vater (der Gott) , wie von Origenes und den Theologen
der Vorzeit allgemein gelehrt, wird jetzt ersetzt durch eine
wesenhafte, substantielle Gleichheit des Sohnes mit dem Vater“.
Hans Küng, „Kleine Geschichte der katholischen Kirche“
Zuvor glaubten nahezu alle Christen, dass Jesus seinem Vater ähnlich
sieht, d.h. sie waren wesensähnlich (homo i usios).
Durch die willkürliche Entfernung des Jota sollten sie nun wesenseins
(griech. homousios) werden, mit dem Ergebnis, dass die Gottheit für
Menschen unerkennbar wurde, bestenfalls einem Nebel vergleichbar. Der schier nicht enden wollende, nachnicänische, katastrophale
Geschichtsverlauf beweist, dass zu Nicäa ein Kapitalverbrechen
geschah.
Nephi, der bekannteste unter den Schreibern des Buches Mormon will
dieses Ereignis zuvor in einer Vision gesehen haben. 1. Nephi 13
Sein Text ist bemerkenswert!
Sol triumphierte. Zu Nicäa wurde auch die Frage diskutiert, ob man
im Interesse der Staatsfinanzen ein Eheverbot für Priester der
Kirche auszusprechen sollte. 25
Konstantin wollte sie ja begünstigen, wenn sie ihm entgegen kämen.
Aber zu viele Priester die fortan Gehaltsempfänger würden, stellten
ihn vor ein Finanzierungsproblem, denn, das war vorauszusehen, die
Kirche, sobald sie vom Staat geförderte Institution ist, wird ins
Unermessliche wachsen.
Konstantin wagte es offen vorzuschlagen, er würde sich den Zölibat
als Lösung vorstellen, sowie eine erhebliche R e d u z i e r u n g der
Priesterschaft. Daraufhin gab es Widerstand. Er richtete sich auch
gegen den Vorschlag der Ehelosigkeit für Ordinierte. Einige
kooperationsbereite Bischöfe erklärten sich zugunsten dieser
Kaiseridee. Da “erhob sich Bischof Paphnuties”, dem 17 Jahre zuvor
seines Glaubens wegen ein Auge ausgestochen, sowie die Sehnen der
linken Kniekehle durchtrennt worden waren. Er rief
“mit lauter Stimme, man soll den Priestern und Geistlichen kein
so schweres Joch auferlegen und durch zu große Strenge der
Kirche keinen Nachteil schaffen. Er sagte, die Ehe sei ehrbar und
… nannte den ehelichen Beischlaf Keuschheit... die Worte des
Mannes wirkten.” Leonhardt Martin Eisenschmid "Über die Unfehlbarkeit des ersten
allg. Konzils zu Nicäa"
Leicht vorzustellen, wie den zu ihren Familien und Gemeinden
heimkehrenden Unterzeichnern des nun „Nicänum“ genannten neuen
Bekenntnisses zumute war. Ihre Ältesten und Priester, - das waren
praktisch alle erwachsenen männlichen Mitglieder der Gemeinden
der Kirche, - würden sich entsetzen! Wie sollten sie gegen ihr
Gewissen verkünden, dass wer fortan nicht den neuen, den nicänischdreifaltigen, den trinitarischen Gott verehrte, ein Ketzer sei?
Schafhirte Spiridon von Zypern, schon zuvor kein Freund arianischer
Glaubensweise, konnte sich nun brüsten: Ich hatte Recht!
Aber Männern wie Bischof Basilius bereitete die Situation Kummer.
Später berichtet er was damals auf dem Sitz des Imperators geschah
und wie es danach weiterging. Er verglich die nachkonziliare Situation
sogar mit einer
„Seeschlacht in der Nacht, in der sich alle gegen alle schlagen, …
und infolge der konziliaren Dispute herrsche in der Kirche eine 26
„entsetzliche Unordnung und Verwirrung“ und ein
„unaufhörliches Geschwätz!" Pfarrblätter, Bischof Koch Okt. 2008
Wie die anderen Widerstrebenden musste er sich nun darauf berufen,
sie hätten allesamt keine Wahl gehabt. An jedem Konferenztag hätten
sie durch einen Kordon von Gardesoldaten schreiten müssen. Nicht
erst am Tag der Entscheidung sei ihm bewusst geworden, wie groß
seine Verantwortung und noch größer seine Angst war, denn:
„Seitens des Kaisers Konstantin wurde mit Drohungen und
Ankündigung von Repressalien gearbeitet. Jeder Bischof
wurde einzeln vorgenommen. Ihm wurde das Bekenntnis (das
Nicänum) vorgelegt, und er wurde sogleich vor die Alternative
gestellt, entweder zu unterschreiben oder in die Verbannung
zu gehen... in Nicäa wurde auch die Kirchenorganisation in
die Organisation des Reiches eingepasst. Folgerichtig
wurden alle in Nicäa gefassten Beschlüsse zum Reichsgesetz
erklärt.“ Rudolf Leeb „Konstantin und Christus“ – die Verchristlichung der
imperialen Repräsentation“
Nur Arius und zwei seiner Freunde, beide Eusebius, brachten den Mut
auf, die Unterzeichnung abzulehnen.
Sie lehnten damit aber keineswegs den Gesamttext des Nicänums ab,
sondern nur die Passage von der „Wesensgleichheit“! Und die konnte
noch nie ein argloser Mensch verstehen, denn aus dem neuen Begriff
„Wesenseins“ folgerte für die Theologie der Kirche:
Es sind nicht drei Herren, sondern ein Herr. Denn wie uns die
christliche Wahrheit z w i n g t, jede Person einzeln für sich als
Gott und als Herrn zu bekennen, so verbietet uns der katholische
(d.h. der allgemeine) Glaube, von drei Göttern oder Herren zu
sprechen.“ Der strittige Teil des Athanasianischen Glaubensbekenntnisses
Das war das Unerhörte, weil es seitens der Christen als Beziehung der
Dreiheit von Vater, Sohn und Heiligem Geist betrachtet wurde - im
Gegensatz zu dem, was Konstantin darunter verstand - .
Adolf von Harnack urteilt: Das war eine
„grosse Neuerung, die Erhebung zweier unbiblischer Ausdrücke
(Vater, Sohn und Heiliger Geist sind „unius substantiae“ G.Sk.) zu Stichworten
des Katholischen Glaubens. (Sie) sicherte die Eigenart dieses 27
Glaubens... Im Grunde war nicht nur Arius abgewiesen, sondern
auch Origenes... fortan musste die Kirche die Last einer ihr
f r e m d e n Glaubensformel tragen. „Lehrbuch der Dogmengeschichte“
Neuerungen sind Abweichungen vom Original.
Und Abweichungen bezeichnet man als Häresien!
Goethe kommentierte den Verlust des Vokals:
„Denn eben, wo Begriffe fehlen, da stellt ein Wort zur rechten
Zeit sich ein. Mit Worten läßt sich trefflich streiten, mit Worten
ein System bereiten, an Worte läßt sich trefflich glauben, von
einem Wort läßt sich kein Jota rauben.“ Faust I
Es gab niemanden, der sich je erklären konnte, wie man den Neugott
denken soll.
Prof. Bernd Oberdorfer, Augsburg, Fachmann für systematische
Theologie gibt zu:
„Verlegenheit ist noch das harmloseste, was viele
Christen (darunter nicht wenige Theologen) befällt, wenn
die Sprache auf die Trinitätslehre kommt. Muss, wer an
Jesus Christus glaubt, sich auch das paradoxe
„Hexeneinmaleins“ (Goethes) zu Eigen machen, dass Gott
einer und drei zugleich ist?“ „Zeitzeichen“, evangel. Kommentare,
Aug. 2004
Übrigens hatten und haben andere Religionen dieselben Probleme mit
ihrem jeweils „dreifaltigen“ Eingott.
Das so entstandene Bekenntnis von Nicäa veranlasste nachdenkliche
Gläubige zu angemessenen Darstellungsversuchen, die nicht auf
allseitige Zustimmung stoßen konnten.
Im Hinduismus gab und gibt es ebenfalls Bemühungen, das Problem
zu lösen, so auch in der altrömischen Religion. 28
Wikimedia Commons: Der
dreifaltige Jesus
Wiki Commons: Die heilige Trinität Roman Gods io9.gizmodo.com Die heilige
im Hinduismus Brahma, Vishnu, Shiva. Dreifaltigkeit von Jupiter, Quirinus und Mars
Ihre Ablehnung der kuriosen heidnisch-nicänischen Trinitätslehre gilt
als einer der Gründe, aus denen die gegenwärtige christlich-ökumenische Kirchengemeinschaft den Mitgliedern der Kirche Jesu Christi
der Heiligen der Letzten Tage den Ehrentitel „Christen“ verweigert.
Amerikanische Evangelikale formulierten sogar scharfmacherisch:
„aus der Perspektive des ökumenischen Christentums“ sind
Mormonen „definitely“ (eindeutig) gefährlich!“, denn sie verweigern
sich dem nicänisch - trinitarischen Bekenntnis!“
„ …The Mormons are dangerous, because they reject the NiceneTrinitarian confession. “ Religion Dispatches“of May 27th, 2011
„Mormonen“ sind keine Christen weil sie der „christlichen Wahrheit“
den Vorzug vor dem „allgemeinen“ konstantinisch orientierten
Glauben geben? Kennen die Evangelikalen nicht den Text um den es
geht? Sind ihnen nicht die Ergebnisse - die gallebitteren Früchte -
dieses Glaubens hinlänglich bekannt? Wissen sie wirklich nicht was
nach Nicäa geschah? Dieser Raub des Jota, wo er akzeptiert oder
hingenommen wurde, kam lediglich der Reichskirche zugute – ein 29
Unding an sich - . Die alte Kirche wurde Schritt für Schritt minimiert,
ihre Anhänger erlitten jahrhundertelang schwerste Verfolgungen und
das wegen politischer Vorteilnahme Machtsüchtiger.
Jedenfalls,
„Arius und die beiden Eusebius verlangten vergeblich …, dass
ausschließlich die Bibel als Grundlage des christlichen Glaubens
gelte und alles, was nicht durch ihren klaren Wortlaut bezeugt
sei, dem freien Denken überlassen bleibe.“ Otto Seeck „Geschichte des
Untergangs der antiken Welt“
Nun galten sie und ihre n o c h große Anhängerschaft als „gefährlich“.
Das Lesen der Bücher des Arius
wurde, per Kaiserbefehl, unter
Todesstrafe gestellt. Er sei ein
Erzketzer. Das war das Ende der
Diskussionen. Doch Thomas Hägg, ein
Forscher des 21. Jahrhunderts kommt
zum selben Schluß, wie die Kirche
Jesu Christi der Heiligen der Letzten
Tage - indirekt - vor zweihundert
Jahren: "…der Erzketzer Arius ist
Traditionalist. Er steht fest auf dem
Boden der kirchlichen Lehrtradition."
"Kirchen und Ketzer" 2004 mit Unterstützung des
norwegischen Forschungs-beirates für Klassische
Philologie und Religionswissenschaft, Uni Bergen
Wikimedia Commons
Dieses Gemälde hängt im griechischen Kloster Mégalo Metéoron. Es
will darlegen was sich in Nicäa, während des 1. Ökumenischen Konzils
der Christenheit ereignete. Unter den Füßen Kaiser Konstantins kniet
der gedemütigte Älteste Arius. Sein Schicksal ist ein Sinnbild für die
Unterlegenheit der alten Kirche sowie für den „Sieg“ der
synkretistischen Neureligion Konstantins. Allerdings, wenn man durch
die Zeilen der Geschichte geht, zeigt sich: Nicht die Arianer, sondern 30
die gegen sie ausgerichteten Nicäner gefährdeten und zerstörten die
Freiheit und das Leben von Millionen!
Der Konflikt in dem sich die potentiellen Unterzeichner, im Sommer
325 befanden, war unbeschreiblich. Diese Tatsache veranlasste den
katholischen Kirchenhistoriker Hertling SJ zu der Bemerkung:
„... solange freilich Kaiser Konstantin lebte, durfte niemand
wagen, gegen das Konzil zu Nicäa und seine Definition
aufzutreten...“ „Geschichte der katholischen Kirche bis 1740
Beiseite geschoben wurde, dass Jesus als Auferstandener gesagt
hatte:
„Seht meine Hände und Füße an: ICH BIN es selbst. Fasst mich
doch an und begreift: kein Geist hat Fleisch und Knochen, wie ihr
es bei mir seht.“ Lukas 24: 39
Und steht da nicht auch die große Verheißung geschrieben:
„Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum
Himmel empor? Dieser Jesus, der von euch ging und in den
Himmel aufgenommen wurde, wird e b e n s o wiederkommen,
wie ihr ihn habt zum Himmel hingehen sehen.“ Apostelgesch. 1: 12
Fünf Jahre nach Nicäa
Konstantin, - eigentlich ein Henotheist! - nun der „dominus et Deus“,
berichtet, gleich nach dem 1. ökumenischen Konzil sei ‚Gott’ ihm in
einem Traum erschienen. Er wolle die Grundlegung des ‚Neuen Rom’,
- Konstantinopel – die Erweiterung des alten Byzanz. Und so
„assistierte ihm eine Schar heidnischer Priester bei der
Zeremonie.... Als oberster Priester (des Sol Apollo, Mithras, und des
Christus G.Sk.) umschritt Konstantin die projektierte Stadt. Mit
einem Stab zeichnete er die Stadtgrenze in den Boden... Seiner
auf dem Reißbrett entstandenen, nach den städtebaulichen
Idealen der Spätantike gebauten Stadt versuchte Konstantin
durch antike Bildwerke das Antlitz einer gewachsenen Struktur 31
zu geben. ... Aus dem ganzen Land ließ er Kunstwerke zur
Ausschmückung bringen. Tempelstatuen und Weihgeschenke
wurden ihres religiösen Sinns entweiht. ... Dieser Vorgang wurde
zuweilen als ein „schändlicher und massenhafter Kunstraub der
Geschichte“ kritisiert... Indiz für das Weiterleben heidnischer
Traditionen in der angeblich christlichen Stadt.“ Monika Schuol,
„Constantinopolis – die Stadt Konstantin des Großen“
Einige werden es Konstantin damals zugetragen haben, dass ihn selbst
seine Senatoren kritisierten, den Dioskurentempel zu aufwendig
finanziert zu haben, andere hingegen lobten ihn für sein erzheidnisches Denken. Konstantins Religion ließ nämlich nicht zu, dass
er die Wirkkraft irgendeines Numen (Göttergeistes) leugnete.
Die Dioskuren sind Zeussöhne und Reitergottheiten.
Sie kämpften an Konstantins Seite!
„...die beiden jugendlichen Reitergottheiten hatten ‚Rom’ schon
oft geholfen und sind seine Schlachthelfer im Krieg gegen
(Schwager) Licinius gewesen (und zwar elf Monate vor Nicäa G. Sk.).
Folglich waren sie auch als Schutzgötter des ‚Neuen Rom’
geeignet...“ Manfred Clauss „Konstantin der Große und seine Zeit“
Im Mai 330 gab es in Konstantinopel zu des Kaisers Ehren Festspiele
im Zirkus.
„Es wird berichtet, dass die Kolossalstatue Constantins auf der
Porphyrsäule... von Heiden und von C h r i s t e n verehrt wurde
und l e t z t e r e versuchten, das Bild Konstantins ... mit Opfern
gnädig zu stimmen und mit Lampenfesten und Räucherwerk zu
ehren. (Sie) b e t e t e n i h n w i e e i n e n G o t t an und
leisteten Fürbitten, die vor schrecklichen Dingen Abwehr
schaffen sollten... Constantin als ApolloHelios entsprach der
Darstellung Christi als Sonnengott...“ Frank Kolb „Herrscherideologie in
der Spätantike“
„Soldaten mit Kerzen in der Hand geleiteten die Statue
Konstantins, die ihn in der Haltung und im Gewand des
Sonnengottes darstellte…“ William Seston „Verfall des Römischen Reiches
im Westen“
Historiker unserer Tage bestätigen den häretischen Trend:32
„Wenn wir die Ebene der theoretischen Erörterungen verlassen
und uns den Glauben der ‚kleinen Leute’ anschauen, dann
verwischen sich die Unterschiede zwischen paganer und
christlicher Frömmigkeit rasch, dann erfährt Konstantin
göttliche Verehrung von Anhängern der alten heidnischen wie
der neuen christlichen Kulte.“ Manfred Clauss „Kaiser und Gott“, -
Herrscherkult im römischen Reich
Alle Christen fürchteten ihn zuvor, den militanten Strahlenkranzträger.
Konstantins „Kirche“ - die Reichskirche - lässt sich aushalten
„Konstantin (hatte) ... die Verfügung getroffen, Angehörige des
Klerikerstandes generell von curialen Lasten zu befreien, das
dürfte einige der Curiales (den Stadtadel) dazu verführt haben,
die städtischen Verpflichtungen abzustreifen und eine Position
im Klerikerstand anzustreben.“ Alexander Demandt „Diokletian und die
Tetrarchie“ – „Aspekte einer Zeitenwende“
„Unter Konstantin war es Sitte gewesen, die dem christlichen
Klerus aus den städtischen Einkünften zustehenden Verpflegungsgelder auch an die Witwen und heiligen Jungfrauen zu
zahlen...“ Lietzmann „Geschichte der Alten Kirche“
Es war voraussehbar: Nun da das Christentum nicht nur anerkannt,
sondern zur Staatsreligion „erhoben“ wurde, würden hunderttausende in die Kirche des Kaisers strömen, schon um ihm zu gefallen
und „abzusahnen“.
Und wer bezahlte das?
Nur wenige Wochen nach Nicäa sah der Kaiser sich genötigt die „auri
lustralis collatio“ auszuschreiben, die Silbersteuer. Bald löste sie
überall im Reich, wegen der Brutalität mit der sie eingetrieben wurde,
Entsetzen aus. Der Volksmund bringt es auf den Punkt: Den Letzten
beißen die Hunde.
Konstantin drängte nun darauf, dass nur noch wenige Männer
ordiniert werden sollten. Es kam „... zur Beschränkung des Zugangs zum Priestertum.“ J. Martin
„Spätantike und Völkerwanderung“
Der Nachteil für die Mitglieder der Kirche ihrer Zeit liegt auf der Hand.
Selbst in Perioden der Verfolgung kamen die Guten um sich einer
Sache zu verschreiben in der höchste Ideale gelebt werden sollten und
der Feierlichkeiten fremd waren.
Nun ging es direkt umgekehrt zu.
„ ...im Handumdrehen füllte sich der Hof des Kaisers mit einer
Menge von Persönlichkeiten, die mit ihrem Christentum
Geschäfte machen wollten. Edlere Naturen konnten neben ihnen
kaum noch hervorkommen. (Sie) zogen sich angewidert zurück.“
Pfarrer Ernst Ferdinand Klein, „Zeitbilder aus der Kirchengeschichte“
In der Kirche Jesu Christi geht es jedoch um ein Priestertum, das jeder
würdige Mann, - und mit ihm seine Ehefrau -, innehaben kann und
sollte. Dies wird insbesondere im Tempeldienst der HLT sichtbar,
indem Frauen für Frauen mit priesterlicher Autorität amtieren.
Eben wegen des Gleichheitsgrundsatzes ist das wichtig.
Jedes Mitglied soll verinnerlichen, tragende Stütze zu sein: Auf dich
kommt es an, und seiest du nur ein Fischerknecht, du trägst
Verantwortung. So wurde es nachweislich noch um 220 praktiziert:
„Der Bischof bestimmt den in der Gemeinde zum Presbyter,
(Ältesten oder Priester G.Sk.) der sich nach seiner Ansicht für dies
Amt eignete, und der ihm gefiel oder dem sein Märtyrertum von
vornherein diese Würde verlieh... Bei der Ordination von
Diakonen durch den Bischof verspricht dieser, wenn der Diakon
tadellos gedient hat, kann er später „das erhöhte Priestertum"
empfangen...“ Jungklaus, Full Text of: „Die Gemeinde Hippolyts dargestellt nach
seiner Kirchenordnung“
Das „erhöhte Priestertum“ ist das im Hebräerbrief und in den
kanonischen Schriften der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten
Tage erwähnte „melchizedekische“ Hebraäer 7: 11-21, sowie Lehre und
Bündnisse Abschnitt 107: 1-2 Es ist das Priestertum nach der Ordnung des Sohnes Gottes...
Ein Hinweis: nicht Melchizedek, der im 7. Kapitel des Hebräerbriefes
Erwähnung findet, sondern das Priestertum selbst ist, nach Joseph
Smith, ohne „Vater und Mutter“ - „ohne Anfang und ohne Ende“.34
Das Priestertum Gottes ist ewig. Es kann und muss, rechtskräftig,
weitergegeben werden. Seine Legitimationen erlöschen sofort,
sowohl bei Amtsmissbrauch als auch im Fall von Gewaltausübung. Das
jedenfalls lehrt die Kirche Jesu Christi der HLT. Lehre und Bündnisse 121
Kaum vorstellbar, Steuereintreiber hetzten die Hunde hinter
flüchtigen Kleinhandwerkern her. Die Klagen schrien nach
Gerechtigkeit. Aber selbst nach Konstantins Tod blieb es dabei. Die
christlichen Priester lebten auf Kosten der Kleinsten:
„Durch ein Edikt von 346 wurde wiederum bekräftigt, dass
Kleriker keine munera sordida (Finanzierung von öffentlichen Spielen
und Feierlichkeiten, Militärdienst, Abgaben für die Versorgung der
Armee) leisten und nicht für die Instandhaltung der Wege und
Brücken aufkommen müssten. Allen im Handel tätigen Klerikern
wurde wiederum auch die Befreiung von der Gewerbesteuer
zugesichert, nun aber mit der hinzugefügten Einschränkung,
dass sie mit ihren erwirtschafteten Gewinnen die Armen
unterstützen sollten. Dieses Gesetz ist ein erster Hinweis darauf,
dass offenbar v i e l e Gewerbetreibende in den Klerus strömten
und man einen Missbrauch verhindern wollte ... Es sollte ...
augenscheinlich verhindert werden, dass sich erfolgreiche und
wohlhabende negotiatores allein wegen der Steuervorteile zu
Klerikern ordinieren ließen, um fortan abgabenfrei ihre
Geschäfte betreiben und noch höhere Gewinne erzielen zu
können...“ Sabine Hübner, „Der Klerus in der Gesellschaft des spätantiken
Kleinasiens“
Athanasius
Die Unterzeichnungsberechtigten lernten, und sei es erst auf dem
Heimweg: Niemand hätte Konstantin jemals von einmal gefassten
Entschlüssen abbringen können.
Athanasius leistete gern seinen Beitrag zum „Erfolg“ des Imperators.
Die Rückblende zu Konstantins Erlebnissen in Nikomedien weist
tatsächlich auf das heidnisch-hellenische Gottesbild hin. 35
„Athanasius verglich die Beziehung zwischen Gottvater und
Gottes Sohn mit jener zwischen dem Kaiser und seinem Bild...den
Vater könne man im Sohn erblicken und die Göttlichkeit des
Vaters erkenne man im Sohn... Kaiser und Bild sind eins.“ Alexander
Demandt „Diokletian und die Tetrarchie“ – „Aspekte einer Zeitenwende“
Nachdem er als heftigster Gegenspieler der Arianer sich als Sieger von
Nicäa betrachten durfte, schimpfte Athanasius los.
„Wenn man sie aber logisch untersucht, so wird es sich
herausstellen, dass sie (die Arianer) bitteren Spott und Hohn
verdienen..., verdienen sie nicht allen Hass?” Maßgebliche Werke des
Hl. Athanasius in der Übersetzung der "Bibliothek der Kirchenväter“
Auch Theologe Schleiermacher kam nicht umhin festzustellen, dass
„Athanasius... das Signal zu den Verfolgungen gegeben hat.
Schon auf dem Nicänischen Konzil mag er die Hauptursache
des strengen konstantinischen Dekrets gewesen sein... Er
fängt überall mit Schimpfen und Heftigkeit an und ist unfähig
und unbeholfen im Disputieren.“ Joachim Boekels, Dissertation:
„Schleiermacher als Kirchengeschichtler“
„Er wird die nicänische, orthodoxe Leitfigur der kommenden
Kämpfe.“ Hans Lietzmann „Geschichte der Alten Kirche“
Das Buch Mormon lehrt gegen diesen Trend zum Inhumanen:
„Es ist nicht meine (Jesu) Lehre, dass den Menschen das Herz
zum Zorn aufgestachelt werde, sondern es ist meine Lehre, dass
es derartiges nicht mehr geben soll. ...Wer den Geist des
Streites hat, ist nicht von mir...“ 3. Nephi 11: 30 + 29
Athanasius Anklagen verstummten nie wieder: „Unter Rückgriff
auf typische Formen der Polemik greift Athanasius seine Gegner
an und diskriminiert ihre Handlungsweise grundsätzlich... dass
die Arianer sich wie dauernd umherschwirrende Stechmücken
verhalten, ist eine Metapher, die Athanasius immer wieder
verwendet.“ Annette von Stockhausen „Athanasius von Alexandria: Epistula ad
Afros.“
So urteilt auch Adolf von Harnack mit Blick auf Athanasius Wirken:
„die Sprache des Hasses erfüllte die Kirchen.“ „Lehrbuch der
Dogmengeschichte“ mm36
Schon die Art, wie Athanasius nach dem Tode seines Bischofs
Alexander 327 sich „in einer Art Husarenritt von einer Minderheit zu
seinem Nachfolger“ wählen ließ, hätte auch seine Sympathisanten
stutzig machen müssen.
Schnell wollte er Metropolit und mehr sein!
Denn hinter ihm stand ja – zunächst – der Kaiser.
Keck provozierte er den Widerstand seiner Gegenspieler, um sich
selbst wichtiger zu machen. Seine Reden wurden immer schärfer. Bald
brachte der alexandrinische Volksmund das Sprichwort auf:
Athanasius contra mundum (= Athanasius gegen die Welt).
Er hält sich für einen großen Sachverständigen. Er ignoriert spätere
Synoden wie die zu Rimini 359, die seinen Glauben verurteilten. Er
tobte vor Wut:
„Ihr seid die „Erfinder von Gotteslästerungen … Gottesfeinde, da
(ihr euch), um den Sohn nicht als Bild des Vaters anerkennen zu
müssen, vom Vater selbst leibliche und irdische Vorstellungen
macht… Gott (sieht aber) nicht wie ein Mensch (aus), … man darf
auf ihn keine menschlichen Eigentümlichkeiten übertragen... Ich
glaubte, die Heuchler des arianischen Wahnsinns würden sich
durch das, was ich bisher zu ihrer Widerlegung und zum Erweis
der Wahrheit vorgebracht habe, zufrieden geben und sich
nunmehr ruhig verhalten und bereuen, was sie vom Heiland übel
gedacht und geredet haben. Sie aber geben in unbegreiflicher
Weise auch jetzt noch nicht nach, sondern wie S c h w e i n e und
Hunde in ihrem eigenen Auswurf und Kot sich wälzen, so
erfinden sie vielmehr für ihre Gottlosigkeit neue Wege.“ Bibliothek
der Kirchenväter, Vier Reden gegen die Arianer (Orationes contra Arianos, RFT
Information, 1. Rede, Teil 2)
Wie erstaunt wäre Autor Athanasius gewesen, wenn er in einem
Wahrtraum Papst Benedikt XVI. 2007 schon damals gehört hätte.
Unerwartet mutig und erstaunlich deutlich korrigierte Benedikt das
Nicänum in seiner Unfrieden stiftenden Passage:
Er belehrt die straffen Nicäner eines Besseren:37
„Dantes „Göttliche Komödie“ habe ihn ...
inspiriert, ... wo ein „kosmischer
Ausflug“ im inneren des Paradieses zum
innersten Licht der Liebe führe, „die
Sonne und Sterne zugleich bewege“. –
Das tiefste Innere dieses unzugänglichen
Lichtes sei jedoch nicht etwa ein noch
gleißenderes Leuchten oder noch
helleres Scheinen, sondern das zarte
Gesicht eines Menschen, das dem Seher da endlich auf seiner
Suche entgegentrete. Dies sei ...„noch viel bewegender als die
Offenbarung Gottes in der Form des Dreifaltigen Kreises von
Erkenntnis und Liebe. Gott, das unendliche Licht, ... besitzt ein
menschliches Gesicht.“ Erste Enzyklika 23. Januar 2007
Es ist wohl anzunehmen, dass Papst Benedikt XVI. die Berichte
glaubwürdiger Nonnen und Mönche hörte, die als Sterbebegleiter
wirken. Sonderbar und großartig sind die Schilderungen
derjenigen, die Totenbettvisionen erlebten.
Sie hörten und wussten, bevor Benedikt glaubte!
Michael Servet, der Entdecker des kleinen Blutkreislaufes und
Theologe wagte 1540 in calvinistischen Kreisen dasselbe zu sagen
und zu schreiben: „Gott hat ein Angesicht!“
Das trug ihm jenen Hass ein, den Athanasius in die Kirche getragen
hatte. Das sei gefährliche Ketzerei! Sein Todesurteil wurde kalten
Blutes gefällt. Ausgesucht grünes Holz wurde zu seiner
Verbrennung genutzt, um seine Qual in die Länge zu ziehen. Dass
Philipp Melanchthon, Luthers enger Freund, den Calvinisten zur
Ermordung dieses Mannes schriftlich gratulierte, ist leider wahr.
Mehrfach musste Konstantin, später, den wütenden Athanasius
wegen Kompetenzüberschreitung und Unruheschürung maßregeln.
Bemerkenswert: Athanasius fühlte sich im Grunde nicht wohl,
jedenfalls nicht immer. Zumindest zeitweise war er seines Antiarianismus nicht wirklich gewiß. Eigentlich hätte ihn der Geist Gottes
geradezu einhüllen und ihn erleuchten müssen, wenn das wirklich 38
wahr gewesen wäre, was er so nachdrücklich und im Namen Jesu
Christi, lehrte:
„Je mehr ich nämlich schreiben wollte und mich anstrengte über
die Gottheit des Sohnes, desto mehr entfernte sich seine
Erkenntnis von mir und ich sah ein, dass ich in dem Maße von
derselben verlassen würde, als ich sie zu erfahren schien.“
Joh. Adam Moehler, „Athanasius der Große und die Kirche in seiner Zeit“
Er ignorierte diese Wahrnehmung.
Dagegen ging es seinem Intimfeind Arius stets darum, zu betonen,
dass Christen sich vom Geist Gottes leiten lassen sollten. Eben weil
sie Geistkinder Gottes seien, seien sie fähig, die innere Verbindung
zu ihrem ‚himmlischen’ Vater zu halten. Das ist ohnehin eine immer
gültige Regel: Niemand möge sich äußern, ehe er nicht zur inneren
Klarheit gelangte. Athanasius missachtete dieses Prinzip
offensichtlich. Sein Vorurteil und sein Beharren darin musste zu
vermehrter Intoleranz d.h. zur Lieblosigkeit führen. In innerer
Dunkelheit Entscheidungen zu treffen, sollte man unterlassen.
Das von Bischof Alexander gegen Arius in die Welt gesetzte Wort von
der Widerstandsleistung „bis aufs Blut“ sollte sich Schritt für Schritt
zum Programm der Orthodoxie entwickeln:
„Ein wahres Spießrutenlaufen erlebte Lucius, einer der
Gegenspieler des Athanasius, als er 367 die Stadt verlassen
musste. Damit ihn nicht das Schicksal seines Vorgängers ereilte,
den die athanasianische Menge g e l y n c h t hatte, wurde er
unter militärischer Bewachung aus Alexandria geleitet: "Alle
schrien mit einer Stimme und eines Sinnes im Chor vor dem Haus,
aus dem er (Lucius) abgeholt wurde, durch die Stadt hindurch bis
zur Wohnung des Militärbefehlshabers; sie stießen
Beleidigungen und Anklagen aus und riefen: ´Werft ihn aus der
Stadt“. Manfred Clauss „Alexandria, Schicksale einer antiken Weltstadt“
„Wir kennen ein (für Athanasius) wenig schmeichelhaftes
Stimmungsbild der Situation in Alexandria aus der Feder eines
Melitianers aus dem Jahr 335: ein Bischof dieser Gemeinschaft
aus Leontopolis, der in die Hafenstadt gekommen war, wurde 39
von betrunkenen Soldaten überfallen und sein Begleiter
inhaftiert. Es gab Tote. Nach Karl Holl handelte es sich um
‚Maßnahmen’, die Athanasius ergriff, um das Treffen einer
melitianischen (arianischen G.Sk.) Synode in seiner Heimatstadt zu
verhindern.“ Christoph Markschies „ Alta Trinita Beata: Gesammelte Studien zur
altkirchlichen Trinitätstheologie“
Mit solchem Verhalten verließen die Orthodoxen definitiv den Raum
des Rechtes. Am Maßstab ‚Erkenntnisumsetzung und -bewahrung’
sind wir sicherlich allesamt zu messen. Sind nicht eigentlich diejenigen
die Häretiker, die sich gegen das Bemühen des Anderen um
Wahrhaftigkeit wenden? Was war es, was nur 50 Jahre nach Nicäa
den „Christen“ Ambrosius bewegte, Kaiser Theodosius I. zu
ermutigen, das Gesetz zum Glaubenszwang gegen das
Toleranzreskript von Mailand zu formulieren?
Unerwartete Verfügungen
336 befahl Konstantin der seinem Lebensende entgegen sah, die
Versöhnung der Kirche mit Arius. Die dem Kaiser 309 von Sol Invictus
zugesagten 30 Regierungsjahre gingen jedenfalls zu Ende.
Zu oft hatte er sich über Athanasius geärgert.
Allen voran ging solche Sinnesänderung dem Metropoliten Alexander
von Konstantinopel gegen den Strich. Er war gleich nach Nicäa 325
geistlicher Herr der neuen Hauptstadt geworden. Er prahlte, ein guter
Orthodoxer zu sein, als ob der angemaßte und frei erfundene Titel
"Rechtgläubiger" je Garantie für die Richtigkeit irgendeines Glaubens
sein könnte. Sein ganzes Gehabe ähnelte zu sehr jenen Manieren der
Kommunisten, die sich selbst für unfehlbar erklärten und die dieser
„Unfehlbarkeit“ wegen den 3. Weltkrieg in Kauf genommen hätten.
Dringender als je zuvor erheben sich einige Fragen. Darunter die, ob
es wahr ist, dass dieser fanatische Metropolit in seiner Basilika zu
Konstantinopel laut gebetet hatte:
„dass entweder er oder Arius aus der Welt entfernt würden"11
Sokrates Scholastikus „Kirchengeschichte I XXXVIII“40
Unbedingt wünschte der athanasianische Metropolit die unmittelbar
bevorstehende Aussöhnung des „Großketzers“ Arius mit der Kirche
unmöglich zu machen, obwohl Kaiser Konstantin sie nun 336 erwog.
Ist es völlig abwegig zu denken, dass einer der Ariushasser des
willfährigen Klüngels des Metropoliten Alexander diese an Gott
gerichtete Bitte als Auftrag zum Mord verstand?
Die bekannten Symptome, die den jähen Tod des Ältesten Arius
verursachten, - er brach auf dem Weg in den Kaiserpalast infolge einer
Kolik zusammen -, weisen auf eine Vergiftung durch weißes Arsen hin.
Sollte sich dieser Verdacht erhärten, indem ein noch nicht entdecktes
Dokument auftaucht, hätte die gesamte „christlich-ökumenische
Christengemeinschaft“ ein zusätzliches Problem.
Viele noch heute geäußerte Ansichten stammen aus dieser wilden
Zeit.
Der Tag wird kommen, an dem die Nicäner einsehen, dass einige ihrer
gehegten Dogmen und bestimmte von ihnen verbreitete Vorstellungen inkorrekt sind, auch, weil immer mehr Menschen mit
außerkörperlichen Erfahrungen ihrem Gottes- und Menschenbild die
Glaubwürdigkeit nehmen. Früher oder später werden alle
„Orthodoxen“ öffentlich zugeben müssen, dass jene Kritiker Recht
hatten, die belegten, dass Konstantin, der Macher von Nicäa, der
ewige Gott der Christen sein wollte:
„Er selbst hat … den Platz (seiner letzten Ruhestätte) ausersehen...
Die eigentliche Beisetzung wird dann durch (Sohn) Constantius
vollzogen. Er und seine Heeresabordnungen geleiten den Sarg in
die Apostelkirche... Konstantin hatte vorgesehen, dass der Wert
der Gebete, die hier zu Ehren der Apostel gesprochen würden,
auch ihm zugute kommen. Deshalb ordnete er an, hier Kirche zu
halten, und er stellte einen Altar mitten hinein... BertelsmannUniversal-Lexikon „Bis ins 3. Jahrhundert gab es im Christentum keinen Altar.“
... Zwölf Grabmäler wie heilige Säulen richtete er dort auf zu
Ehren und zum Gedächtnis des Apostelchors; in die M i t t e aber
stellte er seinen eigenen Sarg, auf dessen beiden Seiten je sechs 41
der Apostel sich befanden.“ Hermann Dörries „Das Selbstzeugnis Kaiser
Konstantins
Konstantin stiftete g e g e n Jesus nicht nur eine neue
‚Gottesdienstordnung’, die teilweise bis heute Bestand hat, aber aus
vielen Gründen keinen Bestandsschutz verdient, sondern er schuf eine
völlig neue Religion, der er lediglich den christlichen Mantel
umhängte.
Er ist der Täter, Christus das Opfer.
Dörries fügte eine Bemerkung Otto Weinreichs aus „Konstantin
der Große“ an: „Wie die Apostel an die Stelle der zwölf Götter
getreten sind, so Konstantin an die ihres Führers, des
dreizehnten Gottes... Seinen Sarkophag… stellte …man in die
Mitte zwischen die zwei Apostelgruppen, … so, wie sonst
Christus in der Mitte der Apostel steht.“ Er (Weinreich) versichert,
„darüber kann kein Zweifel sein... dass Konstantin zusammen
mit den Aposteln verehrt werden wollte und dass an dem Altar
für ihn und die Apostel Gottesdienst abgehalten werden sollte.“
Hermann Dörries, „Das Selbstzeugnis Kaiser Konstantins
Da liegen die Wurzeln für die aufwendige katholische Messe, die das
alte Christentum nicht kannte, sondern statt dessen das schlichte
Abendmahl. Jahrhundertelang wurden deshalb in den Kirchengebäuden an vielen Altären gleichzeitig Messen gelesen, auch wenn
keine anderen Teilnehmer als die lesenden Priester anwesend waren.
K-P. Hertzsch, „Theologischen Lexikon", Union –Verlag, Berlin, 1977 „Es geht um das Sitzen um den
Tisch. Wobei wieder deutlich wird, dass es in einer christlichen Kirche eigentlich keinen Altar geben
kann, sondern nur einen Abendmahlstisch.“
„An der Spitze der Apostel wollte er ruhen, der divus imperator,
der den christlichen Staat gegründet hatte, wollte begraben und
nach seinem Tode verehrt sein nicht anders als der Sohn Gottes,
der die christliche Religion gegründet hatte... schließlich
...wurde Konstantin nicht nur divinisiert, sondern auch
konsekriert“ A. Heisenberg „Grabeskirche und Apostelkirche, zwei Basiliken“
Konstantin I.
Zwölf Jahre nach Nicäa berichtet Eusebius von Cäsaräa42
„ausgesprochen billigend, dass auf Beschluss von Senat und Volk
von Konstantinopel ein Gemälde angefertigt wurde, auf
welchem der verstorbene Kaiser auf dem Himmelsgewölbe
thronend dargestellt wurde... Das irdische Imperium Romanum
(sei) allein von Gott erwählt, der Kaiser ist nicht nur der Diener
Gottes, sondern auch sein Stellvertreter auf Erden... während
der Logos Christus im Himmel herrscht, erfüllte Konstantin die
gleichen Aufgaben auf der Erde.“ F. Kolb „Herrscherideologie in der
Spätantike“
Der von Konstantin gestiftete ‚absolutistische Cäsaropapismus’
(Mommsen) reduzierte die Würde des Einzelnen; er war vom Geist,
Selbstverständnis und in der Praxis das glatte Gegenteil der Kirche der
Prinzipien Christi.
„Konstantin... (ließ sich) nach seiner angeblichen Vision in einem
Apollotempel mit einer Prophezeiung, die ihm 30 Jahre
Kaisertum vorhersagte, fortan auf Münzen mit dem Sonnengott
darstellen, dem Sol Invictus, der mit Apoll identifiziert wurde,
und der Konstantin eine neue sakrale Herrschaftslegitimation
lieferte. Er stellte sich Gott gleich und übernahm dessen
Unbesiegbarkeit für sich selbst. Er übernahm auch das aus dem
Orient kommende Hofzeremoniell, das schon Diokletian
eingeführt hatte: wenn er Bittsteller oder Gesandte empfing,
trug er ein Diadem auf dem Kopf und schwere bestickte Kleidung
aus Damast und Seide, die bis zum Boden reichte. Jeder, der sich
ihm näherte, musste sich zu Boden werfen und den Saum des
Kleides küssen, ehe der Kaiser ihm erlaubte, sich wieder
aufzurichten. In Rom, als einstiger Verkörperung der Republik,
wurde die Proskynese natürlich verachtet.“ Bettina von Engel:
„Konstantin und seine Familie in Trier“
So wich er nach Byzanz aus.
Umfassend gesagt: Konstantin „ist verantwortlich für die
Entstehung des katholischen und orthodoxen Christentums.“
Gottfried Wolmeringer „Konstantin der Große“ Ein Beitrag zur Kirchengeschichte
Südwestdeutschlands 43
Indessen verblieben die durch Konstantin geschaffenen Resultate und
wirkten und wirken - noch - „dank“ Athanasius fort, Unfrieden
stiftend. Sein und des Kaisers Wille sollten sich leider bis fast in die
Gegenwart behaupten.
Bis heute glauben nur wenige Theologen an die Notwendigkeit jener
fortlaufenden Offenbarung, die auch Konstantin strikt abwies, obwohl
offensichtlich ist, dass es „ohne“ sie nie gut ging.
Indessen kennen alle die Geschichte:
„Als Jesus in das Gebiet von Cäsarea Philippi kam, fragte er seine
Jünger und sprach: Für wen halten die Menschen den
Menschensohn? Sie sagten: Die einen für Johannes den Täufer,
andere für Elija, wieder andere für Jeremia oder sonst einen
Propheten. Da sagte er zu ihnen: Ihr aber, für wen haltet ihr
mich? Simon Petrus antwortete und sprach: Du bist der Christus,
der Sohn des lebendigen Gottes! Jesus antwortete und sagte zu
ihm: Selig bist du, Simon Barjona; denn nicht Fleisch und Blut
haben dir das offenbart, sondern mein Vater im Himmel. Ich
aber sage dir: Du bist Petrus ( „ein Felsen“) und auf (den) Felsen
(ständiger Kontakte zwischen Himmel und Erde) werde ich meine
Kirche bauen, und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht
überwältigen.“ Joseph Smiths Interpretation von Matth. 16: 13-18
Anders kann der Sinn der Christusrede kaum gedeutet werden,
denn, dass die unsterbliche Kirche auf Sterbliche gründet, kann
nicht gemeint sein, selbst wenn sie so tapfer wie Petrus kämpften.
Weisung aus dem Mund und Geist dessen, der seiner Kirche seinen
Namen gab, ist unentbehrlich.
Die Offenbarung die Petrus erhielt, als es um die Frage ging, ob auch
Nichtisraeliten gestattet sei, mittels Taufe durch Untertauchung,
Mitglied der Kirche Christi zu werden, verdeutlicht die Notwendigkeit
der fortwährenden Anwendung dieses Prinzips. Apostelgeschichte 10: 9-23
Seine Nichtbeachtung zeitigte verheerende Folgen. Man schaue nur
welcher Art die historisch gesicherten Daten in Sachen Kirche und
Papstum aller Jahrhunderte bis hin ins 20. Jahrhundert sind.
Mehr, selbst die Nichtexistenz von Dokumenten zur Kirchengeschichte bezeugen, wie die bekannten, den Höllensturz der 44
konstantinischen Kirche. Ludwig Hertling SJ sagt denn auch
unumwunden mit Blick auf diese nicht mehr durch Offenbarung
geleitete nachnicänische Kirche:
„Auf die Zeit der Kirchenväter folgten lange Jahrhunderte (!)
ohne Glanz. Die Kirche, und mit ihr die europäische Geschichte,
tritt, nachdem sie noch soeben durch leuchtende Landschaften
gereist ist, in einen dunklen Tunnel ein...Viele Ursachen haben
zusammengewirkt, um die antike Welt in diesen Zustand der
Ohnmacht oder Erstarrung zu bringen, der zeitweise einem
wirklichen S t e r b e n ähnlich sieht.“ „Geschichte der katholischen Kirche
bis 1740“
Konstantin war zwar der Erste, doch Justinian, der Kaiser Ostroms im
6. Jahrhundert, war noch nicht der Letzte unter den Verderbern mit
Kaiserrang. Die wenigen vorhandenen Akten berichten nichts Gutes.
Hertlings Augen konnten sich deshalb u.a. aufs Ende des neunten
Jahrhunderts, den vorläufigen Höhepunkt der Verkommenheit der
Exponenten der Kirche richten, und was wir da finden lautet:
„ (Papst) Formosus (891-896) krönte den Herzog von Spoleto,
Guido, zum Kaiser. 893 wurde Formosus gezwungen, auch
Arnulf zum Kaiser zu krönen. Von da an herrschte in Rom
ständiger Bürgerkrieg… Es waren nur mehr Raufhändel der
römischen Familien, die die Mitglieder ihrer Familien zu Päpsten
zu machen und die von anderen Familien aufgestellten Päpste
zu stürzen suchten. Die Verwirrung war so groß, dass wir von
manchem dieser Päpste, die oft nur Wochen oder Tage im Amt
waren, nur die Namen wissen und nicht einmal immer feststellen
können, ob sie rechtmäßige Päpste waren…. Von geordneter
Aktenführung war keine Rede, Geschichtsschreibung gab es
keine… Im Jahr 991 besprach ein Bischof die römischen
Zustände: „ein Papst, der keine Liebe besitzt, … ist - ein
Antichrist...“ “Geschichte der katholischen Kirche bis 1740”
Sol, der Gott der Herrsch-Macht, der Kriegsgott, bestimmte nach
Nicäa in der Kirche und über ihre Zukunft. 45
Kirchengeschichtsschreiber Hertling bestätigt die Fülle grauenerregender Vorfälle. Was war die Kirche noch im 5., 6., 7., 8., 9., 10.,
11., 12., 13., 14. … Jahrhundert?
Was bleibt übrig, wenn man die Fälschungen außer acht lässt?
Gauner kämpften gegen eine Handvoll Oberbanditen, unter denen
echte Christen ebenso litten wie Bedauernswerte andere.
So, und wie im Folgenden umrissen, sahen sie aus, die Ergebnisse - die
Früchte - des 1. Konzils der Christenheit.
Zur Erinnerung: Adolf von Harnack sagte:
„... Im Grunde war (mit dem Nicänum) nicht nur Arius abgewiesen,
sondern auch Origenes.“
Origenes (185-254) geliebt und verketzert
„Origenes hatte niemals die Absicht, von der Lehre der
Kirche abzuweichen!“ Ludwig Hertling SJ „Geschichte der katholischen
Kirche bis 1740“
Umgekehrt war und ist es!
Kardinal Hans Urs von Balthasar erklärt:
„Origenes und seine Bedeutung für die Geschichte des
christlichen Denkens zu überschätzen, ist kaum möglich.“
www.origenes.de/Kommentare
„Ich lade euch dazu ein... die Lehre dieses großen Meisters
(Origenes) im Glauben in euer Herz aufzunehmen.“ Papst
Benedikt XVI. Generalaudienz am 25. April 2007
„eine ganze Generation von Theologen ... ist durch seine Schule
gegangen... mehrfach holte man Origenes zur Widerlegung von
Häretikern, die sich seinen Argumenten meistens beugten...“
Franz Schupp „Geschichte der Philosophie im Überblick“
Er hatte Neider und Feinde.
„… Bischof Demetrius ...war später der erste, der Origenes der
Irrlehre bezichtigte, wobei seiner Handlungsweise jedoch
offensichtlich ein rein egoistisches Motiv, nämlich gekränkte
Eitelkeit und Neid, zugrunde lag.“ Guna Avatara Premyoga „The Path of
Love“ zitiert Ronald Zürrer46
Soviel ist gewiss: Nicht nur die mehr als eintausend Bischöfe seiner
Zeit sondern die große Mehrheit der aufmerksamen Mitglieder ihrer
Gemeinden glaubten, was Origenes lediglich zusammenfasste: So wie
er es zeichnete, sah es im Wesentlichen aus, das Lehrgut des
Urchristentums. Das konnte Joseph Smith nicht wissen und doch
passen „Mormonismus“ und „Origenenismus“ zusammen wie Original
und Kopie!
Selbst entschiedene Feinde der Kirche Jesu Christi der Heiligen der
Letzten Tage sind nicht im Stande diesen Tatbestand klein zu reden.
Allerdings können sie darüber das Tuch der Gleichgültigkeit legen.
Dennoch: Um das Jahr 220 glaubte die christlich-ökumenische
Christengemeinschaft übereinstimmend mit Origenes sozusagen
„mormonisch“!
Mindestens sechzehn Elemente sind deckungsgleich:
- Die Gottheit (Trinität) besteht aus drei „Hypostasen“ d.h. 3
wirklich existierende Wesen wirken zusammen.
- Jesus ist der „Rangälteste von allen Geschöpfen. Er ist der
„zweite Gott“ und dem Vater nachgeordnet.
- Wir hatten ein vorirdisches Dasein.
- Wir sind geformte, aber nicht erschaffene Intelligenzen (Logika).
- Nicht alle hingen zuvor Christus, dem Logos, an.
- Der allein wahre Gott gewährt uns das Recht auf freie
Entscheidung. Niemand darf es antasten. Verstöße dagegen sind
Sünde.
- Alle (Logika, Geister, Seelen) werden im Weltgericht vor Gott
stehen. Die Vergehen werden jedem schlagartig ins
Bewusstsein gerufen.
- Der Schöpfung der materiellen Welt ging die geistige voraus.
- Gott schuf die Welt durch den Logos (Christus).
- Die sechs Schöpfungstage sind Weltperioden.
- Alle Intelligenzen (Vernunftwesen, Logika, Dämonen) sind
von gleicher Natur. Unterschiede sind erst durch den Fall
entstanden.
- Es gibt keine Reinkarnation.47
- Hölle ist eine zeitlich begrenzte Gewissensqual.
- „Christus ist leidensfähig, aber dem Tod nicht unterworfen. Er
musste sich selbst den Tod geben.“
- In seiner Hadesfahrt (Höllenfahrt, Reise in die Geisterwelt als Geist)
befreit Christus die Hadesbewohner (im „Gefängnis“), wie in
Lukas 4, Vers 18, versprochen.
- Gott will ausnahmslos a l l e seine Geistkinder läutern und
beglücken. Die Gehorsamen können Götter werden.
Einige der aufgelisteten Themen sollten in Betracht gezogen werden.
Sie bilden einen Komplex. Alle Einzelheiten sind untereinander
verbunden wie die Zellen eines Gesamtorganismus. Präexistenz,
Gewissensfreiheit und Auferstehung stehen in direktem Bezug zu den
Begriffen Seele, Trinität und Perfektion (Gottwerdung, Vergottung).
Vor diesem Hintergrund baut sich eigenwillig Geschichte auf.
Gott wusste, dass wir uns verrennen würden, doch durch Jesu Christi
Gnade (plus unserer Mitwirkung) will er uns a l l e aus dem von uns
selbst erwünschten und verursachten Elend herausholen.
Spitzentheologe Adolf von Harnack betont und bestätigt ausdrücklich,
dass die Lehre von der „Gottwerdung“ des Menschen das Kernstück
urchristlicher Tradition war:
„... der Gedanke der Vergottung (des Menschen) war der letzte
und o b e r s t e gewesen; nach Theophilius, Irenaeus, Hippolit
und Origenes findet er sich bei a l l e n Vätern der alten Kirche,
bei Athanasius, bei den Kappadoziern, Appolinares, Ephraim
Syrus, Epiphanius u.a“ Adolf von Harnack „Lehrbuch der
Dogmengeschichte“
Selbst Martin Luther sprach von der Gottwerdung des Menschen:
„...eben darum wird das Wort Fleisch, damit das Fleisch Wort
werde. Mit anderen Worten: Gott wird darum Mensch, damit
der Mensch Gott werde.“ T. Mannermaa “Luther und Theosis”, Band 16
Veröffentlichungen der Luther-Akademie Ratzeburg, Helsinki/Erlangen 1990
Hippolyt von Rom (heiliggesprochener Gegenpapst um 220) sagt:48
„Durch den Logos brachte Gott Alles hervor, und anders als es
gemacht wurde, konnte es nicht gemacht werden. Den
Menschen schuf er als solchen; will der Mensch Gott werden, so
muss er ihm gehorchen. Joseph Langen „Geschichte der römischen Kirche“
Erst im 3. Jahrhundert kamen erste Zweifel in Christenreihen auf, ob
diese Lehre echt sei. Und sogleich mahnt Origenes: „Erfindet bitte
kein neues Evangelium“:
„... Manche schätzen nicht, was wir sagten, indem wir den Vater
als den einen wahren Gott hinstellten und zugaben, dass andere
Wesen neben dem wahren Gott Götter werden konnten, indem
sie an Gott teilhatten.“ Origenes Kommentar zu Joh.: 2:3 bei Wikipedia unter
Arianismus
Origenes hatte des Christentums wunderbar leuchtenden Kern mit
zwei Sätzen umrissen, die allerdings jedem Diktator missfallen
mussten:
„..Erst aufgrund der Tugend wird man ein Kind Gottes, und erst
in der Erwerbung der Tugend durch eigenen Eifer erwirbt der
Mensch die Ähnlichkeit Gottes. Unentbehrlich für das Erreichen
der Gottähnlichkeit ist also die Entscheidungsfreiheit.“
H. Benjamins „Eingeordnete Freiheit; Freiheit und Vorsehung bei Origenes“.
Nach der Lehre der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage
gab es im vorirdischen Dasein einen Streit:
„...weil jener Satan sich gegen mich (den allein wahren Gott)
auflehnte und danach trachtete, die Entscheidungsfreiheit des
Menschen zu vernichten, die ich, Gott, der Herr, ihm gegeben
hatte, und weil ich ihm auch meine eigene Macht geben sollte,
ließ ich ihn durch die Macht meines Einziggezeugten
hinabwerfen.“ Köstliche Perle, Buch Mose 4: 3
Nachdem er intensiv um Erkenntnis bat, erfuhr Joseph Smith, damals
erst 25-jährig, dass die von Christus gebotene Perfektion des
Menschen - gemäß Bergpredigt - nur in Willensfreiheit geschehen
kann.
Luther, der große Reformator, bestreitet dies. Schade! 49
Er hatte bereits als Augustinermönch zu viel Wasser aus den
verunreinigten Zuflüssen namens Ambrosius von Mailand und
Augustinus von Hippo in sich aufgenommen. Verwegen wie immer
behauptet der große Luther:
„...die Vernunft selbst (ist) gezwungen zuzugeben, ... dass
es einen freien Willen weder im Menschen noch im Engel,
noch in sonst einer Kreatur geben kann.” M. Luther „Vom unfreien
Willen“
Bis heute lehrt die evangelische Kirche:
„Gottes Allmacht und sein Vorherwissen schließt menschliche
Willensfreiheit aus.“ Online Dogmatik evangelischer Glaube
Kurzschlüsse stellen unzulässig eine Verbindung zwischen
Vorherwissen und Vorherbestimmung her. Soviel steht fest:
„Es ereignet sich nichts ohne Ursache“ Benjamins „Vorsehung und
Freiheit bei Origenes“
Origenes erklärte glasklar: „Die Dinge geschehen nicht, weil sie
vorhergewusst wurden.“ .“ De Spiritu et littera n. 5
Selbstverständlich gibt es Ratschlüsse Gottes die unser Wollen und
Willen nicht berücksichtigen, (und insofern kann man Luther folgen)
aber das berührt nicht das uns verliehene Individualrecht, das Recht
auf Entscheidungsfreiheit.
Wie gesagt, selten konnte jemand diesen Aspekt mehr erhellen als
Origenes:
„Der Schöpfer gewährte den Intelligenzen, die er schuf,
willensbestimmte freie Bewegungen, damit in ihnen eigenes Gut
entstehe.“ Arbeitskreis Origenes
Auch Menschen weitab christlicher Überlieferungen sind allezeit im
Stande, sittlich hochwertige Entscheidungen zu treffen, die der allein
wahre Gott ihnen anrechnet!
Das lehrte der britische Mönch Pelagius (360-420) gegen die teilweise
rüden Ansichten des Augustinus.
Weiß der Bischof von Hippo überhaupt, wovon er da redet, wenn er
behauptet:
„... nur eine relativ kleine Zahl von Menschen (zur
Wiederauffüllung der durch den Engelsfall entstandenen Lücke!) 50
... ist zur Seligkeit vorausbestimmt. Die anderen (sind) ‚Masse
der Verdammnis’.“ Hans Küng „Kleine Geschichte der katholischen Kirche“
Augustinus irrt gewaltig.
F.H. Kettler fasst Origenes Weisheit geradezu „mormonisch“
zusammen:
„Zwar sind alle Geschöpfe ganz auf Gott angewiesen; eigene
Anstrengungen werden durch seine Gnade weit überwogen.
Aber die Vorsehung hat a l l e Regungen des freien Willens von
Ewigkeit her vorausgesehen und e i n g e p l a n t. Sie werden
gerecht vergolten.“
„Die Religion in Geschichte und Gegenwart“ Handwörterbuch für Theologie und
Religionswissenschaft 3. Völlig neu bearbeitete Auflage Vierter Band Kop-O
Gott wird alle Regungen des freien Willens jedes Menschen gerecht
vergelten, und zwar unabhängig davon ob sie gläubig sind oder nicht.
Eben das sagt moderne katholische Theologie:
„Nach Auffassung des 2. Vatikanischen Konzils liegt das wahre
Wesen des Menschen in seiner Innerlichkeit, seinem Herzen, „wo
er selbst unter den Augen Gottes über sein eigenes Geschick
entscheidet“ Karl Hörmann „Willensfreiheit“
Mit anderen Worten:
„Gnosis (Erkenntnis vom Wesen Gottes und der Menschen G. Sk.) ist an
keinerlei Zugehörigkeit zu irgendeiner gesellschaftlichen Gruppe
gebunden... , Origenes Peri Archòn II Praefatio 9.5; 9.6 „...gerade dieser
anti-autoritäre Zug bei Origenes... rief später die autoritäre
Reaktion der auf Machtprinzipien Beharrenden hervor, dass
schließlich a l l e zur Gnosis gelangen würden, war mit dem
kirchlichen Gnaden- und Wahrheitsmonopol nicht vereinbar, wie
es seit Augustin beansprucht wurde.“ Franz Schupp „Geschichte der
Philosophie im Überblick“ CCH Canadian Limited Bd 2
Den Spuren des Wandels nachzugehen lohnt sich.
Jeder Bischof, jeder Älteste stimmte Origenes zu: „Es liegt allein in
deiner Hand, was aus dir wird!“
Calvin (1509-1564) und sein Anhang trotzen Origenes immer noch:
„... die Menschen werden nicht alle mit der gleichen
Bestimmung erschaffen, sondern den einen wird das ewige 51
Leben, den anderen die ewige Verdammnis vorher zugeordnet.“
Institutio Christianae Religionis 3.21.
„Non agunt, sed aguntur“ – Sie handeln nicht, sie werden
gehandelt.“ Bernhard: Calvin und die Wirkungen
Sklavenhalter handelten mit Menschen und händelten sie! Was für
ein ekelerregendes Gottesbild diese Herren Protestanten da schufen!
Aus der Sicht der Verdammten war es das Abbild eines Tyrannen, der
dem „ewig Verlorenen“ das Individualrecht vorenthielt.
Empörung gegen diesen Gott der Launen musste die Folge sein.
Solcher Gedankenwirrwarr konnte niemanden beglücken, und,
schlimm genug, er führte nicht zum Frieden.
Die Aufgabe des echten Christentums besteht jedoch darin:
„Eine neue, alle völkischen Unterschiede hinter sich lassende
Lebensordnung (zu schaffen!) ... Alle Menschen von sittlichem
Willen (werden) sich ihr freudig unterstellen... (Erst) diese
Auffassung vom Ziel der sittlichen Willensfreiheit bringt uns die
Loslösung des Menschen vom Zwang irdischer Bindungen.“ Dialog
des Bardesanes bei Hans Lietzmann „Geschichte der alten Kirche“
Entschlossenheit und Willensfreiheit des Einzelnen sind erforderlich,
um sich aus dem Zwang irdischer Bindungen zu lösen.
Du sollst deine Fähigkeiten einsetzen um zu helfen große Utopien, wie
die vom Gottesreich Christi auf Erden, in Realitäten umzusetzen.
Es sollte und soll nach Christi Willen und Wunsch eine Gesellschaft
entstehen, in der die Lüge keinen Platz hat, und das Streben nach dem
Wohlergehen aller dominiert. Dann kann und muss ein Reich
hervorkommen indem niemand dem anderen vorschreibt, was er zu
glauben und zu tun hat.
Dem aber geht der sittliche Wille voraus, die Willensfreiheit, die
genährt werden muss.
Zu diesem Zweck erhielten wir Talente.
Deshalb hieß es:
„Wem viel gegeben wurde, von dem wird viel verlangt werden“
Lukas 12: 48
Thomas von Aquin wusste es: 52
„Der Wille gibt dem Menschen die Freiheit, sich zwischen gut
und böse zu entscheiden. Gott gewährt uns die Freiheit, falsch
zu handeln, aber er hat uns auch den Sinn für das Rechte und
das Falsche eingegeben.“ Horst Poller „Die Philosophen und ihre
Kerngedanken“
Meister Eckhart (1260-1328) mahnte ebenso eindringlich wie zuvor
Origenes:
„Gott hat die Seele auf Freiheit und Eigenständigkeit
ausgerichtet, so, dass er ihr über den freien Willen hinaus
nichts aufzwingen will, auch will er von ihr nichts fordern, was
sie nicht will.“
Johannes Calvin dagegen verschärfte seine Gegenmeinung. Er gelobte
geradezu, es sei irrig zu glauben,
„dass die Gnade Gottes in irgendeiner Weise von der Würdigkeit
des Menschen abhängt, dass der Mensch durch seinen
Glaubens– und Lebensvollzug die souveräne Verfügung Gottes
auch nur im Geringsten beeinflussen kann.“ Ringvorlesung der
Theologischen Fakultät der Universität Basel, Frühlingssemester 2009
Calvin pocht auf „die Ehre Gottes“, - insofern kann man gewisses
Verständnis für seine Aussage aufbringen, - doch er übertreibt maßlos.
Er schüttet, wo er auch hingeht, das unentbehrliche Salz hoch
überdosiert in die Suppe.
So, wenn er die Bespitzelung der Bürger organisiert. Nur er hatte
Recht.
„Wo die Calvinisten in der Mehrheit waren…, regierte die Kirche
weitgehend den Staat. Durch die vom Konsistorium ausgeübte
strenge Aufsicht über die Sittlichkeit wurde das Leben der
Gemeindemitglieder einer äußerst starken Kontrolle
unterworfen. Die Ältesten hatten das Recht auf ungehinderten
Eintritt in jedes Haus zu jeder Zeit. Das bedeutete praktisch:
Keine Tür durfte verschlossen werden, um die Ältesten nicht zu
behindern. Das bedeutete auch; Vorhänge an den Fenstern hat
nur nötig, der etwas zu verbergen hat…“ Günter Stemberger „2000
Jahre Christentum“ 53
Calvin behauptete auch : „Es ist a l l e i n Gottes Werk, dass
unsere Sünde sich nicht immer ungehemmt austobt.“
Institutio 2.03. 03
Dieses Beharren auf „allein“ hat er übernommen. Luther verwandte
es bis zum Verdruss: Sola gratia. Eben nicht.
Wir sind wer: Gottes buchstäbliche Kinder.
Gewiss: Kein Mensch, der an Christus glaubt, würde je bestreiten, dass
wir ohne die Gnade Gottes erfrieren würden. Aber gleich guten
irdischen Vätern und Müttern schätzt „unser Vater im Himmel“ es,
wenn wir eigenes Gut aus freiem Willen in uns entstehen lassen.
Im Jahr 1618, am Vorabend des 30-jährigen Krieges, kam eine illustre
Fuhre calvinistischer Fanatiker in der Stadt Dordrecht in den
Niederlanden zusammen.
Sie strömten aus den deutschen Staaten, aus Schottland, England, der
Schweiz, Polen, Böhmen und Frankreich herbei. Sie beschlossen, was
die definitive „Wahrheit“ zu sein hatte: „Ihr bekennenden Calvinisten
seid die zum ewigen Heil bestimmten, g l e i c h g ü l t i g, was ihr
anrichtet. Ihr könnt gar nicht abtrünnig werden.“
Wörtlich hieß es:
„Calvinismus bedeutet, du hast zu glauben, dass Gott
vollkommen frei ist, einen jeden Menschen zum Heil (oder
Unheil) vorherzubestimmen, ungeachtet dessen…, ob er
glaubt oder nicht. Und diejenigen, die zum Heil
vorherbestimmt sind, können nicht abtrünnig werden oder
ihres ewigen Lohnes verlustig gehen.“ Kingdon, Robert M.: Der
internationale Calvinismus und der Dreißigjährige Krieg
Daraus zogen nicht wenige den Schluss, sie dürften, ja, müssten nun
noch heftiger mit den Säbeln rasseln.
Gottes Pädagogik und der freie Wille seiner Kinder sind die Pole
des u n v e r f ä l s c h t e n Evangeliums Jesu Christi.
„...der f r e i e Wille der Logika, den Gott durch Erziehung
fördern und nicht durch Zwang vergewaltigen darf, sind die
eigentlichen Pole des origenistischen Systems.“
„Die Religion in Geschichte und Gegenwart“ Handwörterbuch für Theologie und
Religionswissenschaft 3. Völlig neu bearbeitete Auflage Vierter Band Kop-O
Daraus folgt: Zwang ist immer höllisch.54
Ambrosius von Mailand (339 -397) –
Dritter unter den Vätern des Glaubenszwanges
Nur Justinian sollte ihn zweihundert Jahre später an Grausamkeit
überbieten.
Der Jurist höchsten Formates und Kaiserberater Ambrosius überwand
die möglichen Irrtümer der Antike nicht, indem er die Überlegenheit
und Güte des Christentums bewies, sondern er zerstörte sie mittels
seiner Übermacht und Bosheit gewaltsam.
„Ambrosius, der Bischof von Mailand, beginnt (nach 380) alle
Tempel seines Gebietes zu zerstören. Die christlichen Priester
führen den hungrigen Mob gegen den Tempel der Demeter in
Eleusis und versuchen, die Hierophanten Nestorius und Priscus
zu lynchen. Der 95 Jahre alte Hierophant Nestorius beendet die
Eleusinischen Mysterien und verkündet die Herrschaft geistiger
Dunkelheit über die menschliche Rasse. Am 2. Mai 381 beraubt
(der unter dem Einfluss des Ambrosius stehende G.Sk.) Kaiser
Theodosius die Christen, die zur heidnischen Religion
zurückkehren, aller ihrer Rechte. Im gesamten östlichen
Imperium werden Tempel und Bibliotheken geplündert oder
niedergebrannt. Am 21. Dezember stellt Theodosius auch
einfache Besuche der hellenischen Tempel unter Strafe. In
Konstantinopel werden der Tempel der Aphrodite in ein Bordell
und die Tempel des Helios und der Artemis in Ställe
umgewandelt...“ Vlassis G. Rassias, “Christian Persecution against the
Hellenes“
Lange ließ ihn die Frage kalt, ob der erkennbare Gott des Arius oder
der antlitzlose, nebulöse des Athanasius der richtige war. Bis er selbst
374 von dem Strudel der oft hitzigen Debatten erfasst wurde. Gerade
zum Statthalter von Oberitalien ernannt wird Ambrosius von einer
aufgeregten Menge Christen beider Glaubensrichtungen gebeten,
Bischof der verwaisten Zentralgemeinde zu werden. Der verstorbene
Gemeindevorsteher Auxentius war Arianer gewesen und alle, sowohl
die katholischen wie die nicht-katholischen Bischöfe der Großstadt
wünschten, dass im Brennpunkt des Zankes ein friedenstiftender 55
Mittler stehe. Anzunehmen ist, dass Ambrosius nun ehrlich um die
Erkenntnis rang, welche der beiden Gruppen er bevorzugen sollte. Für
die Arianer sprach ihre auffallend größere Toleranzbereitschaft, gegen
sie jedoch, dass auch sie wegen geringer Differenzen zerstritten
waren. Für die Katholiken warb ihre Schlagkraft - wie sie Damasus bei
seinem Überfall auf die Gemeinde des Bischofs Ursinus acht Jahre
vorher bewiesen hatte - und ihre Glaubensstärke, ihre Neigung zur
Kompromisslosigkeit. Also ließ er sich am 30. November 374 orthodox,
d.h. katholisch taufen. Nur eine Woche später wird er Bischof der wohl
wichtigsten Gemeinde Mailands.
Da für ihn kurioserweise Damasus als Vorbild leuchtet, wird er diese
Bewunderung sehr bald in das Gesetzeswerk selbst hineinschreiben
oder hineinschreiben lassen. Was aber bewirkte der heiliggesprochene Papst Damasus von Rom, den Ambrosius liebte?
War es dieses Mannes Herrschsucht, die Ambrosius gefiel, und die
Damasus zum Massenmord verleitete? Es wird berichtet, dass
"eine Anzahl Arianer Roms am frühen Morgen des 26. Oktober
des Jahres 366 in ihre kleine Julii-Kapelle gingen (heute: St.
Maria in Trastevere)... Deshalb rückte „(um) acht Uhr morgens
Damasus mit seinem gottlosen Anhang heran. ... mit (dem)
gesamten Klerus, alle mit Beilen, Schwertern und Knitteln
bewaffnet..“ Martin Rade lic. Theol. „Damasus, Bischof von Rom“
Unverschämtes Rumoren störte die Andacht der unter ihrem Bischof
Ursinus versammelten Gemeinde. Das Pochen an ihrer kleinen
Kirchentür ließ die Versammelten zusammenfahren. Die Mütter
legten ahnungsvoll und fürsorglich, doch vergeblich, die schützenden
Arme um ihre Kinder. Ein Ältester hob die Hände zum Gebet, da
krachte das Holz. „Sie werden doch nicht?“ Und ob, sie werden! Mit
ihren Knüppeln und Äxten fuhren sie dazwischen.
„Wer nicht nicänisch glaubt, ist kein Christ!“ ... und wer anders als
nicänisch-triniarisch glaubt ist gefährlich.“
Nüchtern resümiert der Chronist: „während kein einziger Damasianer
fällt, erliegen 160 Ursinaner.“56
Raffael: Gemälde, in der Loggia des DamasusPalastes im Vatikan
Obwohl dieser Bericht erwiesenermaßen zutreffend ist, und obwohl
diese grauenhafte Aktion erst den
Auftakt zum 2-jährigen Krieg zwischen
römischen Athanasianern und
römischen Arianern bildet, erklärt die
vatikanische Seite wohlwollend:
„(Damasus) musste sich gegen den
Minderheitskonkurrenten Ursinus
behaupten. Er baute seine Vormachtstellung erfolgreich als
Nachfolger Petri aus, indem er die kirchliche Gerichtshoheit im
Westen ausübte.“ Text zur offiziellen Papstliste
Vormachtstellung! Das ist des schwarzen Pudels Kern. Dass der Römer
Damasus glaubt, er sei Petri Nachfolger, konnte ihm niemand
verbieten. Was allerdings Petrus oder der Herr selbst dazu sagen
würden, ist kaum fraglich.
Damasus‘ Tun findet im Betragen von Wölfen seine Entsprechung.
Auch in einem Raubtierrudel gibt es gelegentlich tödliche
Rangauseinandersetzungen, bis feststeht, wer der Alpharüde ist. Der
Kampf zwischen den Bischöfen Ursinus (? -384) und Damasus (305-
384) sollte einer von welthistorischer Bedeutung werden, denn mit
Damasus „Sieg“ wurde der Kurs der konstantinischen Kirche in
Richtung erbarmungslos-diktatorische Weltmacht fortgesetzt.
Diesem Kurs zufolge musste es schließlich zum 30-jährigen Krieg
kommen, und sogar zum 1. Weltkrieg, den sowohl katholische wie
evangelische Priester Europas geradezu herbeigebetet hatten:
„...jubelnd begrüßten katholische und protestantische
Geistliche den Ausbruch des Ersten Weltkrieges … Hei, wie es
saust aus der Scheide! Wie es funkelt im
Maienmorgensonnenschein! Das gute deutsche Schwert, nie
entweiht, siegbewährt, segensmächtig. Gott hat dich uns in die
Hand gedrückt, wir halten dich umfangen wie eine Braut...komm 57
Schwert, du bist mir Offenbarung des Geistes... im Namen des
Herrn (Sol Invictus, G. Sk.) darfst du sie zerhauen.“ Pfarrer und
Hochschullehrer Weber „Jugendlexikon Religion“
Man sollte nie vergessen: Alle Päpste (samt den von ihnen berufenen
oder geweihten Bischöfen) führen ihre Legitimationslinie über
Damasus von Rom.
Beschämend ist, dass Leute wie er, und wie Ambrosius von Mailand,
sein Bewunderer, bis heute von Kirchen geehrt werden, die massiv
den Anspruch erheben, christlich zu sein.
„Nach Liberius' Tod wurde Damasus I. 366 zu dessen
Nachfolger gewählt, aber eine Minderheit hatte zuvor schon
Ursinus gewählt. Kämpfe und blutige Auseinandersetzungen
folgten - zuletzt in der Basilika Liberii (auch Sicinini) mit mehr
als 100 Toten; die Unruhen fanden erst nach zwei Jahren durch
das Eingreifen des Kaisers ein Ende. Ursinus musste weichen.
Die Gegner machten Damasus aber lange noch das Leben
schwer; 377 wurde er des Mordes bezichtigt, eine von ihm
einberufene Synode sprach ihn aber frei." "Ökumenisches
Heiligenlexikon"
„Eine Krähe hackt der anderen kein Augen aus“, sagte Shakespeare.
Mit anderen Worten: Mit Geld kannst du alles kaufen, auch
geldgierige Juristen. Bekanntlich verfügte Damasus über Millionensummen. Die Kutsche, in der er durch die Stadt fährt, ist goldfarben.
Wohin mochte solche Brachialgewalt noch führen? Um was ging es?
Man müsste annehmen, die ganze christliche Welt würde einhellig
protestieren. Doch die betreffende Notiz lautet:
„In dieser Zeit wird Damasus in der Epistula ad Afros besonders
wegen seiner Aktivitäten gegen arianische Bischöfe gefeiert.“
Annette von Stockhausen „Athanasius von Alexandria Epistula ad Afros...“
Damasus hielt es für geraten, seinen Taten im Nachhinein wenigstens
den Anstrich von Rechtmäßigkeit zu geben:
„Marcellin und Faustin erzählen in ihrer Präfatio: ‚Diese
schreckliche Grausamkeit (des Damasus) missfiel den Bischöfen
Italiens allzu sehr. Als er sie nun zu seinem Geburtstag feierlich 58
eingeladen hatte und einige auch wirklich gekommen waren
(also diejenigen die sich noch als kompromissbereit erwiesen G. Sk.)
bestürmte Damasus sie mit Bitten und Geschenken, ein Urteil
über den heiligen Ursinus zu fällen. Da antworteten sie: Wir
sind zum Geburtstag gekommen, nicht um (jemand) ungehört
zu verdammen. So hatte Damasus Intrige nicht den
gewünschten Erfolg.“ Annette von Stockhausen „Athanasius von Alexandria
Epistula ad Afros...“
Er begehrte Macht und erlangte sie. „Damasus wird mit kaiserlichem
Einverständnis der Oberrichter der Kirche...“ und obenauf kommt ein
weiteres Privileg, das er wahrscheinlich Ambrosius zu verdanken
hat:
„Der römische Bischof soll (allein) dem persönlichen Gericht des
Kaisers unterstehen.“ Martin Rade, „Damasus, Bischof von Rom“
Wobei klar ist, der Kaiser wiederum unterstand Ambrosius. Die
quasi-Immunität des ‚römischen Bischofs’ zu erwirken sollte sich als
Missgriff des mächtigen Kaiserberaters erweisen, das beweist der
Verlauf der Kirchengeschichte. Nicht nur Damasus ewiger Seele, der
ganzen Kirchenführung aller Zeiten, vor allem dem ‚kleinen Mann’,
hätte es gut getan, gemäß dem Rechtsgrundsatz „Vor dem Gesetz
sind alle gleich“ behandelt zu werden, wie Paulus lehrte
„Ihr seid alle einer in Christus“ Galater 3: 28
Damasus war wie Ambrosius geradezu besessen von der Idee, die
vom römischen Bischof geführte Kirche könne nicht sündigen.
Wörtlich: „Es kann k e i n e noch so verruchte Schandtat
begangen oder gedacht werden, welche die heilige Kirche nicht
nachlassen könnte.“ Gerhard J. Bellinger „Der Catechismus Romanus und die
Reformation“
Solche markanten Aussagen richteten sich direkt gegen die
Weisungen Jesu: „jeder Baum der keine guten Früchte bringt wird
abgehauen.“ (ausgeschlossen, exkommuniziert)
Paulus unterstrich das Prinzip:
„Schafft den Übeltäter weg aus eurer Mitte.“ Kor. 5: 13
Er sagte allerdings nicht „verbrennt ihn“...59
Wie sehr er irrte hat Damasus durch sein Handeln bewiesen:
„Die Angabe des Pontificalbuches, dass man Damasus wegen
Ehebruch verklagt habe, wird auf guter Tradition beruhen...
doch der klagende Jude Isaak hatte keine Beweise. Er wird (von
der Synode von 44 italienischen Bischöfen) verwiesen, (sie)
lobhudeln, preisen die Gerechtigkeit und Frömmigkeit des
Kaisers Gratian..., es trieft vor Ergebenheit.“ Martin Rade, „Damasus,
Bischof von Rom“,1882
Der von Damasus verfolgte Bischof Ursinus flieht unmittelbar nach
der Vernichtung seiner Gemeinde 366 nach Mailand, wo die Arianer
noch in der Mehrheit sind. Zeitgenosse Hieronymus, der
bewundernswert fähige Übersetzer der Bibel aus den Urtexten
Hebräisch und Griechisch ins Lateinische (Vulgata), der „sieben
Sprachen beherrschte“, fühlte sich unbehaglich.
Lange Zeit hielt er sich zurück. Es heißt nur, von ihm sei
„mehr als ein bitteres Wort über die römische Kirche überliefert
worden“ G. Haendler „Die Rolle des Papsttums in der Kirchengeschichte bis 1200“
Schwieg er zum Thema päpstliche Gewalt, weil der reiche
Kirchengewaltige ihn förderte, oder äußerte er sich vergeblich? Er
diente ‚Papst’ Damasus jedenfalls bis zu dessen Tod.
Als Damasus späterer Sekretär schrieb Hieronymus, dass
„der Heide Prätextat, der im Jahre 367 so energisch wider die
Ursinianer einschritt, scherzend zu Damasus zu sagen pflegte:
„Macht mich zum Bischof der Stadt Rom, und ich will sofort
Christ werden!...Im Munde des Prätextatus war das ein sehr
bezeichnendes Wort, denn er war der erste und reichste
Senator, und seine Jahreseinkünfte betrugen mindestens eine
Million und 152 000 Thaler unseres Geldes ... Und ich leugne
nicht, wenn ich den Pomp der städtischen Verhältnisse ins Auge
fasse, dass hiernach (d. i. nach der römischen Bischofswürde)
gierige Männer mit aller Anspannung ihrer Kräfte um die
Erlangung des Ersehnten ringen müssen. Denn, wenn sie ans
Ziel gelangt sind, kann es ihnen gar nicht fehlen, dass sie durch 60
die Geschenke der Frauen zu reichen Leuten werden, mit
prächtigen Kleidern angetan in Kutschen fahren und so
verschwenderische Gastmähler ausrichten, dass ihre Diners es
selbst der königlichen Tafel zuvortun."
M. Rade lic. Theol. „Damasus, Bischof von Rom“
Die Bruderschaft St. Pius X., Distrikt Deutschland, weiß zu berichten:
„Nach dem Tode des heiligen Damasus am 11. Dezember 384
wurde der heilige Hieronymus nicht zu dessen Nachfolger
gewählt, wie er es vielleicht erwartet hatte. Zu heftig war seine
Kritik an der Verweltlichung des römischen Klerus gewesen.“ -
Information vom 20. Februar 2010
Wahrscheinlich gingen einige der von Hieronymus verfassten,
scharfen Damasus-Kritiken „verloren“, wie das damals üblich war,
wenn sie nicht ins Bild der Nicäner passten. Dennoch war der große
Bibelübersetzer ein Opportunist, denn
„er hatte von Origenes gelernt“, den er ... „später in seinen
Werken verleugnete und kritisierte.“ Ökumenisches Heiligenlexikon
Dieser Trend des Hieronymus ist unleugbar.
„Wohl ab 393 bekämpfte der heilige Hieronymus die Theologie
des Origenes mündlich und schriftlich, da er sie durch den
greisen Bischof Epiphanius von Salamis als Irrlehre erkannt
hatte.“ Piusbruderschaft St. Pius X. Distrikt Deutschland: „...Bischof Epiphanius von
Salamis (habe den Origenismus) als Irrlehre erkannt… .
Die unabhängige Forschung kann im Wesen und in den Ansichten des
sonderbaren Heiligen Epiphanius allerdings kaum Wahrhaftigkeit
erkennen. Sein Leumund war übel. Dieser Mann
„Epiphanius ließ 392 die meisten paganen Tempel Zyperns
zerstören.“ Vlassis G. Rassias, “Christian Persecution against the Hellenes“
Athen 2.000
Epiphanius, der oft gelobte Metropolit Zyperns, gehörte zu den
entschiedensten Konstantinianern (Nicänern) überhaupt – obwohl er
nie Origenes Präexistenzlehre in Frage stellte! Doch er hasste die
Tugendlehre und Freiheitslehre des Origenes. (!) Epiphanius
operierte gewollt brutal. Die hellenische Welt klagt ihn scharf an: 61
„Epiphanius … verfolgte tausende Menschen paganen
Glaubens.“ ebenda
Der Altsemitist Kurt Rudolph urteilt:
„Epiphanius gilt als einer der eifrigsten Verfechter der
Orthodoxie seiner Zeit und hat in den theologischen
Streitigkeiten wiederholt eine wenig schöne Rolle gespielt. Er
ist es gewesen, der den Kampf gegen den Origenismus erst
richtig entfachte... er ist der „Patriarch der Orthodoxie“... alle
Häretiker (bezeichnet er) als wilde und giftige Tiere, deren
Gift die Reinheit des Glaubens gefährdet... Seine Sucht,
möglichst viele Sekten und Sektennamen anzuführen, ließ ihn
völlig unkritisch bei der Behandlung der Fakten verfahren und
verleitete ihn sogar zu E r f i n d u n g e n und
unwahrscheinlichen Angaben... (Das) wirft kein gutes Licht auf
ihn. Für Epiphanius sind alle Häretiker, „ruhmsüchtig“, „eitel“
und „schlecht-gesinnt“, ihr Abfall von der reinen apostolischkirchlichen Lehre verdammt sie zum Untergang... Stellenweise
scheint er der Phantasie dabei die Zügel schießen zu lassen und
der Lüsternheit zu frönen... Hier liegen offenbar... böswillige
Verleumdungen vor.“ Kurt Rudolph „Die Gnosis“
Das Gift einer Verleumdung vermag selbst den Besten zu töten.
Nachdem später das Wort von den brunnen-vergiftenden Juden in
die Köpfe der Leichtgläubigen gefallen war, wirkte es sich auf den
Straßen zahlloser Orte bald als üble Menschenjagd aus.
So kam der Holokaust nicht aus dem Nichts.
Der Übersetzer Josef Hermann bekräftigt Rudolphs Urteil:
„Im Jahr 392 blieb es leider nicht beim sachlichen Kampfe; (den
Epiphanius führte G.Sk.) es wurde ein persönliches Streiten mit
allen Bitterkeiten, ein unschöner Zwist, der die klaren Linien der
Meinungen und Charaktere verzerrte.... Epiphanius sah im
Origenismus die gefährlichste aller Häresien. Nicht die
Ewigkeit der Schöpfung, nicht die Präexistenz der Seelen und
nicht die allgemeine Apokatastasis oder die allegorische
Auslegung gewisser Schrifttexte bildeten den größten Stein des
Anstoßes, sondern ganz besonders die Anklage: der 62
Origenismus sei durch seine subordinatianische Logoslehre der
geistige Vater des Arianismus geworden.“
Josef Herman, „E. v. Salamis gegen die Antidikomarianten“
Arius und sein Anhang, der Origenes ehrte, galten den Primitiven als
Sündenböcke, die zu verprügeln damals jedem ‚pro-nicänischenChristen’ eine Ehre war. Die Lehre der Urkirche, der Vater sei eine
andere Person als der Sohn, wurde wie die Pest gehasst und
bekämpft. Man könnte sagen und fragen: Wegen solcher Kleinigkeit
erschlagt ihr eure Brüder? Aber für Fanatiker gibt es keine
Kleinigkeiten. Unter dem Oberbegriff Athanasianismus gewann so
der Ungeist der Rechthaberei immer mehr an Einfluss. Eremiten in
ihre grauen und braunen Gewänder gekleidet, sowie grasfressende
Anachoreten schürten zu Epiphanius Zeiten (um 390) die ohnehin
erhitzte Stimmung. Als Vorhut der eigentlichen Streitmacht fallen sie
über das Land her. Mit Brechstangen stürmten sie voran und
zerschlugen alles was ihnen satanisch vorkam. Die verstümmelten
Gesichter auf den Reliefs des heute in Berlin befindlichen
Pergamonaltar sind nicht das Resultat christlichen Glaubens, auch
wenn ein Satz in der Offenbarung Johannes darauf verweist, dass in
Pergamon der Sitz Satans stünde, sondern ein Ergebnis der blinden
Wut Intoleranter.
Sonderbar, dass Ambrosius von Mailand, sich vom allzu rabiaten Geist
des Anti-Arianismus nicht frühzeitig distanzierte, denn er hatte -
zunächst - auch seine guten Seiten gezeigt.
Übrigens, was nicht uninteressant ist: Ambrosius frühes Symbol, der
Bienenkorb, ist auch das der Pioniere der Kirche Jesu Christi der
Heiligen der Letzten Tage. Es kommt vor am Salt-Lake-Tempel, sowie
am Pult des Konferenzzentrums.
Ambrosius urteilte und handelte zunehmend als kühl rechnender
Politiker. Güte, Gnade, Barmherzigkeit wurden für ihn rein
theoretische Begriffe. Im Fall der Hilfe erflehenden Goten erwies er
wiederholt seine Bosheit.
Als Kaiserberater musste Ambrosius zwar bedenken, dass diese
Flüchtlinge vor den wilden Hunnen, vom Norden her kommend, 63
fortlaufend missionierend den Arianismus propagierten und
zeitgleich den Wunsch äußerten ins Reich kommen zu dürfen, aber,
dass sie wirklich Christen sein wollten, hätte er nie in Abrede stellen
dürfen. Ambrosius sah durch Damasus Brille schwarz. Es könnte zu
einem Überfremdungsprozess kommen. Die Kirche würde es nicht
verkraften, hunderttausende A n t i -Katholiken aufzunehmen. Dass
diese Leute als Arianer jedoch auffallend tolerant auftraten, wo sie die
Zügel in der Hand hielten, ließ er nicht gelten. Er sagte den gotischen
Familienvätern sein hartes Nein: Sie sind personae non gratae.
Das musste sich angesichts der Todesgefahr, in der sich zehntausende
Gotenfamilien befanden, rächen. Eins kam zum anderen wie eine
Lüge zur anderen. Ambrosius war wie Kaiser Konstantin überzeugt:
„Der Glaube an Gott und die Treue zum Imperium Romanum können
nicht voneinander geschieden werden.“
Die Lüge - Kompromisslosigkeit führe zur Wahrheit - ist es, die immer
und überall alles verdirbt, obwohl sie als Heilpflanze gedacht wird. Wie
sein großes Vorbild strebte Ambrosius danach, im Reich den
Einheitsglauben durchzusetzen - um jeden Preis.
Natürlich glaubte er ans Liebesprinzip, vielleicht wusste er sogar, dass
„...auf die Erkenntnis der Wahrheit... immer die Taten der Liebe
folgen müssen !“ Hippolyt von Rom (170-235)
Doch im wirklichen Leben ließ er es nicht gelten, obwohl Jesus von
Nazareth das forderte.
Die rötlich eingefärbten Gebiete
standen unter dem Schutz
römischer Legionen. Dort und in
jenseitigen Grenzgebieten wirkte
der arianische Missionar Wulfila,
von Eusebius von Nikomedia
geweiht, unter den Goten seit
341 sehr erfolgreich.
Als beredter Arianer traf Wulfila
bei den Goten auf erstaunliche 64
Gemeinsamkeiten im Gottesglauben: Die arianische Gott Vater-SohnBeziehung entsprach in etwa der Religion der gotischen Germanen.
Wulfilas Credo lautete nämlich, (e n t g e g e n den Aussagen einiger,
die Arius unterstellen, er leugne die Gottheit Christi):
„Jesus ist der „filius unigenitus, Dominus et noster... wir
glauben an Gott den Vater und an seinen eingeborenen Sohn,
unseren Herrn und G o t t, Werkmeister und Bildner der
gesamten Kreatur, der seinesgleichen nicht hat.“ Gert Haendler
„Die Rolle des Papsttums in der Kirchengeschichte bis 1200“
Damit fand er schnell Eingang in das religiöse Leben der frühen
Deutschen.
Wikimedia Commons
Die ungefähre Route des
Zuges der Visigothen/
Westgoten. – Innerhalb
von zwei Generationen
durch-querten sie
zwischen 376 und 418
das halbe Römische
Reich, bis sie schließlich
in den Westprovinzen
(also Spanien) sesshaft
wurden.
Seit etwa 270 lebten
einige ostgotische
Stämme nördlich der
Donaugrenze.
Ein Blick auf die Lage der Provinz Moesia in Europa zeigt, dass
Ambrosius Überlegungen in gewisser Weise sogar verständlich sind,
denn niemand wusste, wie viele Goten es gab, was sie wirklich
begehrten und was bei alledem herauskam. Sie könnten letztlich dem
Papsttum den völligen Garaus bereiten, falls aus dem weitem Norden
noch mehr schutzsuchende Goten ins Reich drängten und mit ihnen
glaubens- und charakterstarke Arianer.
„Mit Kähnen kamen sie über die Donau... die Goten sollten
(allerdings) für ihre Aufnahme ins Reich bezahlen, zu viel, (was
sie nicht leisten konnten). So nahmen die (römischen)65
Kommandeure die Kinder der Goten… Darüber kam es (im
August 378) zum Kampf ... und in der Schlacht bei Adrianopel,
in der Kaiser Valens fiel, siegten die Goten ...“ Leopold von Ranke
„Werk und Nachlass“
Der Tod Kaiser Valens, (der Bruder Valentinians, der drei Jahre zuvor
im Kampf gegen die persischen Sassaniden fiel) kam den Nicänern
gelegen, denn Valens war Arianer. Athenasius attackierte ihn wo er
konnte. Der Tod von Kaiser Valens kam den Nicänern gelegen.
Bild: Münze Gratian (359-383)
Nun war der Weg frei für Gratian, den
Wankelmütigen, der Ambrosius Weitsicht
gleichzeitig schätzte und bezweifelte. Den jungen
Kaiser plagte das Gewissen. Er wünschte, mit den
Goten Frieden zu schließen.
Aber Ambrosius sagte erneut sein lautes Nein!
Er war Gratian an innerer Autorität haushoch überlegen.
Ambrosius behauptete, im Stil und Sinn des Athanasius, die Goten
seien Gottesfeinde. Wörtlich: „Sie sind ‚christusfeindlich’ eingestellt.“
Ambrosius, völlig im Fahrwasser der Schriften des Athanasius und des
Epiphanius von Salamis, stemmte sich mit seiner kompletten Ideologie
gegen eine friedliche Lösung des Problems. Er wünschte nicht zu
denken, dass die bekehrten Goten seine Brüder waren. Hartherzig und
folgenschwer vertrat er Konstantins durch und durch verlogenes
Konzept: Wer nicht nicänisch glaubt, ist kein Christ!
Im Sommer, 378, strömten mehr als je zuvor Goten bis an die
nordöstlichen Grenzen des römischen Gebietes.
Damit wurde diese Flucht zur Völkerwanderung. Sie hätte auf Europa
befruchtend einwirken können, denn wo es Goten gab, gedieh, ihrer
intelligenten und liberalen Grundhaltung wegen, die Kultur.
Kaiser Gratian stand nun mehr denn je verunsichert da. Von allen
Seiten hagelte es ungute Informationen.
So manche Nacht wird der junge Mann hinauf zum Himmel geschaut
haben, ob Gott ihm ein Zeichen sendet. Gott! Aber wer war dieser 66
Gott wirklich? Der unvorstellbare des Athanasius oder der ihm liebe,
angenehme des Arius? Seine Abneigung gegenüber der katholischen
Religion beruhte auf Kindheitserfahrungen.
Die weit gestreuten Biwakfeuer an der Reichsgrenze mahnten ihn,
wie groß seine Verantwortung war. Tapfer und arianerfreundlich
verfasste Gratian, zu dieser Zeit, eigensinnig sein Toleranzedikt zu
Sirmium: Zur „Freiheit aller Glaubensrichtungen“.
Dieser Fakt ist aus heutiger Sicht von höchster Bedeutung!
Doch sein Berater Ambrosius grollte. Er bete jede Nacht für Gratian.
Und der sei undankbar!
Wütend, und alles auf eine Karte setzend schrieb Ambrosius nun von
der Angst getrieben, die von ihm geliebte „Orthodoxie“ könnte sangund klanglos untergehen, für Gratian zwei Bücher („De fide“)
Klipp und klar schwört er, im Geiste Konstantins und im Sinne des
Athanasius und Damasus:
„Die Arianer (Italiens und die Goten, G.Sk.) haben sich gegen die
Kirche Gottes verschworen!“ Gunter Gottlieb „Ambrosius von
Mailand und Kaiser Gratian“
Ambrosius malte Schwarz-Weiß, er entmischte nicht. Untrennbar
gehörten für ihn Staat und „seine“ Kirche zusammen. Dem jungen
Kaiser suggerierte er:
„der (richtige) Glaube des Herrschers (gewährleiste) mehr als
die Tapferkeit seiner Soldaten den Sieg... Jesus Christus soll
das römische Heer führen.“ ebenda
Welches Bild! Welche Dummheit.
Feldherr Hindenburg dachte ähnlich wahnhaft. Er stellte sich
eintausendfünfhundert Jahre später den lieben Gott als auf einer
Wolke sitzend vor, der den deutschen Truppen huldvoll zulächelt,
während diese die Söhne und zukünftigen Ehemänner russischer
Frauen, allesamt Christen, die einen wie die anderen, in die tödlichtückischen masurischen Sümpfe treiben.
Ambrosius hätte wissen müssen: Mit Jesus, dem Fürsten des Friedens
und seiner Lehre der Versöhnung Aller, hatte sein Treiben nichts zu
tun. Ruppiger Konstantinismus war das, und wenn er noch so süß von 67
Jesus sprach, es gilt allemal: Niemand wird je an seinen
Lippenbekenntnissen gemessen werden.
Angesichts der Tatsache, dass viele Goten sich auf den Namen Jesu
Christi hatten taufen lassen, was einer Verpflichtung auf seine Lehre
von der Rechtschaffenheit gleichkam, wäre er zwingend dazu
verpflichtet gewesen, angemessene diplomatische Schritte einzuleiten. Schließlich wünschten die Goten nur Sicherheit für ihre
Familien.
Das wenigstens wusste Ambrosius: Für die Goten ging es um Tod oder
Leben. Seitdem die Asiaten den Reflexbogen als Waffe erfunden
hatten, war ihnen kein europäisches Heer mehr gewachsen.
Gratian ließ sich überzeugen, gegen seine Bedenken zu handeln, und
daran ist zu ermessen, wie sehr Ambrosius dem jungen,
Verantwortung tragenden Mann geistig überlegen war. Es hieß nur:
fortan „wies er die Arianer ab und folgte Ambrosius.“ Ambrosius hatte
dabei als entscheidende Autorität die Bibel aufgerufen:
„Der Kaiser soll, gerüstet mit dem Schwert des Glaubens, dem
Sieg entgegen ziehen... Der Krieg gegen die Goten und der Sieg
über sie seien von Hesekiel geweissagt worden. Die Goten sind
Gog, von denen der Prophet (Hesekiel) schreibt, dass er mit
Gottes Hilfe vernichtet werde. Es ist nicht zweifelhaft, dass die
‚catholici’, welche die Strafe für den Unglauben anderer
ertragen haben, bei Gratian Hilfe für den rechten Glauben
finden. Der Glaube an Gott und die Treue zum imperium
Romanum können nicht voneinander geschieden werden...(die
Goten) die ‚Häretiker’ sind die ‚Anti-Christi’; diese Häresie
sammelt ihr Gift aus allen anderen Häresien.“ Ambrosius
mahnte den Kaiser, er müsse „daran denken, die Siegeszeichen
aufzurichten...“ So wollte er „den Kaiser für seine
kirchenpolitischen Ziele gewinnen und den Gegnern (des
Nicänums) den Kampf ansagen.“ Gunter Gottlieb „Ambrosius von Mailand
und Kaiser Gratian“
Das war die Sprache des Epiphanius. Schlimmer, das wurde die
Sprache der Nationalsozialisten und der Stalinkommunisten.68
Die Nicäner und die in ihrem Interesse kämpfenden Legionen sollten
die Siegeszeichen (Konstantins?) aufrichten!
Gratian hätte in seiner ursprünglich toleranten Gesinnung fest bleiben
sollen. Das wäre für das kriegsmüde Volk dies- und jenseits der
römischen Grenzen der bessere Weg gewesen. Denn der Staat hat sich
(erst recht nach Jesu Worten: „Gebt dem Kaiser was des Kaisers ist und
Gott was Gottes ist“) aus innerkirchlichen Angelegenheiten
herauszuhalten, wie die Kirche aus den machtpolitischen Anliegen des
Staates. Sonst handeln auch die Menschen, die in seiner Nachfolge
stehen, eher aus Klugheit und Berechnung, und nicht aus innerer
Überzeugung. Erst die konsequente, aktive Umsetzung dessen, was
man, nach angemessen langer und redlicher Suche, als wahr und
richtig erkannt hat, macht den von Gott geliebten Menschen aus –
selbst wenn er irrt!
Sonderbar: es geht uns zwar alle an, aber nicht alle sind daran
interessiert, auf das gute Innerste ihres eigenen Wesens vorzudringen.
Gratian und seine Generäle befolgten Ambrosius Befehle, hatten die
„Siegeszeichen“ aufgerichtet ... und verloren dennoch.
Ambrosius hat die Legionen in die Kämpfe hinein gehetzt:
Er sprach „mit Gewissheit von den zu erwartenden Erfolgen
des Kaisers gegen die Goten…“ und von den „Strafen, welche
die Gegner des Glaubens und des römischen Imperiums
treffen werden... Entgegen den Prophezeiungen des
Ambrosius „bot das römische Heer keinen Widerstand mehr...
Überall zogen die Goten ... durch das Land…, bis an die Grenze
Italiens herrschten sie nach Belieben.“ Gunter Gottlieb „Ambrosius
von Mailand und Kaiser Gratian“
Alles wankte, Ambrosius stand.
Noch blieb ihm ja Italien. Wie ein leichtfertiger Kaiser zog er nicht die
Konsequenzen, sondern vermochte es, mit diesen Niederlagen zu
leben. Er konnte seine persönliche Macht sogar noch festigen, weil die
Goten mit dem Erreichten wider Erwarten zufrieden waren und ihren
Arianismus n i r g e n d w o mit Gewalt durchsetzten! 69
Ambrosius vermochte es gar, nach Gratians Tod noch einmal
aufzutrumpfen: Jetzt erst kommt er und fährt starkes Geschütz auf:
Er initiiert das „Dreikaiseredikt“ - cunctos populos - .
Mit ihm kommt das dunkle Mittelalter herauf.
Obwohl oft geleugnet, war es Ambrosius von Mailand, der allmächtige
Kaiserberater, der im Jahr 380 mit „cunctos populos“ jede andere
Religion als die von der antlitzlosen Trinität verbot. Niemals wäre
ohne sein Einverständnis ein Gesetz solcher Tragweite verabschiedet
u n d praktiziert worden.
Der Text bekräftigt ausdrücklich, ausschließlich der katholische
Glaube - wie ihn Damasus verstand, vertrat und ausübte - sei erlaubt:
„Alle Völker, über die wir ein mildes und maßvolles Regiment
führen, sollen (müssen G.Sk.) sich, so ist unser Wille, zu der
Religion bekehren, die der göttliche Apostel Petrus den Römern
überliefert hat, wie es der von ihm kundgemachte Glaube bis
zum heutigen Tage dartut und zu dem sich der Pontifex
Damasus klar bekennt ...nur diejenigen, die diesem Gesetz
folgen, … dürfen …Christen heißen; die übrigen, die wir für
wahrhaft toll und wahnsinnig erklären, haben die Schande … zu
tragen. Auch dürfen ihre Versammlungsstätten nicht als Kirchen
bezeichnet werden. Endlich soll sie vorab die göttliche
Vergeltung, und dann aber auch unsere Strafgerechtigkeit
ereilen, die uns durch himmlisches Urteil übertragen worden ist.“
Beginn und Ende des Textes Cunctos populos.
Dass die Reden, Schriften und Aktionen des Athanasius die
Voraussetzung für solches Verbrechen der Entmündigung von
schließlich Abermillionen schufen, ist offensichtlich.
Dissonanzen schrillster, unchristlicher Art!
„Dreikaiseredikt“ nennen es einige Autoren. Der neunjährige
Valentinian II. habe seiner arianischen Mutter Justina widerstanden
und ihr den Mund verboten? Es heißt:
„Das Dreikaiseredikt „Cunctus populos“ wurde am 28. Februar
380 in Thessaloniki von den römischen Kaisern Theodosius I.,
Gratian und Valentinian II. verabschiedet. Es beendete die 70
nominelle Religionsfreiheit des 4. Jahrhunderts und gilt als
wesentlicher Schritt, um das Christentum zur Staatsreligion zu
machen.“ Bernd L Beck „Spiritualität und Menschheit“
Es gibt keinen anderen Schluss: Ambrosius selbst oder einer aus
seinem Anhang hat die Unterschrift Valentinians erzwungen oder
fälschen lassen:
„Als der jugendliche Kaiser Valentinian II. (der angebliche
Mitverfasser von Cunctos populos) für seine Arianer die
außerhalb der Stadtgrenze gelegene basilica Porciana extra
murana forderte, wurde ihm dies von Ambrosius verweigert.“
Peter Grossmann „Ägyptische Architektur“ zitiert Seeck
Das passt nicht zusammen! Und Gratian, der Arianer? Und wie steht
es um Theodosius? Der war zu dieser Zeit noch kein Katholik.
Das Christentum wurde bekanntlich durch Kaiser Konstantin zur
Staatsreligion, zu einem staatsdienlichen Instrument, degradiert.
Doch zu seiner Zeit unterjochte es die anderen Religionen nicht
wesentlich. Vollender dieses Prozesses der Entartung wurden
Damasus von Rom, Ambrosius und dann Justinian.
Nach ihnen setzten gewaltbereite Päpste deren Religionspolitik über
Kreuzüge bis zur spanischen Inquisition fort. Massenhysterie,
Judenhetze und die Versklavung der Bauernschaft folgten, als bittere
Früchte, wie, 1311, die Vernichtung der Brüder des Templerordens
„weil die viel Geld hatten“ Hertling SJ „Geschichte der katholischen Kirche bis 1740
Christus setzte die Kriterien: Liebe gleich Toleranz, und Rechtschaffenheit. Er sagte wörtlich:
„Wer meine Gebote hat und sie hält, der ist es der mich liebt...“
Johannes 14: 21 Einheitsübersetzung
Auf dieses Wort verzichteten die Nicäner, indem sie ihre eigenen
Kriterien als höherwertig einstuften!
Das war, das ist, ein Skandal von unerhörtem Ausmaß.
Da entlarvten sie sich. Jesus indessen lehrte und warnte: Alle
Menschen und Religionen würden dermaleinst an den Resultaten
gemessen - am Grad der Genießbarkeit der Früchte die sie
hervorbringen – und nicht gemäß ihren Lippenbekenntnissen. 71
Schreit nicht das Blut und das Elend aller von den Trinitariern
(Nicänern) verfolgten und ermordeten Unschuldigen immer noch zum
Himmel? Dürfen die verletzten, nun jenseitigen, Seelen darauf hoffen,
dass Jesus erfüllt was er den Betroffenen verhieß, indem er sagte:
„Selig sind, die hungert und dürstet nach Gerechtigkeit, denn sie sollen
satt werden?“
Um zu zeigen wie er das meine, verfluchte Jesus den Feigenbaum, der
sich zwar mit reichlich Blättern schmückte, aber nichts Eßbares trug.
Matth. 21: 19-20
Moroni fasste zusammen: „Wenn ihr keine Nächstenliebe habt seid
ihr nichts.“ Buch Mormon Moroni 7: 46
Es erhebt sich die Frage, warum Ambrosius seinen Einfluss nach der
Niederlage von 378 und nach dem Tod Gratians, 383, auf die
römischen Offiziere und das Heer behielt, als die siegreichen Goten
plötzlich ganz Italien offen vor sich liegen sahen. Gegenüber Kaiser
Theodosius I. (der schon kurz nach dem Desaster, im Januar 379 von
Gratian zum Augustus erhoben worden war) vermochte Ambrosius es,
sogar seine Macht auszubauen.
Es war doch in ihren Kreisen nicht vergessen, dass Ambrosius
die nicht erfolgreichen militärischen Parolen ausgegeben hatte.
Die Katastrophen und Ungerechtigkeiten jagten nun, erst recht
einander, während gemäß der Botschaft der Bibel „der Friede die
Frucht der Gerechtigkeit ist.“
Es ist nun einmal ein Gesetz des Himmels, dass alles Neue, wenn es
siegreich sein will, auf dem Boden des Bewährten stehen muss.
Das neue Unrecht dagegen bringt den nächsten Krieg hervor.
Origenes‘ und Hippolyts immer mächtiger werdende Feinde kamen
aus den Reihen der Frömmsten. Ellenbogenkämpfer waren sie
allemal, die Herren die hinter dem Wort des Augustinus standen:
Zwingt sie!
Um jeden Preis wollten sie vorherrschen. Kaltherzig pfiffen sie auf das
Individualrecht. Ambrosius war fest entschlossen, den Willen der treuarianischen Kaiserwitwe Justina zu brechen. In Wahrheit fürchtete er
sie. Womöglich würde sie Vorteile aus seinen militärischen 72
Niederlagen ziehen. Offiziell - und wie selbstverständlich - heißt es in
der gegenwärtigen Literatur:
„Ambrosius habe „mit der orthodoxen Bevölkerung dem Befehl
(der Kaiserwitwe Justina, Mutter des damals neunjährigen Kaisers
Valentinian II. G.Sk.), Kirchen an die Arianer auszuliefern,
erfolgreich Widerstand geleistet.“ Er ‚überwand’ den Arianismus
… durch die Synode zu Sirmium, auf der er 6 Arianer verurteilen
ließ, und 381 durch die Synode zu Aquileja, die den der
arianischen Häresie angeklagten illyrischen Bischof Palladius
samt seinem Presbyter Secundinus schuldig sprach und
absetzte.“ Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon Bautz
Schuldig wurden schon viele gesprochen, Ambrosius! So auch später
vom deutschen Volksgerichtshof, in Stalins Schauprozessen, von Maos
Roten Garden.
Seit seiner Taufe 374 wehrte sich die Witwe Kaiser Valentinians I.
gegen die brutale Verfahrensweise des Ambrosius. Der Bearbeiter der
Eintragung im Kirchenlexikon lobt zwar, Ambrosius sei „tapfer“
aufgetreten, doch dieses Lob kann kein um Objektivität Bemühter
teilen!
Jesus ist es, der Fesseln löst, nie aber knechtend bindet.
Auch, wenn du seinen Namen unentwegt lobend auf der Zunge trägst,
fällst du ihm mit rabiatem Verhalten tückisch in den Rücken.
Nichts kann das Individualrecht ersetzen.
Sieben Jahre lang widerstand die tapfere Justina dem erbarmungslosen Diktator, der, so weit zu sehen ist, bis zur Stunde Christen als
leuchtender Held des Guten dargestellt wird.
„Sie war verärgert, weil Ambrosius (drei Jahre nach dem Tod ihres
Gatten) um 379 ihre Bemühungen vereitelt (hatte) ...einen Arianer
auf den (Bischofs-)Stuhl zu Sirmium zu befördern“ Sechs Jahre
später, 385, „verweigert Ambrosius Justina die Erfüllung ihres
Wunsches, den Arianern Mailands zwei Kirchen zu überlassen.“
F-L. zu Stolberg-Stolberg „Geschichte der Religion Jesu Christ
Ambrosius hat sie permanent genervt und bis zu ihrem Tod 385
erniedrigt, wo er nur konnte. 73
Doch Augustinus von Hippo lobt seinen Freund. Was nahm sich dieser
Emporkömmling gegen sie und andere anscheinend Schwache
heraus?
Augustinus Schlachtruf gegen die Donatisten „Compelle intrare“
(Zwingt sie) spricht nicht für ihn. Die zuletzt mit den arianischen
Vandalen verbundenen donatistischen Überreste verweigerten sich
dem Ambrosiusfreund entschieden.
Es gibt Herzen die sich an dem Verhalten dieses nordafrikanischen
Diktators ergötzen. Er jedoch war es, der die Lehre von der Erbsünde
und der Prädestination erfand, die Unschuldigen nichts als
Seelenqualen bereiteten.
Augustinus Gott bestimmt wer Ewigkeiten des Daseins hindurch ewige
Höllen erleiden muss und wer nicht.
Augustinus Dogma von der Prädestinationslehre gehört, mit den
Zwangsgesetzen seines persönlichen Freundes, des Ambrosius von
Mailand, zum Schlimmsten was der damalige Antiarianismus
hervorgebrachte. Beide sind Mitverantwortliche für das Dunkel des
Mittelalters, aber da ist kein wahrer Antinicäner der sie deshalb zu nie
endenden Strafen verurteilt.
Verfluchung und Diffamie geht immer noch von den Nicänern aus.
Seit der Zeit des Ambrosius stieg auch die Flut der Legenden
antioriginistischer Propaganda: Nur die Nicäner kommen in den
Himmel! Während Jesus ausnahmslos alle Menschen einlud: „Kommt
her zu mir die ihr mühselig und beladen seid, Ich will euch erquicken“
Matth. 11: 28-30
Die Kaiserwitwe Justina wird von arianischen Bischöfen ersucht, sie
möge sich Ambrosius Brutalitäten nicht gefallen lassen. Wer darf ihr,
der Mutter des künftigen Kaisers, - und sei es auch nur indirekt -
verbieten eine arianische Gemeinde zu besuchen?
In der Osterwoche 385 – 5 Jahre nach Inkraftsetzung des
Staatgesetzes Cunctos populos - kommt es zu tumultuarischen
Szenen. Justinas Soldaten umzingeln die basilica Porciana, die von
Nicänern okkupierte Kirche der Arianer. Doch, nach langen Tagen und 74
Nächsten musste die Garde der Kaiserin jener Gewalt weichen, die
von der Straße kam.
Dass sie sich militärisch nicht durchsetzen wollte, um Blutvergießen zu
vermeiden, ist wahr, aber nach Augustinus „Bekenntnissen“ bekam
Justina lediglich, was sie seiner schlimmen Meinung nach verdiente,
eine ihr von seinem „Gott“ zugedachte Niederlage .
Er, der von Ambrosius zum Katholizismus bekehrt worden war, dachte
und fühlte ähnlich wie sein Vorbild.
Augustinus wagte es im Folgenden, den von Ambrosius-hörigen
Priestern aufgestachelten Pöbel Mailands „frommes Volk“ zu
nennen… Es ist zu befürchten, dass die Wunder jener Tage nichts
weiter als raffinierter Betrug waren. Die Geschichte von der
Auffindung der Gebeine der angeblichen Märtyrer Gervasius und
Protasius nach einem Traumgesicht des Ambrosius wurde
hochgespielt und bleibt doch unglaubwürdig. Die uralten Leichen
dufteten – nachdem sie parfümiert wurden. Seither - und sehr
wahrscheinlich nicht bereits seit der Jerusalemreise der Mutter Kaiser
Konstantins, Helena, die das dreihundert Jahre alte Kreuz vom
Calvarienberg gefunden haben soll - explodierte der Reliquienkult.
Ambrosius ging aus jener Osterwoche stolz und gestärkt in
Glaubenssachen und in Angelegenheiten der Staatsräson hervor!
Man sieht ihn etwas später als Judenfeind, wie er, den Blick gekonnt
demütig bodenwärts gerichtet, aber im Geist unbeugsam herrisch,
Kaiser Theodosius abkanzelt: „Der Kaiser steht in der Kirche, aber
nicht über ihr!“ Was hatte dieser damals vierzigjährige schlimme
Knabe als Kaiser verbrochen?
„Im Jahr 387 zündeten Christen in Rom eine jüdische
Synagoge an. Ein Jahr später geschah in Kallinikum am
Euphrat mit Zustimmung des dortigen Bischofs dasselbe.
(Kaiser) Theodosius befahl die Schuldigen zu bestrafen und
die Synagoge wieder aufzubauen. Gegen diese Entscheidung
wandte Ambrosius sich in einem langen Brief an den Kaiser.
Darin solidarisierte er sich… mit dem brandstiftenden
Bischof… „Ich, Ambrosius, erkläre, dass ich die Synagoge in 75
Brand gesteckt (habe)… Eine schwerwiegende Sache ist es,
wenn du deinen Glauben um der Juden willen in Gefahr
bringst… Nichts ist erhabener als der Glaube“ ... Theodosius
gibt nicht nach. Daraufhin sucht Ambrosius die direkte
Auseinandersetzung… (Ambrosius demütigte Theodosius
öffentlich. G. Sk) Die Synagoge von Kallinikum … wurde nicht
wieder aufgebaut.“ Herbert Gutschera, Geschichte der Kirchen
Ambrosius wird nun von Bischof Augustinus von Hippo geradezu
angehimmelt! Bei ihm mischen sich Wunschdenken und Absicht,
Dichtung und Wahrheit.
Seit dieser Zeit regierte das Unrecht und das nannten die Priester,
die schamlos den Namen Christi verwandten, „christlich!“
Namhafte Historiker fassen zusammen:
„Orthodoxe Bischöfe kämpften mittels Staatsmacht gegen
ihre häretischen Mitchristen... (Arianer u.a. urchristliche
Splittergruppen, G.Sk). Die Vorgaben kamen von den
orthodoxen Bischöfen. Häretischen Christen wurde verboten,
Gottesdienste abzuhalten, Kirche und Versammlungsorte
wurden von der Polizei beschlagnahmt, ihre Schriften
verbrannt. Ihnen wurde die Rechtsfähigkeit genommen. Sie
durften keine Verträge und Erbverfügungen abschließen.
Mehrere Gesetze drohten ihnen Konfiskation ihrer Güter an,
Ausweisung aus einer Stadt, Verbannung. Wer durch
Bischöfe exkommuniziert wurde, wurde vom Staat mit dem
Bannfluch belegt." Anton Grabner, Johann Maier "Kulturgeschichte des
frühen Christentums“ Vandenhoek & Ruprecht
So wirkte sich Nicäa aus.
„An ihren Früchten werdet ihr sie erkennen“
Wie entsetzlich es noch zu Lebzeiten des Augustinus von Hippo, in
Kirchenkreisen, zuging kann niemand beschreiben. Es sind nur die
Spitzen der Eisberge die uns ahnen lassen wie es in der schwarzen,
kalten Tiefe aussah. Die Einflüsse der erwähnten Führungspersönlichkeiten ließen den Strom der Bosheiten jäh anschwellen. 76
Einem ausgemachten Bösewicht von Rang kam die „rettende“ Idee ein
das Kreuz an dem Jesus von Nazareth starb könne alles überdecken:
Das geschah 431. Es war die Zeit des 3. ökumenischen Konzils. Bischof
Cyrill von Alexandria dominierte die Szene. Er trug damals zu Ephesus
seine Privatfehde mit Nestorius von Konstantinopel aus, und das auf
sehr zweifelhafte Weise. Man sollte fragen, warum ausgerechnet ein
Mann seines Schlages das Mordinstrument und Konstantin-Kreuz in
die Kirche trug. Er zeichnet mitverantwortlich für die Ermordung der
weithin in Kreisen Gebildeter anerkannten heidnischen Philosophin
Hypatia, die auf grauenvolle Weise vom „christlichen“ Mob beseitigt
wurde.
Cyrill wünschte der zweitwichtigste Patriarch der Christenheit zu
werden: Wenn das durch ihn repräsentierte Alexandria schon nicht
die Nummer eins werden konnte, so wollte Cyrill wenigstens
Konstantinopel von seinem Platz verdrängen. Deshalb kungelte er um
Freundschaft ringend mit dem Papst. Die Glaubensdinge waren nur
Vorwand.
Das Kaiserhaus zu Konstantinopel war damals ebenfalls mit
Rangstreitigkeiten, allerdings interfamiliärer Art, beschäftigt.
Das Problem: Die Interessen der weltlichen Herrscher berührten auch
die der Kirche (Konstantins).
Kaiserin Aelia Eudocia und die durch sie entmachtete quasiVorgängerin Pulcheria lagen in bitterem Streit, den Cyrill ausnutzen
wollte... eine undelikate sehr lange Geschichte von Affairen, Mord und
Totschlag.
Der sonst eher an Politik desinteressierte Ehemann Eudocias
„Kaiser Theodosius II. erteilte dem Cyrill als einem Mann, der
sowohl in der Kirche, als auch im Kaiserhause böswillig
Unfrieden stifte, einen scharfen Verweis...“
Leonhard Fendt, Inauguraldissertation „Die Christologie des Nestorius“ kath. theol.
Fakultät der Kaiser-Wilhelm-Universität
Schließlich wurde der „fromme“ Übeltäter verhaftet, doch er wusste
womit man alle Türen der Welt öffnen kann:77
„im Jahre 431, (hat) Cyrill von Alexandria 1 500 Pfund Gold
Bestechungsgelder an Höflinge in Konstantinopel gezahlt, um
sein Amt zu stützen“ A. Demandt „Geschichte der Spätantike“
Es handelte sich bei diesen Riesensummen auch um das Raubgold, das
der straff nicänisch orientierte „Onkel“ Theophilus fünfzehn Jahre
zuvor gewann, nachdem er den paganen, „Joseph in Ägypten“,
geweihten Serapistempel zu Alexandria zu seinem Vorteil plündern
und zerstören ließ.
„ (Cyrill 380-444) war ein Neffe des Theophilus und hatte dessen
rücksichtslose Herrschsucht geerbt. Als dieser am 15. Oktober
412 gestorben war, hatte Cyrill unter wilden Straßenkämpfen, in
die auch die Truppen eingreifen mussten, seine Wahl auf den
erledigten (Bischofs-) Thron durchgesetzt, und eine seiner ersten
Amtshandlungen war gewesen, dass er die Bethäuser der
Novatianer (einer Gruppe Urchristen die gewillt waren gemäß Christi Gebote zu
leben G. Sk.) schließen ließ und sich nicht nur ihres Kirchenschatzes
sondern auch des Privatvermögens ihres Bischofs Theopemptus
bemächtigte. Denn das Geld schätzte er so hoch, dass er selbst
die Bistümer Ägyptens feilbot. Eine reiche Einnahmequelle und
zugleich ein wichtiges Machtmittel boten ihm die Krankenwärterstellen, da die Hospitäler von Alexandria als
wohltätige Stiftungen unter seiner Aufsicht standen. Weil
nämlich ihr Dienst nicht nur ein hübsches Einkommen brachte,
sondern wahrscheinlich auch vom Decurionat und anderen
Staatslasten befreite, drängten sich auch reiche und vornehme
Leute dazu und erkauften die Aufnahme in die Körperschaft mit
barem Gelde. Denn große Anstrengungen brauchte man ihnen
nicht zuzumuten, schon weil Cyrillus ihre Zahl auf nicht viel
weniger als tausend erhöht zu haben scheint. Und alle die
Hunderte, die Krankenwärter hießen, tatsächlich aber auf den
Straßen Alexandrias müßig lungerten, bildeten für den Bischof
eine handfeste Leibwache und waren höchst geeignet, Krawalle
hervorzurufen und anzuführen. So dienten auch die
Wohltätigkeitsanstalten den Zwecken der Kirche in einer Weise, 78
an die ihre Stifter gewiss nicht gedacht hatten.“ Prof. Otto Seeck
„Geschichte des Untergangs der antiken Welt“
Die Verfluchung des Origenes durch Kaiser Justinian
Christi Lehren, die im zweiten Jahrhundert noch fast unversehrt
überliefert wurden, passten durchaus nicht mehr in diese Zeit, in der
pausenlos der Name Christi zwar hochgelobt, doch dessen Geist der
Milde gemieden und verdrängt wurde.
Kaiser Justinians Lebenslauf beinhaltet u.a. die Tatsache, dass er
gesetzlich die Todesstrafe für Christen verfügte, die dem
„dreifaltigen“ Gott nicht länger die Treue halten konnten.
Er hielt 543 zu Konstantinopel seine berüchtigte Ostsynode ab, um
seine kirchen- und machtpolitischen Absichten durchzusetzen.
135 „heilige Väter“ und andere Amtsträger, nahmen daran teil. Es
ging in den anberaumten Beratungen auch um Fragen der Natur Jesu,
(ob er einen oder zwei Willen habe) vor allem aber darum, Origenes,
den entschiedensten Bewahrer des originalen Lehrgutes, zu
degradieren. Dessen Schriften standen zu deutlich gegen des Kaisers
Vorstellungen, wie Religion beschaffen sein soll.
Wütend lässt Justinian sich hinreißen zu diktieren:
„Wenn einer sagt oder dafürhält, die Seelen der Menschen
wären präexistent gewesen, insofern sie früher Intelligenzen und
heilige Mächte gewesen seien; ... so sei er im Banne....“ Horst
Robert Balz, Gerhard Krause, Gerhard Müller -Theologische Realenzyklopädie -2000
Oder: Etwas ausführlicher:
"Wenn jemand sagt oder meint, die Seelen der Menschen
präexistierten, sie seien nämlich zuvor Geister und heilige Kräfte
gewesen, haben dann aber, der göttlichen Anschauung
überdrüssig, sich zum Schlimmeren gewendet, und seien, weil
dadurch die göttliche Liebe in ihnen erkaltet sei, Seelen genannt
und zur Strafe in Leiber herniedergeschickt worden, so sei er
Anathema (verflucht). Wenn jemand sagt oder meint, dass die
Seele des Herrn präexistiert habe und vor der Menschwerdung 79
und der Geburt aus der Jungfrau mit dem Gott Logos vereinigt
gewesen sei, so sei er Anathema. Wenn jemand sagt oder meint,
die Strafe der Dämonen und der gottlosen Menschen sei eine
zeitliche und werde einmal ein Ende haben, mit anderen Worten,
es werde eine Apokatastasis (griech. = Wiederherstellung geben,
gemeint ist damit die Rückkehr aller zu Gott) auch der Dämonen
oder der gottlosen Menschen, so sei er Anathema. Anathema
auch dem Origenes, … der dieses gelehrt hat, samt seinen
abscheulichen, verfluchten und lasterhaften Dogmen, u n d
jeder Person, die dieses denkt oder verteidigt oder überhaupt
auf irgendeine Art zu irgendwelcher Zeit hierfür einzutreten
wagt." Diekamp „Die originistischen Streitigkeiten und das 5. ökumenische Konzil"
Um es mit einem Bild zu sagen: Er zerschnitt einen „echten
Rembrandt“, den Konstantin schon grob aus dem Rahmen gerissen ,
den Ambrosius sodann halbierte, in weitere Stücke. Die ihm nicht
zusagten, warf er auf den Müllhaufen. Deshalb trägt er zu Recht den
Titel der „Große“. Er war ein übergroßer Zerstörer des Glückes
Zahlloser.
„Justinian ordnete 545 die Verfolgung nichtchristlicher
Grammatiker, Rhetoren, Ärzte und Juristen an... er ließ
heidnische Bücher verbrennen. Die Kindstaufe wurde
zwangseingeführt, die Nichtbeachtung mit dem Verlust an
Eigentum und Bürgerrecht bestraft.“ Philipp Charwath
„Kirchengeschichte“
„Die Bannflüche wurden ... unter dem unnachgiebigen Druck
Kaiser Justinians von sämtlichen Patriarchen unterzeichnet,
einschließlich Papst Vigilius’, der 544 eigens zu diesem Zwecke
fast gewaltsam nach Konstantinopel gebracht wurde. Mit ihrer
Unterzeichnung reihte die Kirche den bedeutendsten und
herausragendsten Theologen des frühen Christentums,
Origenes, aus w e l t l i c h e n Gründen unter die ketzerischen
Irrlehrer...“ Hermann Bauer „Der Einfluss Ostroms“
Justinian lag nichts daran, doch Origenes wusste noch, wie wichtig
dem Allmächtigen unsere individuelle Entfaltung ist. Aber auch 80
Justinian empfing dieselbe Gabe, die allen gewährt wurde, die er, wie
sein Handeln beweist, nur nicht nutzte:
„Christi Geist wurde j e d e m Menschen gegeben, damit er Gut
von Böse unterscheide...“ Buch Mormon Moroni 7: 16
Gewiss, Justinians Staatsapparat wackelte. Pestwellen erschütterten
das Land. Die von ihm harsch regierten Menschen rebellierten,
Mönchsgarden waren zerstritten wie die Weltgeistlichen. Sie
demonstrierten gegeneinander.
Ganz vorn standen die langbärtigen Sabaiten.
Sie schrien seit Wochen und Monaten: „Nieder mit dem Häretiker
Origenes.“
Bereits einhundert Jahre vor Justinians Kaiserkrönung, die 527
erfolgte, lebten in Konstantinopel etwa 10.000 bis 15.000 Mönche. (J.
J. Ayaita) Das Faulenzerleben dieser nur scheinbar Frommen
bestimmte auch das Stadtbild zu Justinians Zeit. Gelegentlich wurden
die Mönche wegen ihrer anstößigen Lebensweise getadelt. Vor allem
bildeten sie generell einen politischen Faktor von erheblichem
Einfluss. Mit ihren abgedroschenen Phrasen waren sie überwiegend
Orthodoxe, in Wahrheit aber Opportunisten, schon:
„…Johannes (Chrysostomos Erzbischof zu Konstantinopel) hatte sie…
gegen sich aufgebracht, da er ihr Herumtreiben in der Stadt
kritisiert hatte... Den ihn umgebenden Mönchen wirft der
Kirchenhistoriker vor, sie hätten das Volk durch … falsche
Behauptung(en)… aufhetzen wollen., …Die Versuche der
Mönche (waren) ohne Erfolg, doch bezeugt (dies)… den
potentiellen Einfluss der Mönche auf die übrige Plebs.“ 3Joanna
Jessica Ayaita „Justinian und das Volk im Nikaaufstand“
Die Mönche hegten unterschiedliche politische Gesinnungen, wie
auch selbstverständlich das übrige Volk. Eine Minderheit, die
Gebildeten, traten für Origenes ein. Die Sabaiten hetzten im Sinne des
Kaisers gegen ihn. Das sollte neue Dogmen erforderlich machen!
Dieser und früherer Fakten wegen betrachtete der international
anerkannte Gutachter Adolf von Harnack, die in und nach Nicäa, 325,
aufkommenden Glaubenssätze sehr kritisch .
Theologieprofessor Matthias Kroeger fasste zusammen: 81
„Harnack ist die Autorität in der Erforschung des kirchlichen
Dogmas. Nämlich auch zu wissen, das, was da in der kirchlichen
Dogmatik gelehrt wird und was im 4. und 5. Jahrhundert in den
großen Konzilen verabschiedet worden ist als Dogma des
christlichen Glaubens, das alles hat sehr seine ungeheuer
menschliche Geschichte. Das ist nicht vom Himmel eingegeben,
sondern in höchst menschlichen Machtkonstellationen, zum Teil
gewaltsamen Prügelsituationen auf Synoden, wo Mönchshorden eingefallen sind und die Konzilsväter verprügelt haben,
wenn sie sich nicht richtig entschieden haben und nicht richtig
votiert haben.“ „Adolf von Harnack und die Kritik der kirchlichen Dogmen“
Gesprächsreihe zu Stationen des liberalen Protestantismus, Teil 3
Sich selbst und ihren Lebensstil betrachtend konnten die
Herumlungerer offenbar selbst nicht glauben, sie hätten auch nur
einen Funken Göttlichkeit in sich, hätten sie sich sonst in stinkende
Lumpen gekleidet?
Als 532 in Konstantinopel erhebliche Aufstände unzufriedener
Gruppen ausbrachen, waren sie ebenfalls beteiligt.
Justinian, beraten von seiner Frau Theodora, wurde schließlich
mitverantwortlich an der Ermordung von 30 000 Menschen, deren
Leben, Wünsche und Überzeugungen ihm gar nichts bedeuteten: Er
glaubte und handelte wie Konstantin heidnisch rücksichtslos.
„... die Herleitung von Herrschaft und ihre Legitimation aus Gott
erhob (mit Justinian) einen neuen Ausschließlichkeitsanspruch.
Kaiser und Kaisertum definieren sich von nun an nur noch aus
ihrem Bezug zu Gott… Aufruhr im Volk sei nichts als
Hundegekläff… Es war… Gott allein, der Justinian die Herrschaft
übertrug.“ Mischa Meier „Justinian, Herrschaft, Reich und Religion“
Der Blick auf Justinian als „Erbauer“ der weltberühmten Hagia Sophia
verrät, dass dieser Mann nicht von Liebe, sondern vom Größenwahn
getrieben wurde: Überwältigt vor Freude, obwohl Weihnachten 537
erst der Rohbau dastand, weinte er gerührt: „Salomo, ich habe dich
übertroffen“ Ich! Ich!
Doch82
„die Christen, schreibt Tertullian, kennen keine Ruhmsucht und
Ehrsucht, kein Bedürfnis nach einer Parteistiftung, nichts sei
ihnen fremder als die (Macht-) Politik. Der eine möge Gott
verehren, der andere den Jupiter; der eine zum Himmel, der
andere zum Altar der Fides beten. Seht vielmehr zu, ob nicht
auch das auf den Vorwurf der Gottlosigkeit hinausläuft, wenn
man jemand die Freiheit der Religion nimmt und ihm die freie
Wahl seiner Gottheit verbietet“. Georg Denzler, „Mutige Querdenker, der
Wahrheit verpflichtet“
Jeder, der nicht hinlänglich „rechtgläubig“ zu sein schien, wurde
bestraft, sein Vermögen eingezogen, denn des Kaisers Kriege, seine
Bauten und seine Politik verschlangen Unsummen.
Obendrein herrschte die Pest.
Justinian schwor indessen, sein Herrgott habe ihm gesagt, was zu tun
sei:
„Von Gott eingesetzt ...bringen wir Kriege glücklich zu Ende…
Wir richten unsere Herzen so auf den Beistand des
allmächtigen Gottes, dass wir weder Waffen noch unseren
Soldaten, noch den Generälen, noch unserer eigenen
Begabung vertrauen müssen, sondern jegliche Hoffnung
allein auf die vorsorgende Umsicht der höchsten Dr e i -
f a l t i g k e i t setzen…“ Mischa Meier „Justinian, Herrschaft, Reich und
Religion“
Unmissverständlich.
Es ist der von Kaiser Konstantin erdachte dreifach-Nebelgott dem er
huldigt.
Wenn jemals Zweifel an der Böswilligkeit der höchsten „Dreifaltigkeit“
aufkamen, Justinian brach sie definitiv, mit Folgen, die auf den
blutigen und mit Tränen geschriebenden Seiten der Kirchengeschichte
geschrieben stehen
Justinians römischer Götze stand auch in Adolf Hitlers Hirn als höchste
Größe da:
„Ich danke dir, mein Herrgott, dass du mich jetzt dorthin
gebracht hast, wo ich endlich mein Programm verwirklichen
kann!“ Christian Dube „Religiöse Sprache in Reden Adolf Hitlers“
Justinians Gott!83
Beide suchten jene Allmacht, die Christus von Satan angeboten
wurde: Die Weltmacht!
Vorausgesetzt, der Empfänger betet den Versucher an. Christus
jedoch schickte den Verführer von sich. Denn
"Gott ist nicht die 'Macht an sich' ... Macht an sich ist böse . Der
'Allmächtige', das ist das Chaos, das Übel, das ist der Teufel ...
Dieser Rauschgedanke der Macht, das ist das Chaos, das
Tohuwabohu, das Gott ... nicht gewollt hat, als er den Himmel
und die Erde schuf." K. Barth „Dogmatik im Grundriss“
Wie Konstantin beriefen sich Justinian und später auch Hitler auf die
Vorsehung, die sie zur „Machtergreifung“ ermutigte. Was dabei
herauskam, wissen wir. 1941, als der „Verführer“ Hitler seinen
Großplan „Barbarossa“ startete, indem seine waffenstarrenden
Divisionen die Sowjetunion verbrecherisch überfielen, hob er, wie
zuvor der römische Imperator, die Hände himmelwärts:
„dass der Herrgott in diesem Kampf des kommenden Jahres uns
nicht verlassen möge, das soll unser Gebet sein.“ Christian Dube
„Religiöse Sprache in Reden Adolf Hitlers“
Justinian, von „seinem“ Gott inspiriert, verwüstet Italien
Die toleranten Ostgoten, die seit Generationen Italien regierten,
sollten bitter erfahren, was Überheblichkeit und Gemütsarmut der
Gewaltinhaber Menschen antun können. Sie waren zwar Christen im
besten Sinne des Wortes: Nur, als Arianer verweigerten sie Sol den
Gehorsam.
Das sollte ihnen übel bekommen. Typisch ist, alle Jahrhunderte
hindurch, schickten die schlimmsten Hetzer, die das Nicänertum
hervorbrachte die rüdesten Gebete zum Himmel hinauf: Behüte uns
vor denen, die dich, unseren trinitarischen Gott nicht lieben.
Noch im 16. Jahrhundert sprach König Philipp II. von Spanien - der dem
berüchtigten Haus Habsburg entstammte - :
„Niemand ist in unseren Landen seines Lebens sicher, der nur
ein Haar breit vom Glauben der römischen Kirche abweicht...“
Evangelische Kirchen-Zeitung 185484
Justinian begehrte, durch die geplante Wiedereinverleibung Italiens
ins Imperium, die Darstellung seiner eigenen Größe.
Im Sinne seiner Vorbilder Konstantin und Ambrosius von Mailand
hatte Justinian sich geschworen den Arianismus und mit ihm die
Arianer „mit Stumpf und Stiel“ auszurotten.
Selbst Justinian konnte indessen nicht leugnen, dass die Goten die
eroberten Landesteile gut regierten. Sie waren zwar nicht gerade
Freunde des Papsttums, aber auch nicht dessen Feind!
Die Arianer schlugen nur um sich, und zurück, wenn es darum ging ihre
Familien zu schützen.
Das muss betont werden.
Diktator Justinian suchte und fand seine Gelegenheit formalrechtlich
und zugleich kriegerisch gegen den auf Origenes ausgerichteten
Arianismus zu kämpfen.
Es sei nur eine Strafoperation , sagte er zu Beginn des Krieges. Die
ebenfalls arianischen Vandalen hätten in Nordafrika ihren ihm hörigen
König Hilderich abgesetzt. Dabei interessierten ihn die Gründe für die
Absetzung nicht.
Anmaßend fühlte Justinian sich als Schutzherr jener Territorien, die
einst Teil des großen Rom waren. Provozierend bestand er auf die
Wiedereinsetzung seines entmachteten Vasallen Hilderich. Die
Vandalen wiesen ihn ab.
Justinian schickte kaltblütige Generäle des Typs Belisar und Narses mit
ihren Truppen, um mit seinem „Christus-liebenden Heer" überall dort
die alte „Ordnung“, wo sie ihm bedroht schien, wiederherzustellen.
Er hatte Briefe von einigen erzkatholischen Priestern erhalten, die ihn
dringend ersuchten, auch in Italien massiv zu intervenieren, um den
„allein wahren Glauben“ zu retten, der von den Goten allerdings nie
attackiert wurde.
Auch die romanischen Großgrundbesitzer baten ihn einzugreifen, weil
die Arianer Gesetze zugunsten der kleinen Bauern erlassen hatten –
eine Art Bodenreform. Es war seitens der rechtschaffenen Goten eine
Bauernbefreiung gewesen, die den sehr Reichen… „alle Herrenrechte
entzog“…85
Eine kleine Notiz, die jedoch große Beachtung verdient, denn Christen,
wenn sie denn Christen sind - setzen sich entschlossen für das Recht
der Benachteiligten ein. Eben daran, dass sie Liebe für Unterlegene
haben, wird man die Seinen erkennen, sagte Jesus wieder und immer
wieder. Rechtschaffenheit sei ihr Kennzeichen.
Totila, der vorletzte König der Arianer,
„warf den Possessoren Italiens, den Mitgliedern des
senatorischen Adels vor“, dass sie „obwohl an der Herrschaft
beteiligt, die Byzantiner ins Land geholt hatten“ Ernst Pitz „Die
griechisch-römische Ökumene und die drei Kulturen des Mittelalters“
Die Situation weist eine fatale Ähnlichkeit mit den mitteleuropäischen
Ereignissen von 1967 auf: Die auf Machterhalt bedachte Sowjetunion
wollte ihre alte, volle Vorherrschaft in der Tschechoslowakei
wiederherstellen, die sie infolge des „Prager Frühlings“ verloren hatte,
weil Alexander Dubcek den Kreml-hörigen Generalsekretär Novotný
ablöste. Die Tschechen waren aus guten Gründen vom orthodoxen
Kommunismus abgefallen, wie zu Justinians Zeiten zahllose Italiener,
die zuvor als gute Katholiken galten und nun arianisch glaubten.
Die Sowjets bedurften eines „guten“ Grundes, um dort
einzuschreiten. Irgendwer mit Stimme aus diesem Ostblock-Land
musste sie um Hilfe bitten. Aus Reihen der über fünftausendköpfigen
Belegschaft der Skodawerke fanden sich schließlich etwa 100
Personen (zwei Prozent der Belegschaft) bereit, den Hilferufbrief an
den Kreml zu unterzeichnen. Der Rest lief - fast - „reibungslos“.
Um 550, nach siebzehn Kriegsjahren erringen die Heerscharen Kaiser
Justinians ihren Pyrrhussieg. Der Arianismus, und mit ihm die Goten
als einheitliche Volksgruppe, verschwinden im sechsten Jahrhundert
von der nun wieder ‚athanasianisch-christlich’ dominierten Bildfläche.
Später begegnen sie uns als Waldenser, Katharer und Vaudois, in den
Tälern der Alpen und der Pyrenäen, wo sie vermischt mit den ebenfalls
von Nicänern ungeliebten und vertrieben Bogumilen des Balkans,
jahrhundertelang Verfolgung erlitten. Und das, weil sie das
konstantinisch-„trinitarische“ des Nicänum ablehnten. Daraus folgte
stets, die „nichtgefährlichen“ Nicäner müssen die „Gefährlichen“
eliminieren. Lauter Perlen der Logik! 86
Papst Innozenz III. der auf dem 4. Laterankonzil 1215 ausdrücklich den
arianischen Tritheismus zugunsten des nicänischen Trinitarismus
verdammte, ordnete die systematische Vernichtung dieser „Ketzer“
an.
Das weite Italien stöhnte noch in seinen Tagen wegen der
schrecklichen Öde die Justinians Größenwahnsinn und Glaubenshass
verursacht hatte:
"Die Erschöpfung und das Elend Roms konnte zu keiner Zeit,
selbst nicht in der Periode des sogenannten Exils der Päpste zu
Avignon, größer sein als nach Beendigung des Gotenkriegs. Die
beste Apologie der Gotenherrschaft ist in Wahrheit das lange,
grenzenlose Elend, in welches Italien versank, nachdem das
Reich Theoderichs (das Reich des arianischen Gotenkönigs)
gefallen war." Ferdinand Gregorovius „Geschichte der Stadt Rom“
Sieger Belisar nahm Vitigis, den Hofstaat und den gotischen
Königsschatz mit nach Konstantinopel. Dort staunte Kaiser Justinian
über die schönen und hochgewachsenen Barbarengestalten.
Justinian tat, was er konnte.
Selbst die Großstadt Rom glich, nach der Umsetzung seiner Befehle,
einer Wüste:
„Zwar residierten die Päpste im Lateranpalast noch lange
danach mit einer Schar Eingeschworener inmitten von Ruinen
und hielten sich großspurig für die Sieger der Geschichte und
Retter des Christentums. Gespenstisch ging es zu. Wo einst 1
Million Bürger wohnten, hausten zwischen dem 6. und dem 14.
Jahrhundert nur noch ein paar tausend Leute. Dieser verlorene
Haufen hielt sich allerdings für den Nabel der Welt.“ Spiegel
Geschichte, Annette Bruhns - “Pest, Hunger und Schwert“
Er aber, der „Elite“-Nicäner, war stolz darauf, für den „dreifaltigen
Gott“ große militärische Siege errungen zu haben.87
Die Gottheit besteht aus drei wirklich existierenden Hochwesen
Origenes nennt sie „Hypostasen“, Joseph Smith „die Gottheit“.
Dem widerspricht das konstantinische Nicänum.
„Mormonen“ glauben tritheistisch.
Der 1. Glaubensartikel der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten
Tage steht sonderbarerweise nicht in der Kritik:
„Wir glauben an Gott, den ewigen Vater, u n d an seinen Sohn
Jesus Christus u n d an den Heiligen Geist.“
Daraus wird deutlich: Die Mitglieder der Kirche Jesu Christi der
Heiligen der Letzten Tage glauben, dass Gott Vater, Gott der Sohn und
Gott Heiliger Geist drei getrennten Persönlichkeiten sind, die jeder
eine menschliche Gestalt haben. Auch
„Origenes lehrte die Trennung Gott Vater - Gott Sohn - Gott
Heiliger Geist.“ Arbeitskreis Origenes.
Das wird nicht selten mit laxer Hand abgewiesen, ebenso die
„Mormonen-typische“ Lehre, dass Jesus Christus dem Vater
nachgeordnet ist.
„Kein Theologe vor der Entstehung des Arianischen Streits -
weder in der Ost- noch in der Westkirche - betrachtete den Sohn
nicht irgendwie als dem Vater untergeordnet.“ R. P. C. Hanson „The
Search for the Christian Doctrine of God“
Alle Intelligenzen sind von gleicher Natur – Unterschiede sind erst
durch den Fall entstanden
Joseph Smith lehrt, vom ewigen Gott inspiriert, wie der vorirdische
Luzifer (Lichtträger) teuflisch - teuflischer Gesinnung - wurde.
Offenbar ging es im großen Rat im Himmel um die Frage, wie Elohim,
der allein wahre Gott, seine Kinder, die darauf drängten, selbstständig
zu werden, heil zurück in seine Gegenwart bringen könnte.
Der hier folgende Artikel widerspiegelt die offizielle Lehre der Kirche
Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage:88
„Obgleich von einem einzelnen Rat die Rede war, fanden
vielleicht viele Versammlungen statt, in denen das Evangelium
gelehrt wurde und Beschlüsse gefasst wurden. Jesus und die
Propheten wurden in dem Rat vorordiniert. Der Erlöser sollte
eine zweifache Mission erfüllen, einmal die Menschheit vom
physischen und geistigen Tod erlösen, der durch den Fall Adams
herbeigeführt wurde und zweitens eine Erlösung herbeiführen
für Individuen, die ihre Sünden bereut haben. Zu einer
bestimmten Zeit fragte der Vater im Rat: „Wen soll ich senden
[als Erlöser]?“Jesus Christus, zu der Zeit bekannt als der große
ICH BIN und als Jehova, antwortete: „Hier bin ich, sende mich“,
und er war willig, den Plan des Vaters zu befolgen. (Moses 4:1-
4; Abr 3:27) Als Gegenmaßnahme bot Luzifer sich selbst an und
legte einen Abänderungsantrag für den Plan des Vaters vor, die
Menschheit zu retten, ohne die Entscheidungsfreiheit zu
respektieren. Der Ersatzvorschlag sah vor, den Teufel über den
Thron Gottes zu erheben. Die Antwort des Vaters war: „Ich will
den ersten senden.“ (nämlich Jehova), und Luzifer wurde Satan,
„der Teufel“. Eine Teilung zwischen den Geistern fand statt, und
keiner der Geister war neutral. (DS 1:65-66) Ein Kampf im
Himmel brach aus (Offb 12: 7-8), und ein Drittel der
Heerscharen, die Luzifer folgten, wurden hinausgeworfen. (Offb
12:4; LB 29:36) Diese aufrührerischen Geister zusammen mit
Luzifer wurden ohne einen sterblichen Körper auf die Erde
geworfen. (Offb 12:9; cf Jes 14:12-17) Der Prophet Joseph Smith
erklärte: „Der Streit im Himmel war: Jesus sagte, dass bestimmte
Geister nicht erlöst würden, und der Teufel sagte, er könne sie
alle erlösen und schlug seinen Plan dem großen Rat vor, der
dann Jesus Christus seine Stimme gab. So empörte sich der
Teufel gegen Gott und wurde mit all seinen Nachfolgern
hinabgeworfen. Der Himmlische Vater und die gläubigen Geister
im Himmel weinten darüber. (LB 76:25-29) Satan und seine
Anhänger kämpfen noch immer mit den Geistern , die als
sterbliche Wesen geboren wurden. (Offb 12:9) JOHN L. LUND Bible
Dictionary. „War in Heaven“. In LDS Edition of the King James Version of the Bible, p.
788. Salt Lake City, 1977.89
Noch einmal der Hinweis auf Origenes:
„Alle Logika (Engel, Menschen und Dämonen) sind von gleicher
Natur, ihre Unterschiede sind erst durch den Fall entstanden.“
„Die Religion in Geschichte und Gegenwart“ Handwörterbuch für Theologie und
Religionswissenschaft 3. Völlig neu bearbeitete Auflage Vierter Band Kop-O
Jeder konnte, kann und darf sich für oder gegen die Absichten des
allein wahren Gottes entscheiden, dann aber rächt das Kausalgesetz
die Fehlentscheidung.
Unglückliche und neidische Geister trachten danach, andere
unglücklich zu machen. Daraus resultiert die Macht des Zeitgeistes.
„Und ich, Lehi, muss nach dem, was ich gelesen habe,
notwendigerweise annehmen, dass ein Engel Gottes, nach dem,
was geschrieben steht, vom Himmel gefallen war; darum ist er
ein Teufel geworden, denn er hatte nach dem getrachtet, was
böse ist vor Gott.
Und weil er vom Himmel gefallen war und für immer elend
geworden war, trachtete er danach, die ganze Menschheit
ebenfalls ins Elend zu bringen.“
Buch Mormon 2. Nephi 2: 17 und teilweise 18
Die Geschichte der Menschheit ist weithin das unentwegte Bemühen
der Einen, Macht über Andere zu erlangen und, das Trotzen der
Unterlegenen.
Zwang ist höllisch
Entgegengesetzter Ansicht waren außer Justinian, Ambrosius, und
Damasus von Rom auch Männer wie Gregor der Große.
Anders als die heutige katholische Kirche akzeptierte der
konstantinische Gott dieses konsequent-engherzigen Nicäners und
Papstes Zwangsbekehrungen.
So schrieb Gregor um 600:
„Wenn ihr feststellt, dass die Menschen nicht gewillt sind, ihr
Verhalten zu ändern, so befehlen wir, dass ihr sie mit größtem
Eifer verfolgt...züchtigt sie mit Prügeln und Folter, um sie zur 90
Besserung zu zwingen… sie sollen durch strengste Kerkerhaft zur
Einsicht gebracht werden, wie es angemessen ist, damit jene, die
sich weigern, die Worte der Erlösung anzunehmen, welche sie
aus den Gefahren des Todes erretten können, durch körperliche
Qual dem erwünschten gesunden Glauben zugeführt werden.“
Henry, Charles Lea „Geschichte der Inquisition im Mittelalter“
Der „erwünschte Glaube“?
Dieser Glauben ließ Schrecklichstes zu, und das sollte so bleiben - bis
ins 20. Jahrhundert hinein.
Nicht nur die Aborigenes Australiens können ein schlimmes Lied
davon singen.
Nicht im finstersten Mittelalter, sondern noch im Juni 1858 wurde mit
dem Vertrag von Tianjin das besiegte China von den christlichen
Großmächten England, USA, Russland und Frankreich genötigt, den
Opiumhandel zuzulassen, um positive Handelsbilanzen zu erzielen.
Gleichzeitig erzwangen diese Nationen mit ihren das Geschehen
diktierenden frommen Leuten das „Recht“, die chinesische
Bevölkerung auf ihre Weise zu missionieren. Bitter ist die Erkenntnis,
dass der vom Opium betäubte Chinese alles akzeptierte, sogar den
europäischen Konstantinismus, der ihm als Christentum verkauft
wurde.
Dies berührt unmittelbar die Frage nach unserem Wesen. Wir sind
gemäß Origens Lehren und denen der Kirche Jesu Christi der Heiligen
der Letzten Tage einerseits radikale Egoisten und andererseits Engel.
Das Buch Mormon sagt:
„Denn der natürliche Mensch ist ein Feind Gottes und ist es seit
dem Fall Adams gewesen und wird es für immer und immer sein,
wenn er nicht den Einflüsterungen des Heiligen Geistes nachgibt
und den natürlichen Menschen ablegt und durch das Sühnopfer
Christi, des Herrn, ein Heiliger wird und so wird wie ein Kind,
fügsam, sanftmütig, demütig, geduldig, voll von Liebe und willig,
sich allem zu fügen, was der Herr für richtig hält, ihm
aufzuerlegen, so wie ein Kind sich seinem Vater fügt.“ Mosia 3: 19
Goethe dichtete sinngemäß dasselbe: 91
„ Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust,
Die eine will sich von der andern trennen;
Die eine hält, in derber Liebeslust,
Sich an die Welt mit klammernden Organen;
Die andre hebt gewaltsam sich vom Dust
Zu den Gefilden hoher Ahnen.“ Faust 1
Wir haben vergessen, dass wir aus den Gefilden hoher Ahnen
kommen. Nichtsdestoweniger bestätigt die Bibel diese Tatsache:
“Ich habe wohl gesagt: "Ihr seid Götter und allzumal Kinder
des Höchsten" Psalm 82: 6
Jesus selbst sagte:
„Steht nicht geschrieben in eurem Gesetz: "Ich habe gesagt:
Ihr seid Götter. So er die Götter nennt, zu welchen das Wort
geschah, und die Schrift kann doch nicht gebrochen werden...“
Johannes !0: 34
Wir sind göttlichen Geschlechts, Apostelgeschichte 17: 29 wenn auch der
„gottfeindliche“ Leib von der Erde kommt.
Götterwillen bricht man nicht.
Gott Elohim hat uns bereits zuvor eine Form gegeben. Wir sind seine
buchstäblichen Geistkinder, deshalb rufen wir ihn als unseren Vater
„im Namen Jesu Christi“ an.
Er sorgt sich um jeden:
„Die Seelen haben in den Augen Gottes großen Wert.“ Lehre und
Bündnisse 18: 10
Aber wir sollten folgendes nicht vergessen: Insbesondere der Gott des
Augustinus verzeiht nicht - oder nur ausnahmsweise. Er zwingt
Menschen wie die „ungetauften Gerechten“ in die „unverdiente“
Verdammnis.
Zusammenfassend stellen wir fest: In Ablehnung diesbezüglicher
Sichtweisen des Augustinus, Calvin und Luther verkündet die
wiederhergestellte Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in
zahlreichen Varianten:
„Er (Christus) kommt in die Welt, auf dass er a l l e Menschen
errette, wenn sie (lieber früher und hier, als später in der jenseitigen 92
Welt G.Sk.) auf seine Stimme hören wollen...“ Buch Mormon, 2. Ne 9 :
21
Dem Tenor nach lehrt die römisch-katholische Kirche, spätestens mit
Vatikanum II ähnliches, obwohl ihr Augustinus das leugnete.
„Hören-“ und Verstehenwollen gehen jeder Besserung unseres
Wesens voraus.
Wir können hin- oder weghören, und selbst wenn wir hinhören
müssen wir wählen. „Hören“ und Verstehenwollen gehen jeder
Besserung unseres Wesens voraus.
Lange Jahrhunderte vergingen, ehe Theologen für den Prozess der
Erlösung die Notwendigkeit des Verstehens (des Wissens um die
Prinzipien Gottes) einsahen. „Mormonisch“ gesagt:
„Es ist unmöglich, dass man als Unwissender errettet werden
kann.“ Lehre und Bündnisse Abschnitt 131: 6
Der Freiheitsgrundsatz kann von uns erst verinnerlicht werden, wenn
wir verstehen, was es bedeutet, in Unfreiheit zu leben. Wir lieben
unsere Freiheit: Dagegen mündet Satans Plan im eisenharten, kalten
MUSS. Das Herrische seines Geistes machte ihn zum Teufel.
Wo die Entscheidungsfreiheit fehlt, da kann zwar die Kirche des
Sonnengottes existieren, aber nicht die Gemeinde Christi.
Der katastrophale Verlauf der durch Konstantins Kirche verursachten
Geschichte bezeugt das buchstäblich tausendfach, weltweit.
Aus Fehlern zu lernen, lautet unser Auftrag.
Seit Konstantins diesseitiger Vergottung spielten böser Machtwille
und Missverstehen auf der Bühne des sogenannten Christentums ihre
verhängnisvolle Rolle: Überall.
Geblendet von Äußerem hielten gewisse Herrscher die goldleuchtenden Elemente in den kostspieligen Kirchen für den
Widerschein des wahren Evangeliums.
So wird in Russland der Tag der Taufe des Großfürsten Wladimir am
28. Juli 988 als Beginn der Christianisierung des Imperiums der Kiewer
Rus gleich gesetzt, obwohl offensichtlich ist, dass damals nicht
Einsicht, sondern die Knute entschied. Alle Menschen die des
Großfürsten Befehle empfingen, hatten wie er das Wasserbad zu
nehmen. Jede Art von Wollen wurde gebrochen, obwohl die Bibel 93
hunderte Verse kennt, die sich an unser Wollen und guten Willen
richten.
"Mit seiner Taufe erhielt (Wladimir)
den Taufnamen Basil. Nun wurde das
christlich-orthodoxe Bekenntnis zur
Staatsreligion. Große Teile des Volkes
wurden - gegen Widerstand, der
massiv unterdrückt wurde – noch im
selben Jahr… - getauft, die Heidenbilder in den Fluss Dnjepr geworfen.… .
Wladimir führte nun wegen seiner
überirdischen Schönheit den
byzantinischen Ritus und auch die
byzantinische Kultur in Russland ein: er
ließ Kirchen bauen, verbot das
Wikimedia Commons Wladimirs Untertauchung (Taufe)
Heidentum ...es entstand die für die Orthodoxie typische
Symphonia von Staat und Kirche... Da die Christianisierung als
Anordnung des Herrschers empfunden wurde, lebten in der
bäuerlichen Bevölkerung ... alte heidnische Bräuche noch lange
weiter.“ "Ökumenisches Heiligenlexikon"
Darf man das, was da im Sommer 988 in Russland - und längst zuvor
in Mitteleuropa vielerorts – passierte, als Sieg der Freiheit und der
Wahrheit feiern?
In meiner Heimatstadt Wolgast gibt es einen gusseisernen Brunnen
mitten in der Stadt: Er zeigt historische Bilder: Bischof Otto von
Bamberg, als milder, kluger Mann gepriesen, tauft 1128 die Einwohner
der alten Herzogstadt.
Unübersehbar: Das Schwert in der Hand eines Soldaten unmittelbar
neben der Taufszene. Ohne seine Schärfe wäre die Bevölkerung nicht
binnen weniger Tage „bekehrt“ worden, denn sie liebten ihren
Glauben an Jarowit, der vermutlich hinter einem weißen Vorhang im
Allerheiligsten wohnte. Vor der „Bekehrung“ kannten die Bewohner 94
der alten Herzogstadt keine Türschlösser! Deutlich erkennbar die
Pervertierung des Begriffes Bekehrung.
Foto: eigenes Archiv
Um 1780 schildert Charles F. Ph. Masson, ein Mann mit Augenmaß,
welche Früchte Wladimirs Religion noch acht Jahrhunderte nach der
„Christianisierung“ der Kiewer Rus, trug:
"Der Russe hat an nichts Interesse, weil er nichts besitzt... er lebt
ohne Vaterland, ohne Gesetze, ohne Religion... er hat noch gar
keinen Grund, die Scholle, auf die er gefesselt ist, zu verlassen
(er kann es sich nicht vorstellen....) Er hasst alle Arbeit, weil er
niemals für sich gearbeitet hat; er hat daher auch noch keinen
Begriff von Eigentum. Seine Felder, seine Habseligkeiten, sein
Weib, seine Kinder, er selbst gehören einem Herrn, (- einem
„christlichen“ Herrn, G. Sk.-) der in Willkür darüber schalten kann,
und es auch wirklich tut...“ "Geheime Nachrichten über Russland unter der
Regierung Katharinas..." Paris, 180095
Masson findet allerdings auch Ursache für Lob. Der damalige
Moskauer Erzbischof Platon, Direktor der Akademie, sei ein Mann
voller Verstand und Beredsamkeit. Er sei einer, der alles versuchte,
was in seiner Macht stand, um sein Volk zu erheben.
Masson berichtet: Bis in seine Gegenwart hinein bedeutete das
Christentum in Russland - selbst in Kreisen der Gebildeten - nichts als
eine Art Götzendienst.
"Außer einem geweihten Amulett, das jeder Russe von der Taufe
an, bei der er es bekommt, am Halse trägt und nie ablegt, hat er
gewöhnlich noch ein Bild von Kupfer in der Tasche, das den
Heiligen Nikolaus oder einen anderen Heiligen, der sein Patron
ist, vorstellt. Er nimmt es mit auf Reisen. Nichts ist sonderbarer,
als wenn man einem Bauern oder Soldaten zusieht, wie er seinen
kleinen Gott aus der Tasche zieht, darauf spuckt, ihn mit der
Hand reibt, und sich plötzlich vor ihm auf die Erde wirft,
hundertmal das Zeichen des Kreuzes macht, die tiefsten Seufzer
ausstößt und seine 40 "Gospodi pomiloi" (Gott sei mir gnädig)
hersagt. Ist das Gebet zu Ende, so tut er den Gott wieder in die
Büchse und steckt sie in die Tasche..." ebenda
Natürlich gab es zu allen Zeiten und in allen Religionen der Welt
Priester und Gläubige, die den tieferen, edlen Sinn ihres Glaubens
fanden: Wahrhafte Christen und wahrhafte Muslime, Hindus,
Buddhisten... Männer wie Dietrich Bonhoffer oder Mahatma Gandhi,
wie der Franziskanerpater Maximilian Kolbe...
Frauen wie Sophie Scholl oder Edith Stein...
Das Gegenteil des russischen Volksaberglaubens erlebte ich selbst:
Ich werde ihn nie vergessen, diesen etwa dreißigjährigen,
hünenhaften Goten im Gewand eines russisch-orthodoxen Priesters,
1972 in Leningrad (heute St. Peterburg). Sein junges, weißes Gesicht,
der ganze wunderbare Ausdruck seiner Persönlichkeit. An diesem
Herbstmorgen wollte ich ihn ein zweites Mal sehen und bin früh
aufgestanden, um ihn vor dem Morgenausflug unserer Reisegruppe in
seiner Kirche sprechen zu hören.
Aber was es ja bei den Orthodoxen nicht gibt, dort wird herrlich
gesungen und innig gebetet. Ein hakennasiger Sechziger, der ein 96
Intellektueller sein mochte, mit langem, schmalen Gesicht und einer
gewissen Hoheit, kam mit anderen Besuchern nach vorne. Der junge
Priester nahm ihn unter die Stola und gab ihm, wie ich vermute, einen
Segen. Beider Mienenspiel bewies mir ihre ganze Ergebenheit
gegenüber Gott.
In Moskau bewunderte ich ein Jahr später die schlichte, einfarbige,
aber ergreifende Deckenmalerei eines Künstlers, der in der
Epiphanien-Kathedrale eine Geschichte aus dem JohannesEvangelium in einem Zyklus darstellte. Es war die Atmosphäre, die
mich ansprach: Die Jahreszahl 1922 sagte mir, dass in der bittersten
Zeit der Nach-Revolution einem bewundernswerten Künstler und
Gläubigen dieses Bild wichtiger war als alles in seinem Umfeld.
Hingebungsvoll erzählt der Maler, wie Jesus zum Jakobsbrunnen geht
und eine Frau anspricht, die fünf Männer gehabt hatte und die nun
unverheiratet mit dem sechsten zusammenlebte, was Jesus wusste.
Ihr Erstaunen: „Wie kannst du als Jude mich, eine Samariterin, um
Wasser bitten”, beschwichtigte Jesus beeindruckend:
„Wer von diesem Wasser trinkt, wird wieder Durst bekommen;
wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, wird
niemals mehr Durst haben; vielmehr wird das Wasser, das ich
ihm gebe, in ihm zu einer Quelle werden, deren Wasser ins ewige
Leben fließt. Joh. 4: 14 Einheitsübersetzung
All das fand hier seinen schönsten Ausdruck.
Es lässt jedoch nicht die ungenießbaren Früchte vergessen, die auf
dem Baum der Zwangschristianisierung – und das nicht nur in den
Weiten Russlands - wuchsen. Unter den ausgespannten Flügeln einer
Religion, die sich golden kleidete, herrschte lange Unwissenheit und
graues Elend.
Alle Seelen - alle Auferstandenen - werden im Weltgericht vor Gott
stehen
Wenn man auf Spekulationen angewiesen ist, kommt eins zum
anderen. Besonders die evangelische Theologie hat mit dem Thema
„Seele“ ihre Probleme. 97
„Seele“ sei ein Gefühl, meinen nicht wenige protestantische
Meinungsbildner. Folglich scheuen sie, Begriffe wie „Teufel“ und
„Hölle“ zu betrachten, weil sie deren Existenz grundsätzlich
anzweifeln.
Aber vom Standpunkt der reinen Vernunft gilt: Wenn wir nicht
unsterbliche, vor Gott in der Verantwortung stehende, höchst
unterschiedliche „Seelen“ sind, dann ist alle Religion Mumpitz.
Weil sie unsicher sind, klammern moderne Theologen ganze
Komplexe ursprünglicher Lehre schlichtweg aus.
Frau Prof. Dr. Lucia Scherzberg bestätigt den Trend:
„Bestimmte S c h l ü s s e l t e r m i n i fallen weg: Richter,
Vergeltung, Lohn, Rache, Strafe, Gnade, Seele, Todsünde. Die
Prediger distanzieren sich nicht offensiv von solchen Begriffen,
sondern sie lassen sie stillschweigend weg.“ 'Tod und Auferstehung'
Doch erst seit etwa dem 19. Jahrhundert haben evangelische
Theologen zunehmend mit dem altchristlich-jüdischen Begriff
„Intelligenzen“, bzw. „Seele“ ihre Schwierigkeiten.
Mehr als eintausend Worte benötigt „online-Dogmatik evangelischer
Glaube“, um unglaubwürdig zu sagen, was unter „Seele“ zu verstehen
sei: Es gibt keine „unsterbliche“ Seele!
Der Mensch, wenn er stirbt, sei „ganz und gar tot“.
Woher wissen die Verfasser das?
Für die Ganz-tot-Idee spricht nicht der geringste Beweis.
Millionen wissen etwas.
Ihre Erkenntnisse, die aus außerkörperlichen Erfahrungen stammen,
entwerten diesbezügliche Erläuterungen der „online-Dogmatik
evangelischer Glaube“.
Was dieser exklusive Personenkreis berichtet, ist vernünftig.
Mit wenigen, aber deutlichen, Worten schildern sonst „Normale“
übereinstimmend, dass und wie sich die „Seele“ während einer
gewissen Situation vom Körper löst.
Im Buch Mormon werden zwei Fälle außerkörperlicher Erfahrung
geschildert, die mit denen der Heutezeit vergleichbar sind, beide mit
weittragenden Erkenntnissen. Alma 36, sowie die Kapitel 39-42 und Alma 1998
Felix Gietenbruch lic. theol. VDM liest seinen „ungläubigen“ Kollegen
die Leviten:
„Im Protestantismus hat sich die kümmerlichste aller
Jenseitsvorstellungen durchgesetzt, nämlich, dass der Mensch,
wenn er stirbt, mausetot ist und dann vielleicht nach einem
Zeitraum von unbestimmter Länge am Jüngsten Tag, an den
auch niemand mehr glaubt, wieder durch einen Akt der
Neuschöpfung auferweckt wird, um dann gerichtet zu werden.
Das ist alles so absurd wie nur möglich und verkennt schon die
Tatsache, dass zum persönlichen Leben die Kontinuität der
Persönlichkeit und die lebendige Entwicklung gehört. ... Die
Kirche ist offenbar weitgehend den Angriffen der zweiten
Aufklärung erlegen. Sie hält immer noch die materialistische und
positivistische Wissenschaft des 19. Jahrhunderts für den
höchsten Stand der Wissenschaftlichkeit ... Die deutschen
Kirchen sind über den Vorwurf, eine opiatische Jenseitsreligion
zu sein, so erschrocken, dass sie in das Gegenteil verfallen sind.“
Studien zur systematischen Theologie und Ethik „Höllenfahrt Christi und
Auferstehung der Toten“
online-Dogmatik evangelischer Glaube“, sagt jedoch zutreffend:
„Gott gedenkt (derer, die starben), dass er (sie) weiterhin kennt,
dass er sie nicht vergisst und sie aus der Beziehung zu ihm auch
nicht entlässt. ... ein jeder wird vor seinen Schöpfer gestellt, um
ihm Rechenschaft zu geben.“
Doch in Kombination zum zuvor dargelegten Text, bedeutet das: Nach
evangelischem Glauben bewahrt Gott alles Tun und Lassen sämtlicher
Menschen „in sich“. „Gott ruft, - wie die Zeugen Jehovas sagen
würden, die „Verstorbenen aus den Gedächtnisgrüften“ - irgendwann
heraus, gemäß seiner Erinnerung. Welch unvorstellbare Leistung.
Die Rede: „Bei Gott ist nichts unmöglich“, greift nicht.
Gott kann nicht alles!
Schon die alten Juden fragten: „Kann Gott einen Stein so schwer
machen, dass er ihn nicht mehr aufheben kann?“ Talmud
Gott kann und wird niemals sein Wort brechen!
Gott kann nicht die Bosheit in sich bewahren, die wahrscheinlich mehr
als die Hälfte aller Geschichte ist!99
Armer Gott, wenn er das müsste! Es leben jetzt knapp 8 Milliarden
Menschen, und in den letzten 6.000 Jahren lebten weitaus über 100
Milliarden. All den Wahn, den sie hegten, ihre Kümmernisse und
Bosheiten, bewahrt er, und soll doch glücklich auf höchster Stufe sein?
Wozu überhaupt dieser Aufwand der Konservierung des Bösen an
sich, wenn Er die Bösen dann doch nur, und zwar sehr, sehr in die
Länge gezogen, vernichtet?
Und wo bleibt da die Barmherzigkeit?
Welcher irdische Vater könnte jemals ruhig schlafen, wenn auch nur
eins seiner Kinder unheilbar leidet?
Zu Luthers Zeiten hieß es absolut brutal:
„(Es) wird gelehrt, dass unser Herr Jesus Christus am Jüngsten
Tag kommen wird, um zu richten und alle Toten
aufzuerwecken, den Gläubigen und Auserwählten ewiges
Leben und ewige Freude zu geben, die gottlosen Menschen
aber und die Teufel in die Hölle und zur ewigen Strafe
verdammen wird. Deshalb werden die verworfen, die lehren,
dass die Teufel und die verdammten Menschen nicht ewige
Pein und Qual haben werden.“ XVII. Artikel des Augsburgischen
Bekenntnisses
Origenes eben so wie Joseph Smith belehrten uns eines Besseren:
Jeder bewahrt in seiner Seele die eigene, ganze Geschichte! Unser
Rückblick wird uns da und hier erschüttern, doch nun greift Gottes
Gnade: Jeder muss
„durch das Läuterungsfeuer im Hades (gehen. Niemand wird ewig
in ihm verbleiben). (Auch bei J. Smith ist Hades die Geisterwelt). ... Die
Bibel (lässt es) aus pädagogischen Gründen als ewige
Verdammung erscheinen, tatsächlich (aber) besteht es in einer
zeitlich begrenzten qualvollen Gewissenspein.“ „Die Religion in
Geschichte und Gegenwart“ Handwörterbuch für Theologie und
Religionswissenschaft 3. Völlig neu bearbeitete Auflage Vierter Band Kop-O
Buch Mormon Alma 36: Drei irdische Tage hindurch befand sich Alma der Jüngere in
der ewigen Hölle, die er als äußerst qualvoll erlebte.
Das leuchtet ein. 100
Zudem entfällt nach protestantischer Betrachtungsweise die gut
katholische und ebenso „mormonische“ Überzeugung seitens
moderner evangelischer Lehrer, dass es eine Auferstehung des
Fleisches gibt („mormonisch“: eine nie wieder aufzulösende Verbindung von
Geist und Urstoff)
Es scheint, dass Luthers Höllenvorstellungen denen eines nachnicänischen Papstes nur schwach widersprechen:
"... Gregor der Große hatte behauptet, dass die Seligkeit der
Erwählten im Himmel nicht vollkommen sein würde, wenn sie
nicht über den Abgrund blicken und sich an der Angst ihrer
Mitbrüder im ewigen Feuer erfreuen könnten. Diese
Gedanken teilte das ganze Volk (G.S. weil es stets diese
tendenziösen Predigten hörte, die es gefügig machen sollten). Petrus
Lombardus (scholastischer Theologe, Leiter der Kathredalschule von
Notre Dame in Paris und dann Bischof von Paris) ... führt den
heiligen Gregor b i l l i g e n d an und verweilt lang und breit
bei der Genugtuung, welche die Gerechten empfinden werden
über das unaussprechliche Elend der Verdammten. Das
mystische Zartgefühl hinderte sogar Bonaventura (den
berühmten General der Franziskaner und Kardinal) nicht, dasselbe
schreckliche Frohlocken zu wiederholen." Henry Charles Lea
„Geschichte der Inquisition im Mittelalter“
Ja, wir sind verlorene Seelen, aber Jesus von Nazareth will und wird
uns herausholen aus der Verlorenheit, - wenn wir wollen.
Nicht für den Bruchteil einer Sekunde sind wir nicht-existent! Wenn
wir sterben, ziehen wir, wie die Apostel erklärten, nur unseren
„Mantel“ aus, wir verlassen lediglich das „Zelt“ 2. Petr. 1
Wir gehen in die Geisterwelt, (das Paradies, oder griech. Hades) und
mit uns unsere Lebensläufe. Jesus predigte den Geistern, die zu Zeiten
Noah nicht glaubten:
„Sintemal auch Christus einmal für unsre Sünden gelitten hat,
der Gerechte für die Ungerechten, auf dass er uns zu Gott führte,
und ist getötet nach dem Fleisch, aber lebendig gemacht nach
dem Geist. In demselben ist er auch hingegangen und hat
gepredigt den G e i s t e r n im Gefängnis.“ 1. Petrusbrief 3:18-19101
Er ging in den Hades, um die dafür schon bereiten „Seelen“
herauszuholen:
Ein Märtyrer - oder ein Mensch der
irgendwann Christ wurde - begibt sich in die
Geisterwelt. Bild: "2000 Jahre Christentum" Stemberger
In z.Zt. nicht zugänglichen Räumen der ältesten, längst
überbauten, Kirche San Giovanni in Laterano, Rom befindet
sich dieses Gemälde.
Übrigens, man sehe sich das angrenzende, metertiefe,
riesige Taufbecken an!
Beachte die Gammadiahaltung der Arme, wie sie auch
unübersehbar auf Mosaiken des Arianertempels zu
Ravenna (um 500) erscheinen.
Viele Jahrhunderte (!) hindurch blieb die Erkenntnis lebendig, dass
Jesus in die „Gefängnis“-Sphäre ging (aber nicht ins Höllenfeuer), um
die Gefangenen herauszuholen. Zu den interessantesten Bildern, die
uns vor Augen stehen, gehört dieses:
Im Buch Mormon wird
zweimal erwähnt, dass
Christus in die Welt kommt,
auf dass er a l l e Menschen
errette,... die der F a m i l i e
Adams angehören 2. Nephi 9:
21 und Mormon 3: 20
Darunter versteht die
Kirche Jesu Christi der
Heiligen der Letzten Tage
unmissverständlich die
Angehörigen sämtlicher
heute lebenden Menschengruppen („-rassen“). Er wird
ausnahmslos alle Menschen
erlösen, wenn sie - aus
eigenem Entschluss - auf
Bild: Daniel Peterson (Mormon FAIR)102
seine Stimme hören (d.h. wenn sie seinen Ratschlägen folgen, wie
Retter Verunglückter erwarten, dass die sonst Verlorenen ihren
Weisungen nachkommen.) Der komplette Text lautet:
Und er (Christus) kommt in die Welt, auf dass er a l l e Menschen
errette, w e n n sie auf seine Stimme hören werden; denn siehe,
er erleidet die Schmerzen aller Menschen, ja, die Schmerzen
jedes lebenden Geschöpfes, sowohl der Männer als auch der
Frauen und Kinder, die der Familie Adams angehören.
Und er erleidet dies, damit die Auferstehung a l l e n Menschen
zuteil werde, damit a l l e am großen Tag, am Tag des Gerichts,
vor ihm stehen können.
Und er gebietet a l l e n Menschen, dass sie umkehren müssen
und sich in seinem Namen taufen lassen und vollkommenen
Glauben an den Heiligen Israels haben, sonst können sie nicht im
Reich Gottes errettet werden.“ 2. Nephi 9 21-23
„... und sich in seinem Namen taufen lassen – oder dann anerkannt
stellvertretend taufen lassen...“
Die „Zugehörigkeit zur Familie Adams“ wiegt.
Die doppelte Erwähnung verweist auf voradamitische Epochen und
Kulturen.
Bei Origenes sind wir „die Logika“, bei Joseph Smith „Geistkinder
Gottes“. Wir sind „Intelligenzen“. (Damit wird nicht bestritten, dass Tiere
auch zu intelligenten Leistungen fähig sind.)
Unser Bewusstsein hat weder Anfang noch Ende. Seit Ambrosius von
Mailand und Augustinus von Hippo steht dieser Lehrsatz in Frage,
gestrichen hat ihn Kaiser Justinian 543.
Großkirchliche Theologie weiß es seither nicht mehr.
Joseph Smith konnte es ebenfalls nicht wissen, wäre es ihm nicht
offenbart worden. Danach schrieb er:
„.. wenn es zwei Geister gibt, und der eine ist intelligenter als der
andere, so haben diese zwei Geister doch, obwohl der eine
intelligenter ist als der andere, keinen Anfang; sie haben zuvor
existiert, sie werden kein Ende haben, sie werden hernach
existieren, denn sie sind n-olam oder ewig. Köstliche Perle Abraham
3: 18103
„Wenn in der christlichen Theologie von "ewigem Leben"
gesprochen wird, dann wird dort der Begriff nicht konsequent
verwendet. "Ewig" ist konsequent gedacht nicht nur ohne Ende,
sondern auch ohne Anfang. Arbeitskreis Origenes
Gott Elohim gab uns „Unerschaffenen“ im vorirdischen Dasein eine Form!
So wurden wir seine Kinder – im ersten Stand. Abraham 3: 22
Im zweiten Stand - im Leben auf dieser Erde – sollen wir das
Kindheitsverhältnis zu Christus erwerben:
„Er kam in sein Eigentum, aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.
Allen aber, die ihn aufnahmen, gab er Macht, Kinder Gottes zu
werden. Joh 1: 11-12
Im Buch Mormon heißt es:
„Und wegen des Bundes, den ihr gemacht habt, sollt ihr nun die
Kinder Christi genannt werden, seine Söhne und Töchter, denn
heute hat er euch geistig gezeugt... darum seid ihr aus ihm
geboren.“ Mosia 5: 7
Christen der ersten Jahrhunderte lebten mit diesem Verständnis.
Unser Endziel sollte uns immer vor Augen stehen: Wenn du dem Geist
und Licht Christi folgst und seine Gebote hältst, dann kannst du durch
Tugenderwerb - unter Einsatz deiner Talente - und durch
Inanspruchnahme des dir gewährten Rechtes auf Entscheidungsfreiheit und durch seine Gnade ein Gott werden... denn du bist
„göttlichen Geschlechtes“.
Selbst die Israeliten, insbesondere die Kabbalisten glaubten daran:
Sie brachten es auf den Punkt:
„...Jeder gute... Gedanke und jedes ebensolche Tun zeugt
unverlierbare geistige und reale Energien (bis zur) Veredlung
und Emporhebung in die reinen Höhenregionen, (tätig) an der
immer fortschreitenden Vergottung.“ Erich Bischoff „Kabala“
Dieser Aspekt hat für Origenes und Joseph Smith höchste Bedeutung.
„Jeglicher Grundzug der Intelligenz, den wir uns in diesem Leben
zu eigen machen, wird mit uns in der Auferstehung
hervorkommen. Und wenn jemand in diesem Leben durch seinen
Eifer und Gehorsam mehr Wissen und Intelligenz erlangt als ein 104
anderer, so wird er in der künftigen Welt um so viel im Vorteil
sein.“ Lehre und Bündnisse 130: 18-19
Nichts, außer dem Sühnopfer Christi, hat mehr Gewicht.
Weitere Hinweise - unsere „Seelen“ betreffend - sind bemerkenswert.
Ein Midrasch rabbinischer Tradition lautet:
„Sieben Dinge gingen der Erschaffung der Welt voraus, nämlich
die Thora, die Buße, das Paradies (die Welt der Geister), die
Gehenna (Ort an dem Geister der Verstorbenen leiden), der Thron der
Herrlichkeit, der Tempel und der Name des Messias.“ Arbeitskreis
Kirche und Israel, Hessen
Der jüdische Religionsexperte Dr. phil. Kurt Wilhelm sagt:
„Der alte Israelit glaubte an irgendeine Fortsetzung dieses
irdischen Lebens nach seinem Tode. Er wusste von scheol, das
dem Leben auf Erden folgt, und er wusste, wer ins scheol hinab
sank, war wohl, „auch wenn die ältesten Bücher der Bibel keine
bestimmten Vorstellungen von der Unsterblichkeit und vom
Leben nach dem Tode vermitteln,“ abgeschnitten vom Leben,
aber deshalb musste er nicht jedes Daseins bar sein... Die Fragen
der persönlichen Unsterblichkeit und der P r ä e x i s t e n z und
des Fortlebens der Seele werden mit der Ewigkeit des jüdischen
Volkes selbst verwoben. Alle Seelen, die je und je in einen
jüdischen Körper eingehen werden, so heißt es in einem
Midrasch, haben am Sinai gestanden und sind dort in den
ewigen Verbund zwischen Gott und Israel eingetreten. „Wir
Juden sind also vom Sinai her beim Vater“,... „Wir leben ewig“,
mit diesem Gesang gingen Juden in die Gaskammern.“ „Jüdischer
Glaube“
Dies korrespondiert mit einem Wort aus dem Hebräerbrief:
„An unseren Vätern hatten wir harte Erzieher, und wir achteten
sie. Sollen wir uns dann nicht erst recht dem Vater der Geister
unterwerfen und so das Leben haben?“ Kap. 12: 9 Einheitsübersetzung
Daraus resultiert die Erkenntnis, dass alle Menschen (nach Adam) „aus
den Gefilden hoher Ahnen“ (Goethe, Faust I) stammen, ob sie Weiße oder
Schwarze sind. 105
Goethe, der große Denker, bekräftigte diese Überzeugung noch
einmal kurz vor seinem Tod. Am 11. März 1832 sagte er im Gespräch
mit Eckermann:
„...Diese plumpe Welt aus einfachen Elementen zusammenzusetzen und sie jahraus jahrein in den Strahlen der Sonne rollen
zu lassen, hätte ihm sicher wenig Spaß gemacht, wenn er nicht
den Plan gehabt hätte, sich auf dieser materiellen Unterlage
eine P f l a n z s c h u l e für eine Welt von Geistern zu gründen.
So ist er nun fortwährend in höheren Naturen wirksam, um die
geringeren heranzuziehen. Goethe schwieg. Ich aber bewahrte
seine großen und guten Worte in meinem Herzen.”
Schiller hat es wahrscheinlich ebenfalls empfunden. In seiner Ode an
die Freude bringt er das zum Ausdruck: „Brüder, über‘m Sternenzelt
muss ein lieber Vater wohnen.“
“Präexistenz meint, dass wir als handlungsfähige geistige
Wesen schon vor unserer Geburt existierten... In dieser
Vorexistenz haben wir uns alle eigenverantwortlich von Gott
entfremdet... Ich denke, heute wird uns mehr und mehr bewusst,
dass auch das christliche Abendland neu darüber nachdenken
muss.“ Felix Gietenbruch lic. theol. VDM „Höllenfahrt Christi und Auferstehung der
Toten - Ein verdrängter Zusammenhang“ Reihe: „Studien zur systematischen
Theologie und Ethik“
„Nach der Lehre Adams ist jeder Mensch Adam und ist aus der
Sphäre des Paradieses gefallen..." Felix Gietenbruch: „Der Sündenfall, ein
sinnvoller Mythos“ Kirchenbote lokal, 2008
Das ist, sinngemäß, „mormonischer“ Tempeltext!
Es ginge den Menschen und der Theologie besser, wenn sie
zurückkehrten zum Ursprung.
„Aus vielen Zeugnissen geht hervor, dass außer Origenes auch
andere bedeutende frühchristliche Theologen, Philosophen und
Kirchenlehrer - so zum Beispiel Justinus, der Märtyrer (100-165),
Tatian (2. Jhd.), Clemens von Alexandria (150-214), Gregorios
von Nyssa (334-395), Synesios von Kyrene (370 413) ... der
Bischof Nemesios von Emesa (um 400-450) glaubten, dass die 106
Seelen der Menschen schon vor der Entstehung der materiellen
Welt vorhanden waren.“ Der Katharer www.thorstenczub.de
Hildegard von Bingen wusste es durch Offenbarung: „Die Seele
stammt vom Himmel, der Leib von der Erde; die Seele wird durch
den Glauben, der Leib aber durch das Sehvermögen erkannt.“
Dr. Beat Imhof, 'Wegbegleiter' Nr. 3/2006 zitiert Hildegard (1098-1179)
„Das Passah ist das Aramäische pacach (paw-sakh) und
bedeutet soviel wie 'hinüber gehen'. … Im Ursprung war das
'Hinübergehen' die Bedeutung des Hinübergehens des
Menschen aus seinem fleisch(lichen) Körper hinüber in die
körperlose 'Welt', die Heimat der Seele. Dieses Hinübergehen
ist im Buche Exodus (Shemoth) der Juden als der 'Auszug der
Seele aus dem fleischlichen Körper' in dieser Welt in die
fleischlose Welt der Seele als Parabel niedergeschrieben, aber
das Thema kehrt auch in vielen anderen Geschichten der Thora
als Parabel auf. ... Symbolik ist eine Sprache, welche auch durch
die Begriffe in den gesprochenen Sprachen ausgedrückt wird.
So ist das 'über den Jordan gehen' dieselbe Symbolik wie das
Passah. Das Yardana, Jordon, ist im Aramäischen 'der Strom
oder Fluss des Lebens'. Abseits des Streites der Theologen kann
man allein in der Aramäischen Sprache Mosaiksteine finden, für
ein Bild, das es erlaubt, auch das Bewusstsein der Menschen
besser nachvollziehen zu können. So bedeutet im Aramäischen
'Bit Nitupta' das 'Haus der Präexistenz'..“ Volker Doormann, ‘PhilTalk
Philosophieforen’ Thema „Präexistenz und zur Passah Symbolik“
Erst mit der Lehre von der Präexistenz macht die Eingangs-Aussage
des Epheserbriefes Sinn. Paulus singt nämlich ein Loblied auf den
Heilsplan Gottes:
“Gepriesen sei der Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus…in
ihm hat er uns erwählt, vor der Erschaffung der Welt...“
Christus wusste seit unserem vorirdischen Dasein, wer ihn und sein
Werk diesseits lieben wird. Jede andere Deutung verleitet zu eher
inhumanem, spekulativen Denken im Sinne von Augustinus, der die
Idee der „Vorbestimmung“ (Prädestination) zum Nachteil Millionen
Gläubiger unberechtigt ins christliche Lehrgebäude einfügte. 107
Erfreulich ist es, in diesem Zusammenhang, das „Perlenlied der
Thomas-Akten“ zu betrachten: Apostel Thomas,
„der Zwillingsbruder des Christus, der Miteingeweihte in das
verborgene Wort des Gesalbten (Christus)“, schildert die
Situation aus der wir auf die Erde kommen: „Als ich ein
kleines Kind war“ (nämlich in meinem vorirdischen Leben G.Sk.)
„und im Reich meines Vaters wohnte und am Reichtum und
der Pracht meiner Erzieher mich ergötzte, sandten mich
meine Eltern aus dem Osten, unserer Heimat, mit einer
Wegzehrung fort ... Wenn du nach Ägypten hinabsteigst und
die Perle (findest und wieder-) bringst, die im Meere ist, das der
schnaubende Drache umringt, sollst du dein Strahlenkleid
wieder anziehen...“ das du hier in deinem vorirdischen
Elternhaus zurückgelassen hast und dessen erneuten
Besitzanspruch du mit deinem Perlenfund erworben hast...
„wirst du mit deinem Bruder, unserem Zweiten, (Christus) Erbe
in unserem Reich werden.“...
K. Beyer, kommentiert hier in Übereinstimmung mit den Lehren der
Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage das „Syrische
Perlenlied“:
„Die Botschaft des Liedes lautet: Die unsterbliche menschliche
Seele göttlicher Herkunft darf sich erst dann endgültig vereinen
mit ihrem unvergänglichen geistigen Leib, der gleichfalls von
Gott abstammt, aber immer bei ihm bleibt, wenn sie zuvor auf
der Erde in einem vergänglichen fleischlichen Leib und in
feindlicher Umgebung mit göttlicher Hilfe Selbsterkenntnis
erlangt und mutig die ihr von Gott gestellte Aufgabe erfüllt hat.
Das ist eine synkretistische Religion in der Nachfolge Platons, die
sich leicht mit der christlichen Ethik verbinden lässt. Ihre Bilder
teilt sie mit der Gnosis und den anderen antiken
Erlösungsreligionen, ohne dass man sicher sagen kann, wer sie
von wem übernommen hat. Das führt schließlich zu der Frage,
ob der gnostische Anteil am spätantiken Synkretismus wirklich
so hoch ist, wie meist angenommen wird. Denn, dass der
Mensch die Erde als Fremde empfindet, ist ein weit verbreitetes 108
Lebensgefühl…” W. Rebell, Lehrbuch "Neutestamentliche Apokryphen und
Apostolische Väter"
In vielen Sprachen der Welt klingt es ähnlich:
„Daher ist derjenige, der Gnosis (in diesem Fall „Selbsterkenntnis“) durch
Offenbarung hat, einer, der von „oben“ stammt. Wenn man ihn
ruft, hört er, antwortet er und wendet sich zu dem, der ihn ruft,
steigt zu ihm empor und erkennt, wie man ihn ruft. Da er Gnosis
hat, vollbringt er den Willen dessen, der ihn gerufen hat... Wer
so zur Erkenntnis gelangen wird, erkennt, woher er gekommen
ist und wohin er geht. Er erkennt wie einer, der trunken war und
von seiner Trunkenheit abließ; er brachte das Seine (wieder) in
Ordnung, nachdem er zu sich selbst zurückgekehrt war... Die
wahre Gotteserkenntnis beginnt mit der Erkenntnis des
Menschen als eines gottverwandten Wesens...” K. Rudolph, “Die
Gnosis”
Diese Einsichten wurden, nach Nicäa, Schritt für Schritt, gezielt oder
nicht, in die Vergessenheit gestoßen, als seien sie Ballast ohne Wert!
Wie rasant und geradezu zielgerichtet es vor sich ging, zeigen Männer
wie Ambrosius von Mailand und Justinian. Dem Gott Abrahams, Isaaks
und Jakobs bedeutete das Menschenrecht auf Entscheidungsfreiheit
alles, Konstantin und Damasus, sowie Ambrosius und Justinian
dagegen nichts. Sie entfalteten kriminelle Energie ungeahnten
Ausmaßes, um Religionsfreiheit und Individualrecht vom Erdboden zu
tilgen! Sie kannten Toleranz nur als Ausdruck ihrer Liebe und Vorliebe
für Macht, dass Toleranz das Gleichwort einer Liebe für alle Menschen
meinte, wollten sie nicht wissen, denn sie waren ein wenig christlich
und im Wesentlichen Jünger Sols.
Dabei meinten sie allen Ernstes sie dienten der Sache des
Evangeliums.
Martin Luther
Wie er dasteht nach durchwachter Nacht an jenem 18. Apriltag des
Jahres 1521 vor den Fürsten Deutschlands, unter Beobachtung
tausender Zeugen und vor dem lässig sitzenden, noch jungen, doch
sehr besonnenen Kaiser Karl V., der kein Deutsch versteht, bewegte109
Freund und Feind. Es ging um Tod und Leben - und zwar nicht nur um
das des Dr. Martin Luther. Er solle seine Bücher und Ansichten
widerrufen, denn diese rüttelten - nach Kardinal Cajetans Urteil - an
jenen Pfosten, auf denen die Macht des Papsttums ruhte. Mit dem
Bekanntwerden seiner berühmten 95 Thesen, die schon wenige
Wochen, nachdem er sie formuliert hatte, in ganz Deutschland
Aufsehen und fast ausnahmslos Zustimmung gefunden hatten, drohte
dem Vatikan vor allem das Versiegen des Geldflusses aus dem
Ablasshandel. Das war aus Roms Sicht sträflicher Abfall von Gott.
Martin hatte es auf den Punkt gebracht:
„Der Papst möge die Basilika St. Peter aus seinen eigenen
Mitteln bauen - und nicht mit dem Geld der armen Gläubigen.“
86. These
Es war nämlich kirchliche Sitte geworden, eine an sich
ungerechtfertigte Deutung von Matthäus 16:19 gemäß der Meinung
des Ambrosius von Mailand buchstäblich auszubeuten:
„Ich (Jesus) werde dir (Petrus) die Schlüssel des Himmelreiches
geben; was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel
gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch
im Himmel gelöst sein.“
Mit welche Recht nimmt irgendjemand der nicht im Besitz der
Schlüssel des Himmelreiches ist, sich heraus Sünden zu vergeben?
Lessing sagte es: „Der echte Ring vermutlich ging verloren.“
Nach alledem!
Ambrosius formulierte sehr eigenwillig wörtlich:
„Es kann keine noch so verruchte Schandtat begangen oder
gedacht werden, welche die heilige Kirche nicht nachlassen
könnte. Aufgrund der von Gott verliehenen Gewalt wird die von
Gott geliebte Kirche einmal, gleichsam in einem Atemzug, mit
Gott genannt.“ Gerhard J. Bellinger „Der Catechismus Romanus und die
Reformation“
Das wäre was! Die von Sol geliebte Kirche des Religionszwanges und
der vergoldeten Unmoral, hat im Geschichtsverlauf die
unglaublichsten Thesen und Dogmen aufgestellt. 110
Ambrosius Zeilen wurden tatsächlich als Freibrief für Christen vom Typ
Epiphanius (um 390) oder eines Bischof Cyrill von Alexandria (um 432)
verstanden, die rücksichtslos und unehrlich im Kampf um die eigene
Macht agierten.
Ambrosius‘ Aussage wurde immer wieder genutzt, um alles zu
entschuldigen, was an Kapitalverbrechen geschah, solange es letztlich
der Festigung der Position des ‚Heiligen Stuhls’ diente.
Nicht nur der Dominikaner Tetzel, sondern auch andere Ablasshändler
waren zu Luthers Zeiten durch die Lande gezogen und hatten jedem
Sündenvergebung versprochen.
Jedem, der genug Geld hatte!
Es wurde seitens der Gläubigen als eine in der Ewigkeit gültige
Freisprechung vor Gott als Weltenrichter verstanden: Die Kirche kann
dich von allen Sünden freisprechen, wenn du deine Vergehen
bekennst – und zahlst.
Es kann sein, dass päpstlicherseits (zeitweise) gemeint war, die Kirche
spricht den Übertreter von dieseitigen Bußen frei.
Doch da ist der „Fall des Mordes des Statthalters der Lombardei, Azzo
Visconti an seinem Oheim Marcus im 14. Jahrhundert. Er spricht
dagegen: Papst Johannes XXII. nahm von diesem Mörder Geld und
erklärte,
„Gott gedenke seiner Sünden nicht mehr. Visconti sei nun mit
dem Reich Gottes ausgesöhnt.“ Schlosser, Weltgeschichte Bd VI.
Das muss man im Sinn behalten: Gott gedenkt deiner Sünden nicht
mehr – eindeutig auch hier, dass Gott Sol gemeint ist.
Den Papst stellte man sich, entsprechend den Predigten, zugleich als
Stellvertreter Christi und als Kaufmann vor. Er sammelte die guten
Werke seiner Frommen ein, darunter die vielen Gebete, die vor allem
die Nonnen und die 90 Bruderschaften über das notwendige Maß zur
eigenen Erlösung gesprochen hatten. Über dieses Plus konnte der
heilige Vater verfügen, er konnte es verkaufen oder sogar als Gnade
Christi verschenken. Supererogation nannte man das. Seit dem 13.
Jahrhundert galt: 111
„Es ist tatsächlich ein ungeheurer Schatz an Verdiensten
vorhanden, der sich aus den frommen Taten ... zusammensetzt,
welche die Heiligen über das hinaus vollbracht haben, was zu
ihrer Seligkeit notwendig ist…, der den Treuhänder dieses
kostbaren Schatzes, den römischen Pontifex, ermächtigt, denen,
die er für geeignet hält, einen Teil dieser unerschöpflichen Quelle
des Verdienstes zuzuerkennen... so ausreichend, dass die
Übeltäter von der für ihre Missetaten vorgesehen Strafe befreit
werden.“ James Talmage, „Jesus der Christus“ zitiert Mosheim, Geschichte der
Kirche, XII. Jahrhundert II.
Dass Geld, auch schmutziges, jedes Tor ins Reich Gottes öffnen könne,
wollte Luther weder verstehen noch unwidersprochen hinnehmen.
Mit einer riesigen Kreuzesfahne, militärisch geschützt, war Tetzel quer
durch Deutschland bis in Luthers Nähe gereist und pries seine
Ablassbriefe an.
Bald spürte Beichtvater Luther die Auswirkungen direkt. Er zeigte sich
nicht gewillt, alle Männer und Frauen von ihren Sünden zu
absolvieren, solange sie nicht aufrichtig Umkehr geübt hatten.
Deshalb lautete seine 1. und vielleicht wichtigste These:
„So unser Herr und Meister Jesus Christus spricht: Tut Buße, will
er, dass das Leben der Gläubigen eine stete und unaufhörliche
Buße sei.“
In Bruder Martins Kopf und Herz stand an dieser Stelle das griechische
Wort: metanoia, und das meint innere Umkehr. Wie er glaubte,
müsste das doch jedem (- jedem bis zu dieser Stunde -)einleuchten.
Nur, wie sollte er das seinem Kaiser sagen? Er hätte es leicht erklären
können: Was hat eine Ehefrau davon, dass ihr Mann bekennt, ich habe
dich betrogen, solange sie nicht sieht, wie sehr es ihm im Innersten
weh tut, und solange sie nicht fühlt, dass er es niemals wieder tun
würde. Erst echte Reue (Buße, wie Luther sie verstand) kann alles
bessern. Der Bußkatalog nannte zuvor statt Umkehr jedoch eine
Geldsumme, und das brachte Luther in Wut. Außerdem hieß es, Papst
Leo X. hätte 1515 den Ablass ausgeschrieben, um seine Schulden beim 112
Bankhaus der Fugger zu begleichen, die entstanden waren, weil er die
große Kunst liebte:
„Von Raffael z.B. ließ er sich die Wände seines Badezimmers mit
der Göttin Venus und ihrem Sohn, dem Liebesgott Cupido,
bemalen und… - laut seinen Zeitgenossen - ... sei ein Teil des
eingenommenen Geldes für die Aussteuer seiner Nichte
Maddalena Cibò bestimmt gewesen...“ Maike VogtLüerssen
„Begegnungen mit Zeitgenossen der Renaissance“
Luther war auch nur ein normaler Sterblicher, der einen
Entwicklungsprozess durchlief. Ihm war in der durchgekämpften
Nacht vor dem Verhör zu Worms mancherlei durch den Kopf
gegangen.
Er fühlte sich elend und verlassen.
Gespannt starrte der bleiche, spanisch sprechende Kaiser auf den
Mund dieses Aufrührers, der wie er hörte, so schlau gegen den Papst
von der Gnade und dem Glauben an den Erlöser Jesus Christus sprach
und der sich damit um Kopf und Kragen redete. Er starrte auf den
Mund des Mönches, der seine Überzeugung, „...dass Päpste und
Konzilien häufig geirrt und sich selbst widersprochen“ haben, mit
Nachdruck vertrat:
„Ich kann meinen Schriften nicht anders beistehen, als wie mein
Herr Christus selbst seiner Lehre beistand, indem er dem
Diener... der ihn ohrfeigte, antwortete: Habe ich übel geredet,
so beweise, dass es böse sei.“ Wachsmann, „Die Dokumentenplattform:
Luthers Verteidigungsrede auf dem Reichstag zu Worms.“
Martin stand nun im 38. Jahr seines Lebens; er war Doktor der Heiligen
Schrift, die er, wie sonst keiner, in diesem Raum kannte und liebte. Er
hatte sich nicht leicht dazu durchgerungen, mit klaren Worten
abzulehnen, was von ihm gefordert wurde, denn er hatte zu viel
erfahren und gesehen. Die den Kaiser beratenden schwarz-weiß
gekleideten Dominikaner forderten angesichts der übergroßen
Geduld ihres Herrn und der trotzig-zögernden Haltung des
Augustinermönches Luther, seine sofortige Bestrafung: „Er ist ein
Ketzer, ... ins Feuer mit ihm.“113
Es ist wahr, mit römischen Augen gesehen ist er ein Ketzer (!), ein
sonderbarer allerdings, der intensiv um Toleranz wirbt - um wenig
später selbst unbeugsam intolerant aufzutreten.
Bald wird er knapp und ungnädig sagen:
„Mit Ketzern braucht man kein langes Federlesen zu machen,
man kann sie ungehört verdammen!“ Tischreden, Bd.III. S. 175
Sobald ihm jemand widersprach, brach in Luther der Ungeist der
Intoleranz durch.
Der spanische Kaiser der Deutschen, vor dem Bruder Martin zu Kreuze
kriechen soll, ist zwar jung, aber Karl V. - obwohl als Habsburger streng
katholisch erzogen - hat sich selten darum geschert, was ihm
Geistliche rieten. Er wird sich, wie stets, sein eigenes Urteil bilden.
Niemand darf ihn tadeln!
Sechs Jahre später wird dieser sehr fromme Katholik Truppen gegen
Papst Clemens VII. schicken, der so unklug war, sich mit den Franzosen
gegen ihn zu verbünden.
Es sind die einmaligen Umstände, die beide jeweils dahin bringen, die
eigentlich ‚andere’, die falsche Rolle zu spielen. Mangelnde Besoldung
der Söldnertruppen, schlechte Führungsarbeit und der allgemeine
anti-päpstliche Hass zerbrachen während dieses kuriosen Feldzuges
bald jede Disziplin. Ungestraft zogen die katholischen und die
lutherischen Soldaten Karl V. monatelang plündernd durch die
Straßen der „heiligen“ Stadt, begleitet von üblen Spaßmachern.
Darunter war einer, der mit einer Tiara gekrönt und im Chormantel
wie der Papst auftrat. Als „Sacco di Roma“ ging dieses Zwischenspiel
im römischen Drama in die Geschichtsbücher ein.
Ehe Luther an diesem 18. April 1521 erneut zu Wort kam, betrachtete
er den nachdenklichen Kaiser mit seinen rotblonden Haaren nicht
furchtlos. Er schaute nur kurz in die gewaltigen Augen seines Herrn,
die aus einem ungesund blassen Gesicht herausquollen. Ihm wurde
bedeutet, er möge seine Worte nun in Deutsch wiederholen, damit
auch bei den deutschsprachigen Hörern kein Missverständnis sei.
Luther sprach lange. 114
Es war die hohe Zeit des religiösen Betrugs, der hysterischen
Frömmigkeit, der Massenwallfahrten und einer weit verbreiteten
Unwissenheit. Nicht wenige Klöster waren zu Herbergen von Gesindel
geworden, andere zu Bordellen verkommen. Mancherorts war jeder
dritte Mann ein Mönch oder Geistlicher, der auf Kosten der
geschundenen Bauern lebte.
Luther war zuversichtlich, dass eine bessere Zeit kommen muss.
Nicht nur das ganze Worms, halb Deutschland bejubelte seinen Mut,
denn diejenigen, die freiheitlich denken konnten, hatten schon lange
nach einem Mann wie ihn Ausschau gehalten. Martin Luthers
Theologie ist weit gespannt, leider aber auch nicht mehr schlüssig,
wenn er sie auf sein „Sola gratia“ verkürzt.
Er war ein Held wie David, als der sich Goliath zum Kampf stellte.
Luther verlor erst, wie David, als er heftigst das Falsche begehrte: Die
bedingungslose Unterwerfung der Juden unter sein „Evangelium“.
Luther hielt sein „Erlösungsverständnis“ für das einzig richtige.
Hexenverbrennungen unterband er selten. Den ausgebeuteten
Bauern kam er nicht zur Hilfe, sondern, so sehr er Ausbeuter anklagte,
forderte er schließlich doch die Fürsten auf: „Steche, schlage, würge
hie, wer da kann“, um zivilen Gehorsam zu erzwingen, weil doch die
Obrigkeit - nach Paulus - von Gott eingesetzt worden war. Dennoch,
Luthers Glanzseite wird nie verblassen, weil er Roms und der
Habsburger Allmachtstreben zu unser aller Gunsten brach.
Luther geht es darum, auszudrücken, er hätte bis zur Selbstlosigkeit
versucht, durch gute Werke selig zu werden, und war dennoch
unglücklich:
"Wahr ist's, ein frommer Mönch bin ich gewesen und habe so
gestrenge meinen Orden gehalten, dass ich's sagen darf: Ist je
ein Mönch gen Himmel kommen durch Möncherei, so wollt' ich
auch hinein kommen sein. Das werden mir bezeugen alle meine
Klostergesellen, die mich gekannt haben, denn ich hätte mich,
wo es länger gewähret hätte, zu Tode gemartert mit Wachen,
Beten, Lesen und anderer Arbeit." E.A.W. Krauß „Das Gotteswerk der
Kirchenreformation durch Martin Luther“ 115
Er stellte entsetzt fest, dass er sein starkes Naturell trotz der
Schikanen, die er sich antat, nicht kontrollieren konnte. Er fühlte sich
schuldig und von Gott verdammt.
Zitternd war Bruder Martin einmal, in der Zeit seiner größten RomGläubigkeit, in einer Prozession hinter einer Monstranz hergelaufen.
Dr. Usingen, Lehrer seines Ordens, der das bemerkte, hatte ihn
angestoßen und besorgt nachgefragt, ob Martin sich unwohl fühle. Da
bekannte Luther, den Blick auf das Türlein der kristallenen Monstranz
gerichtet, hinter der sich Jesu Fleisch in Form der geweihten Oblate,
der Hostie, befand, wie sehr er sich fürchte, dermaleinst diesem
Weltenrichter gegenüber zu stehen und verurteilt zu werden...
Dr. Usingen meinte es gut, doch Menschenworte, so gut sie auch
gemeint waren, konnten ihn nicht trösten. Erst der Römerbrief
vermochte es - später. Er las wieder und wieder des Heidenapostels
Kürzel: „Der aus Glauben Gerechte wird leben“ 1: 17
Dieses Paulus-Zitat, auf das sich Luthers spätere Religionsphilosophie
beruft, ist jedoch ein verstümmelter Satz aus dem Alten Testament,
dem Buch Habakuk entnommen. Im Original lautet der Text:
„Wer nicht rechtschaffen ist, schwindet dahin, der Gerechte aber
bleibt wegen seiner Treue am Leben!“ Habakuk 2: 4
Das ist zweierlei. Das Recht da zu schaffen, wo es fehlt, führt zur
Erlösung, sagte der Prophet Habakuk.
In unseren Tagen formulierte der Protestant Dietrich Bonhoeffer
(1906-1945) einleuchtender als Luther, worauf es ankommt:
„Öffne deinen Mund für die Stummen, für das Recht aller
Schwachen. Öffne deinen Mund, richte gerecht, verschaffe dem
Bedürftigen und Armen Recht.“ Sprichwörter 31: 8-9
Weil er lebte, was er glaubte, wurde Bonhoeffer im 3. Reich Hitlers
hingerichtet, und wir bewundern ihn.
Mit eben dieser Forderung, Recht zu schaffen, hat der interessierte
Leser zugleich die Moraltheologie des sogenannten „Mormonismus“
auf einen Blick vor sich. In seinem Zentrum steht der Begriff
„Rechtschaffenheit“, das große Wort des Buches Mormon, 65 Zitate. 116
2. Nephi 9: 14 Wir werden in der Auferstehung „eine vollkommene Kenntnis all unserer Schuld und
unserer Unreinheit und Nacktheit haben, und die Rechtschaffenen werden eine vollkommene Kenntnis
ihrer Freude und ihrer Rechtschaffenheit haben, denn sie sind mit Reinheit bekleidet, ja mit dem Mantel
der Rechtschaffenheit.“ u.a.
Gewiss wäre es besser um die Geschichte Europas bestellt gewesen,
wenn Luther - statt energisch auf seine drei engen Kernsätze ‚sola
gratia’, ‚sola scriptura’ und ‚solus Christus’ - zu pochen, Habakuks und
anderer, offensichtlich inspirierter Propheten Forderung nach
Rechtschaffenheit zum Zentralbegriff aufgerufen hätte.
Andererseits musste Luther gegen vorherrschende Sitten und
Entartungen auftreten. Er wollte den Gegensatz zu römischer
Erlösungslehre deutlich herausstellen, - leider allzusehr.
Bei aller Kritik an einigen Stellen der Lehren Luthers: Er brach die
Gewaltherrschaft Roms. Er setzte - wenn auch ungewollt - den noch
andauernden g u t e n Prozess der (katholischen) Gegenreformation in
Gang. Jan Hus konnten die Ketzerbrenner noch vernichten, Dr. Martin
Luther nicht.
Hus hatten die Mächtigen zwar ebenfalls freies Geleit und sichere
Rückfahrt nach Prag zugesagt, und dennoch waren 1415 Krone und
Kurie darin überein gekommen: Der „Ketzer“ Hus muss brennen.
Luther hatte von dieser Prophezeiung des Hus gehört:
„Sie werden jetzt eine Gans braten (denn Hus heißt eine Gans),
aber über hundert Jahren werden sie einen Schwan singen
hören, den sollen sie leiden." Die evangelische Kirche zu Ebersgöns: 2009
Er war dieser Schwan. Allerdings schützte ihn das nicht davor, in
maßlose Übertreibungen zu fallen, wie das in seinen Briefen an Papst
und Klerus zum Ausdruck kommt, und ebenso in gewissen seiner
Ermutigungen und Lehren.
Und an dieser Stelle erscheint ein Mann dessen Name unvergessen ist:
Kardinal Melchior Klesl. Er wusste um die Dringlichkeit der Besserung
der Kleriker, die zu weltlich lebten, häufig ungebildet waren, sowie ihr
Amt nicht ernst nahmen. Glaubwürdigkeit musste wiederhergestellt
werden. Die Redlichkeit Klesls und seine Intelligenz führten, ihn, den
Sohn eines Bäckers, in die Höhe. Kaiser Matthias (1557-1619) 117
erkannte sein Genie. Bald jedoch kamen seine Neider auf. Unter
diesen befand sich der Nachfolger Matthias, Ferdinand, damals
Erzherzog.
Sola gratia
Luthers Gnadenlehre ist absolutistisch, dagegen ist
„die Gnadenlehre des Origenes synergistisch.“ „Die Religion in Geschichte
und Gegenwart“ Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft 3. Völlig neu bearbeitete
Auflage Vierter Band Kop-O
Darin besteht der große Unterschied. Alle Regungen des freien Willens
... werden gerecht vergolten.
Himmel oder Hölle!
Aus diesen beiden Elementen bestand das Jenseits nach der Meinung
nach-nicänischer Theologen – um 1200 kam der Limbus hinzu.
Doch das reicht nicht aus, um böse Regungen einheitlich zu bestrafen,
den Diebstahl eines Schafes genau so wie kaltblütigen Mord.
Ungerecht wäre es, heldischen Nonnen der Hospitäler der Caritas aller
Zeiten, nach ihrem Ableben, nur denselben Himmel zu geben wie
einem Halunken, der Jesus in den letzten Tagen seines Lebens
bekennt. Es muss viele Stufen nach unten und nach oben geben mit
mehr oder weniger Herrlichkeit gerechterweise. Christus selbst sagte
nicht einfach so daher: „In meines Vaters Haus sind viele Wohnungen.“
Johannes 14: 2, Lutherbibel 1912
Vielleicht hat Augustinus mit der Zweiteilung angefangen. Er kennt nur
höchste Seligkeit und tiefstes ewiges Elend, und er weiß auch wer und
warum der Eine da oder der Andere dorthin kommt:
“(Es) schmoren all jene in der Hölle, welche das Sakrament der
Taufe nicht erhalten haben und deshalb von der Erbsünde
...befleckt sind – also auch ungetauft1verstorbene Kleinkinder
und v o r c h r i s t l i c h e Gerechte ...“ Didaktische Materialien „Dialog
mit dem Jenseits“, Museum für Kommunikation 2008
So gnadenlos formulierte vor ihm keiner.
Ein Säugling erhält vor dem letzten Atemzug die „Taufe“, - er kommt
in den Himmel - der andere atmet Sekunden vorher aus, - jetzt 118
„schmort“ er ewig! Seit dem Mittelalter erreichen Letztere (angeblich)
wenigsten noch den Limbus, einen Ort der Gottesferne. Selbst dieses
Halbelend gesteht Augustinus ungetauften vorchristlichen Gerechten
nicht zu. Augustinus ist Christ unter schlimmen Vorzeichen. Von
Ambrosius bekehrt, ist der ehemalige Manichäer zudem der Erfinder
der Lehre von der Erbsünde - ein Ausdruck, den die Bibel nicht kennt.
Sie verführt ihn zur Maßlosigkeit. Jahrhundertelang rangen die
Gelehrten mit Augustinus‘ Sünden- und Höllenlehre. Sie konnten - wie
wir - nicht glauben, dass alle Ungetauften ewig schmoren werden...
„Eine Lösung dieses Dilemmas bot die Vorstellung vom
Limbus, welche sich im Mittelalter durchsetzte. Dabei handelt
es sich um einen neutralen, freud- und schmerzlosen
Jenseitsort. Dahin gelangen all jene, die weder Lohn noch
Strafe verdient haben. Abstiegs- oder Aufstiegsmöglichkeiten
gibt es nicht: Wer im Limbus ist, der bleibt dort für immer.”
Didaktische Materialien „Dialog mit dem Jenseits“, Museum für Kommunikation
2008
„Heute wird die Lehre vom Limbus von den meisten Theologen
abgelehnt, da sie der Vorstellung vom allg. Heilswillen Gottes
widerspricht.” kath.Dogmatik ...Brockhaus 19. Auflage
„Mormonismus“ verkündet seit je, wie bereits zitiert -, dass Gottes
ewiger Plan auf Chancengleichheit ausgerichtet ist.
Das Buch Mormon lehrt unentwegt:
... Darum hat er ein Gesetz gegeben, und wo kein Gesetz
gegeben ist, da gibt es keine Strafe, und wo es keine Strafe gibt,
da gibt es keinen Schuldspruch, und wo es keinen Schuldspruch
gibt, da hat die Barmherzigkeit des Heiligen Israels wegen der
Sühne Anspruch auf die Menschen, denn durch seine Macht sind
sie befreit.“ 2. Nephi 9: 23-25
Kein Wunder, dass Augustinus Dogmatik der atheistischen
Propaganda zugute kommen musste.
Augustinus schaute viele Jahre mit den Augen des erbarmungslosen
Kaiserberaters Ambrosius von Mailand: Hölle oder Himmel!119
Augustinus winkte ab, dass die Gemeinde zu Korinth zugunsten
Verstorbener stellvertretende Taufen vollzog. Das beeindruckte ihn
nicht.
Elegant oder - besser gesagt - göttlich ist die Lösung des Problems
durch die Möglichkeit, die von Jesus geforderte Taufe stellvertretend
für jeden vollziehen zu lassen, ohne den Willen des Empfängers zu
übergehen. Dies praktiziert die Kirche Jesu Christi der Heiligen der
Letzten Tage in ihren Tempeln, nach festgeschriebenen Regeln.
Rudimentär war und ist das stellvertretende Werk für Verstorbene in
der katholischen Kirche vorhanden. Im Ablass zum Beispiel.
Im Frühling 1511, so berichtet der Augustinermönch Luther, sei er in
Rom, auf jeder Stufe der Pilatustreppe stehengeblieben, um ein
‚Vater-unser’ für seine verstorbenen Vorfahren zu sprechen,
„denn es war die Meinung, wer so bete, würde eine Seele
erlösen.“ Fliedner-Caspar-Muetzelfeld, Evangel. Religionsbuch III für
Knabenschulen
Die „Seelen“ der Verstorbenen sind nach wie vor im Vollbesitz des
freien Willens, allerdings auch durch die Umstände gebunden, sonst
hätte Christus sie nicht im „Gefängnis“ besucht. Er reicht uns selbst
noch in der jenseitigen Welt die Hand, nur, wir müssen sie ergreifen.
Auch auf diese Weise wirken wir im großen Plan unserer eigenen
Erlösung mit.
Bei Calvin hilft nicht einmal die Taufe.
Das kommt davon, wenn man Origenes missachtet.
Auch der britische Mönch Pelagius, ein Zeitgenosse des Augustinus,
widerspricht den wesentlichen Thesen des Hartgesottenen. Nicht nur
wegen der von Augustinus aufgelisteten Konsequenzen lehnt Pelagius
die Gedanken zur Erbsünde als unbiblisch und unlogisch ab: Mit Blick
auf die biblische Definition des Begriffes Sünde wehrt er ab:
„Wer also das Gute tun kann und es nicht tut, der sündigt“
Jakobus 4: 17 Einheitsübersetzung
Kinder sind a priori rein, bis sie wegen Einsichtsfähigkeit gegen ihr
Gewissen handeln können. Erst die Untat ist Sünde, wenn man sich für
sie entschieden hat und bewusst die sichtbare Grenze übertritt.120
Pelagius schüttelt verdutzt den Kopf, wenn Augustinus sagt:
„Kinder gehören dem Teufel“ Friedrich Böhringer „Die Kirche Christi und
ihre Zeugen“
Schleiermacher sämtl. Werke Vol 11 „Pelagianische Streitigkeiten“: „Augustinus beruft
sich auf den Exorzismus als ein Beweis, dass die Kinder dem Teufel angehören.“
Mönch Pelagius, der heftig widersprach, verlor das Ringen, obwohl er
darauf verweisen konnte, dass Christus sagte:
„Lasset die Kindlein zu mir kommen, ... Menschen wie ihnen
gehört das Himmelreich.“ Matth. 19: 14 Einheitsübersetzung
Pelagius hatte nicht genügend Freunde von Einfluss: Er war nur ein
Laienmönch, aber einer mit Herz und Verstand.
„Für Platon - (der 13 Jahre unter ägyptischen Priestern gelebt hatte und
deren Tempelgeheimnisse kannte und wusste wie heilig diesen Männern
sexuelle Reinheit war,die Beschränkung auf eheliche Akte. G.Sk. Siehe
Albert Champdor „Das ägyptische Totenbuch“) - stammt der Geist aus
einer höheren Welt und hat sich im Leben nur vorübergehend
inkorporiert... auch bei Pelagius hat zwar der Mensch seine
Erlösung (von den Folgen des Falles in die Sterblichkeit und sittlicher
Fehlentscheidungen G. Sk.) nicht selbst in der Hand, er bedarf einer
supranaturalen Ergänzung. Dennoch wohnt uns allen eine
nobilitas ingenita inne...“ Michael Landmann „Philosophische Anthropologie“
Pelagius sagt überzeugend:
„Dank dieses naturhaft eingeborenen Adels sind wir nicht ganz
nur darauf angewiesen, dass sich das Heil von oben über uns
ausschüttet, sondern können ihm von uns aus zustreben. Zur
Wirksamkeit Gottes tritt die menschliche Synergie... Ob wir uns
nur durch die irrationale Gnade oder ob wir uns der Gnade
wenigstens ein Stück weit entgegen bewegen ... bildet den
Streitpunkt zwischen Pelagius und Augustinus.“ Ebenda Landmann
Origenistische Überzeugungen passten Augustinus nicht. Dass dem
Menschen ein ewig-göttlicher Geist innewohnt, - die auf Mitwirkung
drängende nobilitas ingenita genannte „Seele“, - weiß er nicht, oder
will er nicht wissen, denn dieser Fakt würde seine
Prädestinationslehre, und erst recht nicht seine Erbsündenlehre 121
zulassen. Auf der Drehscheibe der Theologie befinden sich immer
noch Unverträglichkeiten.
Gnade ist Errettung, - doch „sola gratia“ ist zu wenig.
Die "Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre vom 31.
Oktober 1999" behauptet sinngemäß: Du musst dich nicht anstrengen, deine Religion zu leben. Du hast vor Gott nur die Pflicht, auf
ihn zu vertrauen.
Christus hat jedoch nie gelehrt:
"Ihr werdet umsonst erlöst...“ oder “Rechtfertigung geschieht
allein aus Gnade...sola gratia. Rechtfertigung sei
Sündenvergebung...“
Er setzte die Kriterien der Erlösung: Ihr seid das Salz der Erde,... wenn
es seine Kraft verliert, wird es weggeworfen. Ihr seid das Licht der
Welt. Es soll euren Mitmenschen leuchten. Wenn die Welt eure guten
Taten sieht, werden Sie euren Vater im Himmel preisen... Jeder Baum,
der keine guten Früchte trägt wird abgehauen...,
„Weil du aber lau bist, weder heiß noch kalt, will ich dich aus
meinem Mund ausspeien.“ Offenb. 3: 14, Einheitsübersetzung
Das und mehr fand in dieser „Erklärung“ keine Erwähnung:
Das Papier beruft sich wieder und wieder auf Paulus‘ Bekenntnisse.
Aber es ist nicht einmal lupenreiner Paulinismus, der da verkündet
wird. Glatt unterschlagen wird die dringende Mahnung des
Heidenapostels:
"Irret euch nicht, was der Mensch sät, das wird er ernten!" Galater
6: 17
Diese Betonung jedoch relativiert sämtliches Schrifttum Pauli!
Man muss, manchmal sehr mühsam, Gutes säen.
Die Konsequenz der "Erklärung" lädt geradezu zur Faulheit ein, zum
Nichtstun, - bestenfalls zur Kontemplation -, während die Gebote
Christi generell lauten: Bemüht euch! z.B. um eure Vervollkommnung.
Wörtlich und im Zentrum der Bergpredigt steht darum jene große
Aufgabe als Gebot festgeschrieben, die ganz und gar nicht ins Konzept
des Protestantismus passt:122
"Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im
Himmel vollkommen ist!"
Dabei handelt es sich nicht um ein rhetorisches Element einer Predigt,
sondern um eine Aufforderung zum Handeln!
Fest steht: Ein um Perfektion bemühter Artist muss täglich sechs bis
zehn Stunden harte Arbeit leisten.
Petrus, der Präsident der noch jungen Kirche, ist empört, dass Paulus
– „unser geliebter Bruder Paulus" - mit bedeutenden Begriffen, wie
dem von der Gnade Christi, recht missverständlich umgeht. Hellsichtig
ist er verärgert darüber, dass Paulus nicht ganz unschuldig daran ist,
wenn Spätere, wie die Verfasser der "Gemeinsamen Erklärung" von
1999, es wagen, den folgenden Unsinn zu Papier zu bringen:
"Der Mensch soll gerecht leben und ... ist (aber) unfähig, sich von
sich aus Gott um Rettung zuzuwenden … Wenn der Mensch an
Christus im Glauben teilhat, rechnet ihm Gott seine Sünde nicht
an...“.
Simon Petrus‘ Gnadenverständnis unterscheidet sich von dem seines
Juniorpartners erheblich. Das muss er korrigierend aussprechen. Er,
Petrus, ist die von Jesus eingesetzte "Säule" der Kirche, nicht Paulus.
Petrus hat in Sachen Theologie das letzte Wort. Er weist den
übereifrigen Mann, wenn auch sehr behutsam, zurecht. Um zu
definieren was die Kirche unter dem Begriff "Gnade" verstehen soll,
erläutert Petrus:
„... wenn ihr um guter Taten willen leidet und es ertragt, das
ist Gnade bei Gott.
Denn dazu seid ihr berufen, da auch Christus gelitten hat für
euch und euch ein Vorbild hinterlassen, dass ihr sollt nachfolgen
seinen Fußstapfen; er, der keine Sünde getan hat und in dessen
Mund sich kein Betrug fand;…" 1. Petrusbrief 2: 20-25
Tapfer in Christi Fußstapfen durch schwieriges Gelände zu gehen, ist
Gnade...
Petrus wird sich sehr zusammen genommen haben, nicht aus der Haut
zu fahren. Denn wie der Trend des Judentums, war seines Herrn Lehre
die des Tuns des Guten. Allerdings bestand das jüdische Verstehen 123
vom Tun des Guten nicht wie bei den Christen darin, Ketzer zu köpfen,
wie an Bischof Priscillian im Jahr 385 von Nicänern gefordert und
vollzogen, oder etwa darin eine ganze Gemeinde auszurotten, weil sie
urchristlich glaubte, wie 366 unter Führung des des Erznicäners und
Papstes Damasus zu Rom geschehen.
Jahrelang begleitete Petrus seinen Christus. Er hatte jedes Wort und
seinen Geist in sich aufgesogen. Kaum jemand kannte, wie er, die ewig
gültigen Prinzipien des Erlösers. Er schreibt entschieden und zugleich
sehr um Versöhnung bemüht:
“Seid überzeugt, dass die Geduld (griech. ypomoni) unseres
Herrn eure Rettung ist. Das hat euch auch unser geliebter Bruder
Paulus mit der ihm geschenkten Weisheit geschrieben; es steht
in allen seinen Briefen, in denen er davon spricht. In ihnen ist
manches schwer zu verstehen und die Unwissenden, die noch
nicht gefestigt sind, verdrehen diese Stellen ebenso wie die
übrigen Schriften zu ihrem eigenen Verderben.” 2. Petrus 3: 15-16
Paulus‘ Trug- und Kurzschluss führe unweigerlich ins Verderben.
Wegweisend fand Petrus für den ersten Satz einen Begriff, der die
Erwartungshaltung Gottes einschließt: wir könnten mehr tun. Der
Herr warte auf dieses unser Guttun mit schier unglaublicher "Geduld".
Auch Jakobus, des "Herrn Christi Bruder", konnte Paulus ständige
Überbetonung einer durchaus wichtigen Lehre nicht mehr hören.
Verärgert fragt er zurück: „Soll aus den Reden in deinen Briefen
hervorgehen, gute Taten wären zur Erlösung nicht notwendig?“
Jakobus schreit die Ablehnung des paulinischen Schlusses geradezu
heraus:
"Willst du aber erkennen, du eitler Mensch, dass der Glaube
ohne Werke tot sei?" Jakobus 2: 20
Das Nichts-dazu-tun - sowie jede Art von Lehre der Idee vom "Nichtsdazu-beitragen-können" - betrachtet Petrus als eine ins Verderben
führende Lebenseinstellung.
Die Verkürzung auf das „a l l e i n aus Gnade“ brachte zwar den
Protestantismus hervor, das Beharren darauf könnte ihn zugleich in
den Untergang der Bedeutungslosigkeit treiben.124
Ganz anders Joseph Smith. Er sagte, er habe zuvor Gott um Erkenntnis
gebeten, und dann seien ihm diese Worte offenbart worden:
"Wahrlich (der allmächtige Gott, Schöpfer Himmels und der
Erde) sagt: Die Menschen sollen sich voll Eifer einer guten Sache
widmen und vieles aus ihrem eigenen, freien Willen tun und viel
Rechtschaffenheit zustande bringen; denn die Macht ist in
ihnen, wodurch sie für sich selbst handeln können." Lehre und
Bündnisse 58:27
Es gibt Querdenker und A u s s a g e n von Protestanten mit Gewicht,
die eben nicht mehr lutherisch sind.
Dazu gehören solche Bekenntnisse wie das von Frau Prof. Dr. Regine
Schulz, Direktorin des Roemer- und Pelizaeus-Museums. Sie sprach
2012 in ihrer Kanzelrede in der Andreas-Kirchengemeinde in
Hildesheim über „Tod, Auferstehung und Ewiges Leben“ im Alten
Ägypten. Für Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten
Tage ist es sowohl erstaunlich, wie erfreulich, zu hören, wie Frau Prof.
Dr. Regine Schulz - wenn auch sehr, sehr feinsinnig, aber immerhin –
Luther die Stirn bietet und dabei ungewollt die ersten beiden Kapitel
des Buches Abraham (in der mormonischen "Köstliche Perle") indirekt
bestätigt(!), indem sie sagt:
"dass den Menschen des Alten Ägypten die Frage nach dem
Glauben ganz fremd gewesen sei, sie hatten nicht einmal ein
Wort dafür. Ihre Vorstellung von der Götterwelt und der
Ordnung des diesseitigen und jenseitigen Lebens sei nach ihren
Begriffen überliefertes Wissen gewesen, die Wahrheit. Sie
fürchteten das Totengericht, denn das Weiterleben nach dem
Tod hing vom Wohlverhalten im Diesseits ab. Es gab Hoffnung
auf Gerechtigkeit, Hoffnung auf Gnade gab es nicht.
Der Maßstab für das richtige Leben sei zusammengefasst im
Begriff Ma`at, der sich nicht übersetzen lasse, weil er viele
Bedeutungen einschließt: Gerechtigkeit, Ordnung, Weisheit."125
Gemäß dem Berichterstatter des Evangelisch-lutherischen Kirchenkreises Hildesheim, Sarstedt, ließen die Äußerungen der Ägyptologin
die Folgerung zu:
"Die Personifizierung des umfassenden Begriffes in der Göttin
Ma`at schafft eine Verbindung zur Person Christi,..."
Superintendent Helmut Aßmann brachte dies im Gespräch mit der
Museumsdirektorin, zum Ausdruck.
"Er leitete den Abend als Lektor, schuf einen Rahmen von Liedern
und Gebeten zum Thema Tod und Auferstehung. In einem
Kurzinterview stellte er der Gastrednerin eigene und von
Besuchern notierte Fragen, zum Beispiel die nach ihrer eigenen
Jenseitsvorstellung. Sie sei Protestantin, sagte Regine Schulz,
und der festen Überzeugung, dass das Verhalten im Diesseits
sich auf das Leben im Jenseits auswirke."
Solche Statements widersprechen dem protestantischen Trend. Sie
sind mutig und wahr. Sie tragen der Vernunft und den
Notwendigkeiten Rechnung. Angesichts der wachsenden Bedrohung
unserer angeblich christlich orientierten Welt durch rabiate Islamisten
stehen wir allesamt in der Pflicht, mit den uns von Gott verliehenen
Talenten zu "wuchern". Wir haben zu verinnerlichen, dass wir „alles
was wir einem Geringen getan haben – sei es gut oder nicht -, ihm
antaten"... Wir haben die Gefangenen zu besuchen und die
unschuldigen oder die ihre Schuld bereuten, herauszuholen aus ihrem
Elend. Das wir diese Wohltaten, laut Bibel, zur Wirklichkeit werden
lassen, um letztlich vor Gott gerechtfertigt dazustehen kommt in der
sogenannten Rechtfertigungslehre nicht oder sehr verschwommen
zum Ausdruck. Im Gegenteil!
In den vielen Sätzen dieser "Erklärung" kommt Jesus nicht zu Wort -
außer in einem völlig aus dem Zusammenhang gerissenen Zitat, das
Petrus und seinen rechtmäßigen Nachfolgern die Vollmacht verleiht,
Sünden zu vergeben -.126
Die Wiederherstellung
Dank sei Joseph Smith! – Aber wir wissen sehr wohl, gäbe es nicht die
Gnade und das Licht Christi, wäre dieser Mann nicht mehr als ein
kleiner verlorener Mensch.
Er sah übrigens nicht so aus, wie er gelegentlich dargestellt wird:
Quelle des linken Bildes ist vermutlich der Deutsche Pressedienst. Veröffentlicht im
Nordkurier" Neubrandenburg vom 20.9.97 Bild rechts: nach der Totenmaske und
Beschreibungen.
Er wurde 1844, neununddreißigjährig, ermordet, weil über ihn
bösartige Gerüchte und massive Lügen verbreitet wurden! Die
Wiederherstellung des Originals konnte nicht aus dem Nichts
kommen. Zuerst musste durch Menschen das ebenfalls von Menschen
verdrängte Recht auf Gewissensfreiheit wiederhergestellt werden.
Dazu haben die Reformatoren, allen voran Jan Hus und Martin Luther
- beabsichtigt oder nicht - große Beiträge geleistet.
Anscheinend war es die amerikanische Charta von 1776, die zuvor in
die Welt gesetzt werden musste:
„Wir halten diese Wahrheiten für ausgemacht, dass alle
Menschen gleich erschaffen worden, dass sie von ihrem
Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten begabt
worden, worunter sind Leben, Freiheit und das Bestreben nach
Glückseligkeit. Dass zur Versicherung dieser Rechte Regierungen
unter den Menschen eingeführt worden sind, welche ihre
gerechte Gewalt von der Einwilligung der Regierten herleiten.. .“
Unabhängigkeitserklärung der USA, Text von Thomas Jefferson, nach Übersetzung
durch den „Pennsylvanischen Staatsboten“
Zuerst musste der Geist dessen an sicherem Ort aufleuchten, der uns
davor bewahren will, in alte Fehler zurückzufallen.127
Ohne Wiederherstellung und die Festschreibung der
„unveräußerlichen Rechte“ in wenigstens einem der großen Reiche
der Welt wäre es wohl kaum gelungen.
Wir spielen eben doch mit im großen Plan der Erlösung – dank der
Liebe Gottes, da „die Vorsehung a l l e Regungen des freien Willen
von Ewigkeit her vorausgesehen und e i n g e p l a n t hat.“
Unser Vater im Himmel entwarf vor Grundlegung der Welt seinen
großen Plan zum Zweck der Entfaltung der Talente und des Wesens
seiner Kinder.
Dieser Artikel erklärt es einleuchtend.
Er entspricht der offiziellen Lehre der Kirche Jesu Christi der Heiligen
der Letzten Tage:
„Der Rat im Himmel, manchmal auch als Großer Rat bezeichnet,
bezieht sich auf eine Versammlung von Gott, dem Vater, mit
seinen geistigen Söhnen und Töchtern, um die Bedingungen und
Umstände zu besprechen, unter denen diese Geister als
sterbliche Wesen auf diese Erde kommen könnten. Die
Ausdrücke „Rat im Himmel“ und „Großer Rat“ sind in den
Schriften nicht zu finden. Sie werden aber vom Propheten Joseph
Smith gebraucht, wenn er von den vorirdischen Tätigkeiten
spricht. Andeutungen darüber sind in vielen Schriften zu finden.
Ijob38:4-7; Jer 1:5; Offb 12:3-7; Alma 13:3-9; LB 29:36-38; 76:25-29; Moses 4:1-9; Abr
3:23-28;
Ein Zweck des Himmlischen Rates war, den Geistern die
Gelegenheit zu geben, entweder den Erlösungsplan des Vaters
anzunehmen oder ihn abzulehnen. Dieser Plan schlug vor, eine
Erde zu schaffen, auf der die geistigen Kinder in einem
sterblichen Körper wohnen könnten. Solch ein Leben war als ein
Vorbereitungsstadium vorgesehen, „um zu prüfen, ob sie alles
tun werden, was immer der Herr, ihr Gott, ihnen gebieten wird.“
(Abr 3:25) Alle Geister der Menschheit waren frei, den Plan des
Vaters anzunehmen oder ihn abzulehnen. Sie waren aber
gleichzeitig für ihre Wahl verantwortlich. Die Schöpfung, der
Fall, die Sterblichkeit, das Sühnopfer, die Auferstehung und das
Jüngste Gericht wurden im Rat besprochen und erklärt. 128
Der Plan sah Übertretungen durch Unerfahrenheit und Sünde
voraus und enthielt Heilmittel. Viele Geister wurden vorordiniert
für spezifische Rollen und Missionen in ihrer sterblichen
Erfahrungszeit, vorausgesetzt, dass sie in ihrem vorirdischen
Dasein willig und glaubenstreu waren und auch auf der Erde
ihren glaubenstreuen Dienst erweisen. Der Prophet Joseph
Smith erklärte: „Jede Person, die eine Berufung erhielt, den
Einwohnern dieser Welt zu dienen, wurde zu diesem Zweck im
Großen Rat im Himmel ordiniert, ehe diese Welt existierte. Ich
nehme an, dass ich zu meinem Amt im Großen Rat in Himmel
ordiniert wurde.“ 1 Petr 1:20; Jer 1:3; Abr 3:22-23
JOHN L. LUND Bible Dictionary. „War in Heaven“.
Wir kennen viele Geschichten die von Freund und Feind über diesen
Mann geschrieben wurden. Ich erinnere mich, dass Pastor Rößle -
sinngemäß - schrieb:
„Man wird dem Charakter dieses Mannes nicht gerecht, wenn
man ihm glatt unterstellt, er wäre ein Lügner; Joseph Smith hat
fest an seine eigene Geschichte geglaubt.“ „Aus der Welt des
Mormonentums“
Dass Pastor Rößle schlussfolgert, der
Teufel habe ihn getäuscht, ist sein
Problem.
Ich fühlte und wusste es während
meines ganzen Lebens: Dieser Mann
hätte berühmt werden können. Er
hätte nur sagen müssen: Ich
träumte, statt: „Der Herr sprach
mich bei meinem Namen an“. Statt
zu erklären: „Ich bezeuge“, hätte er
sagen sollen: „Ich vermute“. Nachdem sie ihn wieder einmal nachts
aus dem Bett holten und ihn teerten und federten, sprach er:
„Wenn ich der Überzeugung bin, die Menschen seien im Irrtum,
soll ich ihnen dann zu Leibe rücken? Nein, ich werde sie vielmehr
empor heben, und zwar auf ihre eigene Weise, wenn ich sie nicht 129
davon überzeugen kann, dass meine Weise besser ist. Ich werde
niemanden zwingen, das zu glauben, was ich glaube, außer
durch die Kraft der Beweisführung; denn die Wahrheit bahnt sich
ihren Weg selbst. Glaubt ihr an Christus und das Evangelium der
Erlösung, wie er es offenbart hat? Ich auch. Die Christen sollen
aufhören, miteinander zu zanken und zu streiten; sie sollen
vielmehr untereinander Einigkeit und Freundschaft pflegen… Ich
bin gleichermaßen bereit, zur Wahrung der Rechte eines
Presbyterianers, eines Baptisten oder sonst eines guten
Menschen irgendeiner anderen Glaubensgemeinschaft zu
sterben.” Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, Lehren des Propheten
Joseph Smith, Frankfurt am Main 1983
Im Grunde empfinden es alle: Wer jemals den Geist Christi bewusst
wahrnahm, der weiß, dass er reine Liebe und Freiheit ist.
Beide müssen wir wieder und wieder erwerben und vor uns selbst
beschützen. 13