Pilatus wog den großen Schädel. Von ihm wurde, im Fall eines angeblichen Hochstaplers, ein
Urteilsspruch erwartet, obwohl seitens seiner Offziere keine Klage
vorlag. Der römische Prokurator stand ein wenig ratlos auf der Empore, betrachtete die aufgebrachte Menge
und fragte hinunter:
„Was hat er denn verbrochen?“
Die Antwort war von Hass diktiert und ziemlich unbestimmt:
„Wenn er kein Übeltäter wäre, hätten wir ihn dir nicht ausgeliefert.“
Pilatus ging wieder ins Prätorium hinein, fragte einen
seiner Kommandeure, und hörte noch einmal das Gerücht, der Angeklagte solle
behauptet haben, er will ein Königreich gründen.
Pilatus ließ
Jesus rufen, schaute ihn eine Weile prüfend an.
Sehr unwahrscheinlich, dass der ziemlich unheldisch wirkende Mann mittleren Alters, König der Juden werden wollte.
Hat kein eigenes Haus, keine Ländereien, keinen Titel,
kein Geld, möglicherweise ging er an manchem Abend hungrig zu Bett.
Gewiss, einige Wichtigtuer sagten: "er gibt vor der königliche Messias zu sein".
Doch soviel wie er, Pilatus, von dieser Sache gehört
hatte, würde der Messias auftreten als großer Herr, mit überlegener
Streitmacht, dem niemand widerstehen kann.
Die paar elenden Gestalten jedoch, die ihn begleiten sollen, haben
wahrscheinlich in ihrem ganzen Leben noch keinen Dolch angefasst,
geschweige denn als Soldaten gedient. Fünf Prätorianer hätten
genügt ihn zu verhaften.
Pilatus
wandte sich fragend an Jesus: Du bist doch kein Fall für mich, nicht
wahr? Warum sagen die da draussen, du willst ihr König
werden?
Jesus nickte wahrscheinlich, und zwar zustimmend. Er
sagte dann auf seine eindrucksvolle Weise, fast entschuldigend:
„ABER!... mein Königreich ist
nicht von hier!“
Pilatus ahnte vage was das Wort: „nicht von hier“
bedeuten sollte. Es handelte sich da um ein
Traumreich, eine Illusion oder Ähnliches.
Pilatus machte eine Geste
gewisser Hilflosigkeit.
Jesus bemerkte das,
denn er bestätigte des Prokurators Annahme: unmissverständlich:
„Mein Reich ist nicht von dieser Welt, wäre mein
Reich von dieser Welt, würden meine Diener kämpfen...“ (1)
Pilatus hob die Stirn: eigentlich verstand er weder den jungen Mann noch die Welt die
sich gegen ihn stellte. Träume sind immer frei.
Allerdings, da war etwas,
das ihn tief beeindruckte:
Dieser Habenichts wollte immerhin ein König der
Wahrheit sein. Das stand ihm gut an, und wem schadete er damit?
Deswegen schleppen die dich zu mir?
Pilatus musste wiederholt an die Worte seiner Frau
denken:
„Seinetwegen hatte ich heute nacht einen
schrecklichen Traum, lass die Hände von ihm, er ist unschuldig.“
Der Prokurator fühlte, dass seine Frau recht hatte. Ein gegen
Rom gerichteter Streber nach Macht war er definitiv nicht, -
verwunderlicher noch, - ihm bedeuteten Geld und Besitz an Feldern und
Häusern gar nichts, und nochmals unverständlich war, dieser
hochbeschworene Verzicht auf Kampf und Sieg, klang glaubwürdig.
Pilatus hörte die im Hof wartende Menge
murren. Er ging wieder hinaus, schaute die Menschen an und fragte sich was die eigentliche
Ursache der Aufregung sein mochte die zur erzwungenen Verhaftung geführt hatte. Jeder da unten musste doch wie er denken.
Denn unter einem König stellte man sich einen Mann vor,
desssen Herrschaftsanspruch auch aus seinen Mienen sprechen würde.
Aber da war nichts dergleichen zu finden.
„Ich finde keinen Grund ihn zu
verurteilen!“
Für ihn war klar: Jesus von Nazareth verabscheute
lediglich was Rom liebte: nämlich die Macht, die Vollkraft mit allen
Mitteln das durchzusetzen, was dem Imperium diente. Der da, den selbst er
nicht vor dem Kreuzestod wird retten können, wollte ein Reich ohne jede
Art Gewaltanwendung und ohne jegliche Lüge.
Wäre da nicht die schreiende Menge mit ihrem bitteren
Ernst, er könnte darüber lachen:
"Ein Reich muss seine Feinde zerschmettern können oder
untergehen." Dass der einsame Angeklagte das ganz anders sah, würde ihn das Leben kosten.
Völlig entgegengesetzter Meinung, als Christus, müssen
fast alle Männer gewesen sein, die behaupteten in der Nachfolge
Christi zu stehen, und die zugleich das Papsttum formten.
In Sachen Feindschaft dachten sie fast ausnahmslos, wie alle Diktatoren.
Etwa in der Mitte der Papstliste steht der Name des ehemaligen Mönches Hildebrandt von Soana (1020-1085), der von seinem Zeitgenossen, Kirchenhistoriker Petrus Damiani, „Heiliger Satan“ genannt wurde. Er gehörte noch zu den Besten seiner Zeit, und war doch ein Stifter größtdenkbaren Elends. Dass er die Priester ehelos und die Ehefrauen und Kinder der Priesterfamilien ins Verderben stürzte weiß jeder, weniger bekannt doch ebenso wahr ist, dass
„Historiker fünfundsiebzig blutige
Schlachten direkt auf Papst Gregors Fehde mit dem Kaiser
(Heinrich IV.) zurückgeführt haben.“ (2)
Oder, da ist Stefan III.. Er wurde 752 Papst. 753 reiste
er nach Norden mit einem dringenden Anliegen, er bedurfte der
Militärmacht Pippin des Kleinen, (Vater Karls des Großen), gegen
einen schier unüberwindlichen Germanenstamm, der das Erbe der
Ostgoten fortsetzte, auch in Sachen Religion, und die war eben nicht römisch-katholisch.
Ob er laut sagte, was er dachte ist nicht klar, aber die
germanischen Langobarden die ihm in Italien den kirchlichen Herrschaftsanspruch
strittig machen könnten und die sich seinen kirchlichen Weisungen
widersetzten, waren Arianer.
Seit Nicäa, 325, galten die Arianer allen Katholiken
als Antichristen.
Das begründeten sie mit einer Lüge die bis heute
kursiert - Arianer würden Christus den Gottstatus absprechen -
deshalb seien sie Gottesfeinde die keine Duldung geschweige denn mehr
verdienten.
Ausrotten!
In Papst Stefans Reisegepäck befanden sich
Trauergewänder, die er als Bittsteller anlegen wollte,
wenn er sich vor Pippin als bescheidener Diener Gottes in den Staub wirft, das Haupt mit Asche bestreut. Und
er trug, ebenfalls um Eindruck zu machen, ein scheinbar uraltes Dokument mit sich. Auf ihm stand das
erdichtete Datum 30. März 315 geschrieben.
Es handelte sich dabei um einen ungeheuren
Schenkungstext. Danach waren die Päpste die rechtmäßigen Besitzer
des gesamten römischen Reiches geworden.
Die märchenhafte Formulierung stammte allerdings sehr
wahrscheinlich von Stefan selbst. Er könnte den Inhalt erdacht und
diktiert haben (der seine Wirkung für die nächsten eintausend Jahre
nicht verfehlen sollte. Obwohl er bereits 1433 durch den deutschen
Philosophen Nikolaus von Kues und sieben Jahre später durch den
Sprachwissenschafter Lorenzo Valla als schamlose Fälschung erkannt
wurde).
In dem angeblich antiken Schriftstück wurde behauptet
Kaiser Konstantin habe dem Papst Silvester, aus Dankbarkeit für seine Heilung
von Lepra, die halbe Welt geschenkt:
Bild Wikipedia Lorenzo Valla (1407-1457) |
Alles was Stefan, sowie viele Päpste vor ihm und die nach ihm kommenden, wirklich wünschen konnten, fand in der angeblichen Schenkung klaren Ausdruck:
„Wie Uns eine irdische Kaisermacht zusteht, so
haben Wir bestimmt, dass ihre hochheilige römische Kirche
achtungsvoll geehrt und dass mehr als Unsere Kaisergewalt und
Unser irdischer Thron der hochheilige Stuhl Petri glorreich
verherrlicht werde, indem wir ihm die Macht, den Ehrenrang, die Kraft
und die Ehrenbezeugungen verleihen, die einem Kaiser zukommen.
Und Wir beschließen und setzen fest, dass er die Vorherrschaft
sowohl über die Hauptbischofssitze von Antiochien, Alexandria,
Konstantinopel und Jerusalem als auch über alle Kirchen Gottes auf
dem ganzen Erdkreis innehabe, und der jeweilige Papst dieser
hochheiligen Kirche soll erhabener und ein Fürst für alle Bischöfe
der ganzen Welt sein. Und durch seinen Urteilsspruch soll geordnet
sein, was in bezug auf den Gottesdienst und für den festen Bestand
des Christentums (der Kategorie
„Konstantinismus“ G.Sk.) zu versorgen ist.
Damit wurde für mindestens zehn Jahrhunderte
festgelegt, dass Christi Lehren hinter den Lehren des Vatikans,
allenfalls Platz 2 einzunehmen haben. (Was zu beweisen sein wird)
Der Text der Konstantinischen „Schenkung“ fährt
fort:
„... Wir übertragen den Päpsten
von nun an Unseren kaiserlichen Lateranpalast (der 315 noch
Fausta, der sehr jungen Frau Konstantins als Alleinbesitz gehörte
und folglich nicht durch einen Nichtbesitzer verschenkt werden konnte G.Sk.)
sodann das Diadem, nämlich die Krone Unseres
Hauptes, und zugleich die Mitra und den Schulterschmuck... sowie alle
Provinzen, Städte und Orte des Abendlandes... "
Quellen
:
1.) Joh 18: 36-38
2.) Peter de Roa„Gottes erste Diener“ Knaur, 1988, S. 83
2.) Peter de Roa„Gottes erste Diener“ Knaur, 1988, S. 83
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