Martin
Luther war weitgehend vom Mönchtum seiner Zeit geprägt.
Der große Reformator konnte sich zeitlebens nicht von durchaus unchristlichen Teilaspekten des Augustinus von Hippo frei machen. Dazu gehört die Prädestinationslehre des antiken Kirchenvates, der Luther im Kern zustimmte:
Authentisches Bild von Cranach: Luther (1483-1546) |
Der große Reformator konnte sich zeitlebens nicht von durchaus unchristlichen Teilaspekten des Augustinus von Hippo frei machen. Dazu gehört die Prädestinationslehre des antiken Kirchenvates, der Luther im Kern zustimmte:
Es gibt kein authentisches Bild von Augustinus von Hippo, Afrika, (354-430) |
Luther behauptete:
“Denn
wenn wir glauben, es sei wahr, dass Gott alles vorherweiß und
vorherordnet, dann kann er in seinem Vorherwissen und in seiner
Vorherbestimmung
weder getäuscht noch gehindert werden, dann
kann auch nichts geschehen, wenn er es nicht selbst will.
Das ist die Vernunft selbst gezwungen zuzugeben, die zugleich selbst
bezeugt, dass es einen freien Willen weder im Menschen noch im Engel,
noch in sonst einer Kreatur geben kann.” (1)
Mit
dem letzten Satzteil ging Bruder Martin wahrscheinlich noch über
Augustinus hinaus. Unverständlich aus mormonischer Sicht, gilt bis
heute:
“Nach
lutherischer Auffassung ist der Mensch unfähig, bei seiner Errettung
mitzuwirken.” (2)
Dieser Aufassung widersprechen sowohl Origenes (185-254), Tertullian (um 220), Hippolyt von Rom (um 220) sowie die katholischen Kirchen und die "Mormonen"
Dieser Aufassung widersprechen sowohl Origenes (185-254), Tertullian (um 220), Hippolyt von Rom (um 220) sowie die katholischen Kirchen und die "Mormonen"
Da
beide, Luther und Augustinus, anders als die Urchristen (wie z.B. Origenes), nicht an das vorirdische
Dasein des Menschen glaubten,
mussten sie zwangsläufig den Eingangstext des Paulusbriefes an
die Epheser im Sinne einer von Gott getroffenen “Vorherbestimmung”
folgenreich missdeuten:
„Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus. Denn in ihm hat er uns erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war, daß wir heilig und untadelig vor ihm sein sollten; in seiner Liebe hat er uns dazu vorherbestimmt, seine Kinder zu sein durch Jesus Christus nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Lob seiner herrlichen Gnade, mit der er uns begnadet hat in dem Geliebten.“
Joseph Smith lernte im Prozess der Übersetzung des
Nach der Totenmaske Joseph Smith (1805-1844) |
Hier, in Anerkennung oder Ablehnung der Lehre von der Präexistenz, liegt der Grundunterschied zwischen “traditionellem”, nicänisch zementierten Christentum und dem sogenannten “Mormonismus”. Hier liegt die Basis für zwei nahezu entgegengesetzt ausgerichtete Lehrgebäude.
Die Lehren von der Entfaltung des Menschgeistes in der Präexistenz gemäß des ihm von Gott zugestandenen Rechtes auf freie Entscheidung (nach Origenes und Joseph Smith) und andererseits die Prädestinationsidee unterscheiden sich wie Tag und Nacht. (3) Mormonen behaupten, - in Übereinstimmung mit den Aussagen der bedeutendsten christlichgnostischen Glaubens-gruppen, - dass die Ablehnung des Glaubens, wir wären buchstäblich ewige Geistkinder des höchsten Gottes, katastrophale Konsequenzen nach sich ziehen muss.
„Daher
ist derjenige, der (Gnosis) Erkenntnis durch Offenbarung hat, einer,
der von „oben“ stammt. Wenn man ihn ruft, hört er, antwortet er
und wendet sich zu dem, der ihn ruft, steigt zu ihm empor und
erkennt, wie man ihn ruft. Da er Gnosis (Erkenntnis) hat, vollbringt
er den Willen dessen, der ihn gerufen hat... Wer so zur Erkenntnis
gelangen wird, erkennt, woher
er gekommen ist und wohin er geht.
Er erkennt wie einer, der trunken war und von seiner Trunkenheit
abließ; er brachte das Seine (wieder) in Ordnung, nachdem er zu sich
selbst zurückgekehrt war... Die wahre Gotteserkenntnis beginnt mit
der Erkenntnis des Menschen als eines gottverwandten Wesens...wer
diese Lehre nicht
erhält wird zur Nacht geboren und zur Nacht zugrunde gehen.“
(4)
K.
Beyer ein großkirchlicher Exeget kommentiert das allbekannte
Syrische Perlenlied geradezu "mormonisch":
„Die
Botschaft des Liedes lautet: Die
unsterbliche menschliche Seele göttlicher Herkunft
darf
sich erst dann endgültig vereinen mit ihrem unvergänglichen
geistigen Leib der gleichfalls von Gott abstammt, aber immer bei ihm
bleibt, wenn sie zuvor auf der Erde in einem vergänglichen
fleischlichen Leib und in feindlicher Umgebung mit göttlicher Hilfe
Selbsterkenntnis erlangt und mutig die ihr von Gott gestellte Aufgabe
erfüllt hat...
Das
ist eine synkretistische Religion in der Nachfolge Platons,
die
sich auch leicht mit der christlichen Ethik verbinden lässt.
Ihre
Bilder teilt sie mit der Gnosis und den anderen antiken
Erlösungsreligionen, ohne dass man sicher sagen kann, wer sie von
wem übernommen hat. Das führt schließlich zu der Frage, ob der
gnostische Anteil am spätantiken Synkretismus wirklich so hoch ist,
wie meist angenommen wird. Denn,
dass der Mensch die Erde als Fremde
empfindet, ist ein weit verbreitetes Lebensgefühl…”
(5)
Wir sind eben mehr als Fleisch und Blut.
Kombiniert
mit dem nicänischen Bekenntnis eines antlitzlosen Eingottes brachte
der Wechsel zur Prädestinationslehre des unheiligen Augustinus kaum mehr als Elend, Dummheit und Verwirrung
zustande.
Augustinus, in Anlehnung an die starr katholische Gesinnung seines Lehrmeisters Ambrosius von Mailand, billigte zudem ungerechte Gewaltanwendung gegen Menschen die durch Fanatiker ihres Schlages willkürlich zu Abweichlern und Ketzern erklärt wurden.
Augustinus erweiterte den Grund zur Errichtung von Folterinstrumenten die zur Vernichtung Unschuldiger eingesetzt werden sollten. Wehe denen, die irgend-welchen frommen Dummköpfen widersprachen. Sie wurden allerdings nur der Abweichung von meist frei erfundenen Glaubenssätzen bezichtigt.
Augustinus
wollte vorsätzlich Furcht erzeugen, das belegt auch seine
Erbsündenlehre und die Aussage, dass
“ungetaufte Kinder nicht
in
das Paradies oder auch nur in einen anderen Ort der Glückseligkeit
eingehen könnten... Säuglinge die ungetauft sterben, kommen in
die Hölle.”
Davon
steht in der Bibel kein Wort geschrieben. Die Verdopplung des Kummers
betroffener Mütter hat er zu verantworten.
Das Buch Mormon lehrt dagegen, in Moroni 8: 14
"Siehe, ich sage dir: Wer da meint, kleine Kinder brauchten die Taufe,
der befindet sich in der Galle der Bitternis und in den Banden des
Übeltuns, denn er hat weder Glauben noch Hoffnung noch Nächstenliebe; darum muß er, falls er abgeschnitten wird, solange er noch so denkt, in die Hölle hinabgehen."
Wikipedia: Anton von Werner: Taufe in meinem Hause (1852), typisches Beispiel einer evangelischen Haustaufe im gehobenen Bürgertum des 19. Jahrhunderts |
Auch mit Hilfe seiner grauenerregenden Prädestinationslehre gelang Augustinus leider mehr Schreckliches. Prof. Hans Küng fasste den verwerflichen Teil augustinischer Behauptungen mit den Worten zusammen:
Prof. Hans Küng, kath. Spitzentheologe (1928 -) |
„Nur eine relativ kleine Zahl von Menschen (zur Wiederauffüllung der durch den Engelsfall entstandenen Lücke!) sei zur Seligkeit vorausbestimmt. Die anderen seien eine ‚Masse der Verdammnis’... diese Lehre stellt den Gegenpol dar zu der Lehre des Origenes von einer am Ende zu erhoffenden Allversöhnung. Sie wird in der abendländischen Christenheit ebenfalls eine unheimliche Wirkung erzielen und unendlich viel Heilsangst und Dämonenfurcht verbreiten bis hin zu den Reformatoren Luther und besonders Calvin, der diese Lehre rücksichtslos zu Ende denken wird.“
Plagen des Heiligen Antonius durch Dämonen (Darstellung aus dem 15. Jahrhundert von Martin Schongauer) |
Dagegen formulierte Kurt Hutten, in seinem sektenkundlichen Werk:„ Seher-Grübler ,-Enthusiasten“:
“Mormonismus ist strahlender Optimismus... Der von Mormonen gelehrte Glaube ist erfüllt von ermunternden Ausblicken. Alle Rätsel des Daseins, der Sünde und Schuld, des Leidens und Sterbens lösen sich in einer befriedigenden Harmonie auf.”
Brigham Young, Präsident der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (1801-177) sagte: | "Lasst uns das Evangelium in die Herzen der Menschen hineinsingen" |
An Augustinus Exegese des Ephesertextes erweist sich, wie weit das Christentum seiner Zeit schon vom Urstrom abgewichen war.Dieser Urstrom wurde gewissenhaft von Origenes, Tertullian, Hippolyt u.a. kartiert. Keine zweite theologische Karte unserer Tage kommt dieser so nahe wie die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, was leider zur Folge hat, dass Heutechristen sie als Fremdkörper empfinden. Andere Elemente verdrängten mehr und mehr das eigentlich Christliche.
Das uneinige Christentum des 4. bis 6. Jahrhunderts erhielt seine Hauptimpulse, weniger von Christus, als zunehmend von Politikern wie Konstantin und anderen Cäsaropapisten, samt Ambrosius von Mailand, denen die Konsequenzen urchristlicher Sichtweise nicht passten. Insbesondere widerstrebte Kaiser Justinian der Gedanke der völligen Gleichheit aller Menschen (die zur Familie Adams gehören), weshalb er mit einer handvoll kollaborierenden Bischöfen auf der Ostsynode, 543, Origenes verfluchen ließ - selbstverständlich ohne Papst Vigilius zu konsultieren -.Interessant ist, dass gegenwärtig eine Strömung in der evangelischen Kirche aufkommt, vertreten durch Herrn Pfarrer Lic. Felix Gieterbruch und die ihn beratenden Professoren, die überraschend weitgehend der “mormonischen” Theologie entspricht. In seinem großartigen Werk „Der Sündenfall ein sinnvoller Mythos“, 2008, schreibt Gietenbruch:
“Präexistenz
meint, dass wir als handlungsfähige geistige Wesen schon vor unserer
Geburt existierten... in dieser Vorexistenz haben wir uns alle
eigenverantwortlich von Gott entfremdet... Ich denke, heute wird uns
mehr und mehr bewusst, dass auch das christliche Abendland neu
darüber nachdenken muss.“
Bereits
vor Veröffentlichung dieses Buches stand in meinen
Powerpoint-Präsentationen immer eine andere Formulierung dieses
Autors
an
bedeutender Stelle:
„Nach
der Lehre Adams ist jeder Mensch Adam und ist aus der Sphäre des
Paradieses gefallen..."
Das
ist (nahezu) mormonischer Tempeltext!
Wenn
die Großkirchen anerkennen könnten, dass wir ewige Geistwesen sind,
denen Gott Form und Gestalt gab, die “ehe
der Welt Grund gelegt wurde” in
der Gegenwart des gemeinsamen Gottvaters standen, dann würde diese
Erkenntnis zahlreiche theologische Widersprüche sofort auflösen.
Der
Begriff “Seele”, mittlerweile ein Unwort für protestantische
Theologen geworden, erhielte eine neue Definition. Durch die
Verbindung von Geist und Körper würde der Mensch zur (lebenden)
“Seele”.
Nach
Origenes, sowie den Bischöfen seiner Zeit, und Joseph Smith waren wir vorirdische Geistwesen, die
hocherfreut sahen, dass "Elohim"
und sein Christus, unseren Fall in die Gottesferne einplanend, einen
Weg zu unserer Erlösung (Rückkehr) vorbereiteten.
Jesus Christus nach einem Mosaik zu Ravenna 6. Jahrhundert, wahrsch. arianische Vorstellung. Ausnahmslos alle Christen glauben, dass er der Erlöser aller Menschen ist (soweit sie sein Angebot akzeptieren) |
Schon
in der Ewigkeit wurde der dem Vater nachgeordnete Christus erwählt,
so wie auch andere Persönlichkeiten, wie Jeremia, wie Luther und
Joseph Smith die bedeutende Nebenrollen im Plan der Erlösung
spielen sollten.
Wer
schon in der Präexistenz an die Seite Christi trat um künftig das leichte (sanfte) Joch wahren Christseins
zu tragen, der gehörte zu denen, die der Herr der Geister (Ernst
Moritz Arndt) “in
seiner Liebe... dazu vorherbestimmt
hat,
seine Kinder zu sein durch Jesus Christus nach dem Wohlgefallen
seines Willens, zum Lob seiner herrlichen Gnade, mit der er uns
begnadet hat in dem Geliebten.”
Nur
einer war stark und würdig genug, der (gnadenlosen) Rechtsprechung
ein makelloses Opfer anzubieten: Christus. Er musste sich selbstlos
den Gnadenlosen in die Hände geben, um jenen Preis zu zahlen, den
wir niemals aufbringen könnten um uns aus dem Gefängnis unserer
schuldhaft verursachten Verstrickungen samt den Folgen des Falles ins
Loch der Sterblichkeit, zu erlösen. So würde er, ohne
unser Dazutun,
unsere Unsterblichkeit und die Möglichkeit
zu unserer Erhöhung sichern.(Insofern - nur insofern - stimmen Mormonen mit Luther überein.)
Jeder
Mensch kann, wegen des Sühnopfers entsprechend seinem Bemühen, wie
Gott werden. Ist es nicht ein Ziel das Jesus in der Bergpredigt in
den Mittelpunkt stellte? Forderte er nicht, "...darum
sollt ihr vollkommen werden, gleichwie euer Vater im Himmel ist"?
Selbst
Luther spricht - zu unserem Erstaunen - von der Deifikation (Theosis)
des Menschen!
Bietet
sich uns damit eine Brücke an, die Unvereinbarkeiten zu überqueren?
Tröste Dich, Augustinus, nach der Lehre der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage bleibt niemand für ewige Zeiten in der Hölle, also auch du nicht. Die Behauptung, man könne der Hölle nicht entkommen, geht zwar auch auf Deine Rechnung, aber sie stimmt zum Glück nicht!
Wer einsieht, dass er Unsinn und Schaden gestiftet hat, der kann erlöst werden. Das ist Christi und der Mormonen Lehre.
Erlöser ist jemand der die Tore der Hölle aufbricht. Das konnte nur einer: Jesus Christus.
Beide Abbildungen: Mormon-Fair |
Schade, dass Du, Augustinus, uns nicht mehr sagen kannst, wie sehr es Dir gegenwärtig leidtut, so viele Säuglinge und andere Unschuldige in die Hölle geschickt zu haben.
Natürlich wäre es weiser gewesen, Du Augustinus, hättest in Deiner "Patrologia Lavina 40, 533; praedestinavit ad aeternam..." diesen Blödsinn nicht verfasst:
„es gibt Individuen, die Gott von vorne herein für die
Hölle vorbestimmt hat."
Bernhard Lang, „Himmel und Hölle“ Jenseitsglaube von der Antike bis heute.( C:H: Beck 2003) machte uns darauf aufmerksam, sowie darauf, dass: Hölle vorbestimmt hat."
"die gesamte Theologie des Mittelalters der augustinischen Auffassung von der Hölle und ihren ewigen Qualen folgte..."
Höllenszene im Baptisterium San Giovanni |
Auch dies war der Grund, warum der liebende Gott den Knaben Joseph Smith erwählte um die vielen menschengemachten Torheiten zu korrigieren und aus den irregelenkten Köpfen zu eliminieren.
Es hätte keinen Zweck gehabt einen Papst mit dieser Aufgabe zu betrauen. Das alte System war zu starr. Es war überaltert.
"Niemand füllt neuen Most in alte Schläuche!"
"Man setzt auch keinen neuen Flicken auf ein altes Gewand."
Das erklärte bereits damals Jesus. Deshalb hat er auch keine Pharisäer der alten Schule in sein System eingebaut, sondern sich neue Leute gesucht, wie die Fischersleute um Petrus, und 1800 Jahre danach Joseph Smith.
Quellen
(1) “Vom freien Willen”
(2) “Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre”
(3)
Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft“, dritte,
völlig neu bearbeitete Auflage, 4. Band Kop-O, Mohr (Paul Siebeck)
Tübingen, 1960
(4) K. Rudolph, “Die Gnosis”, Koehler...; Amelang, Leipzig, 1977, S. 139, 111
(5)
Walter Rebell, „Neustestamentliche Apokryphen und Apostolische
Väter“, 1992
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