„Ordenspriester Dr. Jóse Carranza
und sein Sohn“ (1) Gerd Skibbe Teil 1 von 2
Quellengestützte Erzählung
Anzeige gegen Unbekannt –
erstattet am 7. Juni 1609
„Gelobt sei Jesus Christus in
Ewigkeit!“
„…in Ewigkeit. Amen.“
„Ich halte es für meine Pflicht einen
Mitbruder anzuzeigen.“
Der graubärtige
Inquisitor im Vorraum des heiligen Oficios zu Santiago de Compostela schaute
den fremden Besucher scharf an: „Woher kommen sie? Berichten sie!“
„Mein Kloster zu
Malaga schickte mich hier her. Unter den
Wallfahrern war einer der unseren Habit trug. Er wollte seinem jüngeren
Begleiter weismachen im ehrwürdigen Grab würden nicht die Knochen des Apostels Jakobus liegen, sondern
die des Ketzers Priscillian von Avila, als des angeblich echten Bischofs und
wahren Heiligen.“
Der Bruder
Inquisitor spitzte den schmalen Mund. Er nickte lebhaft. Nahezu jeder Spanier
kannte insgeheim diesen für treue Christen unerträglichen Vorwurf. Der
örtlichen Inquisition oblag es deshalb diese unerhörte Behauptung zunichte zu
machen. Fest stand, der Aufrührer Priscillian hatte sich den Beschlüssen des
maßgeblichen ersten Konzils der Christenheit klar widersetzt. Von Priscillian stammte
auch das gefährliche Gerücht, die Kirche sei zu Beginn des vierten Jahrhunderts
vom richtigen Weg abgekommen und sie werde in der Hölle landen. Sie folge statt
Christus den heidnischen Lehren und Weisungen Kaiser Konstantins und dieser
Imperator sei ein Mörder.
Deshalb wurde der
ehemalige Bischof Avilas, als ein der Magie des Teufels ergebener Abtrünniger
schließlich ergriffen und hingerichtet
- geköpft zu Trier, 385, mit
einer Anzahl Gesinnungsgenossen.
Die Inquisition kannte
das ungeheure Märchen vom guten Priscillian.
„Wir loben ihren
guten Willen, Bruder… es ist schwer Lügen zu ersticken… Unter Brüdern unseres
Ordens zu sagen und dreist zu verbreiten die Frommen aller Länder der Welt
kämen zum Friedhof eines Erzketzers um ihn zu ehren, ist todeswürdig! Kennen
sie den Mann?“
„Nein! Ich sah ihn
zum ersten Mal. Im Gewühle der Menge der Anbeter verlor ich ihn aus den
Augen. Aber ich kann ihn beschreiben.“
„Tun sie das!“
„Also der Mann
sprach andalusisch, so etwa als käme er aus Granada. Blond, groß, stattlich,
glatt rasiertes Gesicht. Die Tonsur sehr stark, mittelblondes Haar. Um die fünfunddreißig, vielleicht
vierzig. Gesunde Zähne, blaugraue Augen. Gewölbte Lippen, leicht fliehendes
Kinn, kurzer Hals. Er trug eine auffallend gepflegte Kutte. Sein
Gesichtsausdruck schwankte zwischen energisch und spöttisch. “
Im Haus der
Untersuchung zu Santiago de Compostela wurde im Anschluss dieser Aussage nach einem gewissen Bruder gerufen.
Der Mann der eintrat
ging zivil gekleidet. Er wurde sehr höflich gebeten sein Werkzeug zu holen.
Jemand verlas sodann die soeben erfolgte Ketzerbeschreibung und der
Herbeigerufene malte mit wenigen Strichen die Konturen eines Bildes mit einem
Kohlestift: „Ist das zutreffend?“
Der Petzer wog den
Kopf und fügte hinzu: „keine Stirnfalten! Das fiel mir auf. Die Stirn etwas
höher und breiter. Keine sichtbaren Wangenknochen.“
Wenige Minuten
später nickte er: Ja so etwa sehe der Bruder aus.
„Nun ergänzen sie
ihren Bericht. Was wurde außerdem gesagt?“
„Dass Priscillian,
ein Arianer sei, - während ich aus
Belehrungen wusste, dass die Arianer Christus verachten.“
Der Untersucher
schüttelte sich: „Warum muss man ihnen jede Einzelheit aus der Nase ziehen?
Hier zählt jedes Wort.“
„Mehr war nicht“,
erwiderte der so getadelte Mann, nun plötzlich schüchtern. Anscheinend wurde
ihm bewusst, dass er einen Sturm auslösen wird.
Weitere Mitarbeiter
des Büros kamen hinzu. Offensichtlich erkannte ihr Wortführer, dass dem
Besucher nicht mehr gut zumute war. Ihm wurde deshalb Gottes Segen
zugesprochen, aber zugleich der Auftrag erteilt zu helfen, den von ihm
beschriebenen hochgefährlichen Mann zu fassen.
Er möge die Blätter
mit dem Konterfei des Verbrechers, die er in drei oder vier Stunden abholen
muss, in allen Klöstern Andalusiens verteilen. Er habe sich bei der Behörde zu
Malaga zu melden. Dort werde er die erforderliche Unterstützung erhalten, sowie
den Beleg, dass er seiner Pflicht nachkam. Doch bereits hier wird er, mit den
Flugblättern, ein Dokument erhalten, das
ihn berechtigt jede Tür in Spanien zu öffnen. „Das gilt, bis wir ihn fassen und sei es sie finden ihn
in Rom, oder im Escorial. Bis dahin sind sie von jeder anderen Pflicht
weitgehend entbunden. Kommen sie nicht ohne Resultat daher.“
Der Befehl fuhr dem
Denunzianten, wegen der Schärfe des Tones, durch Mark und Bein.
Der dünnlippige Mann
setzte hinzu: „Haben wir nicht schon hinreichend Probleme mit den
gottverlassenen Marranen? Jetzt kommen sie schon aus den eigenen Reihen…
Beehren sie uns am Nachmittag!
Wenn sie erfolgreich
waren werden wir es wohlwollend vermerken: Gelobt sei Jesus Christus!“
Der so belastete
Dominikaner verließ das schlichte, graue
Gebäude über dessen Eingang die Worte geschrieben standen: Exsurge Domine,
exsurge judica causam tuam.
„Stehe auf Herr und
richte in eigener Sache gerecht.“
Der verunsicherte
Mann wusste, dass in Spanien Gerechtigkeit gleichgesetzt wurde mit
Gnadenlosigkeit.
Die Suche nach dem Ausweg - der gesuchte Mann
Am 23. August des Jahres 1609 befand sich der
vierzigjährige, hochgewachsene Dominikanermönch, Doktor der heiligen Schrift
und Ordenspriester, Jóse Carranza, auf dem Weg zu seiner Geliebten.
Daran war nichts
Ungewöhnliches. Er besuchte sie und seinen Sohn seit vielen Jahren, - ob es
unerträglich heiß war oder regnerisch – so oft es die Umstände zuließen
sonntags vormittags.
Seiner schönen
Jimena, sowie Ahmed dem fünfzehnjährigen Sohn, die im nahen Dorf Alboraya, inmitten der
valencianischen Huertas wohnten, konnte jeder ansehen, dass sie maurischer
Abstammung, d.h. „Mudejaren“, also Maurisken, und eben damit Marranen waren.
Wen immer es danach gelüstete, durfte sie ungestraft
mit diesem Ausdruck belegen. Vor ihrer
Vertreibung aus diesem Land nannte man die Juden so, - Schweine -. Sie hätten
nur zum Schein das Christentum angenommen. Nun zählten die Übriggebliebenen der
einst stolzen Herrenkaste des Kalifats von Cordoba zur Menschensorte der Impuros, der Unreinen. Jedenfalls konnte sie die Taufe, die sie
unter Zwang erlitten hatten, bei bestem Willen nicht rein waschen. Das
jedenfalls meinten maßgebliche Kleriker.
Ihr Vorwurf lautete, die in die Knie gezwungenen waren im Herzen, wie
ihre Vorfahren, Muslime geblieben.
Christliche Fanatiker versuchten es in den zurückliegenden Jahrzehnten
und Jahrhunderten immer wieder, sie ganz
und gar los zu werden, obwohl es anderslautende Verträge gab. Kriege zwischen
Katholiken und den Maurennachkommen folgten. (1) Sie waren und blieben
Marranen, schmutzige Tiere, dazu
bestimmt als Täter zu gelten, obwohl sie dazu verurteilt waren Opfer der
Willkür zu sein.
Wann immer er sich
auf dem Weg befand, sah Jóse Carranza in Gedanken seine geliebte Frau Jimena
knietief im Wasser stehend, Reissetzlinge pflanzend, mit dem breitrandigen
Strohhut oder wie sie im Schatten der Glorieta saß und Bücher las, die er ihr
aus der erzbischöflichen Bibliothek mitgebracht hatte. Maurisken pflegten ihr
Wissen. Sie freuten sich wenn sie es erweitern konnten. Selbst in den
kriegerischen Jahren der Reconquista hegten nicht wenige spanische Adlige
Hochachtung vor den kulturellen Leistungen der mauriskischen Marranen. Diese
Einschätzung teilten nun nur noch wenige.
Das landesübliche
Verständnis vom Christentum ließ Toleranz im Allgemeinen, insbesondere in
Glaubensfragen, nicht zu. Hochrangige Kirchenmänner trachteten seit einigen
Jahrhunderten nach einer Endlösung dessen, was sie für ein schwerwiegendes
Problem hielten. Zurückjagen muss man
sie, in die Wüsten Afrikas, wo sie samt ihrem Allahglauben hergekommen waren.
Den von stinkenden
Beulen heimgesuchten Vater des jetzigen Oberherren Spaniens, König Philipp II.,
versuchten gewisse Mönche noch auf
seinem Sterbebett, vor erst wenigen Jahren, zu überzeugen, er müsse
sämtliche „Marranen“ aus Spaniens
heiligen Leib verbannen. Andernfalls könnten er selbst, und sein schönes Land
nicht genesen.
Doch diesen scharfen
Schnitt, zu dem ihn auch einige seiner Lieblingsmönche aus den Reihen der
Hieronymiten drängten, untersagte der sonst mit Ketzern gnadenlos umspringende
Herr des weltweit größten Imperiums energisch.
Philipp II. wusste sehr wohl, dass diese Menschenrasse ein bedeutender,
ja unverzichtbarer Faktor der Landbau- und Gartenkunst seines Landes waren,
Schöpfer der schönsten Landstriche seines Landes. Sie produzierten erhebliche
Nahrungsmittelüberschüsse und andere Handelsgüter. Lediglich, dass er diesen
schweinischen „Unbelehrbaren“ schon zuvor verbot weiterhin ihre eigene Sprache und ihre Sitten zu pflegen. Obenan
stand das für alle Araber schmerzlich empfundene Badeverbot.
Nun jedoch regierte
der Sohn gleichen Namens barbarisch, wenn man das, was er tat oder unterließ,
regieren nennen wollte. Philipp III.
galt als Strohpuppe seines ersten Ministers Lerma, und der hasste die Marranen,
weil sie auf beiden Seiten hinkten, wie er angeblich behauptete. In Wahrheit
verführten ihn die in seinem Kopf existierenden Flausen zu denken, wenn man
diese Menschen vertreibt, ließen sich mittels der sodann verwaisten Grundstücke
Millionen verdienen. Lermas Eitelkeit
und Verschwendungssucht erwiesen sich seit seinem Amtsantritt, als grenzenlos
und damit als zusätzlich gefährlich für die Marranen. Ihn selbst kümmerten
solche Kleinigkeiten nicht. Er hielt sich für ein Genie in Sachen Politik.
Weltberühmte Maler mussten Lermas Glanz mehren. Dem ersten Staatsminister
genügte es längst nicht mehr im
vornehm-schönen Escorial mit König Philipp III. zu residieren, wo er
stundenlang die für ihn langatmigen Vorträge gewisser Fachmänner ertragen
musste, während seine Majestät sich an albernen Figurenspielchen ergötzte.
Don Francisco Gómez
de Sandoval y Rojas, Marqués de Denia, Herzog von Lerma, wollte sein Leben auf
Kosten anderer genießen und zugleich als Elitechrist gelten. Er schielte nach
Prunk, weltlicher Unterhaltung und
Ruhm. Deshalb, und weil er die zahllosen
Bittsteller besänftigen und viele von ihnen entlohnen musste, erwartete er
immer dringender mehr geraubte Schätze aus der Neuen Welt, die seine
Silberflotte Jahr für Jahr herbeisegelte.
Der Einsicht
bedeutender Ratgeber, dass man Gold nicht essen kann, verschloss er sich
völlig. Für ihn stand fest: mit Geld kann man alles kaufen. Hinter vorgehaltener Hand flüsterten manche:
wenn er betet, dann zuerst dafür, dass die ozeanischen Stürme seine mit
Raubgold beladenen Schiffe verschonten.
In dem von Lerma
ungeliebten Klosterpalast herrschten strenge Sitten. Über alle Gänge huschten
die ernsten, weißgekleideten Hieronymiten die sich unentwegt dem göttlichen Lob
widmeten, sowie die Staatsräte mit auffallend düsteren Mienen. Letztere hatten erhebliche Ursache trübe in
die Zukunft zu schauen, denn trotz ständiger Zufuhr von Edelmetallen, die aus
den Indianerländern herausgepresst wurden, musste Spanien seinen dritten
Staatsbankrott erklären. Die
einheimischen Herren der Finanzen rauften sich die Haare. Ebenso die deutschen Fugger-
und Welserfamilien, als Kreditgeber. Vom Geldverschwenden hielten gerade die
privilegierten Spanier viel. Aber an die Pflicht Beiträge zur Werteschöpfung zu
leisten dachten nur wenige unter denen, die einen klingenden Titel trugen.
Im Escorial, dem
weltgrößten Renaissancebau herrschte immer noch der auf Lerma unangenehm
einwirkende Geist des berühmten, vor erst wenigen Jahren verstorbenen Philipp
II. Man musste sich ihm beugen. Lerma
wollte diesem Druck ausweichen. Valladolid als Regierungssitz würde ihm
zusagen. Das betonte er seinem König
gegenüber wiederholt und nicht umsonst. Seit langem gewohnt aus allem Profit zu ziehen, kaufte er bereits geraume Zeit vor
dem von ihm betriebenen Umzug des Hofes nach Valladolid billige Grundstücke
auf. 1601 ließ er den Hof dorthin
verlegen. Nahezu jeder wusste, dass der genusssüchtige Großherr den drei- und
vierfachen Preis für jedes plötzlich wertvoll gewordene Haus, als persönlichen
Gewinn einstreichen konnte. Mit jeder sprungbereiten Hofschranze wuchs nämlich
der Wohnungsbedarf. Lerma agierte wie ein Ungeheuer mit einem Stein an Stelle
eines Herzens. Kardinal wollte er werden, unanfechtbar für immer, unfromm bis
in die Knochen. Mit diesem harten Urteil
stand Dr. Carranza nicht alleine da. So sah der Hintergrund seines Kummers aus.
Üblicherweise genoss
er diesen halbstündigen Spaziergang durch die kunstvoll bewässerten Gärten
Valencias, die sich weithin ausdehnten. Er konnte sich der Farbenvielfalt
zahlloser Gewächse erfreuen die unter meist strahlend blauem Himmel prächtig
gediehen. Jeder Besuchstag war ihm heilig. Normalerweise entspannte er seine
Nerven. Doch in der Mitte der vorletzten Woche zuckte nach fernem Donnergrollen der erste Blitz aus
jenen Wolken herunter, die er seit
längerem mit Sorge betrachtet hatte und das nächste, das große Unwetter drohte
diesem zu folgen.
Ja, er war fahrig,
das musste er zugeben. Die ihn sonst begleitende Vorfreude wollte sich
angesichts des letzten Diktates seines hartherzigen Dienstherrn nicht
einstellen. Da saß er, vor erst wenigen Tagen, an jenem scheußlichen Vormittag,
seinem Erzbischof, seiner Exzellenz Don
Juan de Ribera gegenüber, der sich nach langer Zeit unverhohlenen Grimms in
offensichtlich guter Stimmung befand. Wie beiläufig bemerkte dieser bedeutende
wortführende, geistliche Herr, Herzog von Lerma erwarte ungeduldig seinen, die
Marranenfrage betreffenden definitiven Gesetzesentwurf. Jóse empörte die Häme,
die in diesem langen, vollbärtigen Greisengesicht sichtbar wurde. Als hätte
ihn, Jóse, das Schicksal dazu ausersehen, musste ausgerechnet er Don Juan de
Ribera an diesem Tag, in dieser besonderen Situation, als Sekretär dienen. Wie
Hammerschläge hallten die Worte seiner Exzellenz: Herzog von Lerma liebe seine
Formulierung, die er dem König in den Mund legte:
„ich,
Philipp III., habe zur Ehre Gottes beschlossen, dass alle Marranen aus Spanien
verjagt werden! ... ich, Spaniens König darf sie, ohne Bedenken, an Gut und Leben
strafen.“
Eminenz de Ribera fügte hinzu: „nun sollen wir
es zu Ende bringen. Die generelle Zustimmung wurde damit bereits erteilt.“ Nur am Einführungstext müsste noch gefeilt
werden, die Begründung stärker herausgestellt werden, die Gefährlichkeit der
Marranen in Sachen Religion. Obwohl er dieses böse, letzte Machtwort
seit einem Jahrzehnt befürchtet und
dann sogar erwartet hatte traf es Dr. Carranza empfindlich. Die Strafen
an „Gut und Leben“ sollten an
einhunderttausend Marranenfamilien quasi sofort vollzogen werden. Vollzogen
auch an seinem Sohn Ahmed und möglicherweise, wenn es Verleumder oder Neider
gab, an Jimena.
Ihr schmales, langes
faltenloses Gesicht leuchtete ihm immer. Sie war seine Heimat. Das Unheil wird
in engster Zusammenarbeit der spanischen Kirche mit der Krone geschehen. Wann immer er in internen Gesprächen mit
anderen kritisch Nachdenklichen die Intoleranz der Kirche beklagte, wurde ihm
fast beschwichtigend erwidert. „Lieber Herr Doktor, das sind doch nur die
Fehler Einzelner!“ Soweit wie er, wollte
sehr selten jemand gehen.
Ohnehin gelte nach
wie vor das Wort des Papstes Sixtus I.: „die
Kirche ist immer heilig, gleichgültig wie verworfen ihre Priester sind“
(2)
Aus guten Gründen
hielt er bislang nur gelegentlich und recht vorsichtig dagegen, die Kirche sei
das was ihre Gläubigen daraus machten.
Dr. Jóse Carranza,
der Mann mit der glatten, breiten Stirn behauptete, wenn auch behutsam und nur
gegenüber denen die ihn schätzten, die Kirche ist nie heiliger als ihre
Priester. So wie kein Kuchen besser sein kann als seine Zutaten. Selten sind
diese Herren Christen, was sie durch ihre Lieblosigkeit belegen. Sie nehmen das
Geld von den Armen, werden auf den Schultern der Schwachen durchs Leben
getragen. Das ist Christen nicht erlaubt. In den ersten drei Jahrhunderten,
galten die Christnachfolger als Menschen der
Freundlichkeit, der Herzensgüte und des ehrlichen Wohlwollens, Leute des
Strebens nach Rechtlichkeit.
Unrechtsmaßnahmen
bildeten jedoch schon seit dem ersten ökumenischen Konzil zu Nicäa, 325, den
Grundstock kirchlicher Macht. Unmenschlichkeit gedieh - in den Reihen der
Ecclesia militans et triumphans -
ungerügt, wenn sie nur dem „Sieg" des nicänischen Bekenntnisses
diente.
Dieser Punkt im Bild
seiner Betrachtungen war ein hässlicher,
schwarzer Tintenklecks! Nichts hat der Menschheit mehr Schaden zugefügt
als das die Anbetung des damals zu Nicäa kreierten Gottes. Dieser verschlang
Jesus von Nazareth, wie ein Feuerofen das Erz.
In den Zusammenkünften der Christen vor Nicäa hieß es stets: wenn sie ihren Status wahren wollten dürften sie
unter keinen Umständen verwerflich handeln. In der Bibel stünde klar
geschrieben, dass in der Kirche kein Platz für Übeltäter sei. (3)
Dr. Carranza kannte die vielen diesbezüglichen
Passagen. Da wurde zudem deutlich definiert wer ein Übeltäter ist, nämlich der
Habgierige, der Räuber. Das fromme Spanien, besessen vom Ungeist des nachnicänischen Christentums, wird den Mauren trotz
aller biblischer Lehren ihr Bleiberecht ungestraft rauben. Zahllose Habgierige, allen voran
Lerma, die kaum jemand rügen wird, warteten auf den Tag an dem sie endlich
Besitz ergreifen können von den begehrenswerten, verlassenen Ländereien und
Häusern der angeblich Verworfenen.
Er fühlte es, er
könnte eines Tages zu seinem Verhängnis einen Schritt zu weit gehen. Jemand
wird ihn verraten.
Aber er konnte nicht
anders, alle Welt muss es erfahren, 325, zu Nicäa wurde das Antichristentum geboren, es wurde zwei
Generationen später durch das Wirken von Banditen vom Schlage eine Damasus von
Rom und eines Ambrosius Staatsreligion und es ist nun ein nach absoluter
Vormacht gierendes Ungeheuer, die spanische Inquisition.
Aber er konnte nicht
anders. Diese Wahrheit drängte aus dem finstersten Untergrund ins Licht, wie ein Samenkorn: Das erste ökumenische
Konzil wurde gewaltsam durch einen Gewaltmann zu Basis des Verderbens.
Jeder Schritt den
Ordenspriester Jòse setzte hinterließ Spuren nicht nur auf dem Weg, sondern in
seinen Vorsätzen das Ungeheuer zu demaskieren. Die nachnicänische Kirche hatte
den hochgeliebten Bischof Priscillian von Avila ermordet, weil er den Mut zur
Wahrheit aufbrachte, selbst wenn ihn solche Gesinnung, den Kopf kosten sollte.
Solch vorbildlicher
Edelmut und die Liebe zu seiner kleinen hoch bedrohten Familie bewegten Dr. Jòse
Carranza aus seinem Leben das Beste zu machen.
Was nun in seiner Heimat geschehen würde, hatte Jóse
Carranza zwar kommen sehen und doch bis dahin geglaubt und gehofft, dass die
Gegenstimmen im höchsten spanischen Regierungsrat ausreichen würden, das Schlimmste
zu verhüten. Noch vor zehn Monaten gab es Ursache zu hoffen, dass ein
Vertreibungsdekret auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben werden könnte.
Er war ja in den Palast der
Gnadenlosigkeit und des finsteren Fanatismus des Don Juan de Ribera sozusagen
„eingedrungen“ um seinen, wenn auch noch so kleinen Beitrag zu leisten, dass
dieser Ernstfall nie eintritt.
Schrecklich war deshalb die folgende Nacht, nach der aus dem Escorial
stammenden Nachricht gewesen, schrecklicher noch der Tag darauf. Jóse konnte kaum atmen ohne intensiv zu
denken und zu planen, wie wenigstens seine Familie dem Unheil entkommen
könnte. Leider war an einen baldigen,
noch rechtzeitig vor der Verkündung des Austreibungsbefehls erfolgenden Umsturz
des Kirchenungeheuers nicht mehr zu denken. Die Hoffnung, dass
sich auch in Spanien ereignen könnte, was erst wenige Jahre zuvor, 1598, in
Frankreich geschah, hatte sich zerschlagen.
Da im Süden und Westen des Nachbarlandes sammelten sich in vielen
Städten die Oppositionellen unter Führung von aufmüpfigem Adel und
rebellierender Geistlichkeit. Sie hatten es satt als Roms Willensvollstrecker
zu dienen und wirkten erfolgreich dagegen.
Ganze Landstriche Frankreichs
erhoben gegen Rom die Klage, die Kirche sei nur an der Festigung ihrer Übermacht
interessiert, an Geld und pomphafter Prahlerei.
Nach langem Ringen kam, vor erst zehn Jahren - es ist fast unglaublich -
das Toleranzedikt von Nantes zustande. Die Allmacht der Kirche gab es dort
nicht mehr. Im neuen Frankreich durften die Unterdrückten aufatmen. Die
Hugenotten genossen dieselben Rechte wie die Katholiken. Wer hätte das vor rund fünfzehn Jahren für
möglich gehalten? Dagegen hatte das Imperium Spanien bislang jeden Ansatz zu
vergleichbarer Entwicklung erbarmungslos
im Keim erstickt. Hier wurde selbst das Denken verboten.
Seine kleine Familie
bedeutete Dr. Carranza mehr als der Reichtum seiner Gedanken. Immer, sobald er
aus diesem blinkenden, vielfarbig strahlenden Wasserparadies, dieser
Huerta-Landschaften, zurückkehrte in sein düsteres, ungemütliches Kämmerchen,
im Palast des ehemaligen Vizekönigs Don Juan de Ribera, wartete er mit Ungeduld
auf die nächste Gelegenheit Jimena und Ahmed wieder zu sehen, denn er war ein
Familienmensch.
Doch diesmal stellte
sich die Vorfreude nicht ein. Dafür stand nun das eiserne Muss vor ihm, Ahmed
gegenüber zu bekennen, dass er sein Vater ist. Jetzt gab es keine Wahl mehr.
Auf Gedeih oder Verderb musste er das für ihn nicht ungefährliche Geheimnis
brechen. Nur wenn er Ahmeds Herz gewinnt, könnte es einen Ausweg geben, nämlich
die rechtzeitige gemeinsame Flucht nach
Norden. Lediglich Frankreichs Türen standen für sie offen.
Sein junger Freund
und Vertrauter Luis, der dreißigjährige Dominikanermönch zu Denia, hatte
wunschgemäß auch dieses Mal und abermals vorsorglich dreitausend Gramm Gold
nach Marseille getragen und hoffentlich die Summe dem Hugenotten Monsieur
Ballarde ausgehändigt. Zusammen machte das die Hälfte seiner und Jimenas
Ersparnisse aus, plus Geschenke seit Jahrzehnten. So jung Luis war, so energisch unterstützte
er ihn, nachdem sie sich vor Jahren, zu zweit heimkehrend von einer Wallfahrt,
im Nebel verlaufen hatten. Durchnässt, hungrig und müde hatten sie sich in eine
Heumiete hinein gerettet und sich gegenseitig mehr denn je zuvor anvertraut wie
sie ihre Mission verstehen. Die Männerfreundschaft begann in Santiago de
Compostela. Luis, das Kraftpaket, liebte ihn und umgekehrt. Wie er, Jóse
selbst, liebäugelte auch Luis mit wichtigen Teilen des Luthertums und dem Calvinismus der Hugenotten.
Dieses Geld sollte
ihm und seiner Familie wichtige Türen öffnen und helfen den neuen
Lebensabschnitt solide zu beginnen. Dr. Carranza gab sich noch zwanzig Jahre
die er mit Jimena und Ahmed gemeinsam offen zusammenlebend verbringen könnte.
Im Frankreich Königs Heinrich IV. wäre das möglich, wegen des Mutes, mit dem
dieser Herrscher als gekrönter Calvinist und Hugenotte die Zügel hielt, - der
sich lediglich äußerlich dem katholischen Rom zugewandt hatte. Tatsächlich bot König Heinrich allen Spaniern,
die ihres Glaubens wegen gefährlich lebten, ein Bleiberecht unter seinen
Landeskindern. Das galt ausdrücklich auch für Maurisken. Noch allerdings lag
ein weiter, gefährlicher Weg vor ihnen.
Noch drohte ihnen das ganze politische Unwetter mit all seinen Unwägbarkeiten.
Jóse Carranza hatte es immer bedrückt. Sein
Lebensglück könnte eines bösen Tages am spanischen Klerikalismus zerbrechen. Er
schwamm vielleicht zu heftig gegen den Strom. Bislang ging es gut. Unbefragt
durch die Schnüffler war er bis zu diesem Tag und diesen Punkt, ungeschoren
durch gekommen, auch weil er, gegenüber
der Kirche, bestimmte Erfolge vorweisen
konnte. Durch sein Wirken hatten sich Bertram der Weingärtner, sowie dessen
Ehefrau und Jimena und deren Eltern zu den Lehren Christi bekehrt. Das, und die
Bestätigung durch den ersten Pfarrer ihrer Gemeinde, zählten. Dies und mehr
konnte Jóse konkret vorweisen. Sie gaben den Ordensbrüdern reichlich Brot und
Früchte. Das war der eigentliche Beweis. Sie knieten vor dem Altar dreimal länger
als die Unwilligen. Sie beichteten redlich. Sie glaubten, dass Christus ihnen
mehr bot als Allah. Das bekannten sie glaubwürdig, hoffentlich auch zu seinem
Glück.
Dass solche
Missionierung jedoch seinem Sohn Ahmed missfiel war andererseits
mehr als offensichtlich. Schlimmer,
Ahmed musste ihn bis zur Stunde als bekehrungssüchtigen „Onkel“
betrachten, als den er sich stets ausgegeben
und erwiesen hatte, denn so
verlangte es das Gesetz der Konspiration. Aber eben das musste jetzt geändert
werden. Jetzt, nach dem Diktat des letzten Donnerstags. Was er, Jòse, bislang werbend
unternahm sollte nach Maßgabe der Kirche eigentlich überall getan werden. Doch
die meisten Ordensleute verweigerten die Bekehrungsarbeit, oder drückten sich
vor ihr, denn Vorliebe genossen sie aus naheliegenden Gründen von Seiten der
Verachteten nicht.
Er eilte. Es rumorte
in seinem Kopf. Jimena und das Ehepaar Bertram wird er erschüttern müssen,
Ahmed ebenfalls. Jòse betete und rang mit sich. Wie will er sein ungutes Wissen
seiner Familie vermitteln?
Jimena indessen wusste natürlich, dass Jóses
Christentum mit dem der Bußprediger und Prälaten so gut wie in keinem Fall
übereinstimmte. Das störte sie nicht, denn ihr Jóse bewies ihr gegenüber seine
Liebe und Ehrlichkeit, so wie er zu ihrer
Schwester, der Mutter Ahmeds, stets aufmerksam gewesen war. Sie wusste alles
von Belang. Vor allem war ihr sehr bewusst, dass Jóse die Lehren Christi liebte
und dass er bemüht war gemäß seiner Erkenntnis das zu leben was er glaubte.
Auch, dass er zweimal größere Geldbeträge nach Marseille bringen ließ, in die
Hände eines hugenottischen Reeders, wusste sie. Eine Summe für alle Fälle. Sie
wusste, wie gefährlich er mit seinem Antikirchentum lebte, dass er
eines Tages Spanien verlassen muss, denn seit der Verbrennung der zahlreichen
Mitglieder der Lutheranergemeinde, 1559, zu Valladolid, galt als oberster
Grundsatz das Wort König Philipp II.:
„Niemand
ist in unseren Landen seines Lebens sicher, der nur ein Haar breit vom Glauben
der römischen Kirche abweicht oder sich nicht unbedingt dem Willen der
Inquisition unterwirft.“ (9)
Es gab in Spanien
nur selten mündige Bürger, die sich dieser massiven Drohung auch nur heimlich
widersetzten. Tag und Nacht schwebte das Unheil über jedem – allein den König
ausgenommen. Selbst wenn lediglich ein Verdacht aufkam, konnte das Schwert der
Gnadenlosigkeit allezeit aus dem scheinbaren Nichts zuschlagen. So traf es vor
nicht allzu langer Zeit, den damaligen Erzbischof zu Toledo und Primas der spanischen
Kirche Bartholomäus Carranza. Eines Nachts wurde er aus dem Schlaf
gerissen. „Kommen sie mit“, hieß es. Siebzehn Jahre hindurch haben sie den
unschuldigen Mann im Kerker mit der Floskel festgehalten: er, der berühmte
Konzilsvater zu Trient, sei ein Lutheraner. Er, der sich erst zwei Jahre vor dieser
Gefangennahme, 1549, auf dem Konzil zu Trient so trefflich gegen Luthers
Übertreibungen abgrenzte, konnte seine
Unschuld nicht beweisen. Es half ihm nicht, dass er damals klar antilutherisch,
die protestantische Meinung widerlegte der Mensch werde ausschließlich durch
Gottes Gnade selig und das sittliche Vermögen des Menschen sei unbedeutend.
Seine zu Trient
eingebrachten Formeln: Gott verlange des Menschen Mitwirkung zur Erlangung der
Rechtfertigungsgnade, brachte ihm viel
Lob sogar von Päpsten ein, die meinten nun hätten sie ein Mittel gegen den für
Rom lebensbedrohlichen Protestantismus.
Doch eben dieses Lob
rief seine Neider auf. Sie wollten und sollten ihn schließlich vernichten. Sie beharrten darauf selbst vernommen zu
haben, wie er dem sterbenden Kaiser Karl, mit folgenden Worten Trost zusprach:
„Majestät ihr dürft
der Gnade Christi gewiss sein.“
Das genügte den
Lauschern an der Wand und den Herren über Leben und Gewissen. Das reichte aus
für eine Anklage, dies sei lutherische Gesinnung und Ketzerei. Sie drehten dem redlichen Mann das Wort im
Munde um. Wer in Spanien von Gnade sprach lebte gefährlich. Unerhört war und ist, was in diesem Land des
finsteren Aberglaubens und der Unbarmherzigkeit geschieht.
Jóse selbst,
als Angehöriger jenes Ordens dem Papst Sixtus IV. 1478 die Autorität
verlieh Inquisitoren zu benennen, stand somit staats- und kirchenrechtlich in
der Pflicht Rom und dem Escorial die absolute Treue zu halten. Leute wie er durften niemals hoffen ungestraft zu entkommen, falls sie auch nur
andeutungsweise kritische Bedenken einwenden sollten. Daran war kein Zweifel,
obwohl die kuriosen Lehren und die ungeheuerlichen Praktiken der Kirche den
Ungehorsam forderten.
Dr. Carranza schob
die düstere Wand seiner Bedenken schlicht beiseite.
Im Augenblick war
sein Ahmed das größere Problem. Was immer sein Sohn sah und hörte, wenn gewisse
Hassprediger loslegten, das musste ihn erregen
und formen. So erging es Ahmeds zahlreichen Freunden. In Garbada, einer
der Nachbargemeinden, dominierte Jaime Bleda, ebenfalls ein Dominikaner, der
sich unglaubliche Geschichten ausdachte und der Kleinigkeiten zu Monstern
aufblähte. Er konnte anscheinend weder essen noch trinken bevor er nicht Gott
angerufen und laut gejammert hatte: „Die Marranen sind unser Unglück!“
Mit diesem Fluch eröffnete er seine Bußpredigten und so schloss er sie
ab. Sodann schwenkten seine Mitpriester Weihrauchgefäße. In Ahmeds Bewusstsein stand fest, dass es in
diesem seinem Heimatland weder Gerechtigkeit noch Barmherzigkeit gibt, auch
wenn die Inquisitoren diese beiden schönen Worte groß auf ihre Schilde und
Hauswappen geschrieben hatten.
Die Marranen, von
Gutwilligen auch Maurisken genannt, konnten die Kirchenrituale nicht lieben.
Das Weihwasser zur Stirn zu bringen, fiel ihnen schwer, aber sie mussten.
Ebenso verabscheuten sie das Verbeugen vor dem Altar, das Kreuzeschlagen, die
Rosenkranzbeterei, das Mitmarschieren in Prozessionen aller Art. Diese und
andere Teile eines vermeintlichen Dienstes an Gott, wirkten auf die schlichten
Gemüter der Maurennachkommen abschreckend. Das Eigentliche des christlichen
Glaubens: Mitgefühl für jedermann zu empfinden und die Pflicht zur
Wahrhaftigkeit, gefiel ihnen sehr wohl,
nur, davon bekamen sie im Alltag sehr wenig
oder nichts zu spüren.
Es gab kirchliche
Prediger und spanische Verwaltungsbeamte die den Unwillen der zunehmend bedrängten Marranen durchaus nachvollziehen konnten. Es gab sogar
Bischöfe die aus reinen Gründen der Vernunft dem dringenden Wunsch der
Unterdrückten nach Schutz zustimmten und
entsprachen. Diese wenigen Furchtlosen forderten von ihren kirchlichen und
weltlichen Vorgesetzten, man möge ihre Untergebenen bitte nicht unentwegt
quälen. Zu deren Wortführern gehörte der
Bischof von Tortosa, in Katalonien. Doch gegen den umgekehrt fließenden
Hauptstrom kamen sie nicht an. Auch die Mutigsten werden schweigen, wenn in
wenigen Wochen die Pauken und Trompeten den Start zur Ausbürgerung von
hunderttausenden verkünden. Kaum jemand wird es wagen, angesichts der
Vernichtungswelle, seine Hand schützend über seinen friedlichen Nachbarn zu
halten. So war der Durchschnittsmensch, so ist er, ängstlich, wenn er einsam
dasteht und nicht selten gnadenlos im Rudel der Wölfe.
Die Mehrheit der
christiano viejos - Spaniens Altchristen - nahmen ihren Glauben und die
Predigten, wie die Atemluft, gedankenlos als naturgegeben hin. Er war ihr
selbstverständliches Erbe. Wichtigtuerisch hieß es, Christen gezieme es, wann
immer möglich, eine heilige Reliquie zu erwerben. Niemand kümmerte sich darum,
ob die echt sein mochte oder nur ein Hundeknochen. Ambrosius von Mailand
brachte gegen Ende des vierten Jahrhunderts diesen Kult banalen Aberglaubens
auf. Ambrosius brachte jedem der ihm nicht folgen wollte immer noch und nun
mehr denn je in Schwierigkeiten obwohl er sich seit Jahrhunderten verabschiedet
hatte.
Endlich angekommen
im immer engeren Netz zahlloser Wassergräben inmitten des tiefgrünen
Gartenlandes Alborayas, sah Jóse plötzlich seinen Sohn, den bildhübschen Knaben
Ahmed. Er befand sich nur noch wenige Schritte von ihm entfernt. Dr. Carranza
zögerte. Er stand still. Dieses wunderbare Bild wollte er sich für ewige Zeiten
einprägen, nämlich das Ebenbild der Mutter Ahmeds, seine breite Stirn, diesen
feinen Zug der schön geschnittenen ein wenig gekrümmten Nase und dem leicht
fliehenden Kinn, mit ihrem Ausdruck von Gelassenheit. Wer weiß, was nun
geschieht? Ob Ahmed sich in eine Haltung
der Verweigerung hineinsteigert, wenn nun
die ganze Wahrheit hört?
Die Offenlegung
Jòses Herz schlug höher. Ahmed saß zwischen den Gräben und dem oberen
Trockenland auf einem Wall, im kniehohen Gras, umgeben von friedlich grasenden
Schafen. Er spielte die Laute für sich, übend und leise, wie es schien tief in
Gedanken versunken. Er summte eine verbotene arabische Weise. Sein Körper wog
sich im Rhythmus des Liedes. Nie zuvor rührte den Vater die Liebe zu seinem Sohn
so tief. Er stand plötzlich vor ihm. Ahmed sah den Schatten eher als den Mann
mit der baskenblonden Tonsur und dem kurzen, dichten Rundbart – den er sich während des Sommers
wieder zugelegt hatte – den er Jahre zuvor schon trug. Vom Boden her aufblickend musterte ihn der Lautenspieler nicht gerade
erfreut.
Jóse indessen nahm
allen Mut zusammen. Er beugte spontan
ein Knie. Den Kopf aufgerichtet, die
Arme ein wenig ausgebreitet sagte er leise und ruhig: „Ahmed, ich bin dein
Vater!“
Sekundenlang kam er
sich selbst wie ein Mime auf einer Bühne vor. Er wusste es gleich, dieser
Auftritt war verpfuscht.
Der Sohn hielt wohl
den Atem an.
Jóse erhob sich,
suchte den Blick seines Ahmeds, doch der wich ihm aus. Der fünfzehnjährige Mauriske ruckte den langen Kopf. Sein Mund
mit den vollen Lippen öffnete sich.
Plötzlich sprang er auf, blieb, das schöne alte Instrument in der
Rechten, einen Augenblick lang stehen, trat dann unsicher und ungeschickt zwei
Schritte zurück. Ihm mochte es vorkommen, als hätte ihm jemand mit einem Hammer
vor den Kopf geschlagen: „Du?“
Der Unterton
erschütterte den Vater. Vielleicht hätte er statt eine Scene zu machen, ihm
einfach die Rechte auf die Schulter legen sollen und sich so, neu und gut und
richtig einzuführen.
Vor dem Hintergrund
des weißlich schäumenden Meeres zeichnete sich des Sohnes schäumenden Meeres
zeichnete sich des Sohnes vollkommen geformter Maurenkopf ab. Ahmed war größer als seine Altersgefährten.
Er ging wie alle Knaben seines Stammes langhaarig. Er schaute wie ins Leere.
Bislang hatten ihm alle, auch dieser Mann, vorgespielt, er sei sein
weitläufiger Onkel. Sohn Ahmed wusste
nach dieser inneren Explosion nichts zu sagen, noch zu fragen. In ihm
kollidierten offensichtlich mehrere Sichtweisen. Immer noch mit dem Ausdruck
des Erschreckens und der Ablehnung starrte er auf den schwarzweiß gekleideten
Dominikanermönch Dr. Jóse Carranza, der ihm jäh fremder denn je vorkam. Onkel
Carranza. Der Onkel im blitzsauberen Ornat.
Jóse hatte von
diesem Bild und der Stimmung, wie er sie nun wahrnahm, zuvor eine gewisse
Vorahnung empfunden. Doch Ahmeds Mienenspiel übertraf seine Befürchtungen. All diese maurenstämmigen Menschen der Huerta
sträubten sich ohnehin wenn Bettelmönche auf sie zukamen. Als die Schwächeren
jedoch mussten sie ihnen freundlich die Zähne zeigen, und den sie begleitenden
Laienbrüdern Geschenke geben, obgleich die Gefühle ihres Hasses dominant
blieben.
Alles Muss ist
furchtbar.
Mönche als
Ordenspriester wurden von sämtlichen Maurisken Spaniens als widerliche Personen
wahrgenommen, als Quäler und verbohrte Spinner. Besonders freitags und an
Sonntagen, nach den Pflichtmessen, litten die Angepredigten.
Mannhaft sollte es
klingen und gut: "Ja, Ahmed, ich bin dein Vater. Ich bitte dich mir zu
vergeben!“
Auf Ahmed wirkte es
nur unangenehm. Er verachtete die
Geistlichen, insbesondere die Dominikaner. Sie befanden sich im weiten
Weingarten der maurischen Großfamilie Bertram und gleichzeitig in einem
ungewissen Spannungsfeld. Kleinere Moskitoschwärme umsäumten sie, und in der
Windstille surrten größere Insekten. Ahmed wusste nur: alle Christen logen, je
frömmer sie taten umso mehr. Immer wurde ihm gesagt, wenn dieser Herr ankam,
„dein Onkel ist da“. Wenn er konnte, vermied er es diesen Gast zu
begrüßen. Beide standen wie versteinert.
Ahmed schaute aus den Augenwinkeln und
mit Anzeichen des Ekels auf die Tonsur seines Onkels, denn die war das
Zeichen des meistgehassten Mannes in den Dörfern der Großgärten Valencias, namens
Bleda, Jaime Bleda, der unter den Maurennachkommen nichts als Abscheu, Angst
und Zorn erregen konnte.
Der Dominikanerprior
Jaime Bleda hieß in Maurenkreisen allgemein „der feuerspeiende Drachen“, so wie
er die ungeliebten Maurisken seiner eigenen Gemeinde "Hunde" nannte.
Jaime Bleda der Mann aus Eisen, der schon seit Jahren dem damaligen Vizekönig
Don Juan de Ribera zuarbeitete, der ihm mehr und mehr Argumente lieferte, die
im Klartext übereinstimmend lauteten: es ist höchste Zeit das Kapitel der spanischen
Mauren endgültig zu schließen.
Hatte er, Ahmed,
hier in diesem Mann der plötzlich behauptete sein Vater zu sein einen Abgesandten und Gesinnungsgenossen des
Jaime Bleda? War der da ein willfähriger Helfershelfer des Höllischen, der nun
sein teuflisches Spiel auf die Spitze trieb…? Ahmed wusste intuitiv, dass er
nicht ehrlich zu sich selbst sei, wenn er das zu Ende dachte. Er musste nach
dem ersten heftigen Gefühlsausbruch vor seinem kritischen Innern zugeben, dass
Dr. Jóse Carranza ihn - bisher - nie angelogen hatte. Das ließ sich nicht abweisen, obwohl er es
gerne gewollt hätte. Was war es, was ihn bewegen wollte mit scheinbar neuen
Augen den Mann da und die Welt zu betrachten? Heftig wühlten die Gefühle von
Bitterkeit und Liebe, von Enttäuschung
und der Hilflosigkeit in Vater und Sohn. Da standen er, Jóse, mit seinem
kräftigen, blonden Haarkranz und der dunkelhaarige Junge mit seinem typischen
Maurengesicht, denen niemand angesehen hätte, dass sie verwandt sein könnten,
hilflos. Erstaunlicherweise lief Ahmed
nicht fort. Die bessere Seite seiner Natur hielt ihn fest: "Warum habt ihr
mir nicht früher die Wahrheit gesagt?"
Vater Jóse überlegte
nicht mehr. Er zog aus seiner Kutte etwas Buchartiges heraus und wies Ahmed
darauf hin, er sei erst jetzt gekommen, weil er nun dringend Ahmeds Hilfe
suche. Auch um ein Missverständnis zu beseitigen um wenigstens einen Teil der
anstehenden Probleme zu lösen. „Erst jetzt sind die gegen euch gerichteten
Gesetze zur Vertreibung aus dem Imperium bedauerlicherweise auf den Weg
gebracht worden. Sie könnten binnen
Wochen oder sogar Tagen akzeptiert und terminiert werden, wenn sie nicht schon
in der kommenden Woche in Kraft treten. Damit sind die Würfel nicht nur gegen
euch sondern auch gegen mich gefallen.
Schau!“ sagt er in einem Ton der einen Felsen bewegt hätte, „ich bin dir
eine Erklärung schuldig. Du warst zu jung, du wärst in Gefahr geraten, mit
diesem Wissen, das du nun erlangt hast. Ich tat was ich konnte, für dich und
mich.“ Ahmed wankte, das sah Jóse deutlich.
Der junge Mann schaute auf die Papiere und schüttelte den Kopf, trotzig sollte
es aussehen. „Ahmed, nach dem frühen Tod deines Großvaters, brachten mich meine
Verwandten in ein Kloster. Hernach gibt es keinen Ausweg. In einem Kloster,
wenn man ihm mitsamt Geldgeschenken übergeben wird, klappen die Tore für immer
zu. Du kannst nicht ahnen, wie viele
Menschen auf diese und ähnliche Weise um ihr Lebensglück gebracht wurden.
Männer aus Stahl zerbrachen am ehernen Muss gewisser Mönchsorden. Da ist viel
mehr, was ich dir sagen muss… mein Sohn Ahmed.“
Der Junge wollte
trotz der massiven Liebeswerbung in der Zurückhaltung bleiben und presste
tapfer heraus: „ich kann nicht!“ Er wandte sich zum Gehen. Geistesgegenwärtig
erwiderte Jóse: „Dann nimm mich als deinen Freund der dich besser versteht als
du denkst! Wir sind auf jeden Fall, bis zuletzt, mit demselben Schicksal
verbunden. Da ist keine Zeit mehr für Bedenken und Phrasen.“ Seine klugen, blaugrauen
Augen warben mehr als seine Lippen. Jóse war überzeugt, dass er Feuer
versprühte. Das war auch der Fall. In
Ahmed, dem Fasterwachsenen, saß jedoch alles, was die Frommen betraf, zu tief
und zu lange fest. Was die Christenpriester ihnen mit zahllosen Worten
tausendmal von der Kanzel her, im Brustton tiefster Verachtung gesagt hatten,
lautete: „Wir sind Feinde.“ In seiner
Zerrissenheit und noch einmal gewollt böse, setzte Ahmed giftig hinzu: „Ich
habe noch nie einem Mönch getraut.“ Wort für Wort ein Berg der Ablehnung. „Ich
sah dich Messe lesen, aber du hast mich übersehen. Ich sah dich Kreuze schlagen. Als dein angeblicher Neffe
war mir das egal. Jetzt nicht. Ich bin Muslime und du bist einer der auch bloß
zusieht...“ Er ging zunächst, lief dann davon.
Jóse musste sich
hinsetzen, musste sich in Geduld fassen. Er konnte sich vorstellen, wie es in
dem Knaben arbeitete. Der junge Rebell tat sich absichtlich schwer. Hätte er
den Onkel Vater etwa umarmen sollen? Die jähe Situation reift ihn jedoch auch
gegen seinen Willen. War das vielleicht sein letztes Aufbäumen? Kein Wunder.
Selbstredend war wenigstens den klügeren Maurennachkommen Valencias seit
dem Ableben Philipp II. klar, dass Spanien sie eines Tages ins Meer werfen
wird. Diese vielen Reden davon verfolgten sie. Nahezu alle Leute, dieser, von
ihrer Hand wunderbar gepflegten Huertagebiete, hörten Sonntag für Sonntag und
vor allem freitags, dass sie nichts als Heuchler und Verworfene seien. Ja, was
erwarteten denn die vernagelten Vielbeter? Jóse schaute auf den nun leeren
Platz. Was blieb ihm zu tun? Hätte er sich doch eher zu erkennen geben sollen?
Noch in diesem
Augenblick da er selbst, wie gewiss sein Sohn, mit seinen Gefühlen rang, sah
Dr. Carranza, sich wider Willen erinnernd, wie sein Erzbischof Don Juan de
Ribera dasaß, langbärtig und kahlköpfig. Ein Holzkopf mit überlanger Nase,
verbohrt, verdreht und eingebildet, ein alter verbitterter Mann. Nahezu jeder
Satz des geplanten Bannes hatte sich in Jóses Gedächtnis eingebrannt. So in
etwa möge Spaniens König, Philipp III. von allen Kanzeln verkünden lassen:
"Ihr
kennt die Bemühungen welche man seit Jahren für die Bekehrung der nuevo
christiano verwandte. Gott kennt unseren Fleiß mit dem wir sie im christlichen
Glauben unterrichtet hatten... und wie wenig das alles geholfen hat, denn auch
nicht einer bekehrte sich... sie schmiedeten Ränke, mit all unseren Glaubensfeinden.
Deshalb ermahnen mich... den König, sehr gelehrte und heilige Leute kurze
Mittel zu ergreifen wozu mich ohnehin mein eigenes Gewissen verpflichtet, dass
ich die Mauren ohne Bedenken an Gut und Leben strafen darf, wegen der Fortdauer
ihrer Verbrechen der Ketzerei... Obgleich alle verdienten, das Leben zu
verlieren, ... habe ich zur Ehre Gottes beschlossen, dass alle Mauren aus
Spanien verjagt werden sollen."
(10)
„Obgleich alle verdienten, das Leben zu
verlieren“ Das Echo hallte in schauderhaftem
Ton. Diesem königlichen Beschluss ging eine Klageliste voraus, die zur Hälfte
Argumente des Dominikaners Jaime Bleda enthielten. De Ribera setzte seinen Teil
hinzu. Diese beiden Kleriker negierten
völlig, dass es bedeutende Gegenargumente und Bekehrte gab. Zwei wesentliche
unten den allesamt dummen Anklagepunkten de Riberas lauteten, die Maurisken
verweigerten Schweinefleisch zu essen. Sie boykottierten das Verbot des Wäschewechselns an Freitagen. Das wusste jeder. Ebenso war bekannt, dass
die Maurenbauern selbst an schweren Arbeitstagen, während ihres Ramadan nur zum
Schein an harten Brotkrusten nagten. Don
Juan de Ribera, gegenüber, hätten sich zudem mehrere Gemeindepriester
beschwert, die Marranenmänner hielten auch freitags Beischlaf mit ihren Frauen, obwohl dies doch verboten
sei, wenn sie nach der Taufe den Namen Maria erhalten hätten. Das sei Lästerung
der unbefleckten Gottesmutter. Zudem klagten zahlreiche Priester, die Marranen
würden nach jeder Babytaufe nach Hause eilen um die Taufspritzer abzuwaschen,
andere brächten immer wieder dasselbe Kind um andere vom Christenwasser fernzuhalten.
Dr. Carranza seufzte tief und krampfte die
Finger seiner gepflegten Hände ineinander. Das bislang zögernde Verhängnis
schritt nun plötzlich blitzschnell gegen
die verfemten Maurisken. Deren angeblich schweinische Gesinnung verlangte die
Umsetzung des längst gesprochenen Urteils. Ein jäher Luftstoß hatte auch die
letzte Hintertür zu einer erträglichen Lösung
ein für alle Mal zugeschmettert.
Sonderbar, dass Erzbischof de Ribera, Jaime Bleda und andere, wie Herzog
von Lerma, es für selbstverständlich
hielten, dass die Mauren sich wehrlos wie Schafe ins Verhängnis treiben lassen
würden. Die spanischen Militärs dachten indessen anders, das wusste nicht nur
er. Für die Realisten stand fest, die Mauren gehörten zur Kategorie
entschlossener Kämpfer. Davon zeugten die hundertfach überlieferten Berichte
früherer Schlachten. In die Enge und zur Verzweiflung getrieben, könnten sich
immer noch mindestens zwanzig- wenn nicht dreißigtausend Männer zusammenfinden
um ihr Recht auf Heimat und Glaubensfreiheit massiv zu verteidigen. Dreizigtausend bildeten eine kleine Armee,
dazu eine schlagkräftige, wenn sie an Waffen herankämen. Jeder sollte zudem ernsthaft bedenken, dass
die Mehrheit der auf der iberischen Halbinsel wohnenden Menschen, nämlich die
Altchristen, hinsichtlich eines Rechtes auf Heimat, keinen Vorrang besaßen.
Solches Recht reklamierten die
Betreffenden zwar vehement für sich, doch historisch gesehen war das nicht
korrekt. Vor allem die Abkömmlinge der Westgoten die nun das Land dominierten,
waren ebenfalls Zugezogene. Sie zählten im selben Sinne zu den Eindringlingen,
wie die Mauren. Die Ersteren seit dem fünften, die Mauren seit dem frühen
achten Jahrhundert. Der Unterschied war höchstens gradueller Art, aber kein
prinzipieller.
Reminiszenzen
– der Gott der Christen ist Sol
Mit Bangen um Ahmed, dachte Jóse
zurück welchen Aufwand er betrieben hatte um das Unglücksrad wenigstens zu
bremsen. Es gelang ihm bereits 1604, vor nunmehr fünf Jahren, bis in den Palast des Vizekönigs und
Erzbischofs Don Juan de Ribera vorzudringen. Er hatte sich hoch gedient, wurde,
auch mittels einer größeren Geldspende, Mitarbeiter dieses ungnädigen Mannes,
der zugleich als sein Erzbischof fungierte. Umsonst. Nun saß er da im Gras,
tief bewegt, im Augenblick ein wenig ratlos. Jóse verhöhnte sich angesichts
seines davon gelaufenen Sohnes Ahmed heftig.
Nun, Doktor der heiligen Schrift, Bruder Carranza was hast du bisher
bewirkt? Es jammerte ihn. Da war nichts
was er wirklich vorweisen könnte.
Wie denn auch? Allzu viele Bischöfe
schaufelten mit, um jene Abgründe zu schaffen, vor denen nun immer mehr
Hilflose entsetzt dastanden.
Die spanische Inquisition ist nur eins
unter den Produkten der Herren der Willkür. In Wahrheit und im Grunde jedoch
ist sie das Resultat der Bemühungen des altrömischen Gottes Sol Invictus.
Dieses Geistwesen inspirierte gewisse Leute seit je, wie sie die Weltmacht, mit
Hilfe frommer Tricks gewinnen können - eine Macht die vor allem dem Gott
Konstantins dient.
Mit Jesus von Nazareth, der nur
einlud: Kommt her zu mir die ihr mühselig und beladen seid, hatte all das nichts zu schaffen.
In Nicäa, 325, feierte Sol seinen
glorreichen Einzug ins Christentum.
Oder ist es etwa nicht wahr, dass
Konstantin dort als Sol Invictus, sogar in dessen Gewand, auftrat?
Rom förderte aus Machtsucht Sol
Invictus elende Kirche. (5) Früher litt
Jóse Carranza unter diesem Wissen, das so gut wie niemand mit ihm teilte. Nur
drei weitere Mönche, denen er unbedingt vertrauen durfte, nickten ihm vorsichtig zu. Er litt in der Tat solange, bis er sich
innerlich von dieser Kirche der Verfolgung löste und sich gegen sie stellte. Es traf bedauerlicherweise zu, dass Roms
Frommste die größten Verbrechen verursachten, indem sie Kaiser und Könige aufstachelten alle Arten von
Widerstand zu brechen, die sich gegen die Kirche des Sol und ihre egoistischen Ansprüche und Interessen
richteten.
Da ist der schier unglaubliche, aber
urkundlich beglaubigte,
"Erlass des Papstes Lucius III.
auf dem sogenannten Konzil von Verona 1184. Er
gebot allen Machthabern, vor ihren Bischöfen eidlich zu geloben, dass sie
die kirchlichen und weltlichen Gesetze gegen die Ketzerei voll und wirksam
durchführen wollten. Jede Weigerung oder Vernachlässigung sollte mit
Exkommunikation, Absetzung und der Unfähigkeit ein anderes Amt zu bekleiden,
bestraft werden...Die Kirche zwang die weltlichen Herrscher zur Verfolgung
derjenigen...“ (6)
die sich wehrten das Papsttum
anzuerkennen.
Dass dieses Papsttum Sol und seiner
Strategie zu Diensten stand, - wenn das
auch eigentlich ungewollt der Fall war – konnte niemand leugnen.
Wenn ein Christ der ersten drei
Jahrhunderte jemals prophezeit hätte, dass die Kirche sich einmal, aus eigener
Kraft, über die „weltlichen Herrscher“ erheben würde, hätte ihn niemand für
ernst genommen.
Jeder Bibelleser wusste, dass der
Herr der Hölle dem durch viele Tage des
Fastens geschwächten Jesus von Nazareth ein Angebot zur Ergreifung der
Weltmacht unterbreitete. Im Geist führte er ihn auf die Zinne des Tempels:
Schau die mächtigen Reiche der Erde -
sieh dir Rom in seiner Pracht an -, das alles will ich dir geben, wenn du mich anbetest.
(7) Diese Szene, so kurz wie sie
erscheint, sagte viel. Der Oberherr aller Großherren samt deren Streitkräfte
ist Mephistopheles - mit anderen Worten gesagt: er ist Baal oder mit seinem
Hauptnamen SOL. Sol Invictus, Sol Apollo. (8)
Dr. Carranza war nach vielen Jahren
des Studiums der Geschichte der römischen Kirche klar geworden, dass die Kirche
des beginnenden 4. Jahrhunderts, geschwächt durch vorausgehende massive
Verfolgungen, der Versuchung zur Anbetung des Ungeheuers erlag. Dies geschah indem
sie Kaiser Konstantin zu Füßen fiel.
Dieses Fußfalls wegen, der 325 zu Nicäa erfolgte, erlangte das
„christusliebende“ Rom schließlich mit List und Tücke, auch mittels gefälschter
Urkunden, den Status einer Weltmacht…
und dagegen trat er an. Er, ein Erdenwurm den jeder Übelwollende zertreten konnte. Irgendein Neidhammel musste
nur an die entsprechende Tür klopfen und sagen: „Ich weiß etwas!“
Jóse wütete manchmal in sich hinein.
Dieses, allen Bibelgläubigen ausdrücklich untersagte Begehren fremden Gutes,
empfand er ohnehin als ekelhaft. Hinzu kam die religiöse Unduldsamkeit, die
er zu den schlimmsten Übeltaten zählte.
Sie ist nichts als Lieblosigkeit.
Jesus hatte das in hundert Beispielen warnend gelehrt. Liebe dagegen ist der
Ausdruck von Duldsamkeit und der Herzensgüte. Der mahnende Christus drückte mit
seinen Hinweisen auf die Lehren der Thora und
der Propheten aus, dass das Streben führender Persönlichkeiten nach
immer mehr Macht lediglich Elend heraufbeschwört. Die Macht der einen fußt
immer auf der Unterlegenheit der anderen. Unter Gleichen ist das ein
Unding. Damit erklärte nicht ein kleiner
Dr. Carranza, - wie er sich selbst in diesem Augenblick nannte - sondern Jesus
selbst, die herrschsüchtige Kirche für unheilig. Jóse musste natürlich sogar mit den Worten
Christi behutsam umgehen, denn die Inquisition schlug die Kritiker ihres Tuns,
wo sie konnte, zu Boden. Es galt nur was die Fürsten dieser Institution für
richtig hielten. Natürlich stützten alle Kirchenmächtigen sich auf die
Rechtsgutachten der Universitäten, wie diese wiederum die Dekretalen der Päpste
unverfroren über die Bibeltexte stellten. Jòses Lieblingssatz lautete deshalb:
Christus gab seiner Kirche den Auftrag durch Liebe die Neigung zur Vormacht zu
überwinden.
Das sei ihre Mission.
Alleine dies zu sagen, konnte Gefahr
heraufbringen. Bevor er solche Überzeugung äußerte, schaute er sich die Leute,
mit denen er reden konnte, genau an. Er wusste, dass es dieses Rom, und dieses Madrid, nicht gäbe, wenn
deren Bischöfe nicht aktiv mitgemacht und den Kurs zur Machterringung für gut
befunden und unterstützt hätten. Roms
Vorrang gegenüber allen anderen christlichen Metropolen durchzusetzen, war
wichtiger Teil der Kirchengeschichte seit dem vierten Jahrhundert. Mit
handfesten, selbst mörderischen Waffen kämpften gewisse Bischöfe Roms seither
darum die Welt zu unterwerfen. An oberster Stelle stand hier, für den belesenen
Ordenspriester Dr. Carranza, das absolut inakzeptable Beispiel des Papstes
Damasus, der sehr autoritär die Richtlinienkompetenz über sämtliche
Christengemeinden beanspruchte. Dieser
Unmensch erlaubte sich im Jahr 366 seinem Mitbewerber um die Kirchenführung,
Bischof Ursinus von Rom, den blutigen Krieg zu erklären. Der Trend zu
innerkirchlicher Gewaltanwendung machte fortan Schule. Das Rad „christlicher“ Brutalität drehte sich
immer schneller. Kaum jemand, der zu Rang und Ansehen kommen wollte, kümmerte
sich um diejenigen, die überrollt wurden. Ambrosius von Mailand trieb es gegen
Ende des vierten Jahrhunderts als Kaiserberater sogar mit Staatsmitteln voran.
Für Gregor I., Bischof von Rom, war es bereits im Jahr 600 selbstverständlich,
dass Folter ein Werkzeug der Missionierung sein darf. Seine schriftliche
Weisung lautete:
„Wenn ihr feststellt, dass die
Menschen nicht gewillt sind, ihr Verhalten
zu ändern, so befehlen wir, dass ihr
sie mit größtem Eifer verfolgt...züchtigt sie mit Prügeln und Folter, um sie
zur Besserung zu zwingen… sie sollen durch strengste Kerkerhaft zur Einsicht
gebracht werden, wie es angemessen ist, damit jene, die sich weigern, die Worte
der Erlösung anzunehmen, welche sie aus den Gefahren des Todes erretten können,
durch körperliche Qual dem erwünschten gesunden Glauben zugeführt werden.“ (4)
Sorgen um Ahmed
Dem Geist des Zwanges widersetzten
sich die Mauren, obenan Menschen wie Sohn
Ahmed. Ihnen lag nichts am passiven Widerstand. Sie wollten sich aufbäumen.
Darum ging es. Sie liefen in ihrem
Übereifer in ein noch größeres Elend. Sobald das Austreibungsedikt verkündet
wird brechen sie auf in den Krieg zur Verteidigung ihrer Heimat.
Dr. Carranza gab sich einen Ruck: Noch
ist nicht aller Tage Abend. Was Ahmed betraf sollte er durchaus hoffnungsvoll
nach vorne sehen: "Lo bueno lleva tiempo." Gut Ding braucht
Weile. Mit dieser Einstellung suchte er
Jimena auf, seine Frau vor Gott wie er sie immer nannte, seine heimliche Ehefrau. Nach heftiger Umarmung
hörte sie Jóse anschließend gerne
zu. Sie saßen unter dem
schattenspendenden Vorbau des kleinen Wohnhauses in weißen Korbsesseln. Dieser
seltsame Mönch, mit dem sie durch einen ihm sehr nahe stehenden Ordenspriester
im Verborgenen getraut worden war, hatte es vermocht, auch sie und ihre
mauriskischen Eltern zu dem Christentum, wie er es verstand, zu bekehren.
Jimena war dünn. Fast zerbrechlich wirkte sie. Aus ihrem Gesichtsoval
leuchteten dunkelbraune Augen über denen sich die tiefschwarzen Brauen bogen.
Obwohl sie schön aussah, machte sie die sich andeutende, doppelte Stirnfalte
ein wenig älter, als sie war. Sie konnte durchaus die Mutterrolle spielen.
Dankbar auch dafür, liebte Jóse sie. Wem
sonst hätte er, nach dem Tod seiner ersten Frau, den verwaisten Jungen
anvertrauen können, als deren Schwester Jimena?
Auch an diesem Tag verbot sich von
selbst, dass er länger als eine knappe Stunde blieb. Jóse trank die kühle
Horchata, die Erdmandelmilch, diesmal schweren Herzens, denn wie er von ihr
vernahm, hatte Sohn Ahmed bei einem der unvermeidlichen Ärgernisse mit ihr,
längere Zeit zuvor schon klar gesagt, dass sie nicht seine Mutter ist und ihm
sowieso keine Vorschriften machen kann. Das hätte er ihr wiederholt ins
Angesicht hinein geschmettert. Seine Gehässigkeit nähme zu. Er lästere
ungeniert, ihm gegenüber täte sie nur so, als achte sie ihre alte islamische Religion.
Mehrere Dinge, die Ahmed als Lügen erscheinen mussten, belasteten ihn, machten
ihn mehr und mehr zu einem Dickschädel. „Zugegeben“, seufzte Jimena, „er ist
schwierig zu nehmen.“
Als sie noch kurz vor seinem Aufbruch
eine Weile vor der bergenden, tiefgrünen
Ligusterhecke beieinander, wie Fremde standen, beobachtet von Ahmed, fügte die
nun dreißigjährige, zierliche Dame hinzu: „Dein Ahmed ist längst erwachsen. Ich
glaube, die Jungen spielen mit dem Gedanken, falls sich die Gerüchte von der
Austreibung bestätigen, werden sie ein Fischerboot kapern und zu den Türken
oder Afrikaner überwechseln. Das halte ich jedenfalls für ziemlich
wahrscheinlich. Pläne schmieden sie auf jeden Fall. Ich sah sie mit einem
alten Fischerboot üben. Das haben Bleda
und dein Erzbischof mit ihren Wutanfällen verursacht. Es war hohe Zeit deinem
Jungen alles zu sagen.“ Er erwiderte: „das ist es, was mich niederdrückt. Ich
hätte es besser wissen müssen. Ich
nährte die Hoffnung zu lange, das ganze Treiben werde sich doch noch im Sand
verlaufen. Ich sah gewisse Ursache dazu. Jedem Mann mit Hirn muss doch klar
sein, wenn jemand seine Ernährer wegjagt, muss er den Gürtel enger schnallen“.
Jòse legte seine Rechte an die ausdrucksstarke, fast faltenlose Stirn, die er
über der Nase zusammenkniff: „Hilf mir ihn zu gewinnen. Nimm dir gleich meine
Blätter vor, lies sie gründlich und wenn es passt, erkläre es ihm. Da ist nicht
mehr genug Zeit, hin zu warten. Entweder wir gehen binnen zwei, höchstens drei
Wochen nach Frankreich in die Freiheit oder nie. Noch ist die freundliche Einladung
König Heinrich IV. in Kraft.“ Seine Stimme sank zu einem Flüstern: „Ich erhielt
gute Nachricht aus Marseille.“ Jimena nickte zwar, sagte aber nichts. Wieder verbarg sie so gut wie ihr möglich
war, ihre Bedenken, denn außer den Wirtsleuten Bertram bedurften auch ihre
Eltern ihrer Pflege. Sie schaute um sich.
Kein Fremder sollte sehen, dass er sie besucht hatte. Aber immerhin
handelte es sich um das Grundstück des bekanntlich christlich eingestellten
Mauriskenehepaares, denen sie die Wirtschaft führte. Bertram wird zu den
wenigen gehören die sie verschonen werden. Zudem benötigten sie ihn als
Sachverständigen, um die komplizierten Wasserverteilungssysteme der Huerta auch
weiter zu beherrschen. Er war ordentlicher, allerseits anerkannter
Wasserrichter unter einigen anderen, die sich regelmäßig donnerstags trafen und
mit dem Glockenschlag der Kathedrale festlegten, welche Parzellen zuerst
bewässert werden müssten.
Selbstbeherrscht schaute Jóse sich
nicht um, als sie sich löste und ins Haus zurückzog. Sobald er zwischen den
silbern glitzernden Kanälen verschwand, folgte ihr auch Sohn Ahmed, der alles mitgehört hatte.
Sonderbar war für ihn, dass diese Frau, die ihm nun noch fremder vorkam, das für ihn bestimmte Buch lesen soll
und dass sie es ihm vermitteln soll. Keine Frage, er wird es, sobald das ratsam
ist, an sich bringen. „Ein Buch von deinem Vater“ lästerte er. Was sollte das? In seiner Bande gab es keinen,
der Gutes an den zahllosen, rosenkranzbetenden Mönchen und Nonnen fand. Sie stanken allesamt, weil sie das Wasser
scheuten, wie die Banditen das Jüngste Gericht. Vor einiger Zeit hatten sie zu
zwölft, allesamt um die vierzehn, fünfzehn, beschlossen nach Garbada zu gehen.
Da waren sie untergetaucht, in der Menge der gelangweilten und unfreiwilligen
Kirchgänger, um heimlich zu rebellieren und zu randalieren, falls der verrückte
Bleda, Garbadas Gemeindepfarrer, wieder anfangen würde, roten Zorn zu spucken.
Doch an jenem Morgen predigte ein milderer, dicker Mann belangloses Zeug. Ahmed
war völlig verwirrt. Er sah wie Jimena sich das Buch vornahm. Warten war
angesagt. Er verbarg sich im Reisstroh das gestapelt hinter der Scheune lag. Er
steckte den Kopf tief ins Bräunliche. Was tun?
Was nun? Jaime Bledas Hasstiraden, die er persönlich sogar in Rom
vorgetragen hatte, stießen selbst bei der Kurie nicht auf Gegenliebe. Es gab
Gerüchte der Papst hätte Jaime Bleda zusammen gerüffelt. Die Maurisken seien
doch gute Zehntenzahler! Ahmed rief mehr Bilder herauf. Bleda wusste alles. Jedenfalls tat er so. Da stand er dann am
nächsten Sonntagmorgen mit seiner widerlichen Fratze breitbrüstig in seiner
Dominikanerkutte, zeterte und hetzte wie gewohnt vom Balkon herunter gegen die ungeliebten Mitglieder seiner
Gemeinde. Mit dem goldenen Kreuz in der Hand schlug er theatralisch Löcher
durch die Luft. Dass er selbst den Typ der Christustöter repräsentierte käme
ihm in tausend Jahren nicht in den Sinn. Es ist wahr, Ahmed und seine Freunde
warteten an jenem Tag draußen, hinter
den Tujahecken auf ihn. Sie warfen kleine Erdbrocken nach ihm, ohne ihn
zu treffen, ohne ihn treffen zu wollen, was er nicht bemerkte oder bemerken
wollte, denn er ging an diesem Tag alleine. So widerlich wie der, das musste
Ahmed einräumen, sah sein „Onkel Jóse“ bei
Weitem nicht aus. Bleda wollte gehasst werden. Erst so schien er sich wohl zu
fühlen, einem wilden Tier ähnlich, dass sich im Morast suhlt. Er werde sie nun
auf noch heftigere Weise lehren die Knie
vor Christus zu beugen. Aber auch das käme, jetzt zu spät, wie Bleda in seiner
letzten Bußpredigt betonte. Dazu hätten sie neunhundert Jahre Zeit gehabt die
angediente Lektion zu lernen. Verpasst! Deshalb würden sie vom Satan, den sie
heimlich anbeteten, geholt werden. Er dagegen, Bleda, ihr Hirte und Herr, hätte
sie lange genug gewarnt. Doch sie wären verstockte Kameltreiber, und eben Marranen, geblieben. Er hätte das seit eh und
je laut und verständlich verkündet und kritisiert. Das war so: er hatte alles gegeben und getan,
um sie zurück in die Arme ihrer islamischen Prediger zu treiben. Denen die er
verachtete, hatte er jeden Freitag die heißesten Plätze in der Hölle
versprochen.
Obwohl Ahmed sich noch sträubte schien
ihm, dass ihn am Ende eines langen, schwarzen Tunnels ein kleines Licht
erwartete. Er hielt mit diesem ungewollt auftauchenden Bild plötzlich den Atem
an. Es ließ sich nicht leugnen. Da war ein kleines Licht. Erklären konnte er
sich das nicht.
Das
Buch der Wahrheitssuche
Er suchte und fand seines Vaters Aufzeichnungen
noch am Nachmittag dieses für ihn schicksalhaften Sonntags, als noch Friede
herrschte. Da lagen die zusammengenähten Blätter nun vor ihm. Auf der ersten
Seite, bunt mit einer Landkarte ausgestattet.
„Mein Heimatland!“ Ahmad wiederholte
es zwei, drei Mal. Sonderbar
verdächtig kam ihm nun als jäher
Gegensatz sein Anflug von Stolz vor, diese erstaunliche Erkenntnis: das Buch
und das Bild seien ihm gewidmet, während er von sich selbst seelische Härte und
gegen "Onkel Jóse" gerichtete Bekenntnistreue erwartete. Doch
stattdessen empfand Ahmed sich durchaus nicht als Meister seiner Gefühle. Er musste
ziemlich hilflos zusehen und erleben, dass ihn gewisse Wogen starker
Empfindungen aus entgegengesetzten Richtungen überrollten. Minutenlang
betrachtete Ahmed des Vaters Zeichnung vom ehemaligen Kalifat Cordoba. Stolz
überwältigte ihn erneut: „Allahu Akbar!“ Dies ist deine Heimat. So groß und
herrlich war es einmal. Er bekannte es dramatisch: Gott hatte dieses wunderbare
Land den Mauren geschenkt. Ahmed war so gerührt, dass er fast geweint
hätte. Er las: "Ahmed, ich bin wie
du stolz auf die großartigen Leistungen der Araber in Spanien. Ich stand
wiederholt unter der Mihrab der großen Moschee zu Cordoba und fühlte die
Ehrfurcht großer Männer die hier ihrem Glauben Ausdruck gaben. Ich liebe es. Da
ist kein Aber."
Ahmed hatte bereits zuvor Bilder der
Moschee zu Cordoba gesehen und sich damals schon geschworen, als er erst zehn
war, er würde sich niemals, wie seine Vorfahren von den Spaniern in die Knie
zwingen lassen. Irgendwann wird er in der heiligen Moschee Cordobas, - auf
deren Spitze sich nun ein Kreuz befand,
- fünf Mal des Tages sein Haupt in Richtung Mekka beugen.
Das Kreuz der Christen indessen
verkündete ihm und seinen Genossen Tag für Tag, dieses Land werde vom Ungeist
blinder Überheblichkeit beherrscht.
Dagegen konnte kein Mensch vor Gott
höheren Anspruch auf eine zukünftige
Herrschaft über dieses islamische
Gotteshaus erheben, als ein Maurenfürst, der unter der Mihrab, der
Gebetsnische, anbetend kniete.
Dr. Carranza muss voraus gesehen haben, dass sein Sohn so
reagieren könnte. Ahmed las denn auch erstaunt und enttäuscht: "Ahmed, ich
verstehe dich und deine Begeisterung, doch bedenke, ehe du zu heftig Partei
ergreifst: dieses wunderbare Gebäude, die weltberühmte Säulenmoschee, steht auf
dem Fundament einer westgotisch-christlichen Kirche. Gerechtigkeit verlangt,
dass wir beide Seiten sehen müssen. Aber so viel ist gewiss: Cordobas
Wunderwerk gehört den Muslimen. Ich füge hinzu, es gehört den toleranten
Muslimen. Du wirst gleich sehen, dass es sie gab."
Der Text wie die beigefügten Skizzen
der Mihrab nahmen Ahmeds Aufmerksamkeit gefangen. Plötzlich wollte er nicht
mehr, dass seines Vaters Gesicht von ihm wich. Er las sich in den so nicht
erwarteten Text hinein, bis er wieder auf eine Schlussfolgerung stieß die ihn
störte: „Ahmed, es gibt zu viel Zank in Gewissensfragen. Aus allen denkbaren
Gründen der Vernunft müssen wir für religiöse und politische Duldsamkeit
einstehen. Jeder Mensch besitzt eigene Rechte, die selbst der Allmächtige nicht
antasten würde, die er nicht antasten darf, wie alte Schriftüberlieferungen
deutlich bestätigen. Gott schenkte jedem Menschen das Individualrecht. Es ist
dem Gott heilig, dem ich folge, dem Gott bedingungsloser Liebe. Wer dem Grundsatz der Gleichberechtigung
missachtet sät Unfrieden. Nie werden Kriege aufhören, wenn wir uns nicht der
Erkenntnis beugen, dass Vormacht strikte Grenzen hat. Sie auch nur geringfügig
zu übertreten kann den Benachteiligten schon als Kriegserklärung erscheinen.
Der Teufel soll die Übertreibungen der Einen wie der Anderen holen.
Das gilt insbesondere für Religionen.
Mag doch jeder Gott verehren wie ihm sein Gewissen vorschreibt. Es ist unglaublich, was sich angebliche
Gottesanbeter gegen die Warnungen des eigenen Gewissens herausnehmen. Schau dir auch dieses Bild
gründlich an. Die Vorfahren deiner Mutter wurden allesamt unter die Wasser der
Taufe gezwungen.
Taufe von Morisken Altarretabel Felipe Vigar (13) |
Das sind Verbrechen, die überall in
der Welt vor allem von sogenannten Christen begangen werden, für die es keine
Entschuldigung gibt. Deren Versuche Mitmenschen zum Guten zu zwingen, bedeutet
Empörung gegen den Gott dessen Namen sie usurpierten. Ich nenne meinen Gott „meinen Vater im
Himmel“ und du nennst - wie ich denke - denselben Gott
Allah. Auf diesem Bild sind die Schwerter der Militärs nicht zu sehen, aber sie
waren nach dem Ende des vierten nachchristlichen Jahrhunderts fast immer
gegenwärtig, wo "Bekehrung" zu Jesus erfolgte. Es begann unsererseits nachdem der altrömische
Kaiser Konstantin seinen Generälen befahl, die Priester der von ihm gestifteten
Reichskirche den Rücken zu stärken.
Eurerseits ging es von Anfang an ähnlich heftig zu, aber das ist nicht
meine Sache, sondern deine! Du solltest
wissen und es dir stets zurück ins Gedächtnis rufen, dass auch ich gezwungen
wurde Dominikaner zu werden.
Nur weil mir vergönnt war schnell
schreiben zu können gelangte ich ins Palais, als einer der Sekretäre des
vormaligen Vizekönigs Don Juan de Ribera. Darum genoss ich mehr Freiheiten als
die meisten meiner Brüder. Gehe sehr sorgsam mit diesen Blättern um. Mit ihnen
lege ich mein Leben und Schicksal in deine Hände. Hätte ich dir das schon vor
zwei Jahren verständlich machen können? Hätte ich es wagen dürfen, bevor du
dieses Verständnis erlangtest? Und noch eins, Ahmed: kehre den Spieß nicht um,
wenn du nicht verwerflich wie deine Feinde werden willst. Darüber musst du
nachdenken. Heil soll die Welt sein. Heil heißt tolerant und Toleranz bedeutet,
alles von da bis hier, ist erlaubt. Erst Jedes darüber hinaus ist bei der Strafe
verboten, die das Kausalgesetz schreibt und verhängt.
Wenn mein Tun dem Anderen schadet,
wird dieselbe Last irgendwann auf mich fallen. Der Spielraum für das erlaubte
Tun ist nicht unendlich. Das, und nur
das, aber nicht was man hierzulande darunter versteht, ist der Kern der Lehren
Christi: liebe die Menschen, verdamme niemanden.
Würdest du in den Schuhen dessen
stecken, der Rache nahm, hättest du wahrscheinlich wie er gehandelt. Jesu Wort:
Liebe deine Feinde, ist kein Ratschlag sondern ein verbindliches Gebot, aus dem
allerdings nicht abzuleiten ist, man sehe tatenlos zu, wenn Bösartige im
Begriff sind deine Familie umzubringen.“
Ahmed las all das mit gemischten
Gefühlen. Es sagte ihm, dass sein Vater bereits vor Jahrzehnten zu der
Erkenntnis gekommen sein musste, dass die Kirche der er formell angehört,
das Gegenteil dessen ist, was ihr
Gründer gewollt hatte. Dieses Monster
existiere, weil die ständig durch Beichten und Kanzelpredigten genährte Furcht
vor Höllenstrafen die sogenannte Christenheit zusammen klammerte. Wie Schafe
kauern sie und drängen aneinander, wenn die Hunde bellen. „Ahmed, leider ist es
wahr, im Islam ist es nicht anders.
Glücklicherweise drängt uns
andererseits der jedem von uns innewohnende Wunsch nach innerem Licht weiter. Diese
Kraft verlangt sogar danach, wenn es sein muss, das Glück des anderen über das
eigene zu stellen. Das ist so, weil
gleich neben unserem harten Egoismus das Gute in uns ist und wirkt. Sieh dir
eine Mutter an, die sich um ihr Kind kümmert.
Wir können es leugnen, überdecken oder ausrotten. Es liegt in unserer
Hand. Was wir jetzt in unserem gemeinsamen Heimatland erleben ist bereits mit
Galle und Hass geschriebene Geschichte.
Kaum eine andere Tatsache von Bedeutung liegt so offensichtlich zutage.
Das Böse regiert uns, weil das fromme Rom auf den sieben Hügeln der Bosheit
errichtet wurde. Ich habe nie gesagt, dass da in Nebennischen, nicht auch Gutes
gedieh. Aber wie das Ungeheuer sich
wolfshungrig durch die Zeiten fraß, liegt auf der Hand. Ich verstehe dich
besser als du glaubst, Ahmed. Ich bin Historiker!
Geschichte lässt sich nicht ändern,
bestenfalls fälschend schönschreiben. Mir scheint, das nirgendwo mehr Legenden
erfunden und Fälschungen hergestellt wurden, als in Rom.
Darunter leiden die Menschen.
Diejenigen die zur Feder greifen und Bücher verfassen, haben bescheiden zu
urteilen, aber nicht leisetreterisch!
Wer schreibt hat der Gerechtigkeit zu dienen, oder er bringt sich
selbst, - seine Reputation, - an den Galgen. Um mich meines Wissens sicher zu
machen habe ich mich immer wieder rückversichert. Ich schreibe, um dir zu
zeigen, was mich bewegte meine innere Haltung an Tatsachen auszurichten, die
ich manchmal zuunterst im Müll fand. Wir
selbst, Ahmed, sind Schöpfer des Guten - oder Teufel, Zerstörer des Glücks
anderer. Wir sind frei, weil uns die
Wahrheit frei macht. Machtbesitz kann inneres Glück nicht erhöhen. Du musst
weiter sehen, schon deiner Nachkommen wegen. Du weißt mehr als viele andere,
auch weil du in zwei verschiedenen Welten leben musstest. Deshalb stehst du in
der Pflicht gerecht zu urteilen. Lies und denke. Ich sage es drastisch, lerne
deine Gelüste zu beherrschen, denn du wirst Tag für Tag, solange du lebst in die Versuchung kommen deine Freiheit zu
missbrauchen. Wenn ich, leider, Recht bekomme, dann wird das Morden
insbesondere innerhalb Christenreihen nie aufhören. Zu viele ihrer dominanten
Vordenker werden weiterhin vom Ungeist der Rechthaberei geritten. Auch das
Morden im Islam wird nicht aufhören, solange Muslime von Buchstaben leben,
statt vom Geist des Barmherzigen. Ich
versuchte ernsthaft zu erkennen, ob es Wahrheiten gibt, die nie unmodern
werden, die allen gehören. Sämtlicher
Religionen bedeutendster Satz, den ich fand, lautet denn auch sinngemäß: ohne
Liebe bist du nichts. Ptah-hotep, der uralte Ägypterpriester fasste ihn in die
Worte:
„Lass nicht übermütig werden, deine
Seele ob deines Reichtums. Nicht stehe hinten an der andere. (oder: Liebe
deinen Nächsten wie dich selbst) Er sei dir gleich! ...“
Der Liebe größter Feind ist das
Verlangen mehr aus dem Leben herausholen zu wollen, als dir zusteht. Auf Kosten anderer zu leben ist
gewiss kein Kunststück. Ich weiß nicht
warum, aber das rächt sich. Da wirkt ein Gesetz das ich nicht benennen kann.
Ebenso erkannte ich, dass Islam und originales Christentum nicht unversöhnlich
gegeneinander stehen. Es sind die Geist- und Gottlosen auf beiden Seiten die
sich heilig geben und stur und starr wie kalte Felsen stehen. Sie sehen sich
als Weltretter und schufen oft nicht mehr als Trümmerwüsten. Die frommen
Banditen unserer Tage werden, wie ich fürchte, uns genau das, durch ihre vor
der Tür stehenden Untaten, beweisen. Sie berufen sich vorzugsweise auf eine
Religion deren wahres Wesen und Schönheit sie nie erkannten.
Ahmed, nun bist du alt genug um mich
zu verstehen. Ständig müssen sogar die von uns gefundenen vermutlichen
Wahrheiten hinterfragt werden, und genau das verbieten sowohl der gegenwärtige
muslimische, wie der angeblich siegreiche katholische Glaube. Schau, als des Propheten Mohameds Nachfolger
sich berufen glaubten, die Welt zu erobern, lernten leider nur seine besten
Nachfolger, dass jeder Mensch sich notwendigerweise beschränken muss, wenn er
in Frieden sein eigenes Leben gestalten will. Dass die Freiheit aller mehr ist
als nur ein schönes Wort praktizierten Mohameds treueste Nachfolger. Männer wie
Abd er-Rahman III., gehören zu ihnen, ein weitsichtiger Ummayyade, der schon
als zwanzigjähriger begriff, was eines guten Regenten Pflicht ist.
Ich weiß, wie schrecklich es zur
selben Zeit, des zehnten nachchristlichen Jahrhunderts unter mehr als dreißig verschiedenen Päpsten zuging, die einander
hassten und der Machtgier wegen bekämpften.
926 erwarb Abd-er Rahman den Titel
Emir, indem er sich dazu selbst
erklärte. Er wusste, dass Menschen in
Unfreiheit nicht gedeihen. Er nutzte
seine Einsicht um Wohlstand für jeden zu schaffen, inmitten der beiden
Jahrhunderte großer Verwirrung und nie endender Kriege, - die vor allem
zwischen den nicänisch glaubenden Christen stattfanden. Er wurde er zum erfolgreichen Glücksbringer
auch der Anders- und der Ungläubigen. Er ermutigte die standhaften Katholiken
(die Nicäner, die Trinitarier) ebenso
wie die Mozaraber, also jene Christen die meist aus wirtschaftlichen Gründen
den Koran über die Bibel stellten, sowie die mosaischen Juden und die Mauren
zusammen zu arbeiten. Respektiert
einander. Diese einfache Formel war
es. Weil sie aus dem Mund eines Fürsten
kam, akzeptierten seine Landeskinder sie.
Welch seltenes Wunder.
Sie bewiesen ein halbes Jahrhundert
lang, dass es geht. Man kann sich
harmonisch einordnen, ohne sich zu verbiegen.
Statt eigensüchtig und gewaltsam die Kulte der eigenen „Religion“ voran
zu treiben, begriffen die Menschen unter
Abd - er - Rahman, so unterschiedlich wie sie auch waren und glaubten, dass
jeder mit jedem vernünftig und humorvoll über alles reden kann. So inspiriert und geleitet von einem
nichtchristlichen Herrscher vertrugen sie sich. Dagegen beanspruchen verbohrte
Christen, die außerhalb seines Einflussbereiches lebten, unbegründete
Vorrechte. Mit ihrem Adjektiv „orthodox“,
das sie für sich in ihrer Dummheit beanspruchten, erwiesen sie sich als friedensunfähig.
Spanien stieg damals auf in die Reihe
der damals kultiviertesten, reichsten und am dichtesten bevölkerten Länder des
Erdballs.
In dieser Gemeinsamkeit verteidigten
sie ihren Status sowohl gegen die eifersüchtigen Berber Marokkos als auch gegen
die zähnefletschenden Christfanatiker im Norden. Dabei hatten die von Abd er Rahman geführten Menschen nur jene Toleranz geübt, die einst Kern der
urchristlichen Lehre war. Das zu
unterstreichen ist mir wichtig, Ahmed, denn es wird Leute geben, die dir eines
Tages erzählen werden ich wäre ein Christenfeind. Du kannst es nicht wissen,
aber jetzt, vergiss es nie wieder, Christi Geist beglückt nur diejenigen, die
Toleranz lieben, ob sie damit seinen Namen verbinden oder nicht. Abd er-Rahman
III. hatte das Prinzip der
Weitherzigkeit verinnerlicht, obwohl er nicht wusste, dass es unentbehrlicher Teil
des Evangeliums war. Jeder Mensch wird
vom Geist des Allerbarmers Christi zum
Guten gelenkt. Es ist der Geist der
Freude, aber nicht wenige sträuben sich dagegen. Sie trauen der eigenen Vernunft nicht. Du wirst es selbst erkennen, deine Seele ist
offen für das Echte, denn mütterlicherseits bist du ein Nachkomme dieses großen
Mannes.“
Das war zu viel für den jungen Mann.
Er kämpfte erneut mit dem Widerspruch zwischen Freude und Unglauben. Ahmed
vergrub seinen schmalen, langen Kopf in den Händen. Welches Durcheinander von Islam und
Christentum! Was ist denn Echt?
Schließlich erwies sich Ahmeds Wunsch mehr zu
erfahren als stärker. Er wandte sich noch einmal den Blättern seines Vaters zu.
„Im Palast des Vizekönigs, in dem ich
eine Kammer für mich habe, gibt es eine sechzigtausend Bücher umfassende
Bibliothek. Nahezu täglich, so oft die Umstände es zuließen, studiere ich
sowohl ihr Wissen, wie ich lernen musste, dass sagenhaft unehrliche Berichte
gleich neben Glaubwürdigkeiten und Großartigem stehen. Dazu erkläre ich dir
später mehr, wenn wir zusammenleben.“
Ahmed stutzte an dieser Stelle. Seine
Augen wurden groß.
„ Nur sonntags vormittags durfte ich
in eure Nähe gehen. Diese Gelegenheiten nutzte ich. Mir ist immer noch wichtig
euch zu sehen, meine kleine geheime Familie.
Ahmed, ich wünsche vor allem, dass du klüger durch Einsicht wirst. Längst gilt für mich: wäge unentwegt ab. Wiege sorgfältig mit einer ehrlichen Waage.
Nicht alles was barbarisch aussieht ist es auch. Vor allem jene Leute die sich prahlerisch
Christen nennen, verehren in Tat und Wahrheit den Ungeist eines heidnischen
Kriegsgottes. Das würden sie mit Worten aufs heftigste bestreiten, doch ihre
Taten der Gnadenlosigkeit widerlegen sie.
Sie neigen dazu, Menschen als Barbaren zu bezeichnen, die ihnen an
Tugend und Fähigkeit weit überlegen sind.
Lerne und wisse. Halbwissen und Halbwahrheiten verderben beste
Absichten. Sie zerbrechen den Charakter. Sie brechen die Sicht und so das
Glück. Keiner kann Gott oder seiner Frau die Treue zur Hälfte halten. Wir sind
nicht für Halbheiten erschaffen worden. Vor siebzehn Jahren lernte ich deine
Mutter Amira kennen, die wegen ihrer Treue zum Maurentum die Wasserfolter
erlitt. Sie war die ältere Schwester Jimenas. Eine Nonne hatte sie dabei ertappt,
freitags ein neues Hemd angezogen zu haben. Das sollte sie büßen, doch sie
weigerte sich unter Druck auszusagen. Da
siehst du das Wesen deiner Vorfahren. Erst die Dauer der Folter zwang sie
nieder. Sie war noch lange krank daran. Fünf Liter Wasser musste sie schlucken,
bis sie schließlich, aus Angst zu ersticken, bekannte und ihr angebliches
„Verbrechen“ wenigstens mit den Lippen bereute.
Ich liebte und heiratete sie, wie später Jimena, unter der Hand eines verlässlichen
Freundes. Deine Mutter hätte nie schwanger werden dürfen. Die Schuld liegt auf
meiner Schulter. Sie jedoch wollte dich und ich bin jetzt froh, dass sie dich
selbstlos herbei wünschte. Kurz nach deiner Geburt verstarb sie, völlig
entkräftet. Unsere - eure - besten Ärzte wussten keinen Rat, zumindest
widersprachen sie einander. Schließlich, wie ich glaube, war ihr Herz zu
schwach.“
Ahmed überschlug einige Seiten bis
sein Blick auf die Worte fiel: „Es
sollte jedem einleuchten, dass Gottes Gesetze zwar Einschränkungen der absolut
gedachten Freiheit bedeuten, doch andererseits kann nur so, jedem Schutz
geboten werden. Ich nenne es die Philosophie des sinnvollen Verzichtes.“
Ahmed empfand gewissen Stolz auf sich
selbst, dass sein Vater ihn ehrte, ihm nämlich zutraute ein kompliziertes
Gefüge zu begreifen. Sicherlich hatte
der Vater Recht wenn er sagte: „Die Lehre von der Freiheit aller kann man nicht
stark genug vertreten. Wieder und immer wieder kommen hundsgemeine Individuen
hoch, die sich herausnehmen, den Menschen zu pfeifen wie sie tanzen
sollen. Das zielt auch gegen den Islam,
insofern er sich nicht klar von Gewaltanwendung gegenüber Apostaten
abgrenzt.“
Ahmed mochte solche Reden nicht. Andererseits teilte er in gewisser Weise die
Last seines Vaters. Sie wussten
gemeinsam, aus bitterer Erfahrung, wie Gewaltanwendung den Unterlegenen
schmeckt. „Nur wenn wir den Verlierern
dauerhaft Vorteile bringen, sind wir gerechtfertigt, gleich was wir tun. Ahmed, ich betone es noch einmal, mich früher
zu erkennen geben hätte dir außer Gefahren nichts eingebracht, denn die
Inquisitoren unseres Landes schlafen nie…
Ich kenne keine Grundsätze die über dem Recht auf Entscheidungsfreiheit
stehen. Wer es dem Kleinsten zu rauben
beabsichtigt, verdient den Tod. Ob wir
diese Strafe jemals vollziehen, ist eine ganz andere Sache.“
Ahmed unterbrach das Lesen. Er brachte das Dokument seines Vaters zurück. Es
war nun endgültig zu viel für ihn. Er nahm seine Schnüre und ging angeln.
Aber die drei letzten Sätze gruben
sich tief in sein Herz: „Roms Priester
stahlen den Menschen seit dem ersten ökumenischen Konzil zu Nicäa, 325, dieses
Gottesgeschenk. Daran krankt die Welt. Würde der Islam ausnahmslos jedem
Menschen Religionsfreiheit gestatten,
wäre er mir willkommen.“
Das
Gefühl kam auf: sie suchen dich!
Daheim angekommen legte Dr. Carranza
sich erschöpft nieder. Er wälzte sich auf seinem Lager. Eine gewisse innere Regung wollte ihm
weismachen, ihn erwarte weiteres Unangenehme. Das ließ ihn, an diesem Sonntag
der Widersprüche, nicht zur Ruhe kommen. Der Gedanke, in der Bibliothek wäre
ihm ein kleiner Zettel abhandengekommen beeinträchtigte seine innere Balance
zusätzlich. Der Fetzen Papier war versehen mit Hinweisen auf ein gewisses Werk
der Religionsgeschichte. Gefährlich oder
nicht.
Dieser Verlust musste nicht sein.
So ging es stets in diesem Land, ein
kleiner Fehler, sobald er bestehendes Kirchenrecht auch nur ansatzweise provozierte, konnte
tödliche Folgen zeitigen. Sittliche
Vergehen selbst schwerster Art galten dagegen als zweitranging. Jeder Priester vergab sie, wenn jemand ihn in
der Beichte darum bat und Reue vortäuschte – und wenn man dafür zahlte, wenn es verlangt wurde. Dagegen galten
die geringsten Abweichungen von spanischer Theologie, sowie Klagen wegen angeblich
übler Kirchenpraxis als unverzeihlich.
Die Frage, ob er am kommenden Sonntag wieder
wie üblich nach Alboraya gehen soll, oder Ahmeds wegen eher nicht, beschäftigte
ihn ebenfalls. Bedrängt er ihn, könnte sein Sohn sich gegen sein Bemühen
sperren.
Eine
folgenreiche Einladung
Eine Woche später, am Sonntagvormittag
den 30. August wollte Jòse sich trotz gewisser Bedenken auf den Weg machen, als
ihm plötzlich Ordensbruder Hernando auf dem Hauptflur des Palastes entgegenkam. Er versperrte ihm geradezu den
Weg ins Freie.
Hernando war ein Mann dem er
vielleicht zwei- dreimal zuvor hier
begegnete: „Bruder Jóse, du bist heute zum Mittagessen ins Haus Doña Cazallas
eingeladen und bitte, du solltest vor ein Uhr dort sein.“
„Wer ist Doña Cazalla?“
„Das wird sie dir dann mitteilen. Es
ist wichtig.“ Dieses Augenspiel. Es ließ alles offen. Es gab immer wieder neue
Gesichter im erzbischöflichen Palais.
Dies war eins unter denen, die ihm Unbehagen bereiteten. Der Mann missfiel ihm. Der kleine, ein wenig
schief Gewachsene erweckte bereits damals,beim ersten Sehen vor etwa vier
Wochen den Eindruck, dass er seine krumme Nase in sozusagen alles
hineinsteckte. Dieser Schnüffler war nämlich wenig später zweimal an ihm vorbei
geschlichen während er ein lateinisches Dokument über Origenes, den besten
Bewahrer der Lehren des originalen Christentums, übersetzte. Damals und auch jetzt grinste dieser Mensch unverschämt.
Sollte sich erweisen, dass Hernando
ihn im Spitzelauftrag des gemeinsamen Dominikaneroberen Bleda beobachtete, dann
bedeutete dies, noch vorsichtiger zu sein.
Allerdings können sie ihm demnächst
allesamt den Buckel herunterrutschen. In Frankreich werden er und seine Familie
die größten Sorgen hinter sich lassen. Mühsam wenigstens die
äußere Ruhe bewahrend, ärgerte Dr. Carranza sich, weil eine ihm unbekannte Dame
versuchte, ihm, mittels einer fragwürdigen Person, eine Pflicht aufzuzwingen
und ihm damit den Sonntag verdarb.
Hernando beschrieb ihm den Weg und ging.
Wer in Spanien konnte wissen, was wirklich dahinter steckte?
Nachdenklich ging Jóse in die Hauskapelle. Nach einem
längeren, aber nur vorgewandten Gebet schaute er sich um und blickte erneut und
direkt in die blauen Augen Bruder Hernandos.
Ihm schien diesmal der Mann wünsche ihm Gutes. Erstaunlich!
Was war das? Dennoch ging Jóse Carranza ihm aus dem Weg, in den
Lesesaal. Er nahm irgendein Werk aus dem Regal, denn es blieb ihm noch eine
Stunde, die er nutzen wollte. Da trat abermals Hernando an seine Seite: „Sei
unbesorgt. Von mir droht dir keine
Gefahr. Du hast allerdings Glück, dass ich deinen Zettel fand." Hernando
zeigte ihm das zerknüllte Papier.
"Übrigens, meine Verwandte Catalina Cazalla mag dich.“ Der Doktor zuckte die Achseln in
Unschuld. „Reden wir offen, Jòse. Ich
beobachte dich seit einigen Wochen und weiß einigermaßen was du liest. Du hast zudem vor einigen Tagen ein paar
deiner Aufzeichnungen aus dem Haus getragen. Das ging also gut aus.“
„Hm.“ Was sonst hätte Jóse dazu sagen sollen?
„Ja, meine Verwandte kennt dich, Dr.
Carranza. Ich bin beauftragt dich zu schützen.“
Die
Bedenken stritten in Jóse.
Einerseits klang es harmlos, andererseits fingen die Familiares auf
diese Weise ihre Gespräche mit künftigen Opfern des heiligen Oficios an. Das
wusste man. Man sollte und konnte auf
ihre stets verlockend erscheinenden Angebote hereinfallen.
„Ja“, setzte Hernando ungerührt hinzu,
„ich weiß, du liest über Origenes und Hippolyt von Rom."
Das ist interessant, dachte Jóse, das
lässt gewisse Schlüsse zu.
Erstaunlicherweise betonte Hernando sodann: „Ich liebe Origenes
ebenfalls. Je mehr die Theologen ihn verachten umso sicherer bin ich, dass
dieser Mann der zuverlässigste unter den Kirchenschriftstellern war. Keiner hat
wie er unser Individualrecht verteidigt. Kaum einer wurde mehr diffamiert als
er.“
Jóse meinte immer noch misstrauisch,
entweder soll solche Rede deine Bedenken zerstreuen, dann gibt es einen
tückischen Plan des Verderbens, oder der Mann gehörte zu den Echten.
Hernando schaute seinen Ordensbruder
durchdringend und zugleich ungewöhnlich freundlich an, bevor er sagte: „Wer
Hippolyt und Origenes liebt, muss die römischen Lehren hassen. Wer die
römischen Lehren liebt, muss Origenes hassen.“
Jóses Erstaunen wuchs, seine Sorge schwand. Diese Anmerkung traf zu und nicht nur das. Es
war trefflich kombiniert und formuliert. Den schwierigen Sachverhalt so
formulieren zu können setzte erhebliches Wissen voraus. Hernando wog den schmalen Schädel. Dann
nickte er: „Du bist unser Mann.“ Brisanter ging es kaum. „Nämlich?“ fragte Dr.
Carranza verblüfft.
Hernando erwiderte unverfroren
und im Flüsterton: „wir sind
Lutheraner.“
Jetzt ist es passiert, dachte Jóse,
plötzlich wieder verunsichert.
Er schielte hinüber.
Die Saaltür stand offen.
Zugleich aber zuckte es durch seinen
Kopf: Warte! Unsinn! Selbst wenn er dem angenommenen Häscher entkäme, Jimena
und Ahmed würde er nie wiedersehen. Jóse zwang sich zur Besonnenheit. Jetzt
öffnete er den vermissten Zettel. Da stand es, von seiner Hand geschrieben:
„Cervantes, Seite 81, sehr beachtlich - Origenes einfügen!“ Dieser Zettel, wenn
er ihn denn verloren hätte und er käme in die falschen Hände, hätte sein Leben
auf den Kopf gestellt. Seine Handschrift würde ihn verraten. Niemand vermochte es, aus einem Haar einen
Schopf zu flechten, außer er gehörte dem heiligen Büro der Inquisition an.
Was Hernando über Origenes und
Hippolyt gesagt hatte, klang zu ehrlich und zu gut. Hernando hinkte hinter ihm
her. Jóse wandte sich noch einmal
um. Hernandos große grellen Augen
blitzten: „Ich tue was ich kann.“ Er trat nahe an Dr. Carranza heran und
flüsterte: „Es hilft nicht, hier und da ein wenig kirchen- und
regierungskritisch zu sein. Es geht ums Ganze.
Nimmst du die Einladung Doña Catalina Cazallas an?“
Dr. Carranza schritt wacker auf das
gelbe Haus am Meer zu. Hernandos Bekenntnis: „Wir sind Lutheraner“ ging mit
ihm. Unentwegt. Immerhin, wenn es möglich wäre
noch rechtzeitig und auf vielversprechende Weise der spanischen Gnaden- und
Rechtlosigkeit in den Arm zu fallen, würde er sich sogar mit grimmigen Muslimen
verbünden, und das, um nicht nur Ahmeds Leben zu retten. „Lutheraner!“
flüsterte er vor sich hin und zugleich mit einem Rest seiner speziellen
Bedenken. "Lutheraner!"
Ziemlich obenan auf seiner Liste der
Verderber stand der arrogante Luther. Ein Mann, der völlig davon überzeugt
war, immer und überall im Namen der
Wahrheit zu reden, der zur Judenhatz blies, wie die Grundherren zur
Eberjagd. Luther, nachdem er selbst in
gewisser Sicherheit lebte, erwies sich gegenüber andersdenkenden
Schutzsuchenden absolut herzlos. Er war einer der unschuldige Frauen verbrennen
ließ. Frauen die er oder andere Holzköpfe für Hexen hielten. Luther wandte sich
direkt gegen Gott, als er seine eigene Weisheit verkündete:
„Mit Ketzern macht man kurzes
Federlesen, man kann sie ungehört verdammen.“ (15)
Das gesagt und nie widerrufen zu haben
disqualifizierte ihn. Dass Luther den
Menschen die Willensfreiheit absprach, gehörte zu den schädlichsten seiner
Lehren. Deshalb verachtete Jóse die deutsche protestantische, unglaublich
zerstrittene Theologenschaft, die Luthers Geist der Rechthaberei nie überwand.
Dass hunderttausende Lutheraner all das herzlich wenig oder gar nicht störte,
machte es nicht besser. Man muss sich doch selbst ein Urteil bilden, statt
immer nur mit der Herde zu blöken. Jedenfalls was er von heimkehrenden
Offizieren hörte, die in deutschen Diensten gestanden hatten, verdarb ihm die
Freude an der Existenz des
Protestantismus, dem er andererseits allerdings, soweit es die Rolle Roms betraf,
grundsätzlich zustimmte.
Seither hielt er die Deutschen für
Kopfnicker und in gewisser Weise für
schlimmer als die Spanier. Die nämlich werden nicht mit dem Schwert
gegeneinander losziehen, sondern nur gegen die
in ihren Augen Artfremden. Unmittelbar
bevor er das Grundstück betrat schwankte Dr. Carranza noch einmal zwischen der
nicht unberechtigten Furcht in eine Falle zu tappen und der Hoffnung, dass eine
schnelle Koalition geschmiedet werden könnte, die Spaniens schwache Regierung
samt ihren Hetzern und Mauriskenfeinden noch in letzter Minute hinwegfegt. Er hatte zu viel erlebt um bedenkenlos zu
sein. Wenn er die Andeutungen Hernados jedoch richtig wertet, dann gab es nicht
nur Einzelpersonen, sondern einen Ring hochrangiger Verschwörer und damit die
Hoffnung auf die Installierung einer besseren Maurisken- und Kirchenpolitik.
Was in Frankreich, England, in den
Niederlanden, in Deutschland und sonst
wo in sogenannten Christenlanden geschah, konnte unter wechselnden Umständen
auch hier in die Tat umgesetzt werden. Vielleicht sogar schnell. Sicherlich gab
es weitere Gruppen des Widerstandes die sich miteinander verbinden ließen.
Mit dem Betreten des Gartengrüns des
gelben Hauses am Meer kam Jóse die Idee, dass es keineswegs weit hergeholt war zu
denken, dass an Lermas Stelle wieder der
von ihm verdrängte Staatssekretär Francisco Idiaquez treten könnte. Mutig hatte
dieser Herr sich im Staatsrat gegen die Vertreibung der Maurennachkommen
ausgesprochen. Das wusste man, das hatte sich herumgesprochen. Niemand konnte Idiaquez
Argumenten, sehr wohl aber seinem guten Willen, etwas entgegen setzen. Der
ebenfalls in die Bedeutungslosigkeit gedrängte Erzbischof Loasia, ein Feind
aller Gewaltmaßnahmen, könnte wieder
Ratgeber seiner Majestät werden und da gab es Xavierra, den anscheinend
vernünftigsten unter den Kardinälen Spaniens, der sehr zutreffend formuliert
hatte:
„In Wahrheit haben wir Katholiken, mit
unserer Herzenshärte, die Bekehrung der Mauren verhindert.“
Gäbe es doch mehr solcher Fürsprecher.
Vornehm gekleidete Diener öffneten ihm
die mit schönen Ornamenten und Heiligenbilder verzierte große Haustür.
Heiligenbilder empfingen ihn auch in allen Gängen des Hauses. Einige Türen später klopfte einer der Hausdiener
leise. Und da saß sie, eine zierlich
erscheinende Dame. Ihr heller Geist
umfing ihn sofort. Jóse grüßte sie nach allen Regeln bürgerlichen Anstandes,
nachdem der Mann der ihn führte, seinen Namen genannt hatte. Sie nickte nur.
Er wartete.
Mit einer leichten Handbewegung, die
auf den ihr nächststehenden gelben Polsterstuhl deutete, lud sie ihn ein: „
Setzen sie sich daher, Dr. Carranza, nahe an meine Seite“.
Jòse nahm Platz.
„Sie sind mir sehr willkommen!“
Weiße und rote langstielige Rosen
steckten in einer Kristallvase, die in der Mitte eines sehr großen Tisches
leuchtend dastand. Angenehme Wärme strömte durch die schwarzbraunen
Fensterjalousien.
Jóse erkannte, dass die vielleicht
sechzigjährige Frau blind war. Ihr feines, weißes Gesicht gefiel ihm. Sie lächelte.
Zwei kleine, weiß gekleidete Mädchen
brachten bunte Früchte und Getränke verschiedener Art herein. Er sei wohl zu
früh gekommen. „Nein, nein, ich wollte,
dass sie zu dieser Stunde hier sind. Lassen sie uns einander bekanntmachen.“
Als sie sich nur noch alleine im geräumigen, mit prachtvollen Blumentapeten
geschmückten Raum befanden, begann Doña Catalina sogleich ihr Anliegen
vorzutragen: „Erlauben sie einer alten Frau, umgehend und rückhaltlos zu reden.
Wir haben eine Weile Zeit.“ Sie schöpfte
tief Luft. Ihre Züge wurden härter: „Wir
bedürfen ihrer Mitarbeit, lieber Doktor. Seit ihrer Allerheiligenpredigt im
letzten Jahr in San Miguele lieben wir sie. Wir wissen inzwischen mehr, wissen,
woran wir mit ihnen sind.“ Ihr Kopf lag
ein wenig schief und ihre grauweißen Augen erweckten den Eindruck als wollte
sie sagen: nicht wahr, sie sind ein Mann des Herzens!
„Zuerst war es nur ihre Stimme. Dann
verriet uns ihre Betrachtungsweise, dass sie ein Ausnahmechrist sind. Sie
lieben und werden geliebt. Eine andere Schlussfolgerung kann niemand ziehen,
der ihnen eine Weile zuhört. Ihr Text
lautete Euer Ja sei ein Ja, euer Nein ein Nein! Jesu Zitat. Es bewegte mein
Herz, und als sie über Philippus sprachen wurde es Gewissheit. In mir klingen
ihre Worte ebenso wie der Ton ihrer Seele, bis heute nach. So spricht kein
Pfaffe, sondern nur einer der meint und glaubt, und der lebt was er
verkündet. Im Gegensatz zu ihnen mussten
und müssen wir immer noch allen Langweilern und Talarträgern schlichtweg zuhören, weil unsere Beichtväter das von uns
verlangen. Wir stehen in dieser ungeliebten Pflicht. Wir erfüllen sie, weil uns das schützt. Aber nicht mehr lange! Diese daher
schwatzenden Herren in ihren bunten Ornaten müssten selbst zugeben, dass auch
sie lediglich ihre priesterliche Pflicht tun und nur das reden und predigen,
was von ihnen erwartet wird. Deshalb klingen deren Stimmen so unecht. Sie, Dr.
Carranza, haben ihre höchst persönliche Meinung, ihre mühsam gewonnenen
Überzeugungen, zu denen sie stehen, nicht wahr?"
Jóse räusperte sich: "Nun, wie jeder
Normale!"
"Nein, mein Lieber, sie sind
ungewöhnlich und das wissen sie eben so gut wie ich. Die Mehrheit ihrer Brüder
würde sogar das Gegenteil ihrer eigenen Überzeugung im Brustton der Überzeugung
vortragen, wenn ihnen das nützte, vorausgesetzt sie wären überhaupt im Stande
eine eigene Meinung zu entwickeln.
Diese Männer sind es, die an den Betten der Einsamen
säuseln, wenn deren Geist schwindet. Sie drängen die Halbtoten dazu ein
vorbereitetes Stück Papier zu unterschreiben und damit tun diese vorgeblichen
Christenpriester eben das was Jesus verbot und anprangerte: sie fressen der Witwen Häuser. (16) Ich glaube nicht, dass sie jemals solche
Späßchen mitgemacht haben."
Dr. Carranza erwiderte wahrheitsgemäß:
"Glücklicherweise kam ich nie in die Lage, Vergleichbares tun zu
müssen."
"Diese Herren Nimmersatt
verzehren in Wohlleben, was meine Vorfahren durch Fleiß und Mühe erwarben. Das
nehme ich ihnen übel.“
Jóse schien Doña Catalinas Charakter ähnele
seinem. Sie ging ohne Schnörkel auf ihr Ziel los. Sie zitierte seinen Predigttext mit dem
Ausdruck von Bewunderung für den guten Geist der von ihm gewählten biblischen
Geschichte.
Unerwartet beugte sich Catalina Cazalla vor.
Sie winkte ihm, er möge etwas näher rücken: „Lassen sie mich sehen.“ Jóse begriff und hielt ihr den Kopf hin, dass
sie ihn abtasten konnte. „Darf ich?“
Ihre feinen, kalten Finger glitten langsam über sein Gesicht. Sie schien
zufrieden zu sein, denn sie nickte und bedankte sich für sein Verständnis.
Sogleich setzte sie ihr Zitat fort:
„Jesus wollte nach Galiläa gehen und findet auf diesem Weg Philippus.
Folge mir nach! Fordert er ihn auf.
Philippus aber war aus Betsaida, der Stadt des Andreas und Petrus.
Philippus indessen findet Nathanael und spricht zu ihm: Wir haben den gefunden,
von dem Mose im Gesetz und die Propheten geschrieben haben, Jesus, Jóses Sohn,
aus Nazareth. Nathanael erwiderte
spöttisch: Was kann aus Nazareth Gutes kommen! Philippus jedoch lässt nicht nach:
Komm und sieh ihn! Da sah Jesus Nathanael kommen und sagt von ihm:
„Siehe,
ein rechter Israelit, in dem kein Falsch ist. Nathanael ist erstaunt: Woher
kennst du mich? Jesus antwortete: Bevor Philippus dich rief, als du unter dem
Feigenbaum warst, erkannte ich dich.“
„Niemand
ist Christ in Unehrlichkeit.“
Die
Ausdrucksweise der blinden, weißhaarigen, zerbrechlich anmutenden Dame bewegte
Dr. Carranzas Gemüt. Diese Frau war
völlig rein. Da war kein Falsch. Eine rechte Israelitin, die ihn erkannt hatte.
„Ja, sehen sie. Während sie mir diese wahre, von mir fast vergessene Geschichte
wieder nahe brachten wusste ich, dass sie zu uns gehören. Ich kaufte meinem
Großneffen einen Platz im Palais des Erzbischofs, in der Hoffnung wir könnten
sie ganz auf unsere Seite ziehen. Lassen sie mich erzählen und dann entscheiden
sie, lieber Jóse Carranza.“
Sie schaute ihn an als könnte sie
sehen. Ihr ganzes Gesicht fragte: „Sind sie irgendwie verbunden mit
Bartholomäus Carranza oder handelt es nur um eine Namensverwandtschaft?“
„Ich habe von ihm gehört. Ich glaube
nicht, dass zwischen uns eine engere Beziehung besteht, aber ich erinnere mich,
dass Bartholomäus Carranza Erzbischof zu Toledo war und dass er einige Jahre
unter dem Verdacht stand ein Ketzer zu sein.“
Doña Catalina breitete ihre weißen
Hände aus: „Siebzehn Jahre haben sie den unschuldigen Mann im Kerker mit der
Anklage festgehalten, er sei ein Lutheraner!” Mit schneidender Stimme kam das
von ihren Lippen. Unglaubliche Kraft
steckte in diesem zarten Wesen: "Bedenken sie, er war der Primas der spanischen
Kirche und diese Institution, deren Teil er sogar war, trat ihn zu Boden!"
Dann wurde ihr Ton wieder weicher:
„Nun, es mag schwer zu glauben sein. Seine traurigen Erlebnisse ragen direkt in
meine eigenen hinein. Alles geschah als
ich zwölf wurde, 1559, in unserem Schicksalsjahr. Ich war ein Mädchen wie
andere, unbekümmert, harmlos, ein wenig frech, schnippisch aus Verlegenheit
und scheu zugleich. Meine Augen waren
noch voller Licht und Zuversicht, damals. Verliebt zum ersten Mal in Carlos den
blutjungen Neffen des berühmten Hofpredigers Augustin Cazalla, mit dem ich
weitläufig verwandt bin. Ich konnte nichts Böses denken, nicht einmal ahnen. Es
hieß, wir seien insgeheim Lutheraner. Irgendwie war ich ebenfalls Anhängerin
Luthers, wie mein Vater. Vor allem bekannte ich mich innerlich Carlos wegen
dazu. Ich liebte und liebe ihn, wie am ersten Tag. Er war nicht gerade groß und
stattlich, und doch schön und edel für mich. Ermordet haben sie ihn… Wir
Mädchen wussten nicht wirklich um was es
ging. Seitens unserer Eltern war es Protest gegen das katholische System der
Willensknechtung. Mein Vater sprach später davon, als wir älter und klüger
geworden waren. Er befürchtete, die Machtpolitik der Päpste werde die Welt in noch größeres Elend treiben. Er
hatte viel Unrecht zuvor gesehen - und er überlebte wunderbarerweise. Was
indessen Luther im Einzelnen lehrte blieb uns lange verborgen, oder besser
gesagt, für uns war es unverständlich. Seine fünfundneunzig Thesen gefielen den Erwachsenen und wir plapperten es
nach. Heute weiß ich, eigentlich standen wir Bartholomäus Carranza, dem Primas
der Kirche wesentlich näher.
Unerhört ist, was in diesem Land des
finsteren Aberglaubens geschieht. Später lernte ich, dass Luther sogar
leugnete, der Mensch könne an seiner Erlösung mitwirken. (17) Das widersprach jeder Rede Christi. Ich
begriff im Verlaufe der Jahre, dass sich an diesem Punkt die Geister schieden.
Wir lernten, dass hier ein Grenzgraben zwischen den eigentlichen Lutheranern
und den Protestanten Valladolids verlief. Es waren nämlich die
unterschiedlichen Antworten auf die Frage: Hat der Mensch einen freien
Willen, oder eben nicht, wie Luther
behauptete. Uns war es wichtig unseren eigenen Willen einzusetzen und zu
behaupten. So ist es bis heute und insofern sind wir weder Lutheraner noch
wirkliche Freunde der calvinistischen Hugenotten. Wir Valladolider Protestanten
konnten und durften niemals Prinzipien zustimmen die uns nicht überzeugten. Ich
weiß, dass mein Wille frei ist, so wie sie es wissen.“
Jòse konnte nur bestätigen: „Doña
Cazalla für mich ist erstaunlich, wie sehr ihre Ansichten mit meinen
übereinstimmen.“ Die Gastgeberin wollte
es präzisieren: "Kurios ist, dass zahllose Aufrichtige aus derselben
Heiligen Schrift zu entgegengesetzten Resultaten kommen, ja, dass sie mit dem
Schwert gegeneinander losziehen, statt mit Argumenten um ihre jeweils sehr
beschränkte Sichtweise durchzusetzen. In
diesen Fällen erwiesen sie sich stets als elende Dummköpfe die sich nach
Kräften selbst schadeten. Ich sehe das Bild von Luther und Zwingli als wäre ich
damals, 1528, dabei gewesen, als sie um Übereinstimmung rangen. Diese beiden Protestanten gingen als
Glaubensfeinde auseinander, in einer Zeit für sie hoch bedrohlicher
Umstände. Sie kränkten einander, statt
in den kritischen Tagen gegen Rom in Einigkeit einander beizustehen. Damals als
solches Bündnis zwingend geboten war legten jeweils beide Herren rechthaberisch
den Kopf in den Nacken. Sie stritten sich um die Schalen der Nuss und ließen
den süßen Kern verkommen. Das war ein
Skandal der bisher nicht beendet wurde. Ihre Anhänger priesen den Starrsinn.“
Dr. Carranza gefiel dieses Bild, weil
es genau beschrieb, wes Geistes die sonst so tapferen Widerständler waren und
blieben. Roms Macht in den Grundfesten
bis zum Zusammensturz zu erschüttern hätte es dringend der Zusammenarbeit aller
Unterdrückten bedurft. Nun versuchen wir es, dachte er und wusste doch wie
schwierig es wird. Warum lernen so wenige aus den Fehlern der Vergangenheit?
Innerlich höhnte ihn die Antwort: es kümmert sie nicht, dass ein Blatt, das
nichts von der Wurzel wissen will, verdorrt.
Doña Cazalla fuhr fort ihre Meinung zu
sagen: "Ich ärgere mich, dass die Gescheiten sich allemal in banalen
Details verlieren. Welcher Wahnsinn
stand dahinter? Als gäbe es nichts Wichtigeres zu beraten, zankten sie sich: Ob
das Abendmahl ein Gedächtnismahl sei, wie der Schweizer Reformator Zwingli
meinte, oder ob aus den Oblaten und dem Messwein buchstäbliches Fleisch und Blut
Christi entstand, was Luther aus dem katholischen Glaubensgut bewahren
wollte. Beide bedrängten einander, wie
zwei störrische Esel an derselben Krippe obwohl die Heuscheune voll vor ihnen
stand. Beide beharrten kompromisslos auf ihre eigene Interpretation gewisser
Bibelzitate. Beide wüteten, allein ihre Auslegungen seien die Richtigen.
„Wir Valladolider standen in der Frage
des freien Willens auf Bartholomäus Carranzas Seite und damit eigentlich gegen
Luther, so sonderbar das auch klingen mag. Andererseits bewunderten wir dessen fünfundneunzig Thesen.
Vor allem eine hat es uns bis heute angetan:
„Warum baut der Papst, dessen
Reichtümer weit gewaltiger sind als die der mächtigsten Reichen, nicht
wenigstens die eine Basilika des Heiligen Petrus mehr von seinen eigenen
Geldern als von denen der armen Gläubigen?“
Heute wissen wir, dass die damaligen
Päpste die Hälfte des Blutgeldes der Ärmsten verjubelten... lassen wir das...
es ist eine endlose Geschichte.“ Die Dame krauste die schön gewölbte, helle
Stirn. Ihr fiel etwas ein, das sie doch noch einflechten musste, denn sie
machte eine wegwerfende Geste:
„Außerdem hieß es, Papst Leo X. hätte 1515 den
Sündenablass ausgeschrieben um seine Schulden beim Bankhaus der Fugger zu
begleichen. Denn er liebte die große Kunst. Die hatte eben ihren Preis. Von
Raffael ließ er sich die Wände seines Badezimmers mit der Göttin Venus und
ihrem Sohn, dem Liebesgott Cupido, bemalen und… laut seinen Zeitgenossen ... sei
ein Teil des eingenommenen Geldes für die Aussteuer seiner Nichte Maddalena
Cibò bestimmt gewesen...“ (18)
„Geben sie mir die Freiheit und eine
Minute, die Dinge aus meinem Blickwinkel darzulegen“.
Jòse war erfreut. Was hätte er ihren Gedanken hinzufügen können? Es gibt sie also doch, die
Spur der Wahrheit.
„Leider war mir nur einmal vergönnt
mit meinem Carlos alleine zu sein. Jedes Wort zog ich von seinen Lippen in mich
hinein. Er lehrte mich selbständig zu denken. Er mochte nicht, dass Luther das
ganze Evangelium auf zwei Worte reduzierte, - auf sein sola gratia.
Er sagte wörtlich: Natürlich sind wir
ohne Gottes Gnade verloren, aber das bedeutet doch nicht, dass wir wie
Mühlsäcke leblos an seinem Hals hängen. Tun wir etwas.
Damals im Garten der heiligen Theresa erklärte
er mir, einer Zwölfjährigen, einleuchtend, was bis heute die Mehrheit selbst der Geistlichen nicht begriffen hat, dass es
nämlich auf das Guttun aus innerer
Überzeugung ankommt: Tun wir was Jesus
forderte, und arbeiten wir mit den uns
geschenkten Talenten zum Nutzen der Benachteiligten
und Unfreien. Seien wir doch Salz der Erde, halten wir unser Licht hoch gegen
die erzspanische Finsternis eines erzwungenen Einheitsglaubens und verstecken
es nicht unter einem Tisch. Sehen sie lieber Jòse, deshalb sind wir hier. Ich
konnte, seit meines Carlos Tod, keine höhere Aufgabe sehen, seit meinem
Trauerjahr neunundfünfzig. So, wie es damals dem Primas der
Kirche - ihrem Namensvetter - erging,
brachen sie schon im Winter zuvor ins Schlafzimmer meines Carlos ein. Carlos
war damals zweiundzwanzig und schon ein bekannter Jurist und Advokat zu
Valladolid. Wer mochte ihn nicht? Immer dieses freundlich Schelmische in seinen
ebenmäßigen Zügen. Er ging bartlos, doch das kräftige Baskenblond schimmerte
immer durch seine helle Gesichtshaut. Ich dachte und hoffte in den Wochen
davor, warum sollte ich nicht seine Erste werden? Keine andere Frage kam dieser
einen gleich. Sie machte, über Wochen und die vielen Jahre, mein Leben aus,
denn ich war ein romantisch träumendes
Menschenkind, das gerade die Welt erblickte. Ich wollte nichts, nur später
einmal seine Frau werden.“
Doña Catalina schwieg versonnen.
„Ob das die andern Mädchen auch so
oder so ähnlich wünschten und empfanden?
Ich weiß es nicht. Mir machte das
nichts aus. Ich hielt mich für die
Schönste. Jeder noch so flüchtige Blick
in den Spiegel bestätigte mir das. Nein, stattlich konnte man ihn nicht nennen,
dafür aber herzlich und klug. Nichts in
der weiten Welt war mir wichtiger als er, unser Sonntagsschullehrer. Seine
Beredsamkeit, wenn er denn kam, riss uns
alle hin. Sobald wir zwölf wurden, durften wir nämlich die geheimen
Zusammenkünfte der Lutheraner besuchen
in denen Carlos uns belehrte. Wir
unterlagen zuvor dem Schweigegebot. Wir
ahnten und vermuteten mehr als wir verstanden. Dass wir damals aus Furcht nicht
vorsichtiger waren, kann ich bis heute nicht verstehen.
Jede Nacht verfolgen mich die Bilder. Fast
immer höre ich die Stimme meines Carlos, wie er den Anklägern antwortete,
obwohl ich an keiner Verhörrunde teilnehmen durfte. Wie ein Reigen schwarz gekleideter Tänzer
zieht es vor meine inneren Augen. So
kamen die Düsteren daher gezogen, und das klare Bild verwandelt sich in immer
neue Szenen des Schreckens. Ich weiß, es wird nie aufhören. Wo immer die Bösen
sich zusammen rotten, werden sie harmlose Menschen in Christi Namen, im Namen
des Volkes, und sogar namens der Gerechtigkeit tyrannisieren. Wegen eines
Wortes tun sie es, im Wahn sie könnten so
ihre illegitim erworbene Vormacht sichern. Diesen Teufelskreis zu durchbrechen machten
wir uns zur Lebensaufgabe.
Willkommen, Jóse! In unserem Kreis.“
Doña Cazalla musste erneut innehalten. Sie schloss die Augen und schwieg.
Nach einer Weile dankte er ihr für das
Vertrauen, das sie ihm aussprach.
Aber, da war ein wenig mehr, das sie
ihm mitteilen musste, das konnte er sehen.
Er wusste, wie man die wegen Ketzerei
Verurteilten in den verborgenen Kammern behandelte. Selbst die frische Luft wurde ihnen nicht
selten vorenthalten.
Doña Catalina fuhr mit leiser Stimme
fort: „Ich werde nie vergessen, wie mein Carlos in unserer letzten Versammlung
über Martin Luther sprach. Ich habe ihn lebenslänglich „meinen“ Carlos genannt.
Alle die ich zuvor in unseren
Zusammenkünften sah, die älter als zwanzig waren wurden verbrannt, außer meinem
Vater, der eine zehnjährige Gefängnisstrafe erhielt und wie gesagt überlebte,
weil er in der Verließen der Gnadenlosigkeit Wächter fand die ihn mochten und
wahrscheinlich schützten.
Es hieß offiziell, wir stellten Luther
über den Gott der Gerechtigkeit. Ich folgte an jenem unseligen Tag, Sonntag
Trinitatis, den 21. Mai 1559, dem Elendszug, und ich zitterte um meinen Carlos. Tausende Menschen
säumten den Weg. Ich huschte durch die Reihen der Neugierigen, der Aufgeregten
und lüsternen, denen Valladolids Herrscher ein Schauspiel darbot das
erschrecken, mahnen und zugleich die Massen ergötzen sollte. „Ergötzen“, ja,
das ist das richtige Wort für das Genießen des Furchtbaren, seitens der
Zuschauer, die nicht genug prahlen konnten gute Christen zu sein.
Carlos trug das Urteil einer
Kerkerhaft. So stand es auf seiner
Ketzermütze geschrieben. Dem, wie
gesagt, berühmten Hofprediger Austin de Cazalla hatten sie einen mit Lumpen
gefüllten Maulkorb um die Lippen
gepresst. Andere dem Feuertod Überantwortete trugen im Mund einen Knebel. Die
Furcht der Inquisitoren war zu groß die Todgeweihten könnten noch auf dem Weg
zum Scheiterhaufen Proselyten machen. Ihre gelben, knielangen Sanbenitos
flatterten wenn ein Luftzug durch die Straße blies. Die heiligen Inquisitoren marschierten
in der ersten Reihe. Deren hoch erhobene, wahrscheinlich von Nonnen
gestickte, bunte Fahne wehte im sanften
Frühlingswind dieses Maientages. Der Himmel wölbte sich blaugrau. Eingeschrieben ins Fahnentuch stand die
Losung der Zerstörer meines Glücks: Gerechtigkeit und Barmherzigkeit. Sogar die
Sonne schien sich zu schämen, als hätte sie an Leuchtkraft verloren. Mit ausdruckslosen Mienen schritten die
bärtigen Kohlehändler in der zweiten Reihe…
Vor meinen Augen befinden sich immer
noch und immer wieder die roten und blauen auf ihre Rücken gemalten Kreuze der
Schande. Die Glocken tosten, die Pferde der Dominikaner tänzelten, die
Scheiterhaufen waren nicht mehr fern. Carlos, bitte Carlos, kein lautes
Bekenntnis. Du bekennst doch, mit jedem Schritt. Austin de Cazalla, der Präsident unserer
verbotenen Gemeinde, ging hoch aufgerichtet, den Kopf in den Nacken gelegt.
Nicht das geringste Anzeichen von Furcht. Schaut, schien sein starker Leib zu
sagen: Seht einen Mann dem Gottes Gerechtigkeit alles und eure Überheblichkeit
nichts bedeutet. In einer halben Stunde
werde ich Gott gegenüber stehen, werde ihn lieben, wie ich ihn immer
liebte. Doch dann, als er an den
Todespfahl gebunden wurde, wechselte sein Gesichtsausdruck. Da ich mich ihm nahe genug befand, folgte ich
seiner Blickrichtung. Anscheinend sah er nun erst seine Frau. Sie stand im Büßergewand da. Sie hatte also klein beigegeben. Sie musste bereut haben. Das war mehr als er ertragen konnte. Er brach innerlich zusammen.
Wie wir uns später dachten, wollte er
nicht, dass ihn seine Frau in den Flammen sterben sah. Sie befragten ihn. Er musste etwas gesagt haben, das sie
veranlasste, ihn mit der Garotte zu erdrosseln.
Solche Bilder verlassen dich niemals,
Jòse!
Das war es was der Willensstarke
gewünscht hatte. Dies sei ein Akt der
Barmherzigkeit hieß es. Sie verbrannten
nur noch seinen toten Leib.
Nie werde ich dieses Bild von seiner
Frau aus meinem Kopf verdrängen können. Es gehörte mit zum Letzten was ich sah.
Angst, reine unerträgliche Angst und Wut breitete sich von ihr zu mir aus. Man hatte sie betrogen. Sie fiel ohnmächtig
zu Boden. Wenig später erfuhren wir aus anderen Berichten, dass die
Inquisitoren den Verhafteten stets erzählten, ihre Gesinnungsgenossen hätten
bereut, um sie zu weich zu machen.
Sie wollte nach ihren Gefängnisjahren
nichts weiter als den Tod und sie erhielt ihn. Sie wollte da sein, wo ihr
geliebter Mann auf sie wartete. Sehen
sie lieber Jóse. Diese Frau wurde mein Ideal. Ich heiratete nie.“
Über ihrer Nase vertiefte sich die
steile Falte ihrer weißen Stirn. „Wie die ersten Christen glaube ich, dass wir
dermal einst vereint sein werden, als Eheleute, mein geliebter Carlos und ich.“ (19)
Nach kurzer Unterbrechung, in der sie
Mandelmilch trank, rundete Doña Catalina Cazalla das Gespräch ab.
Sie schaute dann, als könnte sie
sehen. „Ich habe es wieder und wieder bedacht. Nein, die meisten von uns waren
keine Lutheraner, obwohl wir voller Bewunderung zu ihm aufblickten. Unvergessen
wie dieser Mann einst todesmutig vor Kaiser und Kurie bezeugte, dass Rom irrt.
Luther brach den Bann. Das ist
unvergessen und nie verblassender Ruhm.
Er redete und lebte für die Freiheit, bis er selbst engstirniger Feind
der Freiheit, zum Fanatiker wurde, ein lichtloser, unbarmherziger. Nur er hatte
Recht. Die Juden verfluchte er in Bausch und Bogen. Ihre Synagogen wollte er
zerstören. Die erschöpften, von ihren Grundherren ausgeplünderten Bauern nahm
er nicht in Schutz. Er ließ sie zu zehntausenden erschlagen. Mägde und Frauen,
wenn sie jemandem von Rang nicht gefielen, vielleicht weil sie ihm den
illegitimen Beischlaf verweigerten, konnten mit einem Wort zu Hexen erklärt und
kurzerhand im Protestantenland verbrannt werden. Mit Luther habe ich nichts
mehr gemeinsam.
Seine frommen Schafe plappern wie er:
der Mensch hat keinen freien Willen. Dafür, dass sie diesen Unsinn weiter
verbreiten werden Luthers Pfaffen bezahlt. Kann
jemand wie ich das wertschätzen?“
Die alte Dame senkte den Kopf. Jóse
staunte, wie nahe ihre Ansichten beieinander lagen. „Zu viele Menschen richten ihre Ansichten,
obwohl sie durchaus urteilsfähig sind, nach den Ansichten ihrer Vorbeter
aus. Der junge Luther war ganz anders,
als der alte. Damals war er ein Held. Sobald er als Pilger Rom von weitem sah,
fiel er auf die Knie und dankte Gott. Er jubelte, angesichts der Kirchentürme:
Heiliges Rom! und am nächsten Tag
versank das reale Rom im Alltagsdreck für alle Zeiten. Schein und Sein konnten
nicht gegensätzlicher in Erscheinung treten. Dennoch kroch er die Stufen der
Pilatustreppe herauf, betete tiefgläubig für die Wohlfahrt der Seelen seiner
Vorfahren im Fegefeuer und da, mit diesem Tun,
an diesem Tag, erkannte er es: der Kirche Pomp und Gloria lag wie
unnützes Scheingold auf dem stinkenden Sumpf.“
Sie schaute wieder fragend, als wollte
sie einflechten: "Ist es nicht so bis heute? Tragen unsere Verderber die
bunten Röcke und Ornate nur um zu verbergen, wie anrüchig es in ihrem Privatleben
vor sich geht?
Lieber Jóse, wir kennen ihr Herz. Seien sie
versichert: Wir hatten und haben nicht die Absicht Menschen umzubringen,
sondern wir greifen nur deren tödlich gefährliche Idee an, sie dürften gegenüber
Andersmeinenden Gewalt anwenden weil sie selbst und nur sie, im Alleinbesitz
der Wahrheit seien. Für gerecht hielten Madrid und Rom stets, was ihrer Anmaßung diente.
Deshalb ist die spanische
Gerechtigkeit grausam. Schaut, das weiße Lamm im Wappen der Inquisition. Es
setzt seinen Fuß auf die Weltkugel."
Sie schwieg und Dr. Carranza bewegte
ihre Worte in seinem Herz.
Catalina Cazalla klingelte. Zwei
Mädchen kamen und stellten sich hinter sie. "Machen sie mit, Dr. Carranza?
Das ganze System der Gewissensknechtung muss trotz der Vormacht und der
Klugheit der Jesuiten fallen. Um das zuwege zu bringen bedürfen wir der
Unterstützung von Menschen wie sie. Wir suchten nach einem der das inhaltlich
klar zum Ausdruck bringen kann.“
Mit seiner Zustimmung empfand er
allerdings, dass sie ihn auf einen Platz hob, der ihm umgehend zu hoch
erschien. Andererseits hatte Doña
Catalina Recht. Er musste das gesichtete Material nur noch buchfertig machen.
Das traf durchaus seine Absicht.
Falls er nach Marseille geht,
ließe er es drucken.
Sie erwiderte: „Wir benötigen
allerdings kein Buch, das liest niemand.“
Ihre Schroffheit störte ihn. Er schluckte den Ärger, wegen der Sache in sich, bis sie sagte: „Komprimieren sie
unsere Ideen zu einem höchstens zehn Seiten umfassenden Text der die Welt Roms, Madrids und
Wittenbergs bis in die Festen erbeben macht. Sätze, Luthers Thesen
vergleichbar. Sätze die jedem einleuchten müssen. Schreiben sie Grundsätze, die
unterstreichen, mit welchen Prinzipien der einen wie der Anderen wir, aus
Gründen der reinen Vernunft, nicht übereingehen können. Die Leitidee wäre:
zurück zum originalen Christentum.“ „Doña Cazalla, ich kann ihnen nur sagen
dass ich grundsätzlich wie sie denke.“
Während sie von den Kindern geführt wurde,
schritt er neben ihr her. Sie stockte den Schritt und warnte: „Wenn uns jedoch
nicht gelingen sollte, was wir planen, wenn wir diese drei bislang nicht zu
Fall gebrachten Zentren des Aberglaubens in ihrem Wahn um Macht und angeblicher
Wahrheit, zur Vernunft bringen können, sehe ich schwarz. Diese Drei werden die
Welt zu Tode reiten. Die Kräfte der Lutheraner, der Calvinisten und der
römischen Kirche, gieren danach, uns und einander an die Gurgel zu
greifen. Viele hunderttausend Familien
werden es büßen. Millionen werden wegen der Dummheit und Lieblosigkeit ihrer
Pfaffen und Fürsten sterben! Der große Krieg der drei angeblichen
Christreligionen steht vor der Tür.
Entweder die oder wir: Scheuen sie keine Mühe es schnell zu tun,
Historiker! Luthers Werkzeug bestand zunächst auch nur aus Papier und Tinte.“
Dieser Machtmensch behauptete schlankweg Origenes, dieser Ur-Arianer, hätte seine eigene höchst persönliche Philosophie verbreitet, nichts weiter. Origenes sei unglaubwürdig. Diese Lüge lebt, gestützt von Rom.“
Sie blieb plötzlich stehen, streckte
die Hand wie ein Mann aus. Jóse ergriff
sie. Das hatte er so noch nicht
erlebt. „Nun, gehen wir zu Tisch. Und da
ist noch etwas das sie wissen sollten. In Nizza haben wir einen Freund, den
hugenottischen Großhändler Conseur. Er ist ihres Alters, ein Hugenotte mit
Verstand und Herz. Ein ehrlicher Mann, der ebenfalls nur akzeptiert, was sein
Gewissen zulässt. In Hugenotten wie
diesen haben wir Bundesgenossen. Besuchen sie mich in drei Wochen mit ihrer
Arbeit. Ich glaube genug von ihnen zu wissen, dass sie genau das können.“
Sie betraten einen blumengeschmückten
Saal, der durchaus fünfzig Gästen Platz bot, aber er war nur halb gefüllt. Die
etwa zehn anwesenden Herren erhoben sich.
Die Hausherrin machte eine Geste mit der linken Hand und ihre Gäste nahmen
wieder Platz. Vom Tisch her kam ein
Mann, mit den Epauletten eines spanischen Oberst, auf sie zu. Sein langes
Gesicht wies eine erhebliche Narbe auf. Sie zog sich vom Ohr bis zum Kinn. Ein
Säbelhieb musste ihn vor einiger Zeit getroffen haben. Doña Catalina machte die beiden Männer
miteinander bekannt. „Manuel Martinez!“
Der sah wirklich nicht wie ein frommer
Lutheraner aus.
Jóse wurde anschließend den Herren
vorgestellt, die schwarz-weiß gekleidet hinzukamen. Mit ihren kostbaren Degen
bewaffnet, auch gemäß ihren Gesten konnten sie durchaus Granden der ersten
Klasse sein. Deren Ehefrauen blieben an
ihren Plätzen sitzen, wie es die Sitte verlangte. Ehe sie sich selbst und dann
alle anderen außer Oberst Manuel Martinez und Jòse hinsetzten, erklärte Doña
Catalina Cazalla: „Dr. Carranza, fühlen sie sich frei. Sie haben zehn Minuten
Zeit. Tragen sie uns ihre Ansichten vor. Das ist in unserem Zirkel Sitte. Wer
hier jemals eintrat stellt sich selbst vor und
trägt seine Gedanken vor.“
Jóse war ziemlich überrascht, aber
nicht in Verlegenheit: „Mir scheint, sehr geehrte Anwesende, sie möchten
wissen, welche Vorstellungen von der Zukunft ein Ordenspriester hegt, der sich
Sorgen um sein Heimatland macht: Nun, mit einem Wort gesagt, es geht um die
Freiheit des Gewissens. Die in heilige
Gewänder gekleideten Herren der Häuser des römischen Petersplatzes und des
Escorial haben der Welt nichts als das Gegenteil gebracht. In ganz Europa
lehnen sich die Unfreien gegen die strikte Bevormundung durch Rom auf. Sogar in Polen ist das der Fall, wo der Adel
überwiegend protestantisch glaubt und lediglich noch das einfache Volk, dirigiert von Jesuiten,
zum katholischen Glauben hält. Wir
sollten in Spanien jene Religionsfreiheit erringen die es jetzt in Frankreich
gibt. Es gibt überall, außer in den höchsten Kreisen Sympathie dafür. Wir sollten Gott bitten, dass er uns
erleuchtet.“ Oberst Martinez ging zurück
an seinen Platz und setzte sich, während er dem Dominikaner durch intensives
Kopfnicken zustimmte: "Mehr Herr Doktor!"
Jóse schaute auf die Herrschaften. Einige
Köpfe ermutigten ihn.
„Als Ordenspriester sage ich, wir
bedürfen einer Kirche, aber einer der Gesellschaft von Morgen. Verleumdung und
selbst schärfste Kritik an dieser Kirche darf höchstens die Strafe der
Exkommunikation nach sich ziehen. Jeder Zweifel muss erlaubt sein. Kein
Priester darf für seine Dienste an der Gemeinde jemals einen einzigen Maravedi
erhalten, andernfalls erfahren wir nie was er wirklich glaubt. Wir wollen
niemandem zuhören, der auf Christi Gebote pfeift. Wir können auf Messen
und Prozessionen verzichten. Von der
Höhe der Kathedrale zu Sevilla muss die Fahne Kaiser Konstantins herunter
geholt werden.“ Da erhielt er spontan Beifall. Jemand raunte vernehmlich: "Er
spricht von der Giralda."
Vielleicht auf Weisung des mayor domo,
möglicherweise auch weil es schien Dr. Carranza hätte alles gesagt, trugen zwei
ältere Kinder Servietten herein, verteilten sie. Das irritierte ihn. Doña Catalina ermutigte Jóse jedoch durch
eine kleine Geste fortzufahren und seine Zeit zu nutzen. Es gab allgemeine
Zustimmung. Er setzte hinzu: „Meiner Überzeugung nach können wir, wie die
Christen vor dem Jahr dreihundert, auf die Ideen Kaiser Konstantins ebenso
verzichten wie auf Klöster und Kreuze, die es vor dem fünften Jahrhundert in
keiner Kapelle gab.“
Einige räusperten sich. Das Letztere hatte anscheinend noch niemand
zuvor gehört, geschweige denn je zu diesem Thema eine Frage erwogen.
Oberst Martinez erwiderte: „Ich selbst
war Priester. Legen sie uns ihr Konzept der ihrer Meinung nach bedeutendsten
Punkte künftiger Religionslehre dar.“ Anscheinend war er nicht hungrig. Jóse konnte sich ein kleines Schmunzeln nicht
verkneifen: du Draufgänger warst Priester? Er schaute den Oberst offen
zweifelnd an.
Der lachte nur.
Jóse antwortete überraschend für alle:
„Mit Hippolyt von Rom und Origenes, sowie mit der Mehrheit der Bischöfe der ersten 250 Jahre des Christentums,
glaube ich, das wir alle ins Fleisch geborene Gottessöhne und -töchter sind. (20) Diese Gemeinsamkeit und Tatsache kann man
nicht oft genug betonen. Wenn diese von
machtsüchtigen Leuten verworfene Lehre irgendwie zurückkehrte, würden umgehend
die Theologien aller Strömungen, Sekten und Glaubensgruppen wie Kartenhäuser in
sich zusammenfallen. Rom und Madrid,
Moskau, Wittenberg, Genf und Athen sträuben sich, offenzulegen, dass die Lehre
vom vorirdischen Dasein des Menschen die bedeutendste des ersten und des zweiten Jahrhunderts war - verbunden
mit einer in Aussicht gestellten Weiterentwicklung des Gläubigen bis er selbst
ein Gott wird. (21) Jeder Mensch trägt
die Fähigkeit in sich ein Teufel oder das totale Gegenteil zu werden. Dass es eben darum seit Beginn ging, wird
geleugnet. Hippolyt von Rom und Origenes
- und eben nicht nur diese beiden Größen- (21) unterstrichen diese beiden
wichtigen Basiselemente des frühen Christentums. Weil der Mensch, - das Innerste des Menschen,
- ein Geist-Kind Gottes ist, verfügt er zumindest über einen Teil des
Potentials seines Vaters. Beten wir
nicht: „Vater unser der du im Himmel wohnest“?
Sagte Christus nicht: "Ihr sollt vollkommen werden, gleichwie euer
Vater im Himmel ist?" Einer der
brutalsten Machtmenschen aller Zeiten, Kaiser Justinian, eliminierte diesen
Aspekt 543 aus dem Kirchenleben mit den Worten:
„Wenn einer sagt oder dafürhält, die Seelen der Menschen seien
präexistent gewesen, insofern sie früher Intelligenzen und heilige Mächte
gewesen seien; ... so sei er im Banne....“
Mit List und Tücke verfluchte der Diktator Justinian den großartigen
Lehrer Origenes der darauf pochte, dass „Gott... keine Vielzahl verschiedener
Wesen geschaffen hat, sondern alle gleich... Es gibt keine... gesellschaftliche
Rangbestimmung, der Wille des Einzelnen ist entscheidend, und das heißt: der
autonome Wille des Einzelnen... (22)
Das missfiel Justinian, der Blut wie
Wasser vergießen konnte, weil er sich selbst für den größten aller Herren der
Welt hielt. Ohne Zweifel glaubten damals
sämtliche Bischöfe in den Bahnen des Origenes von Alexandria.
Es mag Ausnahmen gegeben haben, doch
die waren selten. Origenes wurde bis 235
als höchste Lehrautorität der gesamten Kirche betrachtet. Bis auch er von
Neidern verleumdet und degradiert wurde.
Wenn es zuvor Glaubensdifferenzen in den Gemeinden gab wurde er als
unbestechlicher Schiedsrichter hin gerufen, sogar nach Rom, wo sich Bischof
Hippolyt klar bekennend an seine Seite stellte.
Das wissen wir mit Sicherheit. Aber das Kuriose daran ist, kaum jemand
will es wissen. Das ist der Fall, obwohl
es nichts in der Welt gibt was den Desinteressierten mehr betrifft. Die
Gleichheitsidee störte den größenwahnsinnigen Justinian. Als er sich, 537, in die nahezu fertig gestellte
Hagia Sophia begab rief er: Salomo ich habe dich übertroffen! Was er mit seinen mörderischen Banditen in
Italien und Nordafrika zugunsten angeblicher Orthodoxie anrichtete, werden ihm
die Opfer wohl nie vergeben. Millionen Menschen verloren damals durch ihn ihre
Zukunft, zehntausende bezahlten Justinians Illusionen mit ihrem Leben. Er zerschlug das vorbildlich
regierte oströmische Reich der Goten deren Blut in nahezu jedem von uns rinnt.
Er zerschlug damit den Arianismus, den er, wegen seiner Güte, bis aufs Blut
hassen musste
Wikipedia: Die Generäle Belisar und Narses zerstörten das ostgotische - arianisch orientierte, friedenstiftende Ostgotische Reich auf Befehl Kaiser Justinians.
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Dieser Machtmensch behauptete schlankweg Origenes, dieser Ur-Arianer, hätte seine eigene höchst persönliche Philosophie verbreitet, nichts weiter. Origenes sei unglaubwürdig. Diese Lüge lebt, gestützt von Rom.“
Eine Pause kam, weil jemand die Hand
hob. Aber eine Frage wurde nicht
gestellt. Jòse bemerkte, dass die Dame, an der Seite dessen, der sich zu Wort
meldete, ihren Partner zischelnd anfuhr.
Ich selbst“, sagte Dr. Carranza, „bin
überzeugt, dass Glaubenszwang sich von selbst verbieten würde, wenn wir zu den
ursprünglichen Lehren und Idealen zurückkehrten. Das Liebesgebot Christi bekäme
einen noch höheren Stellenwert. Niemand
würde versuchen aus Lügen Vorteile zu ziehen.
Der ganze Zauber und Zirkus rund um Messen und Gottesdienste fiele
weg. Unser Gott, der Vater der freien
Geister, (23) will nicht gefeiert, sondern geliebt werden. Er wünscht,
dass wir seinen Ratschlägen folgen.
Für ihn stehen unsere Charakterbildung und unser gegenseitiges
Wohlwollen im Vordergrund. Kirche wäre
erneut, was sie einmal war, eine Schule der Tugend. (24) So wie die Mitglieder einer Familie würden
Priester sich schämen von ihren buchstäblichen Geschwistern Geld für den Dienst
an der Familie zu nehmen. Wir stehen
heute vor dem Dilemma des Gegenteils, weil gewisse Machtbesessene so gut wie
nicht an den Gott glauben, den Jesus lehrte und demzufolge verwarfen sie die
ursprüngliche Gotteslehre.“
Das hatten die Herrschaften, die sich
im Haus Doña Catalinas befanden, offenbar nicht erwartet. Man tuschelte, wog
die Köpfe. Doña Catalina dankte Dr.
Carranza und sagte: „Sie sind ein Revolutionär, mein Herr, lassen wir es so im
Raum stehen.“ Oberst Manual Martinez fasste in markigem Ton zusammen: „Es ist
nur gewöhnungsbedürftig. Wir sollten es erwägen. Glasklar hat Dr. Carranza sich
zu unseren Prinzipien bekannt: Glaubensfreiheit, zur Notwendigkeit Rom das
Zepter aus der Hand zu nehmen. Es war ein Bekenntnis zu einer offenen
Gesellschaft. Ablehnung des Brimboriums jeder Art. Hochachtung vor den
Persönlichkeitsrechten aller.“ Er klatschte
und wenn zuerst auch zögerlich fielen
sie alle ein. Man sah der Herrin des
Hauses die Erleichterung an. Nach dem üppigen Mahl kamen zwei Damen mit ihren
Ehemännern und stellten sich um Jóse herum: „Sagen sie Doktor, ist es ein
Wunschtraum oder gibt es einige tragfähige Hinweise oder gar Beweise, für ihre
sehr schön klingende Grundthese, wir seien buchstäbliche Geistkinder Gottes die
in irdische Körper hineingeboren wurden?“
Alle hörten interessiert zu, als Dr. Carranza ausführte: „Im ersten
Kapitel seines berühmten Briefes an die Epheser sagt Paulus: Schon vor Beginn
der Welt, von allem Anfang an, hat Gott uns, die wir mit Christus verbunden
sind, auserwählt. Die Hugenotten leiten
vor allem aus diesem Satz ihre Lehre von der Vorherbestimmung des künftigen
Schicksals jedes Menschen ab. Statt die Aussage
Paulis wörtlich zu nehmen deuten sie diesen Schriftvers im Sinne ihrer
törichten Lehre von der Prädestination.
Sie behaupten mit ihrem Calvin, schon bevor wir existierten traf Gott
die Entscheidung wer von uns zur Hölle oder umgekehrt fährt. Nur eine Minute der Nachdenklichkeit genügt
dem, der die Bibel kennt, dass es sich um Unfug handelt, dem die
calvinistischen Hugenotten aufsitzen. Und damit kommen wir zum wunden Punkt unserer
Beziehungen zu den Calvinisten.“ Der Herr, der sich zuvor schon fragend
einmischen wollte, wog den Kopf. Aber die füllige Dame an seiner Seite
erwiderte ihm prompt: „Wir sind Freie oder Dirigierte, Selbst- oder
Fremdbestimmte!“ „Hm!“ erwiderte ihr Ehemann, „wir sind Freie! Soweit so gut.
Nun zum zweiten!“
Jòse breitete die Hände aus:
„Zugunsten der Aussagen vom vorirdischen Dasein aller ist da, das im zweiten
Jahrhundert von Ostchristen verfasste Perlenlied. Zu dieser Zeit stand sein
Inhalt, allen Christen bis hin nach Rom, in die Seele geschrieben, denn
männlich oder weiblich geboren, sie bezogen es buchstäblich auf sich. “Als ich ein kleines Kind war und im Hause
meines Vaters wohnte und am Reichtum und der Pracht meiner Erzieher mich
ergötzte, sandten mich meine Eltern aus dem Osten, unserer Heimat, mit einer
Wegzehrung fort... aus dem vollständigen Text geht es noch deutlicher hervor:
diese Erde ist nicht unsere Heimat. Wir
wissen zudem, dass die Präexistenzlehre unter dem massiven Druck des Ignoranten
Justinians aus vordergründig politischen Gründen verworfen wurde.
Selbst die damalige Kurie schien nicht
erfreut zu sein. Justinians Schergen nötigten Papst Vigilius des Diktators Kurs
radikaler Änderungen der Theologie zu billigen.
Vigilius wurde gewaltsam aus Rom nach Konstantinopel geschleppt. Der
Herr Ostroms zwang den Papst die Papiere der Synode der Ostkirche von 543 zu
unterzeichnen. Unter den fragwürdigen
Dokumenten befanden sich einige, die eher nebensächliche Thesen und
Glaubenslehren enthielten, sowie die ungerechtfertigten Verfluchungen des
Origenes.“ Dr. Carranza gewann erneut die Aufmerksamkeit seiner Zuhörer mit der
Wiederholung des durch Justinian verfluchten Textteiles: „die Seelen der
Menschen präexistierten.“
Er betonte: „In den Zusammenkünften
der Ersten Christen ging ein Satz um, der in seiner Bedeutung nicht überschätzt
werden kann. Die Mehrheit der Theologen
kennt ihn zwar, doch allzu gerne biegen sie ihn um. Diese Aussage lautet: „Die wahre Gotteserkenntnis
beginnt mit der Erkenntnis des Menschen als eines gottverwandten Wesens...”
Selbst Oberst und Expriester Martinez gab zu, er hätte davon nie gehört. Allerdings könne er bestätigen, dass diese
Formulierung Sinn macht. Oberst Martinez sachliche Bemerkungen zogen sofort
weitere Fragen nach sich. Jóse gab
gerne Auskunft. Er wurde jedoch von seinem Inneren her gewarnt, jetzt und hier nicht die Frage nach dem
höchst verrückten, aber von der ganzen religiösen Welt anerkannten nicänischen
Gottesbild aufzuwerfen. Das wäre
verfrüht und sehr geeignet Streit heraufzurufen. Bereits seine Aussage, Kaiser
Justinian hätte mit seinen Kreuzzügen gegen das ostgotische Reich in den Jahren
rund um die berüchtigte Ostsynode kaum mehr als Trümmer und Asche, sowie
Unglauben hinterlassen, erregte erhebliches Aufsehen. „Die Pest grassierte
damals obendrein und der Lebensstandard
jener Jahre sank aufs Bettlerniveau. Unsere Vorstellungskraft reicht
nicht aus sich das graue Elend jener Periode auszumalen.“ Dr. Carranza
schilderte mit deutlichen Worten was Justinians angeblich „christusliebendes
Heer“ in Afrika und Italien angerichtet hat.
Das zu sagen war ihm wichtig, weil in diesen Zusammenhängen die
Verständnisvollen angeregt werden, darüber nachzudenken, warum ausgerechnet die
mörderischen Imperatoren diejenigen waren, die der Kirche das gegenwärtige
Gepräge gaben.
Jóse Carranza machte eine gute
Figur. Seine suggestive werbende Stimme
gefiel. Er stand weiter im Mittelpunkt
der illustren Gesellschaft Doña Catalinas, an diesem Nachmittag, der eigentlich
in eine Siesta münden sollte. Eine Frage
jagte die andere. Nahezu alles was er
vortrug war nur wenig bekannt. Jeder
fühlte, dass er über höchstbedeutende Tatsachen sprach. Kaum jemand traute sich
in den Garten zugehen, um auf Liegestühlen auszuruhen, ausgenommen zwei oder
drei Damen.
„Sie stellen die Dinge auf den Kopf
oder zurück auf die Beine!“ meinte der Oberst, „sagen sie lieber Bruder, woher
wissen sie, dass die Christen der ersten vierhundert Jahre die Kreuzesverehrung
nicht kannten.“ „Die Zusammenhänge sind künstlicher Natur. Setzen wir uns doch. Bitte!“ Man nahm rund um
einen großen Tisch Platz.
„Es handelt sich um einen Komplex von
Falschdarstellungen, die mir selbst die Luft nahmen als ich begann die Märchen
von der historischen Wahrheit zu trennen.
Heute sehe ich deutlicher als zuvor, dass es Unfug war ein
Mordinstrument aufzuwerten und sogar zu heiligen. Übrigens, eine Darstellung des Gekreuzigten
wagte niemand vor dem Jahr eintausend.“ „Nur zu“, ermutigte ihn nicht nur
Oberst Martinez: „bringen sie es herüber.“ „Fest steht, das Kreuz galt in den
ersten vierhundert Jahren der Christengeschichte, nur als uraltrömisches
Marterinstrument, das von Söldnern aufgerichtet wurde. Die ersten Christen
verabscheuten es, während gleichzeitig die Kreuzigung Christi mehr Würdigung erhielt.
Das Kreuz X von dem wir hier reden war
lediglich das Zeichen der Siegesgöttin Victoria, der rechte Winkel L dagegen wurde als Symbol der Wahrhaftigkeit
betrachtet. Wieder und wieder treffen
wir auf diese Bedeutung. Ein Christ muss
der Rechtschaffenheit dienen oder er hört auf Christ zu sein. In Italien, unter jenen Arianern die
Justinian vernichtete, stand dieses Gammadia genannte Zeichen in höchstem
Ansehen. Es gibt Kirchen die es zeigen. Wenn ein Märtyrer in die Geisterwelt
zurückging, durchschritt er den Vorhang. Statt des Konstantinkreuzes wies er
die Gammadiahaltung vor.
Selbst Christus wies es vor, wie wir es am Portalrelief der Abteikirche von
Conques, um 1200 sehen.
Aus den Dokumenten geht hervor, dass
Victoria und Sol Apollo Konstantin 310 in einem Apollotempel erschienen
waren. Wenn er weise sei, dann werde er
dreißig Jahre regieren, XXX. Dieses Zeichen X hatte eine doppelte Bedeutung. Es
gilt sowohl als Zahl, wie auch als wahrscheinlich ältestes Symbol des Labarums
der Legionen des römischen
Imperiums. Es gibt nämlich eine
Erklärung des Mannes Felix Minucius, der im dritten Jahrhundert als
Rechtsgelehrter wirkte und Christ wurde.
Wie ein Blitz aus heiterem Himmel traf mich damals die Behauptung dieses
glaubwürdigen Zeugen, der im Jahr 220 formulierte: „Das Kreuz selbst ist seit
je heidnisch.“
Wenn das die schlichten Gläubigen
wüssten, dachte ich sofort! Ich gelobte mir, ich werde sie einmal darauf
hinweisen. Rom und Madrid haben sich der
Wahrheit zu beugen, nicht wie bislang, umgekehrt. Jeder Christ muss es erfahren: Anwalt Marcus
Felix Minucius schrieb ablehnend, weil wahrscheinlich bereits damals, zwei
Generationen vor dem Entstehen der
Kreuzeslegende, aus unerfindlichen
Gründen, von staatlicher Stelle an römische Christen das Ansinnen gestellt
wurde über eine Symbiose nachzudenken.
In seinem Werk "Dialog Octavius" sagt Felix Minucius
unmissverständlich, was die Kirche der vorkonstantinischen Zeit davon hielt,
die Kreuze der Kaiser und ihrer Legionen zum Gegenstand auch ihrer Verehrung zu
machen, nämlich gar nichts:
„Eure Siegeszeichen haben nicht bloß
die Gestalt eines einfachen Kreuzes, sondern sie erinnern auch an einen
Gekreuzigten... bei euren religiösen Gebräuchen kommt (das Kreuz) zur
Verwendung. Wir dagegen beten Kreuze nicht an und wünschen sie nicht. Ihr
allerdings, die ihr hölzerne Götter weiht, betet die Kreuze als Bestandteil
eurer Götter an. Was sind sie denn anderes die militärischen Feldzeichen und
Fahnen als vergoldete und gezierte Kreuze?“
Stundenlang saß ich an jenem
Nachmittag da, als ich das zum ersten Mal las.
Ich hielt den wirren Kopf in den Händen.
Bis dahin sah ich mich als Fremder in der ungeliebten Kirche, als
Kritiker, noch nicht als ihr entschiedener Feind.
Nicht nur draußen tobte an jenem Tag
ein Gewitter. Es blies frischen Wind ins
alte, dumpfe Gemäuer. Die Konsequenz
konnte nur lauten: das kirchliche Rom scheute sich nicht, durch Einfügung
paganer Riten und ihres Ungeistes das Original zu fälschen. Dagegen galt im originalen Christentums die
Wahrhaftigkeit als höchster Grundsatz.
In Rom selbst gibt es das Bild eines
Märtyrers der durch den Vorhang zurück in die Welt der Geister geht. Auch er betonte das Prinzip der
Rechtschaffenheit.
Erst eine dunkle Gestalt namens Cyrill
von Alexandria machte im fünften Jahrhundert das Kreuz Konstantins und das
seiner Mutter Helena zu einem christlichen Symbol. (26)
Wir wurden in unseren Seminaren stets
belehrt, Kaiser Konstantin soll es am Vorabend der berüchtigten Schlacht an der
milvischen Brücke, am achtundzwanzigsten Oktober 312 gesehen haben. Zwanzigtausend Soldaten wären Zeugen dieses
Großereignisses gewesen. Doch Konstantin selbst berichtet in seinen
"Selbstzeugnissen" davon kein Wort! Das ist sonderbar. Also forschte
ich weiter. Auch seine Legionäre berichteten von diesem Großereignis
nichts. Selbst der Triumphbogen der zu
Ehren dieses Sieges Konstantins in Rom
errichtet wurde, erwähnt es nicht. Eigenartig! Erst der Kirchenpolitiker und
Oberbischof Cyrill von Alexandria greift einhundert Jahre später die Legende
wieder auf. Cyrills Kirche war indessen
längst nicht mehr jene Kirche die Jesu von Nazareth gestiftet hatte, sie nannte
sich zwar noch so, doch das war Täuschung: die Wolfs-Kirche Konstantins, (27)
in der Cyrill seine für ihn selbst wichtige aber niederträchtige Rolle spielte,
hatte sich längst das blutige Fell des Lammes über ihren Leib gezogen.“
An dieser Stelle seiner Erläuterungen
wurde Dr. Carranza von einem der Herren unterbrochen, von einem stämmigen Mann
mit intelligentem Gesicht: „Gestatten sie mir die Frage warum sie den berühmten
Patriarchen Alexandrias Cyrill so scharf attackieren? Dass sie mich recht
verstehen, wir betrachten uns als religionskritische Gruppe, die nach vorne
orientiert ist, aber Cyrill sehen wir positiv.“ Jóse ahnte, dass er zu schnell
voran gegangen war. Er war bereits im Begriff sich zu entschuldigen, als Oberst
Martinez sich einmischte: „Hören wir uns doch zuerst die Begründung unseres
Freundes an.“
Dr. Carranza erwiderte mit nun
leiserer Stimme: „der große Wechsel erfolgte tatsächlich vor den Zeiten
Cyrills. Das zu sagen, nachdem wir es erkannt haben ist wichtig, weil wir - mit
den schätzenswerten Worten unserer Gastgeberin
Doña Catalina Cazalla - zurückkehren müssen zu den Wurzeln. Und diese
liegen weit vor den Zeiten des Imperators Konstantin. Dieser Mann jedoch war
der erste Cäsaropapist. Mit ihm vollendete sich die erste Etappe des
Christentums. Er trug das Heidentum ins Christentum. Fortan haben wir es mit
der Geschichte der Kirche Konstantins zu tun. Cyrill setzte nur die Linie
Kaiser Konstantins fort. Im vierten Jahrhundert brachte Konstantins Machtsucht
zustande, dass die Bischöfe durch dessen massive Einmischung kaum merklich
zunächst, vom sanften Geist Christi weg, zu den rauen Ideen imperialer Interessen gelockt wurden. Dieser Mann Konstantin, der aus reinem
Machtstreben über die Leichen seiner eigenen Familie schritt, setzte die
Bischöfe unter schweren Druck. Hätte ich im Palais meines Erzbischofs nicht
Zugang zu einigen alten Handschriften gefunden, dann hätte ich mich nicht so
weit aus dem Fenster gelehnt. Cyrill von Alexandria gehört zu den Hauptvertretern
„rauer Ideen“. Er wird von den Päpsten
hoch gelobt, in Wahrheit missachtete er die Gebote Gottes, oder sollte ich
sagen, er trat den „sanften Geist des Christus“ selbst mit groben Füßen nieder.
In einer Schrift eines katholischen Historikers heißt es:
„Er war ein Neffe des Theophilus und hatte dessen rücksichtslose
Herrschsucht geerbt. Als dieser im Oktober 412 gestorben war, hatte Cyrill
unter wilden Straßenkämpfen, in die auch die Truppen eingreifen mussten, seine
Wahl auf den nun freigewordenen Bischofsthron durchgesetzt."
Alleine diese beiden Sätze zeigen um
was es ihm ging. Cyrills Leitungsstil
wurde später große Mode. Aber mit
Cyrill versank die Kirche völlig im Sumpf der Bosheiten. Was war sie noch im 6., 7., 8., 9., 10., 11.,
12., 13., 14. Jahrhundert? Ein paar
Gauner kämpfen gegen eine Handvoll Oberbanditen unter denen echte Christen
ebenso litten wie bedauernswerte andere.
Vom neunten Jahrhundert an herrschte in Rom ständiger Bürgerkrieg… es
waren brutale Faustkämpfe unter römischen Familien. Jede Partei wollte ihren
eigenen Papstkandidaten durchsetzen. Sie hatten von Cyrill gelernt.
"Eine der ersten Amtshandlungen
Cyrills bestand darin, dass er die Bethäuser der Novatianer (einer
Gruppe Urchristen die gewillt waren gemäß Christi Gebote zu leben) schließen ließ. Er bemächtigte sich nicht nur
ihres Kirchenschatzes sondern auch des Privatvermögens ihres Bischofs
Theopemptus. Geld schätzte er so hoch, dass er selbst die Bistümer Ägyptens
feilbot. Eine reiche Einnahmequelle und zugleich ein wichtiges Machtmittel boten ihm die
Krankenwärterstellen, da die Hospitäler von Alexandria als wohltätige
Stiftungen unter seiner Aufsicht
standen. Weil nämlich ihr Dienst nicht
nur ein hübsches Einkommen brachte, sondern wahrscheinlich auch vom Decurionat
und anderen Staatslasten befreite, drängten sich auch reiche und vornehme Leute
dazu und erkauften die Aufnahme in die Körperschaft mit barem Gelde. Denn große
Anstrengungen brauchte man ihnen nicht zuzumuten, schon weil Cyrill ihre Zahl auf etwa tausend erhöhte. All
die Hunderte, die Krankenwärter hießen, lungerten müßig auf den Straßen
Alexandrias. Sie bildeten für den Bischof eine handfeste Leibwache und waren
höchst geeignet, Krawalle hervorzurufen und anzuführen.“
(28)
Ich kann nur bestätigen: Cyrill war
klug und gewissenslos. Sokrates ein als
zuverlässig geltender Historiker der Antike, spricht von der ohnehin
allgemeinen Gewaltbereitschaft der Einwohner Alexandrias, die Cyrill sich
dienstbar machte, wie zuvor Athanasius der wilde Trinitarier. Straßenrandale, Zänkereien und hetzerische
Predigten, gehörten sowohl bei dem einen wie beim anderen zur
Tagesordnung. Wie wenig das mit dem
Evangelium Christi gemeinsam hat wird an solchen Darstellungen deutlich.
„Das war ein klares Wort“, befand der
Oberst, „und nun interessiert uns ihre Ansicht zur Kreuzesvision Kaiser
Konstantins“. Dr. Carranza befürchtete zu Unrecht, dass lediglich Manuel
Martinez an seiner Antwort interessiert war.
Tatsächlich jedoch hatte er die Anwesenden schon in den Bann seiner
dramatischen Darstellungsweise gezogen. Dr. Carranza fuhr fort: „Behauptet wird, die Schlacht an der
milvischen Brücke wäre zugunsten Konstantins ausgegangen, weil er den
Christengott um Beistand gegen seinen Schwager und Mitkaiser Maxentius gebeten
hatte, denn dieser wäre der Tyrann von Rom gewesen. Das jedenfalls, lieber Oberstbruder, lernten
wir gemeinsam in unseren Fakultäten".
Expriester Martinez nickte ein wenig
zögerlich und zugleich schmunzelte er, seinen großen Kopf nachdenklich
wiegend.
"Doch der beklagte Maxentius
hatte die Christenverfolgungen eingestellt und der römischen Kirche den
Grundbesitz zurückerstattet. (29)
Eigentlich beginnt die Geschichte der römischen Kirche mit diesen beiden
historischen Lügen: Maxentius sei ein Tyrann gewesen und Konstantin ein Christ.
Aber, Konstantin hat wahrscheinlich
niemals in seinem Leben Christus angerufen, und wenn, dann erst auf seinem
Totenbett. Vor der Schlacht an der milvischen Brücke rief er den alten
römischen Siegesgott Sol an.“
Der anscheinend älteste Anwesende, ein
großer Mann mit weißem Vollbart rief aus: „Das ist ein starkes Stück. Wie
wollen sie das beweisen, Dr. Carranza?“
Er streckte den Zeigefinger seiner Rechten vor. Jetzt wurde es ihm, und
wahrscheinlich nicht nur ihm, zu bunt. Der Ton ließ es erkennen.
Jóse erwiderte in ruhigem Ton: „Konstantin
trat nicht nur das militärische Erbe seines kurz zuvor verstorbenen Vaters
Constantin Chlorus an, sondern er setzte auch dessen Religion fort, denn
Konstantin sprach ihn auf heidnische Weise heilig! Offiziell sprach das
damalige Rom nun vom Divus Constantius. Bekanntlich war Konstantins Vater
allerdings ein Anbeter Sols. Das lässt
sich belegen. Konstantins großer
Verehrer, der Bischof und Schmeichler Eusebius von Caesarea schrieb in seiner
"Vita Constantini" und zwar viele Jahre, nachdem das Ereignis
stattgefunden haben soll:
"
(Konstantin) bedachte, dass er einer mächtigeren Hilfe bedürfe als sie ihm die
Soldaten zu bieten hätten. Er rief in seinen Gebeten den Gott seines Vaters an
und flehte zu ihm, er möge ihm zu den bevorstehenden Kämpfen hilfreich seine
Hand reichen. Daraufhin habe er, der
Kaiser, wie er selbst berichtete, oben am Himmel das Siegeszeichen des Kreuzes,
aus Licht gebildet, erblickt und dabei die Worte gelesen: "Durch dies
siege!"
Wir wurden in unseren Schulen
unterrichtet: gemeint sei letztlich, die Kirche würde im Zeichen des Kreuzes
siegen. In Wahrheit ging es um seinen
persönlichen, schäbigen Sieg über seine Schwäger Licinius und Maxentius, auch
als er zuvor seinen Schwiegervater Kaiser Maximianus zum Selbstmord zwang, ging
es lediglich um Konstantins Machterweiterung. Eusebius von Caesarea schreibt
irreführend:
„Der Kaiser, in der Überzeugung, Gott habe ihm diese Erkenntnis
übermittelt, ließ eine Fahne mit dem (Kreuz-)Zeichen herstellen und seinem Heer
vorantragen. Dadurch errang er den Sieg über Maxentius..."
Jeder sollte und musste denken hier sei die
Rede von Gott Jesus Christus, wenn es heißt: Gott habe ihm diese Erkenntnis
übermittelt. Eusebius unterstellt das.
In einem weiterführenden Bericht heißt es jedoch, Konstantin bettelte in seinem
Gebet:
„Wer bin ich? Offenbare mir wer ich
bin! Reichst du mir deine Rechte zum bevorstehenden Kampf?“
(30)
Was
hast du mir bestimmt? Bist du in mir? Sol Invictus, ich bitte dich, hilf mir im
bevorstehenden Kampf. Der Kampf kam und mit ihm Konstantins
Tyrannei. Im Jahr 325 zeigt Konstantin
dass Sol Invictus in ihm ist, denn da, auf dem ersten ökumenischen Konzil zu
Nicäa – noch dreizehn Jahre später - tritt er als Sol auf, so wie er es auch fünf
Jahre nach Nicäa tat.
Warum Christus den mörderischen Kaiser
mit einer Großvision vom siegreichen Kreuz gewürdigt haben soll, zumal nicht
er, sondern sein Feind angerufen wurde, bleibt unerklärlich. Der Triumph wurde
in Rom groß gefeiert, der besagte Siegesbogen zu Ehren des Gottes Konstantins
wurde errichtet.
"Auf dem (besagten)
Konstantinbogen tragen die Soldaten Statuetten der Victoria und des
Sonnengottes, also der Gottheiten seiner Vision von 310. Konstantin führte
weiterhin den altrömischen Titel «Pontifex Maximus». Er oblag nichtchristlichen
Opferriten und ließ Symbole des Sonnenkults und paganer Götter auf seine Münzen
prägen. Er ließ seinen Vater als «Divus Constantius» heiligen und bis wenige
Jahre vor seinem Tod Tempel bauen und darin Kulte für seine Familie einrichten.
In seiner Neugründung Konstantinopel ließ er (im Jahr 330) eine Statue seiner selbst als Sonnengott mit
Strahlenkrone, Globus und Lanze auf einer riesigen Porphyrsäule aufstellen.
Seine Konsekrationsmünze zeigt ihn, wie er im Gespann des Sonnengottes zum
Himmel auffährt, aus dem sich ihm eine Hand entgegenstreckt, genauso, wie es
ein Festredner 307 in Trier bereits für den Divus Constantius beschrieben
hat." (31)
Undenkbar, dass der Kaiser mit diesen
Darstellungen der Ereignisse nicht einverstanden war. Niemand konnte je seine
Überzeugungen stärker und nachhaltiger als der nach der Universalmonarchie
strebende Imperator durchsetzen. Der „große“ Konstantin ist ein Antichrist vom
Scheitel bis zur Sohle, Stifter des Nicänums. Eiskalt schreitet er über Menschenschicksale hinweg.
Er erobert Rom und lässt sofort seines besiegten Schwagers
„Maxentius Kinder ...töten, ebenso
dessen politischen Anhang ... Der ganze Okzident war jetzt sein, und er zog in
Rom ein, im goldenen Helm, der mit bunten Steinen und Federn geschmückt war als
wäre er der Befreier. Jauchzen empfing ihn, der überschwängliche Dank des
christenfeindlichen Senats.“ (32)
Zumindest Eusebius müsste doch erkannt
haben, dass Kollaboration mit dem Kaiser, Abfall vom Original, d.h. Abfall von
Gott bedeutete. Statt sich zu distanzieren gibt er nach, und nicht nur er!
Wegen dieser Blickverschiebung
verloren die Christen das Eigentliche des Evangeliums Jesu Christi, aus den
Augen, nämlich jeden Einzelnen anzuspornen seine Wahrhaftigkeit zu entfalten
und in der Nächstenliebe zu wachsen um den Nichtchristen ein Licht zu sein: „damit sie eure guten Werke sehen und
deswegen euren Vater im Himmel preisen.“
Angesagt war stattdessen, seit dem Konzil zu Nicäa, die
staatsbürgerliche Pflicht sich ganz und gar Konstantins Willen zu unterwerfen. Die Anbetung seiner Person als Gottkaiser
stand für ihn vorne an. Er wollte feierlich gepriesen werden, und bedeutende Christen taten ihm den
Gefallen. Schon
„…Kaiser Aurelian (270 - 275) stellte das Imperium unter den Schutz des
unbesiegten Sonnengottes (Sol Invictus). Mit diesem Gott hatte er über die
Parther gesiegt, dabei ließ er das Bild des syrischen Sonnengottes nach Rom
bringen. Dieser Gott sollte mit dem griechischen Gott Helios, dem römischen
Gott Sol und dem persischen Gott Mithras identifiziert werden. Der Kaiser
verstand sich als Sohn (emanatio) dieses Gottes und als dessen Stellvertreter
bei den Menschen.“ (33)
„Erheblich populärer war zu dieser
Zeit die Gleichsetzung des orientalischen Mithras mit der Sonne und damit der Idee
des "Guten“. Erst in der schweren Reichskrise des 3. Jahrhunderts blieb es
Aurelian (270 - 275) vorbehalten, als heidnisches Symbol einer Entwicklung zum
"Ein-Gott-Glaube" und als religiöse Manifestation der Reichseinheit
den Sol Invictus zeitweilig zum alleinigen Staatsgott und den Tag der
Tempelweihung in Rom, den 25. Dez. 274, zum Feiertag zu erheben.“
(34)
Sol Invictus ist mit Baal verwandt und
zwar eben mit jenem Baal der in der Bibel als Gegenspieler Jehovas
auftritt: Sol Invictus ist bereits unter
Vespasian geläufig. Er stellte ihm zu Ehren schon im Jahre 75 eine
Kolossalstatue auf, seit Commodus trägt jeder Kaiser den Titel Invictus.
Konstantin rief Sol an, und ich resümiere.
Jeder überzeugte Christ müsste sich und die Welt fragen: Warum sollte
Jesus einem Mann erwidern, der sich nicht an ihn gewandt hat?
Die Versuche vieler, einschließlich
Konstantin selbst, ein Gleichheitszeichen zwischen den Traditionsgöttern des
alten Rom und Christus zu setzen sind nicht hinzunehmen.
Gold kann allenfalls verunreinigt
werden.
Sol, mit seinem Strahlenkranz, sieht
tatsächlich Christus ähnlich, doch nur äußerlich.
Teil2 folgt
(1) Sarah Maislinger „Die Spanische Inquisition und die Morisken“ Mit Schuld
am Aufstand in den Alpujarras waren die nicht eingehaltenen
Zugeständnisse, die in den Capitulaciones von 1492 aufgesetzt worden
waren. Die im Gebiet Granadas lebenden Muslime fühlten sich dadurch
von den Katholischen Königen um ihre Rechte betrogen.“
(2) Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon Verlag Traugott Bautz
(3) 1. Kor. 5: 9-13
(4) Henry, Ch. Lea „Geschichte der Inquisition im Mittelalter“
(5) Heinz Kraft Habilitationsschrift „Konstantins religiöse
Entwicklung“: „Eben so wenig, wie Konstantin Christus erwähnt, ist die
Kirche auf Christus bezogen.“
(6) H. Ch. Lea „Geschichte der Inquisition im Mittelalter“
(7) Matth. 4: 7
(8) www. Uni- Protokolle mpg Trier "Ursprünglich vereint Sol Invictus mehr
oder weniger die orientalischen Religionen wie den persischen Mithras
und den syrischen Baal. Die Wurzel dieses nach Rom exportierten Baal
lässt sich zurückverfolgen nach Emesa, mit dem Stadtgott Sol Elagabal. Sol
Invictus ist bereits unter Vespasian geläufig. Er stellte ihm zu Ehren schon
im Jahre 75 eine Kolossalstatue auf, seit Commodus trägt jeder Kaiser den
Titel Invictus."
(9) Evangelische Kirchen-Zeitung 1854
(10) Gnadenedikt Philipp III. von Spanien
(11) Karte Wikipedia: Kalifat Cordoba
(12) Wikipedia: Mihrab, Moschee zu Cordoba
(13) Taufe von Morisken Altarretabel Felipe Vigar
(14) Wikipedia: Abd-er-Rahman III.
(15) Luther: Tischreden, Bd. III
(16) Markus 12: 40
(17) Luther: Ökumenisches Heiligenlexikon
(18) Maike Vogt- Lüerssen „Begegnungen mit Zeitgenossen der
Renaissance“
(19) Tertullian (160-220): „Die Ehen der Christen werden nicht durch
den Tod des einen Teils getrennt, sondern dauern über das Grab hinaus
an“
(20) Hildegard von Bingen (1098- 1179): „Die Seele stammt vom
Himmel, der Leib von der Erde; die Seele wird durch den Glauben, der Leib
aber durch das Sehvermögen erkannt.“ Auch Goethe, Gespräche mit
Eckermann 1832 : „Diese plumpe Welt aus einfachen Elementen
zusammenzusetzen und sie jahraus jahrein in den Strahlen der Sonne
rollen zu lassen, hätte Gott sicher wenig Spaß gemacht, wenn er nicht
den Plan gehabt hätte, sich auf dieser materiellen Unterlage eine
Pflanzschule für eine Welt von Geistern zu gründen. So ist er nun
fortwährend in höheren Naturen wirksam, um die geringeren
heranzuziehen. Goethe schwieg. Ich aber bewahrte seine großen und
guten Worte in meinem Herzen.” Ebenso Jeremia 1: 5, ebenso Paulus
Epheser 1: 3 „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus! Er
hat uns mit seinem Geist reich beschenkt und uns durch Christus Zugang
zu seiner himmlischen Welt gewährt. Schon vor Beginn der Welt, von
allem Anfang an, hat Gott uns, die wir mit Christus verbunden sind,
auserwählt.“
(21) Adolf von Harnack „Dogmengeschichte“ : „... Der Gedanke der
Vergottung ist der letzte und oberste gewesen; nach Theophilius,
Irenaeus, Hippolit und Origenes findet er sich bei allen Vätern der alten
Kirche, bei Athanasius, bei den Kappadoziern, Appolinares, Ephraim Syrus,
Epiphanius u.a“
(22) Franz Schupp „Geschichte der Philosophie im Überblick“ CCH
Canadian Limited Bd.
(23) Hebräer 12: 9
(24) Anton Grabner-Haider-Maier „Kulturgeschichte des frühen
Christentums“
(25) Google: The Agios Eleftherios, also known as Mikri
Mitrópoli or Panaghia Gorgoepiikoös might be the smallest church in the
world. It is located at the Mitrópolis square, next to the Metropolitan
Cathedral of Athenes (Megalí Mitrópoli)
(26) Bischöfliches Ordinariat Regensburg: „Als allgemein verbreitetes
und verwendetes Symbol der Christen lässt sich das Kreuzzeichen erst in
der Zeit der Völkerwanderung nach 375 n. Chr. nachweisen.“
(27) Heinz Kraft, Habilitationsschrift „Konstantins religiöse Entwicklung“
Heidelberg - Uni Greifswald, sowie Prof. Wolmeringer „Konstantin-
Artikel“ im Internet
(28) Prof. Otto Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“
(29) Karl Christ „Geschichte der römischen Kaiserzeit“
(30) Schlange-Schöningen „Konstantin der Große und der Kulturkampf“
(31) Heinz Hofmann Universität Tübingen
(32) Theodor Birt: Charakterbilder
Anton Grabner-Haider-Maier „Kulturgeschichte des frühen
Christentums“
(34) Adventskalender 2009 Ruhr-Uni-Bochum „Dialog und Apologetik“,
2001
(35) „wie sonst, Christus in der Mitte der Apostel steht... zusammen mit
den Aposteln wollte er (Konstantin) verehrt werden. Am Altar, den er dort
hineintragen ließ sollte für ihn und die Apostel Gottesdienst abgehalten
werden.“
(36) K-P. Hertzsch, „Theologisches Lexikon", Union –Verlag, Berlin, 1977
„... in einer christlichen Kirche kann es eigentlich keinen Altar geben, sondern
nur einen Abendmahlstisch.“
November 2005 berichtete der „Spiegel“ unter der Überschrift: „Älteste
christliche Kirche der Welt entdeckt?“ „Archäologen haben unter einem
israelischen Gefängnis die vielleicht älteste christliche Kirche der Welt
ausgegraben. Der Fundort ist Megiddo, ...(man fand) altgriechische
Inschriften, geometrische Verzierungen, den Namen von Jesus Christus und
ein kreisförmiges Symbol mit Fischen, das Symbol der Urchristen... Die
Ausgrabungen deuteten darauf hin, dass anstelle eines in anderen Kirchen
üblichen Altars im Zentrum der Fundstelle nur ein einfacher Tisch stand. Leah
di Segni, eine Expertin von der Hebrew University in Jerusalem, sagte, die
Verwendung des Begriffs „Tisch“ anstelle von „Altar“ in einer der Inschriften
könnte dramatische Auswirkungen auf die Studien frühchristlicher Rituale
haben. Bislang sei man davon ausgegangen, dass Jesus Christus das
Abendmahl an einem Altar gefeiert habe.“
(37) www.ucesm.net/ucesm_de/italie _religions_de, 2008
(38) „Die Kirchengeschichte Spaniens“ Fius Bonifacins Oams
(39) Maßgebliche Werke des Hl. Athanasius in der Übersetzung der
"Bibliothek der Kirchenväter"
(40) Otto Seeck „Geschichte des Untergangs der antiken Welt“
(41) Günther Gottlieb „Ambrosius von Mailand und Kaiser Gratian“ u
Alexander Demandt „Diokletian und die Tetrarchie“
(42) Ernst Ferdinand Klein „Zeitbilder der Kirchengeschichte“
(43) Pfarrblätter, Bischof Koch Okt. 2008
(44) William Seston „Verfall des Römischen Reiches im Westen“
(45) Johannes 10,34-36
(46) Jóseph Langen „Geschichte der römischen Kirche“
(47) Origenes Kommentar zu Joh.: 2:3 bei Wikipedia unter Arianismus
(48) Kirche Jesu Christi der HLT „Lehre und Bündnisse 121:35
(49) Günther Gottlieb „Ambrosius von Mailand und Kaiser Gratian“
(50) V. G. Rassias „Christians persecution against the Hellenes
(51) Ana Maria C.M. Jorge Center for the Study of Religious History
(CEHR) Portuguese Catholic University (UCP) “The Lusitanian
Episcopate in the 4th Century. - Priscilian of Ávila and the Tensions
between Bishops”
(52) Karte Wikipedia Fluchroute der Goten
(53) Günther Gottlieb „Ambrosius von Mailand und Kaiser Gratian“
(54) Gert Haendler „Die Rolle des Papsttums in der Kirchengeschichte
bis 1200“
(55) Wikipedia Mosaik Ambrosius
(56) Gerhard J. Bellinger „Der Catechismus Romanus und die
Reformation“
(57) Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon T. Bautz
(58) Aurelius Augustinus „Bekenntnisse“
(59) Küng „Kleine Geschichte der katholischen Kirche“
(60) Kirche Jesu Christi der HLT Buch Mormon Alma 12: 14
(61) Didaktische Materialien „Dialog mit dem Jenseits“, Museum für
Kommunikation 2008
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