Freitag, 25. Februar 2022

"Richtet nicht ungerecht!" by Gerd Skibbe

 

 Die Stärkeren an Möglichkeiten haben immer "Recht!"

„Aus Sicht der ökumenisch verbundenen christlichen Kirchen handelt es sich bei den Mormonen nicht um eine christliche Konfession, sondern um eine eigenständige neue Religion.“  Bistum Trier lt. Internetauskunft am 10. Jan 2022

Das ist eine Verurteilung, eine negative, anklagende Beurteilung.

Ist sie  berechtigt?

Was ist einechristliche Konfession“?

Im Jahr 1054 kam es zur Kirchenspaltung. Die orthodoxe Kirche (die Ostkirche) sprach der Westkirche, (den Katholiken) den Status „christlich“ ab und umgekehrt. Sie exkommunizierten sich gegenseitig. Man kennt es als Morgenländisches Schisma, oder auch Großes Schisma. 150 Jahre später kamen Mönchshorden, landlose Bauern und abenteuersuchende Adlige zusammen zum 4. Kreuzzug. Alle trugen große Säcke bei sich, in die man Raubgut stecken konnte. Bis heute weigern sich vor allem die griechisch-orthodoxen Geistlichen die römisch-katholischen Kirchenmitglieder als Christen anzuerkennen, denn die Plünderungen ihrer Kirchen ist in lebhafter Erinnerung.



Wahrscheinlich gehört die Vermessenheit zu den Hauptsünden der sogenannten Christen.

Als Dr. Martin Luther im April 1521 heldisch vor Kaiser Karl V. und den Reichsständen um Verständnis werbend seine großartigen Erkenntnisse darlegte hoffte er auf Toleranz. Diese Hoffnung wurde nicht enttäuscht. Der 21-jährige Imperator ließ den Rebellen davon kommen, obwohl die ihn beratenden Mönche, außer sich vor Wut, die Verbrennung des „Ketzers“ forderten.

Als wenige Jahre später andere Reformatoren, wie die im allgemeinen friedfertigen „Wiedertäufer“ im protestantischen Raum, an Bedeutung zunahmen, und nachdem es einigen Radikalen dieser Gruppe in den Sinn kam auch zum Knüppel zu greifen, hetzte Dr. Luther:

„Mit Ketzern braucht man kein langes Federlesen zu machen, man kann sie ungehört verdammen!“ Luther, Tischreden, Bd.III. S. 175

Das war nicht einfach so daher gesagt, aus dem Bauch heraus und aus aktuellem Geschehen. Diese grundsätzliche Bosheit zahlloser Leute die sich selbst für Christen hielten, hat auch der berühmte Arzt Michael Servet, 1553, zu spüren bekommen. Auf einem Holzstoß mit ausgesucht grünem Holz haben ihn die Calvinisten verbrannt. Und Luthers Freund Melanchthon – allerdings Jahre nach dem Ableben des großen Reformators – verfasste ein Gratulationsschreiben an die Mörder. Servet habe ein unverzeihliches Verbrechen begangen indem er sagte: „Gott hat ein menschliches Gesicht.“

Womit der angebliche Ketzer Servet lediglich die Aussage des Papstes Benedikt XVI. vorwegnahm. 1.. Enzylika 23. Jan. 2007

Immer bestimmten die vermeintlich Stärkeren – bzw. zahlenmäßig größeren – wer ein Ketzer und was Blasphemie ist.

Daran hat sich wenig geändert.

Intoleranz unter den Jesusverehrern wurde ab der Mitte des 3. Jahrhunderts  sichtbar. Viele bekannten mit den Lippen: Jesus ist der Christus, doch in ihnen selbst war auch nicht der Anschein des Lichtes vorhanden, das er jedem verlieh: Fanatismus senkte sich über das Innenleben, wie ein schwarzes, kaltes Tuch

Origenes (185-254) der wunderbar redliche und wortgewaltige Gelehrte der alexandrinisch-christlichen Akademie – bis dahin der anerkannte Schlichter in Glaubensfragen  bis hin nach Rom, wurde ab 220 zunehmend diffamiert. Historiker Johann J. Ignaz von Döllinger schreibt in „Hippolytus und Kallistus“: „In einem Brief an Paula(heißt es), Origenes sei nicht wegen neuer Lehren oder häretischerMeinungen... verurteilt worden, sondern weil man den Glanz seiner Beredsamkeitund Wissenschaft nicht habe ertragen können.“

Die wichtigsten Lehren der Urkirche wurden aus politischen – nicht aus theologischen – Gründen von einem Diktator übelster Sorte -  verflucht: Kaiser Justinian, im Jahr 543.  Bis heute wirkt das Gift der Origenes-Verleumder lähmend. Nur wenige Theologen des 21. Jahrhunderts lassen gelten, dass er der treue Verwalter und Bewahrer des ursprünglichen Lehrgebäudes der Urkirche war. Kühn und ungerechtfertigt reden nicht wenige er habe seine eigene Denke entfaltet, hellenisch gefärbt.

Dass nun ausgerechnet „Mormonismus“ und die im 6. Jahrhundert verdammte, urchristliche Theologie auf Haar genau übereinstimmen - wie im Folgenden belegt wird  - ist weder ein Zufall noch bekannt.

Indessen verschärfte sich der Kampf zwischen Gut und Böse.

Theologieprofessor Matthias Kroeger durchleuchtete den Hintergrund dieser tragischen Entwicklung um dann zu resümieren: „... was im 4. und 5. Jahrhundert in den großen Konzilien verabschiedet worden ist als Dogma des christlichen Glaubens, das alles hat sehr seine ungeheuer menschliche Geschichte. Das ist nicht vom Himmel eingegeben, sondern in höchst menschlichen Machtkonstellationen, zum Teil gewaltsamen Prügelsituationen auf Synoden, wo Mönchshorden eingefallen sind und die Konzilsväter verprügelt haben, wenn sie sich nicht richtig entschieden haben und nicht richtig votiert haben.“ Adolf von Harnack und die Kritik der kirchlichen Dogmen“ Gesprächsreihe zu Stationen des liberalen Protestantismus, Teil 3

Was da abgezwackt und verbogen wurde ging in die jeweils aktualisierte Theologie ein, die nun weiterhin wie Roheisen behämmert wird.

Es triumphierte die Rechthaberei und zwar bis heute, mit dem Unterschied, dass Christen nicht mehr mörderisch gegeneinander und Dissidenten vorgehen.

„In England sind von 1660 bis 1685 gegen 25 000 Personen wegen ihrer abweichenden Glaubensansichten eingekerkert und 15 000 Familien zugrunde gerichtet worden... In Schweden wurde Banier aus Stargard hingerichtet, weil er in der Rechtfertigungslehre nicht rein lutherisch dachte.“ Johann Ignaz von Döllinger „Papsttum“

Schon vor Nicäa schlugen sich die Christusbekenner die Schädel wegen verschiedener Meinungen ein: "hatte Maxentius (der Schwager Kaiser Konstantins den er bald vernichtete, weil er angeblich ein Tyrann sei G.Sk) die Christenverfolgungen eingestellt und der römischen Kirche den Grundbesitz zurückerstattet. Allerdings Maxentius sah sich beträchtlichen Wirren und zum Teil blutigen Kämpfen innerhalb der Christengemeinden Roms konfrontiert und deshalb gezwungen die Bischöfe Marcellus sowie Eusebius 309 in die Verbannung zu schicken."

Es war und ist aber immer so, dass die „Sieger“ die eigenen Kapitalverbrechen verniedlichten, beispielsweise, statt tapfer zu bekennen, dass sich Melanchthon schwer versündigt hat, lesen wir: „Die Hinrichtung Servets wird zum Betriebsunfall der Reformation erklärt.“ Evangelisch.de

Servets Wort: „Ich konnte in der Bibel das Wort Trinität nicht finden!“, sei Ketzerei gewesen, und zwar dieselbe die sich die Mormonen gestatten. Da zeigt sich, wie seit je in der nachnicänischen Geschichte  die Gnadenlosigkeit derer die meinen sie seien im Besitz der absoluten Wahrheit.

An Passagen wie diesen erweist sich das Unchristliche.  In USA posaunen die Evangelikalen: „The LDS-Mormons are definitely dangerous and are to be categorised as a sect. In Europe, however, they do not pose a social hazard, as they are too insignificant for that. In the US one cannot make this statement so clearly, since – compared to the share of the population, politically they are represented above average... The Mormons are dangerous, because they reject the Nicene-Trinitarian confession.”  “Religion Dispatches“ of May 27th, 2011

Dass jedoch die Väter heutiger Gospelprediger den Mord an Joseph und Hyrum Smith forderten, sowie die Vertreibung der Mitglieder Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, 1838, zur Winterszeit aus Missouri, 1847, aus der von ihnen eigenhändig errichteten Stadt Nauvoo ebenfalls in der Winterzeit, wollen die Antimormonen ebenso wenig wissen, wie eine breite Mehrheit der Protestanten sich ungerne daran erinnert, das:  weder die evangelischen noch die katholischen Kirchenleitungen sich aufraffen konnten,(während der Nazizeit)  offen für die verfolgten Juden einzutreten. Die Kirchen selbst waren von einem latenten Antisemitismus durchsetzt. Nur dort, wo die eigene Sicherheit und Macht auf dem Spiel standen, traten die Kirchen dem NS-Staat entgegen…das Schicksal jüdischer Minoritäten war demgegenüber zweitrangig. Unter den Christen gab es etwa 300 000 Juden als Gemeindemitglieder. 1933 standen 29 Juden in kirchlichem Dienst… 1941 forderte die Kirchenkanzlei der Deutschen Evangelischen Kirche die Kirchenbehörden dazu auf, „geeignete Vorkehrungen zu treffen, dass die getauften Nicht-Arier dem kirchlichen Leben der deutschen Gemeinden fernbleiben…“  Pfarrer Hartwig Weber „Religion“ rororo , Rowohlt 1988

Niemand bestreitet Luthers große, ewig leuchtende Verdienste, aber niemandem ist es vor Gott und dem Weltgewissen gestattet Luthers Neigung zur Intoleranz zu „relativieren“. Tatsache ist, dass der Retter Europas vor der Allmacht und der Verdorbenheit Roms zur Judenhetze aufrief.

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