Donnerstag, 30. Juni 2022

Ein ehemaliges Mitglied des Rtes der Zwölf

Es ist interessant die Lebensläufe aller ursprünglichen Apostel 
der Neuzeit  näher in Augenschein zu nehmen. Allesamt waren
 sie Individualisten, starke Charaktere, Draufgänger mit hohen Gaben 

Nach seiner Taufe durch Hyrum Smith reiste William McLellin nach Ohio, um Joseph Smith kennenzulernen. Seine erste Predigt als Ältester hielt er am 28. August 1831. Auf seiner Reise „stieg er von einem großen Baumstamm herunter und verrenkte meinen Knöchel sehr stark“. Er bat Joseph, ihn zu heilen. „Er legte seine Hände auf“ den Knöchel, schrieb McLellin in sein Tagebuch, „und er wurde geheilt, obwohl er stark angeschwollen war und mir starke Schmerzen bereitet hatte.“

Nur wenige Tage später beschloss McLellin, Joseph Smiths Berufung auf die Probe zu stellen. Nachdem McLellin am 29. Oktober zu Josephs Haus in Hiram, Ohio, gegangen war, „ging er heimlich vor den Herrn und bat ihn auf meinen Knien, ihm die Antwort auf fünf Fragen durch seinen Propheten zu offenbaren“. Ohne Joseph mitzuteilen, was diese fünf Fragen waren, bat McLellin Joseph, ihm Gottes Willen mitzuteilen. Die daraus resultierende Offenbarung – jetzt bekannt als Lehre und Bündnisse 66 – beantwortete McLellins fünf Fragen zu seiner „vollen und vollständigen Zufriedenheit“.

Trotz seiner eigenen Bestätigung des Buches Mormon und seiner persönlichen Antwort des Herrn durch Joseph Smith kritisierte William immer noch die Sprache der empfangenen Offenbarungen. Durch Joseph Smith forderte der Herr die Weisesten unter ihnen auf, die Offenbarungen nachzuahmen. William nahm die Herausforderung an, und Joseph Smith schrieb: „William E. M'Lellin, der nach seiner eigenen Einschätzung der weiseste Mann war und mehr Gelehrsamkeit als Verstand hatte, bemühte sich, ein Gebot zu schreiben, das einem der Geringsten des Herrn glich, scheiterte aber. ”

 McLellin wurde angewiesen, mit Samuel H. Smith eine Mission in die Oststaaten zu unternehmen. McLellin predigte in Pennsylvania, aber seine Mission war wegen Ungehorsam und Krankheit nur von kurzer Dauer. Der Herr ist jedoch langmütig und ernannte McLellin erneut durch eine am 25. Januar 1832 empfangene Offenbarung, um in den Südstaaten zu predigen. Er reiste bis nach Middlebury, Ohio, wo er am 25. Februar 1832 eine Predigt hielt. Aufgrund einer Krankheit setzte er seine Mission nicht fort, sondern blieb bis zum 26. April 1832 in Ohio, als er Emeline Miller in Hiram, Ohio, heiratete. Das Paar hatte drei bekannte Kinder.


McLellin verließ Ohio am 2. Mai 1832 in Richtung Independence,
Missouri, und kam am 16. Juni 1832 in Independence an. Sein
 Eigentum in Clay County wurde 1833 geplündert. Er diente von
 Januar bis Juni 1833 mit Parley P. Pratt in Missouri und Illinois
 auf Mission. Er wurde am 7. Juli 1834 zum Hohen Rat im Kreis Clay 
ernannt, aber im Juli 1834 mit Joseph Smith nach Ohio zurückkehren. Als er wieder in Kirtland ankam, lehrte er an der School of Elders. McLellin wurde am 15. Februar 1835 zum Apostel ordiniert, als einziges Mitglied der ursprünglichen Zwölf der Wiederherstellung, das kein Veteran des Zionslagers war. Trotzdem war ihm im Sommer desselben Jahres die Gemeinschaft entzogen worden wegen einer Beleidigung, die er gegen die School of the Elders und die Art und Weise, wie Joseph und die Brüder diese Schule geführt hatten, gerichtet hatte. Nach einem vollständigen Geständnis und einem Beweis der Reue wurde McLellin in die volle Gemeinschaft wiederhergestellt. Dennoch plagte ihn der Geist der Rebellion und er brachte 1836 seinen Vertrauensverlust in die Kirchenführung zum Ausdruck, schrieb sogar im August 1836 einen Austrittsbrief aus der Kirche und widersetzte sich am 11. Mai 1838 in Far West, Missouri, öffentlich Kirchenführern. William E. McLellin wurde am 11. Mai 1838 wegen Apostasie exkommuniziert. Nachdem er die Kirche verlassen hatte, begann er als Arzt zu praktizieren. Doch nachdem er die Kirche verlassen hatte, konnte er sie nicht allein lassen und beteiligte sich aktiv an der Verfolgung der Heiligen, indem er sie in ihrer Person und ihrem Eigentum beraubte, entwendete und bedrohte. Ein zeitgenössischer Bericht enthüllte den folgenden Vorfall: „Während Joseph in Richmond, Missouri, im Gefängnis war, ging Mr. McLellin, ein großer und aktiver Mann, zum Sheriff und bat um das Privileg, den Propheten auspeitschen zu dürfen; die Erlaubnis wurde erteilt, unter der Bedingung, dass Joseph kämpfen würde. Der Sheriff machte McLellins ernsthafte Bitte an Joseph bekannt, der sich bereit erklärte, zu kämpfen, wenn ihm die Eisen abgenommen würden. McLellin weigerte sich dann zu kämpfen, es sei denn, er könnte eine Keule haben, wozu Joseph vollkommen bereit war; aber der Sheriff erlaubte ihnen nicht, weiterzukämpfen solche ungleichen Bedingungen." Dieser abscheuliche Abtrünnige versuchte im Januar 1847, eine neue Kirche in Kirtland zu gründen. Er scheiterte. Er schloss sich am 5. Juni 1869 den Hedrickiten an, fand dort aber nicht, was er suchte. Er verließ die Hedrickites am 3. November 1869 und schloss sich anderen Fraktionen an, die unter der Führung von George M. Hinkle, William Law, Sidney Rigdon, James J. Strang und David Whitmer organisiert wurden. Er brach schließlich mit allen organisierten Religionen. Seine Frau trat der Reorganisierten HLT-Kirche (jetzt Gemeinschaft Christi) bei und die Familie zog 1870 in die Unabhängigkeit. William E. McLellin, Apostel und Abtrünniger, starb am 24. April 1883 in Independence, Kreis Jackson, Missouri, und ist auf dem städtischen Friedhof von Woodlawn in derselben Stadt begraben.
  BYU Historie „Während Joseph in Richmond, Missouri, im 
Gefängnis war, ging Mr. McLellin, ein großer und aktiver Mann, 
zum Sheriff und bat um das Privileg, den Propheten auspeitschen 
zu dürfen; die Erlaubnis wurde erteilt, unter der Bedingung, dass 
Joseph kämpfen würde. Der Sheriff machte McLellins ernsthafte 
Bitte an Joseph bekannt, der sich bereit erklärte, zu kämpfen,
 wenn ihm die Eisen abgenommen würden. McLellin weigerte
 sich dann zu kämpfen, es sei denn, er könnte eine Keule haben, 
wozu Joseph vollkommen bereit war; aber der Sheriff erlaubte
 ihnen nicht, wegen der ungleichen Bedingungen zukämpfen 
Gegen sein Lebensende schrieb er einen Brief. 
Aufgrund seiner verschiedenen religiösen Zugehörigkeiten
 stellte sich die Frage nach seinem Zeugnis vom Buch Mormon. 
1880 bekräftigte er sein Zeugnis in einem Brief an J. T. Cobb:

 

Ich habe auf mein Siegel gesetzt, dass das Buch Mormon ein wahrer, göttlicher Bericht ist, und es wird mehr Beweise erfordern, als ich je gesehen habe, um mich jemals in Bezug auf seine Reinheit zu erschüttern. …

 

Wenn ein Mann sich gegen das Buch M. stellt, berührt er meinen Augapfel. Er kämpft gegen die Wahrheit – gegen die Reinheit – gegen das Licht – gegen den Puristen oder eines der wahrsten puristischen Bücher der Welt. … Bekämpft das Unrecht der HLT so viel ihr wollt, aber lasst dieses einzigartige, unnachahmliche Buch in Ruhe

 

Er riet Cobb, „Ihren Widerstand gegen das Buch einzustellen und sich gegen das Buch zu wehren, … denn Sie könnten genauso gut gegen die felsigen Berge kämpfen wie gegen das Buch!!“

Quelle Larry C. Porter, “William E. McLellin’s Testimony of the Book of Mormon,” BYU Studies 10 (Summer 1970

 



Montag, 27. Juni 2022

Kleine Erinnerungen (1)

 

Meine Mutter lernte früh zu nähen und machte aus mir fünfjährigen einen kleinen Matrosen. Vor dem großen Spiegel im Schlafzimmer wendete sie mich hin und her. Ihre mausgrauen Augen leuchteten. Es passte perfekt. Sie war stolz auf ihr gelungenes Werk in Dunkelblau und wollte es sogleich ihrer Freundin Lieschen zeigen. Da die Dame erst um elf kommen wollte erbat ich eine halbe Stunde Zeit zum spielen, „Ja, aber nur spielen und mach dich nicht schmutzig. Sei pünktlich.“ Egon mein Freund im Nachbarhaus war eines Bäckers kind. Wir spielten zu dritt oder viert „Verstecken“. Mir fiel nichts besseres ein als in einen ausgeleerten Mehlsack zu kriechen. Keiner fand mich... Den Rest könnt ihr euch denken.

Da sitzt der Bengel Gerd brav, als könnte er kein Wässerchen trüben, auf Vaters Schoß, und meine früh verstorbene Schwester Ingeborg in Mutters Arm.





Donnerstag, 23. Juni 2022

Rechtschaffenheit kontra Rechtfertigung (1) by Gerd Skibbe


Als ich im Dezember 1969 nach langem Warten meinen Trabant-Kombi bekam, besuchte ich die mit zugewiesenen Gemeinden noch häufiger. Immer wieder nahm ich Leute mit mir, die am Straßenrand auf eine Mitfahrgelegenheit hofften.
Jedes mal war ich bedacht ein Gespräch über Gott und die Welt zu führen. Mehrfach wurde ich gefragt: Was unterscheidet euch „Mormonen“ von anderen.
Heute schäme ich mich meiner Dummheit.
Zu sagen wir haben das Buch Mormon, sagte gar nichts, weil meine Gegenüber nur die Achseln zucken konnten.
Heute würde ich antworten: Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, treten entschieden für das Recht auf Entscheidungsfreiheit jedes Menschen ein. Ein seitens Gottes uns garantiertes Recht, dass von allen Großkirchen unentwegt gebrochen wird.
Jede Säuglingstaufe ist Bruch dieses Gesetzes. Alle Jahrhunderte hindurch übten die Großkirchen Gewalt gegen Juden und Andersdenkende.
Sofort tut sich das Wissen jedermanns auf. Intuitiv sind die Menschen wegen dieses allgegenwärtigen Hintergrundwissens atheistisch eingestellt. Das Buch Mormon ist das leuchtende Banner der Verteidiger der Freiheit aller. Es lehrt reinen Humanismus: „Ohne Liebe bist du nichts!“ sagte Moroni. Liebe verteidigt das Recht des anderen. Liebe verlangt Rechtschaffenheit: Schaffe das Recht wo es nicht vorhanden ist.
Heute würde ich meinen Gesprächspartner sagen: Die Christen evangelischen Kirchen sprechen selten oder nie von der Notwendigkeit der Rechtschaffenheit im täglichen Leben.
Entsetzt musste ich feststellen, dass offizielle Dokumente zur evangelischen Glaubenslehre den Begriff Rechtschaffenheit geradezu ängstlich vermeiden. Allmählich schlummerte die evangelische Kirche die aktiven Verteidiger des Christusglaubens von der permanenten Notwendigkeit ihres Tuns des Guten nahezu ein. Das geht auch aus der "Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre vom 31. Oktober 1999" klar hervor. Ihr Tenor lautet: Du musst dich nicht anstrengen deine Religion zu leben. Du hast vor Gott nur die Pflicht auf ihn zu vertrauen. Da heißt es: "Wir werden umsonst erlöst... Rechtfertigung geschieht allein aus Gnade... sola gratia... und Rechtfertigung ist Sündenvergebung. .“
Das hat Christus nie gelehrt. Sondern im Gegenteil: „Was heißet ihr mich aber HERR, HERR, und tut nicht, was ich euch sage?“ Lukas 6: 46
Da ist ein enormer Unterschied zur Hauptaussage der „Gemeinsamen Erklärung von 1999“, die behauptet: "Der Mensch soll gerecht leben und ... ist (aber) unfähig, sich von sich aus Gott um Rettung zuzuwenden ...
Die Erklärung umfasst 3 000 Worte, der Terminus „Rechtfertigung“ kommt 145 mal vor. Der Begriff „Rechtschaffenheit“, dem der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer höchste Priorität einräumte fehlt, er wird nicht einmal erwähnt.
In den Buch-Mormon-Texten wird „Rechtschaffenheit“ ebenfalls auf den höchsten Rang gehoben. Alleine im 40. Kapitel des Buches Alma 7 mal.
Selbst der „Katholische Katechismus“ vom Oktober 1992 erwähnt auf 188 Seiten zwar 7 mal den Begriff Rechtfertigung, den der Rechtschaffenheit nicht einmal.
Der Wahlspruch Dietrich Bonhoeffers (1906-1945) beschreibt einleuchtender als die offizielle Lehre, worauf es ankommt:
„Öffne deinen Mund für die Stummen, für das Recht aller Schwachen. Öffne deinen Mund, richte gerecht, verschaffe dem Bedürftigen und Armen Recht.“ Sprichwörter 31: 8-9
Weil er lebte, was er glaubte, wurde Bonhoeffer im 3. Reich Hitlers hingerichtet, und wir bewundern ihn. Mit eben dieser Forderung, Recht zu schaffen, hat der interessierte Leser zugleich die Moraltheologie des sogenannten „Mormonismus“ auf einen Blick vor sich.



Nach Rechtfertigung infolge eigenen Versagens zu trachten, kann niemand als mutig bezeichnen, dagegen ist die Entschlossenheit einem zu Unrecht Unterlegenen Beistand zu geben Christenpflicht. Das Gewäsch von einer Rechtfertigung vor Gott passt nicht in unsere Zeit. Wir haben Farbe zu bekennen. In Markkleeberg gab es 1984 eine Statutenkonferenz für Landwirtschafts- und Fischereigenossenschaften. Ich wurde delegiert. In der Mittagspause spazierten wir im angrenzenden Park. Es schien halb Leipzig war da unterwegs. Eine Frau schrie plötzlich gellend um Hilfe. Vielleicht war sie von uns zweihundert Meter entfernt. Buchstäblich Hunderte taten so als wären sie plötzlich taub. Ich sah stramm gewachsene Genossen mit großem SED Abzeichen die ihre Richtung änderten. Ich bin nie Held gewesen, aber an diesem Tag fasste ich den Schaft meines Regenschirms. Es stellte sich heraus, dass der Verfolger ein dürres, betrunkenes Männlein war. Da wurde ich noch mutiger. Ich blöckte ihn an.... und der Friede war wieder hergestellt.

Donnerstag, 9. Juni 2022

Nur zur Erinnerung !

 Während meiner Zeit als Ratsherr in Neubrandenburg (1990-1998) war ich zugleich Ratgeber versch. Missionspräsidenten.

Ab Mitte 1996 klagten die Missionare über Schwierigkeiten zur Erlangung ihrer Aufenthaltsgenehmigungen in den größerer Städten Mecklenburg-Vorpommerns. Insbesondere war das in Stralsund der Fall.
Da ich mich naturgemäß oft im Rathaus unserer Stadt aufhielt klopfte ich eines morgens bei Carlo an, einem Freund. Dieser Mann jedoch war ein eingefleischter Evangelikaler - Pietist - und keineswegs ein Freund unserer Kirche. (Er war als Berater aus dem Westen zu uns gekommen.)
Er schmunzelte als ich eintrat.
Seine Augen funkelten: ich habe etwas für dich!
Selbst mir durfte er nicht alles sagen und zeigen... und so erhob er sich und ging hinaus, er käme gleich wieder.
Zuvor rückte er ein Blatt Papier so hin, dass mein Blick unweigerlich auf die Zeilen fallen musste.
Es handelte sich um das „vertrauliche“ Rundschreiben Nr. 18-95 des Landesinnenministeriums.
Ich war schockiert: Denn es betraf unsere Missionsarbeit.
Sofort war mir klar: Dahinter steckt die
Kultusministerin des Landes Mecklenburg-Vorpommern Frau R. Marquardt, die Ehefrau des Schweriner Hauptpastors. Es sollte sich sehr schnell herausstellen, dass es so war.
Diese Dame hatte bereits zuvor einigen Wirbel gegen uns verursacht. Nun versuchte sie, unter fadenscheinigen Gründen unsere Missionare mit gewissen Klauseln, die unter Mitwirkung des Innenministeriums erarbeitet wurden, aus dem Land zu drängen.
Wie schon angedeutet, hatte Frau Ministerin, mit SPD-Mandat im Amt, u.a. eine überarbeitete "Informationsbroschüre" herausgebracht, angeblich um mehr Kenntnisse über Sekten und Weltanschauungsgruppen zu verbreiten, obwohl sich die „alte“ von 1990 noch kaum im Umlauf befand. Die Hefte lagen zu Hunderten im Neubrandenburger Rathaus herum.
Die Überarbeitung bestand im Wesentlichen darin, ein Kapitel über "Mormonen" einzufügen, die sie persönlich als ein Dorn im Auge empfand. Sie versuchte, soweit ihr das möglich war, unsere Kirche als nicht ungefährliche "Sekte" darzustellen, weil "die Mormonen" nicht offenlegen, welche Details in ihrem Tempelritual vorkommen. Das ging auch aus der „Schweriner Volkszeitung“ vom 20. Dezember 1995 hervor. Die Überschrift lautete: „Wir wollen keine Ängste schüren!“
Frau Marquardt wollte kraft ihrer Reputation erreichen, dass Mormonen mit Argwohn betrachtet werden, oder bereits bestehende Vorurteile verstärken, was ihr durchaus teilweise gelang.
Welch ein Trick.
Diesmal politisch untersetzt und auf Staatskosten.
Ich telefonierte mit dem zuständigen Journalisten Herrn Schultz, der einigermaßen rüde reagierte. Für ihn schien festzustehen, dass am anderen Ende der Strippe ein engherziger, halbblinder Sektierer steht. Einige Mitglieder der Schweriner Gemeinde reagierten empört, bestellten die Zeitung ab…
Als Mitglied des Jugendhilfeausschusses Neubrandenburgs mit CDU-Mandat hatte ich eigentlich den Ruf eines moderaten Mannes, der mit nicht wenigen PDS-Mitgliedern auf gutem Fuß stand, und mit denen der SPD ebenfalls. Umgehend suchte ich meinen Freund, den stellvertretenden OB Neubrandenburgs, Burkhard Räuber auf und sagte ihm geradezu, ich würde in der nächsten Sitzung der Stadtvertreter mein Amt als Ratsherr mit einer Erklärung niederlegen.
Burkhard, ein aktiver Katholik, schüttelte sofort den Kopf.
Fest stand, dass die Neubrandenburger Presse mich bislang häufig, etwa zwei-bis dreimal in jeder Woche, seit Jahren positiv zitiert hatte. Es würde einiges Aufsehen erregen, wenn ich in meiner angekündigten "persönlichen Erklärung" u.a. sagen würde: "Seit einhundert Jahren verbot niemand (außer den Kommunisten der sechziger Jahre) unseren Missionaren, in Deutschland zu wirken. Jetzt, mit der neuen Demokratie, nachdem wir die Diktatur der Kommunisten überwunden haben, soll meine Religion der Freiheit und der Rechtschaffenheit verdrängt werden…“
Wahr ist, ich hätte meine ganze Redezeit ausgeschöpft, und die Presse hätte es im Wesentlichen weitergegeben. Diese Rede hätte ich sorgfältig vorbereitet. Burkhard wusste das, er telefonierte umgehend mit Schweriner Beamten.
Ich informierte Präsident Dieter Uchtdorf, der mir sofort seine Sympathie und seine volle Unterstützung zusagte und der mich umgehend bat, mein Mandat nicht nieder zu legen.
So fanden wir, Präs. Uchtdorf und ich, uns kurz darauf, im Frühling 1997, auf die erwartete Einladung hin, im Landes-innenministerum in Schwerin zusammen. Zwei Staatssekretäre kamen zu uns. Präsident Uchtdorf nahm die Gelegenheit wahr, etwa eine halbe Stunde lang mittels eines Bildbandes beeindruckend darzulegen, was die Lehren und Absichten unserer Kirche sind.
Umgehend wurden wir unterrichtet, dass das Innenministerium M.-V. das besagte Rundschreiben zurückzieht.
Das geschah.
Dieter Uchtdorf, der die 600 km weite Anreise nicht gescheut hatte, und ich fuhren anschließend zum Kultusministerium, um beim zuständigen Staatsekretär H. darzulegen, welche Richtigstellungen erforderlich wären. Daraufhin vernahmen wir, dass Frau Kultusministerin Weisung geben würde die glücklicherweise mittig angeordneten Seiten, unsere Kirche betreffend, entfernen zu lassen.
Dieter F. Uchtdorf damals Chefpilot der Deutschen Lufthansa. Er wurde im Februar 2008 als Mitglied der Ersten Präsidentschaft der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage berufen und am 30. Oktober 2012 mit dem Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.







Freitag, 3. Juni 2022

"Der Walter-Rohloff-Bericht (1) by Gerd

Der Rohloff-Bericht

Im Herbst 1946 fragten mein Freund Hans Schult und ich, - neugierig welches Bild sich ältere Menschen unserer Heimatsstadt von der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage machten, - einen Mann um die Fünfzig, von dem wir wussten, dass er die Versammlungen der Gemeinschaftschristen besuchte. Als würde er zu Tode erschrocken sein hob der gute Mann beide Hände: "Um Gottes Willen die sind gefährlich!" Ähnliches und weitaus Schlimmeres haben tausende Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage nicht selten bitter erfahren.

Mein Freund Bruno Rohloff Neubrandenburg, gelernter Buchhändler, schloss sich 1929, aus tiefster innerer Überzeugung dieser Kirche an. (Nachdem er das Buch Mormon vom ersten bis zum letzten Satz gelesen und betrachtet hatte.

               Hier mein Vater Wilhelm Skibbe (1905-1965) links im lebhaften Gespräch mit 

              Bruno Rohloff (1891-1968)  Bild ca. 1958

Sogleich bekam er Probleme von verschiedenen Seiten. Die aus dem Waffenarsenal der "Wahrheitsverkünder" stammenden Klischees kamen zum Vorschein. Seine Mutter in heller Aufregung, als sie davon erfuhr, lief zu ihrem Pfarrer Wohlgemut in Pasewalk: "Was soll ich tun, mein Sohn hat sich den Mormonen angeschlossen?"

 Was er ihr in etwa erwiderte geht aus dem authentischen Brief des blinden Vaters Brunos hervor:

„Lieber Bruno, wie wir soeben (Ende Juli 1929) erfuhren gehörst Du nun dem Mormonen Klub an, mehr als das, Du willst Dich von ihnen taufen lassen, und noch mehr, Du wünschst dasselbe für Deine beiden Kinder. Was soll ich davon denken? Hast Du den Verstand verloren? Wir können uns keineswegs Dein Verhalten erklären. Welcher Teufel hat Deine Sinne überwältigt, dass Du Dich einer teuflischen Gesellschaft anschließt? Reicht Dir die lutherische Wahrheit nicht aus? Willst Du damit sagen, Du hättest keine Kenntnis? Der liebe Gott hat Dir doch einen normalen Verstand geschenkt. Ich kann aus alledem nur schließen, dass Du Dich hier in Pasewalk als Heuchler verhalten hast. Du erwartest von Gott Hilfe und dienst dem Teufel. Aber irre Dich nicht, Gott lässt sich nicht spotten. Wahrlich Du solltest wissen, dass da geschrieben steht. "Wer die Seinen nicht versorgt ist ärger denn ein Heide." Hast Du gar keine Bedenken Deiner Kinder wegen? Du willst Deinen Kindern die Gnade rauben die ihnen bereits durch die heilige Taufe geschenkt wurde? Mehr als das, willst Du einen Fluch auf Dich und Deine Familie und Deine Enkel ziehen? ... Bedenke wer den heiligen Geist empfing und dagegen sündigt kann nicht mehr erlöst werden.... Denke daran welche Herzschmerzen Du uns verursachst. (tatsächlich starb Brunos Mutter fünf Monate später am 16. Januar 1930) Was würde Pastor Wohlgemut dazu sagen, wenn er noch lebte? Wird er nicht am Jüngsten Tag als Zeuge gegen Dich dastehen? ... verlasse diese Sekte! ... Deine Eltern und Arnold“ (ein Bruder Brunos)


    Bruno 3. von rechts.