Donnerstag, 8. Mai 2014

"Navigator Allgemeinwissen" verbreitet Desinformationen


Lieber Herr Dr. Jörg Zorn,



Wie dem Impressum ihrer Webseite zu entnehmen ist, zeichnen Sie verantwortlich für die im “Navigator Allgemeinwissen” veröffentlichten Beiträge... 
es ist gut, wenn Sie informieren... 
aber auch ich informiere und ich möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass ich diesen Brief ins Internet stelle. 
Wenn Sie vom Christentum als einer monotheistischen Religion reden, weichen Sie zwar nicht von der Linie der Großkirchen ab, aber diese Linie war seit eh und je unhaltbar. Sie wurde in Nicäa, 325, durch Kaiser Konstantin erzwungen, (1) weshalb das nicänische Bekenntnis auch sagt:

" es sind nicht drei Herren, sondern ein Herr. Denn wie uns die christliche Wahrheit zwingt, jede Person einzeln für sich als Gott und als Herrn zu bekennen, so verbietet uns der katholische Glaube, von drei Göttern oder Herren zu sprechen."

Der Text spricht für sich - oder gegen sich, - je nachdem wie man will. 
Seit wann ist es korrekt irgendeinen Glauben über 
"die christliche Wahrheit" zu stellen?
Ich wiederhole: dieses Bekenntnis widerspricht urchristlichem Verständnis:
Sogar "Familia Spiritualis Opus" bestätigt 2013:

"Alles schien in bester Ordnung, jedoch hatten (im Jahr 325, auf dem Konzil zu Nicäa) einige Bischöfe nur ein Lippenbekenntnis abgelegt, da Kaiser Konstantin mit der Verbannung jener Bischöfe gedroht hatte, die das Bekenntnis nicht unterschrieben..."


Dann, Herr Dr. Zorn, mit krtischem Blick auf die Lehren der "Mormonen" behaupten Sie:
"   Zwar berufen sie sich in Teilen auch auf die Bibel, fühlen sich aber in erster Linie dem Buch Mormon, das u.a. von einer ersten Besiedlung Amerikas durch einen um 600 v. Chr. vermuteten Stamm Israels erzählt, verpflichtet.
 
Falschaussagen wie diese treffen wir überall an. Ein Tausendsassa schreibt von einem anderen ab:

Sie behaupten also, Herr Dr. Zorn, die Mormonen...
"berufen sie sich in Teilen auch auf die Bibel,..."
Sie kennen offensichtlich weder die Geschichte der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage noch die Theologie dieser Gemeinschaft. Sonst hätten sie diesen Unfug nicht zu Papier gebracht. Ohne die Bibel gäbe es die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage nicht. Die Lehre dieser Kirche wirft Licht auf die Bibel, sie bestätigt sie. 
Das glauben Sie nicht? Lassen Sie uns sehen:
Professor Heikki Räisänen ein evangelischer  Exget, lobt Joseph Smith den ersten Propheten der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage ausdrücklich dafür wie ernsthaft und gewissenhaft Smith mit Bibeltexten umging. Siehe u.a.

gerd-skibbe.blogspot.com/2014/10/eine-leider-vergessene-analyse.html

Prof. Räisänen unterzog die von Joseph Smith unternommenen Korrekturen an Bibeltexten einer gründlichen Untersuchung. Er sagt: Joseph Smith traf immer wieder den Nagel auf den Kopf, er befindet sich in Übereinstimmung mit moderner Bibelkritik … er verbesserte zweifelhafte Bibelaussagen, machte sie glaubhafter! 

Sie Herr Dr. Zorn verweisen darauf, dass laut Buch Mormon eine der ersten Besiedlungen Amerikas durch die Jarediten (wahrsch.  Tolteken) erfolgte... soweit so gut, aber, der Kern der Buch-Mormon-Lehren weist uns darauf hin, dass es nicht darauf ankommt, über Völkerwanderungen Kenntnisse zu erlangen, auch nicht Gott zu feiern, sondern seine Gebote, wie wir sie in der Bibel finden, zu halten!
Das Buch Mormon lehrt, dass niemand denken soll, er sei mehr als ein anderer. Es sagt, dass wir ein vorirdisches Dasein hatten, und dass wir hier sind, um Erfahrungen zu sammeln, dass wir eines Tages vor unserem Schöpfer stehen werden, um Rechenschaft über unser Leben abzulegen.
Durch das Buch Mormon erfahren wir, dass Gott die Zweiklassengesellschaft: Hier die Geistlichen und da die Laien, nicht eingesetzt hat, und, dass Christen nur dann Christen sind, wenn sie tun, was er gebot.

Tausende Experten geben, wie Sie, Herr Dr. Zorn, Auskunft (auch) über "Mormonen”. Fast ausnahmslos handelt es sich dabei leider um massive Falschaussagen. Es sind entsetzliche Zerrbilder, die, z. B. von Pfarrer Zimmer “Unter den Mormonen in Utah”, Dr. Rüdiger Hauth, Prof. Dr. Samuel Leuenberger, Dr. Lothar Gassmann u.a. von meiner Kirche gezeichnet wurden, und die bedauerns-werterweise von einigen Autoren unbesehen als authentisch betrachtet und genutzt werden.

Aus diesem Grund widersprach ich in einigen hundert Artikeln den schlimmsten Desinformationen. Ich stellte sie vor allem unter http://gerd-skibbe.blogspot.com ins Internet.

(Im Fall meines Aufsatzes “Die ausstehende Rehabilitation von Millionen Europäern” hatte ich von Februar d.J. bis jetzt 26 500 Aufrufe.)

Niemand entschuldigte sich für den gegen meine Kirche verbreiteten Unfug, obwohl meine Beweisführung sich als unabweisbar erwies, - ausgenommen Prof. Leuenberger in einem Fall. Später schrieb er mehr Unsinn, nämlich exakt das Gegenteil der tatsächlichen Lehren der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Auch Herr Dr. Gassmann hatte zwar keinen Beleg für die unerhörte Behauptung Mormonen würden in ihren Tempeln Geister beschwören, doch er beharrt. 
Immer wieder erlebe ich, dass vor allem junge Menschen in Sachen Religion verunsichert sind und sich auf Internetaussagen von Leuten mit Rang und Namen verlassen. Schon deshalb ist Präzision angesagt.

Mir kann nicht gleichgültig sein, wenn auch bei bestem Willen der jeweiligen Autoren nicht der Kern der beleuchteten Sache getroffen wird.

 “Navigator Allgemeinwissen” schrieb bedenklich tendenziös:

Woran glauben die Mormonen?


Kurz gesagt, sehen sich die Mormonen als die einzig wahre Kirche, die das Evangelium – sozusagen als Wiederherstellung ursprünglicher Werte – neu zu verkünden hat.

Obwohl von außen häufig protestantisch eingeordnet, sind sie weder das, noch fühlen sie sich den Katholiken zugehörig. Im Gegenteil! Die von diesen beiden Kirchen angestrebte Ökumene („der Dialog, die Zusammenarbeit der monotheistischen Religionen: Juden-, Christentum und Islam“) zum Beispiel, wird von den Mormonen strikt abgelehnt.
Zwar berufen sie sich in
Teilen auch auf die Bibel, fühlen sich aber in erster Linie dem Buch Mormon, das u.a. von einer ersten Besiedlung Amerikas durch einen um 600 v. Chr. vermuteten Stamm Israels erzählt, verpflichtet.
Grundsätzlich verkündet das Mormonentum den Glauben, wonach auch der Mensch, wenn er denn den Gesetzen und Geboten
ihrer Kirche ( die, der Mormonen) Folge leistet, durchaus ebenfalls Gott werden kann.

Autor: Manfred Zorn

Gegenüber solcher, von mir als niederträchtig empfundenen Unterstellung (Mormonen hätten andere Gebote als die allgemeine Christenheit) biete ich folgenden Text als Basis eines neuen Artikels an:


Gerd Skibbe: Woran glauben die Mormonen (wirklich)

Kurz gesagt, die Mormonen betrachten sich als Mitglieder der wiederhergestellten Urkirche, beanspruchen aber nicht im Alleinbesitz der Wahrheit zu sein. Der erste Prophet der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage Joseph Smith (1805-1844) betonte wiederholt: “Alle haben Wahrheit, vermischt mit einigen Irrtümern.”

Was Mormonen von den Anhängern der “christlich ökumenischen Kirchengemeinschaft” unterscheidet ist u.a. das Menschen- und Gottesbild. Mormonen glauben daran, dass Menschen Doppelwesen sind, bestehend aus einem ewigen Geistkörper und dem vergänglichen Leib.

Die Mitglieder dieser Kirche betrachten Gott Vater und Gott Sohn als zwei getrennte verherrlichte Persönlichkeiten, die ihr eigenes Gesicht haben. Diese Lehre wurde in Nicäa, auf strikte Weisung Konstantins, (1) mit dem 1. ökumenischen Konzil, 325, als arianische Häresie verworfen.

Weil sich die von vielen Christen angestrebte “ökumenische Gemeinschaft” entschieden zum nicänischen (antiarianischen) Gottesbild bekennt, - dass da “nicht drei Götter sind, sondern nur einer”, - lehnen “Mormonen” eine Mitarbeit mit den Großkirchen ab. Dennoch suchen sie das Gespräch mit allen.

Immer mehr Historiker wie Thomas Hägg (2) bestätigen allerdings, dass die am altrömischen Trend zum Monotheismus orientierte Formulierung des Nicänums, keineswegs der urchristlichen Lehre entsprach. So gesehen sind Mormonen Arianer.

Sie betrachten Bibel und Buch Mormon als gleichwertige heilige Schriften.

“Mormonismus” lehrt, dass jeder Mensch das Potential hat in der Ewigkeit Gott ähnlich oder gleich zu werden. Weithin unbekannt ist, dass selbst Luther (3) und Papst Benedikt XVI. (4) dieser Aussage zustimmen, indem sie auf ein Zitat des Athanasius, den vielleicht wirkungsvollsten Kirchenlehrer des 4. Jahrhunderts”, verweisen: “Christus das göttliche Wort wurde Mensch, damit der Mensch Gott werde.

Mormonen sind weltoffen und tolerant, sie sind entschiedene Verfechter des Individualrechtes.

Mit freundlichen Grüßen

Gerd Skibbe

________________

(1) "Familia Spiritualis Opus" bekennt 2013:

"Alles schien in bester Ordnung, jedoch hatten einige Bischöfe nur ein Lippenbekenntnis abgelegt, da Kaiser Konstantin mit der Verbannung jener Bischöfe gedroht hatte, die das Bekenntnis nicht unterschrieben..."

(2) "Kirchen und Ketzer" 2010: "der Erzketzer Arius ist Traditionalist. Er steht fest auf dem Boden der kirchlichen Lehrtradition."

(3)Tuomo Mannermaa “Luther und Theosis”, Band 16 Veröffentlichungen der Luther-Akademie Ratzeburg, Helsinki/Erlangen 1990, S. 11: “Theosis als Thema der finnischen Lutherforschung…

(4) Generalaudienz, am 20. Juni 2007:

der Kern der Inkarnationslehre des Athanasius lautet: „Christus, das Göttliche Wort, „wurde Mensch, damit wir vergöttlicht würden...“

Gerd Skibbe

Elizabeth St. Unit 31
3153 Bayswater, Melbourne

Victoria

Australien







Sonntag, 4. Mai 2014

Für Querdenker in Sachen Religion

Ein Vergleich







Gemessen an der Mitgliederzahl waren das "Mormonentum" wie das Christentum während der ersten 100 Jahre ihrer Existenz bedeutungslos. Aber die den beiden Nahverwandten innewohnende Brisanz konnte von Beginn an kaum ignoriert werden.

Selbst wohlmeinende Traditionalisten empfanden die beiden Schwesterreligionen jeweils als mit ihren Glaubensvorstellungen unvereinbar. Da war es der Anspruch Jesu der verheissene Messias zu sein, hier erregte Joseph Smith Widerstand wegen seiner Behauptung ein von Gott berufener Prophet zu sein. 

Das zog Verfolgungen nach sich. Die führenden Juden betrachteten das “Christliche” von Beginn des Wirkens Jesu als sektiererisch und Fälschung. Dasselbe Urteil fällen Vertreter des ökumenischen Christentums (Hauth u.a.) über “Mormonismus” - allerdings in auffallender Unkenntnis und in Verdrehung der Lehren dieser Kirche. 

In beiden Fällen liegen solcher Wertung scheinbar plausible, letztlich aber unhaltbare Erklärungen und Behauptungen zugrunde.

Tatsächlich gründen beide Kirchen jedoch in alten Traditionen, sowohl im pharisäischen Judaismus wie im Lehrgut der Urchristen. In Wahrheit sind sie einander bestätigende Offenbarungsreligionen. Das belegt auch diese aus katholischer Hand stammende Skizze.


Im Schema kommt das zum Ausdruck. Die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage entstammt nicht dem herkömmlichen Christentum. Sie wird dennoch Sekte genannt, wie die Kirche vor alters.



Die Übereinstimmung der jeweilig bedeutendsten Lehren beider Kirchen kann allerdings weder unbemerkt bleiben, noch schlichtweg als Zufall betrachtet werden. Urchristen und Mormonen hegten und hegen dasselbe, in Nicäa 325, verworfene origenistisch-arianische Gottes- und Menschenbild.

Das Erstere allerdings ist erst jetzt beweisbar. 

Beide Kirchen sind entschiedene Befürworter und Verteidiger des Individualrechtes und des Glaubens, dass Menschen, - wegen ihrer Gottesebenbildlichkeit und weil sie Geistkinder des ewigen Vaters sind - unter Bedingungen “wie Gott werden” können (von Harnack).

Origenes fasste diese beiden Aspekte mit den Worten zusammen:


Erst aufgrund der Tugend wird man (im 2. Stand des Erdenlebens erneut G.Sk.) ein Kind Gottes und erst in der Erwerbung der Tugend durch eigenen Eifer erwirbt der Mensch die Ähnlichkeit Gottes. Unentbehrlich für das Erreichen der Gottähnlichkeit ist also die Entscheidungsfreiheit.“ (1)



Die Umkehrung dieser Aussage lautet: wer das Jedermanns-Recht auf Entscheidungsfreiheit beeinträchtigt oder auch nur in Frage stellt, handelt antichristlich, ganz gleich ob er mit den Lippen bekennt er sei ein Verehrer Christi oder nicht.

Dieses uns von Gott verliehene Menschenrecht wurde jedoch im Jahr 380 durch das von engstirnigen “Christen” ersonnene Staatsgesetz “Cunctos populos”, ausgehebelt, wenn nicht vorsätzlich außer Kraft gesetzt.

Die künftige ecclesia triumphans wünschte keine Nebenbuhler.
Diesem Wunsch entsprach Kaiser Theodosius und fest steht, der Elitechrist Ambrosius von Mailand widersprach nicht!

Ambrosius steht unter der Anklage mitgeholfen zu haben, dass die Unfreiheit, gewaltsam!, ins Christentum  eingefügt wurde

Mit dem ersten ökumenischen Konzil zu Nicäa, 325, war “die Kirche” hautnahe Verbündete des räuberischen, römischen Imperiums geworden und somit in der Lage alles zu vernichten, was ihrem vermeintlichen Siegeslauf im Wege stand.

Zunehmend rigoros agierte sie gegen Juden sowie gegen jeden Typ Andersglaubender.

Unvergessen ist, dass Jesus, vermutlich im Jahr 30, zu Beginn seiner Laufbahn als Rabbi, in einer Synagoge Nazareths, aufsehenerregend sein Erlösungsprogramm mit den Jesajaworten dargelegt hatte: Er sei in die Welt gekommen, um den "Gefangenen die Freiheit zu verkünden, und dass er die Zerschlagenen in Freiheit setzen wird".

Freiheit kann nur durch Christus, die Unfreiheit nur durch Antichristen, kommen.  

Es ist leicht in ein tiefes Loch zu fallen, aber unendlich schwer daraus wieder aufzusteigen.
 Deshalb müssen wir den Vater ständig in seinem Namen anrufen, um nicht durch Menschenmeinungen irregeleitet zu werden und schließlich zu stürzen.
Gott kann uns vor dem Übel bewahren, aber nur wenn wir mitmachen.
Dies ist die wichtigste Aussage der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen)
Außer in der Urkirche, lehrt dies keine andere Kirche.

Da sind viele Gemeinsamkeiten zwischen der Urkirche und der Praxis und Theologie der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage. Die Überein-stimmungen sind manchmal in kleinsten Detail erkennbar.

Umgekehrt belegt alleine dieser Vergleich, wie weit sich die römische Kirche, sowie ihre Ableger mit ihrer Theologie und Praxis vom Original entfernt haben, Das zeigt sich auch in der Taufordnung.

Kleinstkinder zu taufen bedeutet zu ignorieren, dass Taufe, zumindest nach dem Taufverständnis Christi, des Johannes und Petrus laut Johannes 3: 11 und Apostelgeschichte 2:37 Buß- und Bündnisfähigkeit voraussetzt, dass es gemäß dem Titel immer Untertauchen meint. 
 
Jesu Taufe im Jordan, Wandmalerei 3. Jahrhundert.

Es gab einen Dogmenwandel. Mit der Zeit gab es gravierende Änderungen.

Die Besprengung von Ohnmächtigen (Säuglingen) lehnt Gott, auch nach dem Verständnis der Mormonen, glatt ab. Das sogenannte Taufsakrament vollzieht keine Taufe - ist keine Untertauchung zur Sündenvergebung, denn ein Säugling hat nichts zu bereuen. Da ist nichts abzuwaschen was ihn vor Gott unrein macht. Er hat zwar eine sündhafte Natur geerbt, eine Erbsünde lastet jedoch nicht auf ihm, denn Sünde ist das Handeln wider bessere Wissen.
Die Lehre von der Erbsünde wird nirgendwo in der Schrift auch nur erwähnt. Im Gegenteil: Kinder falls sie früh sterben, sind Erben des Reiches Gottes.

Viele Neuheiten kamen im Verlaufe der Jahrhunderte auf.
Man kann sich vorstellen was Petrus, Jakobus und Johannes empfunden hätten, wären sie zu Luthers Zeiten aus der ewigen Welt kommend in Rom in eine Kirche gegangen, in der Absicht an einer Abendmahlsversammlung teilzunehmen.

Sogar Luther war schockiert, obwohl er doch in dieser außen grau und innen buntschillernden Umwelt aufgewachsen war. Ihm war all das feierlich erscheinende Frivole wohl bekannt

Aus dem menschenfreundlichen Lehrgebäude klassischen Stils hatten die angeblichen Herrenchristen im Verlaufe des 4. bis 6. Jahrhunderts ein riesiges und düsteres Gefängnis gemacht. Darin befanden sich nicht nur die bekennenden Arianer, Novatianer, oder die Hellenen sowie andere Nichtchristen und Dissidenten, eingesperrt sondern spätestens ab dem 11. Jahrhundert auch die linientreuen Priester, weil sie nur insgeheim eine eigene Familie haben durften. Es war von einem sonderbaren Gebäude umgeben, in dem die Päpste und Kardinäle ihre angeblichen Nichten und Neffen mit dem von “armen Gläubigen” (Luther) erpressten Geld ausstatteten. Es war ein Haus indem widerlichste Sauf- und Sexorgien gefeiert wurden.


Luther jedenfalls sah, dass es so nicht weiter gehen konnte, aber er fiel, nach seiner Romreise schrittweise ins andere Extrem. Man kann fast sagen, dass er die Botschaften der Bibel auf schließlich wenige Begriffe reduzierte. Seine Kürzel unter denen das fragwürdige paulinische “sola gratia” besonders auffällt, weil es nirgendwo anders in der Heiligen Schrift auftaucht, sollten sich letztlich als glaubenzerstörend erweisen. Sie schwächten das Leistungsvermögen derer die es glatt übernahmen.

Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage verstehen das Prinzip “Gnade Gottes” etwas anders, obwohl mehrere Autoren des Buches Mormon, wie hier Moroni, in 7: 16: dass "jedem Menschen der Geist Christi gegeben wurde, damit er Gut von Böse unterscheiden kann...", Luthers Sichtweise passagenweise zustimmen, denn die unterschiedslos gewährte Gabe der Unterscheidung durch Christi Geist, ist tatsächlich ein Akt reiner Gnade.

Es ist dieses Pochen auf “allein durch Gnade”, das uns trennt. Gnade ja, aber eben nicht allein aus Gnade.

An Stelle der paulinisch-lutherischen Rechtfertigungslehre, behauptet das Buch Mormon dieselben Elemente wie sie durch Petrus, Jakobus und Origenes bezeugt werden:

Uns Menschen, (die zur Familie Adams gehören nach Mormon) weil wir ewige buchstäbliche (Geist-) kinder Gottes sind, wohnt die Kraft inne aus freiem Ermesssen Gutes zu tun. 

 Dieser Gegensatz ist sehr erheblich.
 

Mormonen sowie die Mitglieder der Kirche Jesu Christi der ersten Jahrhunderte sind und waren überzeugt, dass sie an ihrer Erlösung mitwirken, mit der Einschränkung, dass niemand ohne die Gnade Gottes die eigene Gottesferne überwinden kann.

Hier ist der große Unterschied zu allen protestantischen Lehren!


Vielleicht darf man sagen, dass wir einem Mann ähneln der trinken wollte und in einen tiefen Brunnen stürzte. Er muss das Seil umklammern das ihm sein Erlöser herunterwirft und sich angemessen anstrengen.

In diese Situation gerieten wir durch den von jedem von uns bewusst gewählten "Sündenfall", der aus dem vorirdischen Dasein, dem Paradies, ins Erdenleben erfolgte.
Paradies meint "Geisterwelt", lehrte Joseph Smith.

Interessant ist, dass gegenwärtig eine Strömung in der evangelischen Kirche aufkommt, vertreten durch Pfarrer Lic. Felix Gieterbruch und die ihn beratenden Professoren, die der “mormonischen” Theologie entspricht.

In seinem großartigen WerkDer Sündenfall ein sinnvoller Mythos“, 2008, schreibt Gietenbruch:

Präexistenz meint, dass wir als handlungsfähige geistige Wesen schon vor unserer Geburt existierten... in dieser Vorexistenz haben wir uns alle eigenverantwortlich von Gott entfremdet... Ich denke, heute wird uns mehr und mehr bewusst, dass auch das christliche Abendland neu darüber nachdenken muss.“

Bereits vor Veröffentlichung dieses Buches stand in meinen Powerpoint-Präsentationen immer eine andere Formulierung dieses Autors an bedeutender Stelle:

Nach der Lehre Adams ist jeder Mensch Adam und ist aus der Sphäre des Paradieses gefallen..."

Das ist (nahezu) mormonischer Tempeltext!

Als vorirdische Geistwesen wünschten wir eigene Erfahrungen in einer Welt der Gegensätze zu sammeln, nachdem uns schon im Vaterhaus Gottes bewusst wurde, dass die Götter! (Origenes 185-254) unseren Wunsch aus dem sicheren Zuhause fortzugehen eingeplant hatten. Erfreut sahen wir, dass "Elohim" und sein Christus einen Weg zu unserer Erlösung (Rückkehr) vorbereiteten.
Schon in der Ewigkeit wurde der dem Vater nachgeordnete Christus erwählt, durch sein makelloses Opfer, ohne unser Dazutun, unsere Unsterblichkeit und die Möglichkeit zu unserer Erhöhung zu sichern. Der Mensch kann entsprechend seinem Bemühen wie Gott werden. 


Im Gegensatz zu den Behauptungen zahlloser Theologen, war die Lehre, dass Menschen wie Gott werden können, gut urchristlich!
Sie reden über etwas ohne Geschichtswissen. 

Sogar Luther spricht von der Deifikation (Theosis) des Menschen! Es ist ein Ziel das Jesus in der Bergpredigt in den Mittelpunkt stellte, indem er forderte:

"Darum sollt ihr vollkommen werden, gleichwie euer Vater im Himmel ist"

Unentbehrlich ist jedoch, dass Christus uns zuvor von der Last der Schuld befreit. Das kann jedoch nur geschehen in dem Maße, in dem wir "wahrhaft Buße" tun, (wodurch wir mitwirken.) Buße verstehen Mormonen als innere Umkehr, metanoia, wie sie auch der junge Luther zumindest mit seiner 1. These lehrte.
Vielleicht ist es der Grad der Helligkeit der uns auch später unterscheidet.
Origenes, immerhin anerkannter Bewahrer urchristlicher Lehre sagte:

"Unsere Bemühungen werden durch die Gnade Gottes bei weitem überwogen, dennoch wird Gott unser Guttun, - unsere eigenen Anstrengungen, - die er ebenfalls eingeplant hat, gerecht vergelten." (2)


Mormonen und Origenes stimmen somit in ihrer synergistischen Erlösungslehre überein. Es gibt eben viel mehr Stufen ewiger Geselligkeit, als nur höllische oder himmlische. Im Vaterhaus Gottes sind viele Wohnungen, wie es bereits hier zwischen bös- und gutartigen Menschen aller Stufen gravierende Unterschiede gibt. Wie die Forschung zeigt, teilen Mormonen und der arianische Zweig des Christentums darüber hinaus dasselbe Priestertums- und Tempelverständnis und mehr. (3)

Beide hatten denselben Typ Hauptfeinde, gewisse Schriftgelehrte, den Mob, sowie Verräter in den eigenen Reihen.

Giotto Scrovegni Gefangennahme Jesu



Der Mob teert und federt Joseph Smith 1832

Leider litt das Urchristentum zudem an den Meinungsverschiedenheiten der Apostel sowie an den vergleichsweise miserablen Kommunikations-möglichkeiten. Auch der verstärkte Zulauf aus nichtjüdischen Reihen sollte zum raschen Verfall der Einmütigkeit führen, denn es kamen nicht selten Menschen der Charitas wegen hinzu, die sich keineswegs bekehrt hatten, sondern die Vorteile suchten und an ihren alten Gewohnheiten hängen blieben. Die buchstäblich unentwegt neu zu erwerbende Hinwendung jedes Einzelnen zum Geist Christi ist und bleibt aber die Grundvoraussetzung für das Gedeihen seiner Sache. Dies hat kein Geringerer als Paulus klar formuliert:

"Wer seinen Geist nicht hat, der gehört nicht zu ihm." (4)
Mormonisch gesagt:
"Seid eins, sagt der Herr, denn wenn ihr nicht eins seid, seid ihr nicht mein." (5)

Dieses Element zu bewahren ist eine Willensleistung, die Martin Luther nur als Ausdruck der Gnade Gottes gelten lässt. Darüber, wie das bezogen auf das praktische Leben zu verstehen sei gab es ungezählte Diskussionen unter Protestanten, denn auch darin sind sie sich bis heute durchaus nicht einig.
Luther ist viel zu sehr und zu lange Augustiner gewesen um im Sinne Erasmus einzulenken, der, gegen Augustinus von Hippo darauf besteht, dass der Mensch über die Willens- und Wahlfreiheit verfügt, aus eigener Kraft zu entscheiden und demgemäß zu handeln, weshalb er für sein Tun und Lassen vor Gott rechenschaftspflichtig ist.
Das ist der Standpunkt der Mormonen, hier ist der große Gegensatz zu Luther. 
 
Wenn Luther seinen Begriff von der "Gnade Gottes" jedoch mit "Liebe Gottes" gleichsetzen könnte, dann gäbe es kaum Denk- und Glaubensschwierigkeiten.
Wie er (Luther) Christi permanente Aufforderung zum Tun des Guten mit seiner eigenen Betrachtungsweise vereinbaren will, ist den Mitgliedern der Kirche Jesu Christi der HLT, sobald sie sich damit befassen, ein Rätsel.
Für Mormonen ist undenkbar, dass Gott die Christenheit in ihrer Zersplitterung anerkennt, ganz abgesehen von nicht wenigen einander ausschließenden Sonderansichten. Aber er wird immer den Einzelnen bewerten, weil "er das Herz ansieht".
Es ist inkorrekt und irreführend zu unterstellen, die Mormonen glaubten, nur sie kämen in den "Himmel". Falsch ist ebenfalls zu meinen, Mormonen führten Totentaufen durch um die Seelen der Verstorbenen (irgendwie) zu vereinnahmen. Es ist auch deshalb nicht zutreffend weil dies ein Verstoß wäre, gegen das allen Mitgliedern der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage heiligen Rechtes jedermanns auf Entscheidungsfreiheit. Im Buch der Gebote, heute "Lehre und Bündnisse" (einer Schrift zusätzlicher Offenbarungen) heisst es in seinem 1. Abschnitt unmissverständlich, Gott werde die Menschen dermaleinst nach ihren Taten richten (und nicht zuerst nach ihrer Kirchenzugehörigkeit).
Dies wird im 76. Abschnitt klar ausgeführt...
Außerdem gelten die folgenden drei Sätze in Lehre und Bündnisse 130 für alle Menschen:
 
"Jeglicher Grundzug der Intelligenz , den wir uns in diesem Leben zu eigen machen, wird mit uns in der Auferstehung hervorkommen .
Und wenn jemand in diesem Leben durch seinen Eifer und Gehorsam mehr Wissen und Intelligenz erlangt als ein anderer, so wird er in der künftigen Welt um so viel im Vorteil sein.

Es gibt ein Gesetz, das im Himmel vor den Grundlegungen dieser Welt unwiderruflich angeordnet wurde und auf dem alle Segnungen beruhen -
und wenn wir irgendeine Segnung von Gott erlangen, dann nur, indem wir das Gesetz befolgen, auf dem sie beruht."

Solche Aussagen gehen völlig mit unserem Gerechtigkeitsempfinden Hand in Hand. 
 
Mormonen glauben an die Notwendigkeit fortlaufender Offenbarung, weil die Umwelt sich ständig ändert. Es handelt sich um Anpassungen der Schriftauslegung. Auf diese Weise erfuhr Petrus, nach Christi Tod in seiner Vision von den reinen und unreinen Tieren, fortan seien die Tore der Kirche für die Heiden zu öffnen ...

Es gab, wie sie bekennt, auch in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage Fehlinterpretationen. Dazu gehört u.a. (möglicherweise) die Missdeutung einer Passage in "Köstliche Perle", Abraham 2: 27, die dazu führte dass "schwarze Farbige" nur sehr selten das Priestertum erhielten... Dies hob die Offenbarung "Amtliche Erklärung Nr.2" vom 30. Sept 1978 auf.

Mormonen stehen in Auslegung von Matthäus 16: 13-20 auf anderem Grund als die römisch-katholische Kirche. Sie lehnen ab, - belehrt durch die Inspirationen die Joseph Smith empfing -, zu glauben, dass Petrus der Felsen ist auf den die Kirche unverrückbar durch die Zeiten gehen soll. Nach Joseph Smith besteht der Kontext darauf, dass fortlaufende Offenbarung das sichere Fundament bildet. Wenn die Kirche in echter, ständiger Verbindung zu ihrem auferstandenen Herrn bleibt, wenn sie auf ihn hört, wie es die Propheten vor Alters taten, was er aktuell zu sagen wünscht und wenn sie demgemäß handelt, dann könne sie niemals von "den Mächten der Finsternis überwunden werden." Nur dann!
Das römische "Felsenamt" wurde bedauerlicherweise, wie die Dokumente offenlegen, mindestens zeitweise von Personen ausgeübt, die dem Anschein nach eher zu den Mächten der Finsternis gehörten, wie Papst Gregor VII. der mit einem Federzug hunderttausend Kinder zu Waisen machte und von dem Kirchenlehrer Damiani, (1006-1072) der selbst ein Verfechter des strengen Zölibats war, als "heiliger Satan" bezeichnet wurde, auch weil Gregor in seinen 27 Thesen in "Dictatus" u.a. behauptete:

"Niemand auf Erden kann über den Papst urteilen. Die römische Kirche hat nie geirrt und kann bis zum Ende der Zeiten nie irren... er allein hat das Recht auf die Reichsinsignien. Er kann Kaiser und Könige absetzen und ihre Gefolgschaft dispensieren...Alle Fürsten müssen ihm die Füße küssen..."

Die Folge war, dass er mehr als 50 größere und kleinere Kriege verursachte.
Das ist ungöttlich.
 Wie schnell es gehen kann den mit Christus verbundenen Faden abreissen zu lassen hat die Geschichte, nicht erst seit dem Saeculum obscurum bewiesen. In dem, selbst von den katholischen Historikern sogenannten "dunklen Jahrhundert des Papsttums", das keineswegs 996 endet, gab es kaum mehr als Mord und Totschlag im Ringen um den "Stuhl Petri". Nach Hertling SJ handelte es sich um
"römische Familien die ihre Mitglieder zu Päpsten machen und die von anderern Familien aufgestellten Päpste zu stürzen versuchten." (6)
Noch schneller als Menschengeister sind die Saiten eines Instruments verstimmt.
Nachdem Kammerton a als Wert bestimmt wurde, haben wir uns, wie Orchestermitglieder, stets erneut einzustimmen.

Bis heute streiten sich die Christen wer den Kammerton festlegt... Von Beginn an war das leider so.
Aber die Mormonen sagen: den richtigen Kammerton kann nur Gott festlegen, deshalb bedürfen wir die Verbindung mit dem lebenden Gott, den die alten Apostel und Propheten gepredigt haben.
Ist es nicht wahr und einleuchtend, dass wir fragen dürfen, ob "Du Herr, uns in dieser mehr denn je unsicheren Welt Sicherheit geben kannst?"



 Quellen:

1.) H.. Benjamins „Eingeordnete Freiheit; Freiheit und Vorsehung bei Origenes.“ E.J. Brill, 1994, S. 13
und Nikolai Krokoch. Er zitiert Tuomo Mannermaa der darauf verweist, dass das Wort der Theosis (deificatio) öfters bei Luther vorkommt als der Hauptbegriff seiner während der berühmten Heidelberger Disputation (1518) formulierten Heilslehre nämlich die theologia crucis. „Wenn in Luthers Epistelkommentaren und Weihnachtspredigten die inkarnatorische Wahrheit auf besondere Weise zum Ausdruck kommt, dann meint er ähnlich wie die orthodoxe Heilslehre die reale Teilhabe an der Gottheit Jesu: ,,Wie das Wort Gottes Fleisch geworden ist, so ist es gewiß notwendig, daß auch das Fleisch Wort werde. Dann eben darum wird das Wort Fleisch, damit das Fleisch Wort werde. Mit anderen Worten: Gott wird darum Mensch, damit der Mensch Gott werde.”
Den ersten Stand hatten wir, gemäß motmonischer Theologie, im vorirdischen Leben inne. Dort waren wir vom Geburtrecht her Götter, wie Origenes lehrte. Im zweiten Stand diesem Erdenleben muss das Kindschaftsverhältnis erst erworben werden.
2.) Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft“, dritte, völlig neu bearbeitete Auflage, 4. Band Kop-O, Mohr (Paul Siebeck) Tübingen, 1960 S. 1692 – 1702
3.) Gerd Skibbe "Streifzüge durch die Kirchengeschichte - aus dem Blickwinkel eines Mormonen" im Internet
4.) Römer 8:9
5.) Lehre und Bündnisse 38: 27
6.) "Geschichte der Katholischen Kirche bis 1740", mit Imprimatur

 

    Donnerstag, 1. Mai 2014

    Bischof Augustinus von Hippo - ein Handlanger der Hölle

    Martin Luther war weitgehend vom Mönchtum seiner Zeit geprägt.

    Authentisches Bild von Cranach: Luther (1483-1546)

    Der große Reformator konnte sich zeitlebens nicht von durchaus unchristlichen Teilaspekten des Augustinus von Hippo frei machen. Dazu gehört die Prädestinationslehre des antiken Kirchenvates, der Luther im Kern zustimmte: 
    Es gibt kein authentisches  Bild von Augustinus von Hippo, Afrika, (354-430)
     Luther behauptete:
     

    Denn wenn wir glauben, es sei wahr, dass Gott alles vorherweiß und vorherordnet, dann kann er in seinem Vorherwissen und in seiner Vorherbestimmung weder getäuscht noch gehindert werden, dann kann auch nichts geschehen, wenn er es nicht selbst will. Das ist die Vernunft selbst gezwungen zuzugeben, die zugleich selbst bezeugt, dass es einen freien Willen weder im Menschen noch im Engel, noch in sonst einer Kreatur geben kann.” (1)

    Mit dem letzten Satzteil ging Bruder Martin wahrscheinlich noch über Augustinus hinaus. Unverständlich aus mormonischer Sicht, gilt bis heute:

    Nach lutherischer Auffassung ist der Mensch unfähig, bei seiner Errettung mitzuwirken.” (2)

    Dieser Aufassung widersprechen sowohl Origenes (185-254), Tertullian (um 220), Hippolyt von Rom (um 220) sowie die katholischen Kirchen und die "Mormonen"
     

    Da beide, Luther und Augustinus, anders als die Urchristen (wie z.B. Origenes), nicht an das vorirdische Dasein des Menschen glaubten, mussten  sie zwangsläufig den Eingangstext des Paulusbriefes an die Epheser im Sinne einer von Gott getroffenen “Vorherbestimmung” folgenreich missdeuten:

    Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns gesegnet hat mit allem geistlichen Segen im Himmel durch Christus. Denn in ihm hat er uns erwählt, ehe der Welt Grund gelegt war, daß wir heilig und untadelig vor ihm sein sollten; in seiner Liebe hat er uns dazu vorherbestimmt, seine Kinder zu sein durch Jesus Christus nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Lob seiner herrlichen Gnade, mit der er uns begnadet hat in dem Geliebten.“

    Joseph Smith lernte im Prozess der Übersetzung des

    Nach der Totenmaske Joseph Smith (1805-1844)
    Buches Mormon, sowie nach Erlangung weiterer Eingebungen, dass jeder Mensch bereits in seinem vorirdischen Leben - “ehe der Welt Grund gelegt wurde” - seine eigene Beziehung zu Christus bestimmt hatte.

    Hier, in Anerkennung oder Ablehnung der Lehre von der Präexistenz, liegt der Grundunterschied zwischen “traditionellem”, nicänisch zementierten Christentum und dem sogenannten “Mormonismus”. Hier liegt die Basis für zwei nahezu entgegengesetzt ausgerichtete Lehrgebäude.

    Die Lehren von der Entfaltung des Menschgeistes in der Präexistenz gemäß des ihm von Gott zugestandenen Rechtes auf freie Entscheidung (nach Origenes und Joseph Smith) und andererseits die Prädestinationsidee unterscheiden sich wie Tag und Nacht. (3) Mormonen behaupten, - in Übereinstimmung mit den Aussagen der bedeutendsten christlichgnostischen Glaubens-gruppen, - dass die Ablehnung des Glaubens, wir wären buchstäblich ewige Geistkinder des höchsten Gottes, katastrophale Konsequenzen nach sich ziehen muss.


    Daher ist derjenige, der (Gnosis) Erkenntnis durch Offenbarung hat, einer, der von „oben“ stammt. Wenn man ihn ruft, hört er, antwortet er und wendet sich zu dem, der ihn ruft, steigt zu ihm empor und erkennt, wie man ihn ruft. Da er Gnosis (Erkenntnis) hat, vollbringt er den Willen dessen, der ihn gerufen hat... Wer so zur Erkenntnis gelangen wird, erkennt, woher er gekommen ist und wohin er geht. Er erkennt wie einer, der trunken war und von seiner Trunkenheit abließ; er brachte das Seine (wieder) in Ordnung, nachdem er zu sich selbst zurückgekehrt war... Die wahre Gotteserkenntnis beginnt mit der Erkenntnis des Menschen als eines gottverwandten Wesens...wer diese Lehre nicht erhält wird zur Nacht geboren und zur Nacht zugrunde gehen.“ (4)

    K. Beyer ein großkirchlicher Exeget kommentiert das allbekannte Syrische Perlenlied geradezu "mormonisch":

    Die Botschaft des Liedes lautet: Die unsterbliche menschliche Seele göttlicher Herkunft darf sich erst dann endgültig vereinen mit ihrem unvergänglichen geistigen Leib der gleichfalls von Gott abstammt, aber immer bei ihm bleibt, wenn sie zuvor auf der Erde in einem vergänglichen fleischlichen Leib und in feindlicher Umgebung mit göttlicher Hilfe Selbsterkenntnis erlangt und mutig die ihr von Gott gestellte Aufgabe erfüllt hat... Das ist eine synkretistische Religion in der Nachfolge Platons, die sich auch leicht mit der christlichen Ethik verbinden lässt. Ihre Bilder teilt sie mit der Gnosis und den anderen antiken Erlösungsreligionen, ohne dass man sicher sagen kann, wer sie von wem übernommen hat. Das führt schließlich zu der Frage, ob der gnostische Anteil am spätantiken Synkretismus wirklich so hoch ist, wie meist angenommen wird. Denn, dass der Mensch die Erde als Fremde empfindet, ist ein weit verbreitetes Lebensgefühl…” (5) Wir sind eben mehr als Fleisch und Blut.
    Kombiniert mit dem nicänischen Bekenntnis eines antlitzlosen Eingottes brachte der Wechsel zur Prädestinationslehre des unheiligen Augustinus kaum mehr als Elend, Dummheit und Verwirrung zustande.
    Augustinus, in Anlehnung an die starr katholische Gesinnung seines Lehrmeisters Ambrosius von Mailand, billigte zudem ungerechte Gewaltanwendung gegen Menschen die durch Fanatiker ihres Schlages willkürlich zu Abweichlern und Ketzern erklärt wurden.
    Augustinus erweiterte den Grund zur Errichtung von Folterinstrumenten die zur Vernichtung Unschuldiger eingesetzt werden sollten. Wehe denen, die irgend-welchen frommen Dummköpfen widersprachen. Sie wurden allerdings nur der Abweichung von meist frei erfundenen Glaubenssätzen bezichtigt. 


    Augustinus wollte vorsätzlich Furcht erzeugen, das belegt auch seine Erbsündenlehre und die Aussage, dass “ungetaufte Kinder nicht in das Paradies oder auch nur in einen anderen Ort der Glückseligkeit eingehen könnten... Säuglinge die ungetauft sterben, kommen in die Hölle.”

    Davon steht in der Bibel kein Wort geschrieben. Die Verdopplung des Kummers betroffener Mütter hat er zu verantworten. 

    Das Buch Mormon lehrt dagegen, in Moroni 8: 14
      "Siehe, ich sage dir: Wer da meint, kleine Kinder brauchten die Taufe, der befindet sich in der Galle der Bitternis und in den Banden des Übeltuns, denn er hat weder Glauben noch Hoffnung noch Nächstenliebe; darum muß er, falls er abgeschnitten wird, solange er noch so denkt, in die Hölle hinabgehen."
     

    Wikipedia:  Anton von Werner: Taufe in meinem Hause (1852), typisches Beispiel einer evangelischen Haustaufe im gehobenen Bürgertum des 19. Jahrhunderts

    Auch mit Hilfe seiner grauenerregenden Prädestinationslehre gelang Augustinus leider mehr Schreckliches. Prof. Hans Küng fasste den verwerflichen Teil augustinischer Behauptungen mit den Worten zusammen: 

    Prof. Hans Küng, kath. Spitzentheologe (1928 -)
     

    Nur eine relativ kleine Zahl von Menschen (zur Wiederauffüllung der durch den Engelsfall entstandenen Lücke!) sei zur Seligkeit vorausbestimmt. Die anderen seien eine ‚Masse der Verdammnis’... diese Lehre stellt den Gegenpol dar zu der Lehre des Origenes von einer am Ende zu erhoffenden Allversöhnung. Sie wird in der abendländischen Christenheit ebenfalls eine unheimliche Wirkung erzielen und unendlich viel Heilsangst und Dämonenfurcht verbreiten bis hin zu den Reformatoren Luther und besonders Calvin, der diese Lehre rücksichtslos zu Ende denken wird.“


    Plagen des Heiligen Antonius durch Dämonen (Darstellung aus dem 15. Jahrhundert von Martin Schongauer)


    Dagegen formulierte Kurt Hutten, in seinem sektenkundlichen Werk:
     „ Seher-Grübler ,-Enthusiasten“:

    Mormonismus ist strahlender Optimismus... Der von Mormonen gelehrte Glaube ist erfüllt von ermunternden Ausblicken. Alle Rätsel des Daseins, der Sünde und Schuld, des Leidens und Sterbens lösen sich in einer befriedigenden Harmonie auf.”

    Brigham Young, Präsident der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (1801-177) sagte:"Lasst uns das Evangelium in die Herzen der Menschen hineinsingen"




    An Augustinus Exegese des Ephesertextes erweist sich, wie weit das Christentum seiner Zeit schon vom Urstrom abgewichen war.
    Dieser Urstrom wurde gewissenhaft von Origenes, Tertullian, Hippolyt u.a.  kartiert. Keine zweite theologische Karte unserer Tage kommt dieser so nahe wie die Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, was leider zur Folge hat, dass Heutechristen sie als Fremdkörper empfinden. Andere Elemente verdrängten mehr und mehr das eigentlich Christliche.
    Das uneinige Christentum des 4. bis 6. Jahrhunderts erhielt seine Hauptimpulse, weniger von Christus, als zunehmend von Politikern wie Konstantin und anderen Cäsaropapisten, samt Ambrosius von Mailand, denen die Konsequenzen urchristlicher Sichtweise nicht passten. Insbesondere widerstrebte Kaiser Justinian der Gedanke der völligen Gleichheit aller Menschen (die zur Familie Adams gehören), weshalb er mit einer handvoll kollaborierenden Bischöfen auf der Ostsynode, 543, Origenes verfluchen ließ - selbstverständlich ohne Papst Vigilius zu konsultieren -.
    Interessant ist, dass gegenwärtig eine Strömung in der evangelischen Kirche aufkommt, vertreten durch Herrn Pfarrer Lic. Felix Gieterbruch und die ihn beratenden Professoren, die überraschend weitgehend der “mormonischen” Theologie entspricht. In seinem großartigen WerkDer Sündenfall ein sinnvoller Mythos“, 2008, schreibt Gietenbruch:


    Präexistenz meint, dass wir als handlungsfähige geistige Wesen schon vor unserer Geburt existierten... in dieser Vorexistenz haben wir uns alle eigenverantwortlich von Gott entfremdet... Ich denke, heute wird uns mehr und mehr bewusst, dass auch das christliche Abendland neu darüber nachdenken muss.“

    Bereits vor Veröffentlichung dieses Buches stand in meinen Powerpoint-Präsentationen immer eine andere Formulierung dieses Autors an bedeutender Stelle:

    Nach der Lehre Adams ist jeder Mensch Adam und ist aus der Sphäre des Paradieses gefallen..."

    Das ist (nahezu) mormonischer Tempeltext!

    Wenn die Großkirchen anerkennen könnten, dass wir ewige Geistwesen sind, denen Gott Form und Gestalt gab, die “ehe der Welt Grund gelegt wurde” in der Gegenwart des gemeinsamen Gottvaters standen, dann würde diese Erkenntnis zahlreiche theologische Widersprüche sofort auflösen.

    Der Begriff “Seele”, mittlerweile ein Unwort für protestantische Theologen geworden, erhielte eine neue Definition. Durch die Verbindung von Geist und Körper würde der Mensch zur (lebenden) “Seele”.

    Nach Origenes, sowie den Bischöfen seiner Zeit, und Joseph Smith waren wir vorirdische Geistwesen, die hocherfreut sahen, dass "Elohim" und sein Christus, unseren Fall in die Gottesferne einplanend, einen Weg zu unserer Erlösung (Rückkehr) vorbereiteten. 


    Jesus Christus nach einem Mosaik zu Ravenna 6. Jahrhundert, wahrsch. arianische Vorstellung. Ausnahmslos alle Christen glauben, dass er der Erlöser aller Menschen ist (soweit sie sein Angebot akzeptieren)
     

    Schon in der Ewigkeit wurde der dem Vater nachgeordnete Christus erwählt, so wie auch andere Persönlichkeiten, wie Jeremia, wie Luther und Joseph Smith die bedeutende Nebenrollen im Plan der Erlösung spielen sollten.

    Wer schon in der Präexistenz an die Seite Christi trat um künftig das leichte (sanfte) Joch wahren Christseins zu tragen, der gehörte zu denen, die der Herr der Geister (Ernst Moritz Arndt) “in seiner Liebe... dazu vorherbestimmt hat, seine Kinder zu sein durch Jesus Christus nach dem Wohlgefallen seines Willens, zum Lob seiner herrlichen Gnade, mit der er uns begnadet hat in dem Geliebten.”

    Nur einer war stark und würdig genug, der (gnadenlosen) Rechtsprechung ein makelloses Opfer anzubieten: Christus. Er musste sich selbstlos den Gnadenlosen in die Hände geben, um jenen Preis zu zahlen, den wir niemals aufbringen könnten um uns aus dem Gefängnis unserer schuldhaft verursachten Verstrickungen samt den Folgen des Falles ins Loch der Sterblichkeit, zu erlösen. So würde er, ohne unser Dazutun, unsere Unsterblichkeit und die Möglichkeit zu unserer Erhöhung sichern.(Insofern  - nur insofern - stimmen Mormonen mit Luther überein.)

    Jeder Mensch kann, wegen des Sühnopfers entsprechend seinem Bemühen, wie Gott werden. Ist es nicht ein Ziel das Jesus in der Bergpredigt in den Mittelpunkt stellte? Forderte er nicht, "...darum sollt ihr vollkommen werden, gleichwie euer Vater im Himmel ist"?

    Selbst Luther spricht - zu unserem Erstaunen - von der Deifikation (Theosis) des Menschen!

    Bietet sich uns damit eine Brücke an, die Unvereinbarkeiten zu überqueren?

    Tröste Dich, Augustinus, nach der Lehre der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage bleibt niemand für ewige Zeiten in der Hölle, also auch du nicht. Die Behauptung, man könne der Hölle nicht entkommen, geht zwar auch auf Deine Rechnung, aber sie stimmt zum Glück nicht!
    Wer einsieht, dass er Unsinn und Schaden gestiftet hat, der kann erlöst werden. Das ist Christi und der Mormonen Lehre.
    Erlöser ist jemand der die Tore der Hölle aufbricht. Das konnte nur einer: Jesus Christus.


    Beide Abbildungen: Mormon-Fair 


    Schade, dass Du, Augustinus, uns nicht mehr sagen kannst, wie sehr es Dir gegenwärtig leidtut, so viele Säuglinge und andere Unschuldige in die Hölle geschickt zu haben.
    Natürlich wäre es weiser gewesen, Du Augustinus, hättest in Deiner "Patrologia Lavina 40, 533; praedestinavit ad aeternam..." diesen Blödsinn nicht verfasst:
    „es gibt Individuen, die Gott von vorne herein für die
    Hölle vorbestimmt hat."
     

    Bernhard Lang, „Himmel und Hölle“ Jenseitsglaube von der Antike bis heute.( C:H: Beck 2003) machte uns darauf aufmerksam, sowie darauf, dass: 

    "die gesamte Theologie des Mittelalters  der augustinischen Auffassung von der Hölle und ihren ewigen Qualen folgte..." 

    Höllenszene im Baptisterium San Giovanni

     Auch dies war der Grund, warum der liebende Gott den Knaben Joseph Smith erwählte um die vielen menschengemachten Torheiten zu korrigieren und aus den irregelenkten Köpfen zu eliminieren.

    Es hätte keinen Zweck gehabt einen Papst mit dieser Aufgabe zu betrauen. Das alte System war zu starr. Es war überaltert.
    "Niemand füllt neuen Most in alte Schläuche!"
    "Man setzt auch keinen neuen Flicken auf ein altes Gewand."
    Das erklärte bereits damals Jesus. Deshalb hat er auch keine Pharisäer der alten Schule in sein System eingebaut, sondern sich neue Leute gesucht, wie die Fischersleute um Petrus, und 1800 Jahre danach Joseph Smith.


    Quellen

    (1) “Vom freien Willen”
    (2) “Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre”
    (3) Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft“, dritte, völlig neu bearbeitete Auflage, 4. Band Kop-O, Mohr (Paul Siebeck) Tübingen, 1960
    (4) K. Rudolph, “Die Gnosis”, Koehler...; Amelang, Leipzig, 1977, S. 139, 111
    (5) Walter Rebell, „Neustestamentliche Apokryphen und Apostolische Väter“, 1992