Sonntag, 7. Dezember 2014

Mormonismus - der andere Glaube

Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage verstehen "Kirche" als Schule der Tugend. Eben diese Vorstellung war die der Mitglieder der vornicänischen Kirche. (Lactanz u.a. Historiker betonen das ausdrücklich).  

"Laß Tugend immerfort deine Gedanken zieren. dann wird dein Vertrauen stark werden in der Gegenwart Gottes..." schreibt der 34jährige Joseph Smith aus dem Libertygefängnis zu Missouri, in dem er die schecklichen Wintermonate des Jahres 1839 in ungeheizten Räumen bei ekelhafter Kost zubringen musste. Wieder einmal hatten ihn seine schamlosen Gegner auf Hochverrat angeklagt. Dann aber ließen sie ihn und seine Gefährten plötzlich frei, ohne Urteil ohne Dokumente.

"Laß deines Inneres erfüllt sein von Nächstenliebe zu allen Menschen..." schrieb Joseph bei schwachem Kerzenschein seiner geräumigen Zelle, hungrig und frierend, als er noch keinen Ausweg wusste. 
Das Libertygefängnis in Missouri. Joseph Smith, sein Bruder Hyrum und vier weitere Freunde des Propheten wurden am 1. Dezember 1838  verhaftet und des Hochverrats, sowie des Mordes angeklagt. Auf dem Weg zur Gerichtsverhandlung Anfang April 1839 gestatteten die Wachleute ihnen zu entkommen. Man wusste, da war nicht hinlänglich Substanz die eine Anklage gerechtfertigt hätte.
"Mormonismus" lehrt Selbstbeherrschung und Logik und wie wir unsere Seele nähren.
In dem zitierten Brief stehen keine Hassworte geschrieben, obwohl dazu Anlass gegeben war. Statt dessen heisst es:
"Kraft des Priestertums kann und soll keine Macht und kein Einfluss anders geltend gemacht werden als nur mit überzeugender Rede, mit Langmut, mit Milde und Sanftmut und mit ungeheuchelter Liebe, mit Wohlwollen und mit reiner Erkenntnis, wodurch sich die Seele sehr erweitert - ohne Heuchelei und ohne Falschheit."  Lehre und Bündnisse 121: 41 u.a.

Gebäude sind wichtig, aber zweitrangig. Jeder Dienst an der Gemeinde muss zwingend ehrenamtlich sein. (So hielten es alle Bischofe zur Zeit  Hippolyts um 220!) 
Daraus folgt. Es gibt in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage keine hauptamtlichen Geistlichen,  wie Jesus bereits in seinem Gleichnis vom Mietling lehrte, (außer festangestellte Verwalter einer Anzahl Gemeindehäuser, oder professionelle Leiter von Bildungsprogrammen und Finanzen) .
Jede Art liturgische Kleidung, außer im Tempel, sind strikt verboten!
 "Feierliche" Gottsdienste kannten die alten Christen nicht! Da gab es keine "Messen", sondern das schlichte Abendmahl. Goldene Becher und geschmückte Altäre kamen erst im 4. Jahrhundert auf. 

Millionen Christen ist nicht bewusst, welche Dinge gut urchristlichen Ursprungs sind und was hinzugefügt wurde.

Mit welchem Recht änderten Christenpriester die originalen Strukturen und Basislehren?
Wer gleichzeitig anerkennt, dass Christus der Schöpfer des Weltalls ist darf nicht in seine Kirchenschöpfung verbessernd eingreifen.
Natürlich gibt es nicht wenige, die behaupten Jesus hätte keine Kirche gegründet oder geschaffen. Wer das meint, der lese die Eingangsverse zum Epheserbrief, in denen erklärt wird, dass diese Kirche - die Kirche Christi -  bereits vor Grundlegung der Welt da war:

"Gelobet sei Gott und der Vater unsers HERRN Jesu Christi, der uns gesegnet hat mit allerlei geistlichem Segen in himmlischen Gütern durch Christum; wie er uns denn erwählt hat durch denselben, ehe der Welt Grund gelegt war, daß wir sollten sein heilig und unsträflich vor ihm in der Liebe;  und hat uns verordnet zur Kindschaft gegen sich selbst durch Jesum Christum nach dem Wohlgefallen seines Willens,  zu Lob seiner herrlichen Gnade, durch welche er uns hat angenehm gemacht in dem Geliebten"


Jeder kann selbst herausfinden welche Elemente der Urkirche geändert und gestrichen wurden.
Wenn der Apostel Paulus die Kirche mit dem Leib des Menschen vergleicht, ist vorstellbar, wie dieser von Menschen gezüchtete Körper mit drei Armen und einem Bein aussehen würde.

 "...er ist das Haupt des Leibes, nämlich der Gemeinde..." Kolosser 1:18

Sonderbar ist, dass die Amputation der Lehre von der göttlichen Herkunft des Menschen, die 543 erfolgte, von der gesamten Christenheit stillschweigend gebilligt wurde. 


"Mormonen" glauben an einen Gott der nicht nur hören, sondern vernehmlich antworten kann und zwar in Abhängigkeit von der Dringlichkeit unseres Anliegens und wie ernsthaft wir sind. 

    "Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. 
Denn wer da bittet, empfängt, und wer da sucht, findet;...

Der Gott der "Mormonen" hat Menschengestalt und ist dennoch kein Wesen aus Blut. Er ist strahlende Herrlichkeit und reine Liebe. In diesem Sinne ist ihr Gott Geist. Sein Geist ist allgegenwärtig, wie die Strahlen der Sonne, dennoch nimmt die Sonne einen festen Platz ein. 
Papst Benedikt XVI:
„Das menschliche Antlitz Jesu Christi, das Dante

im Inneren des innersten Geheimnisses Gottes

erkenne, sei „noch viel bewegender als die

Offenbarung Gottes in der Form des Dreifaltigen

Kreises von Erkenntnis und Liebe. Gott, das

unendliche Licht, ... besitzt ein menschliches
Gesicht.“

Ja, sagt Joseph Smith:

„Als das Licht auf mir ruhte, sah ich zwei Personen von unbeschreiblicher Helle und Herrlichkeit über 
mir in der Luft stehen. Eine von ihnen redete mich an, nannte mich beim Namen und sagte, dabei auf die andere deutend: Dies ist mein geliebter Sohn. Ihn höre!"
Gemeinsam mit den alten Christen sind "Mormonen" überzeugt, dass es viele Götter gibt, doch nur einer ist der allein wahre Gott, unser aller Vater im Himmel, der auch der Vater unseres Erlöseres und Gottes Jesus Christus ist.
Auch diese scheinbare "Unverständlichkeit" - manchmal wird solcher Glaubenssatz aus reiner Unkenntnis sogar als unchristlich und unbiblisch bezeichnet -  dennoch lehrte es   die Kirche die es vor Nicäa gab . (Origenes u.a.)
"Mormonen" erfuhren durch neuzeitliche Offenbarung, dass ausschließlich ehrlich bereute Sünden vergeben werden. Das Zeichen dieser Ehrlichkeit ist, dass man die alten Fehler nicht wiederholt und, dass es sinnlos und sogar unsinnig ist sich "Bußen" anderer Art aufzuerlegen.
Wer zurückschaut, wird erschrecken vor den Tatsachen endloser Selbstquälereien, die sich nicht nur mittelalterliche Katholiken auferlegten, wie das in "Sack-und Asche-Gehen", im alten Israel.  

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Flagellantenum 1500

Gemeinsam mit anderen Christen glauben die Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, dass die Ehe heilig ist, wie jedes Versprechen, dass sie freiwillig abgeben. 
Aber anders als dort jedoch, werden Mormonen wegen Ehebruch exkommuniziert - es sei denn der betrogene Partner verzeiht es einmal.
"Fremdgehen" gilt nicht als Kavaliersdelikt, sondern wird als Kapitalverbrechen gewertet!

Sie glauben, dass es der Ordnung Gottes entspricht, wenn die stärksten Gefühle der Zuneigung erst nach einer gesetzmäßigen Heirat ausgedrückt werden, dass Kinder ihnen willkommen sein sollen, aber dass sie für ihre Bildung, ihr seelisches und körperliches Wohlbefinden vor Gott und der Gesellschaft in der Verantwortung stehen.

Mormonen glauben, dass niemand in Unwissenheit selig werden kann und dass die höchsten Schätze die wir in diesem Leben erwerben können ein lauterer Charakter und ein unversehrtes Gewissen sind. Diese beiden nehmen wir, samt unserem Wissen und den gesammelten Lebenserfahrungen mit uns in die Ewigkeit. Der Grad jener Vollkommenheit, den Jesus uns anbefahl, - indem er sagte "Ihr sollt vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist," - den wir hier durch eigene Anstrengung erwarben, wird unseren Ort und Zustand im Jenseits bestimmen. Es gibt zahllose Zwischenstufen, zwischen Himmel und Hölle.
Niemand bleibt ewig in der Hölle der Finsternis der Selbstanklagen, den Ausweg hat Jesus durch sein Sühnopfer geschaffen.
Die Lehre der römisch-katholischen Kirche: ein Übertreter wird der Hölle nie entkommen, ist und war nie Teil der Lehren Christi. Allerdings ist Hölle auch ein Ort. Ist ein Gefängnis. Das Gefängnis selbst ist ewig, nicht der Aufenthalt darin.
Noch vor fünfzig Jahren lehrte Rom, dass ungetaufte Babies in diese Hölle der Unentrinnbarkeit kommen.
Das war ein scheinbar brauchbares Propagandamittel, um die Mitgliederzahlen konstantant hoch zu halten.
Mormonen glauben, dass es ein feierliches Gespött und eine Verhöhnung des gerechten Gottes ist Kinder zu taufen, die noch nicht Gut von Böse unterscheiden können. 
Die Lehre von der Erbsünde, wie sie seit Augustinus (um 400) verstanden wurde ist ebenso unchristlich, wie die Lehre von der Prädestination (Vorherbestimmung) des Menschen. Sie wurde 1 500 Jahre lang als Gewissenspeitsche missbraucht.

 
„diese Lehre (stellt) den Gegenpol zu der Lehre des Origenes von einer am
Ende zu erhoffenden Allversöhnung dar. Sie wird in der abendländischen  Christenheit
 ebenfalls eine unheimliche Wirkung
erzielen und unendlich viel Heilsangst und Dämonenfurcht verbreiten bis hin zu den Reformatoren Luther und besonders
Calvin, der diese Lehre rücksichtslos 
zu Ende denken wird.“  
Hans Küng, „Kleine Geschichte der katholischen Kirche“, S. 76

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/3/3f/Schongauer%2C_Martin_-_St_Antonius_-_hi_res.jpg
DIe Versuchung des hl. Antonius (Darstellung aus dem 15. Jahrhundert von Martin Schongauer)

Es ist eine nicht zu verantwortende Lüge, Menschen zu erzählen, sie würden aus reiner Gnade selig werden, wenn damit gemeint ist, du darfst so faul und dumm bleiben wie du schon bist, Hauptsache du glaubst, dass Jesus dich erlöst.

Es ist glatter Selbstbetrug wenn Leute meinen, sie stünden vor Gott und Menschen tadellos da, indem sie ihren Lebensunterhalt als christlicher Priester oder Prediger verdienen, auch wenn sie nicht leben was sie lehren.

Mormonen sind in ihren Herzen Pazifisten, obwohl sie nicht widerstandslos hinnehmen, wenn Unrecht und Gewalt unter ihren Augen geschieht.

Mormonen wissen, dass es ihnen gar nichts nutzt, Mitglieder ihrer Kirche zu sein, wenn sie nicht tun was sie für richtig erkannt haben.
Männer spielen im Plan Gottes grundsätzlich dieselbe Rolle wie Frauen, beide sind absolut gleich. Aber sie nehmen gelegentlich andere Plätze ein. Die Frau trägt die Rolle der Mutterschaft, die sie mit der ganzen Welt  verbindet, die Männer tragen, wenn sie sich nicht unwürdig machen, das Priestertum des selbstlosen Dienens. 

Avard Fairbanks Bildhauer und Leiter einer "Mormonen"gemeinde um 1930, zeigt das Ideal einer Familie in der die Ehefrau eine erhöhte Stellung einnimmt.

Da ist vieles anders:

die Art der Gottesdienste in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage läßt nicht zu, dass Feierlichkeiten für wichtiger gehalten werden, als das entschlossene Bemühen jedermanns, Wahrheit und Licht in sich aufzunehmen.

Niemals darf ein Mitglied dieser Kirche irgendeine Behauptung von Rang ungeprüft hinnehmen.

In anderen Kirchen ist den Exponenten bedauerlicherweise erlaubt die eigenen Spekulationen als wahr zu verbreiten, obwohl sie nicht selten der Vernunft und den Tatsachen widersprechen. Wäre es nicht so, stünden in Presseberichten, Artikeln und Büchern nicht so häufig und unwiderrufen  Lügen über andere kleinere Gemeinschaften geschrieben.

Obenan steht bei den "Mormonen", dass sie zu lernen haben, ihre Gedanken rein zu halten. Unsere Fantasie spielt große Stücke, aber wir haben ihr vorzuschreiben was gespielt wird. Taste nie die Würde des anderen an, auch nicht in Deinen Gedanken! Das zu erlernen, eben weil es nicht Teil unseres DNS-Erbes ist, ist Mormonismus.  

Ein Mormone weiß, dass er das nicht ohne göttlichen Beistand leisten kann. Deshalb nimmt das innere Gebet in seinem Leben erheblichen Raum ein. Darin allerdings stimmt er mit allen anderen aufrichtig bemühten Christen überein. Damit sind wir wieder gleich und ganz und gar Teil aller anderen Kinder Gottes.

Wir haben allesamt einzugestehen, dass es Menschenrecht ist, sich irren zu dürfen.

Muss etwas falsch sein, nur weil es anders, als das Dir gewohnte Bild von "Kirche" ist?



Donnerstag, 4. Dezember 2014

In diesen heil'gen Hallen kennt man die Rache nicht!



Sarastro der Hohepriester der Isis und Osiris, versinnbildlicht in der Mozartoper „Die Zauberflöte“ auch den göttlichen Geist in der Seele des Menschen.“ Verwirrtes und böses Menschendenken und –trachten will er heilen. Unglückliche zu Höherem lenken. Die Hassvollen mögen in sich gehen. Sie werden erkennen, dass das Spinnen von Intrigen sich letztlich gegen sie selbst richtet.  Kraftvoll verteidigt er die Wahrheiten und Tugenden die der Tempel Gottes repräsentiert. Am Ende des Dramas steht Sarastro auf den Stufen des Tempels. Er prophezeit den schließlichen „Triumph der Mächte des Lichts über die Mächte der Finsternis“
Seine Botschaft ist die der Mormonentempel:
In diesen heil´gen Hallen kennt man die Rache nicht!
Und ist ein Mensch gefallen, führt Liebe ihn zur Pflicht.
Dann wandelt er an Freundes Hand vergnügt und froh ins bessre Land.
In diesen heil´gen Mauern, wo Mensch den Menschen liebt,
kann kein Verräter lauern, weil man dem Feind vergibt.
Wenn solche Lehren nicht erfreun, verdient nicht ein Mensch zu sein.“
        

  http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/8/88/Freiberg_Tempel.JPG
Freibergtempel der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage
                        

Mittwoch, 3. Dezember 2014

10 Minuten Papstgeschichte



(1) Zehn Minuten Papstgeschichte

Unter dem Schutz römischer Legionäre, die das Raubgut ihres Staates sicherten, wuchs die römisch-katholische Kirche nach dem 1. Ökumenischen Konzil, 325, bis Ende des 4. Jahrhunderts rasant. Gefördert wurde sie zudem durch eine, 380,  vom Staat erlassene, rigorose „Ein-Parteien-Gesetzgebung“. 

Allerdings gedieh auch die byzantinisch-katholische (griechisch-katholische) Kirche als arianische Variante des Christentums im Bereich der heutigen Türkei. So auch im syrisch-aramäischen Raum und auf dem Balkan nördlich der Donau. In der Geschichtsschreibung wird noch zu wenig beachtet, dass das arianische Christentum von den römisch orientierten Christen zu Unrecht als häretisch bezeichnet wurde. Mit diesem Irrtum räumt die vergleichende Religionswissenschaft auf (u.a. Thomas Hägg "Kirchen und Ketzer" 2004).
Daraus folgt, die Notwendigkeit der Umschreibung und weitgehende Korrekturen nahezu aller Kirchengeschichtswerke zum Thema "von der Alten Kirche zur Reichskirche", die wie auf der Hand liegt, allzu leichtfertig und unbegründet bis zur Stunde von der arianischen Häresie sprechen. 
Historiker SJ Hertling sagt es indirekt: der Vorgang dieser "Häretisierung", besser gesagt, der Akt gnadenloser Bekämpfung aller anders als katholisch glaubenden,  erschütterte die antike Welt".
Präziser wäre es zu bekennen, dass der zuletzt mit militärischen Mitteln erfochtene "Sieg" der sogenannten Orthodoxen den Zusammenbruch der gesamten Kulturlandschaft zwischen Alexandria und Rom verschuldet hat. Fast im Vorbeigehen zertrat das nachnicänische "Christentum" den Hellenismus. Vor ihm lagen Oasen der Freiheit und der Bildung, hinter ihm vernichtete Hochschulen. Und Rom, einst eine blühende Millionenstadt sah, nach Belisars Mordzug, im Auftrage des "christlichsten aller Kaiser", Justinan I.,  den bombardierten Städten des Deutschlands  von 1945 sehr ähnlich.

Die erforderliche Korrekur hat den Ergebnissen moderner Geschichtsforschung zu entsprechen. Es muss geschrieben stehen, dass in Nicäa, 325, die bis dahin kleinen Meinungsverschiedenheiten  bewusst aufgebauscht wurden. Da erst wurde die Kirche in Arianer und Athanasianer  gespalten. Dass die Arianer im Verlaufe der Zeit Boden verloren, hängt damit zusammen, dass gewisse römische Bischöfe  zur Alleinherrschaft drängten.

Osteuropäer, vor 1950 geboren, wissen aus trauriger Erfahrung, dass und wie es funktioniert. Nachdem die ärgsten Diktatoren des 20. Jahrhunderts infolge ihrer Propaganda zur Allmacht gelangten, nahmen sie auf niemanden und nichts mehr Rücksicht. Hitler verbot wie Lenin oppositionelles Denken und Handeln. Dieses hassenswerte Muster verlieh bereits in der Antike den Päpsten, wie den frommen Gewaltherrschern anderer Jahrhunderte absolute Macht. Man hatte bald, unter Androhung von drakonischen Strafen, hier römischer Katholik zu sein, und dort Naziunterstützer oder jenseits gewisser Staatsgrenzen Kommunist bzw. Kommunistenfreund.

Diejenigen, die wie der athanasianische Ambrosius von Mailand (339-397) als Christen in politischer Verantwortung standen, wünschten und förderten dieses willenbrechende System zwar in guter Absicht, aber mit schlimmsten Folgen nicht nur für Europa. Sie beabsichtigten der Gefahr der Zersplitterung der Kräfte ihrer Kirche entgegen zu wirken. So dachten auch diejenigen die Päpste werden wollten, wie Damasus von Rom (366). Ihnen machte es nichts aus, wie viele  Prinzipien Christi sie auf ihrem Weg zum Höhenflug unter ihre Füße trampelten. Die Freiheit und Würde der anderen bedeutete ihnen wenig oder nichts. Gegen alle Vernunft hielten sie sich für „rechtgläubige“ Christen, gleichgültig ob sie selber Dokumente fälschten oder Falsifikate und Legenden zu Gunsten ihrer Interessen nutzten.

Zugegeben, seit der ersten Stunde des Christentums verlangten die Umstände nach einer ordnenden Hand, aber niemals nach selbstherrlichen Bonzen. Nach Christus war Petrus der Mann der Autorität. Wer kam nach Petrus? Hätte es nicht Johannes, sein Mitapostel, sein müssen, ein Mann mit Herz, Verstand und reiner Güte?

„Irenäus sagt: Johannes habe in Ephesus noch bis in die Regierungszeit von Trajan – er amtierte 98–117 n. Chr. – gelebt.“ Wikipedia:  Irenäus von Lyon: Adv. haer.; II, xxii, 5

Die Papstliste beachtet diesen Fakt nicht. Sie übergeht ihn. Sie zählt Petrus zutreffend als Nummer eins. Dann folgt, statt Johannes, Linus (64-79). Sein angeblicher Nachfolger sei Anaklet gewesen (79-92). Nach ihm tritt Clemens an. Er soll Papst von 92 bis 101 gewesen sein.

Die kirchenamtliche Aufzählung  bemerkt allerdings: Linus Historizität ist nicht gesichert. Dasselbe bei Anaklet. Clemens  „Position in der angeblichen Papstliste ist nicht gesichert." So geht es weiter:
Nirgendwo gibt einen Hinweis darauf, dass diese Leute mehr, als bestenfalls Leiter kleiner Gemeinden innerhalb der Weltstadt gewesen sein könnten. Bis zum 3. Jahrhundert war der Titel „Papst“ die Ehrenbezeichnung für alle Bischöfe. Noch im 4. Jahrhundert war der
„Bischof der Leiter einer lokalen Gemeinde, die teils weniger als 20 Personen umfasste... Unterstützt wurde er von einem Gremium von Ältesten und von Diakonen.“ (Wikipedia)
Wer jemals an einem heißen Sommertag in Rom war, weiß, dass allenfalls zehn Kilometer Fußmarsch zur nächsten Gemeinde für eine nicht wohlhabende Familie zumutbar gewesen sein könnten. Es muss also um das Jahr 100 mindestens zehn Gemeinden gegeben haben und damit zehn Bischöfe.
„wir wissen aus Optatus, dass um das Jahr 311 einige 40 Basiliken (Gemeinderäume G.Sk.) in Rom waren“ Johann J. Ignaz von Döllinger „Hippolytus und
                Kallistus“

„Selbst in Rom ... mit dem absolut größten Anteil von Christen an der Bevölkerung lässt sich bis heute kein einziger christlicher Versammlungsort für die Zeit vor der konstantinischen Wende (um 325) nachweisen .... "  Christoph Müller, Inaugural Dissertation Albert-Ludwig-Universität in Freiburg „Kurialen und Bischof...“ 2003, S. 13
Wie primitiv noch die Gotteshäuser im Anfang des III. Jahrhunderts waren, können wir am besten aus dem Bericht des Lampridius, vita Alex. 49, g entnehmen. Danach bewarben sich unter Alexander Severus (im Jahr 230) die Christen um einen öffentlichen Raum, auf den nur noch die Garköche Anspruch erhoben.“ Jungklaus, Full Text of: „Die Gemeinde Hippolyts ...nach seiner Kirchenordnung"

Uns liegt eine in jeder Hinsicht fragwürdige Papstliste vor, die lückenlos wie eine Ankerkette ausschauen soll. Doch, dieses Bild stimmt nicht mit der Wirklichkeit überein. Es zeigt, wie es gemäß katholischen Vorstellungen hätte sein sollen, um den Anspruch des Vatikans die Kirche Christi zu repräsentieren zu rechtfertigen. Diese Rechtfertigung ist eine Illusion, die allerdings nicht die echten Verdienste derer schmälert die nach bestem Wissen und Gewissen christlich gehandelt haben.
Der Anker Christus und Petrus, also der Erlöser selbst, sowie der Präsident der Zwölf, sind da. Sie sind greifbar, - die nächsten Glieder dieser römischen Kette dagegen nicht, sie sind Luft. Namen stehen da, hinter denen sich bestenfalls Märchenerzählungen befinden, oft nur Lügen, die verniedlichend „Legenden“ genannt werden.

Ludwig Hertling, der mit Imprimatur des Vatikans schreibende Kirchenhistoriker gibt es unumwunden zu:

„Die zuverlässige Chronik beginnt für uns erst mit dem Todesjahr des Papstes Zephyrinus, 217.“ Geschichte der katholischen Kirche bis 1740“
„Gewiss, “ schreibt auch Prof. Hans Küng,
„das päpstliche Rom ist nicht an einem Tag erbaut worden. Aber zielstrebig und machtbewusst weiten die römischen Bischöfe des 4. und 5. Jahrhunderts ihre Amtsbefugnisse in Richtung Universalprimat aus. Die von ihnen erhobenen Ansprüche sind zwar ...ohne biblisches und theologisches Fundament, gingen aber dennoch im Lauf der Jahrhunderte per viam facti in das Kirchenrecht ein...
Noch für Augustinus „sind alle Bischöfe grundsätzlich gleich, dem Papalismus leistet er keinen Vorschub.“ Kleine Geschichte der katholischen Kirche“