Mittwoch, 30. Oktober 2013

Miterlebt: Ein Gottesdienst bei den "Zeugen Jehovas"

Ingrid hatte uns im Juni ein neues Auto gekauft, einen silbernen "Micra", und ich konnte ihn nicht genug lieben, musste ihn unbedingt ein paar Stunden lang durch die Gegend fahren lassen.
Da wir ohnehin geplant hatten nach Cairns zu gehen, das sind ca. 3 600 km, von unserem Platz aus, machten wir uns auf diesen Abenteuertrip, der wirklich abenteuerlich werden sollte und zwar mehr als uns lieb sein konnte.
Kurz, wir hatten uns entschlossen unser Dreimannzelt mitzunehmen falls uns danach zumute sein sollte, mal wie junge Leute zu nächtigen.
Zur Hinfahrt wählten wir von Merimbula aus, (das am Pazifischen Ozean liegt,)wo wir für ein paar Nächte eine Kabine gemietet hatten, die Inlandtour nach Brisbane.




Dann langten wir nach Unterbrechungen in Goondiwindi an, einem winzigen Grenzort zwischen New South Wales und Queensland. Wir mochten nicht mehr, buchten uns in ein kleines Motel ein und stießen sofort auf ein junges Ehepaar, das ebenfalls gerade angekommen war.
Am nächsten Morgen, einem Sonntag, machten wir uns näher bekannt.
Beide seien Mitglieder der Wachtturm-Gesellschaft, (Zeugen Jehovas) Missionare.
"Also seid ihr Pioniere?" fragte ich.
"Ja!"
"O, je, einhundertachtzig Stunden Dienst im Monat!"
"Nein, so viel  ist es nicht mehr, es wurde verringert!"
Brydee, charmant lächelnd, fügte hinzu: "Aber, wir lieben es!"

David würde heute im Königreichssaal (Kingdom Hall) eine Ansprache geben.

"Unsere Kirche ist zu weit weg. Dürfen wir mitkommen?"

Brydee und David vor dem Versammlungshaus ihrer Gemeinde.

Es war zum Teil, als kämen wir in eins unserer Gemeindezentren: keine Kreuze, sehr freundliche Leute,  (ungefähr 40) gute Gesichter, angenehme Atmospäre, schlichte Räume.
Niemand hatte etwas dagegen einzuwenden, dass Ingrid die beiden Aufnahmen, nach Versammlungsschluss, machte
Josua 1: 9 "Sei mutig und stark... Jehova dein Gott ist mit dir."

Davids halbstündige Ansprache hätte er, Wort für Wort, auch bei uns halten können:
"Wir haben unser Herz und unser Gewissen zu fragen ob wir in Übereinstimmung mit den Absichten Jehovas stehen."
Wir lobten David anschließend und fügten hinzu: "Wenn wir ernsthaft danach trachten Gottes Gebote zu halten und unser Gewissen verfeinern, dann bewegen wir uns in dieselbe Richtung. Wir stehen nicht gegeneinander!"
David nahm es hin. Er antwortete nicht.
Diese Freiheit stand ihm möglicherweise nicht zu.
Ich wusste und kannte Artikel seiner Organisation, z.B. in "Erwacht" vom 8. November 1995, die in recht scharfer Form "Mormonismus" verurteilten.
Natürlich es gibt viele Unterschiede. Kein Abendmahl, denn das dürfen nur diejenigen nehmen, die überzeugt sind zu den auserwählten 144 000 zu gehören.
In der Belehrungs- und Studienzeit im Anschluss ging es ähnlich zu wie bei uns, mit der großen Ausnahme, dass man gemäß der aktuellen Wachtturmausgabe den jeweiligen Kern der Antwort zu verwenden hat, exakt so wie er gedruckt vorliegt.
Ich hatte Ingrid gewarnt. Bitte nichts sagen was dadrin  nicht festgeschrieben steht. Brydee hatte uns ein Exemplar des Heftes überlassen. Es war von ihnen zuvor gewissenhaft studiert worden, denn das Wichtigste hatten sie markiert und man sah, dass dieses Papier mehr als einmal durch ihre Hände gegangen sein musste.
Jeden Sonntag ein neues.
 Was völlig anders als bei uns war: auch an diesem Tag in dem behandelten Thema und Lehrheft ging es um Jahreszahlen.

Zeugen Jehovas glauben, Jesus Christus sei 1914 unsichtbar wiedergekehrt.
Immer wieder sagen sie es.
Ich konnte mich nicht des Eindrucks erwehren, hier werde "brainwashing" betrieben

Eine Aussage im "Wachtturm" vom 1. November 1986 zeigt wie die Körperschaft der "Zeugen Jehovas" dieses Datum errechnet hatte:
 "Jesus sagte: ‚Jerusalem wird von den Nationen zertreten werden, bis die bestimmten Zeiten der Nationen erfüllt sind.’ (Luk. 21,24).
Wie lange sollten die dauern? Offensichtlich wesentlich länger als sieben buchstäbliche Jahre von jeweils 360 Tagen (wie die biblischen Jahre gezählt wurden) oder insgesamt 2520 Tage.
Biblische Präzedenzfälle zeigen uns, dass wir ein Jahr für einen Tag einsetzen müssen (4. Mose 14, 34 und Hesekiel 4, 6).
Nach dieser Berechnung beliefen sich die „sieben Zeiten“ auf 2520 Jahre. Wenn sie bei der Zerstörung Jerusalems im Jahre 607 v.u.Z. zu zählen begannen, endeten sie im Jahre 1914.“
 

Da ist ein weiteres Manko!
Selten erscheint der Name eines Artikelverfassers.
Selbst wenn in einer unserer Publikationen eine  persönliche Geschichte preigegeben wird und der Schreiber anonym bleiben möchte, wird ausdrücklich erwähnt, dass der Redaktion der Name bekannt ist.
Allerdings fand ich, in einem neueren  "Wachtturm" die Geschichte eines jungen bei seinem Namen genannten Exmormonen, unter der Überschrift
"Ich sollte mich selbst überzeugen, was die Wahrheit ist“
Erzählt von Luis Alifonso
"Ich hatte immer gedacht, das Buch Mormon und die Bibel würden sich ergänzen. Als ich mich dann mehr in die Bibel vertiefte, merkte ich, dass sie sich in Wirklichkeit widersprachen. In Hesekiel 18: 4 zum Beispiel heißt es in der Bibel, dass die Seele stirbt. Das Buch Mormon dagegen sagt in Alma 42:9, dass „die Seele niemals sterben kann“...
Wie die sonst durchaus ehrlichen und liebenswürdigen Mitglieder der Wachttiurmgesellschaft mit dem aktuellen Thema "Nahtoderfahrungen" umgehen, ist ihr Problem...
Ich bewunderte schon immer den Mut den sie aufbrachten, z.B. den Nazis aktiven Widerstand entgegenzusetzen.
Im Verlaufe meines Lebens hatte ich viele Begegnungen mit ihnen. (1)
Möge der Tag kommen, an dem die Ehrlichen und Liebenswürdigen aller Religionen zueinander finden.
Am 14. Oktober 2013, vier Wochen nach unserer Begegnung schrieben wir diesen Brief an unsere Bekannten, die aber bislang nicht geantwortet haben.
Dear David and Brydee,
Time fly's on wings of lightning, almost four weeks have passed since our most pleasant meeting with you and your Friends at the Kingdom Hall.
David, I would be most grateful if you would express a heartfelt thank you to the kind Brother who left the loading cable for my Computer (prepaid modem) at the Motel in Goondiwindi.
The recollections of our meetings with you are vividly impressed up on our minds, for most everything was familiar and correct. Most of all we loved the expressions on the faces of the People at your meeting. We beheld the same countenances of honesty and good will, even as we know them with the members of the Church of Jesus Christ of Latter Day Saints. There was no falsehood nor hypocrisy.
The fact that in the second half of your meetings (instruction time) on the parable of the Sower, all answers are already given as part of the lesson was something we are not used too. In our meetings answers are freely given by all who wish to do so. Thus encouraging personal effort to extract learning experiences. If views expressed are heading in a negative direction, as occasionally they will. The Teacher in charge will redirect them by saying: Thank you for your answer. Seldom are differences of opposing point of views settled in the classroom. For at all times the spirit of friendship and understanding needs to be upheld. Dear David we just loved your talk, we thought it a most excellent effort. It is so good to know that as long as People of Faith and Prayer follow the still small voice and the dictates of their conscience Loving Heavenly Father and their fellow man, they are, we are on that straight and narrow pass that will lead us back to our eternal home.
Sure there are differences in the teachings of our Faith. One of them most difficult for us to understand is the fact that People are so little interested to do as advised in the epistle of James first Chapter, fifth verse, which reads: " If any of you lack wisdom, let him ask of God, that give to all men liberally, and upbraideth not; and it shall be given him." And of cause the Idea that the Bible has all the words and revelations a loving Father in Heaven is permitted to deliver to his Children. For Jesus Christ, the Jehovah of the Old Testament himself tells us whilst delivering the Sermon on the Mount in Matthew chapter 7 verses 7-11 we need daily guidance, in other words the spirit of personal revelation and inspiration to see us through this mortal sphere.
Dear David and Brydee we would be happy to hear from you again. May our Heavenly Father bless you and keep you in the hollow of his hand.

With kind regards Gerd and Ingrid Skibbe.

Anmerkung:  zu (1)


1991 übte ich in Neubrandenburg mein Amt als CDU Kreissekretär aus. Neben unserem Büro lag das des "Weißen Ringes", einer Anlaufstelle für Gewaltopfer. Ihr Leiter war Herr Coswig, ein hoch aktiver "Zeuge", der im Gefängnis zur Stalinzeit in einer Badewanne getauft wurde und mit dem ich 1971 die Vereinbarung getroffen hatte, wir werden uns in meinem Heim regelmäßig und solange treffen, bis er oder ich die Religion wechseln.
Ich verlor gleich die erste Runde. Mir war nicht möglich aus der Bibel zu beweisen, dass Jesus der Jehova des Alten Testaments ist.
Die nächsten zehn oder mehr Runden gewann ich.
Prof. Dr. Manfred Taege ein international bekannter Meeresbiologe und Atheist war einmal dabei und bekannte danach er hätte nicht mit diesem hohen Niveau gerechnet. Dann hätte er sich eine Bibel gekauft, erfuhr ich später. 
Vor allem die Fragen nach fortlaufender Offenbarung und Notwendigkeit göttlicher Inspiration die von Zeugen Jehovas als "nicht mehr notwendig" betrachtete würden und die Frage nach der Legitimation vor und von Gott machten die überaus belesenen "Zeugen" enorm verlegen.
Kurz gesagt, Herr Coswig brach mehr als ein Jahr später an jenem Tag ab, als ich im Nachhinein die erste Runde gewann...
Nun stand ich ihm 20 Jahre danach im CDU Haus plötzlich wieder gegenüber:
"Herr Coswig, sie müssen diesen Stuhl nicht unbedingt behalten. Wir haben in Demmin eine betagte Dame namens Eggert, die einmal Mitglied ihrer Körperschaft war. Aus ihren Gründen schloss sie sich der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage an, wurde dafür aber in der Öffentlichkeit, auf der Straße, von ihren Mitgliedern beschimpft, sie sei eine (geistige) Hurerin. Ein junger Mann nahm sich eine weitere Frechheit heraus... Ich erwarte von ihnen, dass dies nicht wieder vorkommt!"
Am folgenden Sonntag hatte Erika, meine Frau, Schwester Eggert zu Tisch eingeladen.
Plötzlich,während sie Platz nahm, lachte die kluge Frau auf: "Wissen sie, Bruder Skibbe, die Demminer Zeugen Jehovas sind plötzlich so freundlich zu mir".

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