(2) Sorry, Eure Heiligkeit keine Lorbeeren für Ganoven
Im
Sommer 2010 las ich das Straßenschild 18, St.
Kyrillos
Place, direkt neben der koptischen Kirche, in Narre Warren, einem
Vorort Melbournes.
Ingrid
und ich waren eingeladen worden an einem Treffen einer australischen
Interfaith-Group teilzunehmen.
Draußen
standen, auf uns wartend, zwei bärtige, schwarzgekleidete Priester
mit dem typischen, großen Kreuz auf ihrer Gewandung. Beide etwa
40jährig, hießen uns herzlich willkommen. Meine (dumme) Frage, ob
sich der St. Kyrillos Place auf den antiken Patriarchen Cyrill von
Alexandria beziehe, beantworteten sie mit freundlichem Lächeln und
Kopfnicken, sowie einer brüderlichen Umarmung.
Irgenwie
schien mir, dass ich gespalten war.
Einesteils
herzbewegend erfreut über soviel Freundlichkeit, standen mir
anderenteils die Haare zu Berge.
Nun,
dieser Cyrill von Alexandria, der 431 das Konstantinkreuz in die
Kirche trug, war ein Faschist – oder sollte ich sagen, er war ein
Antichrist?
Wie kann ein Christ wagen einem Antichristen einen Lorbeerkranz aufzusetzen?
Lasst
mich eine kleine wahre Geschichte erzählen:
1994
betreuete ich, als Anstaltsbeirat, u.a. einen 25 jährigen Neonazi
der wegen Totschlags in der JVA Neustrelitz einsaß, verurteilt zu
acht Jahren Haft.
Er
war ein reueloser Totschläger.
Eines
Tages bekannte er mir: „In der letzten Nacht haben wir den
Geburtstag Rudolf Hess (1894-1987) gefeiert.“
Solange
man nicht weiß, dass Rudolf Hess der Stellvertreter Adolf Hitlers
war, rührt es nicht.
Mehr:
Heß war jemand der Hitler zu dem machte, was er dann bewies.
Nur einen Augenblick lang war ich schockiert. „Wir haben gefeiert?...“ Wer ist wir? Wieviele von den Häftlingen?
Ich
fragte nicht, mein Gegenüber hätte mir nie die Wahrheit gebeichtet.
Ich
hätte es wissen müssen.
Es
gab ihn noch in Deutschland, den gemeinen Antisemitismus!
Wikipedia Rudolf Heß, (1894 - 1987) |
„Diese Selbstdisziplin, diese Kameradschaftlichkeit!“ lobte mein Gesprächspartner. Hess habe sich letztlich gegen Hitler gewandt, als er im Mai 1941 den wagehalsigen Flug nach Schottland unternahm um dort mit Churchills Gegenspieler Lord Douglas-Hamilton Verhandlungen über ein Bündnis zwischen Großbritanien und Hitlerdeutschland zu sprechen. Hess hätte vorschlagen wollen, dass die britischen und deutschen „Germanen“ gemeinsam gegen den „jüdischen Bolschewismus, in einem Feldzug gegen die Sowjetunion vorgehen sollten...
- dass Rudolf Hess persönlich an der „Ausformulierung der Nürnberger Rassengesetze“ (Logerich) teilgenommen hatte,
- dass Hess die Auslöschung der jüdischen Rasse betrieb, ließ der Totschläger nicht gelten,
- dass Hess die Juden für den Ausbruch des 2. Weltkrieges für verantwortlich hielt und so alle persönliche Schuld weit von sich wies, war für den idealisierenden Neonazi irrelevant.
(Und ich wette, es gibt gegenwärtig nicht wenige kernige Deutsche, - und nicht nur Deutsche - die sagen, „wäre Rudolf Hess Plan aufgegangen, dann wäre alles ganz anders gekommen, dann wäre der Kommunismus ein für allemal und mit ihm das Problemvolk Israel vom Erdboden verschwunden.)
Rudolf
Hess und Cyrill von Alexandria (dem ägyptischen Ort) wo
kurioserweise Hess geboren wurde, dürfen niemals von irgendwem
unwidersprochen verehrt werden, - auch nicht von einem Papst - weil
sie zuviel auf dem Kerbholz haben und volksverdummende und
-verhetzende Geistesbrüder sind!
„ius
respicit aequitatem“, „Das
Recht achtet auf Gleichheit.“
Des Papstes Recht ist nicht größer als das eines Sträflings. Es ist nicht erlaubt einen der Volksverhetzung, der Machtverherrlichung und der Judenverfolgung überführten Täter als gut hinzustellen.
Das
Gleichheitsgesetz kommt aus der Lehre Christi: vor Gott sind wir
alle gleich.
Mir
liegt es völlig fern irgendwelche Menschen die von und in ihren
Träumen leben vorzuschreiben, was sie zu lieben haben, oder gar
Papst Benedikt XVI., und den koptischen Priestern die ihren Glauben
leben und für ihn eintreten, irgendwie zu kränken.
Aber
ich fragte mich schon, als ich meine "Sitzung" in der
koptischen Kirche mit der in der Justizvollzugsanstalt Neustrelitz
verglich: was wissen die "Heldenverehrer" von ihren Idolen?
Ich
fragte mich: was wisst ihr von Cyrill?
Steht Ihr hinter ihm?
Natürlich standen sie hinter und zu ihm, wie sich aus dem anschließenden Gespräch im Gemeindesaal der koptischen Kirche, ergab. Immerhin ist Cyrill von Alexandria der wichtigste Vater ihrer Kirche.
Wie
mit Hermann Göring, Rudolf Heß, usw. ist es mit Cyrill, dem
Patriarchen von Alexandria. Solange lange man nicht weiß, dass
dieser grimmige Herr, ein Antisemit ersten Grades und nicht
geringerer Verletzer der Menschenrechte als Rudolf Hess und ein
rücksichtslos polemisierender Kirchenpolitiker war, rührt es kaum
jemanden, wen der Papst lobt.
Die
Zeit ist vorbei, dass wir uns mit Märchen abspeisen lassen.
Nächstes Mal schauen wir etwas genauer hin und werden uns erneut fragen: Was ist die historische Wahrheit?
Die Wahrheit suchen wir und nichts als die Wahrheit.
Dr.
Fendt, der ehrliche katholische Kaplan, kam der geschichtlichen
Wahrheit wohl am nächsten... das wird sich zeigen.
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