Freitag, 22. Juni 2012


Offener   Brief an Herrn Dr. theol. Lothar Gassmann
(im Internet unter meinem Blog)


Sehr geehrter Herr Dr. Gassmann


Ihr Artikel: “Immer unglaublicherer Absturz der Ev. Allianz: Evangelikale und Mormonen bald gemeinsam?” startet mit einem Statement, das sachlich, logisch und emotional begründet einige Fragen aufwirft.

Sie, sehr geehrter Herr Dr. Gassmann, sagten:
Liebe Geschwister,
schlimmer konnte es gar nicht kommen. Aber jetzt weiß ich wenigstens, warum ich kein Sektenbeauftragter mehr bin: Weil es keine Sekten mehr gibt!
Aber ganz im Ernst: Nachdem sich die Evangelische Allianz in den letzten Jahren schon für Katholiken, Adventisten und alle möglichen charismatischen und "apostolischen" Gruppen geöffnet hat, geht sie jetzt sogar auf die Mormonen zu.
Das Wesen der großen babylonischen Vermischung (Offb. 17) tritt immer deutlicher hervor.
Dabei geht aus den Schriften der Mormonen ganz eindeutig hervor, dass sie keine Christen, sondern Polytheisten sind (sie glauben an viele Götter; Mormonen werden sich zur Götterstufe höherentwickeln; die Götter seien höherentwickelte Menschen). Dies ist reiner Spiritismus und Gotteslästerung!...“
Sehr geehrter Herr Dr. Gassmann, Sie verblüffen mit offenkundiger Ahnungslosigkeit.
- denn der anerkannte Schiedsrichter der Urkirche Origenes (185-254) lehrte:

... Manche schätzen nicht, was wir sagten, indem wir den Vater als den einen wahren Gott hinstellten und zugaben, dass andere Wesen neben dem wahren Gott Götter werden konnten, indem sie an Gott teilhatten.Origenes Kommentar zu Joh.: 3:2 bei Wikipedia unter Arianismus
  • Adolf von Harnack, evangelischer Toptheologe stellte bereits vor 100 Jahren fest:
    ... Der Gedanke der Vergottung (des wahren Nachfolgers Christi) ist der letzte und oberste gewesen; nach Theophilius, Irenaeus, Hippolit und Origenes findet er sich bei allen Vätern der alten Kirche, bei Athanasius, bei den Kappadoziern, Appolinares, Ephraim Syrus, Epiphanius u.a„ Dogmengeschichte“, Mohr-Siebeck, 1990 S. 46
Kaum zu gauben, dass Sie das nicht wissen sollten.
Ihnen ist auch bekannt, dass der Text des Athanasianums zugibt: „...wie uns die christliche Wahrheit zwingt, jede Person einzeln als Gott und Herrn zu bekennen, so werden wir durch den katholischen Glauben daran gehindert, von drei Göttern zu sprechen...“
  • Was uns unterscheidet, Herr Dr. Gassmann, ist unser 11. Glaubensartikel:
    Wir erheben Anspruch den allmächtigen Gott nach den Eingebungen unseres Gewissens zu verehren und wir gestehen allen Menschen dasselbe Recht zu, mögen sie verehren, wen oder was oder wie sie wollen.“
    Wir würden uns niemals erlauben, Sie oder Ihre Glaubensweise zu attackieren - es sei denn Ihre Anmaßung -.
    Sie hingegen, Herr Doktor, versuchen uns zu diskreditieren, weil wir uns erlauben, der Schrift mehr Gewicht beizulegen als dem Wort und Willen des Vaters des Nicänums, des mörderischen Imperators Konstantin, zumal der Kern des Nicänums den Bischöfen in Nicäa aufgenötigt wurde.
  • seitens des Kaisers Konstantin wurde mit Drohungen und Ankündigung von Repressalien gearbeitet. Jeder Bischof wird einzeln vorgenommen. Ihm wird das Bekenntnis (das Nicänum) vorgelegt und er wird zugleich vor die Alternative gestellt, entweder zu unterschreiben oder in die Verbannung zu gehen... in Nicäa wird auch die Kirchenorganisation in die Organisation des Reiches eingepasst. Folgerichtig wurden alle in Nicäa gefassten Beschlüsse zum Reichsgesetz erklärt.“ Rudolf Leeb „Konstantin und Christus“ – die Verchristlichung der imperialen Repräsentation, Walter de Gruyter, 1992, S. 154  
Noch mehr als dreißig Jahre später lehnen die Homöusianer das nicänische „homousious“ unter anderem ab, weil Konstantin in Nicäa der Unterschriften der Bischöfe mit Gewalt erzwungen hatte...“ H. Chr. Brennecke „Ecclesia in republica“ Theologiegeschichte, de Gruyter S. 47, 48, 30

Herr Doktor Gassmann, Sie tun so, als entspreche der „christliche“ Monotheismus dem Lehrgut Christi und als hätte dieser sinnwidrige Gottesglaube der Menschheit nichts als Wohltaten beschert. Doch gewiss ist, dass das nicänische Bekenntnis die Urkirche ruinierte.
Namhafte Persönlichkeiten, wie Bischof Basilius, Teilnehmer des 1. ökumenischen Konzils 325, zu Nicäa, ... verglichen die nachkonziliare Situation sogar mit einer Seeschlacht in der Nacht, in der sich alle gegen alle schlagen, und er meinte, infolge der konziliaren Dispute herrsche in der Kirche eine „entsetzliche Unordnung und Verwirrung“ und ein „unaufhörliches Geschwätz.“ Bischof Koch, kath. Pfarrblätter, vom Oktober 2008

Irenäus stellt das Gottsein von Sohn und Geist klar heraus, „beiden kommt ein personales Sein zu, da sie gemeinsam mit dem Vater handeln.“ www. dogmatic. Uni-Bonn, informiert S. 145: „Die vornizäische Theologie“, 2009
Das Joseph-Smith-Zitat:

Gott war einst ein Mensch und der Mensch kann wie Gott werden“
hat seine Entsprechung bei Athanasius:

Papst Benedikt XVI. Vatikan, Generalaudienz, 20. Juni 2007:

...der Kern der Inkarnationslehre des Athanasius lautet: „Christus, das Göttliche Wort, „wurde Mensch, damit wir vergöttlicht würden...“
- Bei Luther klingt das ähnlich:  
Nikolai Krokoch zitiert Tuomo Mannermaa der darauf verweist, dass das Wort der Theosis (deificatio) öfters bei Luther vorkommt als der Hauptbegriff seiner während der berühmten Heidelberger Disputation (1518) formulierten Heilslehre nämlich die theologia crucis. „Wenn in Luthers Epistelkommentaren und Weihnachtspredigten die inkarnatorische Wahrheit auf besondere Weise zum Ausdruck kommt, dann meint er ähnlich wie die orthodoxe Heilslehre die reale Teilhabe an der Gottheit Jesu: ,,Wie das Wort Gottes Fleisch geworden ist, so ist es gewiß notwendig, daß auch das Fleisch Wort werde. Dann eben darum wird das Wort Fleisch, damit das Fleisch Wort werde. Mit anderen Worten: Gott wird darum Mensch, damit der Mensch Gott werde. Also wird Macht machtlos, damit die Schwachheit mächtig werde. Der Logos zieht unsere Form und Gestalt, unser Bild und Gleichnis an, damit er uns mit seinem Bilde, mit seiner Gestalt und seinem Gleichnis bekleide. Also wird die Weisheit töricht, damit die Torheit Weisheit werde, und so in allen anderen Dingen, die in Gott und in uns sind, sofern er in all dem das Unsere annimmt, um uns das Seine zu vermitteln.“ Luther nimmt hier den Vergöttlichungsgedanken des Hl. Kirchenvaters Athanasius auf…” Tuomo Mannermaa “Luther und Theosis”, Band 1 Veröffentlichungen der Luther-Akademie Ratzeburg, Helsinki/Erlangen 1990, S. 11: “Theosis als Thema der finnischen Lutherforschung…

Der „christliche“ Monotheismus, dem Sie, Herr Dr. Gassmann, vehement das Wort reden, gezwängt in das Korsett des „nicänischen Bekenntnisses“, hat seit seiner Verkündung 325 nichts als Verwirrung, Streit, heftigste Verfolgung der Arianer und ihrer Splittergruppen und schließlich Mord und Totschlag verursacht. Er führte zur physischen Ausrottung der Goten und damit zur fast vollständigen Eliminierung des Arianismus (in dem das angeblich freimaurerisch-mormonische Tempelritual seine letzte Heimstatt gefunden hatte, siehe die Mosaike in Ravenna).
  • dass Kaiser Theodosius I., 380, unter Anstiftung Ambrosius von Mailand das gnadenlose Gesetz „Cunctos populos“ in Kraft setzte, um den sogenannten „christlichen“ Monotheismus zum „Sieg“ zu führen, gehört zu den schändlichsten Ereignissen der Weltgeschichte. Es legte den Grund für die Inquisition...
  • dass, 385, auf der Basis dieses Gesetzes zum Glaubenszwang die heute als völlig unschuldig dastehenden spanischen Bischöfe um Priscillian enthauptet wurden, liegt als Last auf den Schultern aller Verteidiger des Nicänums.
  • Das Buch Mormon warnt ausdrücklich davor zu diffamieren und Andersgläubige unter Druck zu setzen. Es warnt davor, sich in der Hoffnung zu wiegen, die Gnade Christi werde es schon richten.
  • Unbereute Sünden“ werden vor dem Stuhl der Gerechtigkeit Gottes nicht vergeben.
    Nur die wahrhaft Bußfertigen haben Anspruch auf die Barmherzigkeit Christi.“ Buch Mormon Alma Kap 39-42
Noch ein Wort zu Ihrem Thema „Spiritismus und Gotteslästerung“:

Gotteslästerung ist, den Titel „Geschichte des Christentums“, auch auf die nachnicänische Zeit anzuwenden. Was nach Nicäa auf unsere Vorfahren kam, das war reiner Konstantinismus.

Mir bleibt nur, einer mutigen Katholikin zu danken:

Ana Maria C.M. Jorge von der portugiesischen katholischen
Universität (UCP) schrieb unter dem Titel “The Lusitanian
Episcopate in the 4th Century. - Priscilian of Ávila and the Tensions
Between Bishops”:
Priscillian helps us to achieve a better understanding of the Christianization process and the orthodox/heterodox debate in late antiquity. …Against a background ofthe progressive “Constantinization” of the church, bishops become key figures who centralize the main forces of the day. … The confrontation between rival Christian communities – Priscillianist and Nicean Catholicism – reveals an important facet of the position adopted by Christians in their relations with civil authorities, as well as the close ties between Christianity, the top of the ecclesiastical hierarchy and the Empire. It also gives a clear picture of the work of the bishop of a city in antiquity, in which the emphasis was on the militant view of the kerigma...“


Allemal versöhnlich


Ihr Gerd Skibbe





Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen