(2) Die Unterschiede zwischen
Mormonen und Christen
Freiheit des Glaubens
und Legitimationen
Beklemmend wirken auf
Mormonen die (groß)-kirchlichen Lehren und Praktiken zu
Glaubensfreiheit und der Handhabung von Legitimationen, in
Vergangenheit und Gegenwart.
Das sind, meiner eigenen Erfahrung nach, Aspekte die im Denken
der meisten Gläubigen so gut wie keine Rolle spielen.
Mormonen unterscheiden
sich vom Hauptstrom der Christen darin, dass Letztere sich selten um
den Wahrheitsgehalt ihrer Religion kümmern. Das sei Sache der
Theologen. Dies betrifft vor allem Anglikaner, Katholiken und die an
Luther orientierten Protestanten.
Mormonen dagegen
stellen sich sofort quer, wenn sie entdecken, dass ein bisher
entgangenes Detail der recht umfangreichen Lehre ihrer Kirche ihrem
Verständnis widerspricht.
Alljährlich ziehen sich
deshalb tausende Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der
Letzten Tage in die Untätigkeit zurück. Solange es sich um sittliche
Gründe handelt wäre das normal, denn nicht jeder erträgt die
Beschränkungen gerne die ihm seine Kirche in bezug zum eigenen
Lebensstil auferlegt, nämlich die strenge Sexualdisziplin, die
ständige Aufforderung sich in ihrer Kirche zu engagieren, den
zehnten Teil ihres Einkommens herzugeben, auf Alkohol, sowie andere
Drogen und Sonntagssport zu verzichten.
Oder, sogar heimgekehrte
Missionare fallen von der Kirche Jesu Christi der HLT ab, weil ihnen
Praxis und Lehre zunehmend suspekt erscheinen, oder wenn der Druck sich
unentwegt selbst beherrschen zu sollen, als zu groß empfunden wird.
Dass dagegen jemand nicht
mehr evangelisch sein will, weil ihm z.B. Luthers
Rechtfertigungslehre partout nicht einleuchten will, habe ich noch
nie gehört.
Mormonen aller
Altersgruppen stoßen sich gelegentlich an Zitaten ihres sehr breiten
Schrifttums. Einige unserer Mitglieder, durch ihre kirchliche
Erziehung gewohnt konsequent zu handeln, schließen sich deshalb
selbst aus, oft nur wegen kleiner Verständnisschwierigkeiten.
Dabei sind die
vergleichbaren Probleme die sich einem - kritisch nachdenklichen -
Christen stellen, unvergleichlich schwieriger, doch selten werden Schlussfolgerungen gezogen.
Mormonen stellt sich die
Frage: Wie kann jemand evangelischer oder katholischer Christ sein
und bleiben, sobald er sich mit den Fragen nach göttlicher
Legitimation der eigenen Geistlichen befasst?
Eigentlich müsste jedem
Christusgläubigen klar sein, dass Jesus Christus an den Gebrauch der
von ihm ausgehenden Legitimation, in seinem Namen zu handeln, die
unbedingte Liebe und Gehorsambereitschaft zu seinem
menschenfreundlichen Gebot knüpfte.
Ehe Christus die Erlaubnis
gab, Hirte zu sein, fragte er Petrus:
„Liebst du mich?
Bevor du die Lehre von der
Gewaltlosigkeit und der Feindesliebe nicht verinnerlichst, darft du
seine Herde nicht hüten.
Wenn du meinst, man dürfe
den Begriffsstutzigen in die richtige Richtung zwingen, bist du ein
Gegenspieler Christi, des Erlösers von aller Unfreiheit.
Erst nachdem Petrus
dreimal bejahte was von ihm verlangt wurde, erhielt er den Auftrag:
„Weide meine Lämmer!“
Niemals wurde auch nur
angedeutet, dass jemand Pfarrer oder Pastor (Hirte) der Wölfe sein
soll oder darf.
Niemand der sich den dazu
gehörenden Fragen je gewissenhaft stellte, könnte - vom
mormonischen Standpunkt aus betrachtet - zugleich guter Christ und
Bewunderer des Papsttum sein, denn er kann nicht von sich weisen,
dass dieses kirchentragende Element, von Machtmenschen, gewaltsam und
absolut lieblos in die antike Gesellschaft hineingepresst wurde.
Niemals verträgt sich
Machtsucht mit dem Denken eines Menschen in der Nachfolge Christi.
Wie ein roter Faden zieht sich diese Lehre durch das Neue Testament.
Andererseits beschrieb das
Mitglied der Ordens der Jesuiten, Ludwig Hertling, mit Imprimatur des
Vatikans, den unverzeihlichen Vorgang der Niederknüppelung des
freien Menschenwillens am Beispiel des Templerordens:
„Der Untergang der
Templer ist einer der größten Skandale, den die Kirchengeschichte
zu verzeichnen hat...sie mussten schuldig sein, weil sie viel Geld
hatten... 1307 ließ König Philipp der Schöne von Frankreich,
in Übereinkunft mit Papst Clemens V.,
( - Christi Stellvertreter -) alle 2000 Templer
einsperren... die Hinrichtungen, kann man schwerlich als
Verwaltungsmaßnahmen bezeichnen, sie dauerten fort... zuletzt wurde
1314 ihr Großmeister Jakob de Molay, der bis zum Ende die Unschuld
der Seinigen beteuerte, verbrannt.“ (1)
Bild: Wikipedia: Verbrennung der Templer |
Wenn beispielsweise ein
Bankangestellter, seine Legitimation missbraucht, etwa um sich zu
bereichern, dann verlöre er sie, sofort nach Bekanntwerden, er wäre
ein unbrauchbares Glied der Bank.
Mormonen würden sich,
ihrer anerzogenen Denkweise wegen, umgehend von ihrer Kirche abwenden, wenn sie
zugeben müssten, dass sich in der Legitimationskette Christus –
Petrus... Joseph Smith – Brigham Young – John Taylor... Thomas S.
Monson ein morsches Glied befindet.
Anglikaner, evangelische
Christen und Katholiken kümmern sich so gut wie überhaupt nicht
darum, dass die Geschichtsforschung längst bestätigte, dass die
Legitimationskette (als die Annahme einer apostolischen Sukzession)
mehr als fragwürdig ist: und das nicht nur wegen des Mangels an
formaler Korrektheit.
Eine Verbindung zwischen
Christus – Petrus … bis zum heutigen Papst war von Beginn nicht
vorhanden, denn da gibt es nur erfundene Namen zwischen Petrus
(80-90) und Miltiades (310 -341), aber keine Dokumente.
Was das praktisch
bedeutet, dass da keine Verbindung vom Schiff (Kirche) zum Anker
(Christus) existiert, wäre für einen treuen Katholiken
unvorstellbar, deshalb verdrängt er das Problem aus Gründen seiner,
an sich, bewundernswerten Glaubenstreue.
Selbst wenn eine
lückenlose Kette da wäre, (Papst) Damasus (366-384) hätte sie
abreissen lassen, denn dieser Mann war ein Kriegshetzer und Anstifter
zum Massenmord, einer der seine „Legitimation“ verantwortungslos
missbrauchte um Karriere und Geld zu machen.
Selbst wenn es sich so verhalten würde,
dass gemäß offizieller Papstliste die Kette bis zur Zeitmarke 884
n. Chr. untadlig wäre, herrschte, von da an, das blanke Chaos, und
das nicht nur, weil es keine Aktenführung gab:
„Es waren nur
mehr Raufhändel der römischen Familien, die (im 9. und 10. Jahrhundert) ihre Mitglieder zu
Päpsten machen und die von anderen Familien aufgestellten Päpste zu
stürzen suchten. Die Verwirrung war so groß, dass wir von manchen
dieser Päpste, die oft nur Wochen oder Tage im Amt waren, bloß die
Namen wissen und nicht einmal feststellen können, ob sie
rechtmässige Päpste waren... denn es gab keine
Geschichtsschreibung“ (2)
Evangelische Geistliche, und demzufolge ihre Mitglieder, kümmert es überhaupt nicht, ob da Legitimationen sind oder nicht, oder ob sie sowieso erforderlich sind.
Anglikaner
wissen, dass der Übervater ihrer Kirche, König Heinrich VIII. war,
- das genügt ihnen, - was schert es sie, dass dieser Mann, zwei
seiner 6 Ehefrauen, die er nacheinander heiratete, hinrichten ließ,
weil sie seine Kinderwünsche „schuldhaft“ nicht erfüllen
konnten.
Bild Wikipedia: Heinrich VIII. von England (1491-1547) |
Bild Wikipedia: Anne Boleyn (1501 - 1536) Ihr Ehemann Heinrich VIII. ließ sie köpfen |
Dass immer wieder Männer vom Charakter Heinrich VIII. ins Kirchenleben maßgebend eingriffen, ist leider zutreffend.
Mormonen haben sich von solcher und ähnlicher Entwicklung getrennt.
Ihre Kirche Christi verlöre jedoch ebenfalls ihre Daseinsberechtigung, wenn jemals festgestellt würde, dass sie sich nicht sauber, ehrlich, förderlich wohlwollend und gütig gegenüber allen Menschen verhalten hat.
Kirche Christi ist da, wo statt Vormachtdenken, Wahrhaftigkeit und Liebe ihre gute Rolle spielen.
Quellen:
(1) Ludwig Hertling, mit Imprimatur des Vatikans, "Geschichte der katholischen Kirche bis 1740" Morus-Verlag Berlin, S. 201
(2) ebenda, S 134
(2) ebenda, S 134
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