Mittwoch, 24. März 2021

Brigham Young (1)

 




Brigham Young (1)

American Moses

Von Leonard J. Arrington, 1986

Auszüge übersetzt  - versehen mit Anmerkungen - von Gerd Skibbe

 

                        

                         Brigham Young (1801-1877)


Prolog:

Im Sommer 1859 waren die Mitglieder der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage in den Ortschaften des Salzseetales großen Spannungen ausgesetzt. Ungefähr 5 000 Soldaten, von Washington in Bewegung gesetzt, überwachten die Aktivitäten der „Mormonen“, gesteuert von ihrem Hauptquartier, sechzig km südöstlich von SLC entfernt. Für diejenigen, die Jahre zuvor den militärischen Druck in ruinösen Begegungen in Ohio, Missouri und Illinois kennen gelernt hatten, war es nicht leicht, ihre Furcht zu beherrschen.
In diesen Tagen kam der berühmte New Yorker Zeitungsverleger und Reformer Horace Greely, auf seinem Weg nach Kalifornien, in SLC an. Achtundvierzigjährig, alleinreisend, hatte er zuvor seinen Lesern gesagt: Er wolle den mittleren Westen mit eigenen Augen sehen, wie die Menschen dort lebten, statt das aus Büchern herauszulesen. Greely war bewegt von dem Wunsch den nun achtundfünfzigjährigen Brigham Young zu sehen, nachdem er ihn 1844 von seinem New Yorker Büro aus betrachtete, wie Young nach der Ermordung Joseph Smith handeln würde, und wie er seine Anhänger durch die Wildnis der Prärien in die Felsengebirge leitete. Greely sah sehr wohl wie sich die (500) Angehörigen des Mormonenbataillons in Kalifornien verhielten nachdem sie dort Gold fanden.

          

Er fand sie „nobel, kühn und voll demokratischen Geistes“ (G. Sk: weil die jungen Männer sicht nicht verleiten ließen dort zu bleiben, um schnell reich zu werden, sondern sich gehorsam zurück auf den weiten Weg in Utahs Wüste machten. Diese Tatsache musste selbst der sonst spöttelnde Mark Twain in seinem Werk „Durch dick und dünn“ hoch lobend anerkennen)...
IN SLC angekommen bemühte Greely sich sofort durch die Vermittlung von John M. Bernhisel, dem ehemaligen Delegierten des Utahterritoriums um ein Treffen mit Brigham Young.
Präsdent Youngs Sekretäre beschrieben ihn als einen kahlköpfigen Mann, einigermaßen gut angezogen, dessen Haupt so aussah, als hätte es seit seinem Aufbruch von daheim kein Wasser gesehen. Die ganze Erscheinung des weichlich wirkenden Mannes widersprach dessen Charakter und Talente eine bedeutende Zeitung herauszugeben.
Brigham empfing den Mann des Ostens freundlich.
Sie begaben sich mit einigen anderen Kirchenführern in die obere Etage ins Gästehaus, wo Greely umgehend darum bat ein paar Fragen zu stellen. Präsident Young stimmte zu.
Später verfasste der Zeitungsmann einen breiten Artikel mit der Überschrift „Zwei Stunden mit Brigham Young“, der von der Kongressbibliothek als „erstes vollwertige, moderne Interwiev mit einer wohlbekannten Persönlichkeit, bezeichnet wurde.“
Und wie sah Greely Brigham?
„Er ist ein beleibter, offenherziger, gutmütiger Mann, weit entfernt davon sich pompös zu geben oder scheinheilig zu sein. Young ging sommerlich und einfach gekleidet. Es schien er erfreue sich seines Lebens und habe es nicht so eilig in den Himmel zu kommen. Er antwortete nicht immer grammatisch richtig, aber was er sagte sei ohne Zögern gesprochen worden. Er verdeckte nichts.“
Greely fand den „Mormonenführer“ ganz anders als er erwartet hatte, keineswegs leicht "verschnupft". Er sei kein Heuchler oder Lügner . Schließlich urteilte der Verleger, der mehrere höher rangige Mitglieder kennen gelernt hatte: „Nur sehr wenige ländliche Gemeinschaften haben vergleichbar fähige Menschen hervorgebracht.“
Greely wollte wissen: „Soll ich den sogenannten „Mormonismus“ als Neureligion betrachten oder als eine weitere Entwicklung des Christentums?“
Die Antwort lautete: „Es kann keine wahre christliche Kirche geben, ohne ein von Gott gegebenes (und gebilligtes) Priestertum. Die unmittelbare Verbindung mit dem Sohn Gottes, dem Erlöser der Menschheit. Die Kirche der Heiligen der Letzten Tage ist solche Kirche, deren Mitglieder von ihren Feinden „Mormonen“ genannt werden.
Greely: „Machen Sie es den Neubekehrten zur Pflicht hierher zu kommen?“
B.Y.: „Sie würden sich sehr verletzt fühlen, wären sie dazu nicht eingeladen worden.“
Greely: „Wie wird Utah sich verhalten, wenn es Teil der US Union würde, entwickelt es sich dann zu einem Sklavenhalterstaat?“
(G.Sk. Greely war Verteidiger der Freiheitsrechte aller Menschen, wie Joseph Smith. Damals, vor dem Bürgerkrieg, der um dieser Frage wegen von den Nordstaaten gegen die Südlichen geführt wurde, gab es heftige Anstrengungen auf beiden Seiten)
B.Y.: „Wir werden ein freier Staat sein. Ich betrachte Sklaverei als Fluch.“
Greely: „Und wovon wollen ihre Priester dann leben?“
B.Y.: „Durch die Arbeit ihrer eigenen Hände, wie die ersten Apostel. Wir denken ein Mann kann anders nicht im Dienst Christi stehen. Man nennt mich einen reichen Mann. Ich selbst betrachte mich eine viertel Million Dollar wert, aber die Kirche zahlte mir nicht einen Dollar.“
Greely „Können Sie mir ein vernünftige Erklärung dafür geben warum sie und ihre Kirche abgelehnt und gehasst wird?“
B.Y. : „Das war schon immer so. Zu allen Zeiten wurde die Kirche Christi verfolgt.“
Greely: „Was sagen Sie zu den Daniten – den zerstörenden Engeln – die dieser Kirche angehören?“
B:Y: „Was sagen Sie? Von solcher Verbindung weiß ich nichts, außer den Verleumdungen die durch unsere Feinde verbreitet werden.“
(G. Sk. Sampson Avard, ein Mitglied der Kirche Jesu Christi der HLT gründete 1837 einen Geheimbund (Daniten) die sich als Verteidigungsgruppe gegen die Gewalttaten der Missourier verstand. Joseph Smith, als er von diesen Eigenmächtigkeiten erfuhr exkommunzierte Avard. Die Rufschädigung ist bis heute nicht aus der Welt)
Anspielend auf die damals vor allem von führenden Mitgliedern praktizierte Mehrehe fragte Greely: „Sagte der Apostel Paulus nicht ein Bischof soll e i n e s Weibes Mann sein?“
B.Y. : „So halten wir es! Bischöfe (G.Sk. die Gemeindeleiter) sollen verheiratet sein, aber der Apostel hat die Mehrehe nicht verboten.“
Greely betrachtete „Mormonismus“ als Täuschung und Seuche, aber seine Fairness war offensichtlich.
Brigham wusste, dass er für schuldig gehalten wird wenn irgendwo zwischen dem Missourifluss und Kalfiorniens Goldfeldern ein Mann oder eine Frau ums Leben kamen: „Jawohl, ich bin der berüchtigte Brigham Young! – aber verärgert darüber nicht euren Magen!“



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